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Früherkennung und Frühintervention in der Schule
Schlussbericht der Evaluation
März 2008
Caroline Müller
Christoph Mattes
Carlo Fabian
Institut Kinder- und Jugendhilfe Thiersteinerallee 57
4053 Basel T +41 61 337 27 64 F +41 61 337 27 95
[email protected] www.fhnw.ch
Abstract
Das Bundesamt für Gesundheit startete im August 2005 in Zusammenarbeit mit Radix -
Schweizerisches Netzwerk für Gesundheitsfördernde Schulen und der Hochschule für Soziale
Arbeit Luzern das Projekt 'Früherkennung und Frühintervention in der Schule'. Die
Projektlaufzeit beträgt zwei bzw. drei Jahre. Das Projekt hat zum Ziel, mit Früherkennungs-
und Frühinterventionskonzepten ein Problemmanagementverfahren in Schulen einzurichten,
das eine professionelle und frühzeitige Wahrnehmung und Bearbeitung von Belastungen und
Gefährdungen bei Schülerinnen und Schülern ermöglicht. 14 Schulen nehmen am Projekt teil.
Das Institut Kinder- und Jugendhilfe der Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule
Nordwestschweiz evaluiert den Entwicklungs- und Implementierungsprozess in den
teilnehmenden Schulen, mit dem Ziel, förderliche und hinderliche Faktoren zu benennen. Es
wurden quantitative und qualitative Erhebungen durchgeführt, die den Prozess und die
Zielerreichung dokumentieren.
Die Ergebnisse zeigen, dass nach der bisherigen Projektlaufzeit von zwei Jahren die Mehrheit
der Schulen ein Instrumentarium zur Früherkennung und Frühintervention (FF) entwickeln
konnte sowie eine Auseinandersetzung mit dem Thema in den Kollegien stattfand. Die
Schulen stehen insgesamt jedoch erst am Anfang der Umsetzung der FF. Als förderlicher
Faktor für den Entwicklungs- und Implementierungsprozess erwies sich die Begleitung der
Schulen durch die Beratungsperson, welche mit ihren fachlichen und zeitlichen Ressourcen
zum Gelingen beitrug. Des Weiteren führte die Beteiligung der Lehrpersonen am Projekt zu
einer besseren Verankerung des FF-Konzepts in der Schule. Somit kann eine partizipative
Vorgehensweise als weiterer förderlicher Faktor genannt werden. Hinderlich sind die zu
geringen finanziellen und zeitlichen Ressourcen sowie das Rollenverständnis mancher
Lehrpersonen, die ihren Bildungsauftrag nicht auch als Erziehungsauftrag verstehen wollen.
Für zukünftige Projekte sollten die förderlichen Faktoren beibehalten werden. Bisherige
Strukturen, Prozesse und Modelle der Vernetzung in den Schulen und die Bedürfnisse der
Lehrpersonen sollten als Ausgangspunkt für die schulspezifische Entwicklung des FF-
Konzepts dienen. Des Weiteren brauchen die Schulen bei der Frage, wie Schüler/innen und
Eltern in das FF-Projekt einbezogen werden können, Unterstützung, z.B. durch Best-Practice-
Modelle.
Inhaltsverzeichnis
Abstract
1 Einleitung 1
2 Früherkennung und Frühintervention in der Schule 2 2.1 Konzepte und Begriffe 3 2.2 Umsetzung von FF-Projekten 4
3 Das Projekt 7 3.1 Ausgangslage 7 3.2 Ziele des Projekts 8 3.3 Teilnehmende Schulen 9 3.4 Teilnehmende Beratungspersonen 9
4 Die Evaluation 10 4.1 Zweck und Fragestellungen 10 4.2 Evaluationsdesign 11 4.3 Methodisches Vorgehen 12
4.3.1 Dokumentenanalyse I und II 13 4.3.2 Lehrpersonenbefragung 14 4.3.3 Interviews mit zentralen Akteuren 14 4.3.4 Fallanalysen 15
4.4 Zeitplan der Evaluation 15
5 Gesamtanalyse der teilnehmenden Schulen 16 5.1 Projektorganisation in den Schulen 16 5.2 Interventionsleitfäden 18 5.3 Einbezug von und Veranstaltungen für Lehrpersonen 20 5.4 Einbezug von und Veranstaltungen für Eltern und Schüler/innen 22 5.5 Vernetzung mit externen Fachstellen 23 5.6 Zusammenfassung und Fazit 25
6 Vertiefte Analyse von vier Beispielschulen 28 6.1 Die Perspektive der Lehrpersonen 28
6.1.1 Stichprobe 28 6.1.2 Entwicklung und Bekanntheit des Früherkennungs- und Frühinterventionskonzepts 29 6.1.3 Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung 30 6.1.4 Interventionsleitfäden aus der Sicht der Lehrpersonen 31 6.1.5 Wissenszuwachs und Handlungssicherheit 36 6.1.6 Gesamtbeurteilung der Früherkennung und Frühintervention 39 6.1.7 Zusammenfassung und Fazit 40
6.2 Die Perspektive der Steuergruppenmitglieder 41 6.2.1 Ausgangslage 42 6.2.2 Projektleitung und Projektsteuergruppe 42 6.2.3 Ressourcen für das Projekt 43 6.2.4 Rolle der Beratungsperson 45 6.2.5 Ressourcen der Beratungsperson 46 6.2.6 Rolle der schulinternen Hilfeangebote 46 6.2.7 Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung 47 6.2.8 Entwicklung schulinterner Strukturen 49 6.2.9 Partizipation der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern 49
6.2.10 Entwicklung, Akzeptanz und Wirkung der Leitfäden 50 6.2.11 Sensibilisierung und veränderter Umgang mit Schülerinnen und Schülern 52 6.2.12 Vernetzung mit externen Fachstellen 53 6.2.13 Zusammenfassung und Fazit 54
6.3 Fallanalysen 55 6.3.1 Schule A 55 6.3.2 Schule B 57 6.3.3 Schule C 59 6.3.4 Schule D 61 6.3.5 Zusammenfassung 62
7 Schlussfolgerungen 64 7.1 Detailfragestellungen 64 7.2 Hauptfragestellungen 82
7.2.1 Was sind hinderliche und förderliche Faktoren bei der Einführung von Früherkennung und Frühintervention in der Schule? 82
7.2.2 In welchem Mass verfügen die Schulen über ein Verfahrens- und Handlungsrepertoire, das sie in die Lage versetzt, bei Gefährdung eines Schülers / einer Schülerin frühzeitig und adäquat zu reagieren? 83
8 Reflexion Evaluationsdesign 86
9 Ausblick 88
10 Literatur 89
11 Verzeichnisse 91 11.1 Abbildungsverzeichnis 91 11.2 Tabellenverzeichnis 91
Anhang 92
Abkürzungsverzeichnis
BAG Bundesamt für Gesundheit
FF Früherkennung und Frühintervention
HSA Hochschule für Soziale Arbeit
LP Lehrpersonen
M Mittelwert (arithmetisches Mittel)
n Stichprobe
OS Oberstufenschule
p Wahrscheinlichkeit (Signifikanzniveau)
PS Primarschule
S. Schülerinnen und Schüler
SL Schulleitung
SNGS Schweizerisches Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen
SSA Schulsozialarbeit
StG Projektsteuergruppe (in den teilnehmenden Schulen)
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 1
1 Einleitung
Früherkennung und Frühintervention (FF) sind aktuelle Ansätze der Prävention. FF
bezeichnen einen Prozess, bei dem Entwicklungen, die zu persönlichen und/oder sozialen
Problemen führen können, so früh erkannt werden, dass mit adäquater Unterstützung eine
Veränderung der Situation eingeleitet werden kann und somit hohe Folgekosten verhindert
werden können.
Die Hochschule für Soziale Arbeit der Fachhochschule Nordwestschweiz erhielt vom
Bundesamt für Gesundheit (BAG) den Auftrag, das Projekt 'Früherkennung und
Frühintervention in der Schule' zu evaluieren. Das Projekt hat zum Ziel, mit den
schulhausspezifisch entwickelten FF-Konzepten ein Problemmanagementverfahren in den
Schulen einzurichten, das eine professionelle und frühzeitige Problemerkennung und -
bearbeitung ermöglicht, welche in erster Linie Schüler/innen unterstützt sowie Lehrpersonen
und Schulleitungen entlastet. 14 Schulen nehmen an dem Projekt teil. Es startete im August
2005 mit einer Laufzeit von zwei bzw. drei Jahren.
Die Evaluation untersucht die Entwicklung und Einführung der FF-Konzepte in den
teilnehmenden Schulen, um hinderliche und förderliche Faktoren für die erfolgreiche
Implementierung solcher Konzepte zu identifizieren. Die Erkenntnisse aus der Evaluation
sollen in Empfehlungen für Folgeprojekte sowie in die Optimierung der bisherigen Projekte
münden. Um eine Optimierung der bisherigen Projekte zu ermöglichen, wurde den vier
ausgewählten Schulen, welche vertieft analysiert wurden, im November 2007 je ein
Kurzbericht mit den schulspezifischen Ergebnissen zugestellt.
Im vorliegenden Schlussbericht der Evaluation wird zunächst das Konzept der FF beschrieben
und ein Überblick über den Stand der FF in der Schweiz gegeben. Darauf folgend werden das
Projekt, das Evaluationsdesign und die Methodik skizziert. Im Kapitel 5 werden Ergebnisse
der Gesamtanalyse der 14 Schulen vorgestellt. Die vertiefte Analyse mit der Perspektive der
Lehrpersonen und der zentralen Akteure der vier ausgewählten Schulen sind Thema des
darauf folgenden Kapitels. Eine Fallanalyse der vier ausgewählten Schulen schliesst den
Ergebnisteil ab. Im Schlusskapitel 'Schlussfolgerungen' werden entlang den Evaluations-
fragestellungen die Ergebnisse zusammengeführt und diskutiert. Empfehlungen für das
Folgeprojekt werden abschliessend formuliert.
Die Bereitschaft der Schulen, an der Evaluation teilzunehmen, war weitgehend gegeben.
Unser Dank geht an alle 14 Schulen, insbesondere aber an die Projektverantwortlichen und
Lehrpersonen der vier Beispielschulen für ihre Mitarbeit und Offenheit. Herrn Walter Minder
vom Bundesamt für Gesundheit danken wir für die Erteilung des Mandats, Frau Barbara
Zumstein (RADIX - Schweizerisches Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen) und Enrica
Zwahl (Hochschule für Soziale Arbeit Luzern) für die kooperative Zusammenarbeit. Ein
weiterer Dank geht an unsere studentischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für die
sorgfältige Transkription und Dateneingabe sowie an Georg Schlegel für das sorgfältige
Korrekturlesen des Berichts.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 2
2 Früherkennung und Frühintervention in der Schule
Im Setting Schule wird seit geraumer Zeit am Thema Früherkennung und Frühintervention
(FF) gearbeitet. Stufenpläne, Leitfäden, Handlungsanweisungen, Schulteamentwicklungen
oder Netzwerkbildung sind nur einige Stichwörter in diesem Zusammenhang. Projekte und
Programme unterschiedlichster Art sind daran, FF in die Schulen zu bringen.
Interessant ist die Entwicklung in diesem Handlungsfeld. Vor ein paar Jahren noch war der
Fokus auf das Thema Sucht gerichtet. Die Rede war von Suchtmittelkonsum, Suchtprävention
oder Suchtverhalten (vgl. auch Brunner, Gisin, Peterelli & Steiger, 2004). Oder es wurden gar
einzelne Substanzen in den Fokus gerückt, wie beispielsweise in der Broschüre ‚Schule und
Cannabis - Regeln, Massnahmen, Früherfassung’ (BAG & SFA/ISPA, 2004) und im
entsprechenden FF-Projekt im Kanton Basel Stadt (Fabian, Steiner & Guhl, 2006; Keller,
2004). Eine im Kanton Zürich durchgeführte Erhebung im Jahr 2006 zur Eruierung des
Bedarfs an FF fokussierte auf die suchtgefährdeten Schülerinnen und Schüler (Brunner,
Farago & Landert, 2006). Diese Ausrichtung mag mit dem Entstehungskontext dieser
Projekte zusammenhängen. So wurde die letztgenannte Studie im Auftrag der
Suchtpräventionsstellen des Kantons Zürich durchgeführt und die BAG-SFA-Broschüre aus
dem Bereich der BAG-Cannabisprävention mitfinanziert.
Die neueren Entwicklungen im Handlungsfeld, aber auch die Umsetzungen der Projekte
zeigen, dass der Fokus deutlich breiter und offener wird. Im Kanton Thurgau läuft seit 2006
ein kantonweites FF-Projekt. Dieses baut auf das Projekt ‚Unsere suchtmittelfreie Schule -
das Stufenmodell’ auf, welches von 2004 bis 2006 für Schulen angeboten wurde. Zentraler
Bestandteil des neuen, laufenden Projekts ist die Erweiterung der Themen. Da Suchtmittel nur
einen Teil der Problematiken der Schülerinnen und Schüler ausmachen und auch nur ein Teil
der sichtbaren Probleme sind, geht es hier ausser um Regelverletzungen (sogenannte „laute
Kriterien“ im Setting Schule) - neben Suchtmittelkonsum sind das beispielsweise Gewalt,
Mobbing oder Absentismus - auch um die Beachtung der „leisen Kriterien“: Hierbei handelt
es sich nicht um Regelverletzungen, sondern um Verhaltensweisen und Risikofaktoren,
beispielsweise Essstörungen, Ritzen oder psychische Verstimmungen, die auf tiefer liegende
Problematiken hinweisen können (vgl. www.perspektive-otg.ch; Guhl & Fabian, 2006). Diese
Erweiterung ist als Folge der Erkenntnis zu sehen, dass Regelverletzungen und
problematische Verhaltensweisen ähnliche Ursprünge haben können und nicht isoliert
betrachtet werden sollten. Dieses Beispiel zeigt, dass sich der Fokus der Prävention von einer
Substanz- und Gefahrenorientierung über eine Suchtorientierung hin zu einer Orientierung auf
problematisches Verhalten überhaupt, und damit auf Risikoalternativen, Kompetenz und
Widerstand sowie Ressourcenstärkung entwickelt (vgl. Franzkowiak, 2002). Dadurch gelangt
man zu einer Offenheit für verschiedene Handlungsmöglichkeiten und für die Integration sich
gegenseitig beeinflussender Faktoren. Umso wichtiger ist in dieser Perspektive die
Erkenntnis, dass es allgemeingültiger Handlungspläne bedarf, die Vorgehensweisen in der FF
aber gleichzeitig individuell angepasst und beurteilt werden müssen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 3
2.1 Konzepte und Begriffe
Gesundheitsförderung und Prävention
Die Begriffe Gesundheitsförderung und Prävention werden nicht einheitlich verwendet und
verstanden. Für Akteure in diesen Handlungsfeldern sowie für die Evaluation von
entsprechenden Projekten ist eine zumindest grobe Definition wesentlich.
• Bei der Gesundheitsförderung besteht die Intervention in der Verbesserung von
individuellen Fähigkeiten der Lebensbewältigung und der Förderung der ökonomischen,
kulturellen, sozialen, bildungsmässigen und hygienischen Bedingungen der
Lebensgestaltung von Bevölkerungsgruppen; Voraussetzung ist eine Kenntnis
salutogenetischer Dynamiken, also der Entstehung und Aufrechterhaltung von
individuellen und kollektiven Gesundheitsstadien. (vgl. Hurrelmann, Klotz & Haisch,
2007, S. 12)
• Bei der Prävention besteht das Eingreifen (Intervenieren) in der Verhinderung und
Abwendungen von Ausgangsbedingungen und Risiken von Krankheiten; Voraussetzung ist
eine Kenntnis pathogenetischer Dynamiken, also der Entwicklungs- und Verlaufsstadien
des individuellen und kollektiven Krankheitsgeschehens.
Bildlich dargestellt kann man sich ein Kontinuum zwischen Gesundheit und Krankheit
vorstellen. Die einzelnen Individuen befinden sich auf diesem Kontinuum. Die
Gesundheitsförderung ist darauf ausgerichtet, die Position eines Individuums in Richtung Pol
„Gesundheit“ zu bewegen, während die Prävention darauf abzielt, dass sich die Position nicht
Richtung Krankheit bewegt (vgl. Becker, 1997). Bei beiden Ansätzen handelt es sich um
Interventionen mit gezieltem Eingreifen, „um sich abzeichnende Entwicklungen von
Morbidität und Mortalität bei Einzelnen oder ganzen Bevölkerungsgruppen zu beeinflussen“
(Hurrelmann et al., 2007, S. 12-13). Obwohl in der Umsetzung gewisse Überschneidungen
bestehen, folgen die beiden Ansätze doch je eigenen Logiken und Zielsetzungen.
Früherkennung und Frühintervention
Heute wird Prävention zunehmend nach Zielgruppen unterschieden. Während sich die
universelle Prävention an die Gesamtpopulation richtet, unabhängig von deren Risiken, richtet
sich die selektive Prävention an Gruppen mit erhöhtem Risiko und indizierte Prävention an
Individuen mit erhöhtem Risiko (Bundesamt für Gesundheit, 2006). Die Früherkennung ist
nun eine mögliche Strategie zur rechtzeitigen Wahrnehmung von Anzeichen einer
Gefährdung und somit zur Identifizierung von Individuen oder auch Gruppen mit erhöhtem
Risiko. Die Früherkennung soll Risiken möglichst früh erkennen, bevor sich schwerwiegende
Problematiken entwickeln, und ist somit als Aspekt der Sekundärprävention zu verstehen
(Hafen, 2005). Für eine erfolgreiche Früherkennung braucht es Wissen über Symptome und
Auffälligkeiten, Handlungskompetenzen und geregelte Abläufe. Die Frühintervention will
daran anschliessend eine adäquate Unterstützung, eine geeignete Intervention anbieten. Damit
sollen eine Eskalation und aufwendige Massnahmen wie Gefährdungsmeldungen,
Fremdplatzierungen u.Ä. weitgehend verhindert werden. Früherkennung und Frühintervention
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 4
sind als zwei eigenständige, sich aber bedingende Teile eines Prozesses zu verstehen. Die
beiden Teile erfüllen unterschiedliche Aufgaben und werden (z.T.) von unterschiedlichen
Akteuren umgesetzt.
2.2 Umsetzung von FF-Projekten
Um FF in Schulen zu implementieren, gibt es verschiedene Möglichkeiten. Die Erfahrungen
zeigen, dass keine fertigen Rezepte vorgegeben werden können. Ausgehend von einem
Prozessmodell oder Rahmenprogramm gilt es, FF situativ, d.h. schulhausspezifisch zu planen
und umzusetzen. Im Folgenden werden verschiedene Herausforderungen, welche sich in
bisherigen FF-Projekten zeigten, dargelegt und diskutiert (vgl. auch Fabian, Müller & Guhl,
2007b).
Die Initiierung
Ein wichtiger Punkt ist die Initiierung von Präventions- und FF-Programmen: Von wem geht
die Initiative aus? Wie gelangen einzelne Schulen zur Teilnahme? top-down-orientierte
Vorgehen, d.h. durch Behörden gesteuerte und verpflichtende Programme, ermöglichen,
Konzepte breit und gleichartig zu verbreiten. Schulen, an denen bisher noch wenig
Problembewusstsein zum Thema Prävention und FF besteht, kann so ein erster Anstoss
gegeben werden. Allerdings ist bei top-down-initiierten Programmen mit Ablehnung und
Widerständen zu rechnen, die für alle Beteiligten energieaufwendig sind und den Erfolg des
Programms nachteilig beeinflussen können. Ein freiwilliges Angebot erhöht nach den
Erfahrungen aus verschiedenen Projekten die Akzeptanz des Programms (Fabian et al.,
2007b). Ebenso sind das Interesse und Engagement einzelner, zentraler Akteure
(Lehrpersonen, Schulleitung, Fachpersonen) wichtige Faktoren für die tatsächliche
Umsetzung eines Programms. Neben der Schwierigkeit der Motivation bei top-down-
initiierten Programmen bietet ein zentral konzipiertes Programm selten die Möglichkeit der
Anpassung an die spezifischen Bedürfnisse der jeweiligen Schule. Diese gilt es in einer
Bedarfsabklärung, welche der Implementierung vorausgeht, zu erfassen. Neue Präventions-
und FF-Projekte an Schulen sollten in Abstimmung mit bereits existierenden Strukturen der
Gesundheitsförderung in ein Gesamtkonzept eingebettet lanciert werden.
Die Implementierung
Die Etablierung funktionierender und nachhaltiger Strukturen der Prävention und FF setzt in
der Regel einen Schulentwicklungsprozess voraus, aus dem heraus eine gemeinsam getragene
Haltung, z. B. zum Suchtmittelkonsum, hervorgeht. Ein solcher Prozess setzt aber ein
gewisses Mass an zeitlichem Engagement und innerer Beteiligung der Betroffenen sowie die
Bereitschaft zur Veränderung voraus (Rhyn & Moser, 1999). Die Partizipation der
verschiedenen Beteiligten - der Schulleitung und der Lehrpersonen, aber auch der
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 5
Schüler/innen und Eltern - bei der Ausgestaltung stellt einen wesentlichen Erfolgsfaktor für
Präventionsprogramme dar. Erst der Einbezug aller an der Schule beteiligten Personen an
solchen Prozessen bietet langfristig günstige Voraussetzungen für eine gute Wirksamkeit
(Frehner, 2005). Echte Partizipation meint dabei neben den Stufen „Information“ und
„Mitsprache“ namentlich „Mitentscheidung“, „Beteiligung“ und „Selbstverwaltung“ (Frehner,
Pflug, Weinand & Wiss, 2004, S. 6). Um den partizipativen Prozess gestalten zu können,
müssen die Bedürfnisse (d.h. Sekundärprävention als Anliegen der Beteiligten) geklärt
werden. Ein partizipatives Vorgehen bei der Eruierung der Bedürfnisse ist wichtig, alle
Akteure/innen müssen eingebunden werden.
Die Evaluation des Programms 'Schule und Cannabis' (Fabian et al., 2006) zeigt, welche
Bedeutung den lebensweltlichen Realitäten zukommt, denen die Schule im Alltag ausgesetzt
ist. Zu nennen ist die Gleichzeitigkeit verschiedener Aufträge der Schule. Neben dem
klassischen Konflikt zwischen Erziehung und Bildung, der dazu führt, dass nicht immer
Konsens darüber besteht, ob Prävention und FF überhaupt Aufgabe von Schulen ist, laufen an
Schulen oft verschiedene Entwicklungsprozesse gleichzeitig. In diesem Zusammenhang wird
von Lehrpersonen häufig auch die hohe zeitliche Belastung angesprochen. Hier ist zum einen
auf die Bereitstellung der nötigen zeitlichen Ressourcen zu achten. Zum anderen ist die Frage
zu stellen, ob präventive Aufgaben von den Pädagoginnen und Pädagogen selbst übernommen
werden müssen oder ob andere Fachpersonen, beispielsweise die Schulsozialarbeit, diesen
Auftrag teilweise übernehmen können. Hierdurch könnte eine Entlastung der Lehrpersonen
erfolgen, auch wenn aufgrund der Notwendigkeit einer guten Verankerung im Schulalltag auf
eine Einbindung der Lehrpersonen auf keinen Fall verzichtet werden kann. Unabhängig von
den Hauptakteuren/innen der Programme ist bei der Implementierung die Ressourcenfrage zu
stellen. Neben den zeitlichen Ressourcen sind auch die Bereitstellung von externem
Fachwissen und die Vermittlung von Fachwissen an die schulinternen Akteure/innen zu
gewährleisten. Ohne die Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen kann eine Umsetzung
schwerlich gelingen. Stattdessen ist zu befürchten, dass oberflächlich aufgesetzte Programme
nur zu einem Motivationsverschleiss der Beteiligten führen.
Der zeitliche Rahmen
Die Frage, über welchen Zeitraum sich ein Präventions- und FF-Programm erstrecken sollte,
kann nicht pauschal beantwortet werden. Entscheidend ist sicherlich die Ausgangslage der
Schule, in der es eingeführt werden soll. Eine kurze Laufzeit muss aber als problematisch
angesehen werden. Schulen sind Institutionen, in denen Massnahmen langfristig geplant
werden. Neue Projekte müssen frühzeitig in die Jahresplanung der Schulen aufgenommen
werden. Die Bedeutung eines gründlichen Implementierungsprozesses wurde bereits oben
aufgezeigt. Daneben braucht es eine funktionierende Vernetzung mit externen Fachstellen und
Behörden; dies erfordert langfristige Kooperationen und den Aufbau persönlicher
Beziehungen. Bei der Programmausgestaltung sollte auch geklärt werden, wie, d.h. mit
welchen Ressourcen, Prävention und FF nach Projektende an der Schule fortgeführt werden
können. Projekte, die über ihre Laufzeit hinaus keine weitere Unterstützung erfahren, sind in
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 6
der Regel nicht nachhaltig und rufen Kritik und ablehnende Haltungen seitens der Schulen
hervor.
Die inhaltliche Ausrichtung
Neben der thematischen Ausrichtung ist auch die Zielausrichtung des Programms von
Bedeutung, überspitzt gesagt stellt sich die Frage, ob das primäre Ziel des Programms
gesunde Schüler/innen sind oder ob ein funktionierender Schulalltag im Vordergrund steht.
Womit nicht behauptet werden soll, dass sich diese Ziele widersprechen, sie werden sich in
der Regel eher gegenseitig verstärken. Im konkreten Fall kann es aber durchaus zu
Zielkonflikten kommen. Ein Prüfkriterium ist, inwiefern die eingesetzten Instrumente einen
Ausschluss von 'schwierigen' Schüler/innen aus dem Schulalltag fördern oder inwiefern sie
eher pädagogische Hilfen für den Umgang mit ihnen bieten. Einen weiteren Anhaltspunkt
bietet die thematische Fokussierung: Gerät vor allem den Schulalltag störendes,
externalisierendes Problemverhalten in den Blick oder wird auch auf internalisierendes
Problemverhalten geachtet? Eine diesbezügliche Ausweitung des Blicks ist im Übrigen auch
unter Gendergesichtspunkten dringend gefordert.
Die Forderung, dass Präventions- und FF-Programme nicht primär zur Exklusion 'schwieriger'
Schüler/innen beitragen dürfen, sondern vielmehr durch geeignete Interventionen eine Hilfe
für die betroffenen Jugendlichen im Setting Schule ermöglichen sollen, läuft zunächst einmal
u.U. den Bedürfnissen der Lehrerinnen und Lehrer nach Entlastung im Schulalltag entgegen.
FF-Programme können diese grundsätzliche Orientierung jedoch nicht aufgeben. Deshalb ist
darauf zu achten, dass den Schulen die entsprechenden Ressourcen zur Verfügung gestellt
werden, damit FF nicht zu einer Überlastung und Überforderung für die Schulen wird.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 7
3 Das Projekt
3.1 Ausgangslage
Früherkennung und Frühintervention bilden einen von vier Pfeilern des 'Aktionsplans
Cannabisprävention des Bundesamtes für Gesundheit 2004 – 2007' und sollen sowohl auf der
Ebene Schule wie auch auf Gemeindeebene stattfinden (Bundesamt für Gesundheit, 2005).
Das zu evaluierende nationale Projekt 'Früherkennung und Frühintervention in der Schule' ist
auf der Ebene Schule verankert. Das BAG bildete dazu in der Deutschschweiz mit dem
Schweizerischen Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen (SNGS) und der Hochschule für
Soziale Arbeit (HSA) Luzern eine Projektpartnerschaft. Im Zentrum des Projekts steht die
Tandembildung von Beratungspersonen und Schulen, welche gemeinsam ein auf den
jeweiligen Standort zugeschnittenes Konzept für FF entwickeln und umsetzen. Dabei werden
die Beratungspersonen von der HSA Luzern und die Schulen vom SNGS begleitet (vgl.
Abbildung 1).
Abbildung 1: Organigramm des Projekts
Das Projekt 'Früherkennung und Frühintervention in der Schule' besteht aus zwei
Teilprojekten (Bundesamt für Gesundheit, 2004):
1. Weiterbildungsangebote und Vernetzungsangebote (Certificate of Advanced Studies
oder eine Intervisionsgruppe) für die Beratungspersonen aus den Bereichen Prävention
und Beratung, angeboten an der HSA Luzern
2. Früherfassungskonzept, installiert an einer am Projekt teilnehmenden Schule
Steuergruppe
Schulleitungen/ Projektleitungen
Beratungspersonen
BAG Gesamtprojektleitung
Auftraggeber
SNGS Vertrag mit Schulen
HSA Luzern Vertrag mit Beratungspersonen
Weiterbildung/Intervision
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 8
Gegenstand der Evaluation ist das zweite Teilprojekt in den teilnehmenden Schulen der
Deutschschweiz. Gestartet ist das Projekt mit 15 teilnehmenden Schulen, eine Schule stieg
jedoch bereits im ersten Projektjahr aus, so dass 14 Schulen das Projekt durchführen. Die
Schulen erhalten einen finanziellen Beitrag vom BAG (3000 Franken), die Beratungspersonen
werden separat durch das BAG entlöhnt (4000-6000 Franken). Das Projekt startete im August
2005 mit einer geplanten Laufzeit von zwei Jahren. Im Verlauf der Projektdauer wurde den
Schulen eine Verlängerungsmöglichkeit (mit weiterer finanzieller Unterstützung) um ein Jahr
angeboten. Zehn der 14 Schulen machen von der Verlängerungsmöglichkeit Gebrauch und
werden das Projekt im Juli 2008 abschliessen.
3.2 Ziele des Projekts
Das Projekt sieht vor, dass in Zusammenarbeit von Schulleitung und Lehrpersonen mit
Unterstützung von Beratungspersonen, welche am Weiterbildungs- und Vernetzungsangebot
der HSA Luzern teilnehmen, in jeder Schule ein FF- Konzept entwickelt und umgesetzt wird.
Gemäss dem Konzept des Projekts 'Früherkennung und Frühintervention in der Schule' sollen
damit an einer Schule folgende Ziele erreicht werden (Bundesamt für Gesundheit, 2004, S. 3):
• Professionelle und frühzeitige Problembearbeitung in der Schule, so dass Jugendliche in
ihrer Entwicklung unterstützt und Lehrkräfte entlastet werden.
• Optimierung der Zusammenarbeit zwischen Schulen, Eltern und Fachstellen (Präventions-
fachstellen/Beratungsstellen u.a.).
• Verankerung der Früherfassung und sekundären Prävention im Schulbereich (betrifft
Schulen und Fachstellen).
• Mit der Installation von Früherfassung und professioneller Problembearbeitung soll ein
(exemplarischer) Beitrag zur Schulentwicklung geleistet werden: Aufgaben, Rollen,
Zuständigkeiten und Abläufe sind am Beispiel Früherfassung entwickelt worden und
können auch auf andere Bereiche der Gesundheitsförderung und Prävention angewandt
werden.
Neben den genannten Zielen wurden den Schulen weitere konkrete Vorgaben für die
Teilnahme gemacht (vgl. Schweizerisches Netzwerk Gesundheitsfördernder Schulen, 2005):
• Die Projektleitung liegt bei den Schulleitungen.
• Mit Unterstützung der Beratungsperson wird ein auf die Bedürfnisse der Schule zu-
geschnittenes Konzept für die Früherkennung und Frühintervention erarbeitet.
• Im Verlauf des Projekts werden schulhausinterne Weiterbildungen und Eltern-
veranstaltungen durchgeführt.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 9
3.3 Teilnehmende Schulen
Die 14 teilnehmenden Schulen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft, Basel-Stadt, Bern,
Schwyz, St. Gallen, Zürich sowie aus dem Fürstentum Liechtenstein umfassen insgesamt rund
780 Lehrpersonen und 6155 Schüler/innen. Die Schulen unterscheiden sich auf struktureller
Ebene im Wesentlichen in der Schulstufe (Primarstufe, Sekundarstufe I und Sekundarstufe II),
in der Grösse (168 bis 1300 Schüler/innen) sowie in der Trägerschaft. Neben den genannten
strukturellen Unterschieden bestehen in den Schulen auch Unterschiede in der Ausgangslage
bezüglich Schulentwicklung, Gesundheitsförderung und Prävention, bestehender schul-
interner Unterstützungsstrukturen sowie der Ziele im Projekt. Jede Schule stellt somit für sich
ein Einzelprojekt dar, was zu einem sehr heterogenen Gesamtprojekt führt. Die teilnehmenden
Schulen sind im vorliegenden Bericht anonymisiert (Schulen A – N). Eine Übersicht über die
14 Schulen findet sich im Anhang (Tabelle 15).
3.4 Teilnehmende Beratungspersonen
Die 14 Schulen werden jeweils durch eine Beratungsperson in der Entwicklung und
Implementierung des FF-Konzepts begleitet. Insgesamt sind zehn Personen in der
Beratungsfunktion tätig. Die Beratungspersonen unterscheiden sich in ihrer Funktion im
System Schule. Von den zehn Beratungspersonen sind vier als Schulsozialarbeitende in den
teilnehmenden Schulen tätig. Vier Beratungspersonen arbeiten in kantonalen bzw. regionalen
Stellen der Gesundheitsförderung und Prävention (eine dieser Beratungspersonen betreut zwei
Schulen). Zwei Personen sind als selbstständig erwerbende Berater tätig (eine dieser
Beratungspersonen begleitet vier Schulen).
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 10
4 Die Evaluation
4.1 Zweck und Fragestellungen
Die HSA der Fachhochschule Nordwestschweiz (FHNW) erhielt im September 2006 vom
BAG den Auftrag, das Teilprojekt 'Früherfassungskonzept' des Projekts 'Früherkennung und
Frühintervention in der Schule' zu evaluieren. Die Evaluation basiert auf dem eingereichten
Detailkonzept vom November 2006 (Müller, Fabian & Mattes, 2006).
Die Evaluationsergebnisse sollen zum einen dazu dienen, Wissen über die Einflussfaktoren
für ein gutes Gelingen der Einführung von FF-Konzepten zu erwerben, um für spätere
Projekte Empfehlungen zu formulieren. Zum anderen sollen die Ergebnisse zur Verbesserung
der laufenden Projekte, d.h. zu einer Optimierung der Implementierung und Umsetzung der
FF-Konzepte in den 14 Schulen beitragen.
In der Evaluation werden sowohl Evaluationsfragen zum Prozess wie auch zum Ergebnis des
Projekts beantwortet. Im Rahmen der Prozessevaluation werden Fragen zur Umsetzung sowie
zu förderlichen und hinderlichen Faktoren für die Einführung der FF in einzelnen Schulen
diskutiert (1. Hauptfragestellung). Die Evaluationsfragen zu den Ergebnissen lassen sich aus
den Zielen des Gesamtprojekts und der Einzelprojekte der 14 Schulen ableiten
(2. Hauptfragestellung). Die Erreichung der genannten Ziele des Gesamtprojekts sowie der
Einzelprojekte wird überprüft.
1. Hauptfragestellung:
Welches sind die hinderlichen und förderlichen Faktoren bei der Einführung von
Früherkennung und Frühintervention in der Schule?
Detailfragestellungen:
1. In welchem Mass hat die Form der Zusammenarbeit von Schule und Beratungsperson
Einfluss auf die Entwicklung und die Einführung der Früherkennung und Frühintervention
in der Schule?
2. In welchem Mass haben die vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen der
Beratungsperson Einfluss auf die Entwicklung und Einführung der Früherkennung und
Frühintervention in der Schule?
3. Welche schulinternen Unterstützungsstrukturen wie z.B. Schulsozialarbeit bestehen, in
welcher Form werden sie in die Früherkennung und Frühintervention eingebunden und in
welchem Mass haben sie Einfluss auf die Entwicklung und Einführung der
Früherkennung und Frühintervention?
4. In welchem Mass erfährt das Projekt Unterstützung durch Behörden und Ämter und
welchen Einfluss hat das Mass an Unterstützung auf die Einführung der Früherkennung
und Frühintervention?
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 11
2. Hauptfragestellung:
In welchem Mass verfügen die Schulen über ein Verfahrens- und Handlungsrepertoire, das sie
in die Lage versetzt, bei Gefährdung eines Schülers / einer Schülerin frühzeitig und adäquat
zu reagieren?
Detailfragestellungen:
5. Konnten die Schulen mit Unterstützung der Beratungsperson einen Interventionsleitfaden
entwickeln und umsetzen?
6. In welchen Aspekten unterscheiden sich die Interventionsleitfäden?
7. Wie direktiv (Handlungsanleitung) oder wie offen (Gestaltungsspielraum) sind die
Modelle?
8. In welchem Mass konnten die Lehrkräfte und Schulleitungen ihr Wissen über
Gefährdungssituationen und -entwicklungen erweitern?
9. Verfügen die Lehrkräfte und Schulleitungen über ein Handlungsrepertoire, das sie bei
einer Gefährdung gezielt und sicher einsetzen können?
10. Wie arbeiten Schulleitungen und Lehrpersonen im Falle einer Gefährdung zusammen?
11. Wurde in der Schule eine gemeinsame Haltung zu Früherkennung und Frühintervention
entwickelt und wie ist sie formuliert?
12. Besteht ein Netzwerk von Fachstellen, das die Schulen bei Bedarf in Anspruch nehmen
können, wie wurde es entwickelt und ausgestaltet?
13. Wurden die Eltern über das Konzept informiert und in welchem Mass findet eine
Kooperation zwischen Eltern und der Schule im Zusammenhang mit der Früherkennung
und Frühintervention statt?
14. In welchem Mass wurden die Schüler/innen über das neue Konzept informiert?
Zusätzliche Fragestellungen:
15. In welchem Mass wurden die Lehrpersonen in die Entwicklung und Einführung des FF-
Konzepts einbezogen und welchen Einfluss hat die Stärke des Einbezugs?
16. Welche Themen werden im Projekt bearbeitet?
17. Über welche zeitlichen und finanziellen Ressourcen verfügen die Schulen im Projekt und
reichen diese aus?
4.2 Evaluationsdesign
Das Evaluationsdesign besteht aus einer Gesamtanalyse aller 14 Schulen und einer vertieften
Analyse von vier ausgewählten Schulen (nachfolgend Beispielschulen genannt). Dieses
Vorgehen ermöglicht eine Übersicht über den Verlauf in allen teilnehmenden Schulen und
einen vertieften Einblick in die Entwicklung und Umsetzung von FF in Schulen anhand von
vier Fallbeispielen. Die Auswahl von vier Schulen ermöglicht eine Gegenüberstellung von
einzelnen, sich in den unten genannten Kriterien unterscheidenden Schulen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 12
Die Auswahl der Beispielschulen erfolgte nach einer ersten Sichtung der Projektdokumente
durch das Evaluationsteam in Absprache mit den Auftraggebern. Das Ziel war, möglichst
unterschiedliche Schulen auszuwählen (Variations-Maximierung). Ausgeschlossen wurde
jene Schule, welche noch keinen Leitfaden entwickelt hatte, da eine Befragung der
Steuergruppenmitglieder und Lehrpersonen zum Leitfaden, als eines der zentralen Themen,
hier keinen Sinn ergeben hätte. Des Weiteren wurden die Schulen für die vertiefte Analyse
ausgeschlossen, in denen bereits ähnliche Evaluationen stattfanden. In drei der 14 Schulen
haben Mitglieder des Evaluationsteams die Einführung der Schulsozialarbeit bzw. der
Schulsozialarbeit und Früherfassung im Rahmen eines anderen Auftrags evaluiert (Drilling,
Müller & Fabian, 2006; Fabian, Müller, Galliker Schrott & Drilling, 2007a) und eine
(teilweise) wiederholte Befragung wäre aus der Sicht des Evaluationsteams nicht sinnvoll
gewesen. Die Ergebnisse der genannten Evaluationen werden als Ergänzung herangezogen.
Neben den Ausschlusskriterien war es zudem notwendig, dass die Schulleitungen der
angefragten Schulen mit der vertieften Evaluation einverstanden waren. Folgende strukturelle
und inhaltliche Merkmale wurden bei der Auswahl der vier Beispielschulen berücksichtigt:
• Schulstufe (Primarstufe, Sekundarstufe I, Sekundarstufe II): Für die vertiefte Analyse
wurden drei Schulen der Sekundarstufe I und eine Schule mit Sekundarstufe I und II
ausgewählt. Leider konnte die in Frage kommende Schule mit Primarstufe (das FF-
Konzept der anderen Primarschule wurde bereits im Rahmen eines anderen Auftrags
evaluiert) nicht zur Teilnahme an der vertieften Evaluation gewonnen werden, so dass der
vertiefte Einblick in die Entwicklung eines FF-Projekts auf Primarstufe in der vorliegenden
Evaluation nicht möglich ist.
• Beratungsperson: Ausgewählt wurde jeweils eine Schule mit einer Schulsozialarbeiterin
und einer Mitarbeiterin einer regionalen Fachstelle als Beratungsperson. Die zwei anderen
Schulen haben selbstständig erwerbende Beratungspersonen.
• Trägerschaft: Als Kontrast zu den Schulen mit öffentlicher Trägerschaft (Gemeinden)
wurde eine Schule mit einer privaten Stiftung als Trägerin ausgewählt.
Tabelle 1: Beispielschulen
Schulstufe Beratungsperson Trägerschaft
Schule A Sekundarstufe I Selbstständiger Berater Gemeinde
Schule B Sekundarstufe I und II Selbstständiger Berater Stiftung
Schule C Sekundarstufe I Mitarbeiterin regionale Fachstelle Suchtprävention
Gemeinde
Schule D Sekundarstufe I Schulsozialarbeiterin Gemeinde
4.3 Methodisches Vorgehen
Die Gesamtanalyse der 14 Schulen basiert auf einer Gesamterhebung der Projektdokumente.
Für die vertiefte Analyse der vier Beispielschulen fanden zusätzlich Lehrpersonen-
befragungen und Interviews mit den zentralen Akteuren statt (vgl. Abbildung 2)
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 13
Abbildung 2: Überblick Erhebungsdesign
Im Folgenden werden die Erhebungen detailliert beschrieben.
4.3.1 Dokumentenanalyse I und II
Im Dezember 2006 und Juni 2007 wurden alle 14 Schulen per E-Mail
(1. Erhebungszeitpunkt) und Brief (2. Erhebungszeitpunkt) gebeten, Dokumente, die im
Verlauf des Projekts entstanden sind, der Evaluation zur Verfügung zu stellen. Bei
ausbleibender Zustellung wurde telefonisch oder schriftlich nachgefragt. Angefragt wurden
folgende Dokumente:
• Projektkonzept mit Projektplanung und Projektorganisation
• Leitfaden (Interventionsmodell, Ablaufschema, Handlungsplan)
• Schriftliche Informationen an Lehrpersonen, Eltern und Schüler/innen in Zusammenhang
mit FF
• Unterlagen zu Veranstaltungen (schulinterne Weiterbildungen, Elternabende etc.) in
Zusammenhang mit FF
• Informationen über die Vernetzung mit externen Fachstellen
Des Weiteren wurden die vom SNGS zur Verfügung gestellten Contracte (Verträge),
Verlängerungsanträge und Zwischenberichte einbezogen. Von den vier Schulen, die das
Projekt nicht verlängerten, wurden bis Oktober 2007 Schlussberichte an das SNGS erwartet.
Zwei Schlussberichte trafen rechtzeitig ein und wurden von der Evaluation für den
Schlussbericht berücksichtigt.
Die Auswertung der Dokumente erfolgte für alle 14 Schulen themenspezifisch in Anlehnung
an die Fragestellungen (Dokumentenanalyse I). Eine vertiefte Dokumentenanalyse erfolgte
Gesamterhebung über alle 14 Schulen:
- Dokumentenanalyse I (Dezember/Juni 2007)
S1 S2 S3 S4
Erhebung bei 4 Beispielschulen (S1-S4):
- Einzelinterviews mit Akteuren (Juni/Juli 2007)
- Schriftliche Befragung der Lehrpersonen (Mai/Juni 2007)
- Dokumentenanalyse II
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 14
für die vier Beispielschulen (Dokumentenanalyse II) und ist Bestandteil der Fallanalysen
dieser Schulen.
4.3.2 Lehrpersonenbefragung
Im Mai/Juni 2007 wurden alle Lehrpersonen der vier Beispielschulen mittels eines
standardisierten Fragebogens schriftlich befragt. Im Auftrag der Evaluation verteilten die
Schulleitungen die Fragebögen an die Lehrpersonen, die Rückgabe erfolgte anonym
(geschlossenes Couvert). Der Fragebogen beinhaltet folgende Themen:
• Entwicklung und Bekanntheit des FF-Konzepts
• Entwicklung und Bekanntheit einer gemeinsamen pädagogischen Haltung
• Bedarf an einem Leitfaden
• Bekanntheit und Anwendung des Leitfadens
• Beurteilung des Leitfadens
• Zuwachs von Wissen und Handlungssicherheit
• Veränderungen durch die Einführung von FF
Die quantitativen Daten wurden mit SPSS 15.0 analysiert, wobei Häufigkeitsverteilungen,
Kreuztabellen und Mittelwertsvergleiche gerechnet wurden. Die Auswertung der qualitativen
Daten aus den offenen Fragen erfolgte mittels der Text-Sortier-Technik (vgl. Beywl &
Schepp-Winter, 2000).
4.3.3 Interviews mit zentralen Akteuren
In den vier Beispielschulen wurden die Mitglieder der Steuergruppen und die jeweiligen
Beratungspersonen als zentrale Akteure interviewt. Die Interviews fanden im Juni/Juli 2007
statt. Die Interviews wurden mit den Akteuren separat face-to-face oder telefonisch geführt
und dauerten in der Regel zwischen dreissig und fünfzig Minuten. Als methodische
Grundlage diente das von Meuser und Nagel (1997) beschriebene leitfadengestützte Vorgehen
für Experteninterviews. Pro Schule wurden vier bis sechs Einzelpersonen aus der jeweiligen
Projektsteuergruppe für das Gespräch ausgewählt. Insgesamt wurden zwanzig Personen
interviewt. Die Auswahl erfolgte aufgrund der Funktionen der einzelnen Mitglieder
(Schulleitung, Beratungsperson, Lehrperson, Schulsozialarbeit/Schülerberatung, Vertretung
der Eltern oder des Schulrats), wobei darauf geachtet wurde, Personen mit verschiedenen
Funktionen einzubeziehen und bei Personen in gleicher Funktion die verschiedenen
zusätzlichen Aufgaben zu berücksichtigen (Fachlehrpersonen, Klassenlehrpersonen, Lehr-
personen mit Internatsleitungsaufgaben).
In den Gesprächen wurde aus der Perspektive des/der Interviewten unter Berücksichtigung
folgender Themenkomplexe auf den Projektverlauf zurückgeschaut:
• Ausgangslage und Einstieg in das Projekt
• Zusammenarbeit Beratungsperson und Schule
• Zur Verfügung stehende zeitliche und finanzielle Ressourcen
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 15
• Veränderungen durch das Projekt bzgl. pädagogischer Haltung, Zusammenarbeit zwischen
Lehrpersonen und Zusammenarbeit mit internen und externen Fachstellen
• Entwicklung, Akzeptanz und Wirksamkeit des Leitfadens
Die Themen wurden durch diverse Unterfragen präzisiert und je nach Gesprächspartner/in
unterschiedlich gewichtet. Die Auswertung der Interviews erfolgte nach den
inhaltsanalytischen Kriterien für Experteninterviews (Meuser & Nagel, 1997). Die
Audiodateien wurden zunächst transkribiert und anschliessend mithilfe der Software
atlas.ti 5.2 themenspezifisch analysiert. Die Aussagen der Akteure werden innerhalb eines
Themenbereichs vergleichend gegenübergestellt.
4.3.4 Fallanalysen
Das Ziel der Fallanalysen ist, an vier Beispielschulen aufzuzeigen, wie sich der Entwicklungs-
und Einführungsprozess gestalten kann. Grundlage für die Fallanalysen sind die Ergebnisse
aus den oben genannten Erhebungen, d.h. aus der Dokumentenanalyse I und II, der
Lehrpersonenbefragung und den Interviews mit den zentralen Akteuren. Durch diese
Methoden-Triangulation können Erkenntnisse aus einzelnen Erhebungen ergänzt und
Prozesse und Ergebnisse innerhalb der einzelnen Schulen als Gesamtes betrachtet werden
(Flick, 2000).
4.4 Zeitplan der Evaluation
Tabelle 2: Zeitplan der Evaluation
Zeitpunkt Meilenstein
Mai Offerte z.Hd. BAG
30.September 2006 Entwurf Detailkonzept z.Hd. BAG
15. November 2006 Definitives Detailkonzept z.Hd BAG
Dezember 2006 / Januar 2007
1. Erhebung der Dokumente
Mai/Juni 2007 Interviews, Lehrpersonenbefragung
Juni/Juli 2007 2. Erhebung der Dokumente
September 2007 Zwischenbericht der Evaluation
Oktober 2007 Abschluss Datenerhebung (Schlussberichte der Schulen ohne Verlängerung)
Januar 2008 Schlussbericht der Evaluation
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 16
5 Gesamtanalyse der teilnehmenden Schulen
Die Analyse der Projektdokumente aller 14 Schulen soll einen Überblick über die Aktivitäten
und Entwicklungen im Rahmen des FF-Projekts geben. Dabei wird der Stand bis Juni 2007
berücksichtigt. Als Informationsquellen dienen die von den Schulen zugestellten Dokumente
zum Projekt, das heisst, Aktivitäten und Entwicklungen, zu denen dem Evaluationsteam keine
Informationen vorliegen, wurden nicht erfasst. Im Folgenden werden die Projektorganisation
in den 14 Schulen sowie die Aktivitäten und Ergebnisse zur Entwicklung der Leitfäden, zu
Einbezug und Weiterbildung der Lehrpersonen, zum Einbezug von Schüler/innen und Eltern
sowie zur Vernetzung mit Fachstellen dargestellt. Mit einer Gegenüberstellung von
Zielsetzungen und durchgeführten Aktivitäten wird ein Fazit gezogen.
5.1 Projektorganisation in den Schulen
Für die Analyse der Projektorganisation in den 14 Schulen werden die schulinterne
Organisation der Projektleitung, Projektsteuergruppen und die Rolle der schulinternen
Hilfsangebote berücksichtigt. Des Weiteren werden auch die Rolle und die Aufgaben der
Beratungsperson analysiert. Eine detaillierte Auflistung der einzelnen Punkte für jede Schule
befindet sich im Anhang (Tabelle 16).
Projektleitung
Die Projektleitung liegt bei zehn der 14 Schulen allein bei der Schulleitung. Die anderen vier
Schulen haben die Projektleitung wie folgt verteilt: In einer Schule besteht eine Co-Leitung
von Schulleitung und Beratungsperson (Schulsozialarbeit), in einer Schule leitet eine
Lehrperson (unter Einbezug der Schulleitung) das Projekt und in zwei Schulen wird das
Projekt durch eine externe Person der Gemeinde geleitet (da der Auftrag zur Einführung von
FF von der Gemeinde erteilt wurde). In den Schulen, in denen die Schulleitung die
Projektleitung nicht direkt innehat, wird in den Zwischenberichten auf daraus entstehende
Schwierigkeiten hingewiesen. Bei der Projektleitung durch eine Lehrperson wird betont:
„Wichtig ist der Einbezug der Schulleitung in die Projektleitung, damit die Aktivitäten des
Projekts mit dem Schulprogramm koordiniert werden können und dem Projekt die zeitlichen
Ressourcen zur Verfügung gestellt werden“ (Zwischenbericht Schule E). Neben den
Schwierigkeiten bei der Abstimmung auf die zeitlichen Ressourcen und die anderen
Aktivitäten der Schule besteht bei einer Projektleitung durch eine schulexterne Person die
Gefahr, dass die Schulleitungen tendenziell weniger verpflichtet sind, sich mit dem Projekt
und den damit einhergehenden Prozessen, etwa der Entwicklung einer gemeinsamen
pädagogischen Haltung, auseinanderzusetzen, und damit das Projekt im Kollegium auch
weniger stark vertreten (Zwischenbericht Schulen G und H).
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 17
Projektsteuergruppe
Die Projektsteuergruppen unterscheiden sich stark in der Grösse und Zusammensetzung.
Allen Projektsteuergruppen ist gemeinsam, dass Lehrpersonen darin vertreten sind. Die
Grösse der Projektsteuergruppe steht zum einen in Zusammenhang mit der Grösse der Schule.
So haben die beiden grössten teilnehmenden Schulen (Schule E und Schule J) auch die
grössten Steuergruppen, in denen Lehrpersonen aus den verschiedenen Stufen und
Schulhäusern vertreten sind. Sechs der 14 Schulen haben sich darüber hinaus dafür
entschieden, schulexterne Personen in die Steuergruppe aufzunehmen, was ebenfalls zu einer
grösseren Gruppe führte. Folgende schulexterne Personen sind in den Steuergruppen vertreten
(wobei in zwei Steuergruppen mehrere schulexterne Personen beteiligt sind):
• In vier Schulen ist ein Mitglied der Schulpflege / des Schulrats in der Projektsteuergruppe.
• In zwei Schulen sind Personen von externen Fachstellen (welche aber nicht die Rolle der
Beratungsperson haben) in der Projektsteuergruppe.
• In einer Schule ist eine Vertretung des Gemeinderats beteiligt.
• In einer Schule sind Vertretungen der Elternvereinigung in der Projektsteuergruppe.
Schulinterne Hilfsangebote
Unter schulinternen Hilfsangeboten werden Unterstützungsangebote für Schüler/innen und
auch Lehrpersonen verstanden, die über die gängige Unterstützung durch Klassen-, Fach- und
Speziallehrkräfte hinausgehen. Diese können sowohl in der Früherkennung wie auch in der
Frühintervention eine zentrale Rolle spielen. In neun der 14 teilnehmenden Schulen ist
Schulsozialarbeit vorhanden, ein vergleichsweise hoher Prozentsatz: Im Kanton Zürich (wo
die Schulsozialarbeit mit die weiteste Verbreitung in der Deutschschweiz hat) verfügten 2006
23% der Schulhäuser über Schulsozialarbeit (vgl. Baier, 2008; Müller, 2007). Das heisst, dass
das Vorhandensein der Schulsozialarbeit vermutlich die Bereitschaft begünstigt, FF
einzuführen und an einem entsprechenden Projekt teilzunehmen. Dass in allen Schulen mit
Schulsozialarbeit die Schulsozialarbeitenden in den Steuergruppen mitarbeiten zeigt zudem,
dass sie an der Entwicklung und Implementierung von FF wesentlich beteiligt sind. In zwei
Schulen sind andere Unterstützungsstrukturen vorhanden: Lehrpersonen nehmen als
Schülerberatung bzw. Begleitungs- und Mediationslehrpersonen eine zusätzliche Funktion
wahr und bieten insbesondere Schüler/innen ein Hilfsangebot an. Die Lehrpersonen der
Schülerberatung sind ebenfalls in der Steuergruppe vertreten, ein Einbezug der Begleitungs-
und Mediationslehrpersonen in die FF ist aus den Dokumenten nicht ersichtlich.
Zusammenarbeit mit der Beratungsperson
Als Beratungspersonen sind Schulsozialarbeitende (vier Schulen), Mitarbeitende von
regionalen bzw. kantonalen Fachstellen für Gesundheitsförderung und Prävention (fünf
Schulen) sowie selbstständig erwerbende Berater (fünf Schulen) tätig. Die Schul-
sozialarbeitenden sind als schulnahes Hilfsangebot im Vergleich zu den anderen
Beratungspersonen deutlich mehr in das System Schule integriert. Die Analyse der Aufgaben
der Beratungspersonen zeigt, dass Schulsozialarbeitende, die diese Funktion wahrnehmen,
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 18
stärker in die Entwicklung und Implementierung von FF in ihrer Schule involviert sind als die
Beratungspersonen in den anderen Schulen. Als Beratungspersonen sind die Schul-
sozialarbeitenden für die „operative Ebene der Projektrealisierung“ (Dokumentation
Projektorganisation Schulen G und H), als Co-Projektleitung oder als Leitung der
Projektsteuergruppe tätig, während in den anderen Schulen die Beratungspersonen
hauptsächlich Begleitung und Unterstützung, „fachliche und inhaltliche Beratung“ (Konzept
Schule F und I) bieten und Teile der Entwicklung und Umsetzung von FF übernehmen, etwa
die Situationsanalyse oder die Moderation von Veranstaltungen. In dieser Funktion Demnach
übernehmen die Schulsozialarbeitenden in ihrer Beratungsfunktion deutlich mehr Aufgaben
und Verantwortung als die anderen Beratungspersonen und es stellt sich die Frage, ob die
Schulsozialarbeitenden als Beratungsperson eigentlich noch in beratender Funktion tätig sind,
wie es in den Projektvorgaben vorgesehen ist, oder ob die Entwicklung und Implementierung
von FF zu stark durch die Schulsozialarbeitenden statt durch die Schule bzw. Schulleitung
bestimmt wird. Im Vergleich der Aufgaben von Mitarbeitenden regionaler bzw. kantonaler
Fachstellen als Beratungsperson und den selbstständigen Beratern zeigt sich, dass die
Mitarbeitenden der Fachstellen die Vernetzung mit Beratungsstellen häufiger explizit in ihrem
Aufgabenbereich haben.
5.2 Interventionsleitfäden
Der Interventionsleitfaden ist ein zentraler Bestandteil des FF-Konzepts. Unter 'Interventions-
leitfaden' wird der systematisierte, schriftlich festgelegte Ablauf zur Beobachtung und
Einleitung entsprechender Massnahmen bei Auffälligkeiten oder Symptomen bei
Schüler/innen verstanden. Je nach Schule wird dafür ein anderer Begriff, z.B.
'Handlungsplan', 'Ablaufschema' oder 'Interventionsmodell' gewählt. Im Folgenden wird stets
der Begriff 'Interventionsleitfaden' oder kurz 'Leitfaden' verwendet, unabhängig von der
Bezeichnung der jeweiligen Schule.
Im Rahmen des Projekts wurden in zwölf der 14 beteiligten Schulen Interventionsleitfäden
entwickelt, in einer Schule bestand ein solcher bereits vor dem Projekt (vgl. Tabelle 17 im
Anhang). In einer Schule wurde noch kein Interventionsleitfaden entwickelt, da aufgrund
schulinterner Probleme zunächst ein Schulentwicklungsprozess angegangen werden musste.
Die Schulen G und H wie auch die Schulen A und J arbeiteten bei der Entwicklung der
Interventionsleitfäden sehr eng zusammen und entwickelten jeweils identische Interventions-
leitfäden. So stehen insgesamt elf Leitfäden zur Analyse zur Verfügung.
Aufbau der Interventionsleitfäden
Die Interventionsleitfäden sind alle als Stufenmodell mit drei bis sechs Stufen aufgebaut.
Zehn Interventionsleitfäden sind allgemein gehalten und für die Interventionspraxis in allen
denkbaren Gefährdungssituationen vorgesehen. Zwei Schulen entwickelten gemeinsam 14
Leitfäden, die jeweils für eine spezifische Gefährdungssituation, z.B. Cannabiskonsum,
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 19
depressive Verstimmung oder Mobbing, vorgesehen sind und entsprechend in einer
spezifischen Gefährdungssituation spezifische Interventionen empfehlen.
Von den elf vorliegenden Interventionsleitfäden sind zehn so strukturiert, dass sich die
Intervention je nach Wiederholung oder Verschlimmerung von problematischem Verhalten
Schritt für Schritt verschärft. Nur ein Leitfaden versteht Problembearbeitung und Intervention
als einen sich wiederholenden Prozess, in dem die erforderlichen Massnahmen immer wieder
von Neuem festgelegt werden.
Bei allen Interventionsleitfäden beginnt die Erkennung und Intervention bei Stufe eins. In
keinem Leitfaden ist vorgesehen, in besonderen Fällen auf einer höheren Stufe zu beginnen.
Sehr unterschiedlich sind die Kriterien dafür geregelt, warum und wann eine Folgestufe des
Leitfadens zur Anwendung kommt. Der Übergang in eine Folgestufe hängt überwiegend von
einer zunehmenden Eskalation des Verhaltens oder der Verweigerung der Annahme von
freiwilligen oder verordneten Hilfsangeboten durch die Schülerin/den Schüler. Nur zwei
Leitfäden sehen verbindlich vor, diese Kriterien den betroffenen Schüler/innen und deren
Eltern mitzuteilen bzw. von Seiten der Schule zu begründen, weshalb die nächste Stufe des
Leitfadens zur Anwendung kommen muss. Ein Leitfaden regelt, dass Schüler/innen nach
positivem Verlauf eines Gesprächs entlastet werden und die Interventionsmassnahme beendet
wird. Keiner der Interventionsleitfäden sieht die Möglichkeit vor, auf eine vorhergehende
Stufe zurückzukehren.
Beteiligte und Verantwortliche
Die Zielpersonen der FF sind immer die Schüler/innen, um deren aus Sicht der Lehrpersonen
auffälligen Verhalten zu bearbeiten. Dabei wird das gelebte und für problematisch
empfundene Verhalten der Schüler/innen isoliert betrachtet und analysiert. Die Erkennung der
Gefährdungssituation erfolgt bei allen Interventionsleitfäden durch die Lehrpersonen, im
Verlauf übernehmen die Klassenlehrpersonen die Verantwortung für die Koordination der
Intervention. Zehn Interventionsleitfäden sehen vor, dass die Lehrperson auf der vorletzten
oder letzten Interventionsstufe von der Schulleitung unterstützt wird, in fünf Schulen
übernimmt die Schulleitung bei einer höheren Eskalationsstufe die (Mit-)Verantwortung. Bei
einem Leitfaden ist die Schulleitung bereits von Beginn der Intervention an einbezogen.
Schwerwiegende Sanktionen wie Gefährdungsmeldungen oder Time-outs werden immer von
der Schulleitung ausgesprochen.
Der Einbezug der Eltern ist in zehn Interventionsleitfäden geregelt. Nur ein Leitfaden sieht
vor, auf Symptome und Auffälligkeiten ohne Einbezug der Eltern zu reagieren. Zwei
Interventionsleitfäden sehen vor, die Eltern ab der ersten Stufe einzubeziehen. Die übrigen
Leitfäden sehen den Einbezug der Eltern erst auf der zweiten oder dritten Stufe vor. Die
Eltern sind bei den jeweiligen Gesprächen anwesend und werden im Rahmen verbindlicher
Vereinbarungen mit der Schülerin / dem Schüler einbezogen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 20
Rolle der internen und externen Fachstellen
In den Schulen mit Schulsozialarbeit wird diese bezüglich Funktion und Zeitpunkt je nach
Schule sehr unterschiedlich in die Intervention einbezogen. Der überwiegende Teil der
Leitfäden greift auf die Schulsozialarbeit bereits nach einer ersten Klärungsphase zurück. Die
Rolle der Schulsozialarbeit im Interventionsprozess ist überwiegend beratend. Die
Gesamtverantwortung für eine Intervention geht nur in einem Leitfaden auf die
Schulsozialarbeit über.
Ab wann die Schulen auf externe Hilfsangebote zurückgreifen und wie verpflichtend diese für
die Schüler/innen sind, ist sehr unterschiedlich geregelt. Es ist jedoch die Tendenz zu
erkennen, dass externe Hilfen als freiwilliges Angebot bestehen oder vermittelt werden
können und im weiteren Verlauf verpflichtend werden. In fünf Interventionsleitfäden werden
die externen Hilfsangebote konkret benannt. Vier Leitfäden sehen den Einbezug externer
Hilfsangebote vor, ohne diese zu konkretisieren, zwei Leitfäden sehen keinen Einbezug
externer Hilfsangebote vor.
Gestaltungsspielraum
Die Interventionsleitfäden weisen durchweg eine klare Struktur im Hinblick auf die
angestrebte Interventionspraxis auf. Sie strukturieren die jeweiligen Zuständigkeiten, Verläufe
und Hilfsangebote bei Gefährdungssituationen von Schüler/innen. Eine Zeitstruktur für die
konkreten Interventionsmassnahmen wird dagegen nur sehr selten vorgegeben. Lediglich drei
Interventionsleitfäden regeln, wie lange eine Intervention dauern soll bzw. nach welchem
Zeitraum eine Überprüfung der angestrebten Veränderungen vorgenommen wird. Alle
übrigen Interventionsleitfäden regeln eine erneute Kontaktaufnahme mit den gefährdeten
Schüler/innen erst bei erneuten Auffälligkeiten. Interne und externe Hilfsangebote sind
anfänglich auf freiwilliger Basis, werden im weiteren Verlauf jedoch verpflichtend.
5.3 Einbezug von und Veranstaltungen für Lehrpersonen
Als Voraussetzung für die Teilnahme am Projekt musste in allen Schulen die Zustimmung des
Kollegiums vorliegen. Ebenso wurde von den Projektträgern (BAG, SNGS und HSA Luzern)
erwartet, dass Lehrpersonen in den Steuergruppen vertreten sind. Beide Voraussetzungen
werden von allen Schulen erfüllt. Des Weiteren werden in allen Schulen die Lehrpersonen
(das Kollegium insgesamt oder eine Auswahl von Lehrpersonen) in die Situationsanalyse
einbezogen. Damit ist ein Grundstein für Partizipation gelegt, auf dem die Schulen in
unterschiedlicher Intensität aufbauen.
Aus den vorliegenden Projektdokumenten der Schule J ist nicht ersichtlich, ob
Veranstaltungen für Lehrpersonen stattgefunden haben. In allen anderen Schulen wurde
mindestens eine Veranstaltung für die Lehrpersonen durchgeführt. In zehn Schulen, d.h. in
der Mehrheit der Schulen, fanden ein bis drei Veranstaltungen (Konvente, schulinterne
Weiterbildungen, Workshops) statt. In den Schulen B, C und D wurden laut
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 21
Projektdokumenten vier bis neun Veranstaltungen durchgeführt. In den Projektdokumenten
können hinsichtlich der inhaltlichen Ausgestaltung fünf Hauptbereiche identifiziert werden:
• Leitfaden vorstellen und diskutieren
• In das Thema FF einführen und über Symptome für Gefährdungen informieren
• Ergebnisse der Situationsanalyse diskutieren
• Die Kommunikationsprozesse im Kollegium bearbeiten
• Eine gemeinsame pädagogische Haltung entwickeln
Abbildung 3 zeigt die Anzahl der Schulen, in denen Veranstaltungen zu den verschiedenen
Bereichen stattgefunden haben (Mehrfachnennungen möglich).
8
6
11
33
0
2
4
6
8
10
12
Leitfaden ThematischeEinführung
PräsentationSituationsanalyse
Kommunikation Haltung
An
zah
l S
ch
ule
n
Abbildung 3: Themen der Veranstaltungen für Lehrpersonen
In fast allen Schulen, in denen ein Leitfaden entwickelt wurde, wurde dieser den
Lehrpersonen vorgestellt. Aus den Projektdokumenten ist die Form der Präsentation nicht
immer ersichtlich. Dennoch zeigt sich, dass in mehreren Schulen nicht nur eine Präsentation
stattfand, sondern der Leitfaden in Gruppen anhand von Fallbeispielen durchgearbeitet wurde.
In acht Schulen haben Veranstaltungen zur Einführung ins Thema und Informationen über
Symptome stattgefunden, wobei in einer Schule lediglich in das Konzept der FF eingeführt
wurde (ohne Weiterbildungscharakter). In jeweils drei Schulen wurde explizit an der
Kommunikation im Team und an der Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen
Haltung gearbeitet.
Aus den Projektdokumentationen wird deutlich, dass in drei Schulen die Lehrpersonen über
die Einbindung in die Steuergruppe und die Veranstaltungen hinaus in die Entwicklung des
FF-Konzepts einbezogen wurden. In zwei Schulen (F und I) konnte das Kollegium seinen
Bedarf an Massnahmen und Instrumenten bei der Steuergruppe angeben: „Austausch und
Ausarbeiten von Aufträgen (Massnahmen) für die Projektgruppe, was zu erarbeiten sei“
(Sitzung Vorbereitung Workshop Schule F). In der Schule D wurden Lehrpersonen noch
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 22
stärker in die Entwicklung eingebunden: „Im Bereich der Untergruppen schien es der
Steuergruppe wichtig, das Team noch stärker in die Verantwortung und damit in den Prozess
einzubinden“ (Zwischenbericht Schule D). Diese Feststellung führte dazu, dass Mitglieder der
Steuergruppe gemeinsam mit weiteren Lehrpersonen in Untergruppen die einzelnen
Projektbestandteile wie z.B. den Leitfaden und die Elternabende erarbeiteten. Dies führte zur
Mitwirkung eines wesentlichen Teils des Kollegiums an der Entwicklung und Umsetzung des
FF-Konzepts.
5.4 Einbezug von und Veranstaltungen für Eltern und Schüler/innen
Der Einbezug von Eltern und Schüler/innen wurde in den teilnehmenden Schulen sehr
unterschiedlich gehandhabt. Im Folgenden wird zunächst der Einbezug der Eltern und dann
der Einbezug der Schüler/innen in das FF-Projekt beschrieben.
Einbezug Eltern
Aus den Anträgen für die Verlängerung des Projekts1 wird deutlich, dass im bisherigen
Verlauf die Elternarbeit von mehreren Schulen noch gar nicht oder noch nicht im
gewünschten Mass umgesetzt werden konnte. Bisher fand der Einbezug in folgender Form
statt: In fünf der 14 Schulen wurden laut Projektdokumentation die Eltern in die
Situationsanalyse einbezogen, wobei in vier Schulen eine umfassende Befragung stattfand.
Die Ergebnisse dieser Befragungen wurden oder werden (geplant für das Schuljahr 07/08) den
Eltern in Form schriftlicher Information oder auf Veranstaltungen zurückgemeldet. Betrachtet
man die Veranstaltungen und Informationen an die Eltern unabhängig von ihrem Inhalt, zeigt
sich, dass fünf Schulen die Eltern im Rahmen des FF-Projekts in irgendeiner Form
einbezogen. In einem Fall wurden Informationen ausschliesslich auf schriftlichem Weg
vermittelt, in vier Schulen wurden Veranstaltungen für Eltern durchgeführt. Es wurden
sowohl eher allgemeine Veranstaltungen zur FF, zur Situationsanalyse und zum Leitfaden als
auch themenspezifische Veranstaltungen, z.B. zur Pubertät (Schule D) oder zum Umgang mit
den Gefahren der modernen Medien (Schule A), durchgeführt. In zwei Schulen (Schule B und
Schule D) fand ein noch weit umfassenderer Einbezug der Eltern statt. In der Schule D sind
zwei Elternvertretungen Mitglieder der Steuergruppe, in der Schule B sind zwei
Elternvertretungen aus dem Elternrat Mitglieder der „Expertengruppe“ (Zwischenbericht
Schule B). Die Expertengruppe trifft sich mit der Steuergruppe, um die Elternabende zu
konzipieren und durchzuführen. Weitere Aktivitäten der Expertengruppe sind aus den
Projektdokumenten nicht erkennbar. In beiden Schulen sind ein partizipativer Ansatz und ein
erhöhtes Engagement in der Elternarbeit im Rahmen des FF-Projekts erkennbar. Sie bieten die
1 Die teilnehmenden Schulen konnten auf Antrag (mit Begründung und Zielformulierung) das Projekt um
ein Jahr verlängern.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 23
meisten Veranstaltungen für Eltern an. Der partizipative Ansatz mit Einbezug der Eltern wird
von den zwei Schulen als „unabdingbar“ (Zwischenbericht Schule D) bzw. als förderlicher
Faktor (Zwischenbericht Schule B) beschrieben.
Wie bereits erwähnt, konnten mehrere Schulen die Elternarbeit noch nicht im von ihnen
geplanten Mass umsetzen. Die Gründe hierfür sind aus den Projektdokumenten nicht
ersichtlich. Fünf Schulen, welche die Eltern bisher noch nicht über das FF-Projekt informiert
haben, sehen dies als Versäumnis und planen laut ihrem Antrag auf Verlängerung, im
Schuljahr 07/08 schriftliche Informationen abzugeben oder Veranstaltungen durchzuführen.
Auch von den Schulen, die die Eltern bereits informiert haben, planen mehrere weitere
Veranstaltungen. Falls die Elternarbeit wie geplant umgesetzt wird, kann in allen Schulen mit
dreijähriger Projektlaufzeit die Information der Eltern stattfinden. Der bisherige Einbezug der
Eltern ist auch aus der Sicht der Schulen ohne Verlängerung zu wenig gelungen
(Schlussbericht Schule F).
Einbezug Schüler/innen
Die Schüler/innen wurden etwas häufiger als die Eltern in die Situationsanalyse einbezogen,
in der Hälfte der Schulen wurden die Schüler/innen zu ihrem Wohlbefinden und ihrer
Problemlage befragt. Eine Rückmeldung der Ergebnisse an die Schüler/innen fand hingegen
deutlich seltener statt: Lediglich in einer Schule war eine Rückmeldung der Ergebnisse an den
Schülerrat vorgesehen. In derselben Schule war ebenfalls vorgesehen, den Schülerrat über das
FF-Projekt zu informieren und zwei seiner Vertreter/innen in die Expertengruppe einzubinden
(Zwischenbericht Schule B). Aus den bisherigen Dokumenten ist nicht ersichtlich, inwiefern
dieses Vorhaben gelungen ist.
In sieben Schulen (inkl. der genannten Schule mit dem Einbezug des Schülerrats) wurden im
Rahmen des FF-Projekts laut Projektdokumenten Veranstaltungen für Schüler/innen
durchgeführt. Diese fanden in Form von Gesundheitstagen bzw. Gesundheitswochen (fünf
Schulen), als regelmässiger Bestandteil des Unterrichts (zwei Schulen) oder als einmaliger
Besuch einer Ausstellung (eine Schule) statt (Mehrfachnennungen möglich). Die
Interventionen sind alle im Bereich der Gesundheitsförderung und der universellen Prävention
einzuordnen. Bearbeitete Themen sind z.B. Selbstwertgefühl, Ernährung, Alkohol, Sexualität,
Sucht und Mobbing (Dokumente Schulen D, I, M und N).
Fünf Schulen, die bisher noch keine Interventionen auf der Ebene der Schüler/innen
durchführen konnten, planen für das Schuljahr 07/08 entsprechende Veranstaltungen. Werden
diese Interventionen wie geplant umgesetzt, können in zwölf der 14 Schulen Aktivitäten für
die Schüler/innen stattfinden.
5.5 Vernetzung mit externen Fachstellen
Aus den Dokumenten der Schulen ist ersichtlich, dass die Vernetzung zwischen Schule und
schulexternen Fach- und Anlaufstellen (Schulpsychologischer Dienst, Kinder- und
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 24
Jugendpsychiatrischer Dienst, Sozialdienste, Beratungsstellen, Schulbehörden und Gemeinde)
im Bereich FF von acht der 14 Schulen initiiert wurde. Sechs Schulen unternahmen keine
Schritte in diese Richtung, wobei vier von ihnen zumindest über eine Liste mit Fachstellen
verfügen, die überprüft und in einer Schule auch den Lehrpersonen vorgestellt wurde. Eine
der Schulen macht in einer schriftlichen Stellungnahme deutlich, dass ihre Schulsozialarbeit
für die Vernetzung zuständig ist und diese Aufgabe gut erfüllt, so dass aus ihrer Sicht keine
weiteren Massnahmen hinsichtlich einer Kooperation mit externen Stellen notwendig sind.
Von den acht anderen Schulen wurden unterschiedliche Wege gewählt, um die Kooperation
mit externen Stellen aufzubauen. In den Schulen mit schulexternen Personen aus Gemeinde
und Schulrat/Schulpflege in der Steuergruppe werden diese als Verbindungsperson zur
entsprechenden Institution wahrgenommen. Eine Kooperation mit diesen Stellen ist damit im
Aufbau. Sechs Schulen wendeten sich schriftlich oder mündlich an die aus ihrer Sicht
relevanten schulexternen Fachstellen, um Informationen über die Fachstelle einzuholen und
den Wunsch nach Zusammenarbeit zu äussern (eine Schule), die Fachstellen zu einer
Vorstellung im Kollegium einzuladen (vier Schulen) oder zur Vernehmlassung des Leitfadens
sowie zu einem Gespräch mit der Steuergruppe einzuladen (zwei Schulen). Das heisst, von
Seiten dieser Schule wurde versucht ein Kontakt zu den Fachstellen herzustellen und eine
Zusammenarbeit aufzubauen. Im Speziellen sind der „Fachstellenmarkt“ und der „Runde
Tisch“ als Möglichkeiten des Austausches zu nennen. Der „Fachstellenmarkt“ bezeichnet die
gleichzeitige Präsentation verschiedener Fachstellen und Fachpersonen in der Schule, so dass
die Lehrpersonen Kontakt aufnehmen, Fragen stellen und das Angebot kennenlernen können.
Der „Runde Tisch“ wurde als Austauschmöglichkeit zur „Problematik im Bereich
Schule/Jugendgewalt etc.“ vom Gemeinderat und den Schulen in der Gemeinde einberufen
(Einladung, Schule J).
Aus den Anmerkungen in den Zwischenberichten und den bisher vorhandenen
Schlussberichten der einzelnen Schulen geht hervor, dass die Schulen den Aufbau einer
Kooperation mit externen Fachstellen als schwierig und zeitaufwendig beurteilen. Hemmende
Faktoren werden auf der Seite der Fachstellen erkannt: „Nicht alle Fachstellen sind
interessiert an Zusammenarbeit oder haben genug Kapazitäten dafür“ (Zwischenbericht
Schule E) oder „Zum einen fliessen Informationen nicht wieder an die Schule zurück und zum
anderen werden Vertreter der Schule eher in einer Überweisungsrolle, als in ihrer Funktion
als wichtige Interventions- und Unterstützungspartner gesehen“ (Zwischenbericht Schule J).
Auf der Seite der Schule wird Mangel an Kenntnissen und zu wenig Inanspruchnahme der
Fachstellen durch die Lehrpersonen festgestellt (Zwischenbericht Schulen G und H).
Als für die Vernetzung förderlicher Faktor wurde zum einen die Zusammenarbeit mit
externen Beratungspersonen von regionalen bzw. kantonalen Fachstellen wahrgenommen. So
ist die Zusammenarbeit zwischen der Suchtpräventionsstelle und der Schule E mit dem FF-
Projekt enger geworden (Schlussbericht Schule E). Zum anderen hat in den Schulen, in denen
Schulsozialarbeit vorhanden ist, diese eine Brückenfunktion zu schulexternen Fachstellen:
„Die Vernetzung mit Fachstellen ist in unserem Schulhaus durch die Schulsozialarbeit
sichergestellt“ (Dokument Schule C) oder „Die Fachstellen kennen das Angebot der
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 25
Schulsozialarbeit und umgekehrt“ (Zwischenbericht Schulen G und H). In drei Schulen zeigt
sich jedoch auch die Problematik der Konzentration der Netzwerkarbeit bei der
Schulsozialarbeit: „Problematisch ist, dass die Vernetzungsarbeit sehr stark über die
Schulsozialarbeit läuft und damit die Beziehungsqualität sehr stark an diese Person gebunden
ist“ (Zwischenbericht Schule D).
5.6 Zusammenfassung und Fazit
Die Projektleitung ist in fast allen Schulen bei der Schulleitung angesiedelt. Die anderen
Projektleitungsmodelle scheinen für Probleme bei der Koordination mit der Jahresplanung der
Schule und der Verankerung im Kollegium anfälliger zu sein. Neben der Schulleitung nimmt
die Schulsozialarbeit eine zentrale Rolle ein und begünstigt die Teilnahme der Schulen am
FF-Projekt. Sie hat sowohl in ihrer Beraterrolle wie auch in Schulen mit anderen
Beratungspersonen einen hohen Stellenwert: Sie ist in allen Schulen an der Entwicklung und
Implementierung von FF beteiligt und übernimmt teilweise als Beratungsperson die
Steuerung des Projekts. Der Einsatz der Schulsozialarbeit im Projekt ist grundsätzlich positiv
zu werten, birgt jedoch die Gefahr, dass das Projekt zu stark von dieser statt von der
Schulleitung getragen wird. Sowohl die Schulsozialarbeit wie auch die Beratungspersonen
aus regionalen bzw. kantonalen Präventions- und Gesundheitsförderungsstellen begünstigen
die Kontaktaufnahme mit schulexternen Fachstellen.
Vergleicht man die Zielsetzungen der Schulen mit den durchgeführten Aktivitäten und den
tatsächlichen Entwicklungen, zeigt sich, dass in der Hälfte der Schulen entsprechende
Aktivitäten und Entwicklungen stattfanden. Auch in den anderen Schulen wurden die meisten
Zielsetzungen mit entsprechenden Massnahmen angegangen. Tabelle 3 zeigt den Vergleich
der Zielsetzungen der Schulen (aus den Contracts) mit den durchgeführten Interventionen (aus
den Projektdokumenten). Der dargestellte Vergleich soll nicht dazu dienen, einzelne Schulen
zu bewerten, sondern die Schwerpunkte in den Zielsetzungen und Interventionen sowie die
Schwierigkeiten bei der Durchführung aufzeigen.
Mit einer Ausnahme war es in allen Schulen möglich, einen Leitfaden als Instrument der FF
zu entwickeln und den Lehrpersonen im Rahmen einer Weiterbildung vorzustellen. Der
wesentlichste Unterschied zwischen den Leitfäden ist die problemspezifische Aus-
formulierung (zwei Schulen) im Gegensatz zur symptomunabhängigen Gültigkeit des
Leitfadens (elf Schulen). Im Aufbau sind die Leitfäden insgesamt sehr ähnlich, wobei an
einem starren Stufenmodell festgehalten wird, das einen Einstieg auf Stufe eins mit weiteren
Stufen bei fortdauernder Eskalation vorsieht. Zuständigkeiten, Verläufe und Hilfsangebote
werden in den Leitfäden strukturiert. Aus den Leitfäden und der Anzahl der
Weiterbildungsveranstaltungen wird deutlich, dass die Lehrpersonen als Hauptakteure der
Früherkennung fungieren. Damit die Lehrpersonen Symptome bei den Schüler/innen korrekt
interpretieren können, müssen sie über das entsprechende Wissen verfügen. Sechs Schulen
haben sich explizit das Ziel gesetzt, entsprechende Kenntnisse bei den Lehrpersonen zu
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 26
erweitern, in vier dieser Schulen fanden hierzu Veranstaltungen statt. Ohne explizite
Zielformulierung führten noch vier weitere Schulen Weiterbildungsveranstaltungen zur
Wissenserweiterung für die Lehrpersonen durch. Neben der Einführung in den Leitfaden ist
Wissensvermittlung die häufigste Zielsetzung und auch die häufigste Intervention innerhalb
des Kollegiums. Seltener wurden die Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung
oder die Verbesserung der internen Kommunikation angegangen. Vier bzw. drei Schulen
hatten sich diese Bereiche als Ziel gesetzt, jedoch nicht alle konnten Interventionen dazu
durchführen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass von vielen Schulen
hauptsächlich die Leitfadenentwicklung und das Informieren über Symptome als einfacher
durchführbare und vordergründig erkennbare Bestandteile der Einführung von FF bearbeitet
wurden. Die Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung und tragfähiger
Kommunikationsstrukturen als eher grundlegende Prozesse, die nicht direkt mit der FF in
Verbindung gebracht werden und eine Team- und Schulentwicklung erfordern, wurde
deutlich seltener angegangen.
Die Information der Eltern und ihr Einbezug in das FF-Projekt werden von sechs Schulen
explizit als Ziel genannt. In den Projektdokumenten zeigt sich jedoch, dass auch in den
anderen Schulen die Information der Eltern angestrebt wird. Eine Umsetzung fand bisher nur
in fünf Schulen statt. Für das letzte Projektjahr sind weitere Interventionen (schriftliche
Informationen oder Veranstaltungen) geplant. Ähnlich sieht die Situation bezüglich des
Einbezugs der Schüler/innen aus. Auch hierzu wurden nur in sechs Schulen entsprechende
Ziele formuliert. Interventionen fanden in sieben Schulen statt, weitere sind für das letzte
Projektjahr in Planung. Dies zeigt, dass die Ausweitung des Projekts auf die Eltern- und
Schüler/innenebene erst nach erfolgreich durchgeführten kollegiumsinternen Prozessen
angegangen wird. Für die Schulen ohne Verlängerung könnte die Projektdauer daher für
solche Prozesse zu kurz gewesen sein, was im Schlussbericht einer Schule auch angemerkt
wird.
Die Vernetzung mit schulexternen Fachstellen ist laut Angaben der Schulen ein schwieriges
und langwieriges Unterfangen. Positiv hervorzuheben ist, dass die Hälfte der Schulen erste
Aktivitäten unternommen hat, um mit den Fachstellen in Kontakt zu treten. Aufgrund der
Projektdokumente lässt sich keine abschliessende Aussage über den Erfolg der Vernetzung
machen. Die Hinweise aus den Schlussberichten lassen jedoch vermuten, dass noch mehr Zeit
für den Kooperationsaufbau notwendig ist.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 27
Tabelle 3: Vergleich Zielsetzungen und Aktivitäten in den teilnehmenden Schulen
Schulen Entwicklung Leitfaden
Entwicklung Haltung
Erweiterung Wissen
Verbesserung Kommunikation
Information/ Einbezug Eltern
Information/Einbezug Schüler/innen
Vernetzung mit Fachstellen
A x x x x
B x x x x x x x
C x x x x
D x x x x x x
E (x) x x
F x x x x
G x x
H x x
I (x) x x (x)
J x x x x (x)
K x x x x
L (x) x x x
M x x x x x
N x x x Quelle: zugestellte Projektdokumente, Stand Juni 2007
(x)= Ziel unklar formuliert
x = Ziel gesetzt und Aktivitäten/Entwicklungen durchgeführt
x = Ziel gesetzt, laut Projektdokumenten keine Aktivitäten/Entwicklungen durchgeführt
x = Ziel nicht gesetzt, laut Projektdokumenten aber Aktivitäten/Entwicklungen durchgeführt
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 28
6 Vertiefte Analyse von vier Beispielschulen
Die folgenden Ergebnisse beziehen sich auf die vier Schulen A, B, C und D. Im Rahmen der
vertieften Analyse wurden eine Befragung aller Lehrpersonen der vier Beispielschulen sowie
Interviews mit den zentralen Akteuren der Projekte in den vier Schulen durchgeführt. Im
Folgenden werden zuerst die Ergebnisse der zwei Befragungen dargestellt. Darauf aufbauend
folgen vier Fallanalysen der Beispielschulen, welche die Ergebnisse aller Erhebungen, d.h.
auch der Dokumentenanalyse einbeziehen.
6.1 Die Perspektive der Lehrpersonen
6.1.1 Stichprobe
In den vier ausgewählten Schulen wurden insgesamt 146 Fragebogen an alle an den Schulen
tätigen Lehrpersonen verteilt. 50 Lehrer und 34 Lehrerinnen füllten den Fragebogen aus, was
einem Rücklauf von 58% entspricht. Der Rücklauf kann als gut bezeichnet werden. Nach
Angaben der Schulleitungen kann ein grosser Teil der fehlenden Fragebogen auf längere
Absenzen von Lehrpersonen und Lehrpersonen mit sehr kleinen Pensen (z.B. Musik-
lehrpersonen) zurückgeführt werden. Tabelle 4 gibt einen Überblick über den Rücklauf aus
den vier Schulen.
Tabelle 4: Stichprobe und Rücklauf der Lehrpersonenbefragung
Schulen Ausgeteilte Fragebogen
Ausgefüllte Fragebogen
Rücklauf
Schule A 44 20 45%
Schule B 51 28 55%
Schule C 26 22 85%
Schule D 25 14 56%
Gesamt 146 84 58%
Von den 84 Lehrpersonen sind 55% (n=46) als Klassenlehrpersonen, 32% (n=27) als
Fachlehrpersonen und 13% (n=11) in anderen bzw. zusätzlichen Funktionen, d.h. als
Schulleitung, Fachlehrperson mit Leitungsfunktion oder Lehrperson mit Betreuungstätigkeit
im Internat tätig. Der Anteil der Fachlehrpersonen im Kollegium ist in allen vier Schulen
ähnlich hoch (zwischen 30 und 36% der Lehrpersonen). Der Anteil der Klassenlehrpersonen
ist im Kollegium der Schule B (46%) im Vergleich zu den anderen drei Schulen (57-60%)
etwas geringer, dafür sind mehr befragte Personen in anderen bzw. zusätzlichen Funktionen
tätig (21% gegenüber 7-9%).
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 29
6.1.2 Entwicklung und Bekanntheit des Früherkennungs- und Frühinterventionskonzepts
Die Lehrpersonen wurden in einer ersten Frage nach ihrer Kenntnis des FF-Konzepts in ihrer
Schule gefragt. 75% der 84 Lehrpersonen geben an, das FF-Konzept ihrer Schule gut zu
kennen, 21% haben schon davon gehört, 4% (alles Fachlehrpersonen) geben an, dass sie es
nicht kennen. In den vier Schulen ist das Konzept somit bei allen Klassenlehrpersonen und
Lehrpersonen mit zusätzlichen Funktionen wie z.B. Leitungsfunktionen sowie der Mehrzahl
der Fachlehrpersonen bekannt. Dies zeigt, dass FF in den Schulen thematisiert wurde, was
eine Grundlage bildet um eine gemeinsame pädagogische Haltung und ein gleichgerichtetes,
systematisches Vorgehen zu entwickeln. Im Vergleich der vier Schulen zeigt sich, dass in den
Schulen B, C und D über 80% der Lehrpersonen das Konzept gut kennen. In der Schule A
hingegen sind es 40%, die das Konzept gut kennen, während 50% davon gehört haben.
Nach eigenen Angaben haben sich 69 der 84 Lehrpersonen (84%) an der Konzeptentwicklung
beteiligt. Vergleicht man die vier Schulen miteinander, zeigt sich, dass in der Schule A 74%,
in den Schulen B und C über 80% (86% bzw. 81%) und in der Schule D nach eigenen
Aussagen alle Lehrpersonen beteiligt waren. Am häufigsten wurden die Lehrpersonen bei
Veranstaltungen wie schulinternen Weiterbildungen und Projekttagen in den
Entwicklungsprozess einbezogen (52 Nennungen). Weitere Mitarbeit fand in schriftlicher
Form (25 Nennungen), in regulären Sitzungen (25 Nennungen) und in Arbeitsgruppen (vier
Nennungen) statt. Neben der Form der Beteiligung konnten die Lehrpersonen angeben, ob
ihrer Meinung nach die Möglichkeiten, sich an der Konzeptentwicklung zu beteiligen,
angemessen waren. 10% der Lehrpersonen geben an, dass sie sich gar nicht in angemessener
Weise am Entwicklungsprozess einbringen konnten. 49% sind der Meinung, dass sie sich
teilweise einbringen konnten, 41% konnten sich nach eigenen Angaben voll und ganz
beteiligen. Tabelle 5 zeigt die Beurteilung der Beteiligung in den vier Schulen in einer
Übersicht.
Tabelle 5: Angemessene Beteiligung der Lehrpersonen an der Konzeptentwicklung (n=80)
gar nicht teilweise voll und ganz
n % n % n %
Schule A 5 26 11 58 3 16
Schule B -- -- 17 63 10 37
Schule C 3 15 4 20 13 65
Schule D -- -- 7 50 7 50
Gesamt 8 10 39 49 33 41
In den Schulen B und D war es nach eigener Einschätzung für alle Lehrpersonen zumindest
teilweise möglich, sich in angemessener Weise an der Konzeptentwicklung zu beteiligen. In
der Schule A waren die Möglichkeiten, das Konzept mitzuentwickeln, für die Lehrpersonen
geringer, ein Viertel der Lehrpersonen ist der Ansicht, dass sie sich gar nicht beteiligen
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 30
konnten. Das heisst, in der Schule A wurden die Lehrpersonen nach ihrer Wahrnehmung im
Vergleich zu den anderen Schulen weniger in die Entwicklung des FF-Konzepts einbezogen.
In der Schule C gehen die Meinungen auseinander: Wenige Lehrpersonen konnten ihrer
Meinung nach nicht in angemessener Weise mitwirken, die Mehrheit jedoch voll und ganz.
6.1.3 Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung
Die Lehrpersonen wurden nach der Entwicklung bzw. dem Bestehen einer gemeinsamen
pädagogischen Haltung zum Umgang mit Gefährdungen bei Schüler/innen im jeweiligen
Kollegium gefragt. Bei den Antworten handelt es sich um den Informationsstand resp. die
Wahrnehmung der einzelnen Lehrpersonen. Diese Wahrnehmungen der Lehrpersonen in den
Schulen können voneinander abweichen. Tabelle 6 zeigt die Einschätzungen zur
gemeinsamen pädagogischen Haltung in den vier Schulen.
Tabelle 6: Entwicklung einer pädagogischen Haltung
Schule A Schule B Schule C Schule D Gesamt
n % n % n % n % n %
Haltung wurde im Projekt entwickelt
6 30 13 47 13 59 8 56 40 48
Wir sind daran eine Haltung zu entwickeln
6 30 6 21 3 13 3 22 18 21
Haltung bestand schon vor dem Projekt
2 10 7 25 4 18 3 22 16 19
Bisher noch keine Haltung entwickelt
4 20 -- -- 1 5 -- -- 5 6
Ich weiss es nicht 2 10 2 7 1 5 -- -- 5 6
Total 20 100 28 100 22 100 14 100 84 100
Knapp die Hälfte der Lehrpersonen ist der Meinung, dass in ihrer Schule im Projekt eine
gemeinsame pädagogische Haltung entwickelt wurde. Jeweils ein Fünftel berichtet, dass die
Entwicklung noch im Gang ist bzw. schon vor dem Projekt eine gemeinsame pädagogische
Haltung bestanden hat. In keiner der vier Schulen haben alle Lehrpersonen die gleiche
Meinung resp. Wahrnehmung zur Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung.
In der Schule A gehen die Wahrnehmungen am deutlichsten auseinander, während in den
Schulen B, C und D zumindest darin Einigkeit besteht, dass die gemeinsame pädagogische
Haltung in der Schule entwickelt worden ist oder noch wird. Somit kann davon ausgegangen
werden, dass in diesen drei Schulen die gemeinsame pädagogische Haltung wenigstens
thematisiert wurde. Dennoch muss bei der Heterogenität der Aussagen der Frage
nachgegangen werden, ob an der Entwicklung einer gemeinsamen Haltung alle Lehrpersonen
beteiligt waren und ob die diesbezüglichen Aktivitäten allen Lehrpersonen kommuniziert
wurden. Beim Vergleich zwischen den verschiedenen Funktionen der Lehrpersonen zeigt
sich, dass sowohl Fachlehrpersonen wie auch Klassenlehrpersonen über die Entwicklung
nicht Bescheid wussten bzw. anderer Meinung waren als ihre Kolleginnen und Kollegen. Das
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 31
heisst, auch Lehrpersonen mit grösseren Pensen wissen nicht über die Entwicklung einer
gemeinsamen pädagogischen Haltung Bescheid.
Die Lehrpersonen, die angeben, dass eine gemeinsame pädagogische Haltung besteht (vor
dem Projekt oder durch das Projekt), wurden gebeten, die Verbreitung dieser Haltung im
Kollegium einzuschätzen. 87% geben an, dass die Haltung im Kollegium recht gut bekannt
ist, 13% sind der Meinung, dass die Haltung kaum bekannt ist. In den Schulen C und D ist die
Haltung nach einstimmiger Einschätzung gut bekannt, in den Schulen A und B gehen die
Einschätzungen auseinander. In diesen Schulen sind jeweils drei Viertel der Lehrpersonen der
Meinung, die Haltung sei gut bekannt, während ein Viertel der Meinung ist, die Haltung sei
kaum bekannt. Die Einschätzung zur Bekanntheit widerspiegeln die Ergebnisse zur Frage
nach der Entwicklung der Haltung. In den Schulen mit dem höchsten Anteil an Lehrpersonen,
die angeben, dass eine Haltung entwickelt wird bzw. wurde, ist diese auch nach eigener
Ansicht am besten bekannt.
6.1.4 Interventionsleitfäden aus der Sicht der Lehrpersonen
Der Interventionsleitfaden ist ein zentraler Bestandteil des FF-Konzepts. Alle vier befragten
Schulen haben in den zwei Projektjahren einen Leitfaden bzw. mehrere problemspezifische
Leitfäden entwickelt und den Lehrpersonen vorgestellt und abgegeben.
Bedarf an einem Leitfaden
Die Lehrpersonen wurden gefragt, inwiefern aus ihrer Sicht überhaupt ein Bedarf an einem
solchen Leitfaden für sie persönlich und für ihre Schule besteht. Vier Lehrpersonen (5%)
geben an, dass sie für sich persönlich keinen Bedarf sehen. Die restlichen Lehrpersonen sehen
für sich persönlich jeweils zur Hälfte einen eher geringen Bedarf (49%) bzw. einen eher
grossen Bedarf (46%). Der Bedarf an einem Leitfaden für ihre Schule wird von zwei Dritteln
der Lehrpersonen als eher gross eingeschätzt, ein Drittel beurteilt den Bedarf als eher gering.
Dass es an ihrer Schule keinen Bedarf an einem Leitfaden gibt, vertritt keine der befragten
Lehrpersonen. Tabelle 7 zeigt die Bedarfseinschätzungen der Lehrpersonen an den vier
Schulen.
Tabelle 7: Bedarf an einem Leitfaden in den vier Schulen (Skala: 0=kein Bedarf, 1=eher klein, 2=eher gross)
Persönlicher Bedarf Mittelwert / (n)
Bedarf für die Schule Mittelwert / (n)
Schule A 1.60 / (20) 1.60 / (20)
Schule B 1.29 / (28) 1.48 / (27)
Schule C 1.36 / (22) 1.91 / (22)
Schule D 1.46 / (13) 1.77 / (13)
Gesamt 1.41 / (83) 1.67 / (82)
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 32
In der Schule A ist der persönliche Bedarf der Lehrpersonen an einem Leitfaden am grössten
und im Gegensatz zu den drei anderen Schulen schätzen sie ihren persönlichen Bedarf genau
so hoch ein wie den allgemeinen Bedarf ihrer Schule. In der Schule C hingegen wird die
allgemeine Notwendigkeit eines Leitfadens für die Abläufe im Schulhaus wahrgenommen,
fast alle Lehrpersonen sehen einen grossen Bedarf in ihrer Schule. Die Lehrpersonen der
Schule B weisen den niedrigsten Bedarf an einem Leitfaden sowohl für sie persönlich wie
auch für ihre Schule aus.
Bekanntheit und Verwendung des Leitfadens
79 der 84 Lehrpersonen kennen den Leitfaden ihrer Schule. Dabei kennen 45 Lehrpersonen
(54%) den Leitfaden nach eigenen Angaben gut, 34 (40%) haben ihn zumindest schon einmal
gesehen. Fünf Lehrpersonen (6%) kennen den Leitfaden nicht. Von diesen fünf Lehrpersonen
sind vier als Fachlehrperson und eine als Klassenlehrperson tätig. Im Vergleich der vier
Schulen zeigt sich, dass in den Schulen B, C und D die Mehrheit der Lehrpersonen (Schule B:
57%, Schulen C und D: 64%) den Leitfaden ihrer Schule gut kennt. In der Schule A hingegen
ist er den Lehrpersonen noch nicht so gut bekannt. Die Mehrheit der Lehrpersonen der Schule
A (60%) hat ihn lediglich schon gesehen.
Von den 79 Lehrpersonen, die den Leitfaden kennen, haben 28, d.h. mehr als ein Drittel, den
Leitfaden bereits verwendet. Tabelle 8 zeigt die bisherige Verwendung des Leitfadens in den
vier Schulen.
Tabelle 8: Bisherige Verwendung des Leitfadens in den vier Schulen (n=78)
verwendet nicht verwendet
n % n %
Schule A 4 22 14 78
Schule B 11 42 15 58
Schule C 10 50 10 50
Schule D 3 21 11 79
Gesamt 28 36 50 64
In den Schulen B und C wurde der Leitfaden bisher am häufigsten verwendet, bis zur Hälfte
der Lehrpersonen hat den Leitfaden eingesetzt. In den Schulen A und D hingegen wurde der
Leitfaden bisher nur von wenigen Lehrpersonen benutzt. Die Unterschiede in der Häufigkeit
der bisherigen Verwendung sind auf den Zeitpunkt der Einführung zurückzuführen. In den
Schulen B und C wurde der Leitfaden bereits im Herbst 2006 im Kollegium abgegeben, in
den Schulen A und D Anfang bzw. im Frühling 2007 (vgl. Tabelle 17).
Die Lehrpersonen, die den Leitfaden bisher nicht eingesetzt haben, wurden nach dem Grund
gefragt. Folgende Gründe werden mehrfach genannt:
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 33
• Seit der Einführung des Leitfadens gab es bei den eigenen Schüler/innen keinen Bedarf
bzw. keine Probleme oder Gefährdungen, die den Einsatz notwendig gemacht hätten (18
Nennungen).
• Fällt nicht in die Zuständigkeit einer Fachlehrperson (Zehn Nennungen).
• Der Leitfaden ist noch nicht fertig bzw. wurde erst vor Kurzem eingeführt (sechs
Nennungen).
• Aus Zeitgründen (drei Nennungen).
• Individualität der Schüler/innen: "Jeder Fall war anders" oder "Ich will die Schüler/innen
als einzelne Individuen sehen (…) und habe Mühe, sie durch einen Raster zu sehen" (zwei
Nennungen).
Als einzelne Nennungen werden erwähnt, dass der Leitfaden in der Praxis zu umständlich ist
und man mit gesundem Menschenverstand weiterkommt oder dass man schon immer so
gearbeitet habe und ihn darum nicht brauche. Auch wurde genannt, dass zu einem
spezifischen Thema der Leitfaden noch fehlt.
Die genannten Gründe für das Nichteinsetzen des Leitfadens lassen darauf schliessen, dass bei
den meisten Lehrpersonen keine grundlegende Ablehnung dazu führte, dass sie den Leitfaden
noch nicht einsetzten. Somit kann vermutet werden, dass zumindest die Klassenlehrpersonen
den Leitfaden bei Bedarf anwenden werden.
Beurteilung des Leitfadens
Alle Lehrpersonen, die den Leitfaden kennen, wurden gebeten, den Leitfaden bezüglich
Anwendbarkeit, Gestaltungsspielraum sowie Regelung der Aufgaben- und Verantwortungs-
zuschreibung für Lehrpersonen nach vorgegebenen Kriterien zu beurteilen.
Die Anwendbarkeit des Leitfadens wurde anhand der Kriterien 'nachvollziehbar',
'übersichtlich', 'angepasst auf die Verhältnisse der Schule', 'praxistauglich' und 'meinen
Bedürfnissen entsprechend' erfragt. Die Einschätzung erfolgte auf einer vierstufigen Skala
von '0=stimmt nicht' bis '3=stimmt'. Nachvollziehbarkeit und Übersichtlichkeit werden
insgesamt am höchsten eingeschätzt, drei Viertel der Lehrpersonen stimmen der Aussage voll
zu, dass der Leitfaden nachvollziehbar und übersichtlich ist (vgl. Abbildung 4). Somit sind die
formellen Grundvoraussetzungen für die Verwendung der Leitfäden gegeben. Die Anpassung
auf die spezifischen Verhältnisse der Schule und die Praxistauglichkeit werden etwas weniger
hoch eingeschätzt. Am wenigsten Zustimmung erhält das Kriterium 'meinen Bedürfnissen
entsprechend': 4% der Lehrpersonen stimmen dieser Einschätzung nicht zu, 9% eher nicht,
48% stimmen eher und 39% stimmen voll zu. Dies zeigt, dass die Anpassung der Leitfäden an
die eigene Schule und die eigenen Bedürfnisse, als wichtige Einflussfaktoren für die
Umsetzung des Leitfadens, noch optimiert werden können.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 34
0% 20% 40% 60% 80% 100%
Meinen Bedürfnissenentsprechend
praxistauglich
Auf Schuleangepasst
übersichtlich
nachvollziehbar
stimmt
stimmt eher
stimmt eher nicht
stimmt nicht
Abbildung 4: Anwendbarkeit des Leitfadens insgesamt (n=72-79)
In allen Schulen werden nach Ansicht der befragten Lehrpersonen die Kriterien
'Nachvollziehbarkeit' und 'Übersichtlichkeit' am deutlichsten erfüllt (vgl. Tabelle 9). Bei der
'Angepasstheit an die Verhältnisse der Schule' und der 'Praxistauglichkeit' zeigen sich
signifikante Unterschiede zwischen den Schulen (Varianzanalyse, p<0.5), wobei die
Beurteilungen der Lehrpersonen der Schule B deutlich schlechter ausfallen als die der
Lehrpersonen der anderen Schulen. Auch bei der Aussage, dass der Leitfaden den eigenen
Bedürfnissen entspricht, stimmen in der Schule B vergleichsweise wenig Lehrpersonen zu,
der Unterschied zwischen den Schulen ist jedoch nicht signifikant.
Tabelle 9: Anwendbarkeit des Leitfadens in den vier Schulen (Skala: vier-stufig, 0=stimmt nicht bis 3=stimmt)
Der Leitfaden ist … Schule A M (n=15-18)
Schule B M (n=27)
Schule C M (n=18-20)
Schule D M (n=12-14)
Gesamt M (n=72-79)
… nachvollziehbar 2.56 2.67 2.90 2.86 2.73
… übersichtlich 2.56 2.56 2.90 2.93 2.71
… angepasst an die Ver-hältnisse unserer Schule
2.28 2.00 2.74 2.54 2.34
… praxistauglich 2.53 2.00 2.39 2.67 2.32
… meinen Bedürfnissen entsprechend
2.44 1.88 2.33 2.38 2.21
Neben der Anwendbarkeit des Leitfadens schätzten die Lehrpersonen auch ihren
Gestaltungsspielraum bezüglich des Einbezugs der Schulleitung und von Fachpersonen, der
Fallübergabe an Fachpersonen, der Umsetzung von Massnahmen und des Zeitrahmen ein.
Der Gestaltungsspielraum konnte als '0=tief', '1=mittel' oder '2=hoch' eingestuft werden. Der
Gestaltungsspielraum wird in allen Punkten im Schnitt zwischen 'mittel' und 'hoch'
eingeschätzt, d.h. die Lehrpersonen haben nach eigener Einschätzung im Rahmen der
Leitfäden einen individuellen Gestaltungsspielraum, was die Umsetzung von Massnahmen
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 35
und den Einbezug von weiteren Personen betrifft. Insbesondere der Einbezug der Schulleitung
und Fachpersonen ist nach Ansicht der Lehrpersonen in den Leitfäden offen gestaltet. Tabelle
10 zeigt die Beurteilung des Gestaltungsspielraums in den vier Schulen.
Tabelle 10: Gestaltungsspielraum der Lehrpersonen bei der Anwendung des Leitfadens (Skala: 0=tief, 1=mittel, 2=hoch)
Gestaltungsspielraum bezüglich …
Schule A M (n=12-16)
Schule B M (n=22-25)
Schule C M (n=17)
Schule D M (n=9-12)
Gesamt M (n=61-69)
… Einbezug Schulleitung 1.60 1.50 1.35 1.58 1.50
… Einbezug Fachperson 1.33 1.45 1.35 1.36 1.39
… Übergabe an Fachperson 1.33 1.22 1.24 1.33 1.27
… Umsetzung von Massnahmen 1.19 1.24 1.47 1.09 1.26
… zeitlichem Rahmen 1.17 1.30 1.29 1.11 1.25
Zwischen den Einschätzungen der vier Schulen bestehen keine signifikanten Unterschiede.
Tendenziell zeigt sich, dass in der Schule D der Spielraum für die Umsetzung der
Massnahmen etwas enger beurteilt wird, in der Schule C hingegen besteht hier ein
vergleichsweise grösserer Spielraum.
Die klare Regelung der Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Leitfaden ist ein weiteres
Bewertungskriterium. Die Lehrpersonen wurden spezifisch nach der Regelung der Aufgaben
und Verantwortlichkeiten der Lehrpersonen gefragt, welche sie auf einer vierstufigen Skala
von '0=unklar geregelt' bis '3=klar geregelt' einschätzten. Die Aufgaben der Lehrpersonen
sind aus der Sicht fast aller Lehrpersonen, die diese Frage beantwortet haben, klar oder eher
klar geregelt. 47% sind der Meinung, die Regelung ist klar, 51% sind der Meinung, die
Regelung ist eher klar. Zwei Personen geben an, dass die Aufgabenzuteilung für die
Lehrpersonen eher unklar ist. Auch die Zuteilung der Verantwortlichkeiten ist aus der Sicht
der Mehrheit der Lehrpersonen eher klar (54%) oder klar (41%) geregelt. Drei Personen sehen
eine eher unklare Regelung, für eine Person ist die Zuteilung der Verantwortlichkeiten für
Lehrpersonen unklar. Insgesamt sind demnach die Zuständigkeiten für Lehrpersonen in den
Leitfäden eindeutig, wobei die Aufgabenzuteilung etwas klarer zu sein scheint als die
Zuteilung der Verantwortlichkeiten. Im Vergleich der vier Schulen zeigt sich, dass in der
Schule B die im Leitfaden definierte Zuteilung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten der
Lehrpersonen etwas unklarer ist (MAufg.=2.19; MVerantw.=2.12) als in den anderen drei Schulen
(MAufg.=2.47-2.64; MVerantw.=2.28-2.64) und in der Schule D die Regelungen als am klarsten
wahrgenommen werden (MAufg.=2.64; MVerantw.=2.64).
In einer offenen Frage geben die Lehrpersonen eine Beurteilung ihrer Rolle bezüglich
Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Leitfaden ab. Die Antworten betreffen
unterschiedliche Ebenen. Es werden die Aufgaben der Lehrpersonen beschrieben,
Einschätzungen zur Rolle im Leitfaden abgegeben sowie die Klarheit der Regelung beurteilt:
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 36
• Die Lehrpersonen, die ihre Aufgaben beschreiben, nennen folgende Punkte: Die Aufgabe
der Lehrpersonen ist es zu beobachten und zu erkennen, Gespräche zu führen, erste
Interventionen einzuleiten und schwerwiegendere Fälle an Fachpersonen abzugeben.
• Einige Lehrpersonen betonen, dass sie sich in einer zentralen Rolle mit grosser
Verantwortung sehen und diese Zuschreibung auch befürworten. Eine Lehrperson spricht
hingegen von einer „peripheren Rolle“.
• Einige Lehrpersonen geben eine grundsätzliche Beurteilung zu ihrer Rolle ab und
bezeichnen sie als „in Ordnung“, „angemessen“ und „gut“.
• Wenige Lehrpersonen nehmen ihre Rolle im Leitfaden als „zeitliche und
ressourcenmässige Überforderung“ wahr, die neben dem Unterricht nicht zu schaffen ist.
• Zwei Lehrpersonen beschreiben ihre Rolle im Leitfaden als praxisfern, das Leben laufe
„nicht nach Schema X ab“.
• Bezüglich Regelung der Rollenverteilung geben einige Lehrpersonen an, dass sie ihre
Rolle als klar geregelt und definiert wahrnehmen, insbesondere die Rolle der
Klassenlehrpersonen. Die Rolle der Fachlehrpersonen wird von zwei Personen als unklar
wahrgenommen.
6.1.5 Wissenszuwachs und Handlungssicherheit
Die Lehrpersonen wurden gefragt, ob sie sich im Rahmen des FF-Projekts mehr Wissen über
Symptome und mehr Handlungssicherheit im Umgang mit gefährdeten Schüler/innen
aneignen konnten.
81% der Lehrpersonen geben an, dass sie ihr Wissen über Symptome erweitern konnten.
Dabei konnten 18% ihr Wissen deutlich erweitern und 63% ein wenig. Im Vergleich der vier
Schulen zeigt sich, dass in den Schulen A und C vergleichsweise weniger Lehrpersonen ihr
Wissen erweitern konnten.
Tabelle 11: Wissenszuwachs in den vier Beispielschulen (n=83)
Nein, nicht unbedingt Ja, ein wenig Ja, deutlich
n % n % n %
Schule A 6 31 10 53 3 16
Schule B 3 11 19 68 6 21
Schule C 6 27 12 55 4 18
Schule D 1 7 11 79 2 14
Gesamt 16 19 52 63 15 18
Die 77 Lehrpersonen mit einem Wissenszuwachs wurden gebeten anzugeben, wie sie zu
diesem Wissen gekommen sind. Am häufigsten erlangten die Lehrpersonen zusätzliches
Wissen in schulinternen Weiterbildungen (55 Nennungen). Aber auch schriftliche
Informationen und Gespräche mit Kolleginnen und Kollegen führten bei der Hälfte der
Lehrpersonen, die diese Frage beantworteten, zu mehr Wissen (vgl. Abbildung 5).
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 37
55
3935
26
13
0
10
20
30
40
50
60
SchulinterneWeiterbildung
SchriftlicheInformation
Gespräch mitKollegen
Gespräch mitFachperson
SchulexterneWeiterbildung
An
za
hl
Ne
nn
un
ge
n
Abbildung 5: Vermittlung von Wissen (n=67, Mehrfachnennungen möglich)
Neben den im Fragebogen vorgegebenen Möglichkeiten der Wissensvermittlung berichten die
befragten Lehrpersonen, dass sie sich durch Fachliteratur (drei Nennungen), Ausbildung an
der Pädagogischen Hochschule Zürich (zwei Nennungen) und die Mitarbeit in der
Leitfadenarbeitsgruppe mehr Wissen aneignen konnten.
Zwischen den vier Schulen gibt es keine wesentlichen Unterschiede, was die Art und Weise
der Aneignung von Wissen betrifft. In allen Schulen war die Wissenserweiterung durch
schulinterne Weiterbildung am häufigsten und der Wissenszuwachs durch Gespräche mit
Fachpersonen und schulexterne Weiterbildungen am seltensten.
Neben der Frage nach Wissenszuwachs wurde den Lehrpersonen auch die Frage nach der
Steigerung ihrer Handlungssicherheit gestellt. 78% der Lehrpersonen berichten über mehr
Handlungssicherheit im Umgang mit schwierigen Situationen oder gefährdeten Jugendlichen.
Dabei haben 19% deutlich mehr und 59% ein wenig mehr Handlungssicherheit. Im Vergleich
der vier Schulen zeigt sich, dass in den Schulen A und C vergleichsweise wenige Personen
über mehr Handlungssicherheit berichten, wobei die Entwicklung der Lehrpersonen in der
Schule C sehr unterschiedlich ist. Jeweils ein Drittel berichtet, nicht mehr, ein wenig mehr
oder deutlich mehr Handlungssicherheit zu haben. Die Frage stellt sich, ob und warum nicht
alle Lehrpersonen in gleichem Mass vom FF-Projekt profitieren konnten. In den Schulen B
und D berichtet jeweils ein grosser Teil der Lehrpersonen von einer kleinen Steigerung ihrer
Handlungssicherheit durch das FF-Projekt (vgl. Tabelle 12).
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 38
Tabelle 12: Steigerung der Handlungssicherheit in den vier Beispielschulen (n=81)
Nein, nicht unbedingt Ja, ein wenig Ja, deutlich
n % n % n %
Schule A 6 32 11 58 2 10
Schule B 5 18 21 75 2 7
Schule C 6 29 7 33 8 38
Schule D 1 8 9 69 3 23
Gesamt 18 22 48 59 15 19
Die 63 Lehrpersonen, die über mehr Handlungssicherheit berichten, wurden gefragt, was
wesentlich zur Erhöhung beigetragen hat. Aus den Antworten sind vier Bereiche erkennbar,
die bei der Mehrheit zur Steigerung der Handlungssicherheit beitrugen: Der Austausch mit
Kolleginnen und Kollegen (39 Nennungen), der Leitfaden (35 Nennungen) sowie mehr
Wissen über Symptome (35 Nennungen) und Fachstellen (33 Nennungen). Aber auch die
gemeinsame pädagogische Haltung und die verbesserte Kommunikation sind für einige
Lehrpersonen wichtige Elemente für ihre Handlungssicherheit (vgl. Abbildung 6).
39
35 3533
2220
0
10
20
30
40
50
Austausch zumThema
Leitfaden Wissen umSymptome
Wissen umFachstellen
Gemeinsamepädagogische
Haltung
VerbesserteKommunikation
An
za
hl N
en
nu
ng
en
Abbildung 6: Vermittlung von Handlungssicherheit (n=63, Mehrfachnennungen möglich)
In allen vier Schulen trug der Leitfaden wesentlich zu mehr Handlungssicherheit bei. In den
Schulen A und D ist nach Angaben der Lehrpersonen das Wissen um Symptome und
Fachstellen der zweithäufigste Faktor, der Handlungssicherheit vermittelt. In den Schulen B
und C steht hingegen der Austausch im Team über das Thema als wesentlicher
sicherheitsfördernder Faktor im Vordergrund.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 39
6.1.6 Gesamtbeurteilung der Früherkennung und Frühintervention
In einer offenen Frage nennen die Lehrpersonen die zwei aus ihrer Sicht wichtigsten
Veränderungen seit der Einführung der FF. Folgende Bereiche werden von mehreren
Lehrpersonen genannt (in absteigender Häufigkeit):
• Definierte Vorgehensweise, Instrumentarium: Der Leitfaden als solcher wird von rund
einem Drittel der Lehrpersonen als eine wichtige Veränderung genannt. Der Leitfaden
führt nach Aussagen der Lehrpersonen zu einem definierten, klar geregelten Ablauf, der
den Lehrpersonen schriftlich vorliegt. Von einer Lehrperson wird in Ergänzung zur
positiven Veränderung durch den Leitfaden jedoch auch eine negative Veränderung im
Sinne von „mehr Formalismen“ erwähnt.
• Austausch und Unterstützung im Kollegium: Von rund einem Viertel der Lehrpersonen
wird der verbesserte Austausch im Kollegium und mit der Schulleitung sowie der
Schulsozialarbeit erwähnt. Der Austausch im Kollegium hat nach eigenen Aussagen
zugenommen und die Zusammenarbeit hat sich verbessert. Dadurch wird das Kollegium
vermehrt als Unterstützung wahrgenommen: „Das Gefühl, bei Bedarf vom Team
unterstützt zu werden.“
• Sensibilisierung: Einige Lehrpersonen erwähnen, dass nun ein grösseres Bewusstsein für
Probleme und die FF besteht. Die Lehrpersonen sind nach eigenen Aussagen
„sensibilisiert worden für die Symptome“, dadurch wurden sie aufmerksamer und
„Probleme werden eher wahrgenommen“.
• Sicherheit: Von einigen Lehrpersonen wird die höhere Sicherheit im Umgang mit
erkannten Problemen und in der Vorgehensweise (Handlungssicherheit) als wichtigste
Veränderung genannt. Eine Lehrperson beurteilt die Veränderung jedoch als vermeintliche
Sicherheit: „Alibiübung, Früherkennung lässt ruhiger schlafen.“
• Thema zur Sprache bringen: Von mehreren Lehrpersonen wird das Thematisieren der
FF allgemein, aber auch der Probleme und Auffälligkeiten von Schüler/innen als
Veränderung wahrgenommen. Die Probleme werden „ernst genommen“.
• Vereinbarungen mit Schüler/innen und Eltern: Mehrere Lehrpersonen sehen eine
konkrete Verbesserung im Umgang mit schwierigen Schüler/innen. Im definierten Ablauf
ist eine gemeinsame Analyse von Lehrpersonen und Schüler/innen vorgesehen, die in
schriftliche Vereinbarungen mit den Schüler/innen (und evtl. Eltern) münden.
• Wissen: Einzelne Lehrpersonen berichten über mehr Wissen über Symptome und
Fachstellen und sehen dies als wichtige Veränderung durch das FF-Projekt.
• Gemeinsame Haltung: Die gemeinsame pädagogische Haltung wird von einzelnen
Lehrpersonen als wichtige Veränderung erwähnt.
Jeweils drei bzw. zwei Mal werden folgende Punkte als wichtigste Veränderungen erwähnt:
Einheitlichkeit; Klärung der Verantwortlichkeiten und Kompetenzen; eine gewisse
Verbindlichkeit; Kontakt mit Fachpersonen; positive Auswirkungen der Veranstaltungen auf
die Schüler/innen und die allgemeine Grundstimmung auf dem Pausenplatz.
Im Anschluss an die Frage nach den bisherigen Veränderungen wurde die Frage nach
zukünftigen, erhofften Veränderungen gestellt. Die Lehrpersonen erhoffen sich, durch
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 40
vermehrte Aufmerksamkeit und Sensibilisierung Probleme früher erkennen und bearbeiten zu
können. Des Weiteren sollen das FF-Konzept und der Leitfaden noch besser im Schulalltag
verankert werden und die gemeinsame pädagogische Haltung noch weiterentwickelt werden.
Dadurch kann eine „Kultur des Hinschauens und Aussprechens“ entstehen. Als weitere
Veränderungen, die in Zukunft noch mit der FF erreicht werden können, werden von
mehreren Lehrpersonen eine verbesserte Kommunikation und Zusammenarbeit im Team, die
Vernetzung mit externen Fachstellen und die intensive Unterstützung der Schüler/innen in
schwierigen Situationen genannt.
Notwendige Anpassungen im bisherigen Konzept können nur wenige Lehrpersonen nennen.
Einige Anmerkungen lassen darauf schliessen, dass es aus der Sicht vieler Lehrpersonen noch
zu früh ist, um Anpassungen vorzunehmen. Als einer der wenigen Vorschläge wird der
stärkere Einbezug der Eltern genannt. Auch die Ausweitung der Früherkennung auf
Belastungen bei den Lehrpersonen wird in mehreren Antworten angesprochen.
6.1.7 Zusammenfassung und Fazit
Der hohe Bekanntheitsgrad der FF-Konzepte in den vier Schulen zeigt, dass das Thema von
den Lehrpersonen zur Kenntnis genommen und bearbeitet wurde. Die Erarbeitung des
Konzepts fand teilweise partizipativ statt, 90% der Lehrpersonen konnten sich nach ihrer
Ansicht zumindest zum Teil am Entwicklungsprozess beteiligen. Der partizipative Ansatz,
d.h. der Einbezug des Kollegiums in die Konzeptentwicklung, wird von den Projektträgern
(BAG, SNGS und HSA Luzern) gefordert und ist im Allgemeinen ein Erfolgsfaktor für
Präventionsprojekte. Unter diesen Voraussetzungen ist der Einbezug der Lehrpersonen positiv
zu bewerten, könnte aber noch verstärkt werden.
Im Rahmen des Projekts konnten drei Viertel der Lehrpersonen mehr Sicherheit im Umgang
mit schwierigen Situationen oder gefährdeten Jugendlichen erlangen. Dies zeigt, dass das FF-
Projekt in diesem Punkt positive Veränderungen bei den Lehrpersonen bewirkt hat. Die drei
wesentlichen Komponenten, die zu höherer Handlungssicherheit führten, sind der Austausch
im Kollegium zur FF, der Leitfaden und das erweiterte Wissen über Symptome und
Fachstellen.
Der vermehrte Austausch im Kollegium wird von einigen Lehrpersonen als eine der
wichtigsten Veränderungen durch das Projekt eingeschätzt und führt zu einem verstärkten
Teamgefühl und zu mehr Sicherheit des/der Einzelnen. Demnach hat allein der Austausch
über das Thema, der durch das Projekt angeregt wurde, positive Wirkung gezeigt und kann als
wichtiger und förderungswürdiger Bestandteil des Projekts bezeichnet werden.
Der Leitfaden als Instrumentarium der FF wird als zentrales Ergebnis des FF-Projekts
bewertet. Bei den Lehrpersonen besteht mehrheitlich Bedarf an einem solchen
Instrumentarium, wobei der allgemeine Bedarf für die Schule grösser eingeschätzt wird als
der persönliche Bedarf. Dies ist nicht untypisch. Es ist zu vermuten, dass von den
Lehrpersonen eher ein allgemeiner Bedarf an definierten Abläufen wahrgenommen wird, die
vor allem für neue oder unsichere Lehrpersonen als Leitlinien dienen sollen, jedoch für
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 41
erfahrene Lehrpersonen aus ihrer Sicht nicht unbedingt notwendig sind. Die Beurteilung der
Leitfäden fällt mehrheitlich positiv aus. Alle Leitfäden sind aus der Sicht der Lehrpersonen
übersichtlich und nachvollziehbar. Optimierbar sind die Anpassung an die Schule und die
eigenen Bedürfnisse sowie die Praxistauglichkeit der Leitfäden. Der Gestaltungsspielraum im
Leitfaden bezüglich der Umsetzung von Massnahmen und des Einbezugs von weiteren
Personen wird als mittel bis hoch bewertet. Die Rolle der Lehrpersonen ist aus ihrer Sicht im
Leitfaden geregelt und die Lehrpersonen nehmen sie als zentral und angemessen wahr. Nur
wenige Lehrpersonen merken an, dass der Einsatz der Leitfäden eine zeitliche Überforderung
darstellt. Die insgesamt positive Beurteilung des Leitfadens spiegelt sich auch in der
bisherigen Anwendung wider. Ein Drittel der befragten Lehrpersonen hat den Leitfaden
bereits eingesetzt, wobei sich die Angaben in den vier Schulen aufgrund des
Einführungszeitpunkts des Leitfadens deutlich unterscheiden.
Der Wissenszuwachs wird als dritte Komponente für eine gesteigerte Handlungssicherheit
genannt. 81% der Lehrpersonen geben an, dass sie ihr Wissen über Symptome erweitern
konnten, hauptsächlich in schulinternen Weiterbildungen, durch schriftliche Informationen
und wiederum im Austausch mit Kolleg/innen. Neben dem Wissen um Symptome wird auch
das Wissen um Fachstellen als sicherheitsfördernd eingeschätzt. Die Lehrpersonen berichten
nicht nur von mehr Wissen, sondern auch von einer verstärkten Sensibilisierung für
Symptome und die Früherkennung als positive Veränderung durch das Projekt.
Die gemeinsame pädagogische Haltung wird von den Lehrpersonen insgesamt nicht als
zentrale Komponente für die Handlungssicherheit betrachtet. Es stellt sich also die Frage,
welchen Stellenwert die Haltungsentwicklung im FF-Projekt einnimmt. Die Entwicklung
einer gemeinsamen pädagogischen Haltung im Umgang mit Gefährdungen bei Schüler/innen
ist in den Schulen ein Thema, scheint jedoch noch nicht abgeschlossen zu sein. In keiner
Schule sind die Lehrpersonen einer Meinung, was den Stand der Entwicklung einer
gemeinsamen pädagogischen Haltung betrifft, wobei die Hälfte der Lehrpersonen der Ansicht
ist, dass im Projekt eine solche Haltung entwickelt wurde.
Insgesamt zeigen die Antworten der Lehrpersonen, dass mit dem FF-Projekt positive
Veränderungen erreicht werden konnten und der Leitfaden als Instrument akzeptiert wird.
Zwischen den Schulen bestehen jedoch Unterschiede, sowohl im Prozess wie auch in den
Ergebnissen, die detaillierter und im Zusammenhang betrachtet werden müssen (vgl.
Kap.6.3).
6.2 Die Perspektive der Steuergruppenmitglieder
In allen vier Beispielschulen fanden Interviews mit vier bis sechs Mitgliedern der
Steuergruppe statt. Interviewpartner in allen vier Schulen waren die Schulleitung bzw. der
Prorektor, die Beratungsperson für das FF-Projekt, die Schulsozialarbeit bzw.
Schülerberatung und mindestens eine Lehrperson. In der Schule D waren auch der Schulrat
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 42
und die Elternvereinigung in der Steuergruppe vertreten und wurden daher ebenfalls
interviewt. Insgesamt wurden zwanzig Interviews durchgeführt.
6.2.1 Ausgangslage
Die Teilnahme am FF-Projekt wurde in den Schulen A, C und D durch die Initiative der
Schulleitung und Schulsozialarbeit ausgelöst. In der Schule B, an die auch ein Internat
angeschlossen ist, wirkte zudem einer der beiden Internatsleiter (zugleich Lehrperson) darauf
hin, dass es zur Teilnahme am FF-Projekt kam. Die Schule A, die als einzige einen offiziellen
Auftrag der Gemeinde zur Gesundheitsförderung und eine hierfür beauftragte Person hat, liess
sich die Teilnahme am Projekt nach der im Kollegium getroffenen Entscheidung noch durch
einen offiziellen Auftrag der Schulbehörde bestätigen. Die offizielle Bestätigung war jedoch
unabhängig von der zugrunde liegenden Entscheidung der Schulleitung und hatte vielmehr
informativen Charakter.
Eine Einflussnahme des privaten Schulträgers auf die Entscheidung zur Teilnahme am Projekt
ist in der Schule B festzustellen. Aufgrund der privaten Trägerschaft besteht nach der Aussage
des befragten Schulleiters eine verstärkte Notwendigkeit, durch die Teilnahme an solchen
Projekten einen Qualitätsausweis zu schaffen. Allerdings bestand auch hier keine offizielle
Verpflichtung, am Projekt teilzunehmen.
In keiner der Beispielschulen führte ein konkreter Anlass zur Teilnahme am Projekt.
Hinsichtlich der Ausgangslage zu FF verweisen alle befragten Personen der vier Schulen auf
frühere Bemühungen im Bereich der Gesundheitsförderung und Prävention. Dabei wurde die
Ausgangslage von allen befragten Personen der vier Schulen als weitgehend unstrukturiert mit
lediglich vereinzelten Massnahmen beschrieben. Diese waren zudem überwiegend zu Themen
der Gesundheitsförderung und Prävention durchgeführt worden, nicht jedoch zu spezifischen
Themen der FF. Die Beratungsperson der Schule B beispielsweise beschreibt das bisherige
Vorgehen der Lehrpersonen wie folgt: „(…) dass sie bisher über keine Strukturen zur
Früherkennung verfügt haben. Sie machten es zwar auch, aber jeder machte es ein bisschen
zufällig oder zufällig frühzeitig angefangen mit dem Thema in der Begleitung von
Schülerinnen und Schülern. Also, ein Thema war es, aber es wurde zufällig wahrgenommen,
oder eben auch nicht, oder später, oder zu spät, ab und zu.“
6.2.2 Projektleitung und Projektsteuergruppe
In allen Beispielschulen liegt die Projektleitung bei den Schulleitungen bzw. beim Prorektor.
Die Schule D hat mit ihrer Beratungsperson eine Co-Leitung installiert. Die Projektleitungen
beschreiben sich als „Motor“ und „Hüter“ des Projekts. Sie setzen den Zeitplan für das
Projekt fest und bringen Vorschläge für die Themenschwerpunkte ein. Zu ihren
organisatorischen Aufgaben zählt die Einberufung und Leitung von Sitzungen der
Steuergruppen. Auch wird durch die Projektleitung der Kontakt zur Beratungsperson
aufrechterhalten. Eine Schulleitung weist auf die Wichtigkeit der Projektleitung durch die
Schulleitung hin: „Wir haben auch Angst gehabt, dass wenn die Schulleitung nicht an
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 43
vorderster Front mit dabei ist, dass es dann ein wenig schwieriger werden könnte. (…) Dass
nicht mit der gleichen Seriosität - sage ich jetzt mal - das Projekt aufgegleist wird.“
Die Zusammenarbeit in den Projektsteuergruppen, die sich aus Projektleitung,
Lehrpersonen/Internatsbetreuung, Schulsozialarbeit/Schülerberatung und in der Schule D
auch aus Vertretungen des Schulrats und der Elternvereinigung zusammensetzen, ist in allen
Schulen intensiv. In allen vier Schulen wurden in einer kleinen Kerngruppe Vorarbeiten, z.B.
die Feinplanung, die Schwerpunktsetzung und der Entwurf des Interventionsleitfadens,
geleistet. Diese Kerngruppen setzen sich in den Schulen A, B und D aus der Projektleitung
und der Beratungsperson, in der Schule C aus der Projektleitung, der Schulsozialarbeitenden
und der Beratungsperson zusammen. In den Steuergruppen werden die Vorschläge aus der
Kerngruppe besprochen, um dann eine gemeinsame Entscheidung zu treffen. Das heisst, es
kann in allen Schulen von einem ansatzweise partizipativen Vorgehen gesprochen werden.
Die Lehrpersonen in den Steuergruppen haben neben der inhaltlichen Entwicklung der
Leitfäden und der Durchführung von Veranstaltungen v.a. die Aufgabe, den Informationsfluss
zwischen dem Kollegium und der Steuergruppe aufrechtzuerhalten; sie sollen darüber hinaus
auch „Lobby-Arbeit machen, dass die Lehrpersonen verstehen, was überhaupt ein solches
Konzept im Haus drinnen soll für eine Wirkung haben“ (Lehrperson Schule B). In der Schule
D beteiligen sich Vertretungen der Elternvereinigung und des Schulrats als Mitglieder der
Steuergruppe an der Projektgestaltung. Die Aufgabe dieser Personen besteht hauptsächlich
darin, den Informationsfluss zur Elternvereinigung bzw. zum Schulrat zu sichern. Die
Teilnahme der Vertretung des Schulrats wird als ideelle Unterstützung wahrgenommen, die
dem Projekt nach aussen, z.B. bei Veranstaltungen für Eltern, mehr Gewicht gibt. Die
Vertretungen der Elternvereinigung beteiligen sich hauptsächlich an der Organisation von
Veranstaltungen und der Ausarbeitung von Informationen für die Eltern. Die
Zusammensetzung der Projektsteuergruppen und der Kerngruppen wird durchweg in allen
Schulen als sinnvoll beurteilt. Durch die Beteiligung von Lehrpersonen in der Steuergruppe
können aus der Sicht einer Schulleitung zu erwartende Konflikte bereits vordiskutiert und für
die Diskussion im Gesamtkollegium vorbereitet werden: „Dass dort einfach gewisse
Widerstände bereits in der Steuergruppe kommen, (…) und nicht erst am Konvent“
(Schulleitung Schule C). Einzig der Aufwand für die Mitarbeit im Verhältnis zu den zur
Verfügung stehenden zeitlichen Ressourcen wird als negativer Punkt angeführt.
6.2.3 Ressourcen für das Projekt
Die Steuergruppenmitglieder aller vier Schulen sind sich einig darin, dass das Projekt mehr
finanzielle Ressourcen benötigt als vonseiten des BAG zur Verfügung steht. Insbesondere die
Motivation leidet unter den zu geringen Ressourcen: „Ja, wenn dann alles so ein wenig
daneben her läuft und dann auch noch nicht mal bezahlt ist, dann wird es schwierig, die Leute
bei der Stange zu halten und zu motivieren“ (Beratungsperson Schule D). Drei Schulen
konnten zusätzliche eigene Mittel in das Projekt investieren. Zum einen aus Mitteln für die
Gesundheitsförderung und Lehrpersonenweiterbildung, zum anderen aus zusätzlichen
Budgetbeträgen. Eine Schule jedoch musste in den ersten zwei Projektjahren fast gänzlich
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 44
ohne zusätzliche Mittel auskommen, da sie erst im Herbst 2005 in das Projekt eingestiegen
ist, als das Budget für das kommende Jahr bereits entschieden war. Zu Beginn bestand in
dieser Schule die Erwartung, dass das Projekt ohne zusätzliche Ressourcen durchgeführt
werden könnte. Diese Erwartung hat sich nach eigenen Aussagen nicht bestätigt. Die
finanzielle Situation wurde von den Steuergruppenmitgliedern als sehr schwierig
wahrgenommen.
Insgesamt werden die Gelder hauptsächlich für Weiterbildungsveranstaltungen für
Lehrpersonen, für die Beratungsperson und für die Entwicklung von Produkten (Leitfaden,
Informationen für Eltern) ausgegeben.
In Zusammenhang mit den finanziellen Ressourcen werden auch die zeitlichen Ressourcen
der Steuergruppenmitglieder und des Projekts thematisiert. Die Schulleitungen als
Projektleitende haben in drei der vier Beispielschulen keine zusätzlichen Ressourcen zur
Verfügung (in einer Schule ist dieser Punkt aus den Interviews nicht ersichtlich). Das Projekt
wird von den Schulleitungen als „intensiv“ und zeitaufwendig empfunden. Andere Aufgaben
der Schulleitungen wurden in der Projektzeit nicht reduziert: „Aber es war manchmal schon
schwierig, weil ich habe ein sehr breites Aufgabenspektrum und das ist einfach noch etwas,
das ich zusätzlich mache“ (Prorektor Schule B). Dieser zeitliche Aufwand wurde auch nicht
von allen in dem Masse erwartet: „Ich finde, von den Rahmenbedingungen her, wäre es gut
gewesen, wenn man gewusst hätte: Hört zu, wir schätzen, dass das Projekt 10% mehr
Aufwand gibt für Schulsozialarbeit und für die Schulleitung, damit man das Projekt so
budgetieren kann“ (Schulleitung Schule D). Bei der Beurteilung der Belastung für die
Lehrpersonen gehen die Einschätzungen auseinander: In zwei Schulen ist im Pensum für die
Lehrpersonen die Mitarbeit in einem Projekt oder einer Qualitätssicherungsmassnahme
vorgesehen. In diesen Schulen können die Lehrpersonen die Mitarbeit in der Steuergruppe
entsprechend verrechnen. In den beiden anderen Schulen muss die Projektarbeit zusätzlich
geleistet werden: „Für uns ist es einfach noch zusätzlich gewesen. (…) Wenn man sieht, was
sonst im Schuljahr alles läuft, und dann kommt dann eben das noch dazu, dann wird es etwas
schwierig“ (Lehrperson Schule D). Aus der Sicht einer Schulleitung ist es in dieser Situation
notwendig, den Arbeitsaufwand für die Lehrpersonen gering zu halten. Auch die
Schulsozialarbeitenden beteiligen sich im Rahmen ihrer Anstellung am Projekt. Die beiden
Schulsozialarbeitenden, die nicht als Beratungsperson tätig sind, haben aus ihrer Sicht
genügend zeitliche Ressourcen, um am Projekt mitzuarbeiten. Da Projektarbeit ohnehin zu
ihrem Auftrag gehört, konnten sie dafür Ressourcen einsetzen.
Im Hinblick auf die Beurteilung der zeitlichen Ressourcen für das Projekt wird die
Möglichkeit, ein Jahr zu verlängern, von allen Schulen positiv bewertet. Dieses zusätzliche
Jahr wird aus Sicht der Akteure für die Umsetzung des erarbeiteten Konzepts und die
Erprobung und Überarbeitung der Interventionsleitfäden benötigt. Die Laufzeit von drei
Jahren wird als ausreichend für die Verankerung von FF bewertet, jedoch nicht für die
Vernetzung mit externen Fachstellen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 45
6.2.4 Rolle der Beratungsperson
Die Zusammenarbeit mit der Beratungsperson wird von den befragten
Steuergruppenmitgliedern in allen Schulen positiv beurteilt. Die Arbeit und die fachlichen
Kompetenzen der Beratungspersonen werden sehr geschätzt und als hilfreich wahrgenommen.
Die Schulleitung der Schule A beschreibt die Tandembildung von Schule und
Beratungsperson als wesentliches Element des Projekts: „Also, was ich sehr gut finde, ist
natürlich, eine externe Person, eine Fachperson dabeizuhaben. Das finde ich eigentlich das
Wichtigste“.
Die Aufgabe der Beratungspersonen ist zum einen das Beobachten, Beraten und Reflektieren
des Prozesses aus der Aussenperspektive, zum anderen übernehmen sie auch konkrete
Aufgaben innerhalb des Projekts, wie z.B. die Mitentwicklung der Leitfäden und die
Mitgestaltung der schulinternen Weiterbildungen. Im Vergleich der vier Schulen zeigt sich,
dass die Beratungspersonen grösstenteils ähnliche Aufgaben ausführen. In der Schule D, in
der die Beratungsperson auch Co-Projektleiterin ist, übernimmt sie jedoch deutlich mehr
Aufgaben und sieht sich auch - wie die Schulleitung - als „Motor“ des Projekts.
Die Interviewten sehen sowohl in der Beratung durch schulexterne Personen wie auch in der
Beratung durch die Schulsozialarbeitenden Vor- und Nachteile (siehe Tabelle 13).
Tabelle 13: Vor- und Nachteile der externen und internen Beratung
Vorteile Nachteile
Externe Beratungsperson (Mitarbeitende von Fachstellen / selbstständig Erwerbende)
- externer Blick - Neutralität, da nicht im Beziehungs- geflecht der Schule drin - kennt auch die Situation in anderen Schulen - mehr fachspezifisches Know-how zu Suchtprävention
- Informationsfluss zw. Projektleitung und Beratungsperson bringt mehr Aufwand mit sich - Informationen aus zweiter Hand (von Schulleitung) - Konfliktgefahr zwischen externer Beratungsperson und Schulsozialarbeit
Interne Beratungsperson (Schulsozialarbeiterin)
- Präsenz im Schulhaus, dadurch Kontaktaufnahme mit kleinem Aufwand möglich - Wissen über schulinterne Strukturen - Wissen über aktuelle Themen der Schüler/innen und Lehrpersonen
- Weniger Anerkennung als Fachperson für FF bei den Lehrpersonen - Gefahr durch Doppelrolle zu viele Aufgaben zu übernehmen
Für die Befragten überwiegen die Vorteile durch eine externe Beratung deutlich. Auch in der
Schule D sind die Interviewten der Meinung, dass, obwohl die Schule von der eigenen
Schulsozialarbeiterin nach eigenen Aussagen sehr gut begleitet wird, der externe Blick doch
ein zusätzlicher Gewinn gewesen wäre. Externe Beratungspersonen können den
Projektprozess mit grösserer Distanz begleiten und sehen so die positiven Entwicklungen,
aber auch Schwierigkeiten, welche die schulinternen Personen (noch) nicht wahrnehmen.
In der Schule C wird die externe Beratungsperson durch die Schulsozialarbeiterin als interne
Fachperson in der Beratungsrolle ergänzt. Dadurch entwickelte sich in diesem Schulhaus eine
doppelte Beratung mit der Fachperson als „externe Beratung“ und der Schulsozialarbeiterin
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 46
als „interne Beratung“. Aus der Sicht der Beratungsperson sind so Synergien entstanden, die
zwei unterschiedliche Blickwinkel, den schulinternen und den externen abdecken.
6.2.5 Ressourcen der Beratungsperson
Als entscheidende Ressource und Kompetenz der Beratungsperson wird von den befragten
Personen die Fähigkeit zur Prozessgestaltung genannt. Hier leisteten die Beratungspersonen
in allen vier Schulhäusern einen wichtigen administrativen Support für die Entwicklung der
Interventionsleitfäden und anderer Konzepte im Zusammenhang mit FF, wie z.B.
Intervisionsgruppen oder Lehrpersonenfortbildungen.
Die Beratungspersonen der Schulen A und B konnten zudem auf Vorerfahrungen im Bereich
der Entwicklung von Interventionsleitfäden in anderen Schulen zurückgreifen, die sie den
jeweiligen Mitgliedern der Steuergruppe sowohl in Form von Information als auch in Form
von konkreten Textvorlagen zur Verfügung stellten. Die Mitglieder der beiden Steuergruppen
empfinden diese Vorerfahrung der Beratungsperson als positiv.
Die Schulleitung der Schule B stellte für die Beratungsperson über die finanziellen Mittel des
BAG hinaus weitere Gelder zur Verfügung. Durch diese zusätzlichen Mittel, die deutlich über
den vom BAG bereitgestellten lagen, konnten der Beratungsperson umfassende
Zeitressourcen bereitgestellt werden. Nach der Einschätzung der Schulleitung und der
Beratungsperson der Schule B wäre ohne diese Aufstockung der finanziellen Ressourcen die
Beratung der Steuergruppe nicht in der geleisteten Form möglich gewesen.
6.2.6 Rolle der schulinternen Hilfeangebote
In einer Beispielschule sind die Schülerberatung, in den anderen drei Beispielschulen die
Schulsozialarbeit als interne Hilfsangebote präsent und in den Steuergruppen vertreten. Die
beiden Lehrpersonen, die gleichzeitig Schülerberatung anbieten, haben in der Steuergruppe
die gleichen Aufgaben wie die anderen Lehrpersonen. Das heisst, sie arbeiten u.a. an der
Leitfadenentwicklung mit und erhalten den Informationsfluss zwischen dem Kollegium und
der Steuergruppe aufrecht. Ähnlich verhält es sich nach eigenen Angaben mit der
Schulsozialarbeiterin der Schule A. Die Schulsozialarbeiterinnen der anderen beiden Schulen
haben im Gegensatz dazu einen deutlich grösseren Aufgabenbereich innerhalb des Projekts,
der sich auch von den Aufgaben der Lehrpersonen in der Steuergruppe unterscheidet. Nach
eigenen Angaben haben sie eine beratende Funktion - in der Schule C als Ergänzung zur
externen Beratungsperson, in der Schule D als offizielle Beratungsperson. In diesen beiden
Schulen wird die Notwendigkeit des Einbezugs der Schulsozialarbeit in das FF-Projekt
betont: „Die haben eine Rolle, eine Funktion, auch im ganzen Prozess der Früherkennung,
eine wichtige. Und angenommen, die Schulsozialarbeiterin wäre nicht da drin integriert
gewesen, das geht gar nicht, weil ich finde, es ist zwingend“ (Beratungsperson Schule C).
Die Rolle der schulinternen Hilfsangebote in der FF wird von den Interviewten wie folgt
beschrieben: Die Schülerberatung, welche zur Zeit des FF-Projekts noch von Lehrpersonen
durchgeführt wird, wird vor allem für Interventionen bei Lernschwierigkeiten, aber auch bei
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 47
persönlichen Problemen der Schüler/innen eingesetzt. Bei schwerwiegenderen Problemen
verweist die Schülerberatung nach eigenen Aussagen an externe Fachstellen wie z.B. den
Schulpsychologischen Dienst. Die Schulsozialarbeit übernimmt einen wesentlichen Teil der
Frühintervention. In der Schule D übernimmt die Schulsozialarbeiterin auch aktiv einen Teil
der Früherkennung, indem sie mit den Schüler/innen der ersten Klassen ein paar Wochen
nach Schulbeginn „Feedbackgespräche“ zu ihrem momentanen Befinden führt. Diese
Gespräche haben sich aus der Sicht der Schulsozialarbeiterin bewährt und werden weiterhin
beibehalten. Als weitere Aufgaben geben alle befragten Schulsozialarbeitenden die Beratung,
Krisen- und Konfliktintervention sowie die Vernetzung mit externen Fachstellen an. Durch
das FF-Projekt hat sich nach eigenen Aussagen nichts im Aufgabenbereich der
Schülerberatung und Schulsozialarbeit oder in der Zusammenarbeit mit den Lehrpersonen
verändert. Die erwähnten Aufgaben in der FF führten diese schon vor dem Projekt aus. Neu
ist, dass das Vorgehen durch die Leitfäden nun schriftlich festgehalten wird, was zu einer
Klärung im Ablauf geführt hat: „Es ist viel mehr Transparenz da, wo steht man mit einzelnen
Schülern“ (Schulsozialarbeiterin Schule C). Die Schnittstellen zwischen Schulleitung,
Lehrperson und Schülerberatung/Schulsozialarbeit sind nun klarer definiert, was als
deutlicher Gewinn bewertet wird.
6.2.7 Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung
Aus den Interviews wird deutlich, dass in den vier Beispielschulen die Entwicklung einer
gemeinsamen pädagogischen Haltung als ein Teil der FF unterschiedlich gehandhabt wurde:
• In den Schulen B und C hat eine Auseinandersetzung im Kollegium mit der pädagogischen
Haltung stattgefunden. In der Schule C konnte nach eigenen Aussagen eine gemeinsame
Haltung entwickelt werden, in der Schule B noch nicht.
• In der Schule D kam das Thema in einer schulinternen Weiterbildung zur Sprache, eine
feststellbare Veränderung fand jedoch noch nicht statt. Von mehreren Mitgliedern der
Steuergruppe wird angedeutet, dass die Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen
Haltung in Zukunft intensiver angegangen werden sollte.
• In der Schule A wurde die gemeinsame Haltung nicht thematisiert, eine Bearbeitung des
Themas im Kollegium wird von den interviewten Steuergruppenmitgliedern nicht erwähnt.
In den Schulen B und C, in denen die gemeinsame pädagogische Haltung ein Hauptthema
war, fand in den Kollegien eine Auseinandersetzung statt, jedoch mit unterschiedlichem
Ergebnis. In der Schule B wird von den Steuergruppenmitgliedern tendenziell keine
Änderung der Haltung bzw. keine Entwicklung einer gemeinsamen Haltung festgestellt. In
der Schule C stellte die Entwicklung der Haltung nach Aussagen der Akteure eine der
wesentlichen Veränderung durch das FF-Projekt dar: „Wo sehr grosse Unterschiede waren,
ist beim Umgang mit den schwierigen Schülern. (…) Da sind wir jetzt mit dem Projekt
wesentlich näher zusammengekommen und haben eine gemeinsame Linie gefunden“
(Schulleitung Schule C). Die Veränderung wird als „weg vom Einzelblick auf das Gesamte“
(Beratungsperson Schule C) beschrieben, die zu einem gemeinsamen Verantwortungsgefühl
gegenüber den Schüler/innen führte. Als konkretes Beispiel wird die Einigung über den
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 48
Umgang mit Regelverstössen von Schüler/innen genannt. Dennoch ist auch in der Schule C
die Entwicklung der gemeinsamen pädagogischen Haltung nach Aussage der Schulleitung
noch nicht abgeschlossen.
Aufgrund der ersichtlichen Differenz hinsichtlich des Erfolgs, eine gemeinsame pädagogische
Haltung im Umgang mit gefährdeten Schüler/innen zu entwickeln, stellt sich die Frage,
welche Einflussfaktoren zur erfolgreichen Entwicklung beitragen bzw. welche Faktoren
hinderlich sind. Aus den Gesprächen mit den Steuergruppenmitgliedern der Schulen B und C
werden zwei Gründe für die unterschiedliche Entwicklung erkennbar: die Intensität der
Auseinandersetzung mit diesem Thema und das Rollenverständnis der Lehrpersonen.
In der Schule C wurde vonseiten der Schulleitung eine intensive Auseinandersetzung mit der
pädagogischen Haltung initiiert und auch forciert: „Wir haben ja beim Umgang mit
gemeinsamen Regeln sehr viel Zeit investiert, bis es den Lehrern zum Teil wirklich zum Hals
herausgehangen ist“ (Schulleitung Schule C). In mehreren Veranstaltungen wurde ein
konkretes Beispiel aus dem Schulalltag bearbeitet und diskutiert und so eine gemeinsame
Haltung entwickelt. Diese Intensität der Auseinandersetzung mit der Haltung wird in keiner
der drei anderen Schulen ersichtlich.
Wie bereits erwähnt, scheint das Rollenverständnis der Lehrpersonen ein weiterer
Einflussfaktor auf die Entwicklung einer gemeinsamen Haltung im Umgang mit gefährdeten
Schüler/innen zu sein. In der Schule B musste nach Aussagen mehrerer
Steuergruppenmitglieder zuerst eine grundlegende Diskussion darüber geführt werden, ob FF
überhaupt zum Auftrag der Lehrpersonen gehört. Es bestehen konträre Meinungen darüber,
ob Lehrpersonen einen reinen Bildungsauftrag im Sinne von Wissensvermittlung haben oder
auch einen Erziehungsauftrag erfüllen sollen. Aus der Sicht des Prorektors der Schule B ist es
jedoch Voraussetzung für eine erfolgreiche FF, dass die Lehrpersonen auch einen
Erziehungsauftrag wahrnehmen: „Und einige haben das Gefühl auch, das geht mich
eigentlich nichts an, mein Job ist, Unterricht zu machen (…). Und das ist eben nicht das, was
wir uns vorstellen, und das kann es nicht sein, sondern es müssen wirklich alle mitwirken und
da den pädagogischen Auftrag, der sich dahinter verbirgt auch, oder mit dem das verbunden
ist, den wahrnehmen.“ In dieser grundlegenden Diskussion über den pädagogischen Auftrag
der Lehrpersonen stellen die Beratungsperson und der Prorektor der Schule B tendenzielle
Unterschiede zwischen Lehrpersonen der Sekundarstufe I und der Sekundarstufe II fest.
Lehrpersonen der jüngeren Schüler/innen (Sekundarstufe I) sind offener gegenüber
pädagogischen, erzieherischen Anliegen als die Lehrpersonen der älteren Schüler/innen. Der
Prorektor der Schule B führt als eine mögliche Erklärung an, dass sich die Lehrpersonen bei
den jüngeren Schüler/innen „schneller in der Rolle auch des Helfenden oder des
Unterstützenden sehen (…). Und bei den Ältern sagt man eher, die müssen das selber auf die
Reihe kriegen, sind alt genug.“ Demnach zeichnet sich ein unterschiedliches
Rollenverständnis zwischen Lehrpersonen der Sekundarstufe I und II ab, die sich auch auf
dem Alter der Schüler/innen begründet. Durch dieses unterschiedliche Rollenverständnis
konnte bisher keine gemeinsame Haltung entwickelt werden.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 49
6.2.8 Entwicklung schulinterner Strukturen
Die Befragten stellen fest, dass durch das FF-Projekt zum einen eine Neugestaltung
vorhandener schulinterner Strukturen, zum anderen aber auch die Schaffung neuer Strukturen
der Zusammenarbeit an den Schulen bewirkt wurde.
So wurde das Thema FF in bereits vorhandene schulinterne Fortbildungseinheiten für
Lehrpersonen aufgenommen und vertieft behandelt (Schule D). Mit den Schüler/innen der
Schule D wurde das Thema im Rahmen von Projekttagen (Gesundheitstagen) behandelt, die
aufgrund des Projektes nicht nur zum Thema FF gestaltet, sondern nun auch vermehrt
durchgeführt werden: „Also man hat auch (…) in Zusammenhang mit dem Projekt, (…) haben
sie draussen so einen erlebnispädagogischen Tag. Das trägt natürlich auch zur Prävention
oder Früherkennung, Frühintervention bei. So Kennenlern-Tage oder solche Sachen laufen
jetzt schon mehr. Und sie haben, glaube ich, auch eine Arbeitsreihe entworfen, wo die
Schulsozialarbeiterin im ersten Quartal recht stark in den Klassen dabei ist“ (Lehrperson
Schule D).
Als durch das FF-Projekt neu geschaffene schulinterne Unterstützungsstrukturen sind die
Intervisionsgruppen der Schule B sowie die Feedback-Partnerschaften in Schule C zu nennen,
beides wurde durch die jeweilige Beratungsperson initiiert.
Alle befragten Personen der Steuergruppe der Schule B bewerteten die Intervisionsgruppen
als ausgesprochen hilfreich, problematisches Verhalten von Schüler/innen konstruktiv zu
thematisieren. Das von der Beratungsperson ausgearbeitete Konzept der Intervision regelt den
organisatorischen Rahmen, wie Lehrpersonen auftretende Probleme in ihrer
Intervisionsgruppe reflektieren. „Ein wichtiger Punkt, denke ich auch, ist die Intervision.
Also, ich denke, das ist ein gutes Instrument, einerseits, um wirklich halt da arbeiten zu
können, wirklich auch zu schauen, wie gehen wir mit diesem Interventionsmodell wirklich
einfach um (…) Die Sensibilität hoch zu halten, und gleichzeitig passiert einfach auf eine gute
Art und Weise eine Teamentwicklung. Und da merke ich einfach, da ist einfach gut und
wichtig, dass man da auch wirklich auch Leute hat, die diese Intervision dann auch leiten,
weil die Leute sind einfach noch, wenn sie das selber arrangieren müssen, (…) zum Teil
einfach überfordert“ (Lehrperson Schule B).
In der Schule C wurde durch die Einführung von Feedback-Partnerschaften eine schulinterne
Struktur des Austauschs unter den Lehrpersonen angeregt: „(…) dass man einmal geübt hat,
Feedbacks zu geben. Also sich gegenseitig zu besuchen und so Feedback-Partnerschaften.
Und auch einmal geschaut, wie man das überhaupt machen kann. Es gibt ja da auch
verschiedene Methoden“ (Beratungsperson Schule C). Die Mitglieder der Steuergruppe der
Schule C thematisieren bei ihrer Befragung die Feedback-Partnerschaften jedoch nicht oder
nur beiläufig.
6.2.9 Partizipation der Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern
Durch das Projekt wurde in den Reihen der Steuergruppenmitglieder und der
Beratungspersonen nach deren eigenen Aussagen eine positive Haltung gegenüber dem
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 50
Einbezug von Schüler/innen sowie von Eltern in den Prozess entwickelt. Die Umsetzung der
Partizipation erfolgte jedoch ausschliesslich dahingehend, Schüler/innen als Zielgruppe von
bestimmten Aktionen, anzusprechen, ohne sie im Vorfeld bei der Gestaltung der Massnahmen
einzubeziehen oder sie zu befragen, um ihre Problemlagen zu erfassen. In der Schule C
fanden bisher noch keine Veranstaltungen für die Schüler/innen statt. Schule D führte zwar
Veranstaltungen durch, sieht jedoch die bislang fehlende Partizipation der Schüler/innen im
Sinne einer Mitgestaltung als Grund, das Projekt um ein Jahr zu verlängern.
Ein konstanter Einbezug der Eltern in den Projektverlauf erfolgt in Schule D, in der zwei
Eltern festes Mitglied der Steuergruppe sind. „Nicht in dem Sinne eigentlich, dass wir eine
tragende oder leitende Funktion haben, wir sind zwar eigentlich immer an diesen Sitzungen
mit dabei gewesen, haben dort unseren Input usw. eingebracht, haben das immer wieder in
die Elternvereinigung hineingetragen, Feedback eingeholt, im Prinzip eigentlich das
Bindeglied von der Elternvereinigung her in diese Steuergruppe hinein“ (Elternvertretung
Schule D). In den Steuergruppen der drei anderen Schulen sind keine Eltern beteiligt.
6.2.10 Entwicklung, Akzeptanz und Wirkung der Leitfäden
Entwicklung der Interventionsleitfäden
Wie bereits aus der Dokumentenanalyse ersichtlich, wurden in allen vier Beispielschulen
Interventionsleitfäden entwickelt. Zuvor führten die Schulen jeweils eine Situationsanalyse
durch. In der Schule A wurde von der Beratungsperson eine sehr umfassende empirische
Situationsanalyse zur Gefährdungslage der Schüler/innen durchgeführt.
Die grundlegenden konzeptionellen Überlegungen wurden in allen Schulen in der
Steuergruppe oder einer speziellen Arbeitsgruppe, nicht aber im gesamten
Lehrpersonenkollegium angestellt. Erst im weiteren Verlauf wurde das Kollegium zur
Vernehmlassung der entwickelten Modelle einbezogen.
Bei der Entwicklung der Interventionsleitfäden wurde in den Schulen A und B auf bereits
bestehende Interventionsmodelle anderer Schulen zurückgegriffen. Die befragten Mitglieder
der Steuergruppen dieser Schulen berichten, dass die Orientierung an einem bestehenden
Modell nicht unproblematisch war. Der Aufwand, einen bestehenden Leitfaden an die
Besonderheiten der eigenen Schule anzupassen, wird als sehr hoch eingeschätzt. Dagegen
sehen die Beratungspersonen dieser Schulen die Entwicklung eines Interventionsleitfadens
anhand eines bestehenden Modells als sehr hilfreich an.
Die anderen beiden Schulen (Schule C und D) entwickelten ihren Leitfaden ohne direkte
Anlehnung an ein bestehendes Modell. Die Entwicklung eines eigenen Interventionsleitfadens
wird dahingehend als bereichernd eingeschätzt, als dies ein Prozess ist, in dem die gängige
Interventionspraxis sowie die Normen und Sanktionen im Schulhaus kritisch hinterfragt
werden müssen.
Die Eltern wurden in zwei Schulen (Schule B und D) in die Entwicklung der
Interventionsleitfäden mit einbezogen. In diesen beiden Schulen wurden die Leitfäden nach
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 51
Einschätzung der befragten Steuergruppenmitglieder ausgesprochen intensiv diskutiert und
mehrfach überarbeitet.
Akzeptanz der Interventionsleitfäden bei den Lehrpersonen
Die Akzeptanz der Interventionsleitfäden bei den Lehrpersonen wird sehr unterschiedlich
eingeschätzt. Die Einschätzungen differieren sowohl zwischen den Schulen als auch je nach
Funktion der befragten Personen. Die Schulleitungen gehen von einer höheren Akzeptanz aus
als die übrigen Mitglieder der Steuergruppe. Laut den Aussagen der befragten Personen kann
insgesamt von einer befriedigenden bis guten Akzeptanz der Interventionsleitfäden bei den
Lehrpersonen ausgegangen werden.
Bedenken hinsichtlich der Akzeptanz bei der Lehrerschaft werden dahingehend geäussert,
dass für die Lehrpersonen der Interventionsleitfaden zunächst ein weiteres Verfahren darstellt,
das eine zusätzliche Arbeitsbelastung mit sich bringt. Zudem verlangt ein
Interventionsleitfaden von den Lehrpersonen die Verbindlichkeit, diesen auch anzuwenden
(Schulsozialarbeiterin Schule D). Als im Arbeitsalltag entlastend wird der Leitfaden dann
eingeschätzt, wenn er eine klare Arbeitsteilung zwischen Lehrperson, Schulsozialarbeit und
Schulleitung mit sich bringt (Schulleitung Schule D) und zwischen Fachlehr- und
Klassenlehrperson die Zuständigkeiten bei Problemen klar geregelt werden (Lehrperson
Schule C).
Nach Einschätzung aller befragten Personen der Schule B scheinen die Lehrpersonen der
Sekundarstufe I bezüglich der Verwendung des Leitfadens aufgeschlossener zu sein als die
Lehrpersonen der Sekundarstufe II, die sich vermehrt auf Wissensvermittlung und
Maturavorbereitung konzentrieren.
Alle befragten Mitglieder der vier Projektsteuergruppen gehen davon aus, dass die Akzeptanz
der Interventionsleitfäden erhöht werden kann, indem diese bei den Lehrpersonen noch
intensiver vertreten und nach ersten Erfahrungswerten überarbeitet werden.
Folgen der Leitfadenentwicklung und Umsetzung
Zur Wirksamkeit der entwickelten Interventionsleitfäden können die Befragten von drei
Schulen noch keine konkreten Angaben machen. Sie verweisen darauf, dass die Leitfäden erst
seit Kurzem zur Anwendung kommen und in der Erprobungsphase sind. Die befragten
Personen dieser drei Schulen weisen vereinzelt darauf hin, dass sie die Interventionsleitfäden
als Strukturierungshilfe für sich als sehr wirksam erachten, jedoch in Bezug auf die anderen
Lehrpersonen derzeit noch keine Aussagen treffen können.
Der Umsetzungsprozess des Leitfadens der Schule B wird von den befragten Personen nach
ersten Erfahrungen als positiv eingeschätzt. Eine positive Veränderung durch den
Interventionsleitfaden wird ebenfalls in der Klärung und Strukturierung der Abläufe und
Zuständigkeiten in Gefährdungssituationen gesehen. Darüber hinaus kam der Leitfaden nach
Einschätzung der Schul- und Internatsleitung bereits mehrfach wirksam zur Anwendung:
„Wir haben doch jetzt einige Fälle, wo man klare Vereinbarungen geschlossen hat, mit den
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 52
Eltern auch, also wo wir die Eltern auch drin hatten, also wir haben ja unser Fünf-Stufen-
Modell definiert, wo die Eltern sicher zwingend dazu kommen, und das hat auf jeden Fall
Klarheit gebracht. Mehr Verbindlichkeit, ja“ (Prorektor Schule B).
6.2.11 Sensibilisierung und veränderter Umgang mit Schülerinnen und Schülern
In allen vier Beispielschulen konnte nach Aussagen einzelner Mitglieder der Steuergruppen
eine verbesserte Zusammenarbeit zwischen den Lehrpersonen festgestellt werden. Dabei ist
insbesondere die Bereitschaft zum kollegialen Austausch über gefährdete Schüler/innen
deutlich gestiegen. Die verbesserte Zusammenarbeit unter den Lehrpersonen führte auch
dazu, dass Lehrpersonen aufgeschlossener gegenüber sich anbahnenden Gefährdungs-
situationen wurden: „Was sich eher verändert hat, also bei mir persönlich jetzt, ist auch die
Wahrnehmung, ich würde es mal so formulieren, so das Bewusstsein auch, dass ich mir
überlege, wenn wir Fälle haben von Schülerinnen und Schülern, die eben Auffälligkeiten
zeigen in einem bestimmten Bereich, dass ich glaube, dass ich irgendwie reflektierter rangehe
und mir auch eher überlege, ja, was steht jetzt dahinter und womit hängt das zusammen,
auch, wie könnte man das angehen, wo muss ich ansetzen, welche Schritte sind noch zu tun“
(Prorektor Schule B). Es konnte demnach eine Sensibilisierung für Gefährdungen an sich
sowie für den Umgang mit gefährdeten Schüler/innen erreicht werden.
Als wesentliche Veränderung auf der Verhaltensebene der Lehrpersonen gegenüber den
Schüler/innen werden von den befragten Personen insbesondere Kompetenzen in der
Gesprächsführung genannt (Schule B und C). Diese wirken sich nicht nur gegenüber
gefährdeten Schüler/innen positiv aus, sondern vereinfachen auch den Einbezug von deren
Eltern in den Hilfeprozess: „Konkret, dass wir nebst unseren Sanktionen, disziplinarischen
Massnahmen, wirklich mit Schülern und Eltern am Tisch sitzen, Vereinbarungen formulieren
und schriftlich festhalten auch, alle Betroffenen unterzeichnen dies und man überprüft das
auch, ob die Vereinbarung eingehalten wird und tauscht sich dann wieder aus, mit
Lehrpersonen, mit Eltern und mit Schülern. Das ist so die konkrete Umsetzung, jetzt“
(Lehrperson Schule B).
Der Interventionsleitfaden wurde von den befragten Personen der Schule C ebenfalls als
Faktor für Verhaltensänderungen zwischen Lehrpersonen und Schüler/innen wahrgenommen.
Er regelt die Beendigung einer Intervention, macht diese transparent und kommunizierbar.
Bislang wurden den Schülerinnen und Schülern bzw. deren Eltern überwiegend negative
Botschaften mitgeteilt bzw. beiläufig erwähnt. Der Interventionsleitfaden regelt nunmehr, wie
positive Entwicklungen entsprechend mitgeteilt werden: „Jetzt finden doch Entlastungs-
gespräche statt, dass man die Eltern nochmals einlädt und sagt: Die Situation hat sich zum
Positiven verändert. Wir haben gerade letztens ein Gespräch gehabt, in dem wir offiziell
gesagt haben: Wir entlassen diesen Jungen aus dem Handlungsplan oder aus dieser
speziellen Stufe, in der er jetzt drin ist, ab sofort ist eigentlich wieder Normalzustand“
(Schulleitung Schule C).
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 53
6.2.12 Vernetzung mit externen Fachstellen
Bei der Einschätzung der Veränderung der Zusammenarbeit von Lehrpersonen mit externen
Fachstellen zeigen sich zwei unterschiedliche Richtungen, zum einen die Schaffung neuer
Strukturen der Zusammenarbeit mit externen Stellen, zum anderen die Weiterentwicklung und
Intensivierung bereits vorhandener Kooperationen.
Die bereits vor Projektbeginn vorhandenen Kooperationen mit externen Fachstellen sind im
Wesentlichen durch Kontakte der Schulsozialarbeit (Schule A, C und D) oder der
Schülerberatung (Schule B) entstanden. In den Schulen A, B und D kam es infolge des FF-
Projekts zu einer verstärkten Kontaktaufnahme mit externen Fachstellen. Dabei geht es im
Wesentlichen um die Umsetzung der Interventionsmodelle, die den Einbezug von externen
Fachstellen vorsehen. In der Schule A ging die Zuständigkeit für die Vermittlung an externe
Hilfeangebote von der Schulsozialarbeit auf die Lehrpersonen über. Die Schule C blieb
dagegen bei dem Modell, dass die Schulsozialarbeit für die Zusammenarbeit mit externen
Stellen allein zuständig ist: „Weil diese Zusammenarbeit mit der Fachstelle läuft eigentlich
ausschliesslich über die Schulsozialarbeiterin. Und das ist auch so vorgesehen. Und ich finde,
das ist wichtig, dass das auch dort läuft. Dann nimmt ja einen Teil der Aufgaben den
Lehrpersonen ab, und sie hat da ein fachliches Know-how, das ihr auch den Anschluss
ermöglicht bei den Fachstellen. Und das kann nicht jede Lehrperson einzeln“
(Beratungsperson Schule C).
In den Schulen A, B und D wurden externe Fachstellen zu einer schulinternen
Informationsveranstaltung eingeladen, um die Kooperationen auszuweiten und die Lehrer
über die Hilfeangebote dieser Stellen zu informieren.
Die Schulen A, B und D intensivierten den Kontakt zu den Fachstellen in unterschiedlichen
Phasen des Projekts: So wurden die externen Fachstellen in der Schule A bereits bei der
Entwicklung des Interventionsleitfadens einbezogen und Informationen über ihre Arbeit
eingeholt. In den Schulen B und D hingegen geschah dies erst im Anschluss an die
Entwicklung der Interventionsmodelle.
Die interviewten Personen der Schulen A, B und C können jedoch keine Aussagen über die
Wirksamkeit der Zusammenarbeit mit externen Fachstellen machen, da es noch zu wenig
konkrete Erfahrungen gibt. Die Kooperation mit externen Stellen wird jedoch hinsichtlich des
Verfahrens, das von der Steuergruppe angeregt wurde, von einem Steuergruppenmitglied
kritisiert: „Ich glaube, es sind etwa drei oder vier Stellen, die mittlerweile gekommen sind, um
sich vorzustellen, was sie so machen. Dort würde ich mal sagen, sie sind gekommen, man hat
so zwei, drei Gesichter gesehen, aber, würde ich jetzt auch wieder, das ist mein subjektives
Empfinden, würde ich jetzt auch wieder sagen, das bringt den Lehrern eigentlich ’herzli’
wenig. Das Einzige, das ich denke, ist, sie haben mal die Gesichter gesehen, aber was die
dann schlussendlich wirklich machen und wie diese Zusammenarbeiten wirklich aussehen, da,
denke ich, ist nach wie vor eine grosse Hemmschwelle da, mit diesen Leuten auch
zusammenzuarbeiten“ (Lehrperson Schule B).
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 54
Einzelne Mitglieder der Steuergruppe der Schule D berichten von Schwierigkeiten in der
Zusammenarbeit mit externen Fachstellen, die aufgrund datenschutzrechtlicher
Bestimmungen entstanden sind. Kritisiert wird, dass sich externe Fachstellen weigerten, den
Lehrpersonen Auskünfte über die Arbeit mit einzelnen Schülerinnen und Schülern zu geben.
Auf die Problematik des Datenschutzes bei der Zusammenarbeit mit externen Fachstellen
weist auch die Beratungsperson von Schule A hin, mit der Kritik, dass die Zusammenarbeit
mit externen Fachstellen konzeptionell zu wenig ausgestaltet wurde. Das FF-Konzept
berücksichtigt noch nicht, dass es sich beim Übergang vom schulinternen Hilfeangebot zum
externen Hilfeangebot in der Regel auch um den Wechsel vom verbindlichen Rahmen der
Schule zu einem freiwilligen Angebot einer externen Stelle handelt. Dieser Unterschied muss
konzeptionell berücksichtigt werden. Von der Beratungsperson der Schule A wird auch
kritisiert, dass es für die externen Fachstellen eine zusätzliche Aufgabe bedeutet, im Rahmen
der FF mit Schulen zu kooperieren. Bislang gibt es für die externen Fachstellen jedoch keine
zusätzlichen Ressourcen, diese Aufgaben entsprechend wahrzunehmen.
6.2.13 Zusammenfassung und Fazit
Die Projektorganisation und -steuerung in den vier Schulen wird mehrheitlich positiv
bewertet. Die Beratungspersonen haben die Projekte erfolgreich begleitet. Es fand eine enge
Zusammenarbeit zwischen den Projektleitungen und den Beratungspersonen, teilweise auch
mit den Steuergruppenmitgliedern statt. Lediglich die zur Verfügung stehenden zeitlichen und
personellen Ressourcen werden als zu gering bewertet.
Die Ergebnisse der Interviews zeigen den unterschiedlichen zeitlichen Verlauf der einzelnen
Projekte in den vier Beispielschulen auf, die zu unterschiedlichen Ergebnissen im
Prozessverlauf führten.
Als zentraler Bestandteil des FF-Projekts wird die Entwicklung des Interventionsleitfadens
angesehen, wobei gerade hier noch grosse Unterscheide in der Akzeptanz und bei der
Anwendbarkeit festzustellen sind. Als zentrale Verbesserung durch die Entwicklung der
Leitfäden wird die Klärung der Schnittstellen von Schulleitung, Schulsozialarbeit und
Lehrpersonen genannt.
Einigkeit besteht in Bezug auf die gesteigerte Sensibilisierung der Lehrpersonen,
Gefährdungssituationen und Interventionserfordernisse zu erkennen. Daneben weckte das
Projekt auch die Aufgeschlossenheit, Schüler/innen und Eltern am FF-Projekt zu beteiligen,
was bisher jedoch nur vereinzelt stattfand.
Entscheidend scheint die Schaffung nachhaltiger Strukturen der Zusammenarbeit zwischen
den Lehrpersonen zu sein. Die Schaffung solcher Strukturen muss konzeptionell begründet
und professionell angeleitet werden, wie die Einführung der Intervisionsgruppen in der Schule
B gezeigt hat. Durch das Projekt wurde die Zusammenarbeit unter den Lehrpersonen deutlich
verbessert. Die Lehrpersonen fühlen sich durch das FF-Projekt sicherer darin, mit
Schüler/innen sowie deren Eltern über Gefährdungssituationen zu sprechen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 55
Die Zusammenarbeit mit externen Fachstellen wird von den befragten Personen als sehr
wichtig eingeschätzt. Allerdings muss diese konzeptionell noch konkretisiert werden. Externe
Fachstellen müssen für ihre Zusammenarbeit mit Schulen ebenso fachlich begleitet und
finanziell ausgestattet werden.
6.3 Fallanalysen
In diesem Kapitel wird dargestellt, wie die Entwicklung und Einführung von FF in den
einzelnen Schulen verlief. Dabei werden die Ergebnisse der Lehrpersonenbefragung
(quantitativ) und die Ergebnisse der Befragung der Steuergruppenmitglieder (qualitativ)
aufeinander bezogen. Des Weiteren werden die Ergebnisse aus der Dokumentenanalyse
einbezogen.
6.3.1 Schule A
Ausgangslage und Projektorganisation
Schule A ist eine Sekundarschule, in der 341 Schüler/innen in 21 Klassen von insgesamt 43
Lehrpersonen unterrichtet werden (Stand: Schuljahr 2006/2007). Die Schule führt Klassen auf
allen drei Niveaus.
Die Teilnahme der Schule am FF-Projekt erfolgte auf Initiative der Schulleitung, die von den
Lehrpersonen mitgetragen wurde. Die Schule A verfügt bereits seit mehreren Jahren über
Schulsozialarbeit. Diese arbeitet mit den Lehrpersonen gut zusammen und ist mit externen
Fachstellen gut vernetzt.
Die Teilnahme am Projekt wurde durch die Schulbehörde bewilligt. Die Schule A wird von
einer externen Beratungsperson begleitet, die gleichzeitig mehrere andere Schulen des FF-
Projekts begleitet. Die Entwicklung des Leitfadens wurde zusammen mit einer anderen
Schule durchgeführt, die ebenfalls am FF-Projekt teilnahm.
Die Steuergruppe des Projekts besteht aus der Schulleitung, vier Lehrpersonen und der
Schulsozialarbeiterin. Nach einem Jahr schied eine Lehrperson aus der Steuergruppe aus und
wurde durch eine andere Lehrperson ersetzt.
Prozessverlauf
Zu Beginn wurde eine umfangreiche Situationsanalyse durchgeführt, für welche die
Beratungsperson eigens eine standardisierte Onlinebefragung entwickelte. Mithilfe dieser
Onlinebefragung wurden die Schüler/innen, deren Eltern und die Lehrpersonen befragt. Die
Ergebnisse der Situationsanalysen waren für die Schule von Interesse.
Mit der konkreten Entwicklung einer gemeinsamen Haltung der Lehrpersonen zu
Gefährdungssituationen wurde nach Aussagen der Steuergruppe in der Schule A in der ersten
Projektphase noch nicht begonnen. Trotzdem erkennen die befragten Lehrpersonen einen
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 56
Entwicklungsprozess, der das Gesamtkollegium allerdings nur eingeschränkt einbezieht.
Zudem ist die Wahrnehmung unterschiedlich, was den Entwicklungsstand der gemeinsamen
Haltung anbelangt. Im verbleibenden Projektjahr soll nun, laut Projektleitung,
schwerpunktmässig an der Haltungsentwicklung im Gesamtkollegium gearbeitet werden.
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit FF beschränkte sich im Wesentlichen auf die Arbeit
in der Steuergruppe. Diese leistete die konzeptionelle Arbeit, erarbeitete den Interventions-
leitfaden bis zur Beschlussreife durch die Schulhauskonferenz und leitete die Zusammenarbeit
mit externen Fachstellen in die Wege. Die Lehrpersonen konnten sich im Rahmen von
Schulhauskonferenzen zur Entwicklung des Interventionsmodells äussern. In den eigentlichen
Entwicklungsprozess wurden die Lehrpersonen jedoch nicht einbezogen. Auf ein geringes
Ausmass an Partizipation der Lehrpersonen am FF-Prozess weisen auch die Ergebnisse der
Lehrpersonenbefragung hin. Lediglich 3% der Lehrpersonen der Schule A fühlen sich voll
und ganz an der Konzeptentwicklung beteiligt. 58% geben an, zumindest teilweise beteiligt zu
sein, 26% der Lehrpersonen sehen sich als überhaupt nicht beteiligt an.
Die Schüler/innen sowie deren Eltern wurden in das Thema eingeführt jedoch nicht explizit in
die Entwicklung des Projektes mit einbezogen bzw. konnten keinen Einfluss auf den
Prozessverlauf nehmen.
Ergebnis
Der eher geringe Einbezug des Gesamtkollegiums in das Projekt führte zu einer
vergleichsweise geringen Bekanntheit des FF-Konzepts und des Leitfadens bei den
Lehrpersonen.
Als Interventionsleitfaden wurden themenspezifische Leitfäden zu bisher 14 Problematiken
entwickelt. Diese zielen auf standardisierte und zugleich nach Problemlagen differenzierte
Interventionen ab. Aus den der Evaluation vorliegenden Daten ist nicht zu erkennen, ob oder
welche Ergebnisse der empirisch gestützten Situationsanalyse in das Projekt eingeflossen
sind. Aufgrund des zeitlichen Ablaufs ist jedoch zu vermuten, dass die Ergebnisse der
Situationsanalyse keinen wesentlichen Einfluss auf die Auswahl der Problemlagen hatten, da
die Auswahl vor der endgültigen Auswertung der Ergebnisse gefällt wurde.
Der Interventionsleitfaden wurde hinsichtlich seiner Praxistauglichkeit und der Ausrichtung
auf die Bedürfnisse der Lehrpersonen überdurchschnittlich positiv bewertet. Noch optimierbar
sind die Nachvollziehbarkeit und Übersichtlichkeit (siehe Tabelle 9).
Auch hinsichtlich des Zuwachses ihres Wissens über Gefährdungssituationen sowie ihrer
Handlungssicherheit im Umgang mit betroffenen Schüler/innen scheinen sich die
eingeschränkten Möglichkeiten zur inhaltlichen Auseinandersetzung sowie die geringen
Aktivitäten der Lehrpersonen im Projektverlauf auszuwirken. Jeweils ein Drittel der befragten
Lehrpersonen berichtet über keinen Wissenszuwachs und sieht seine Handlungssicherheit als
nicht gestärkt.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 57
Durch das FF-Projekt veränderte sich die Rolle der Schulsozialarbeit dahingehend, dass sie
nicht mehr alleinige Ansprechpartnerin für die Zusammenarbeit mit externen Hilfeleistungen
ist, sondern dies nun Aufgabe aller Lehrpersonen sein soll.
Schlussfolgerung
Die Durchführung des FF-Projekts an der Schule A war von klar strukturierten Vorgaben
vonseiten der Projektleitung und der Beratungsperson bestimmt. Dies führte zwar zu einem
strukturierten Vorgehen auf der Ebene der Steuergruppe, jedoch nicht zu einem breit
abgestützten Prozess der Auseinandersetzung des Gesamtkollegiums mit
Gefährdungssituationen von Schüler/innen.
Die Analyse der Schule A zeigt, wie wichtig es ist, den Lehrpersonen im Rahmen des
Projekts umfassende Möglichkeiten der Partizipation zu bieten, um die spätere Akzeptanz der
entwickelten Instrumente zu erhöhen und um mehr Handlungssicherheit bei den Lehrpersonen
zu erreichen.
6.3.2 Schule B
Ausgangslage und Projektorganisation
Die Schule B wird getragen von einer privaten Stiftung, die neben dem Gymnasium auch ein
Internat unterhält. Das Gymnasium wird von ca. 390 Schüler/innen in 18 Klassen besucht,
von denen sechzig bis neunzig im Internat leben. Die Schüler/innen werden von 54
Lehrpersonen unterrichtet (Stand Schuljahr 06/07).
Als private Institution fühlt sich die Schule B dem Qualitätsmanagement sehr verpflichtet.
Die Trägerin der Schule begrüsste daher die Teilnahme am FF-Projekt. Die Schule B stellte
über die vom BAG bewilligten Gelder hinaus zusätzliche Mittel für die Arbeit der
Beratungsperson zur Verfügung.
In der Steuergruppe sind neben der Schulleitung eine Fachlehrpersonen sowie die
Internatsleitung vertreten. Die beiden Personen der Internatsleitung unterrichten mit
eingeschränktem Deputat. In der Steuergruppe sind keine Klassenlehrpersonen vertreten.
Die Schule B verfügt über keine Schulsozialarbeit. Die beiden Personen der Internatsleitung
bieten jedoch für alle Schüler/innen des Gymnasiums eine Schülerberatung an, die aus der
Sicht der Schule ähnliche Aufgaben wie die Schulsozialarbeit erfüllt.
Prozessverlauf
Die Steuergruppe der Schule B wurde aufgrund der zusätzlichen finanziellen Mittel intensiver
von der Beratungsperson betreut, entsprechend intensiv war die Arbeit in der Steuergruppe
und entsprechend hoch waren die Erwartungen der Steuergruppenmitglieder an die
Beratungsperson.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 58
Der Verlauf des FF-Projekts der Schule B ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Vielzahl von
Veranstaltungen für die Lehrpersonen stattfand und klare Strukturen für die Zusammenarbeit
im Lehrpersonenkollegium geschaffen wurden.
Die mit FF-Projekten schon erfahrene Beratungsperson hat bei der Entwicklung des
Interventionsleitfadens auf erprobte Modelle zurückgegriffen. Zusätzlich zum
Interventionsmodell wurden an der Schule B Intervisionsgruppen für die Lehrpersonen
eingeführt. Wie in den Intervisionsgruppen gearbeitet werden soll, wurde von der
Beratungsperson konzeptionell vorgegeben und die Einführung der Intervisionsgruppen
begleitet.
Ergebnisse
Nach der Einschätzung der Steuergruppenmitglieder hat das FF-Projekt die Lehrpersonen der
Sekundarstufe I überwiegend erreicht, wogegen die Lehrpersonen der Sekundarstufe II nur
bedingt am FF-Projekt teilnahmen. Im Verlauf des Projekts konnte die Haltung der
Lehrpersonen der Sekundarstufe II, die den Bildungsauftrag im Sinne einer
Wissensvermittlung im Vordergrund sehen, nur bedingt verändert werden.
Die Verwendbarkeit des Interventionsleitfadens ist nach Einschätzung der befragten
Lehrpersonen noch optimierbar. Die Bewertungen der Angemessenheit im Hinblick auf
schulhausspezifische Belange und der Praxistauglichkeit sind im Vergleich zu den übrigen
Schulen durchweg unterdurchschnittlich, ebenso die Einschätzungen der Lehrpersonen, ob der
Interventionsleitfaden ihren individuellen Bedürfnissen entspricht.
Was den Wissenszuwachs der Lehrpersonen anbelangt, kann in Schule B ein durchweg
positives Ergebnis des FF-Projekts festgestellt werden. Die ermittelten Werte für deutlichen
Wissenszuwachs (21%) sowie für einen zumindest geringen Wissenszuwachs (68%) stellen
im Vergleich mit den übrigen Schulen das beste Ergebnis dar.
Folgerungen
Die Erwartungen der Steuergruppenmitglieder der Schule B an ihre Beratungsperson wurden
durch die zusätzlichen finanziellen Ressourcen geprägt und führten zu einer sehr grossen
konzeptionellen Vorarbeit der Beratungsperson für das FF-Projekt.
Die besondere Rolle der Beratungsperson der Schule B spiegelt sich positiv im
überdurchschnittlich hohen Wissenszuwachs der Lehrpersonen hinsichtlich Gefährdungs-
situationen. Allerdings weist die eher geringe Konformität des Interventionsleitfadens mit den
Bedürfnissen der Lehrpersonen und der spezifischen Situation der Schule darauf hin, dass der
Einbezug der Lehrpersonen in die Entwicklungsprozesse des Projekts zu gering war bzw. die
vorgegebenen Modelle noch an die schulspezifischen Verhältnisse angepasst werden müssen.
Das hohe Mass an konzeptioneller Vorarbeit durch die Beratungsperson bei der Einführung
der Intervisionsgruppen führte zu einer eigenständigen und nachhaltigen Struktur der
Zusammenarbeit der Lehrpersonen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 59
Die Unterschiede bei der Erreichbarkeit der Lehrpersonen der Sekundarstufe I und der
Sekundarstufe II im FF-Prozess zeigen die Notwendigkeit, möglichst alle Lehrpersonen der
unterschiedlichen Niveaus am Entwicklungsprozess zu beteiligen und auf Unterschiede im
Rollenverständnis einzugehen. Für eine erfolgreiche FF in der Schule ist schlussendlich
jedoch ein Verständnis des Lehrberufs notwendig, das auch Erziehungsaufgaben beinhaltet.
Der Prozess zur Haltungsentwicklung der Lehrpersonen einerseits und die Vermittlung von
Wissen über Gefährdungssituationen andererseits sind voneinander unabhängig verlaufende
Vorgänge, die zu unterschiedlich erfolgreichen Ergebnissen führen können.
6.3.3 Schule C
Ausgangslage und Projektorganisation
Die Schule C wird von 250 Schüler/innen in 12 Schulklassen besucht. Insgesamt unterrichten
30 Lehrpersonen an der Schule (Stand Schuljahr 06/07). Sie ist eine Oberstufenschule bzw. ist
als gegliederte Sekundarschule geführt.
In der Schule C gibt es eine Schulsozialarbeiterin, die mit örtlichen externen Fachstellen gut
vernetzt ist. Die Schulsozialarbeiterin vermittelt zwischen gefährdeten Schüler/innen bzw.
deren Lehrpersonen und den externen Hilfeangeboten.
Die Schule verfügt über ein eigenes Suchtpräventionskonzept. Zentraler Bestandteil dieses
Konzepts ist der jährlich stattfindende Suchtpräventionstag. Die Schüler/innen nehmen im
Verlauf ihrer Schulzeit in der Schule C an mindestens drei Suchtpräventionstagen teil.
Prozessverlauf
Der FF-Prozess wurde stark durch die Kerngruppe gestaltet, eine informelle Untergruppe der
Projektleitung, bestehend aus der Schulleitung, der Schulsozialarbeit und der externen
Beratungsperson. Die Kerngruppe verfügt über gute fachliche Ressourcen, die insbesondere
durch die Kooperation der Schulsozialarbeiterin mit der externen Beratungsperson optimiert
wurden, um so Synergien zu nutzen.
Die Kerngruppe bereitete einzelne Themen und Entscheidungen für die Steuergruppe vor. Auf
der Ebene der Lehrpersonen wurden keine zentralen Entscheidungen für den Prozessverlauf
getroffen. Entsprechend ambivalent sind die Nennungen der Lehrpersonen zum Einbezug in
das Projekt. 15% der Lehrpersonen sehen sich als überhaupt nicht einbezogen an. Sehr hoch
(65%) ist aber auch der Anteil der Lehrpersonen, die sich voll und ganz einbezogen fühlen.
Die Entwicklung des Interventionsleitfadens wurde zunächst in der mit zwei Lehrpersonen
erweiterten Kerngruppe vorbereitet, dann in der Steuergruppe diskutiert und beschlossen. Die
Lehrpersonen wurden zum Interventionsleitfaden informiert, sie hatten jedoch keinen Einfluss
auf dessen Entwicklung. Ebenso wurden auch die Schüler/innen und Eltern nicht in die
Entwicklung des Leitfadens einbezogen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 60
Im Rahmen des FF-Projekts wurde im Kollegium insbesondere an den Themen Haltung und
Kommunikation im Kollegium gearbeitet. Dies wird durch den quantitativen Befund bestätigt,
wonach 59% der Lehrpersonen der Meinung sind, dass im Projekt eine gemeinsame Haltung
entwickelt wurde.
Ergebnis
Die Schule C konnte im Bereich Haltungsentwicklung als einzige ausgewiesene Erfolge
erzielen. Die Teamentwicklung stand ganz klar im Vordergrund und wurde konsequent und
erfolgreich angegangen. Es ist davon auszugehen, dass in diesem Bereich am meisten
Handlungsbedarf bestand. Die Schulleitung und die Kerngruppe räumten der
Teamentwicklung Priorität ein und stellten einen ausreichenden zeitlichen Rahmen zur
Verfügung, um den Teamentwicklungsprozess in Gang zu bringen.
Das Projekt wurde von der Projektleitung auf eine geringe bzw. auf keine Partizipation seitens
der Schüler/innen, der Eltern und der Lehrpersonen ausgerichtet. Hinsichtlich des
Projektverlaufs und der Ergebnisse des Projekts zeigt sich bei den Lehrpersonen jedoch eine
erstaunliche Zufriedenheit. Der Leitfaden wird von den Lehrpersonen als nachvollziehbar und
übersichtlich eingeschätzt. Hinsichtlich der Praxistauglichkeit schneidet der Interventions-
leitfaden der Schule C im Vergleich zu den übrigen Schulen durchschnittlich ab (siehe
Tabelle 9). Auch findet der Leitfaden eine überdurchschnittlich hohe Anwendung unter den
Lehrpersonen. 50% der Lehrpersonen geben an, den Leitfaden schon einmal verwendet zu
haben.
Im Bereich der Wissenserweiterung und Erhöhung der Handlungssicherheit sind zwar erste
positive Entwicklungen zu erkennen, doch überwiegt immer noch der Anteil der
Lehrpersonen, die keinen oder nur einen geringen Wissenszuwachs bei sich feststellen
können.
Eine Veränderung in der Zusammenarbeit mit den externen Fachstellen war im Projekt nicht
beabsichtigt. Das bisherige Modell mit der Vernetzung über die Schulsozialarbeit wird als
optimal bewertet und dementsprechend beibehalten.
Schlussfolgerung
Die Schule C kann als Beispiel für die Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen
Haltung dienen. Der Aufwand, den die Schule dafür erbringen musste (mehrere
Veranstaltungen im Kollegium), zeigt, dass die Haltungsentwicklung nicht in einer Sitzung
abgehandelt werden kann.
Die Schule hat das innerhalb des FF-Projekts bearbeitet, was aus ihrer Sicht am
notwendigsten war. Die konstruktiven Prozesse bei der Teamentwicklung heben in der
Wahrnehmung der Lehrpersonen die Defizite bei den Partizipationsmöglichkeiten auf. Die
Ausweitung auf Eltern- und Schüler/innenebene konnte noch nicht erfolgen, ist jedoch für
eine erfolgreiche Einführung von FF notwendig.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 61
6.3.4 Schule D
Ausgangslage und Projektorganisation
Die Schule D wird von 170 Sekundar- und Realschüler/innen besucht. Angeboten werden
zudem Eingliederungsklassen für fremdsprachige Schüler/innen. Die insgesamt elf Klassen
werden von 25 Lehrpersonen unterrichtet (Stand Schuljahr 06/07). Die Schule vermittelt
einen sehr familiären und überschaubaren Eindruck.
Gesundheitsförderung und Prävention waren bereits vor dem FF-Projekt immer wieder
Gegenstand von Veranstaltungen für die Schüler/innen und Lehrpersonen. Diese hatten
jedoch keine spezifische Ausrichtung auf Gefährdungssituationen von Schüler/innen.
Die Schule verfügt über eine Schulsozialarbeiterin, die sich bereits vor dem FF-Projekt mit
dem Thema beschäftigte. Sie übernahm die Aufgabe der Beratungsperson und die Co-
Projektleitung.
Prozessverlauf
Im Verlauf des Projekts stellte sich heraus, dass die Schulsozialarbeiterin die Funktion der
Projektleitung, insbesondere die inhaltliche Ausgestaltung des Projekts, zu einem grossen Teil
übernommen hatte. Die Gefahr bestand, dass durch diese Aufgabenübernahme das Projekt
nicht mehr in der Schulleitung verankert ist. Dies konnte jedoch durch die Achtsamkeit der
Schulsozialarbeiterin verhindert werden. Gleichzeitig konnten durch die enge
Zusammenarbeit von Schulleitung und Schulsozialarbeit im Rahmen des Projekts als nicht
intendierte Wirkung die Schnittstellen zwischen Schulleitung und Schulsozialarbeit geklärt
werden.
Die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Projekt fand nicht ausschliesslich in der
Steuergruppe statt, sondern wurde auf die Lehrpersonen und entsprechend auf Arbeitsgruppen
verlagert, an denen die Lehrpersonen wesentlich beteiligt waren. Darüber hinaus wurden in
der Schule D auch die Eltern einbezogen, indem diese in der Steuergruppe mit zwei Personen
vertreten waren. Der Einbezug der Eltern in das FF-Projekt wird von allen befragten Personen
der Steuergruppe als positiv bewertet.
In das Projekt wurden von Beginn an auch die Schüler/innen einbezogen, allerdings im
Rahmen von Veranstaltungen, die der Gesundheitsförderung zugeordnet werden können.
Nach den Aussagen der befragten Steuergruppenmitglieder hat sich die Haltung in der Schule
D durch das Projekt dahingehend entwickelt, dass insbesondere die Partizipation der
Schüler/innen im Rahmen der anstehenden Projektverlängerung noch weiter vertieft werden
soll.
Ergebnis
Die auf breiter Basis angelegte Auseinandersetzung mit Gefährdungssituationen von
Schüler/innen spiegelt sich nicht nur in der subjektiv empfundenen hohen Beteiligung der
Lehrpersonen an der Konzeptentwicklung, sondern auch in einer überdurchschnittlich
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 62
positiven Bewertung des Interventionsmodells durch die Lehrpersonen wider (siehe Tabelle
9).
Im Rahmen des Projekts konnten die Steuergruppe und die Lehrpersonen für die
Erforderlichkeit einer Partizipation von Eltern und Schüler/innen noch stärker sensibilisiert
werden. Das Projekt führte dazu, dass Schüler/innen und Eltern bei der Auseinandersetzung
mit Gefährdungssituationen und bei der Ausgestaltung von Interventionsmodellen aktiv
einbezogen werden.
Schlussfolgerung
Insgesamt war die Umsetzung des FF-Projekts in der Schule D sehr breit abgestützt mit
entsprechend hoher Akzeptanz. Allerdings sind die einzelnen Massnahmen eng mit den
übrigen Präventionsmassnahmen verbunden. FF wird als Teil eines Gesundheitsförderungs-
und Präventionsprojekts wahrgenommen, die Abgrenzung der einzelnen Teile ist unklar.
Der insgesamt als positiv zu bewertende Verlauf des FF-Projekts an der Schule D ist eventuell
nur bedingt auf grössere Schulhäuser zu übertragen. Der starke Einbezug von Eltern,
Schüler/innen und Lehrpersonen scheint in einem kleinen Schulhaus mit einem
überschaubaren Lehrpersonenkollegium einfacher und wirksamer umsetzbar zu sein als in
einer grösseren Schule. Dennoch kann das Beispiel als Good-Practice-Modell betreffend
Partizipation herangezogen werden.
Die Übernahme der Rolle der Beratungsperson durch die Schulsozialarbeit scheint heikel und
kann in dieser Form nur eingeschränkt auf andere Schulen übertragen werden.
6.3.5 Zusammenfassung
Die Ergebnisse der FF-Projekte an den vier Beispielschulen werden in der nachfolgenden
Tabelle zusammenfassend anhand der Kriterien Fokus des Projekts, Prozessgestaltung,
Strukturelle Veränderungen, Instrumente und Grundlagen, Rolle und Aufgaben
Beratungsperson und Ressourcen einander gegenübergestellt, mit dem Ziel, die
unterschiedlichen Schwerpunkte und Prozesse aufzuzeigen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 63
Tabelle 14: Gegenüberstellung Beispielschulen, Projektlaufzeit August 05 – Juni 06
Schule A Schule B Schule C Schule D
Fokus des Projekts
Klärung von Abläufen und Zuständigkeiten, Sensibilisierung für Symptome
Veränderung der Haltung und Wissensvermittlung
Haltungs- und Teamentwicklung
Sensibilisierung für Gefährdungs-situationen
Prozess- gestaltung
Starke Konzentration des Projekts auf die Steuergruppe
Umfassender und auf Nachhaltigkeit angelegter Projektverlauf
Auf das Kollegium gerichteter Prozessverlauf
Im Schulhaus sehr breit abgestützter Projektverlauf
Strukturelle Veränderungen
Verlagerung Zustän-digkeiten von SSA zu Lehrpersonen
Feste Intervisions-gruppen
Feedback-Gruppen --
Instrumente und Grundlagen
Interventionsleitfaden Haltungsentwicklung der Lehrpersonen, Interventionsleitfaden
Haltungsentwicklung der Lehrpersonen, Interventionsleitfaden
Interventionsleitfaden
Rolle und Aufgaben Beratungsperson
Externe Beratungs-person: Durchführung einer ausführlichen Situationsanalyse, fachliche Begleitung, insbesondere bei der Entwicklung des Leitfadens
Externe Beratungsperson: intensive fachliche Begleitung während des gesamten Projekts
Externe Beratungs-person: fachliche Begleitung während des gesamten Projekts in enger Zusammenarbeit mit der SSA
Schulsozialarbeit: Co-Projektleitung, intensive fachliche Vorbereitung und Begleitung des Projekts
Finanzielle und personelle Ressourcen
BAG-Projektmittel, Mittel für Ge-sundheitsförderung und Weiterbildung, Arbeitszeit für Projektarbeit
BAG-Projektmittel, zusätzliche Ressour-cen durch die Schule, Arbeitszeit für Qualitätsentwicklung
BAG-Projektmittel, zusätzliche Mittel innerhalb der Budgets
BAG-Projektmittel
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 64
7 Schlussfolgerungen
Im Folgenden werden die Detailfragestellungen der Evaluation (vgl. Müller et al., 2006)
anhand der vorliegenden Ergebnisse beantwortet. Zu allen Evaluationsfragen werden Fazits
formuliert und diese gegebenenfalls mit Empfehlungen ergänzt. Abschliessend erfolgt die
Beantwortung der beiden Hauptfragestellungen.
7.1 Detailfragestellungen
1. In welchem Mass hat die Form der Zusammenarbeit von Schule und Beratungs-
person Einfluss auf die Entwicklung und die Einführung der FF in der Schule?
Der Einfluss der Beratungsperson und ihrer Funktion im System Schule auf die Entwicklung
und Einführung von FF muss auf der Prozessebene und auf der Ebene der Zielerreichung in
den einzelnen Schulen betrachtet werden.
Im Entwicklungs- und Einführungsprozess von FF in den Schulen sind Unterschiede
zwischen der Beratung durch Schulsozialarbeitende und der Beratung durch externe Personen
erkennbar. Die Beteiligten schreiben der Beratung durch eine schulexterne Fachperson
deutliche Vorteile zu. Namentlich wird der externe Blick auf den Entwicklungs- und
Umsetzungsprozess genannt. Die Etablierung einer erfolgreichen FF bringt meist einen
Schulentwicklungsprozess mit sich (Rhyn & Moser, 1999). Der Prozess wird unseres
Erachtens mit Vorteil durch eine Person ausserhalb des Systems begleitet, welche nicht
zugleich mit dem Schulentwicklungsprozess die eigene Rolle im System reflektieren muss,
was bei der Schulsozialarbeit der Fall wäre. Auch bringen externe Fachpersonen
gegebenenfalls Erfahrungen aus der Einführung ähnlicher Konzepte in anderen Schulen mit.
Auch die zur Verfügung stehenden Ressourcen durch den Einbezug einer externen
Fachperson sind zu beachten: Mit der Beratung durch eine externe Fachperson bei
gleichzeitigem Vorhandensein von Schulsozialarbeit können zwei Fachpersonen den Prozess
mit ihren fachlichen und zeitlichen Ressourcen begleiten. Wenn die Zusammenarbeit
zwischen der externen Fachperson und der Schulsozialarbeit innerhalb des Projekts geklärt
ist, können Synergien, wie sie in einer der vier Beispielschulen entstanden, genutzt werden.
Bezüglich der Zielerreichung (Entwicklung der Interventionsleitfäden, Haltungsentwicklung
u.a.) lassen sich keine Unterschiede zwischen den Schulen mit Schulsozialarbeitenden,
Fachstellenmitarbeitenden oder selbstständig erwerbenden Fachpersonen als Beratungsperson
erkennen. Das heisst, in den Schulen konnten mehrheitlich Aktivitäten/Entwicklungen zu den
gesetzten Zielen durchgeführt werden. In allen vier Beispielschulen sind die Beteiligten
zufrieden mit der Unterstützung durch die Beratungsperson und schätzen diese als wertvoll
und wichtig ein. Demnach kann die Tandembildung von Schule und Beratungsperson
grundsätzlich positiv bewertet werden.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 65
Fazit: Die Tandembildung von Beratungsperson und Schule ist erfolgreich. Die
Beratungsperson bringt sowohl fachliches Know-how wie organisatorische Unterstützung in
den Entwicklungsprozess ein. Die Beratungsperson wird als hilfreich und förderlich bewertet,
durch ihre Präsenz wird das Projekt vorangetrieben. Für eine Beratung durch eine externe
Fachperson sprechen fachliche Argumente. Gleichzeitig können bei Schulen mit
Schulsozialarbeit durch den Einbezug einer externen Beratungsperson zusätzliche zeitliche
und fachliche Ressourcen eingeholt werden.
Empfehlungen: Die Tandembildung von Beratungsperson und Schule hat sich als
erfolgreiches Modell erwiesen und ist für Nachfolgeprojekte empfehlenswert. Eine
schulexterne Fachperson als Beratungsperson ist in den meisten Fällen von Vorteil. Bei
Schulen mit Schulsozialarbeit müssen jedoch die Rollen von externer Fachperson und
Schulsozialarbeit geklärt werden, damit die Vorteile, welche die externe Fachperson mit sich
bringt, genutzt werden können.
2. In welchem Mass haben die Ressourcen und Kompetenzen der Beratungspersonen
Einfluss auf die Entwicklung und Einführung der FF in der Schule?
Die Beratungspersonen werden in allen vier Beispielschulen als wichtig und förderlich für
den Projektprozess wahrgenommen, unabhängig von ihrem fachlichen Hintergrund oder ihren
zeitlichen Ressourcen.
In drei Schulen verfügten die Beratungspersonen über ein höheres Zeitbudget als in der
Projektkonzeption vorgesehen. Finanziert wurde dies durch Mittel der Gemeinde (zwei
Schulen) oder der Schule selbst. Dies ermöglichte in einer Schule eine höhere Anzahl von
Veranstaltungen und intensivere Entwicklungsprozesse, welche die Beratungsperson
gestaltete und initiierte. Die Arbeit der Beratungsperson wäre nach Aussage des Projektleiters
ohne zusätzliche finanzielle Mittel in dieser Form nicht möglich gewesen. Dies zeigt, dass
grosse Ressourcen der Beratungsperson einen positiven Einfluss auf die Dichte von
Veranstaltungen und Entwicklungsschritten im Prozess haben können. Die anderen zwei
Schulen mit vergleichsweise hohem finanziellem Budget hatten eine andere Ausgangslage2
(vgl. Fabian et al., 2007a); die zusätzlichen finanziellen Mittel konnten nicht in gleichem
Mass in sichtbare Aktivitäten oder Entwicklungsprozesse umgesetzt werden.
Bezüglich der eingebrachten Kompetenzen der Beratungspersonen zeigen sich nach den
vorliegenden Ergebnissen lediglich Unterschiede bei der Entwicklung der Leitfäden. In den
vier Beispielschulen brachten zwei Beratungspersonen Vorlagen für Leitfäden ein. Diese
wurden von den Projektleitungen als hilfreich bewertet. Die Ergebnisse aus der
Lehrpersonenbefragung zeigen jedoch, dass diese beiden Leitfäden als am wenigsten auf die
2 FF wurde hier gleichzeitig mit der Schulsozialarbeit eingeführt und von den Schulsozialarbeitenden
entwickelt und umgesetzt. Die gleichzeitige Einführung von Schulsozialarbeit und FF beanspruchte sowohl von den Schulen wie auch von den Schulsozialarbeitenden ein hohes Mass an Ressourcen für die Entwicklung des Konzepts und für die Definition von Aufgaben und Zuständigkeiten.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 66
Verhältnisse der Schule angepasst bewertet werden. Vorlagen können somit hilfreiche
Anhaltspunkte für die Entwicklung des schuleigenen Leitfadens bieten, ein Anpassungs-
prozess ist aber in höherem Mass notwendig.
Fazit: Die Beratungspersonen sind unabhängig von ihrem fachlichen Hintergrund und ihren
unterschiedlichen zeitlichen Ressourcen eine hilfreiche Unterstützung bei der Entwicklung
und Einführung eines FF-Konzepts in Schulen. Ein systematischer Einfluss von zeitlichen
oder fachlichen Ressourcen der teilnehmenden Beratungspersonen ist nicht erkennbar. Wenn
Vorlagen oder Konzepte aus anderen Schulen eingebracht werden, ist eine Anpassung an die
Verhältnisse der Schule notwendig.
3. Welche schulinternen Unterstützungsstrukturen wie z.B. Schulsozialarbeit bestehen,
in welcher Form werden sie in die FF eingebunden und in welchem Mass haben sie
Einfluss auf die Entwicklung und Einführung der FF?
In der Mehrheit der teilnehmenden Schulen ist die Schulsozialarbeit als Fachstelle vorhanden.
Dies weist darauf hin, dass Schulen mit Schulsozialarbeit für FF stärker sensibilisiert und eher
bereit sind, an einem solchen Projekt teilzunehmen (vgl. auch Brunner et al., 2006). Als
weitere schulinterne Unterstützungsstrukturen haben in zwei Schulen Lehrpersonen einen
Beratungsauftrag in Form einer Schülerberatung bzw. als Begleitungs- und Mediations-
lehrperson. Die Lehrpersonen mit dem Schülerberatungsauftrag wurden in das FF-Projekt
ihrer Schule einbezogen.
Die Schulsozialarbeit hat eine zentrale Rolle im FF-Prozess. Sie ist aufgrund der
Niederschwelligkeit und Präsenz im Schulhaus die erste Ansprechperson für Lehrpersonen
und Schulleitung, wenn es um den Umgang mit schwierigen Schüler/innen geht (Brunner et
al., 2006; Fabian et al., 2007a). Zudem ist sie für die Vernetzung mit Fachstellen zuständig.
Mit der Einführung des FF-Konzepts wurden die Zuständigkeiten der Schulsozialarbeit nicht
verändert, jedoch konnte eine Klärung der Schnittstellen zwischen Schulleitung,
Lehrpersonen und Schulsozialarbeit erreicht werden. Die Schnittstellen betreffen nicht nur
den Ablauf innerhalb der FF sondern darüber hinaus Situationen, in denen sowohl die
Schulsozialarbeit wie auch die Schulleitung aktiv sein müssen (z.B. in Fällen von Delinquenz,
in denen die Schulleitung mit disziplinarischen Massnahmen und die Schulsozialarbeit mit
unterstützenden Massnahmen reagiert). Ein differenzierteres Verständnis bei Schulleitung und
Lehrpersonen für das professionelle Handeln der Schulsozialarbeit wurde entwickelt. Dies
kann als erwünschter Nebeneffekt des Projekts bewertet werden. Es ist davon auszugehen,
dass die enge Zusammenarbeit von Schulleitung, Schulsozialarbeit und auch Lehrpersonen in
den Projektsteuergruppen zu dieser Klärung beitrug.
Die Schulsozialarbeit wird in den Schulen, in denen sie vorhanden ist, teilweise in grossem
Masse in die Entwicklung und Einführung von FF einbezogen. Dieser Einbezug der
Schulsozialarbeit ist aufgrund ihrer zentralen Rolle im FF-Prozess unumgänglich.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 67
Gleichzeitig bringt die Schulsozialarbeit zusätzliche fachliche und zeitliche Ressourcen in den
Prozess ein. Unseres Erachtens stellt sich jedoch die grundsätzliche Frage, welche Rolle die
Schulsozialarbeit in der Entwicklung und Einführung einnehmen soll. Bei einer Übernahme
von sehr vielen Leitungs- und Organisationsaufgaben besteht die Gefahr, dass das Projekt und
die Verantwortung an die Schulsozialarbeit delegiert werden. Tendenzen dazu werden in den
Schulen, in denen die Schulsozialarbeit gleichzeitig die Beratungsperson ist, sichtbar. Für die
Legitimation des Projekts gegenüber dem Kollegium ist jedoch die Projektleitung durch die
Schulleitung, wie vom SNGS gefordert (siehe Kap. 3.2), von Vorteil. In anderen
Projektleitungsformen, etwa der Projektleitung durch schulexterne Personen, werden
Schwierigkeiten bei der Verankerung von FF im Kollegium sichtbar.
Fazit: Die Schulsozialarbeit ist zentrale Akteurin in der FF und wird daher in die
Entwicklung und Einführung eines FF-Konzepts einbezogen. Es besteht jedoch die Gefahr,
dass die Aufgaben und insbesondere die Verantwortung hinsichtlich FF an die
Schulsozialarbeit delegiert werden. Dies kann durch die Verankerung der Projektleitung bei
der Schulleitung vermieden werden.
Die enge Zusammenarbeit in der Projektsteuergruppe und die Diskussion in der Entwicklung
der Leitfäden führten zu einer Klärung der Schnittstellen und Aufgaben von Schulleitung und
Schulsozialarbeit.
Empfehlungen: Die Schulsozialarbeit spielt eine zentrale Rolle im FF-Prozess und in der
Entwicklung von FF-Konzepten in Schulen, da sie sowohl fachliches Know-how als
Sozialarbeitende mitbringt wie auch die Schulhauskultur kennt. Daher ist sie als Ressource
auch in zukünftigen Projekten einzubeziehen. Mit Vorteil wird sie neben Projektleitung und
Beratungsperson als zusätzliche Ressource eingesetzt.
Die Projektleitung sollte auch in zukünftigen Projekten bei der Schulleitung liegen. Dies
verschafft dem Projekt im Kollegium Legitimation und ermöglicht auch eine gute Abstimmung
mit anderen im Jahresplan vorgesehenen Aktivitäten und Projekten im Schulhaus.
4. In welchem Mass erfährt das Projekt Unterstützung durch Behörden und Ämter und
welchen Einfluss hat das Mass an Unterstützung auf die Einführung der FF?
Von den teilnehmenden Schulen hatten lediglich zwei Schulen vonseiten der Gemeinde einen
offiziellen Auftrag, FF einzuführen. In den anderen Schulen ist kein Auftrag vonseiten der
Gemeinde oder einer anderen Stelle erkennbar bzw. wurde von dieser als formale Bestätigung
eingeholt, nachdem die Schule entschieden hat, am Projekt teilzunehmen. Das heisst, es lag
bei der Mehrheit der Schulen innerhalb ihres Kompetenzbereichs, über die Teilnahme zu
entscheiden.
Je nachdem, ob ein Auftrag vorliegt oder nicht, stellt sich die Frage nach der Unterstützung
vor einem anderen Hintergrund. Bei einem Top-down-Vorgehen mit einem Auftrag an die
Schulen ist vermehrt mit Widerständen und Ablehnung zu rechnen (Fabian et al., 2006) und
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 68
es ist anzunehmen, dass sich diese bei fehlenden zusätzlichen Ressourcen verstärken. Daher
ist es für den Projekterfolg in diesem Zusammenhang wesentlich, ausreichende Ressourcen
und Kompetenzen zur Verfügung zu stellen. Dies war in den zwei Schulen mit externem
Auftrag durch vergleichsweise hohe zeitliche Ressourcen der Beratungspersonen (pro Schule
20 Stellenprozente für die Schulsozialarbeitenden) und die Kompetenzen durch eine
schulexterne Projektleitung in gewissem Masse gegeben. Im Vergleich zu den anderen
Schulen wurden die Projekte in diesen zwei Schulen stärker von Seiten der Gemeinde
begleitet und unterstützt. Bei einer freiwilligen Teilnahme entscheidet die Schule von sich aus
mit dem Wissen um die vom BAG bereitgestellten finanziellen und fachlichen Ressourcen für
das Projekt. Ohne Auftrag vonseiten der Gemeinde ist eine zusätzliche Unterstützung durch
die Gemeinde wünschenswert, aber nicht zwingend. Eine Unterstützung über die bestehenden
finanziellen Mittel für Lehrpersonenweiterbildung bzw. Gesundheitsförderung hinaus ist in
diesen Schulen nur in Ausnahmefällen vorhanden.
Eine andere Form der Unterstützung fand in Form einer Mitarbeit von Gemeinde- und/oder
Schulratsvertretungen in den Projektsteuergruppen statt. In einer der Beispielschulen zeigt
sich, dass die Vertretung in der Steuergruppe als ideelle Unterstützung wahrgenommen wird
und z.B. dem Projekt nach aussen mehr Gewicht geben kann.
Bezüglich Projektprozess und Ergebnissen sind keine systematischen Unterschiede zwischen
den Schulen mit und ohne Unterstützung durch die Gemeinde erkennbar.
Fazit: Fast alle Schulen entschieden freiwillig, am FF-Projekt teilzunehmen, und erhielten
über die vom BAG zur Verfügung gestellten Mittel und die üblichen Beiträge für
Gesundheitsförderung und Lehrpersonenweiterbildung hinaus keine zusätzliche finanzielle
Unterstützung. Bei einem Auftrag vonseiten der Gemeinde wurden entsprechende Ressourcen
zur Verfügung gestellt. Ob der Auftrag von Seiten der Gemeinde einen Einfluss auf den
Projektverlauf hatte, ist aufgrund der vorliegenden Daten nicht ersichtlich.
5. Konnten die Schulen mit Unterstützung der Beratungsperson einen Interventions-
leitfaden entwickeln und umsetzen?
Von den 14 teilnehmenden Schulen haben 13 einen Interventionsleitfaden entwickelt. Diese
Zielsetzung konnte somit in fast allen Schulen erreicht werden. Die Schule, die keinen
Leitfaden entwickeln konnte, musste in der bisherigen Laufzeit des Projekts erst einen
Teamentwicklungsprozess durchlaufen, um das Schulklima insgesamt und die Bereitschaft für
FF im Besonderen zu verbessern. Dies zeigt, dass in den Schulen von unterschiedlichen
Ausgangslagen ausgegangen werden muss, die unterschiedliche zeitliche und fachliche
Bedürfnisse und Vorgehensweisen in der Entwicklung von FF mit sich bringen.
Die Ergebnisse aus den vier Beispielschulen zeigen, dass bei den Lehrpersonen grundsätzlich
Bedarf an einem Interventionsleitfaden als Instrumentarium für den FF-Prozess vorhanden ist.
Bisher setzt über ein Drittel der Lehrpersonen der vier Beispielschulen den Leitfaden ein. In
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 69
den zwei Schulen, in denen der Leitfaden seit rund einem halben Jahr zur Verfügung steht, hat
ihn bereits die Hälfte der Lehrpersonen verwendet. Da die Leitfäden zum
Befragungszeitpunkt in den anderen beiden Beispielschulen erst seit wenigen Monaten
eingeführt waren, lässt sich hier noch keine abschliessende Bewertung formulieren. Die
Evaluation der Einführung von FF in Thun zeigt jedoch ähnliche Ergebnisse (Fabian et al.,
2007a). Ebenso sprechen die genannten Gründe für das Nichteinsetzen des Leitfadens dafür,
dass die Lehrpersonen den Leitfaden bei Bedarf anwenden werden.
Die Leitfäden werden von den Lehrpersonen mehrheitlich akzeptiert und positiv beurteilt.
Optimierbar sind die Praxistauglichkeit und die Anpassung an die Bedürfnisse der Schule und
der Lehrpersonen. Dies sind aus der Sicht des Evaluationsteams zentrale Einflussfaktoren, die
darüber entscheiden können, ob ein Leitfaden verwendet wird oder nicht. Es stellt sich daher
die Frage, ob die Bedürfnisse der Schule und der Lehrpersonen im Vorhinein noch besser
abgeklärt werden könnten. Dies ist, wie oben ausgeführt, vor allem beim Einsatz von bereits
bestehenden Vorlagen notwendig. Die Situationsanalyse könnte vermehrt dazu dienen, die
bisherigen Kommunikationsprozesse und Formen der Zusammenarbeit in Zusammenhang mit
gefährdeten Schüler/innen sowie den Bedarf an Neuerungen und Anpassungen zu erfassen.
Die Wirkung des Leitfadens auf tatsächlich stattfindende FF abzuschätzen, ist im Rahmen der
vorliegenden Evaluation nicht möglich. Dazu wäre eine Datenerhebung in einem grösseren
zeitlichen Abstand nach der Einführung des Leitfadens notwendig. Als erste positive
Veränderung durch die Leitfadenentwicklung konnte von den Beteiligten jedoch eine Klärung
und Strukturierung der Abläufe und Zuständigkeiten in Gefährdungssituationen festgestellt
werden. Diese Verbesserung trägt zu mehr Verbindlichkeit und Handlungssicherheit bei allen
Beteiligten bei.
Fazit: Fast alle Schulen haben das Ziel, einen Leitfaden zu entwickeln, erreicht. Dies ist als
wesentlicher Beitrag zum Handlungsrepertoire der Lehrpersonen und Schulleitungen zu
bewerten. Der Leitfaden wird von den Lehrpersonen als den Hauptakteuren der FF positiv
beurteilt und in einem zu erwartenden Mass eingesetzt. Die Anpassung der Leitfäden an die
Bedürfnisse und die Praxis der Schulen könnte noch optimiert werden. Die
Leitfadenentwicklung in den Schulen trug zu einer Klärung und Strukturierung von Abläufen
und Zuständigkeiten bei.
Empfehlungen: Die Entwicklung eines Leitfadens ist für die Schulen ein im Rahmen eines
zweijährigen Projekts erreichbares Ziel und führt zu einer Klärung der Abläufe und
Zuständigkeiten. In diesem Sinn sollte die Leitfadenentwicklung als Projektbestandteil
beibehalten werden. Die Anpassung an die Verhältnisse der Schule ist gezielt vorzunehmen,
insbesondere wenn Vorlagen aus anderen Schulen verwendet werden. Die Situationsanalysen
könnten vermehrt dazu genutzt werden, die Kommunikationsstrukturen, Prozesse und
Bedürfnisse der Schulen abzuklären, um die Leitfäden noch besser anzupassen. Dies könnte
die Wahrscheinlichkeit für die Anwendung des Leitfadens erhöhen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 70
6. In welchen Aspekten unterscheiden sich die Interventionsleitfäden?
Die Leitfäden der verschiedenen Schulen sind in ihrer Struktur sehr ähnlich und als
Stufenmodelle angelegt. Zwei der 14 Schulen (von denen eine als Beispielschule ausgewählt
wurde) unterscheiden sich mit ihrem Leitfaden darin, dass sie für jede Problematik (bisher 14
Thematiken wie z.B. Cannabiskonsum, depressive Verstimmung oder Mobbing) einen
eigenen Leitfaden entwickelt haben. Dies hat unseres Erachtens Vor- und Nachteile. Der
Vorteil besteht darin, dass der Leitfaden spezifischer an die gegebene Problematik angepasst
werden konnte, z.B. hinsichtlich der Intervention und des Einbezugs einer geeigneten
Fachstelle. Ein Nachteil besteht darin, dass die Lehrpersonen bereits sehr früh und
eigenständig eine Diagnose stellen müssen. Dies verlangt von ihnen viel Fachwissen, das
teilweise auch über das pädagogische Fachwissen hinausgeht. Auch ist immer eine Diagnose
notwendig um FF für die spezifische Problematik einleiten zu können. Offene Beobachtung
und Gesprächsführung sind dadurch eher nicht möglich. Ein weiterer Nachteil besteht darin,
dass Problematiken, zu denen kein Leitfaden vorhanden ist, nicht strukturiert angegangen
werden. Die Äusserung einer Lehrperson, dass sie noch keinen Leitfaden eingesetzt hat, weil
zu diesem Thema (noch) keiner vorliegt, bestätigt diese Annahme. Die Lehrpersonen
beurteilen die bisher bestehenden themenspezifischen Leitfäden als weniger übersichtlich und
nachvollziehbar, ihre Praxistauglichkeit jedoch als vergleichsweise hoch.
Die Leitfäden der 13 Schulen unterscheiden sich hinsichtlich des Zeitpunkts für den Einbezug
der Eltern, der Einbezug ist jedoch in allen Schulen (mit einer Ausnahme) vorgesehen. Des
Weiteren unterscheiden sich die Leitfäden im Hinblick auf die Verantwortungsübergabe an
die Schulleitung und den Einbezug von externen Fachstellen.
Fazit: Die Leitfäden sind sehr ähnlich aufgebaut. Themenspezifische Leitfäden verlangen von
den Lehrpersonen viel Fachwissen über Diagnostik und beschränken sich auf die
ausgewählten Themen. Die vermuteten Vor- und Nachteile der themenspezifischen Leitfäden
müssen in der Praxis überprüft werden.
7. Wie direktiv (Handlungsanleitung) oder wie offen (Gestaltungsspielraum) sind die
Modelle?
Die Interventionsleitfäden sind in ihrem Aufbau eher starr. Der Einstieg erfolgt stets auf der
ersten Stufe, und darauf folgt die nächste Stufe. Bei einer Deeskalation ist eine Zurückstufung
nicht vorgesehen. Hier stellt sich aus der Sicht des Evaluationsteams die Frage, ob mit einer
flexibleren Ausgestaltung der Interventionsleitfäden in Bezug auf den Eintritt und den Verlauf
adäquatere Interventionen möglich wären.
In der Ausgestaltung der einzelnen Stufen, insbesondere im Einbezug der Schulsozialarbeit
und der externen Fachstellen sind jedoch Gestaltungsspielräume definiert. Der Einbezug der
Schulsozialarbeit und der anderen Fachstellen ist auf den unteren Stufen häufig optional,
wodurch den Lehrpersonen ermöglicht wird, die Notwendigkeit einer Unterstützung selbst zu
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 71
beurteilen und nach eigenem Bedürfnis in Anspruch zu nehmen. Die Lehrpersonen der vier
Beispielschulen nehmen ihre Gestaltungsspielräume als mittel bis gross wahr. Gleichzeitig
zeigt die Klarheit bezüglich der eigenen Aufgaben und Verantwortung, dass die Spielräume
für die Lehrpersonen nicht zu gross sind. Innerhalb der Stufen scheint somit eine geeignete
Balance zwischen Vorgaben und Gestaltungsspielraum gefunden worden zu sein.
Fazit: Der Aufbau der Leitfäden und die Steigerung von Stufe zu Stufe sind als eher starr zu
beurteilen. Eine flexiblere Gestaltung (z.B. nach Schwere der Symptomatik und die
Zurückstufung bei Verbesserung) könnte zusätzlichen Spielraum für den Einzelfall geben.
Innerhalb der Stufen konnte eine gute Balance zwischen direktiven Vorgaben und
Spielräumen gefunden werden.
8. In welchem Mass konnten die Lehrkräfte ihr Wissen über Gefährdungssituationen
und Gefährdungsentwicklungen erweitern?
Spezifische Veranstaltungen für Lehrpersonen fanden in allen Schulen statt. Neben der
Einführung in den Leitfaden waren Weiterbildungen zu Symptomen und zu allgemeinen
entwicklungspsychologischen Aspekten des Jugendalters am häufigsten. Die Hälfte der
Schulen führte entsprechende Weiterbildungsveranstaltungen für die Lehrpersonen durch.
Die Ergebnisse aus den vier Beispielschulen zeigen, dass durch das FF-Projekt bei den
Lehrpersonen Wahrnehmung für Gefährdungen sensibilisiert wurde. Ebenfalls wird deutlich,
dass durch Weiterbildungsveranstaltungen das Wissen der Lehrpersonen vermehrt werden
kann. In den Schulen B und D, in denen Weiterbildungsveranstaltungen stattfanden, berichten
90% der Lehrpersonen über einen Wissenszuwachs. Auch in den anderen beiden Schulen
konnte die Mehrheit der Lehrpersonen ihr Wissen nach eigenen Angaben erweitern. Somit
sind nicht nur Weiterbildungsveranstaltungen, sondern auch die Auseinandersetzung mit FF
in Gesprächen mit Kollegen und Fachpersonen wissensgenerierend.
Wissen über Symptome stellt nicht nur eine Grundlage für das frühzeitige Erkennen von
Gefährdungen dar, sondern, so zeigen die Ergebnisse, trägt auch zu einer vermehrten
Handlungssicherheit bei. Neben dem verbesserten Austausch mit Kolleginnen und Kollegen
und dem Leitfaden ist für rund die Hälfte der Lehrpersonen das Wissen um Symptome und
Fachstellen ein zentraler Faktor für mehr Handlungssicherheit im Umgang mit gefährdeten
Jugendlichen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 72
Fazit: Die Sensibilisierung der Lehrpersonen für Gefährdungssituationen und das Wissen
über Gefährdungsentwicklungen konnte im Rahmen von Weiterbildungsveranstaltungen, aber
auch durch den Austausch im Kollegium und mit Fachpersonen erhöht werden. Durch
ausreichend Wissen über Gefährdungssituationen und -entwicklungen kann die Lehrperson
nicht nur Symptome frühzeitig wahrnehmen, sondern auch mit grösserer Sicherheit in der
Situation handeln.
Empfehlungen: Die Lehrpersonen sind die zentralen Akteure der Früherkennung in den
Schulen. Ein minimales Wissen über Symptome und Gefährdungsentwicklungen ist notwendig
und führt zu mehr Handlungssicherheit. Dies kann, so zeigen die Ergebnisse, über
Weiterbildungsveranstaltungen und die Auseinandersetzung mit dem Thema im Kollegium
erreicht werden. Langfristig sollte in den Schulen das Thema immer wieder aufgenommen
werden, um einerseits neue Lehrpersonen weiterzubilden und andererseits die Sensibilität
aufrechtzuerhalten.
9. Verfügen die Lehrkräfte und Schulleitungen über ein Handlungsrepertoire, das sie
bei einer Gefährdung gezielt und sicher einsetzen können?
Die Ergebnisse der vier Beispielschulen zeigen mehrere positive Veränderungen auf
struktureller und individueller Ebene, welche wesentlich zu einem sicheren und adäquaten
Verhalten der Lehrpersonen und Schulleitung in Gefährdungssituationen beitragen:
• Auf struktureller Ebene wurden in zwei Schulen Intervisions- und Feedbackgruppen
eingerichtet. Innerhalb von Intervisionsgruppen können das eigene professionelle Handeln
reflektiert und durch den Austausch über individuelle Erfahrungen Fachwissen und
Handlungskompetenzen erweitert werden. Die verbesserte Zusammenarbeit und die
Unterstützung im Kollegium werden von einigen Lehrpersonen der Beispielschulen als
wichtigste Veränderungen durch das FF-Projekt genannt.
• Der Leitfaden als schriftlich festgelegtes Vorgehen wird am häufigsten als zentrale
Veränderung durch das FF-Projekt genannt und mehrheitlich auch akzeptiert. Der
Leitfaden leitet die Lehrpersonen zu einem definierten, geregelten Vorgehen im Fall einer
FF an und klärt die Zuständigkeiten zwischen den Beteiligten.
• Auf individueller Ebene konnte in zwei Schulen festgestellt werden, dass die Lehrpersonen
über verbesserte Gesprächsführungskompetenzen verfügen. Ein veränderter, reflektierterer
Umgang mit den Schüler/innen wird festgestellt. Dies wirkt sich positiv auf die Gespräche
mit den Schüler/innen sowie deren Eltern aus. Als Hilfsmittel dienen schriftliche Vorlagen
(z.B. Vereinbarungen mit Schüler/innen und Eltern über Verhaltensänderungen) und der
Interventionsleitfaden.
In allen vier Schulen gibt die Mehrheit der Lehrpersonen eine leichte Zunahme ihrer
Handlungssicherheit im Umgang mit schwierigen Situationen und gefährdeten Jugendlichen
an. Diese konnte neben dem erhöhten Wissen hauptsächlich durch den Austausch im Team
und den Leitfaden erreicht werden.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 73
Die Frage, ob die Lehrpersonen und Schulleitungen über ein geeignetes Handlungsrepertoire
verfügen, lässt sich nicht abschliessend beantworten. Die Veränderungen auf struktureller und
individueller Ebene geben jedoch Hinweise darauf, dass durch das FF-Projekt
Entwicklungsschritte möglich sind. Die Ergebnisse aus den vier Beispielschulen zeigen aber
auch, dass nicht in allen Schulen über den Leitfaden hinausgehende Veränderungen auf
Verhaltensebene erreicht werden konnten.
Fazit: Intervisionsgruppen und die Einführung des Leitfadens tragen zu mehr
Handlungssicherheit und Handlungskompetenzen bei den Lehrpersonen bei. Die Kompetenz-
steigerung in einzelnen Schulen ist als erfolgreiche Entwicklung durch das FF-Projekt zu
werten, in manchen Schulen sind jedoch weitere Anstrengungen notwendig.
10. Wie arbeiten Schulleitung und die einzelnen Lehrpersonen im Falle einer
Gefährdung zusammen?
Die Zuständigkeiten der Lehrpersonen und Schulleitungen sind in den Leitfäden definiert. Im
FF-Prozess haben in den teilnehmenden Schulen mehrheitlich die Lehrpersonen, insbesondere
die Klassenlehrpersonen die Verantwortung. Aussagen von Lehrpersonen lassen darauf
schliessen, dass dies mehrheitlich geschätzt wird, von Einzelnen aber als fachliche und
zeitliche Überforderung angesehen wird. In zehn der vorliegenden Leitfäden wird die
Schulleitung erst auf der vorletzten oder letzten Stufe einbezogen und die Verantwortung
teilweise an sie abgegeben. Bei Gefährdungsmeldungen oder anderen gravierenden
Sanktionen übernimmt die Schulleitung die Einleitung dieser Massnahmen. Die gemeinsame
Entwicklung des Leitfadens führte zu einer Diskussion über Aufgaben und
Verantwortlichkeiten der Lehrpersonen und der Schulleitung, und trug so zu einer Klärung
der Aufgaben und Zuständigkeiten zwischen allen Beteiligten bei. Inwiefern diese
Aufgabenteilung und die Verantwortungsübernahme von Lehrpersonen und Schulleitung
umgesetzt werden, wurde in der vorliegenden Evaluation nicht erfasst und müsste an
konkreten Einzelfällen untersucht werden.
Fazit: Im FF-Prozess sind die Lehrpersonen die zentralen Akteure und Verantwortungsträger.
Wie die Zusammenarbeit zwischen Lehrpersonen und Schulleitung in der Praxis funktioniert,
ist aus den bisherigen Ergebnissen noch nicht erkennbar. Jedoch wird deutlich, dass die
gemeinsame Entwicklung des Leitfadens eine gute Möglichkeit ist, Aufgaben und
Verantwortlichkeiten zu definieren.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 74
11. Wurde in der Schule eine gemeinsame Haltung zur FF entwickelt und wie ist sie
formuliert?
Vier der insgesamt 14 Schulen setzten sich die Haltungsentwicklung explizit zum Ziel. In
zwei dieser Schulen sowie in einer weiteren, die sich allerdings keine entsprechende
Zielsetzung gesetzt hatte, wurden Veranstaltungen zur Haltungsentwicklung durchgeführt. Im
Vergleich mit den anderen Zielsetzungen im Rahmen des FF-Projekts wie
Leitfadenentwicklung, Wissenserweiterung oder Vernetzung mit Fachstellen ist der Anteil der
Schulen, die sich mit der Haltungsentwicklung befassen wollten oder sich damit
auseinandersetzten, gering.
Von den vier Beispielschulen haben zwei explizit zum Ziel, eine gemeinsame pädagogische
Haltung zum Umgang mit FF im Kollegium zu entwickeln (siehe Tabelle 15 im Anhang). In
diesen zwei Schulen wurde dies entsprechend in Veranstaltungen umgesetzt. In einer dritten
Schule wuchs im Verlauf des Projekts die Erkenntnis, dass die gemeinsame Haltung als Basis
für die FF zu entwickeln ist und somit im weiteren Verlauf des Projekts vermehrt aufgegriffen
werden sollte. Aus den Antworten der Lehrpersonen ist erkennbar, dass die
Haltungsentwicklung in diesen drei Schulen Thema ist, der Prozess jedoch noch nicht
abgeschlossen werden konnte. In einer Schule kann jedoch von einer deutlich positiven
Entwicklung berichtet werden. Eine Veränderung fand dahingehend statt, dass jetzt eine
gemeinsame Linie im Umgang mit auffälligen Jugendlichen und eine stärkere gemeinsame
Verantwortungsübernahme bestehen.
Als hemmender Faktor für die Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung stellte
sich das unterschiedliche Rollenverständnis der Lehrpersonen heraus. Ein Teil der
Lehrpersonen, nach Aussagen von Beteiligten insbesondere der Sekundarstufe II, sieht seine
Aufgabe hauptsächlich in der Wissensvermittlung. Eine erfolgreiche FF kann jedoch nur
eingeführt werden, wenn alle Lehrpersonen der Überzeugung sind, dass sie neben dem
Bildungsauftrag auch einen Erziehungsauftrag erfüllen sollten. Denn für die Schule ist es
relevant, dass sie Schüler/innen hat, die motiviert, lernbereit und aufnahmefähig sind. Eine
Diskussion über das Rollenverständnis der Lehrperson ist demnach vor Einführung von FF
unumgänglich. Ähnliche Ergebnisse zeigen sich im Projekt 'Schule und Cannabis' (Fabian et
al., 2006).
Aus der Sicht der Evaluation sollte die Diskussion über eine gemeinsame Haltung in allen
Schulen geführt werden. FF ist nicht allein von einem guten Instrument abhängig, sondern
von der Art und Weise, wie die Lehrpersonen das Instrument umsetzen. Grundlage für die
Umsetzung ist die pädagogische Haltung der Lehrpersonen bezüglich des Umgangs mit
gefährdeten Schüler/innen. Insbesondere für eine langfristige Nutzung und Verankerung der
Idee von FF muss eine entsprechende Schulhauskultur vorhanden sein.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 75
Fazit: Nur ein kleiner Teil der Schulen hat die Entwicklung einer gemeinsamen Haltung als
Ziel. Von den zwei Beispielschulen mit entsprechender Zielsetzung konnte eine das Ziel
erreichen. In anderen Schulen wuchs das Bewusstsein für die Wichtigkeit der gemeinsamen
Haltung im FF-Prozess. Das unterschiedliche Rollenverständnis der Lehrpersonen
hinsichtlich ihres Erziehungsauftrags und die fehlende gemeinsame Haltung sind hinderlich
für eine erfolgreiche FF.
Empfehlung: Die gemeinsame Haltung der Lehrpersonen ist die Grundlage für die
erfolgreiche, langfristige Umsetzung des FF-Konzepts und eine Schulhauskultur, in der FF
verankert ist. Daher sollte die Haltungsfrage bei der Entwicklung und Einführung des
Leitfadens thematisiert werden. Den Schulen sollte die Notwendigkeit der Haltungs-
entwicklung aufgezeigt werden.
12. Besteht ein Netzwerk von Fachstellen, das die Schulen bei Bedarf in Anspruch
nehmen können, und wie ist es ausgestaltet?
Die Frühintervention kann je nach notwendiger Unterstützung für den Schüler / die Schülerin
von externen Fachpersonen angeboten werden. Für das Einleiten einer adäquaten Intervention
ist es wichtig, dass die Schulen relevante Fachstellen und Fachpersonen kennen. Wenn die
Fachstellen bekannt sind und bereits erste Kontakte bestehen, kann eine Unterstützung
schneller und gezielter angeboten werden. Der Kontakt kann in unterschiedlicher Intensität
bestehen:
1. Die Lehrpersonen haben eine Liste mit den relevanten Fachstellen und deren Angebot.
2. Ansprechpersonen der Fachstellen werden einmalig eingeladen, um sich dem Kollegium
vorzustellen.
3. Es finden regelmässige Kontakte zwischen den Ansprechpersonen der Fachstellen und
dem Kollegium statt.
Betrachtet man die teilnehmenden Schulen, zeigt sich, dass zwei Schulen keinerlei Kontakt zu
den Fachstellen herstellten, auch nicht im Sinne einer Liste für die Lehrpersonen. Dies ist zum
einen die Schule, welche zuerst einen Schulentwicklungsprozess durchlief und auch noch
keinen Interventionsleitfaden entwickeln konnte, zum anderen eine Schule, welche im
Leitfaden keinen Einbezug von externen Stellen vorsieht. Hier stellt sich die Frage, ob in
dieser Schule die Lehrpersonen alleinige Akteure der Frühintervention sind, was in einigen
Fällen eine Überforderung für sie bedeuten würde. Mehrheitlich haben die teilnehmenden
Schulen jedoch eine Liste der Fachstellen zusammengestellt. Knapp die Hälfte der Schulen
nahm mit Fachstellen Kontakt auf, um sie in die Schulen einzuladen und in den
Entwicklungsprozess, z.B. in die Leitfadenentwicklung, einzubeziehen. In einer Schule sind
Bemühungen feststellbar, zusammen mit der Gemeinde ein regelmässiges Treffen („runder
Tisch“) einzurichten. Insgesamt wird jedoch deutlich, dass die Kooperation mit den
Fachstellen von den Schulen als schwierige und langwierige Aufgabe bewertet wird.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 76
Aus der Sicht des Evaluationsteams stellt sich die Frage, inwiefern jede Schule ein Netzwerk
aufbauen sollte bzw. wie die Kooperationen zwischen Schule und Fachstellen in den
einzelnen Schulen aussehen kann. Bei einer Netzwerkbildung sind unter anderem folgende
Punkte zu berücksichtigen (Miller, 2005):
• Zweck: Netzwerke sollten zielgerichtet sein. Das heisst, bevor die Schule an der
Vernetzung zu arbeiten beginnt, sollte der Zweck der Kontaktaufnahme festgelegt werden.
Sollen die Lehrpersonen die Fachstellen und ihr Angebot lediglich etwas kennen, die
Triage aber über die Schulsozialarbeit laufen, reicht eine aktuelle Liste mit Fachstellen für
die Lehrpersonen aus. Sollen die Lehrpersonen jedoch im FF-Prozess die Schüler/innen an
Fachstellen weitervermitteln, ist es von Vorteil, wenn zwischen Lehrpersonen und
Fachstellen persönliche Kontakte bestehen. Der Zweck der Vernetzung wären hier also das
gegenseitige Kennenlernen und evtl. ein regelmässiger Austausch über Angebote.
• Beteiligte: Bevor die Vernetzung aufgebaut wird, sollte entschieden werden, wer innerhalb
der Schule welche Rolle bei der Zusammenarbeit mit den Fachstellen übernimmt.
Entsprechend können die Massnahmen zur Vernetzung geplant werden. In den
teilnehmenden Schulen gibt es verschiedene Modelle, z.B. eine Vernetzung allein über die
Schulsozialarbeit; Lehrpersonen sind nicht beteiligt, somit sind keine Massnahmen auf der
Lehrpersonenebene notwendig. Oder die Vernetzung läuft zwar hauptsächlich über die
Schulsozialarbeit, aber die Lehrpersonen sollen z.B. für eine Projektarbeit die
entsprechenden Fachstellen direkt anfragen; dann ist eine Bekanntmachung der Fachstellen
notwendig.
• Ressourcen: Für eine Vernetzung sind fachliche und finanzielle Ressourcen notwendig.
Im Fall von FF müssten sowohl die Schulen wie auch die Fachstellen über entsprechende
Ressourcen verfügen können. Zu beachten ist ausserdem, dass der Aufbau eines Netzwerks
eine langfristige Aufgabe darstellt und somit auch langfristig Ressourcen eingeplant
werden müssen.
Sind die genannten Punkte festegelegt, kann die Form der Zusammenarbeit gemeinsam
definiert werden.
Als Brücke zwischen Schule und Fachstellen werden im FF-Projekt die Schulsozialarbeit und
teilweise auch die externen Beratungspersonen wahrgenommen. Auch bestehen nach Aussage
der Beteiligten erfolgreiche Modelle der Kooperation, in denen die Schulsozialarbeit als
zentrale Triagestelle die Zusammenarbeit mit den externen Fachstellen übernimmt. Als
hinderlicher Faktor werden neben den mangelnden Ressourcen die bisher schlechten
Erfahrungen der Schulen bei der Zusammenarbeit mit den Fachstellen genannt. Der
Informationsfluss wird als einseitig (von der Schule zur Fachstelle) empfunden. Die Kriterien
für den Datenschutz sind für die Schulen unklar.
Insgesamt sind in den teilnehmenden Schulen erste Schritte und verschiedene Modelle zur
Vernetzung erkennbar. Deren Nachhaltigkeit und Praxistauglichkeit müsste aufgrund des
langwierigen Prozess zu einem späteren Zeitpunkt überprüft werden.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 77
Fazit: Es ist ersichtlich, dass verschiedene Modelle der Vernetzung möglich sind. Knapp die
Hälfte der Schulen nahm im Rahmen des FF-Projekts Kontakt mit Fachstellen auf. Insgesamt
wird die Vernetzung eher als schwierig und langwierig beurteilt.
Empfehlung: Der Auftrag an die Schulen, für den FF-Prozess ein Netzwerk aufzubauen,
sollte klarer formuliert werden. Denn bevor von den Schulen ein Netzwerk aufgebaut werden
kann, müssen Zweck, Beteiligte und erforderliche Ressourcen festgelegt werden. Für die
Vernetzung von Schulen und Fachstellen sind verschiedene Modelle möglich und erfolgreich.
Eine Abklärung der vorhandenen Kontakte, der bisherigen Schwierigkeiten und des Bedarfs
im Rahmen der Situationsanalyse kann Hinweise auf das geeignete Modell geben.
13. Wurden die Eltern über das Konzept informiert und in welchem Umfang findet im
Zusammenhang mit der FF eine Kooperation zwischen Eltern und Schule statt?
Elternarbeit sollte aus der Sicht des Evaluationsteams Bestandteil von FF in der Schule sein.
Gerade Eltern von gefährdeten Schüler/innen sind durch die Schule häufig schwerer zu
erreichen, was eine gute Zusammenarbeit auf struktureller Ebene notwendig macht (Meister
& Trauffer, 2007). Ebenso zeigen Ergebnisse aus anderen Projekten, dass Partizipation der
Beteiligten ein Erfolgsfaktor für ein Präventionsprogramm darstellt (Frehner, 2005).
Die Information über FF und der Einbezug der Eltern in das Projekt gestaltete sich in den
teilnehmenden Schulen sehr unterschiedlich. Die Palette reicht von keinerlei Information bis
zur Mitarbeit und Mitentscheidung im Rahmen der Projektsteuergruppe. Die Ergebnisse
zeigen jedoch, dass der Einbezug der Eltern in der bisherigen Projektlaufzeit insgesamt nicht
sehr ausgeprägt war. Von den sechs Schulen, welche sich die Zusammenarbeit mit den Eltern
im Rahmen des FF-Projekts als Ziel setzten, konnten vier Schulen dieses umsetzen. Eine
weitere Schule führte auch ohne entsprechende Zielsetzung Veranstaltungen für die Eltern
durch.
Für das Projektjahr der Verlängerungsphase (Schuljahr 07/08) planen weitere Schulen, die
Eltern über das Thema zu informieren. Dies macht deutlich, dass das Vorgehen hinsichtlich
Information und Beteiligung der Eltern eher unklar war. Zum anderen zeigt der späte
Einbezug der Eltern auch, dass in vielen Schulen zuerst ein kollegiumsinterner Prozess
vollzogen wird: In einem ersten Schritt wird das Thema innerhalb der Schule bearbeitet und
Strukturen werden geschaffen, dann erst wird das Projekt nach aussen getragen. Nur in
Schulen mit bereits bestehenden Kooperationsstrukturen (wie z.B. Elternvereinigung) findet
von Anfang an ein vermehrter Einbezug statt. In den anderen Schulen muss zuerst die Form
der Information und Kooperation gefunden werden, was zusätzliche Zeit braucht.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 78
Fazit: Der Einbezug der Eltern als zentrales Element bei der Einführung von FF ist im
Rahmen der bisherigen Laufzeit des Projekts in wenigen Schulen gelungen. Schulen mit
bestehenden Kooperationsstrukturen zwischen Schule und Eltern nutzen diese, Schulen ohne
bestehende Kooperationsstrukturen müssen die Form eines möglichen Einbezugs erst
erarbeiten.
Empfehlung: Elternarbeit sollte auch in zukünftigen Projekten angestrebt werden, um FF als
erfolgreiches Präventionsprogramm einzuführen und umzusetzen. Damit die Schulen dies in
zwei bis drei Projektjahren erreichen, ist (je nach bereits bestehenden Kooperations-
strukturen) Unterstützung vonseiten der Projektträger notwendig. Mögliche Unterstützung
könnte in Form von Konzepten oder Best-Practice-Modellen erfolgen.
14. Wie wurden die Schüler/innen über das neue Konzept informiert?
Die Hälfte der Schulen bezog die Schüler/innen in die Situationsanalyse ein, d.h. die
Schüler/innen wurden zu ihrem Wohlbefinden und ihrer Problemlage befragt. Ob die
Ergebnisse Einfluss auf den weiteren Verlauf des Projekts hatten, ist für die Evaluation in den
meisten Schulen nicht schlüssig ersichtlich. In zwei Schulen zeigt sich jedoch, dass die
Ergebnisse der Situationsanalyse erst nach der Planung und dem ersten Jahr des Projekts
bekannt waren und damit erst dann gegebenenfalls einbezogen werden konnten. Aus der Sicht
der Evaluation stellt sich die Frage, inwiefern und in welchem Ausmass eine Analyse des
Wohlbefindens und der Problemlage für die Schulen notwendig und nützlich ist, da die
häufigsten Problematiken aus nationalen Studien wie z.B. HBSC- oder SMASH-Studien (z.B.
Schweizerische Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA), 2007) bekannt
sind. Die Befragung der Schüler/innen kann jedoch dazu dienen, die Schüler/innen, aber auch
die Lehrpersonen, Schulleitungen, Eltern und weitere Akteure für die Thematik zu
sensibilisieren und den Bezug zur eigenen Schule zu schaffen. Aufwand und Nutzen des
Erfassens der Problemlagen sollte von den Schulen im Vorhinein abgewogen werden.
Wiederum die Hälfte der Schulen führte Veranstaltungen für Schüler/innen durch. Diese sind
alle der Gesundheitsförderung und universellen Prävention zuzuordnen. Ein konkreter Bezug
zu FF ist unseres Erachtens nicht gegeben. Weitere Schulen haben sich die Ausweitung des
Projekts auf die Ebene der Schüler/innen für das letzte Projektjahr vorgenommen. Demnach
kann - wie bei der Frage nach dem Einbezug der Eltern - festgestellt werden, dass in einigen
Schulen zuerst ein kollegiumsinterner Prozess durchlaufen werden muss, bevor Aktivitäten
ausserhalb des Kollegiums stattfinden können.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 79
Fazit: In der Hälfte der Schulen wurden die Schüler/innen in die Situationsanalyse
einbezogen. Ebenso häufig fanden für Schüler/innen Veranstaltungen zu Themen der
Gesundheitsförderung und Prävention statt. Die Befragung der Schüler/innen im Rahmen der
Situationsanalyse stellt aber keine Beteiligung im engeren Sinne dar, da die Schüler/innen nur
Auskunftgebende sind und nicht mitdiskutieren können. Als positiver Effekt könnte eine
Sensibilisierung für das Thema bei den Schüler/innen entstehen. Insgesamt bringen die
Befragungen keine überraschenden Ergebnisse. Eine Beteiligung im Sinne einer
Mitgestaltung des Projekts war lediglich in einer Schule vorgesehen.
Empfehlungen: Die Beteiligung der Schüler/innen im Sinne einer Mitgestaltung im Projekt
wäre erstrebenswert, da die Schüler/innen die Hauptbetroffenen sind und sich eine
Partizipation voraussichtlich positiv auf den Erfolg der FF auswirken würde (Frehner, 2005).
Wiederum könnten Konzepte und Best-Practice-Modelle, z.B. die Beteiligung des Schülerrats
oder die Diskussion von Regelwerken und Leitfäden mit Schüler/innen, den Schulen
Anregungen für die Gestaltung geben.
Zielsetzung, Inhalt und Aufwand der Situationsanalyse sind zu prüfen. Informationen über
den Gesundheitszustand und das Gesundheitsverhalten der Schweizer Schüler/innen kann
aktuellen Studien entnommen werden. Die Befragung der Schüler/innen kann jedoch einen
Einstieg in das Thema bieten. Aus der Sicht der Evaluation sollte die Situationsanalyse
vermehrt zur Abklärung der Ausgangslage in Bezug auf die Prozesse und Strukturen genutzt
werden. Um die Situationsanalyse nicht zu umfassend zu gestalten, müssen Prioritäten gesetzt
werden.
15. In welchem Umfang wurden die Lehrpersonen in die Entwicklung und Einführung
des FF-Konzepts einbezogen und welchen Einfluss hat die Stärke des Einbezugs?
Die Partizipation der Beteiligten ist ein zentraler Erfolgsfaktor für Präventionsprogramme
(Frehner, 2005). Die Lehrpersonen sind die Hauptakteure im FF-Prozess, insbesondere der
Früherkennung, in einigen Schulen aber auch der Frühintervention. Aus diesem Grund
nehmen wir die Frage nach dem Mass der Beteiligung der Lehrpersonen hier als zusätzliche
Evaluationsfrage auf.
Als positiv zu beurteilen ist, dass in allen Projektsteuergruppen Lehrpersonen vertreten sind
und dass die Teilnahme am Projekt die Zustimmung des Kollegiums erfordert. Beide
Kriterien wurden von den Projektträgern (BAG, SNGS und HSA Luzern) vorgegeben und
von den Schulen eingehalten. Dies bildet die Grundlage für einen partizipativen Prozess in
dem Sinn, dass zumindest die Lehrpersonen als Berufsgruppe durch Einzelne in der
Projektsteuergruppe vertreten sind und mitentscheiden können. Diese Zusammenstellung der
Steuergruppen wurde von den Mitgliedern der Steuergruppe der vier Beispielschulen als
sinnvoll beurteilt. Aus den Interviews wird deutlich, dass die Lehrpersonen der Steuergruppe
sowohl Informationen von der Steuergruppe in das Kollegium brachten als auch kritische
Rückmeldungen aus dem Kollegium in die Steuergruppe.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 80
Über diesen Einbezug einzelner Lehrpersonen hinaus gestaltete sich der Einbezug des
Gesamtkollegiums in den vier Beispielschulen unterschiedlich. In einer Schule wurde das
Kollegium in geringem Masse einbezogen und es fanden vergleichsweise wenige
Veranstaltungen für Lehrpersonen statt. Das heisst, FF wurde hauptsächlich in der
Steuergruppe thematisiert und bearbeitet. Dies schlägt sich in der eher geringen Bekanntheit
des FF-Konzepts und des Leitfadens bei den Lehrpersonen nieder. Die Hälfte der
Lehrpersonen an dieser Schule hatte bisher (nach zwei Jahren Projektlaufzeit) nach eigenen
Aussagen vom Konzept nur gehört. Ebenso konnte eine vergleichsweise geringe Steigerung
von Wissen und Handlungssicherheit erreicht werden. Die genannten Punkte sprechen für den
positiven Einfluss eines stärker partizipativen Vorgehens. Dieses führt zu grösserer
Bekanntheit und zentralen Entwicklungen bei den Lehrpersonen. Ob der Einbezug der
Lehrpersonen im Wesentlichen in Form von Veranstaltungen, wie er von zwei der vier
Beispielschulen gestaltet wurde, oder in Form von Mitarbeit in Arbeitsgruppen stattfindet, ist
abhängig von der Grösse des Kollegiums, von der Teamkultur und von den vorhandenen
Ressourcen.
Fazit: In allen Schulen waren Lehrpersonen in der Projektsteuergruppe vertreten und konnten
somit über den Verlauf und die Ausgestaltung des Projekts mitbestimmen. Ein Einbezug des
Gesamtkollegiums über Veranstaltungen oder Arbeitsgruppen wirkte sich positiv auf die
Bekanntheit der Thematik aus und führte zu mehr Wissen und Handlungssicherheit bei den
Lehrpersonen.
Empfehlungen: Die Partizipation der Lehrpersonen bei der Einführung und Entwicklung von
FF sollte in zukünftigen Projekten noch stärker gefördert werden, da sich FF so nachhaltiger
im Kollegium verankern lässt und der Austausch im Team zu mehr Handlungssicherheit
beiträgt. Die Wahrscheinlichkeit für einen längerfristigen Erfolg des FF-Konzepts kann durch
einen verstärkten Einbezug erhöht werden.
Für einen partizipativen Projektprozess müssen genügend Ressourcen eingeplant werden.
Weiterbildungszeit für das ganze Kollegium muss vorhanden sein und investiert werden,
ansonsten besteht bei den Lehrpersonen die Gefahr fehlender Motivation zur Mitarbeit.
16. Welche Themen werden im Projekt bearbeitet?
Alle Leitfäden sind auf allgemeine Gefährdungssituationen ausgerichtet bzw. beziehen sich
auf verschiedene Themen, auch unabhängig von der Suchtproblematik. Dies entspricht der
aufgezeigten momentanen Entwicklung von FF-Konzepten: weg von der Suchtproblematik,
hin zu einem breiteren Verständnis von Gefährdungsentwicklungen. Die Nähe zu
Suchtproblematik, universeller Prävention und Gesundheitsförderung ist teilweise in den
Zielsetzungen der Schulen (vgl. Tabelle 15 im Anhang) sichtbar, in deutlich stärkerem Mass
jedoch in den Veranstaltungen für die Schüler/innen. Diese können alle als Massnahmen im
Rahmen von Gesundheitsförderung (Gesundheitswochen u.Ä.) oder universeller Prävention
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 81
(Besuch einer Ausstellung zur Suchtmittelproblematik) bezeichnet werden. Grundsätzlich
sind sie als positive Erweiterung des Themas zu bewerten. Nichtsdestoweniger stellt sich die
Frage, ob die Schulen alle ein ähnliches Verständnis von FF, auch in Abgrenzung zu
Gesundheitsförderung und universeller Prävention haben. Aussagen aus Interviews lassen auf
ein tendenziell eher ungenaues Verständnis von FF an den Schulen, d.h. bei den
Schulleitungen und Lehrpersonen schliessen. Ein klares Verständnis von FF würde
wahrscheinlich zu einem fokussierteren Vorgehen bei der Einführung von FF und der
Verbindung mit gesundheitsfördernden und präventiven Massnahmen und Strukturen führen.
Auch stellt sich die Frage, ob aus der Sicht der Projektträger (BAG, SNGS und HSA Luzern)
mit dem Projekt diese breite Palette von Massnahmen gefördert werden soll oder ob eine
stärkere Einschränkung auf FF erfolgen soll.
Fazit: Mit den Interventionsleitfäden wird in den teilnehmenden Schulen eine breite Palette
von Problemlagen abgedeckt und die Möglichkeit geboten, FF auf verschiedene Gefährdungs-
entwicklungen anzuwenden. Das Verständnis von FF in Abgrenzung zu Gesundheits-
förderung und universeller Prävention könnte in den Schulen noch verbessert werden.
Empfehlungen: Ein fachlicher Input vonseiten der Projektträger oder auch vonseiten der
fachlichen Begleitperson könnte zu einem besseren Verständnis von FF in Abgrenzung zur
universellen Prävention und Gesundheitsförderung beitragen. Durch einen besseren Einblick
in die verschiedenen Formen der Prävention und Gesundheitsförderung kann FF auch besser
in ein Gesamtpräventionskonzept integriert werden.
17. Über welche zeitlichen und finanziellen Ressourcen verfügen die Schulen im Projekt
und reichen diese aus?
Aus den Projektdokumenten ist ersichtlich, dass rund die Hälfte der Schulen zusätzliche
finanzielle Mittel in das Projekt investierten. Die vom BAG zur Verfügung gestellten
finanziellen Ressourcen sind laut den zentralen Akteuren der vier Beispielschulen für dieses
umfassende und fachlich anspruchsvolle Projekt nicht ausreichend. Dies wird besonders in
einer der vier Beispielschulen deutlich, welche sehr wenige zusätzliche finanzielle Mittel zur
Verfügung hatte und ihre Situation als sehr schwierig empfand. Die zur Verfügung stehenden
Gelder wurden hauptsächlich für Weiterbildungen, Beratungsperson und Produkte (Leitfaden
u.Ä.) ausgegeben. Keine Entschädigung erhielten die Schulleitungen als Projektleitende, auch
nicht in Form von zusätzlichen zeitlichen Ressourcen - neben den alltäglichen Aufgaben
wurde die Projektarbeit damit zur Belastung. Unterschiedlich gestaltete sich die Belastung für
Lehrpersonen: je nachdem, ob Projektarbeit im normalen Arbeitspensum vorgesehen ist oder
nicht, wurde die Mitarbeit als übliche oder zusätzliche Belastung wahrgenommen. Entlastend
konnte die Schulsozialarbeit wirken, insbesondere wenn sie sich als zusätzliche Ressource
neben der Beratungsperson beteiligen konnte.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 82
Die Laufzeit des Projekts - mit Verlängerung - von insgesamt drei Jahren wurde als
ausreichend bewertet. Der Entscheid, die geplante Laufzeit von zwei Jahren auf drei Jahre zu
verlängern, wurde begrüsst. Das Verlängerungsjahr ist aus der Sicht der vier Beispielschulen
notwendig, um die Konzepte in die Praxis umzusetzen und den Leitfaden zu erproben. Auch
zeigen die Ergebnisse zum Einbezug von Eltern und Schüler/innen, dass dieser in vielen
Schulen erst nach einem kollegiumsinternen Prozess geschieht und somit eine längere
Projektzeit für die Umsetzung notwendig ist. Ob das Verlängerungsjahr entsprechend genutzt
wird, müsste nach Abschluss des Projekts überprüft werden.
Fazit: Die vom BAG zur Verfügung gestellten finanziellen Ressourcen werden begrüsst,
reichen jedoch für einen befriedigenden Projektverlauf nicht aus. Die zeitliche Belastung für
die Projektleitung wird als gross bewertet, die Schulsozialarbeitenden können entlastend
wirken. Die dreijährige Laufzeit scheint für die Einführung eines FF-Konzepts mehrheitlich
zu genügen.
Empfehlung: Die an zukünftigen Projekten teilnehmenden Schulen sollten darauf
hingewiesen werden, welcher Aufwand im Projekt zu erwarten ist und welche zusätzlichen
finanziellen Ressourcen für einen befriedigenden Projektverlauf notwendig sind. So könnten
dann entsprechende Massnahmen (z.B. Anpassung des Budgets für das kommende Schuljahr)
eingeleitet werden.
Auch die Belastung der Schulleitung als Projektleitung sollte im Vorhinein aufgezeigt werden,
so dass eine entsprechende Jahresplanung erfolgen kann.
Die geplante zweijährige Projektlaufzeit genügt in vielen Fällen, um erste Entwicklungen wie
den Interventionsleitfaden zu vollziehen, jedoch nicht, um diese umzusetzen und zu optimieren
oder Schüler/innen und Eltern zu informieren. Eine dreijährige Laufzeit ist vorzuziehen.
7.2 Hauptfragestellungen
7.2.1 Was sind hinderliche und förderliche Faktoren bei der Einführung von Früherkennung und Frühintervention in der Schule?
Nach den Evaluationsergebnissen lassen sich mehrere Faktoren, welche einen Einfluss auf
den Projektverlauf nehmen, benennen. Diese Faktoren wurden bereits in den Antworten zu
den Detailevaluationsfragen ausführlich beschrieben und werden im Folgenden noch einmal
kurz zusammengefasst:
• Tandembildung Beratungsperson-Schule: Die enge Zusammenarbeit der Schule mit
einer Beratungsperson gibt den Schulen fachliche und zeitliche Ressourcen, die für die
Einführung und Entwicklung von FF-Konzepten wesentlich sind. Ohne diese zusätzlichen
Ressourcen ist die Entwicklung und Einführung eines FF-Konzepts in umfassendem Mass
wahrscheinlich nicht möglich.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 83
• Projektleitung durch Schulleitung: Die Leitung des Projekts durch die Schulleitung gibt
dem Projekt die notwendige Legitimation und mehr Verbindlichkeit. Des Weiteren
vereinfacht sie die Verankerung des Projekts in der Jahresplanung der Schule. Bei anderen
Projektleitungsstrukturen muss all dies anderweitig, eventuell mit mehr Aufwand erarbeitet
werden.
• Schulsozialarbeit als zusätzliche Ressource: Die Schulsozialarbeit stellt eine wertvolle
zusätzliche fachliche und zeitliche Ressource bei der Entwicklung und Einführung des FF-
Konzepts dar. Sie wird mit Vorteil als schulinterne Unterstützung in Ergänzung zur
externen Beratungsperson in das Projekt einbezogen.
• Partizipation der Lehrpersonen: Der Einbezug der Lehrpersonen in die Ausarbeitung
und Gestaltung des FF-Konzepts (oder einzelner Bestandteile) fördert dessen Bekanntheit,
den Wissenszuwachs und somit auch die Akzeptanz und Verankerung von FF in der
Schule.
• Berufsverständnis der Lehrpersonen: Das unterschiedliche Berufsverständnis der
Lehrpersonen (Erziehungs- vs. Bildungsauftrag) ist hinderlich für die Einführung von FF,
da aktuelle Konzepte von FF in der Schule von einer Lehrperson als zentralem Akteur der
Früherkennung ausgehen. Falls unterschiedliche Auffassungen über die Rolle der
Lehrpersonen oder ein enges Bildungsverständnis bestehen, muss dies thematisiert werden.
• Zeitliche und personelle Ressourcen: Fehlende Ressourcen müssen durch mehr
Enthusiasmus bzw. mehr persönliches Engagement aufgewogen werden, was über mehrere
Jahre hinweg nicht aufrechterhalten werden kann. Entsprechend sind fehlende finanzielle
und personelle Ressourcen ein hinderlicher Faktor, der durch eine frühzeitige Planung des
Jahresbudgets zumindest teilweise aufgefangen werden kann.
7.2.2 In welchem Mass verfügen die Schulen über ein Verfahrens- und Handlungsrepertoire, das sie in die Lage versetzt, bei Gefährdung eines Schülers / einer Schülerin frühzeitig und adäquat zu reagieren?
Die differenzierten Ergebnisse der Evaluation zeigen auf, wie unterschiedlich sich der
Prozessverlauf in den 14 teilnehmenden Schulen gestaltete und was innerhalb der
zweijähreigen Einführungs- und Entwicklungszeit möglich war. Folgende Bausteine tragen
aus der Sicht des Evaluationsteams zu einem Handlungsrepertoire bei, das bei Gefährdung
eine adäquate und frühzeitige Reaktion ermöglicht:
• Der Interventionsleitfaden ist Grundlage für ein Verfahrensrepertoire bei Gefährdung eines
Schülers / einer Schülerin. Mit einer Ausnahme konnten alle Schulen einen
Interventionsleitfaden entwickeln. Die vorliegende Evaluation zeigt, dass der Leitfaden
auch angewendet wird und somit das Verfahrensrepertoire der Lehrpersonen,
Schulleitungen und Schulsozialarbeitenden mitbestimmt.
• Über die Hälfte der Schulen führten Weiterbildungsveranstaltungen für die Lehrpersonen
durch, die zu mehr Wissen über FF, Symptome und Gefährdungen führten. Dieses Wissen
unterstützt die Lehrpersonen darin, Gefährdungen frühzeitig wahrzunehmen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 84
• Ebenso erweitert das Wissen über Fachstellen das Handlungsrepertoire und erhöht die
Handlungssicherheit. Wiederum über die Hälfte der Schulen nahm Kontakt mit Fachstellen
auf.
• Nur einzelne Schulen setzten sich mit grundlegenden Schulentwicklungsprozessen wie der
Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung oder der Verbesserung der
Kommunikation unter den Lehrpersonen auseinander. Gerade diese Auseinandersetzung
kann jedoch zu einem Überdenken der eigenen Handlungsstrategien und zu einem
erweiterten Handlungsrepertoire beitragen. Auf dieser Ebene konnte im Rahmen des
Projekts nur wenig erreicht werden.
Die teilnehmenden Schulen setzten verschiedene Schwerpunkte. Die durchgeführten
Aktivitäten zeigen, dass es nur wenigen Schulen möglich ist, innerhalb der zwei Jahre in allen
Bereichen Grundlagen für ein Verhaltensrepertoire zu legen. In fünf Schulen konnten neben
dem Interventionsleitfaden zwei oder mehr der oben genannten Entwicklungen in die Wege
geleitet werden, fand also ein Prozess statt, der auf verschiedenen Ebenen zu einem adäquaten
Handlungsrepertoire führen kann. Acht Schulen konzentrierten sich auf die Entwicklung des
Leitfadens und einen weiteren Bereich. Eine Schule konnte aufgrund ihrer Ausgangslage
einzig die schulinterne Kommunikation thematisieren, jedoch noch kein Handlungsrepertoire
für Gefährdungssituationen entwickeln.
Zusätzlich zu dieser Bewertung der Entwicklungen und Aktivitäten aus der Sicht des
Evaluationsteams liegen Beurteilungen der Lehrpersonen, Schulleitungen und Schul-
sozialarbeitenden über die Veränderungen im Umgang mit Gefährdungssituationen vor. Die
Gesamtbeurteilung der Steuergruppenmitglieder bezüglich FF in den vier Beispielschulen
kann als abwartend bis positiv beschrieben werden. Die bisherigen Entwicklungen werden als
Basis für die noch folgende Umsetzung der FF betrachtet. Die Sensibilisierung für eine
frühzeitige Erkennung von Gefährdungen wird am häufigsten als positive Veränderung
genannt. Auch die Handlungssicherheit bei den Lehrpersonen im Umgang mit gefährdeten
Schüler/innen konnte leicht erhöht werden.
Insgesamt befindet sich die Mehrheit der Schulen mit ihren Entwicklungen auf einem guten
Weg, sie sind jedoch erst am Anfang der Umsetzung in ein adäquates Handlungsrepertoire.
Die Frage, ob die Schulen nun über ein Verfahrens- und Handlungsrepertoire verfügen, das
sie frühzeitig und adäquat reagieren lässt, kann auf der Basis der vorliegenden Evaluation
nicht abschliessend beantwortet werden. Weitere Untersuchungen zu einem späteren
Zeitpunkt, wenn Erfahrungen mit FF gesammelt wurden, könnten den Erfolg der Umsetzung
abschliessend bewerten.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 85
Empfehlung: Grundsätzlich sollten neben der Entwicklung des Leitfadens weitere Prozesse
auf der Ebene der Wissensbildung und Schulkulturentwicklung Bestandteil der Einführung
von FF und somit Ziel der Schulen sein. Jedoch scheint es im Rahmen von zwei bis drei
Projektjahren nicht möglich, alle Ziele zu erreichen. Eine Prioritätensetzung der Ziele ist
notwendig, wobei die jeweilige Ausgangslage - bestehende Strukturen und Bedürfnisse der
Schule - ausschlaggebend sind. Die Projektträger sollten jedoch darauf achten, dass weniger
offensichtliche Prozesse wie die Haltungsentwicklung in den Zielsetzungen auch
berücksichtigt werden.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 86
8 Reflexion Evaluationsdesign
Das Evaluationsdesign ist zweistufig aufgebaut: eine Vollerhebung in allen 14 teilnehmenden
Schulen sowie vertiefte Analysen von vier ausgewählten Schulen. Die Auswahl der vier
Beispielschulen zielte auf eine maximale Variation ab, die die Variationsbreite und
Unterschiedlichkeit im Feld erschliessen soll (vgl. Flick, 2000). Als Auswahlkriterien dienten
die Beratungsperson, die Schulstufe und die Trägerschaft der Schulen. Von den vier vom
Evaluationsteam und den Projektträgern ausgewählten Schulen entschied sich eine Schule
aufgrund der für sie zu hohen Belastung durch die Befragung der Lehrpersonen gegen eine
Teilnahme. Eine andere Schule wurde daraufhin als Beispielschule ausgewählt. Dadurch
konnte die gewünschte optimale Kontrastierung der vier Beispielschulen nur in
eingeschränktem Masse erreicht werden.
In der Analyse der vier Beispielschulen wurde deutlich, dass drei von ihnen im Vergleich zu
den anderen teilnehmenden Schulen zum einen eine breitere Palette von Zielen aufwiesen,
darunter solche wie die Entwicklung einer gemeinsamen pädagogischen Haltung und die
Verbesserung der Kommunikation, zum anderen eine grössere Anzahl von Veranstaltungen
für Lehrpersonen, Eltern und Schüler/innen stattfand. Die Beispielschulen können somit in
ihren Aktivitäten nicht als repräsentativ für alle 14 teilnehmenden Schulen betrachtet werden.
Sie zeigen jedoch auf, was innerhalb von zwei Jahren im Rahmen eines solchen Projekts
möglich ist. Ebenso können im Vergleich der vier Beispielschulen untereinander und mit den
anderen teilnehmenden Schulen Hinweise auf allgemeingültige förderliche und hinderliche
Faktoren in der Entwicklung und Einführung von FF-Konzepten gewonnen werden.
Für die vorliegende Evaluation wurden drei verschiedene Methoden gewählt: die Analyse
aller Projektdokumentationen der 14 Schulen, die schriftliche Befragung der Lehrpersonen
sowie die mündliche Befragung der Steuergruppenmitglieder von vier ausgewählten Schulen.
Dies ermöglichte es, verschiedene Perspektiven einzubeziehen, und ergab eine Vielzahl von
detaillierten Ergebnissen.
Die Dokumentenanalyse zeigte auf, wie unterschiedlich die Schulen im Projekt arbeiten und
wie unterschiedlich auch die Dokumentation in den Schulen erfolgt. Es wurde deutlich, dass
es sich bei diesem Projekt nicht um ein homogenes Projekt handelt, sondern um 14
Einzelprojekte. Ein Vergleich zwischen den Schulen war somit nur begrenzt möglich. Ebenso
erwies sich die Sammlung der Dokumente als aufwendiger als geplant. Der Rücklauf aus den
teilnehmenden Schulen war unterschiedlich und teilweise musste mehrmals und mit
Nachdruck nachgefragt werden. Vonseiten der Evaluation wurde mit einem systematischen
Vorgehen (mit Vorgaben für die Schulen, welche Dokumente für die Analyse benötigt
werden) versucht, eine möglichst vollständige Sammlung zu erreichen. Trotzdem ist damit zu
rechnen, dass verschiedene Aktivitäten (Weiterbildungen, Elternabende etc.) eventuell aus
den zur Verfügung gestellten Dokumenten nicht ersichtlich sind. Mit dem Einbezug der
Zwischen- und Schlussberichte der Schulen konnten Lücken teilweise kompensiert werden.
Für zukünftige Evaluationen ist eine Kombination aus einer Analyse der Projektdokumente
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 87
und einer schriftlichen Erhebung der Aktivitäten bei den Projektleitungen in den Schulen
denkbar. Damit könnte sowohl ein Überblick über die Anzahl der verschiedenen Aktivitäten
geschaffen wie auch der Inhalt der Aktivitäten analysiert werden.
Die schriftlichen und mündlichen Befragungen konnten wie erwartet durchgeführt werden.
Die Teilnahmebereitschaft der Steuergruppenmitglieder war hoch, der Rücklauf der
Lehrpersonenbefragung befindet sich im Rahmen der für solche Befragungen üblichen
Rücklaufquoten.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 88
9 Ausblick
Die vorliegende Evaluation hat die Entwicklung und Einführung von FF-Konzepten in
Schulen im Fokus. Nicht betrachtet werden konnte aufgrund des Untersuchungszeitraums die
Umsetzung und Wirkung der Konzepte. Abgeleitet aus den bisherigen Ergebnissen haben sich
unter anderem folgende Fragestellungen für zukünftige Studien ergeben:
• Welche Leitfäden werden in der Praxis langfristig umgesetzt und welche Kriterien tragen
zu ihrer Nutzung bei?
• Kann mit den FF-Konzepten das langfristige Ziel, Gefährdungsentwicklungen frühzeitig zu
erkennen und mit adäquaten Interventionen Eskalationen wie Gefährdungsmeldungen,
Time-out o.Ä. zu vermeiden, erreicht werden?
Beide Fragestellungen können erst einer gewisse Zeit nach der Einführung und Entwicklung
der FF-Konzepte beantwortet werden. Sie sind aus der Sicht des Evaluationsteams jedoch
wichtig, um zum einen die Praxis der FF zu verbessern, indem die Leitfäden optimiert
werden, zum anderen aber auch, um den Nutzen der FF als präventive Massnahme
aufzuzeigen.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 89
10 Literatur
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,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 91
11 Verzeichnisse
11.1 Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Organigramm des Projekts 7
Abbildung 2: Überblick Erhebungsdesign 13
Abbildung 3: Themen der Veranstaltungen für Lehrpersonen 21
Abbildung 4: Anwendbarkeit des Leitfadens insgesamt (n=72-79) 34
Abbildung 5: Vermittlung von Wissen (n=67, Mehrfachnennungen möglich) 37
Abbildung 6: Vermittlung von Handlungssicherheit (n=63, Mehrfachnennungen möglich) 38
11.2 Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Beispielschulen 12
Tabelle 2: Zeitplan der Evaluation 15
Tabelle 3: Vergleich Zielsetzungen und Aktivitäten in den teilnehmenden Schulen 27
Tabelle 4: Stichprobe und Rücklauf der Lehrpersonenbefragung 28
Tabelle 5: Angemessene Beteiligung der Lehrpersonen an der Konzeptentwicklung 29
Tabelle 6: Entwicklung einer pädagogischen Haltung 30
Tabelle 7: Bedarf nach einem Leitfaden in den vier Schulen (Skala: 0=kein Bedarf, 1=eher klein, 2=eher gross) 31
Tabelle 8: Bisherige Verwendung des Leitfadens in den vier Schulen (n=78) 32
Tabelle 9: Anwendbarkeit des Leitfadens in den vier Schulen (Skala: vier-stufig, 0=stimmt nicht bis 3=stimmt) 34
Tabelle 10: Gestaltungsspielraum der Lehrpersonen bei der Anwendung des Leitfadens (Skala: 0=tief, 1=mittel, 2=hoch) 35
Tabelle 11: Wissenszuwachs in den vier Beispielschulen (n=83) 36
Tabelle 12: Steigerung der Handlungssicherheit in den vier Beispielschulen (n=81) 38
Tabelle 13: Vor- und Nachteile der externen und internen Beratung 45
Tabelle 14: Gegenüberstellung Beispielschulen, Projektlaufzeit August 05 – Juni 06 63
Tabelle 15: Übersicht über die 14 teilnehmenden Schulen 93
Tabelle 16: Projektorganisation in den teilnehmenden Schulen 97
Tabelle 17: Übersicht Interventionsleitfäden 101
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA
92
Anhang
• Übersicht über die 14 teilnehmenden Schulen
• Projektorganisation in den 14 teilnehmenden Schulen
• Interventionsleitfäden der 14 teilnehmenden Schulen
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA
93
Tabelle 15: Übersicht über die 14 teilnehmenden Schulen
Schulen Schulstufe Anzahl LP und S. Trägerschaft Beratungsperson Projektziele
A
Sekundarstufe I 46 LP 329 S.
Gemeinde Selbstständiger Berater 1. Erweiterung der Handlungskompetenzen im Bereich FF auf Lehrer/innenebene
2. Entwicklung eines Handlungsleitfadens zu diversen Präventionsthemen
3. Entwicklung div. Unterstützungsangebote
4. Partizipation auf Schüler/innen- und Elternebene in Form von Planung u. Durchführung thematischer Projekte u. Veranstaltungen
5. Schutz nicht konsumierender Schüler/innen
B
Sekundarstufe I und Sekundarstufe II
40 LP 370 S.
Private Stiftung Selbstständiger Berater 1. LP kennen salutogenetischen Ansatz und richten Projekte danach aus
2. Lehr- und Betreuungspersonen entwickeln gemeinsame Haltung im Umgang mit FF
3. Lehr- und Betreuungspersonen entwickeln, implementieren und evaluieren angepasstes Interventionsmodell
4. Verantwortung und Kompetenzen der einzelnen Rollenträger und Schnittstellen (Internat-Tagesschule) der FF sind geklärt
5. Das bestehende Sanktionsmodell ist überprüft und dem neuen FF-Modell angepasst
6. Eltern sind über FF informiert
7. Lehr- und Betreuungspersonen wissen, wann sie mit den Eltern in Kontakt treten und wie sie die Eltern einbeziehen
8. Externe, für die FF relevante Fachstellen sind den Lehr- und Betreuungspersonen bekannt. Ein Netzwerk ist aufgebaut.
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 94
C Sekundarstufe I 30 LP 247 S.
Gemeinden Mitarbeiterin kantonale Suchtpräventionsstelle
1. LP, SL und SSA haben gemeinsam Grundlagen für ihre interne Kommunikation erarbeitet. Vereinbarungen werden eingehalten.
2. LP haben sich mit einer gemeinsamen und verbindlichen pädagogischen Grundhaltung gegenüber den Schüler/innen auseinandergesetzt
3. LP erkennen früh auffälliges Verhalten, das auf eine problematische Situation ihrer Schüler/innen hinweist. Die Lehrkräfte handeln entsprechend dem erarbeiteten Wissen mit den erarbeiteten Instrumenten.
D
Sekundarstufe I 23 LP 168 S.
Gemeinde Schulsozialarbeiterin 1. An der Schule besteht ein Konzept zu Prävention, Früherfassung und Frühintervention, zur Suchtproblematik und zu allgemeinen Auffälligkeiten
2. Das Konzept zu FF ist in einem Leitfaden festgehalten
3. Präventionsarbeit ist im Wesentlichen in den Jahresfahrplänen festgehalten
4. Kommunikation, Kontakte und Zusammenarbeit sind sowohl innerhalb des Teams wie auch nach aussen in einer nachhaltigen Form strukturiert und optimiert
5. Alle Beteiligten innerhalb und ausserhalb der Schule sind über das Konzept informiert
6. Die Schule setzt das Konzept praktisch um
E
Kindergarten, Primarstufe und Sekundarstufe I
160 LP 1300 S.
Gemeinde Mitarbeiterin kantonale Suchtpräventionsstelle
1. Kriterien der Früherfassung erarbeiten
2. Verbindung zu Fachstellen ausbauen
F
Sekundarstufe II 45 LP 250 S.
Genossenschaft Mitarbeiter kantonale Stelle für Gesundheitsförderung
1. Aufbau von Wissen
2. Resultate mit Netzwerk, Information an Anspruchsträger und interne Regeln/Ablaufschema
3. Institutionalisierung mit Kompetenzgruppe und gemeinsamer pädagogischer Haltung
G
Sekundarstufe I 42 LP 380 S.
Gemeinde Schulsozialarbeitende 1. Handlungsleitfaden erarbeiten, implementieren und optimieren
2. Netzwerk aufbauen und unterhalten
3. Förderung des Bewusstseins für interdisziplinäre Kooperation
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 95
H Kindergarten und Primarstufe
21 LP 320 S.
Gemeinde Schulsozialarbeitende 1. Handlungsleitfaden erarbeiten, implementieren und optimieren
2. Netzwerk aufbauen und unterhalten
3. Förderung des Bewusstseins für interdisziplinäre Kooperation
I
Sekundarstufe I 23 LP 260 S.
Gemeinde Mitarbeiter kantonale Stelle für Gesundheitsförderung
1. Suchtfreie Schule werden
2. Verhaltensauffällige und gefährdete Jugendliche frühzeitig erkennen
3. Verbindliche Massnahmen für deren Stärkung einleiten
J Sekundarstufe I 120 LP 980 S.
Gemeinden Selbstständiger Berater 1. Werkzeugkasten für LP, Schüler/innen und Eltern erstellen; Ablaufschema für LP und Netzwerkkontakte
2. Weiterbildungsangebot für alle Beteiligten
3. Laufende Umsetzung, operationalisiert
4. Prävention-Früherkennung, Verknüpfung (Primarstufe, Sekundarstufe)
K
Sekundarstufe I 87 LP 720 S.
Gemeinde Selbstständiger Berater 1. Entwicklung eines FF-Konzepts, das alle im Lehrbetrieb Beschäftigten dabei unterstützt, schädigendes Verhalten zu erkennen u. im Rahmen der jeweiligen Kompetenzen professionell darauf zu reagieren.
2. Situationsanalyse zu FF und Schulklima
3. Handlungsleitfaden für Gewalt erstellen
4. Einbezug Eltern und Schülerschaft
5. Massnahmen zur Verbesserung des Schulklimas
L
Sekundarstufe I 40 LP 250 S.
Gemeinde Selbstständiger Berater 1. Vernetzung u. Optimierung der bereits bestehenden Präventions- u. Interventionsangebote
2. Planung, Durchführung und Evaluation thematischer Veranstaltungen auf Schüler/innen-, Eltern- und Lehrer/innenebene
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 96
M
Sekundarstufe I 34 LP 247 S.
Gemeinde Mitarbeiter kantonale Suchtpräventionsstelle
1. Ausbau der Prävention, ganzheitliches Konzept Prävention/Früherkennung
2. Information und Weiterbildung der LP im Bereich der Früherkennung
3. Grundlagen schaffen, damit die an der Schule Beteiligten im Hinblick auf Prävention, den Umgang mit der Suchtmittelproblematik bei Schüler/innen und die Zusammenarbeit mit deren Eltern kompetent handlungsfähig sind
N
Sekundarstufe I 70 LP 334 S.
Gemeinde Schulsozialarbeiter 1. Entwicklung eines Interventionsleitfadens in Verbindung mit einer einheitlichen Haltung und klaren Vorgehensregeln
2. Stärkung des eigenverantwortlichen Handelns
3. Stärkung des fremdverantwortlichen Handelns
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 97
Tabelle 16: Projektorganisation in den teilnehmenden Schulen
Schulen Projektleitung Projektsteuergruppe Interne Unterstützungs-strukturen
Beratungspersonen und ihre Aufgaben Finanzielle Ressourcen
A
Schulleitung - Schulleitung - vier Lehrpersonen - Schulsozialarbeit
Schulsozialarbeit Selbstständiger Berater
Nimmt bei Bedarf der Steuergruppe an Projektsitzung teil; Durchführung der Situationsanalyse; Vernetzung mit Sekundarschule Sissach; Koordination, fachliche Begleitung und Redaktion der Leitfäden
Projektbeiträge
Budget für Lehrpersonenweiter-bildung und Gesundheitsförderung
B
Prorektor - Prorektor - zwei Internatsleitungen (gleichzeitig auch Schülerberatung) - Lehrperson - Beratungsperson
Schülerberatung Selbstständiger Berater
Unterstützt die Projektleitung und Steuergruppe; erschliesst Ressourcen (Literatur, Modelle) zu anstehenden Fragen; gibt Impulse zur inhaltlichen Auseinandersetzung und bringt sein eigenes Know-how ein; gibt Hinweise zum Vorgehen und zur Arbeitsweise; moderiert, leitet Schulentwicklungstag
Projektbeiträge
Zusätzliches Budget von Schule für Beratungsperson
C
.
Schulleitung - Schulleitung - vier Lehrpersonen - Schulsozialarbeit - Beratungsperson
Schulsozialarbeit Mitarbeiterin regionale Suchtpräventionsstelle
Kontakt zu Fachstellen; Moderation im Team; Mitglied der Kerngruppe (SL, SSA und Beratungsperson)
Projektbeiträge
Weitere Beiträge nicht bekannt
D
Schulleitung und Schulsozialarbeit (Ko-Leitung)
- Schulleitung - drei Lehrpersonen - Schulsozialarbeit - Schulrat - ein bis zwei Elternvertreter
Schulsozialarbeit Schulsozialarbeit
Ko-Projektleitung; Beratung und Projektumsetzung
Projektbeiträge
Weitere Beiträge nicht bekannt
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 98
E
Lehrperson (mit Einbezug der Schulleitung)
- Lehrperson (Projektleitung) - drei bis acht Lehrpersonen (Kindergarten bis Oberstufe) - Schulsozialarbeit - Schulleitung - Schulpflege
Zusätzlich Arbeitsgruppen in den einzelnen Schulstufen
Schulsozialarbeit (für Oberstufe)
Mitarbeiterin kantonale Suchtpräventionsstelle
Begleitet die Arbeit der StG; bringt Fachwissen ein; unterstützt die Leitung der StG bei der Vorbereitung der Sitzungen und bei der Entwicklung des Projekts; hilft mit bei der Öffentlichkeitsarbeit
Projektbeiträge
Schuleigenes Budget für Gesundheitsförderung
F
Schulleitung - Schulleitung - vier Lehrpersonen
Keine bekannt Mitarbeiter kantonale Gesundheitsförderungsstelle
Fachliche und inhaltliche Beratung; Unterstützung bei der Umsetzung strategischer Entscheide; Evaluation; Einbringen von Themen und Schulung; Herstellung von Kontakten zu externen Beratungsstellen
Projektbeiträge
Schuleigenes Budget von Schulleitung geregelt
G
Beauftragter für Gesundheits- und Suchtfragen der Stadt
Projektteam (OS Strättligen und PS Neufeld gemeinsam): - Beauftragter für Gesundheits- und Suchtfragen - drei Schulsozialarbeitende - drei Lehrpersonen - zwei Vertreter externer Fachstellen
Zusätzlich Arbeitsgruppen in jeder Schule: - Schulsozialarbeit (Leitung) - Schulleitung / pädagogische Leitung - fünf bis sechs Lehrpersonen
Schulsozialarbeit Schulsozialarbeit
Projektrealisierung auf operativer Ebene, d.h. Erarbeitung des FF-Konzepts und Umsetzung in den Schulen
Projektbeiträge
20% Stellenprozente der Beratungsperson und Projektleitung von Stadt finanziert
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 99
H Beauftragter für Gesundheits- und Suchtfragen der Stadt
Projektteam (OS Strättligen und PS Neufeld gemeinsam): - Beauftragter für Gesundheits- und Suchtfragen - drei Schulsozialarbeitende - drei Lehrpersonen - zwei Vertreter externer Fachstellen
Zusätzlich Arbeitsgruppen in jeder Schule: - Schulsozialarbeit (Leitung) - Schulleitung / pädagogische Leitung - fünf bis sechs Lehrpersonen
Schulsozialarbeit Schulsozialarbeit
Projektrealisierung auf operativer Ebene, d.h. Erarbeitung des FF-Konzepts und Umsetzung in den Schulen
Projektbeiträge
20% Stellenprozente der Beratungsperson und Projektleitung von Stadt finanziert
I
Schulleitung - Schulleitung (zwei Personen) - drei Lehrpersonen (Mitglieder des Gesundheitsteams)
Keine bekannt Mitarbeiter kantonale Gesundheitsförderungsstelle
Fachliche und inhaltliche Beratung; Unterstützung bei der Umsetzung strategischer Entscheide; Evaluation; Einbringen von Themen und Schulung; Herstellung von Kontakten zu externen Beratungsstellen
Projektbeiträge
Weitere Beiträge nicht bekannt
J
Schulleitung - Schulleitung (zwei Personen) - acht Lehrpersonen - Schulsozialarbeit - Beratungsperson
Arbeit in drei themenspezifischen Gruppen
Schulsozialarbeit Selbstständiger Berater
Nimmt bei Bedarf der Steuergruppe an Projektsitzung teil; Mithilfe Projektsteuerung; Begleitung der themenspezifischen Gruppen; Durchführung der Situationsanalyse; Vernetzung mit Sekundarschule Birsfelden; Koordination, fachliche Begleitung und Redaktion der Leitfäden
Projektbeiträge
Weitere Beiträge nicht bekannt
K
Schulleitung - Schulleitung - vier Lehrpersonen - zwei Schulsozialarbeitende - Schulrätin
Schulsozialarbeit Selbstständiger Berater
Nimmt bei Bedarf der Steuergruppe an Projektsitzung teil; Durchführung der Situationsanalyse; Leitung und Moderation von Veranstaltungen
Projektbeiträge
Weitere Beiträge nicht bekannt
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 100
L
Schulleitung - Schulleitung - vier Lehrpersonen
B&M-Lehrperson (Begleitung und Mediation)
Selbstständiger Berater
Nimmt bei Bedarf der Steuergruppe an Projektsitzung teil; Durchführung der Situationsanalyse
Projektbeiträge
Weitere Beiträge nicht bekannt
M
Schulleitung - Schulleitung (zwei Personen) - zwei Lehrpersonen - Schulrätin - Gemeinderat - Beratungsperson
Keine bekannt Mitarbeiter kantonale Suchtpräventionsstelle
Beratende Stimme in der Projektsteuergruppe, Mitarbeit Veranstaltungen
Projektbeiträge
Budget für Lehrpersonenweiter-bildung
N
Schulleitung - Schulsozialarbeit - zwei Lehrpersonen
Schulsozialarbeit Schulsozialarbeit
Leitung der Projektsteuergruppe; operative Umsetzung
Projektbeiträge
Zusätzliches Budget für Schule und Schulsozialarbeit
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 101
Tabelle 17: Übersicht Interventionsleitfäden
Schulen Anzahl Stufen
Verantwort-lichkeit auf den
einzelnen Stufen
Wer wird auf welcher Stufe einbezogen
Zeitlicher Gestaltungs-
spielraum
Sanktionen oder
Unterstützung
Hilfsange-bote intern
Hilfsangebote extern (ab
welcher Stufe)
Gestaltungs-spielraum Einbezug externer Personen
und Planung weiterer Schritte
Ein-führung der Leit-
fäden
A 4 Lehrperson
1. Lehrperson, 2. Lehrperson und Schüler/in, ab 3.
Lehrperson, Schüler/in, Eltern, Schulleitung, Schulsozialarbeit (je
nach Thematik)
Je nach Stufe zwischen 1-2
Wochen und 1-2 Monaten
Unterstützung durch Beratung,
kein Sanktionsmodell
Schulsozial-arbeit
Je nach Auffälligkeit spezifisches Hilfsangebot
Ab 2. Einbezug externer Personen möglich, zwingend
erst ab 4.
Januar 07
B 5
Anfänglich Lehrpersonen und
Internatsmit-arbeitende, ab 3. + Stufenleitung und Schülerberatung,
ab 4. + Schulleitung und Fachleute, 5.
nur noch Klassenlehrperson
und Internats-betreuende
Ab 3. näheres Umfeld, ab 4. weiteres Umfeld
Keine festgelegten Zeitfenster,
Modell versteht sich als Zyklus
Hinweise in Phase 2, allerdings unkonkret
Schüler-beratung
Externe Fachleute ab 2.
Stufe
Breites internes Hilfsangebot,
Abgrenzung nach aussen unklar oder nicht notwendig?
Vermutlich 09.09.06
C 3
Klassenlehrperson, andere Personen
können einbezogen werden, klare
Regelung von Muss und Kann
Schüler, Eltern und Lehrperson immer,
darüber hinaus flexible Ausgestaltung möglich
Keine festgelegten Zeitfenster
Strafarbeiten fakultativ ab 1.
Stufe möglich, im weiteren Verlauf
Auflagen an Schüler/in
Von Anfang an Angebot Schulsozial-
arbeit
Ab 2. Verweis an externe
Beratungsstellen
Standardisierter Ablauf, Flexibilität bei
den mitwirkenden Personen
10.11.06
D 3
1. Klassen-lehrperson,
2. fakultativ auch Schulleitung oder Schulsozialarbeit,
3. fakultativ Schulleitung oder Schulsozialarbeit
Erkennung Auffälligkeiten durch alle
Akteure im Schulhaus und Eltern. 1.
Klassenlehrperson, Schüler/in und Eltern, 2. Schulsozialarbeit oder Schulleitung,
3. externe Fachstellen
Nicht genauer geregelt,
Zeitrahmen muss ab 2. vereinbart
werden
Schulleitung: disziplinarische Massnahmen,
Schulsozialarbeit: unterstützende Massnahmen
Schulsozial-arbeit
Ab 3. Therapie, Sozialdienst,
Schulbehörde, Polizei/Justiz
Standardisierte interne und externe
Angebote
Frühjahr 07
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 102
E 4 Bis 3. Stufe
Lehrperson, dann Schulleitung
1. Ggf. Eltern, ab. 2. zzgl.
Schulsozialarbeit, Teamleitung, Schulleitung
2-4 Wochen für eine Verhaltens-
änderung eingeplant
Keine Sanktionen,
Schulsozialarbeit als Hilfsangebot, verstärkter Druck
auf Schüler/in. Auf 4. Sanktion
durch Schulleitung
Gespräche mit
Schulsozial-arbeit
Ab 2. Empfehlung an
externe Fachstellen, 3. Suchtberatung,
Jugendberatung, Schulpsycho-
logischer Dienst, Kinder- und
Jugendpsychiatri-scher Dienst
Zunächst mehrere Gespräche zwischen
Lehrperson und Schüler/in, erst auf 3.
Einbezug externer Stellen
07.01.07
F
6 (3
Zyklen)
1. Fachlehrperson, 2. Klassenlehr-
person, 3. Fachlehrperson,
4. Klassenlehr-person,
5. Fachlehrperson, 6. Klassenlehr-
person und Schulleitung
Auf allen Stufen Schüler/in,
Fachlehrperson, Klassenlehrperson Schulleitung, Eltern
Keine festgelegten Zeitfenster
Begleitete Selbstein-schätzung Schüler/in, ansonsten
Verwarnungen und Sanktionen
Keine bekannt
Verweis auf 14 kommunale und
kantonale Beratungsan-
gebote.
Kein Einbezug von Fachstellen erwähnt,
ab 3. werden Beobachtungszeiten
und weitere Gespräche
verbindlich vereinbart.
Verteilung an Lehr-personen
am 16.01.06
G 7 Lehrperson, ab 4.
zusammen mit Schulleitung
1. Schüler/in, Lehrperson,
Schulsozialarbeit/Spezi-allehrkräfte, ab 3. +
Eltern, ab 4. + Schulleitung
Keine festgelegten Zeitfenster
Transparente Darstellung der Übergänge zu den nächsten
Stufen, ausführliche Er-läuterung und Empfehlungen zum Leitfaden
Schulsozial-arbeit,
Speziallehr-kräfte
beraten im Hintergrund bis 3., dann Unterstüt-
zungs-angebot für Eltern und Schüler/In
Ab 2. Angebot externe
Fachstellen, ab 5. verpflichtend
Hohe Flexibilität in der Ausgestaltung der einzelnen Stufen und bei der Beurteilung der eingetretenen
Veränderung
Erpro-bungs-phase
Aug. -Dez. 06,
Abschluss der Ent-wicklung
Ende Schuljahr
07/08, danach
Ein-führung
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 103
H 7 Lehrperson, ab 4.
zusammen mit Schulleitung
1. Schüler/in, Lehrperson,
Schulsozialarbeit/Spezi-allehrkräfte, ab 3. +
Eltern, ab 4. + Schulleitung
Keine festgelegten Zeitfenster
Transparente Darstellung der Übergänge zu den nächsten
Stufen, ausführliche Er-läuterung und Empfehlungen zum Leitfaden
Schulsozial-arbeit,
Speziallehr-kräfte
beraten im Hintergrund bis 3., dann Unterstüt-
zungsange-bot für Eltern
und Schüler/In
Ab 2. Angebot externe
Fachstellen, ab 5. verpflichtend
Hohe Flexibilität in der Ausgestaltung der einzelnen Stufen und bei der Beurteilung der eingetretenen
Veränderung
Erpro-bungs-phase
Aug.-Dez. 06,
Abschluss der
Entwick-lung Ende Schuljahr
07/08, danach
Ein-führung
I 6 Lehrperson, ab 2.
Klassenlehrperson, ab 4. + Schulleitung
Schüler/in, Klassenlehrperson, ab
3. + Eltern, ab 4. + Schulleitung
Keine festgelegten
Zeitfenster, aber Zeitplan muss ab
2. vereinbart werden
Transparente Darstellung der Übergänge zu den nächsten
Stufen, ausführliche Er-läuterung und Empfehlungen zum Leitfaden, Hilfsangebot
auch für Lehrpersonen
Speziallehr-kräfte
beraten im Hintergrund bis 3., dann
Unter-stützungs-angebot für Eltern und Schüler/in
Ab 2. Angebot externe
Fachstellen, ab 5. verpflichtend
Hohe Flexibilität in der Ausgestaltung der einzelnen Stufen und bei der Beurteilung der eingetretenen Veränderungen
Zum Schul-jahres-beginn 07/08
J 4 Lehrpersonen
1. Lehrperson, 2. Lehrperson und Schüler/in, ab 3.
Lehrperson, Schüler/in, Eltern, Schulleitung, Schulsozialarbeit (je
nach Thematik)
Je nach Stufe zwischen 1-2
Wochen und 1-2 Monaten
Unterstützung durch Beratung,
kein Sanktionsmodell
Schulsozial-arbeit
Je nach Auffälligkeit spezifisches Hilfsangebot
Ab 2. Einbezug externer Personen möglich, zwingend
erst ab 4.
Juni 06
K Bisher kein Leitfaden entwickelt
L 5 Lehrpersonen
1. Klassenübergreifende Teams,
2. Klassenlehrpersonen, 3. Bezugsperson,
4. Integrative Schulungsform,
5. Schulhausleitung/ Schulleitung
Nicht ersichtlich
Entlastungsge- spräch und
Beendigung der Intervention nach
jeder Stufe möglich
Integrierte Schulungs-
form (Heilpäda-
gogik)
Nicht ersichtlich Nicht ersichtlich Bereits vor
Projekt-beginn
,Früherkennung und Frühintervention in der Schule’ C. Müller, C. Mattes, C. Fabian (2007) FHNW-HSA 104
M 6
Bis 2. Stufe nicht geregelt, 3.
Klassenlehrerkon-ferenz, ab 4.
Schulleitung, ab 5. Schulrektor/in
zunächst interne heilpädagogische Stelle,
ab 2. Eltern, ab 3. Schulleitung, ab 4.
Schulrektor
Keine festgelegten Zeitfenster
Sanktion erst auf 6., Unterstützung
lediglich durch Gespräche mit Lehrpersonen,
Eltern, Schulleitung,
Rektor/in
Keine bekannt
Ab 2. Fachstellen
genannt, nicht konkretisiert
Anfänglich Gestaltung über interne
Ressourcen und Einbezug Fachstellen genannt, aber nicht
konkretisiert
Keine Informa-tionen über
Datum der Ein-
führung
N 6
Bis Stufe 3. bei Lehrperson, danach
zusätzlich Fachperson
1. und 2. Schüler und Lehrpersonen, ab 3.
Eltern, 4. schulinterne Hilfen, 5. schulexterne Hilfen,
6. Schulleitung
Keine festgelegten Zeitfenster
Sanktionen formal erst ab 6.
Schulsozial-arbeit, schul-
interne Fachstellen (Ergänzungs
unterricht, Aufgaben-
hilfe)
Ab 5. Schulpsycho-
logischer Dienst, Kinder- und
Jugenddienst, Ärzte und
Psychologen
Klar vorgegebener Ablauf, breites
Zeitspektrum möglich
Voraus-sichtlich
zum Schuljahr
07/08