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20 LOKALES MITTWOCH, 9. MÄRZ 2016 MELLE/OLDENDORF. Pas- send vor der nahenden Grill- Saison bohrt, schraubt und feilt er zusammen mit Maxi- milian Riemer (13), Marvin Wegmann (15) und Bartosz Papadopulos (14) in der Werkstatt des Oldendorfer Unternehmens „Werges Ma- schinenbau“. Was die vier Achtklässler von der Meller Oberschule Ratsschule dort machen, ist ein etwas anderes Praktikum unter der Überschrift „Gene- rationen-Werkstatt“. Sie schauen nämlich nicht nur Handwerkern und Techni- kern bei firmenüblichen Ar- beiten über die Schultern, sondern bauen selbst etwas – einen kleinen Grill, den sie nachher als ihr persönliches Eigentum mit nach Hause nehmen können. „Wenn man etwas für sich selbst baut, ist die Motivation größer, deshalb lernt man auch mehr und schneller“, er- klärt Ulrich Franke, der die vier Jungs mit Unterstützung von Werkstattmeister Patrick Knappmeier betreut. „Beim Bauen ihres eigenen Grills können Daniel, Maximilian, Marvin und Bartosz einen Handwerksberuf hautnah er- leben“, ergänzt der erfahrene Maschinenschlosser Ulrich Franke, der von der Firma Werges immer für die Prakti- kanten abgestellt wird. Handwerk erleben „Es macht uns vor allem viel Spaß, mit den Maschinen zu arbeiten“, zeigt Maximili- an die Blechschere, die Bohr- maschine und den Plasma- Schneider. Sie haben damit in die Quadrat-Eisen die Löcher für die runden Rost-Stangen gebohrt, alle Metallteile zugeschnitten und Gewinde geschnitten, damit der Rost am Ende zu- sammengeschraubt werden konnte. „Ein echtes Problem war, alle Stangen gleichzeitig ein- zusetzen – da brauchten wir viel Geduld und eine ruhige Hand“, blickt Daniel auf eine schwierige Aufgabe zurück. „Die Holzgriffe für den Grill- Rost haben wir uns zuschi- cken lassen, denn bei Werges geht es nur um Metall.“ An den nächsten beiden der ins- gesamt sieben Nachmittage müssen die Jungs noch das Gestell für den Grill bauen. „Die Generationen-Werkstatt ist ganz anders als Schule, bei der Arbeit können wir uns nämlich gut miteinander über alles unterhalten“, meint Maximilian. Neben der Arbeit an ihren Grills haben sich die Acht- klässler auch über das Ma- schinenbau-Unternehmen Werges informiert, das vor al- lem Sondermaschinen für ganz spezielle Wünsche von Kunden in allen Teilen der Welt herstellt. So werden die Dächer und Wände von Hy- mer-Wohnmobilen mit Wer- ges-Maschinen produziert, ebenso Verkleidungen von Kühlhäusern. Außerdem baut Werges Türen und Tore. Anhänger und Landmaschi- nen sind eher ein kleiner Be- reich des Oldendorfer Betrie- bes mit mehr als 50 Beschäf- tigten. „Es wird immer schwieri- ger, geeigneten handwerkli- chen Nachwuchs zu finden“, nennt Seniorchef Friedhelm Werges einen Grund, warum sein Betrieb beim Projekt „Generationen-Werkstatt“ mitmacht. Schon so mancher vermeintlich schwache Schü- ler habe sich später als guter Handwerker erwiesen, blickt er auf seine Erfahrungen zu- rück. „Und auch wenn aus einem Praktikanten kein späterer Lehrling wird, so geben die Jungs ihre Erfahrungen mit uns doch an Mitschüler, El- tern und Lehrer weiter“, kün- digt Juniorchef Christoph Werges an, dass es im nächs- ten Jahr eine weitere Auflage der Generationen-Werkstatt in seinem Betrieb geben wird. Generationen-Werkstatt: Echte Praxis mit einem erfahrenen Handwerker – Mehr als ein Praktikum Von Norbert Wiegand Anzeichnen, Bohren, Feilen und Schrauben Daniel Knaus (14) freut sich schon darauf, bald auf seinem eigenen, selbst gebauten Grill die ersten Würstchen zu brutzeln. Ihre Grill-Roste haben Daniel, Bartosz, Marvin und Maximilian (vorne, v. l.) schon fertig, das Gestell müssen sie mit Unterstützung von Werkstattmeister Patrick Knappmeier und Maschi- nenschlosser Ulrich Franke noch bauen. Foto: Norbert Wiegand nw MELLE. Es sind überwie- gend Jungen, die in der Schu- le Probleme haben und ma- chen. Daraus ergibt sich der Ansatz des Projektes Genera- tionen-Werkstatt, das sich vor allem an männliche Schüler zwischen zwölf und 15 Jahren richtet. Das Prin- zip: Jung lernt von Alt. Oft sind Väter in der häus- lichen Erziehung nicht oder nicht genügend präsent. Schon in Kita und Grund- schule haben es kleine Jun- gen meist mit Erzieherinnen und Lehrerinnen zu tun. Männliche Vorbilder sind rar. .Riesige Panflöte gebaut Offenbar kommt die weib- lich geprägte Erziehung mehr den Mädchen zugute. Jungen verbringen heute viel Zeit mit digitalen Medien, anstatt zu toben, auf Bäume zu klettern oder Seifenkisten zu bauen. Das führt dazu, dass die schulischen Leistun- gen nachlassen, es gibt Prob- leme mit Lehrern und Eltern. Weitere Folgen sind man- gelndes Selbstbewusstsein und wachsende Aggressivi- tät. Diesen Jungs fehlt oft das Umfeld, in dem sie sich aus- reichend bewegen, ihren Drang nach Aktivitäten leben und selbst etwas schaffen können, auf das sie hinterher stolz sind“, erklärt Johannes Rahe. „Ihnen fehlen männli- che Vorbilder, die sie ermuti- gen, genau so zu sein“, meint der Initiator der Generatio- nen-Werkstatt. Zwölf- bis 15- Jährige bräuchten nämlich Wahrnehmung und Wert- schätzung, um sich für eine Sache begeistern zu können. Aus diesen Erkenntnissen und Einschätzungen ist das Konzept der Generationen- Werkstatt entstanden, übri- gens in wissenschaftlicher Zu- sammenarbeit mit dem Göt- tinger Neuro-Biologen und Hirnforscher Gerald Hüther: Jungen, die in der Schule nicht zurechtkommen, kom- men in einen mittelständi- schen Handwerksbetrieb, wo sie an einem Nachmittag pro Woche acht bis zehn Wochen lang von einem aktiven Ruhe- ständler oder erfahrenen Handwerker betreut werden. Der Un-Ruheständler re- präsentiert die „erfahrene Generation“, er gibt sein Wis- sen mit Freude an die „kom- mende Generation“ weiter. Die dritte und „aktive Gene- ration“ ist dabei das mit- machende Unternehmen. „Schon einige der teilneh- menden Firmen haben so verborgene Zukunftstalente entdeckt, Eltern und Schüler erhalten wichtige Hilfen bei der beruflichen Orientie- rung, und die Un-Ruheständ- ler freuen sich, dass ihr Fach- wissen gebraucht wird“, ist Rahe überzeugt, dass alle drei Generationen von dem Projekt profitieren. Im Jahr 2016 gibt es 35 Pro- jekte der Generationen- Werkstatt im Bezirk der Handwerkskammer Osna- brück - Emsland - Grafschaft Bentheim, nach fünf Projek- ten im Jahr 2014 und 18 Pro- jekten im Jahr 2015. Zu den selbst gestellten Aufgaben gehörten beispielsweise der Bau einer überdimensiona- len Panflöte von Schülern der Bödiker Oberschule bei Voss-Gebäudetechnik in Haselünne, die Restaurie- rung eines Opels Calibra im Autohaus Sinus Hendriks in Veldhausen durch Schüler der Wilhelm-Staehle-Schule und der Bau einer ganzen Hausecke mit dem Bauunter- nehmen Günter Terfehr in Rhede. Dass etwas geschaffen wird, was nichts mit den übli- chen betrieblichen Abläufen zu tun hat, unterscheidet die Generationen-Werkstätten von herkömmlichen Prakti- ka. „Wenn das Selbstbewusst- sein wieder gewachsen und der Funke der Begeisterung bei den Jungen erst gezündet hat, dann verstehen sie auch, warum sie Mathe und Physik lernen müssen“, hat Johan- nes Rahe festgestellt. Die Ge- nerationen-Werkstatt ist das Projekt der Ursachen-Stif- tung, die Johannes Rahe ge- gründet hat. Wahrnehmung und Wertschätzung kann neue Begeisterung wecken Männliche Vorbilder tun Jungen gut Gerald Hüther Foto: dpa nw MELLE. Johannes Rahe war ein erfolgreicher Unter- nehmer. Aus Dankbarkeit über den guten Verlauf seines Lebens will er „der Gesell- schaft etwas Positives zu- rückgeben“. Deshalb gründe- te er im Jahr 2008 mit einem engagierten Team die Ursa- chenstiftung. „Ich wollte den Ursachen von Problemen und Miss- ständen in der mittelständi- schen Arbeitswelt auf den Grund gehen“, erklärt er den Namen seiner Stiftung, die er mit einer Million Euro aus seinem privaten Vermögen ausgestattet hat. Ein wesent- liches aktuelles Ziel ist die Förderung der Generatio- nen-Werkstatt. Für diese sol- len sich aber alle Akteure aus Überzeugung einsetzen, un- abhängig von finanzieller Förderung; Material- und Personalkosten übernehmen in der Regel die beteiligten Unternehmen. Als Stiftungsgründer ist ihm wichtig, dass die Ar- beitswelt väterfreundlicher gestaltet wird und dass Jun- gen Aufgaben bekommen, an denen sie wachsen kön- nen. Johannes Rahe wurde 1944 geboren. Sein Vater starb an den Folgen des Krieges, als er vier Jahre alt war. Die kleine Landwirtschaft in Üdinghau- sen-Warringhof war kaum in der Lage, seine Familie zu er- nähren. Gegen viele Wider- stände entschied er sich als junger Mann, Landmaschi- nen-Mechaniker zu werden, statt den Hof zu führen. Anschließend machte er eine Fachausbildung im Ma- schinenbau und startete da- mit in eine erfolgreiche be- rufliche Zukunft. Schließlich wurde er Unternehmer und übernahm den mittelständi- sche Betrieb Coolit – und das für 25 Jahre. Schon in der An- fangszeit als erfolgreicher Unternehmer beschloss er, seinen Blick auf beruflichen Erfolg zu richten, um nach der aktiven Zeit mit dem Er- trag eine gemeinnützige Stif- tung zu gründen. Diskussio- nen mit begeisterten Jugend- lichen, die sich für die „Dritte Welt“ engagierten, hatten ihn zu diesem Beschluss ge- bracht. Rahe: „Mit meiner Stiftung versuche ich, nach- haltig etwas in der Gesell- schaft zu bewirken. Dabei schätze ich sehr den Kontakt zu vielen Leuten und Organi- sationen und gemeinsames konstruktives Tun. Das moti- viert mich jeden Tag aufs Neue.“ Missständen der Arbeitswelt auf den Grund gehen Erfolgreicher Unternehmer ist der Gründer der Ursachenstiftung Johannes Rahe will eine vä- terfreundliche Arbeitswelt fördern. Foto: Norbert Wiegand nw MELLE. Klaus Stein, 2. Vorsitzender der Generatio- nen-Werkstatt, und Johannes Rahe saßen zusammen mit dem Neurobiologen und Hirnforscher Gerald Hüther. Dabei skizzierte Hüther das ideale Dorf: „Auf dem Weg zur Dorfschule ziehen Jun- gen vorbei an Dorfschmiede, Tischler, geschlachtet wird im Keller, Handwerk ist sichtbar. Jungen können es anfassen, und ein im Idealfall etwas älterer Dorfschmied zeigt ihnen die Arbeit.“ Die Idee der Generationen-Werk- statt war geboren. Die Idee knüpft an das „ideale Dorf “ an GENERATIONEN WERKSTATT: EIN IM JAHR 2013 GEGRÜNDETES PROJEKT findet von Jahr zu Jahr mehr Teilnehmer – Jung lernt von Alt – Der bekannte Neurobiologe und Gehirnforscher Gerald Hüther unterstützt das Engagement eines Ex-Unternehmers aus Melle – Johannes Rahe gründet die „Ursachenstiftung“. Gesamtschule Osna- brück-Schinkel: Autohaus Härtel, Osma Aufzüge Thomas-Morus-Schule Osnabrück-Haste: Pur- plan Anlagenbau Ludwig-Windthorst- Schule Ostercappeln: Göckemeyer Metallbau, Tischlerei Vielstädte Von-Ravensberg-Schule Bersenbrück: Autohaus Wernsing Ratsschule Melle: Hu- ning Maschinenbau, Wer- ges Maschinenbau Lindenschule Buer: Thoma Holzbau IGS Melle: Wennigser Möbelwerkstätten Dodt, Inoex Maschinenbau Ludwig-Windthorst- Schule Glandorf: Dälken Werkstatt Oberschule Dörpen: Wil- helm Schomaker Bau Oberschule Uelsen: Kro- nemeyer Sanitär-Heizung Wilhelm-Staehle-Schule Neuenhaus: Neuen- hauser Maschinenbau, Auto Olthoff Josef-Schule Mettingen: Motorrad Ibbenbüren, Tischlerei Kessling Wer macht im Jahr 2016 mit?

Foto: Norbert Wiegand Anzeichnen, Bohren, Feilen und Schrauben · ein etwas anderes Praktikum unter der Überschrift „Gene-rationen-Werkstatt“. Sie schauen nämlich nicht nur

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20 LOKALESMITTWOCH,

9. MÄRZ 2016

MELLE/OLDENDORF. Pas-send vor der nahenden Grill-Saison bohrt, schraubt undfeilt er zusammen mit Maxi-milian Riemer (13), MarvinWegmann (15) und BartoszPapadopulos (14) in derWerkstatt des OldendorferUnternehmens „Werges Ma-schinenbau“.

Was die vier Achtklässlervon der Meller Oberschule

Ratsschule dort machen, istein etwas anderes Praktikumunter der Überschrift „Gene-rationen-Werkstatt“. Sieschauen nämlich nicht nurHandwerkern und Techni-kern bei firmenüblichen Ar-beiten über die Schultern,sondern bauen selbst etwas –einen kleinen Grill, den sienachher als ihr persönlichesEigentum mit nach Hausenehmen können.

„Wenn man etwas für sichselbst baut, ist die Motivationgrößer, deshalb lernt manauch mehr und schneller“, er-klärt Ulrich Franke, der dievier Jungs mit Unterstützungvon Werkstattmeister PatrickKnappmeier betreut. „BeimBauen ihres eigenen Grills

können Daniel, Maximilian,Marvin und Bartosz einenHandwerksberuf hautnah er-leben“, ergänzt der erfahreneMaschinenschlosser UlrichFranke, der von der FirmaWerges immer für die Prakti-kanten abgestellt wird.

Handwerk erleben

„Es macht uns vor allemviel Spaß, mit den Maschinenzu arbeiten“, zeigt Maximili-an die Blechschere, die Bohr-maschine und den Plasma-Schneider. Sie haben damitin die Quadrat-Eisen dieLöcher für die rundenRost-Stangen gebohrt, alleMetallteile zugeschnittenund Gewinde geschnitten,damit der Rost am Ende zu-

sammengeschraubt werdenkonnte.

„Ein echtes Problem war,alle Stangen gleichzeitig ein-zusetzen – da brauchten wirviel Geduld und eine ruhigeHand“, blickt Daniel auf eineschwierige Aufgabe zurück.„Die Holzgriffe für den Grill-Rost haben wir uns zuschi-cken lassen, denn bei Wergesgeht es nur um Metall.“ Anden nächsten beiden der ins-gesamt sieben Nachmittagemüssen die Jungs noch dasGestell für den Grill bauen.„Die Generationen-Werkstattist ganz anders als Schule, beider Arbeit können wir unsnämlich gut miteinanderüber alles unterhalten“,meint Maximilian.

Neben der Arbeit an ihrenGrills haben sich die Acht-klässler auch über das Ma-schinenbau-UnternehmenWerges informiert, das vor al-lem Sondermaschinen fürganz spezielle Wünsche vonKunden in allen Teilen derWelt herstellt. So werden dieDächer und Wände von Hy-mer-Wohnmobilen mit Wer-ges-Maschinen produziert,ebenso Verkleidungen vonKühlhäusern. Außerdembaut Werges Türen und Tore.Anhänger und Landmaschi-nen sind eher ein kleiner Be-reich des Oldendorfer Betrie-bes mit mehr als 50 Beschäf-tigten.

„Es wird immer schwieri-ger, geeigneten handwerkli-

chen Nachwuchs zu finden“,nennt Seniorchef FriedhelmWerges einen Grund, warumsein Betrieb beim Projekt„Generationen-Werkstatt“mitmacht. Schon so manchervermeintlich schwache Schü-ler habe sich später als guterHandwerker erwiesen, blickter auf seine Erfahrungen zu-rück.

„Und auch wenn aus einemPraktikanten kein spätererLehrling wird, so geben dieJungs ihre Erfahrungen mituns doch an Mitschüler, El-tern und Lehrer weiter“, kün-digt Juniorchef ChristophWerges an, dass es im nächs-ten Jahr eine weitere Auflageder Generationen-Werkstattin seinem Betrieb geben wird.

Generationen-Werkstatt: Echte Praxis mit einem erfahrenen Handwerker – Mehr als ein Praktikum

Von Norbert Wiegand

Anzeichnen, Bohren, Feilen und Schrauben

Daniel Knaus (14) freutsich schon darauf, baldauf seinem eigenen,selbst gebauten Grill dieersten Würstchen zubrutzeln.

Ihre Grill-Roste haben Daniel, Bartosz, Marvin und Maximilian (vorne, v. l.) schon fertig, das Gestell müssen sie mit Unterstützung von Werkstattmeister Patrick Knappmeier und Maschi-nenschlosser Ulrich Franke noch bauen. Foto: Norbert Wiegand

nw MELLE. Es sind überwie-gend Jungen, die in der Schu-le Probleme haben und ma-chen. Daraus ergibt sich derAnsatz des Projektes Genera-tionen-Werkstatt, das sichvor allem an männlicheSchüler zwischen zwölf und15 Jahren richtet. Das Prin-zip: Jung lernt von Alt.

Oft sind Väter in der häus-lichen Erziehung nicht odernicht genügend präsent.Schon in Kita und Grund-schule haben es kleine Jun-gen meist mit Erzieherinnenund Lehrerinnen zu tun.Männliche Vorbilder sindrar.

.Riesige Panflöte gebaut

Offenbar kommt die weib-lich geprägte Erziehungmehr den Mädchen zugute.Jungen verbringen heute vielZeit mit digitalen Medien,anstatt zu toben, auf Bäumezu klettern oder Seifenkistenzu bauen. Das führt dazu,dass die schulischen Leistun-gen nachlassen, es gibt Prob-leme mit Lehrern und Eltern.Weitere Folgen sind man-gelndes Selbstbewusstseinund wachsende Aggressivi-tät.

Diesen Jungs fehlt oft dasUmfeld, in dem sie sich aus-reichend bewegen, ihrenDrang nach Aktivitäten lebenund selbst etwas schaffenkönnen, auf das sie hinterherstolz sind“, erklärt JohannesRahe. „Ihnen fehlen männli-che Vorbilder, die sie ermuti-gen, genau so zu sein“, meintder Initiator der Generatio-nen-Werkstatt. Zwölf- bis 15-Jährige bräuchten nämlichWahrnehmung und Wert-schätzung, um sich für eineSache begeistern zu können.

Aus diesen Erkenntnissenund Einschätzungen ist dasKonzept der Generationen-Werkstatt entstanden, übri-gens in wissenschaftlicher Zu-sammenarbeit mit dem Göt-tinger Neuro-Biologen undHirnforscher Gerald Hüther:Jungen, die in der Schulenicht zurechtkommen, kom-men in einen mittelständi-schen Handwerksbetrieb, wosie an einem Nachmittag proWoche acht bis zehn Wochenlang von einem aktiven Ruhe-ständler oder erfahrenenHandwerker betreut werden.

Der Un-Ruheständler re-präsentiert die „erfahreneGeneration“, er gibt sein Wis-sen mit Freude an die „kom-

mende Generation“ weiter.Die dritte und „aktive Gene-ration“ ist dabei das mit-machende Unternehmen.„Schon einige der teilneh-menden Firmen haben soverborgene Zukunftstalenteentdeckt, Eltern und Schülererhalten wichtige Hilfen beider beruflichen Orientie-rung, und die Un-Ruheständ-ler freuen sich, dass ihr Fach-wissen gebraucht wird“, istRahe überzeugt, dass alledrei Generationen von demProjekt profitieren.

Im Jahr 2016 gibt es 35 Pro-jekte der Generationen-Werkstatt im Bezirk derHandwerkskammer Osna-

brück - Emsland - GrafschaftBentheim, nach fünf Projek-ten im Jahr 2014 und 18 Pro-jekten im Jahr 2015. Zu denselbst gestellten Aufgabengehörten beispielsweise derBau einer überdimensiona-len Panflöte von Schülern derBödiker Oberschule beiVoss-Gebäudetechnik inHaselünne, die Restaurie-rung eines Opels Calibra imAutohaus Sinus Hendriks inVeldhausen durch Schülerder Wilhelm-Staehle-Schuleund der Bau einer ganzenHausecke mit dem Bauunter-nehmen Günter Terfehr inRhede.

Dass etwas geschaffenwird, was nichts mit den übli-chen betrieblichen Abläufenzu tun hat, unterscheidet dieGenerationen-Werkstättenvon herkömmlichen Prakti-ka. „Wenn das Selbstbewusst-sein wieder gewachsen undder Funke der Begeisterungbei den Jungen erst gezündethat, dann verstehen sie auch,warum sie Mathe und Physiklernen müssen“, hat Johan-nes Rahe festgestellt. Die Ge-nerationen-Werkstatt ist dasProjekt der Ursachen-Stif-tung, die Johannes Rahe ge-gründet hat.

Wahrnehmung und Wertschätzung kann neue Begeisterung wecken

Männliche Vorbilder tun Jungen gut

Gerald Hüther Foto: dpa

nw MELLE. Johannes Rahewar ein erfolgreicher Unter-nehmer. Aus Dankbarkeitüber den guten Verlauf seinesLebens will er „der Gesell-schaft etwas Positives zu-rückgeben“. Deshalb gründe-te er im Jahr 2008 mit einemengagierten Team die Ursa-chenstiftung.

„Ich wollte den Ursachenvon Problemen und Miss-ständen in der mittelständi-schen Arbeitswelt auf denGrund gehen“, erklärt er denNamen seiner Stiftung, die ermit einer Million Euro ausseinem privaten Vermögenausgestattet hat. Ein wesent-liches aktuelles Ziel ist dieFörderung der Generatio-nen-Werkstatt. Für diese sol-len sich aber alle Akteure ausÜberzeugung einsetzen, un-abhängig von finanziellerFörderung; Material- undPersonalkosten übernehmenin der Regel die beteiligtenUnternehmen.

Als Stiftungsgründer istihm wichtig, dass die Ar-beitswelt väterfreundlichergestaltet wird und dass Jun-gen Aufgaben bekommen,

an denen sie wachsen kön-nen.

Johannes Rahe wurde 1944geboren. Sein Vater starb anden Folgen des Krieges, als ervier Jahre alt war. Die kleineLandwirtschaft in Üdinghau-sen-Warringhof war kaum inder Lage, seine Familie zu er-nähren. Gegen viele Wider-

stände entschied er sich alsjunger Mann, Landmaschi-nen-Mechaniker zu werden,statt den Hof zu führen.

Anschließend machte ereine Fachausbildung im Ma-schinenbau und startete da-mit in eine erfolgreiche be-rufliche Zukunft. Schließlichwurde er Unternehmer undübernahm den mittelständi-sche Betrieb Coolit – und dasfür 25 Jahre. Schon in der An-fangszeit als erfolgreicherUnternehmer beschloss er,seinen Blick auf beruflichenErfolg zu richten, um nachder aktiven Zeit mit dem Er-trag eine gemeinnützige Stif-tung zu gründen. Diskussio-nen mit begeisterten Jugend-lichen, die sich für die „DritteWelt“ engagierten, hatten ihnzu diesem Beschluss ge-bracht. Rahe: „Mit meinerStiftung versuche ich, nach-haltig etwas in der Gesell-schaft zu bewirken. Dabeischätze ich sehr den Kontaktzu vielen Leuten und Organi-sationen und gemeinsameskonstruktives Tun. Das moti-viert mich jeden Tag aufsNeue.“

Missständen der Arbeitsweltauf den Grund gehen

Erfolgreicher Unternehmer ist der Gründer der Ursachenstiftung

Johannes Rahe will eine vä-terfreundliche Arbeitsweltfördern. Foto: Norbert Wiegand

nw MELLE. Klaus Stein, 2.Vorsitzender der Generatio-nen-Werkstatt, und JohannesRahe saßen zusammen mitdem Neurobiologen undHirnforscher Gerald Hüther.Dabei skizzierte Hüther dasideale Dorf: „Auf dem Wegzur Dorfschule ziehen Jun-gen vorbei an Dorfschmiede,Tischler, geschlachtet wirdim Keller, Handwerk istsichtbar. Jungen können esanfassen, und ein im Idealfalletwas älterer Dorfschmiedzeigt ihnen die Arbeit.“ DieIdee der Generationen-Werk-statt war geboren.

Die Idee knüpftan das „ideale

Dorf “ an

GENERATIONEN WERKSTATT: EIN IM JAHR 2013 GEGRÜNDETES PROJEKT findet von Jahr zu Jahr mehr Teilnehmer – Jung lernt von Alt – Der bekannteNeurobiologe und Gehirnforscher Gerald Hüther unterstützt das Engagement eines Ex-Unternehmers aus Melle – Johannes Rahe gründet die „Ursachenstiftung“.

Gesamtschule Osna-brück-Schinkel: AutohausHärtel, Osma Aufzüge

Thomas-Morus-SchuleOsnabrück-Haste: Pur-plan Anlagenbau

Ludwig-Windthorst-Schule Ostercappeln:Göckemeyer Metallbau,Tischlerei Vielstädte

Von-Ravensberg-SchuleBersenbrück: AutohausWernsing

Ratsschule Melle: Hu-ning Maschinenbau, Wer-ges Maschinenbau

Lindenschule Buer:Thoma Holzbau

IGS Melle: WennigserMöbelwerkstätten Dodt,Inoex Maschinenbau

Ludwig-Windthorst-Schule Glandorf: DälkenWerkstatt

Oberschule Dörpen: Wil-helm Schomaker Bau

Oberschule Uelsen: Kro-nemeyer Sanitär-Heizung

Wilhelm-Staehle-SchuleNeuenhaus: Neuen-hauser Maschinenbau,Auto Olthoff

Josef-Schule Mettingen:Motorrad Ibbenbüren,Tischlerei Kessling

Wer macht imJahr 2016 mit?