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Fresenius J Anal Chem (1992) 343:619- 620 Fresenius' Journal of @ Springer-Verla9 1992 FTIR-spektroskopische Bestimmung von Azidionen in w iflrigen Proteinl6sungen Klaus Herzog i und Wolfram Rudolph 2 X Technische Universitfit Dresden, Institut fiir Analytische Chemie, Mommsenstrasse 13, 0-8027 Dresden, 2 Medizinische Akademie Dresden ,,Carl Gustav Carus", Institut fiir Pathologische, Biochemie, O-8019 Dresden, Bundesrepublik Deutschland Eingegangen am 9. Oktober 1991 FTIR speetrosc, detmn, of azide ions in aqueous proteins solutions Summary. For the quantitative determination of azide ions in presence of proteins a FTIR spectroscopic method is described. The detection limit is sufficient for azide ion con- centrations, which may be used for physiological investi- gations. Zusammenfassung. Zur direkten Bestimmung von Azidionen in w/il3rigen L6sungen in Gegenwart von Proteinen wird ein FTIR-spektroskopisches Verfahren beschrieben. Die Nach- weisgrenze liegt weit unter der Azidionenkonzentration, die bei physiologischen Experimenten tolerierbar ist. 1 Einleitung Bei der gelchromatographischen Trennung von Proteinge- mischen setzt man den Pufferl6sungen antimikrobiell wir- kende Mittel zu, urn unerwiinschtes Wachstum von Bakte- rien und Pilzen in den Polydextrangelen der Trenns/iulen zu vermeiden. Zur Konservierung der Gele hat sich Natrium- azid in 0,02%iger L6sung bew/ihrt [1], da der Azidzusatz einmal das chromatographische Verhalten der Proteine nicht ver/indert [2] und zum anderen die UV-Detektion der Pro- teine bis 280 nm nicht gest6rt wird. Wegen ihrer neurotoxischen Wirkung muB man die Azid- ionen dutch Dialyse oder Ultrafiltration abtrennen, bevor mit den Proteinfraktionen physiologische Untersuchungen ausgefiihrt werden k6nnen. Die Kontrolle der Restkonzen- tration an Azidionen in den Proteinl6sungen gelingt UV- spektroskopisch nicht, da das Azidion zwischen 255 nm und 200 nm keine charakteristische UV-Absorption besitzt. Es sollte deshalb gepriift werden, inwieweit eine direkte IR- spektroskopische Azidbestimmung in w/i6riger L6sung m6glich ist. Als Analysenbande bietet sich die antisymmetri- sche Valenzschwingung an, die fiir ionische Azide bei Offprint requests to: W. Rudolph 2092 cm- 1 beobachtet wird [3]. In diesem Wellenzahlbereich ist die Absorption des Wassers relativ gering, und St6rungen durch die Absorptionen der Proteine sind nicht zu erwarten. 2 Experimenteller Teil 2.1 Gerdtetechnik Die infrarotspektralphotometrischen Messungen wurden am Infrarot-Fourier-Transformations-Spektralphotometer IRF 180 (vormals Zentrum ffir wissenschaftlichen Ger/ite- bau der Akademie der Wissenschaften, Berlin) ausgeffihrt. Aufnahmebedingungen: Michelson-Interferometer, KBr-Strahlteiler mit Ge-Aufdampfschicht, Spiegelgeschwindigkeit 0,125 cm/s, TGS-Detektor, 15 bit Analog-Digital-Umsetzer. Die Spektren sind mit Aufl6sung 4 cm- 1 aus je 40 auf- addierten Interferogrammen ftir MeB- und Vergleichsstrahl nach Dreieck-Apodisation berechnet worden. Die w/iBrigen L6sungen wurden in 0,061 mm Schichtdicke in einer Kiivette mit CaF2-Fenstern spektroskopiert. 2.2 Reagenzien Natriumazid (Reinheit: mindestens 99% nach Werkstan- dard Sprengstoffwerk Sch6nebeck/Elbe) mit Konzentratio- nen von 0,1-0,001% (1.54x 10-2--1.54× 10 4 mol/1) ge- 16st in destilliertem Wasser. 3 Qualitativer Nachweis In w/iBrigen L6sungen lassen sich nach Abb. 1 Azidionen bis zur Konzentration von ca. 7 x 10-3 mol/l mit einer separat erkennbaren Bande bei 2052 cm 1 nachweisen. In verdiinn- teren L6sungen ist die Azidabsorption an der Flanke der Wasserabsorption bei 2125 cm -1 nicht mehr sichtbar. In diesen L6sungen gelingt der Nachweis nur durch Differenz- spektroskopie. Dabei wird vom Spektrum der Azidl6sung das Wasserspektrum subtrahiert. Die Absorptionsbande des Azidions erscheint im Differenzspektrum nach Abb. 2 mit einer Halbwertsbreite von 26 cm- 1 bei 2048 cm- 1.

FTIR-spektroskopische Bestimmung von Azidionen in wäßrigen Proteinlösungen

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Page 1: FTIR-spektroskopische Bestimmung von Azidionen in wäßrigen Proteinlösungen

Fresenius J Anal Chem (1992) 343:619- 620

Fresenius' Journal of

@ Springer-Verla9 1992

FTIR-spektroskopische Bestimmung von Azidionen in w iflrigen Proteinl6sungen Klaus Herzog i und Wolfram Rudolph 2

X Technische Universitfit Dresden, Institut fiir Analytische Chemie, Mommsenstrasse 13, 0-8027 Dresden, 2 Medizinische Akademie Dresden ,,Carl Gustav Carus", Institut fiir Pathologische, Biochemie, O-8019 Dresden, Bundesrepublik Deutschland

Eingegangen am 9. Oktober 1991

FTIR speetrosc, detmn, of azide ions in aqueous proteins solutions

Summary. For the quantitative determination of azide ions in presence of proteins a FTIR spectroscopic method is described. The detection limit is sufficient for azide ion con- centrations, which may be used for physiological investi- gations.

Zusammenfassung. Zur direkten Bestimmung von Azidionen in w/il3rigen L6sungen in Gegenwart von Proteinen wird ein FTIR-spektroskopisches Verfahren beschrieben. Die Nach- weisgrenze liegt weit unter der Azidionenkonzentration, die bei physiologischen Experimenten tolerierbar ist.

1 Einleitung

Bei der gelchromatographischen Trennung von Proteinge- mischen setzt man den Pufferl6sungen antimikrobiell wir- kende Mittel zu, urn unerwiinschtes Wachstum von Bakte- rien und Pilzen in den Polydextrangelen der Trenns/iulen zu vermeiden. Zur Konservierung der Gele hat sich Natrium- azid in 0,02%iger L6sung bew/ihrt [1], da der Azidzusatz einmal das chromatographische Verhalten der Proteine nicht ver/indert [2] und zum anderen die UV-Detektion der Pro- teine bis 280 nm nicht gest6rt wird.

Wegen ihrer neurotoxischen Wirkung muB man die Azid- ionen dutch Dialyse oder Ultrafiltration abtrennen, bevor mit den Proteinfraktionen physiologische Untersuchungen ausgefiihrt werden k6nnen. Die Kontrolle der Restkonzen- tration an Azidionen in den Proteinl6sungen gelingt UV- spektroskopisch nicht, da das Azidion zwischen 255 nm und 200 nm keine charakteristische UV-Absorption besitzt. Es sollte deshalb gepriift werden, inwieweit eine direkte IR- spektroskopische Azidbestimmung in w/i6riger L6sung m6glich ist. Als Analysenbande bietet sich die antisymmetri- sche Valenzschwingung an, die fiir ionische Azide bei

Offprint requests to: W. Rudolph

2092 cm- 1 beobachtet wird [3]. In diesem Wellenzahlbereich ist die Absorption des Wassers relativ gering, und St6rungen durch die Absorptionen der Proteine sind nicht zu erwarten.

2 Experimenteller Teil

2.1 Gerdtetechnik

Die infrarotspektralphotometrischen Messungen wurden am Infrarot-Fourier-Transformations-Spektralphotometer IRF 180 (vormals Zentrum ffir wissenschaftlichen Ger/ite- bau der Akademie der Wissenschaften, Berlin) ausgeffihrt.

Aufnahmebedingungen: Michelson-Interferometer, KBr-Strahlteiler mit Ge-Aufdampfschicht, Spiegelgeschwindigkeit 0,125 cm/s, TGS-Detektor, 15 bit Analog-Digital-Umsetzer.

Die Spektren sind mit Aufl6sung 4 c m - 1 aus je 40 auf- addierten Interferogrammen ftir MeB- und Vergleichsstrahl nach Dreieck-Apodisation berechnet worden. Die w/iBrigen L6sungen wurden in 0,061 mm Schichtdicke in einer Kiivette mit CaF2-Fenstern spektroskopiert.

2.2 Reagenzien

Natriumazid (Reinheit: mindestens 99% nach Werkstan- dard Sprengstoffwerk Sch6nebeck/Elbe) mit Konzentratio- nen von 0 ,1-0 ,001% (1.54x 10-2--1.54× 10 4 mol/1) ge- 16st in destilliertem Wasser.

3 Qualitativer Nachweis

In w/iBrigen L6sungen lassen sich nach Abb. 1 Azidionen bis zur Konzentration von ca. 7 x 10-3 mol/l mit einer separat erkennbaren Bande bei 2052 cm 1 nachweisen. In verdiinn- teren L6sungen ist die Azidabsorption an der Flanke der Wasserabsorption bei 2125 cm -1 nicht mehr sichtbar. In diesen L6sungen gelingt der Nachweis nur durch Differenz- spektroskopie. Dabei wird vom Spektrum der Azidl6sung das Wasserspektrum subtrahiert. Die Absorptionsbande des Azidions erscheint im Differenzspektrum nach Abb. 2 mit einer Halbwertsbreite von 26 cm- 1 bei 2048 cm- 1.

Page 2: FTIR-spektroskopische Bestimmung von Azidionen in wäßrigen Proteinlösungen

620

50

% T

40

20

0 2800 2 6 0 0 2 4 0 0 2200 2000 1800

cm-1

Abb. l. FTIR-Spektren yon Natriumazid in wS.Briger L6sung (0,015 molar) und reinem Wasser (Schichtdicke jeweils 0,061 ram)

0.150

A

0.100

0.050

0.000 2150 2100 2050 2000 1950

cm-1

Abb. 2. IR-Differenzspektren von wfiBrigen Natriumazidl6sungen verschiedener Konzentration (a: 1,54x 10 -2, b: 1,15x J.0 -2, C: 7,69 x 10-3, d: 3,08 x 10-3, e: 1,54 x 10-3, f: 1,54 x 10-4, in mol/1)

4 Quantitative Bestimmung

Zur Kalibrierung sind den Infrarotspektren der Azidl6sun- gen (zu den Konzentrationsangaben vgl. Abb. 2) nach Sub- traktion des Wasserspektrums und einer Grundlinie (Grund- linienpunkte bei 2120 c m - 1 und 1970 c m - t) jeweils die Ma- ximalabsorbanz bei 2048 c m - t zu entnehmen. Dutch Re- gressionsrechnung 1/i13t sich eine geradlinige Kalibrierkurve angeben (Korrelationskoeffizient: 0,9999) aus der sich der Extinktionskoeffizient e ffir das Azidion zu 149 m 2 mol-1 ergibt. Ftir die Nachweisgrenze folgt 1,4 x / 0 -4 tool/1 und flit die Bestimmungsgrenze 2,2 x 10 -4 mol/1 (statistische Sicherheit 97,5%) [4]. Analysen an w/i6rigen Proteinl6sun- gen (Proteingehalt yon 0,5%) mit definiertem Zusatz an Natfiumazid im hier untersuchten Konzentrationsbereich lassen keine Abweichungen in der Konzentrationsbestim- mung gegentiber proteinfreien L6sungen erkennen. Gleiches gilt ffir L6sungen, denen Puffersubstanzen (Trispuffer) zuge- setzt sin&

Mit der Bestimmungsgrenze des Analysenverfahrens kann gesichert werden, da6 beim Einsatz der Probenl6sun-

gen, z. B. f/Jr Immunisierungen, der RestazidgehaIt toxikolo- gisch unbedenklich ist. Bei Anwendung von 1 ml Proteinl6- sung mit einem Azidgehalt von maximal 9,2 l~g liegt man weit unterhalb der letalen Dosis {LDs0 (Maus p.o.) 48 rag/ kg K6rpermasse [5]}.

Literatur

1. Williams BL, Wilson K (1984) Methoden der Biochemie. Thieme, Stuttgart

2. Firmenschrift, Gel filtration -- theory and practice. Pharmacia Fine Chemicals (1984) Uppsala, Sweden

3. Weidlein J, Mtiller U, Dehnicke K (1981) Schwingungsfrequen- zen. I. Thieme, Stuttgart

4. Funk W, Dammann V, Vonderheid C, Massard GV (1985) Stati- stische Methoden in der Wasseranalytik. Verlag Chemie, Wein- heim

5. Ahrens G (1987) Giftgesetz und Giftverkehr. Barth Verlag, Leip- zig