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Freiwillig am Bauernhof Anstrengung und Glück in den Bergen Ein Tagebuchbericht von Maria Smodics-Neumann

Freiwillig am Bauernhof Anstrengung und Glück in den Bergen · 2019. 9. 24. · auch daran, dass wir diese Menge auch irgendwann in die Scheune bringen müssen. Den Weg zurück zum

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Freiwillig am Bauernhof

Anstrengung und Glück in den Bergen

Ein Tagebuchbericht von Maria Smodics-Neumann

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Einsatz „Freiwillig am Bauernhof“

14. Juli 2019 bis 21. Juli 2019

Betrieb: Rosa RIBIS, Vergör 1, 6166 Fulpmes

Meereshöhe: 1.300m

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Mein Anreisetag:

Schon brav am Vortag alles vorbereitet und gepackt geht es mittags – nach einem

gemeinsamen Frühstück mit den Schwiegereltern (Betreuung für die Katzen Capo & Cino)

los. Da es Sonntag ist, hält sich der Verkehr in Grenzen, alleine ein paar heftige Regenfälle

im Salzburgischen und die allseits bekannten menschlichen Bedürfnisse verzögern die mit

ca. 5 Stunden angesetzte Fahrzeit.

Fulpmes erreicht, stößt das Navi an seine Grenzen und will mich unbedingt davon

abhalten, dass ich die unbefestigte Straße in Richtung Jausenstation Vergör zu nehmen.

Um ca. 18:00 ist leider niemand mehr bei der Talstation zur Serlesbahn, die neue Chefin

nicht erreichbar – also packt ich das Glück beim Schopf und frage einen Einheimischen

nach dem Weg. Wider der Empfehlung meines Navigationsgerätes nehme ich also doch

die unbefestigte Straße, winde mich steil bergauf über Stock und Stein, durch den Wald.

Beim nächsten Wegweiser zur Jausenstation rufe ich nochmals Rosa an, sie ist erreichbar

und ich bin tatsächlich vor ihrem Haus. Hofhund Fritzi steht bereit um die neue

Mitarbeiterin zu begutachten und beschließt, mich freundlich zu begrüßen.

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Auch Chefin Rosa bereitet mir ein wirklich herzliches Willkommen, nach einem herrlichen

Kaffee, wundert sie sich über mein üppiges Gepäck: „Mei, hoscht Du vül Zeigs mid“ und

zeigt mir gemeinsam mit ihrem in der Zwischenzeit hinzugekommenen Ehemann

Christian, meine Bleibe für die kommenden Tage. Im Haus des älteren Bruders darf ich

das Erdgeschoss beziehen. Im Augenblick gibt es keinen Strom, und alle sind ganz

aufgeregt und bemüht wieder alles ins Laufen zu bringen. Gemeinsam mit Bruder Sepp,

telefonischer Hilfe des Sohnes und etwas Geduld ist der Strom plötzlich da und in der

kleinen Wohnung (Schlafzimmer, Wohnküche, Vorzimmer, Badezimmer) wird es nun

heimelig. Vielleicht auch deshalb, weil Rosa äußerst besorgt ist, dass ich mich verkühle

und den Küchenofen eingeheizt hat. Ich fühle mich wie in Lutzmannsburg – im

burgenländischen Zweitwohnsitz meiner Eltern, nur mit einer irrsinnig schönen Aussicht

auf Berggipfel und den Talhang unter mir, der meine zu bearbeitende Wiese sein wird.

Ich darf Rosa noch beim Zu Bett bringen der kleinen Hühnerküken helfen, sehe damit

auch gleich den Stall für die Schafe, die im Augenblick auf der Alm, aber über den Winter

dann zu Hause sind und auch die Scheune, wo schon der erste Teil des diesjährigen Heues

gelagert ist. Der Duft ist unvergleichbar!

Gegen 20:00 wünschen mir die beiden Chefs eine gute Nacht – ich solle mich morgen

ausschlafen, vor 8:00 – 8:30 wollen wir nicht frühstücken – und ich beginne meine Bleibe

nach meinem Geschmack einzurichten. Ich glaube, ich werde mich hier sehr wohl fühlen

und bin schon so auf morgen gespannt.

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Tag 2: 15. Juli 2019

Mit einem ausgiebigen Frühstück um 8:00 starten wir in den Tag. Es ist sonnig, ein

bisschen Wind begleitet uns und ich wähle den Zwiebellook als Bekleidung, weil ich so gar

nicht abschätzen kann, wie warm es werden wird. Gemeinsam mit Chef Christian nehmen

wir den direkten Abstieg vom Haus über einen steilen bereits gemähten Hang. Steil? Ja so

steil, dass man diesen nur in Serpentinentechnik bezwingen kann. Noch weiß ich nicht,

daß diese Hangschräge mich heute den ganzen Arbeitstag begleiten wird. Beim

Arbeitsplatz angekommen fällt die erste Kleidungsschicht und Christian zeigt mir mein

Betätigungsfeld (-hang). Es geht darum, das gestern geschnittene Gras aufzulockern,

damit es gut abtrocknen kann und damit zu lagerbarem Heu wird. Mit einer Heugabel

bewaffnet, die auch als Abstiegshilfe dient, begebe ich mich langsam und vorsichtig an

das untere Ende eines Grabens um die Grashaufen in Angriff zu nehmen.

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Die große Herausforderung ist nicht, wie man annehmen könnte, das Gewicht des Grases,

sondern die Hangschräglage. Ich muss jeden Schritt sorgfältig setzen und erst festen

Stand finden, damit ich überhaupt mit der Mistgabel an das Gras komme. Ich entscheide

mich für die Variante mich von links nach rechts den Hang hinaufzuarbeiten und das Gras

immer wieder zu „lupfen“, also anstechen, wenden und auflockern, und arbeite mich so

Meter für Meter den Hang hinauf. Es geht viel langsamer als ich mir das vorgestellt habe,

denn guten Stand zu finden, ist bei rutschendem Gras und der Schräge nicht so einfach.

Die gute Stunde, die das benötigt ist mehr als körperlich fordernd, aber sehr stolz hole ich

mir danach die weitere Aufgabe.

In der Zwischenzeit hat Christian mit der Sense einen Weg geschnitten, damit man mit

einem händischen Schnitter (vergleichbar mit einem selbstfahrenden Rasenmäher, der

hohes Gras und Weidepflanzen schneidet, Kostenpunkt € 12.000,--!!!) den nächsten Hang

mähen kann. Das handgeschnittene Gras muss nun aus dem Hang herausgehoben

werden und am gegenüberliegenden, bereit geschnittenen Hang aufgelegt werden, damit

es gut abtrocknen kann. Also verteile ich nun das Gras auf dem Hang und wundere mich,

wieviel und wie komprimiert der Schnitt eigentlich ist.

Währenddessen hat Christians Sohn mit dem Schnitter den Hang darunter bearbeitet und

nun muss der Übergang vom geschnittenen Feld ins noch stehende Gras vom losen Gras

freigemacht werden, damit später unten weiter gemäht werden kann. Also erneut in

absoluter Hangschräglage Gras aufnehmen und Hangaufwärts „lupfen“.

Meine Kleidungsschichten sind längst auf Arbeitshose und Ruderleiberl zusammen-

geschrumpft und obwohl eigentlich ein zwar sonniger aber kühler Tag ist, komme ich

aufgrund der körperlichen Anstrengung ordentlich ins Schwitzen. Nach 6 Stunden,

unzählbaren „Minutenrasten“ und kleinen Trinkpausen, ist das Tagewerk vollbracht und

wir machen uns den steilen Weg auf, nach Hause zu kommen. Wirklich mit den Kräften in

den Beinen am Ende, gibt es eine ordentliche Jause – ich habe gar nicht gewußt wie

hungrig ich sein kann – und danach eine heiße Dusche und ein kleines Nickerchen. Nach

einem Kaffee entführt mich die Chefin Rosa zur Jausenstation den Berg hinauf und zu

einem Plätzchen mit herrlicher Aussicht in das beginnende Stubaital. Später sitzt die

ganze Familie noch kurz beisammen und um 8:00 ist es für mich wirklich Zeit in mein

Zimmer zu gehen und es kostet mich wirklich eine Überwindung diese Zeilen hier noch zu

schreiben. Als Mensch der prinzipiell ein „Nachtschattengewächs“ ist und immer Abends

bis spät in die Nacht arbeitet, lerne ich mich gerade neu kennen, denn mit den Hühnern

schlafen zu gehen ist eine neue Erfahrung für mich. Gute Nacht.

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Tag 3: 16. Juli 2019

Wie auch gestern beginnt mein Tag um 8:00 mit einem hervorragenden, ausgiebigen

Frühstück. Ich stelle fest, dass ich bereits morgens reichlich essen kann. Nachdem die

Sonne noch etwas an unserem Heu arbeiten muss, bekomme ich den vormittag frei und

fahre nach Fulpmes um mir die Stadt anzuschauen, ein bißchen Schoki einzukaufen und

freue mich, dass ich den Bauernhof von der Ortsstraße aus sehe. Mein Gott ist das weit

oben!

Kaum zurück, schmeiß ich mich wieder in meine Arbeitshose und „düse“ hangabwärts zu

meinem Arbeitsplatz. Ich spüre jeden Muskel in meinen Beinen und hoffe, dass sich diese

Woche positiv auf meine Bodyshape auswirkt ;-)

Wir bereiten nun am Feldweg, der die zwei Hänge voneinander trennt, das mittlerweile

gut getrocknete Heu auf. Das heißt, das Heu muss in die Mitte des Weges auf

Fahrspurbreite zusammengeschoben werden, damit später ein Auto, dass das Heu in den

Anhänger hineintransportiert, genau drüberfahren kann und alles lose Gras wirklich

zwischen den beiden Rädern liegt. Alles andere wäre verlorenes Gras.

Die Sonne ist mittlerweile gnadenlos heiß und das Heu strahlt eine unglaubliche Hitze ab.

Außerdem ist es bemerkenswert, wie viel es plötzlich geworden ist, so trocken und

aufgelockert.

Nach der einfachen Übung, weil ja in der Ebene, geht’s nun zurück in den Hang, wo wir

auch hier auflockern müssen, damit die untere Schicht auch noch trocknet. Mein

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Arbeitskollege Kurt – der Rechen – verbeißt sich oft in den Hang und ich brauche einige

Zeit um, nachdem ich festen Stand gefunden hatte, den richtigen Winkel anzulegen.

Eigentlich ist es schön zu sehen, wie viel Heu hier gerade entsteht, gleichzeitig denke ich

auch daran, dass wir diese Menge auch irgendwann in die Scheune bringen müssen. Den

Weg zurück zum Haus darf ich mit dem kleinen Traktor mitfahren – auf der Gabel den

Anhängers stehend – mein Chef fährt – und an 2 Haltergriffen festgehalten, komme ich

mir vor wie Ben Hur beim Wagenrennen und freue mich wie ein kleines Kind!!!

Nach einem wunderbaren Mittagessen – Lamm aus der eigenen Haltung mit Erdäpfel –

kann man eh nur mehr schlafen gehen, so dick ist mein Bauch. Nach einer kurzen Rast

geht es wieder zurück ins Feld, denn jetzt wird heimgeholt. Sohn und Freunde desselben

sind schon am Werken, denn jetzt wird mit dem Auto die erste Tranche aus dem Weg in

die Scheune transportiert. Danach wir ein riesen Schlitten mit Gitteraufbau den Hang

hinuntergelassen, am Hangende mit Mega-Haringen fixiert und dieser Schlitten ist nun

von uns zu füllen. Nicht nur das das Heu zum Schlitten getragen werden muss, ist es

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meine durchaus wichtige Aufgabe, die Gehroute zum Schlitten von losem Heu

freizuhalten. Steigt man auf loses Heu im Hang ist es wie mit frisch gewachsten Skiern an

den Füßen und du fährst ab. Nicht ungefährlich, wenn die Burschen mit Heugabeln

unterwegs sind. Ich habe alle Hände voll zu tun und Kurt kommt kaum zur Ruhe. Der

Schlitten wird gestopft und gepreßt, damit soviel Heu wie möglich hineinpasst. Als

wirklich nix mehr hineingeht, wandern alle hinauf zum Weg wo bereits der Traktor wartet

um den Schlitten mittels Seilwinde auf den Weg zu ziehen. Gewaltig!

Oben angekommen räumen wir den Schlitten wieder aus, legen das Heu wieder

Fahrspurbreit auf und das Auto sammelt wieder ein. Ich darf mit dem Auto in die Scheune

mitfahren und sehe zu wie das Heu nun in die Scheune hinaufgeblasen wird. Ich stelle

staunend fest, wieviele Arbeitsgänge und Arbeitsgeräte hier notwendig sind um Wiese als

Futter in die Scheune zu bekommen. Von der Arbeitskraft ganz abgesehen. Die Burschen

wiederholen das Prozedere noch zwei mal und dann ist der Arbeitstag vorbei.

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Ich darf in der Zwischenzeit mit Chefin Rosa Kraut einschneiden. Ich hatte ihr von meinem

Sauerkraut, das ich letzten Herbst gemacht hatte erzählt, und nun wollte sie das auch tun.

Also haben wir Mädels, während die Burschen die letzten 2 Touren gemacht haben,

geschnitten , gehobelt, geschichtet, gewürzt und damit hoffentlich in 4-6 Wochen ein

ausgezeichnetes Sauerkraut produziert. Nicht sehr überraschend gehe ich kurz nach den

Hühnern heute ins Bett. Denn morgen geht das ganze Prozedere mit dem nächsten Hang

los. Und wir alle beten für weiterhin schönes Wetter, viel Sonne und ein bisschen Wind.

Tag 3: 17. Juli 2019

Heute ist eher ein schneller Start in den Tag, den das Wetter wurde als nicht beständig

vorhergesagt. Am Feld liegen Massen an geschnittenem Gras, schön trocken – das muss

heute heim. Also ziehen Christian und ich gleich nach dem Frühstück los um den ersten

Hang einzuholen. Heute darf ich hinten am Traktor stehen und ich stelle fest, Ben Hur hat

einen mächtigeren Streitwagen bekommen. Ratz Fatz sind wir am Feld und schon geht’s

los. Wir sind nun im untersten steilsten Teil des Hanges in einer Mulde, wo sich die Sonne

richtig schön reinlegt. Gut fürs Heu schlecht für die Heuarbeiter. Es heizt ordentlich

hinunter und bereits nach der halben Arbeit ist meine Wasserflasche leer. Bremsen

finden den Geschmack meiner verschwitzten Haut besonders bekömmlich und versuchen

mich auszusaugen. Aber das alles tut der Freude am Arbeitseinsatz keinen Abbruch, denn

man sieht das Ergebnis stetig wachsen. Es ist wunderschön den Hang hinauf zu schauen

und dort wo vorher blassgrünes getrocknetes Gras flächendeckend gelegen ist, sieht man

nun eine blitzsaubere, saftig grüne gemähte Wiese.

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Trotzdem ich heute ohne Kurti arbeiten muss, ist nach ca. 4 Stunden schweißtreibender

Arbeit mit dem Rechen alles so vorbereitet, dass Chef Christian langsam den Schlitten den

Hang hinunterschiebt, am Hangende fixiert, und mit Volldampf füllen wir den Schlitten,

pressen, stampfen und drücken das Heu zusammen, damit viel hineinpasst und schaffen,

obwohl wir nur zu zweit sind, doch eine ganze Menge des Hanges zu verstauen. Bei einer

wirklich notwendigen Pause frage ich den Chef wie steil denn das eigentlich ist: „Also die

Bergstraße, die im Winter immer gesperrt werden muss, weil sie so steil ist hat 16%. Der

Hang da hat 40%“ Ups, jetzt wundert mich nix mehr, dass ich mir beim Stehen schwer tu.

Der Chef holt dann den Traktor mit der Seilwinde, kommt den Hang herunter um den

Schlitten einzuhängen und gemeinsam mit dem hinzugekommenen Sohn wird nun der

Schlitten hochgezogen. Ganz langsam, damit der Traktor, der aufgrund des schmalen

Weges seitlich zum Hang steht, nicht kippt und das man mithelfen kann, falls der Schlitten

wegen eines großen Steines oder einer Unebenheit abgelenkt wird. Definitiv keine

ungefährliche Arbeit.

Wie gestern wiederholt sich das Prozedere und wir leeren den Schlitten am Weg aus,

rechen alles in Fahrspurbreite und nachdem der Schlepper alles in der Ladefläche hat,

geht’s motorisiert zurück zum Haus in die Tenne. Dort wird der Schlepper gekippt und

mein Tuch, dass vorher meinem Kopf vor der Sonne geschützt hat, dient jetzt über Mund

und Nase gezogen dem Schutz vor der Staubentwicklung, die natuürlich gewaltig ist,

wenn trockenes Heu mittels eines Gebläses in die hinterste, oberste Ecke der Tenne

geblasen wird, damit ja noch viel Heu in die Tenne hineinpasst. Wir müssen das Heu

portionsweise dem Gebläse zuführen, aber zu dritt geht das richtig schnell – außerdem ist

jetzt der Zeitpunkt wo ich weiß, jetzt ist alles zu Haus und dort wo es für den Winter

hingehört.

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Mittag mästet mich die Chefin mit Tiroler Kiechle mit Kraut und nach einer guten Stunde

Rast beginnt ich das Wetter einzutrüben. Nun liegt aber noch Heu in der Menge von

mindestens 3 Schlitten im Hang und so schnell ich über den Haushang abwärts komme,

düse ich hinunter. Mittlerweile haben sich weitere Helfer eingefunden und im Turbo

versuchen wir alles noch trocken Heimzubringen. Kaum ist der zweite Schlitten mehr als

gefüllt beginnt es im Nachbartal zu donnern – mir geht der Schiach an, da ich eine

Sch…Angst vor Gewittern habe, und es beginnt leicht zu nieseln. Ungeduldig warten wir

darauf, dass der Traktor und der Schlepper wieder zurück sind. Bis wir tatsächlich den

Schlitten erneut anhängen können, gießt es ganz nach Salzburger Art – Schnürlregen und

ich sorge mich zutiefst, ob wir morgen alles wieder ausräumen und trocknen müssen. Da

das Heu aber so dicht im Schlitten gepresst ist, der Regen Gott-sei-Dank zum Aufladen auf

den Schlepper aufgehört hat, können wir diese Fuhre auch noch sicher heim bringen.

Einmal fahren die Burschen noch aufs Feld, beladen den Schlitten und stellen ihn im

„Feldhäusl“ – ein nach vorne offener Unterstand für diverse Gerätschaften- ab, das es

schon wieder gießt.

Wirklich rechtschaffen müde werden nun alle Helfer von Chefin Rosa mit Brot, Speck und

diversen anderen Leckereien versorgt und ich gönne mir mit tiefster Zufriedenheit einen

Radler. Damit ich morgen auch wieder aus meinem Bett aufstehen kann, versuche ich mit

Hilfe einer heißen Badewanne und dem eigens in Wien besorgten „Kwizda

Restitutionsfluid“ oder wie der Volksmund sagt: „Pferdefluid“ die möglichen Spuren

dieses echt harten Tages zu bekämpfen und bin gespannt, ob diese Taktik morgen von

Erfolg gekrönt ist.

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Tag 4: 18. Juli 2019

Aufgrund des gestrigen Regens wird die Heuarbeit heute ausgesetzt. Das tut uns allen gut.

Sogar Chef Christian braucht eine Pause. Meine Taktik mit der Badewanne ist voll

aufgegangen und im Großen und Ganzen geht’s mit auch körperlich gut. Die Berge im

Umkreis lachen mir schon morgens zu und nach einem ruhigen und wie immer

ausgiebigen Frühstück lassen wir den Tag langsam anlaufen.

Ich helfe Rosa ein wenig beim Vorbereiten des Mittagessens und darf in einem Tiroler

Kochbuch blättern, wo ich viele Rezepte finde, die ich gerne ausprobieren werde. Das

heutige Mittagessen ist eine Tiroler Spezialität – Speckknödel im heißen Fett knusprig

herausgebraten und mit Suppe serviert. Ähnlich den Kärntner Kaspressknödel schmeckt

es einfach sensationell gut und ich esse mehr als mir lieb ist. Rosa und ich wollen dann ins

Dorf und ich versuch mich ein bissl fein zu machen, als ich angerufen werde, daß

Herrmann Gahr – mein Kollege aus dem Nationalrat, der als Vorsitzender des

Maschinenrings dies hier alles möglich gemacht hat – zu Besuch gekommen ist. Familie

Ribis und ich freuen uns sehr und wir sitzen ein bisschen beisammen und plaudern, Rosa

und ich erzählen von unseren Erfahrungen und wir besuchen noch gemeinsam die

Jausenstation Vergör auf einen Kaffee. Mit reichlich Verspätung machen wir uns dann auf

den Weg nach Fulpmes, kaufen im Supermarkt etwas Lebensmittel ein und fahren dann

Richtung Stubaier Gletscher nach Neustift. Hier besorgt Rosa eine riesen Speckseite,

damit die jungen Männer beim nächsten Einsatz gut verköstigt werden können und ich

gönne mir einen Hirschrohschinken, wo ich mich jetzt schon auf die Verkostung in Wien

freue. Ein Besuch in der wunderschönen Kirche in Neustift darf natürlich auch nicht

fehlen.

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Zurück in Fulpmes entführt mich Rosa in ein wunderschönes Cafe, wo wir uns einen

Milchshake gönnen und danach ist unbedingt noch ein Besuch bei Rosas bester Freundin

Mathilde notwendig, damit sie die Erntehelferin aus Wien kennenlernt.

Zur Abwechslung essen wir mal wieder – hervorragendes selbstgebackenes Brot und die

Zeit fliegt nur so dahin. Es ist fast 20:00 als wir wieder am Hof ankommen. Aber der Tag

ist noch nicht zu Ende, denn Rosa möchte mir noch unbedingt das Alpl zeigen. Wald- und

Wiedeland wo die Schafe und Ziegen über dem Sommer unterwegs sind. Zur

Abwechslung gehen wir wieder mal bergauf, ein unglaublich steiles Waldstück

Lärchenwald bis hinauf zur obersten Wiese, die eingezäunt von den Schafen geschützt

wird und dieses Jahr auch noch gemäht werden muss. Rosa erzählt mir, dass, weil es

keinen anderen Weg gibt, hier alle Gerätschaften über den Lärchenwald hinaufgetragen

werden müssen, allerdings bleibt das Heu dann im einer Scheune im Wald, damit auch

hier die Tiere versorgt werden können, falls welche über den Winter am Alpl bleiben. Die

Scheune bietet die Unterkunft und im ersten Stock lagert dann das Heu, das über

Schütten nach unten zu den Schafen und Ziegen geworfen werden kann. Zum Sichten der

Tiere sind wir leider schon zu spät dran – die schlafen schon, aber ich werde sie

hoffentlich morgen sehen können.

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Apropos Wald: Wer glaubt Wald ist einfach da und macht keine Arbeit, der irrt. Die

Schräge des Hanges und das Alter der Lärchen bedingt, dass immer wieder Bäume gefällt

werden müssen oder zu Bruch gehen. Danach müssen die Stämme geputzt und händisch

hangabwärts transportiert werden. Sie brauchen eine Länge von 4,20m um sie

weiterverkaufen zu können. Es braucht nicht viel Fantasie um sich vorzustellen, welche

Kraft Stämme dieser Größe bei einer Hangschräge bis zu 40% bekommen können.

Zusätzlich muss der Wald von Ästen aus Windbruch ständig sauber gehalten werden.

Dazu muss man alle Äste und Ästchen einsammeln und oberhalb eines Baumstammes im

Hang zu einem Haufen aufschlichten.

Wird dies nicht getan, kann dem Wald die Weideeigenschaft aberkannt werden – das

heißt: Da gibt’s dann keine Förderung der AMA oder eine bereits ausbezahlte Förderung

muss zurückbezahlt werden. Es geht hier also nicht um landwirtschaftliche

Sozialromantik, sondern um die finanzielle Existenz einer Familie. Langsam frage ich mich,

wie diese Familie diese Vielzahl an Arbeiten und die Menge der Flächen überhaupt

bewältigen kann. Durchaus nachdenklich und mit voller Bewunderung gehe ich heute zu

Bett.

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Tag 5: 19. Jul. 2019

Heute ist ein wichtiger Tag für die letzte Fuhre an Heu, die vorgestern zwar im Schlitten

war, aber etwas Regen abbekommen hatte. Während Chef Christian mit der Sense den

Einstieg in den nächsten Hang vorbereitet, damit die Jungend den nächsten Hang mähen

kann, habe ich mich um den Transportweg des Schleppers zu kümmern. Heuarbeit ist

auch Putzarbeit, denn beim Einbringen des aufgelegten Heues in den Schlepper geht

immer ein bisschen Material verloren. Dies liegt dann am Weg und verdirbt. Außerdem

beschädigt es bei starkem Regenfall den Weg, der so wichtig für den Zugang zu den

Hängen ist. Also „putzt“ man die Fahrrillen von liegengebliebenem Heu frei. Die

regelmäßig angelegten Regenrinnen, die verhindern, dass das Wasser über den Hang

hinunterschießen würde, sind natürlich auch mit Erde und Gras verstopft. Die werden im

selben Arbeitsgang auch freigeputzt. Heute ist die Tätigkeit nicht im steilen Hang und

damit etwas weniger anstrengend. Ich wundere mich wieviel Heu hier noch

zusammenkommt. Das ergibt einige Portionen für die Schafe. Ebenso wird der Schlitten

geleert und das Heu auf dem Weg schön aufgebreitet, dann kann es noch ein bisschen

abtrocknen. Der Schlepper fährt wieder drüber und transportiert sowohl die Putzreste als

auch den Inhalt des Schlittens in die Ladefläche. Wieder geht’s zurück zur Tenne und die

nächste Einheit wird mit dem Gebläse in die obersten Lager hinaufgeblasen. Damit ist nun

der vorige Hang komplett eingebracht und für den Winter bereit. Es ist toll zu sehen wie

die Tenne immer voller wird und das ist wichtig. Wenn der Winter früher beginnt oder

länger dauert, ist es wichtig, tatsächlich ausreichend Heu zum Füttern zu haben, damit

man nicht auf industriell abgepacktes, nasses Futter zurückgreifen muss. Stolz erzählt mir

Chefin Rosa, das es ganz selten notwendig ist auf diese Notmaßnahme zurückgreifen zu

müssen, da alle im Sommer äußerst fleißig sind.

Der neue Hang liegt nun zum Trocken auf und wir haben einen freien Nachmittag. Rosa

fährt mit mir mit der Schlickbahngondel zum Kreuzjoch (2100m) hinauf, von wo man eine

herrliche Aussicht vom Wilden Kaiser weit im Norden bis hinein ins tiefe Stubaital hat. Ich

finde die Berge meiner Jungend wieder. Den Glungezer (neben dem Patscherkofel), den

ich vor 33 Jahren gemeinsam mit den Pfadfindern bestiegen habe. Das war der erste Berg

ober der Baumgrenze in meinem Leben. Und auch den Hohen Burgstall kann ich greifbar

nahe sehen. Jener Berg, den ich vor 22 Jahren mit meinem späteren Ehemann bekraxelt

habe. Der Anblick von Schlicker Scharte, Schlicker Mandeln, Elfer und Zwölfer, Habicht,

Ilmspitzen, Serles und vielen Gipfeln mehr, gemeinsam mit diesen Erinnerungen aus

meiner Jugendzeit lassen diesen Nachmittag unvergesslich werden. Ich nehme mir vor,

nicht wieder so viele Jahre zu warten um den nächsten Berg zu besteigen.

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Blick auf den Patscherkofel (Sender) und den danebenliegenden Gungezer bei Innsbruck

Blick auf den wilden Kaiser niederer Burgstall und hoher Burgstall

Sonnenstein-Serles-Ilmspitzen- Elfer/Zwölfer (Pinnestal) niederer Burgstall und Starkenburger Hütte

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Steingrubenkogel und Schlicker Zinnen Schlicker Mandl`n

Mit Rosa… und dem größten Topfenstrudel der Welt

Früh zu Bett gehen heißt es heut, denn morgen wird ein heißer Tag mit Auflockern des

heute gemähten und dann heimbringen des Heues von einem weiteren Hang. Ich freu

mich drauf!

Tag 6: 20. Juli 2019

Es geht ins Finale. Der letzte Arbeitstag beginnt wie immer, aber schon morgens sind alle

etwas angespannt. Ein ganzer Hang liegt zum Einbringen bereit und die Wettervorhersage

verheißt nichts Gutes. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis sich die Hitze im Stubaital mittels

eines Gewitters entladen wird.

Wir ziehen also los um das Heu zu wenden und der Sonne so auszusetzen, daß es

durchtrocknet. Für den frühen Nachmittag haben sich Freunde der Familie angesagt , um

beim Einbringen zu helfen – da muss alles bereit sein. Die Sonne sticht schon gewaltig

hinunter und der wichtigste Partner ist, neben meinem Kurti, die Wasserflasche, die

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immer „am Mann“ zu tragen ist. Chef Christian und ich arbeiten zügig und konzentriert –

heut wird nicht viel gescherzt.

Nach einer kurzen Mittagspause im Haus und damit weg von der Sonne, trudeln die

ersten Erntehelfer ein und schon geht’s wieder runter zum Hang. Mittlerweile ist der

Schlitten am Hangende angekommen und wir „schöpfen“ wie die Bienen. Während der

volle Schlitten aufgezogen wird, bereiten wir schon den nächsten „Parkplatz“ vor, damit

der leere Schlitten sofort wieder beladen werden kann. Heute sieht man wie wichtig die

große Anzahl an helfenden Händen ist. 1 Person am Traktor, die den Schlitten den Hang

hinaufzieht, 1 -2 Personen, die den Schlitten entladen und das Heu am Weg aufbreiten,

damit 1 weitere Person mit dem Schlepper das Heu aufnehmen kann und in die Tenne

führt, wo 1-2 Personen den Schlepper entladen und das Heu dem Gebläse zuführen. In

der Zwischenzeit 1-2 Personen, die den Hang wieder vorbereiten, 2 Personen, die den

Schlitten füllen, 1 Person, die das Heu im Schlitten stampft und komprimiert, damit viel

hineingeht usw. Natürlich übernehmen wir alle mehrere Aufgaben, aber wenn es um

Geschwindigkeit geht, ist es wichtig, dass man sich die Hangaufwärts- und –abwärtswege

spart, da verliert man viel Zeit.

.

Eine große Ehre ist für mich, dass ich den Besitzer meines „Kurti“ kennenlerne. Kurt hilft

ab und zu mit, ist 70 Jahre alt und fit wie ein Turnschuh, springt im Schlitten herum wie

ein Jüngling und ist der ruhende Pol in der ganzen Hektik des Heimbringens. Ich bin

heilfroh, dass ich „Kurti“ unversehrt übergeben konnte. Nicht auszudenken, wie peinlich

das Kennenlernen von Kurt gewesen wäre, wenn ich seinem Rechen „Kurti“ in den

vergangenen Tagen einen Zahn „gezogen“ hätte.

Ratz-Fatz ist es 15 Uhr und wir haben alles in der Tenne! Noch schön saubermachen,

damit nicht Heu unnötig herumliegt und damit auch Stolperstein werden kann.

Vollkommen verschwitzt, mit feinem Heustaub übersäht und überglücklich über das

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Geleistete gehe ich ins Quartier – auch ich muss saubergemacht werden. Als ich wieder

aus dem Haus komme, ziehen dicke schwarze Wolken auf und lassen Böses ahnen.

Alle Helfer finden sich zu einer Speckjause zusammen und man merkt die gelöste

Stimmung im Vergleich zum Morgen – jetzt wo alles sicher zu Hause ist.

Es dauert nicht lange und das erste Brummen ist zu hören. Wer mich kennt, weiß, dass ich

wirklich ehrliche Angst vor Gewittern habe und ich habe den Eindruck, Tirol bemüht sich

extra, diese Angst auch weiter zu füttern. Es kracht, Blitze, wie ich sie nur aus dem

technischen Museum kenne, stehen in der Luft und die Berge wirken nur mehr

bedrohlich. Der Himmel öffnet die Schleusen und es gießt, schüttet, weht, wie wenn es

kein Morgen gäbe. Wenn das alles auf das gemähte Heu niedergegangen wäre…

Nach einer Stunde ist der ganze Zauber vorbei. Dicke Dampfschwaden ziehen durch das

Tal, die Bergspitzen sind plötzlich von der Sonne beschienen und wirken wie vergoldet,

und wie zur Versöhnung zeigt sich ein dicker strahlender Regenbogen. So ein

Naturschauspiel erlebst Du wirklich nur in den Bergen…

Weil heute mein letzter Abend ist und auch das Gewitter den Bauern morgen eine Pause

verordnet hat, sitzen wir lange beisammen, begießen das Gelungene und die tolle Woche

mit einem guten Schnaps aus der Region und Chef Christian lässt sich überreden, seine

Gitarre zu nehmen und sein liebstes Wienerlied zum Besten zu geben. „Herrgott aus Sta“

in einer Mischung aus tirolerisch und wienerisch ist ein Kunstgenuss. Wir verabreden,

dass meine beiden Gastgeber mich in Wien besuchen kommen und wir zu einem

typischen Heurigen gehen werden. Ich erfahre, dass dies ein lang gehegter Wunsch von

Chef Christian ist. Ich freu ich schon drauf.

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Tag 7: 21. Juli 2019 Abreisetag.

In der Nacht ist noch einiges an Regen niedergegangen und alles dampft. Ich packe

schnell meine Sachen und bringe die Wohnung bestmöglich in Ordnung. Man sollte gar

nicht glauben bis wohin ich überall Gras mitgebracht habe!

Mit schöner Musik in meinen Ohren verabschiede ich mich mit Blick auf Serles,

Ilmspitzen, Elfer, Zwölfer und Habicht vom Stubaital und für einen Augenblick bin ich

richtig sentimental. Ich habe hier Tage erlebt, die ich nie vergessen werde und bin

unendlich dankbar!

Nach unserem letzten gemeinsamen Frühstück – wir sind irgendwie alle sehr ruhig heute

– geht Chefin Rosa noch einmal mit mir Richtung Alpl in den Lärchenwald. Es muss uns

endlich gelingen, einige Schafe zu sehen- jene Geschöpfe, die im Herbst und Winter von

der Arbeit des Sommer ernährt werden sollen.

Tatsächlich schafft es Rosa einige anzulocken. Ein gewaltiger Schafbock mit riesigen

gedrehten Hörnern beschnuppert mich neugierig, und mein Respekt ist groß. Mit ihm

möchte ich nicht streiten müssen. Er hat eindeutig die spitzeren Argumente. Auch ein

dunkel rot/braunes Lämmchen ist mit dabei und ich freue mich sehr, dass ich noch die

Möglichkeit habe, die Nutznießer der Arbeit der letzten Woche kennenzulernen.

Und da ist auch schon der Zeitpunkt des Abschiedes gekommen. Ein Zirbenherz soll mich

an diese Zeit bei Familie Ribis erinnern und ich werde zu Hause einen angemessenen Platz

dafür finden.

Wie wenn es nicht schon schwer genug wäre weg zu fahren, beginnt es in der Sekunde,

wo ich ins Auto steige, fürchterlich zu gießen. Tirol weint zum Abschied und auch mir fällt

es schwer, nicht feuchte Augen zu bekommen. Mit dieser Stimmung mache ich mich auf

den Heimweg – tief bewegt und dankbar diese Menschen kennenlernen und einen

kleinen Beitrag zum üppigen Wintermahl der Schafe und Ziegen leisten zu dürfen. What a

wonderful world…

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Wie bei der Abfahrt verabredet, schicke ich Chefin Rosa eine SMS, das ich gut

angekommen bin, und bedanke mich nochmals für die wunderschöne Woche und die

fantastische Gastfreundschaft. Und was kommt zurück? „Liebe Maria, danke sage müsse

wir, dass wir so einen wunderbaren Menschen kennenlernen durften, danke und lg Rosi“

Das kann man nur zurückgeben und es ist nichts hinzuzufügen.

Mein Fazit:

Eine wunderbare Erfahrung für mich! Ich bin unendlich dankbar, dass ich vor einiger Zeit

einen Bericht in Servus TV gesehen habe, wo eine Studentin bei ihrer Freiwilligenarbeit

begleitet wurde. Mit ein bisschen Recherche bin ich dann auf Herrmann Gahr, den

Obmann des Maschinenrings gestossen – dank ihm hat die Vermittlung wunderbar

geklappt. Danke auch an Julia Sieberer vom Maschinenring für die reibungslose und

unkomplizierte Vermittlung. Ein großes Danke aber an Familie Ribis – an alle

Generationen dieser! Für die herzliche Aufnahme in der Familie, die Besorgnis um mein

Wohlergehen, die Geduld in der Unterweisung aber auch die Aufmunterung und das Lob,

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das ich von Euch bekommen habe. Mein Körper war natürlich müde aber mein Geist ist

mit unglaublich viel Energie aufgeladen.

Kann ich diese Erfahrung weiterempfehlen?

Ja, ja und nochmals JA! Eines sehe jedoch als Grundbedingung. Der absolute Wille zum

körperlichen Einsatz, aber auch, bereit zu sein, sich den notwendigen Abläufen

unterzuordnen. Es hat noch niemanden geschadet Neues kennenzulernen. Im Gegenteil –

ich schaue heute auf eine Hangwiese mit anderen Augen, weil ich weiß, wieviel Arbeit

dahintersteckt, dass wir „Urlauber“ eine schöne Gegend genießen können… wieviel Arbeit

Wald macht, damit er schön aussieht u v m.

Und noch ein Wort an alle, die die Natur genießen wollen: Tretet keine Wiesen nieder,

akzeptiert Absperrungen, achtet Weiden und ihre Tiere darauf. Und hinterlasst Wald,

Wiese und Berg so, wie ihr sie vorgefunden habt. Nicht nur, dass ihr damit der Natur

schadet – ihr schadet auch den bäuerlichen Betrieben, die mit Herz und viel Einsatz hegen

und pflegen.

Liebe Rosa, lieber Christian!

Danke für diese tolle Woche bei Euch und die wundervolle, g´schmackige Verpflegung

(die mir übrigens 3 Kg Plusgewicht beschert haben ;-). Danke, dass ich alles ausprobieren

durfte, was ich wollte. Liebe Grüße an Eure Kinder und Ihre Freunde, viel Erfolg in ihrer

Ausbildung. Ein großes Danke an Kurt, dass ich den „Kurti“ verwenden durfte. Ich warte

auf Euch in Wien und komme gerne nächstes Jahr wieder, sofern Ihr Hilfe benötigt.

Innigsten Dank Eure Maria