2
282 Buchbesprechungen (B. A. PHILLIPS u. R. J. SYDISKIS), die Bildung und Bunktion von Poliovirusantikorpern in verschiedenen Geweben (P. L. OQRA u. D. T. KARZON) sowie die Beziehungen des sekre- torischen Immunsystems zu respiratorischen Virusinfektionen (J. A. KASEL und R. B. COUCH). Weitere Beitriige beechaftigen sich mit den allergischen Reaktionen nach Virue- vakzinierung (P. ISACSON u. A. STONE) sowie den biologischen und chemischen Aspekten der antigenen Variabilitiit des Influenzavirus (R. WEBSTER u. W. G. LAVER). Berner werden Viren, deren Bedeutung als Krankheitserreger fur den Menschen erst neuerdings erkannt wurde, behandelt: die ,,slow viruses" in ihrer Gesamtheit (D. D. PORTER), die Coronaviren des Menschen (A. F. BRADBURNE u. D. A. J. TYRRELL) und die Arboviren der California- Gruppe (B. E. HENDERSON u. P. H. COLEMAN). Das letzte Kapitel ist, wie ublich, der Klassifizierung und Nomenklatur tierischer Viren gewidmet (J. L. MELNICK). Das Buch ist nicht nur fur den experimentell arbeitenden Virologen, sondern auch fur Biochemiker, Immunologen und den virologisch interessierten Kliniker eine ausgezeichnete Informationsquelle. A. VECKENSTEDT (Jena) J. REINERT and H. URSPRUNG (Editors), Origin and Continuity of Cell Organelles, Results and Problems in Cell Differentiation, Vol. 2. 342 S., 134 Abb. Berlin-Heidelberg-New York 1971 : Springer Verlag DM 72, - Der vorliegende zweite Band (Vol. 1: The Stability of the Differentiated State, 1968) behandelt in 11 Beitragen die ebenso aktuellen wie ungelosten Fragen des Ursprungs, der Diff erenzierung sowie der (genetischen) Kontinuitiit zelluliirer Membransysteme (Mito- chondrien: R. BAXTER, Plastiden: W. STUBBE, Golgi-Apparat: D. J. MORR~ et al., Vakuolen: R. BUVAT, polare Granula: A. P. MAHOWALD, Centriolen: C. FULTON, Mikrotubuli: L. G. TILNEY, Desmosomen: R. D. und J. H. CAMPBELL). Einleitend stellen W. G. WHALEY et al. dynamische Aspekte plasmatischer Membransysteme und ihre Korrelation zu einem funk- tionellen Kontinuum heraus, ohne das eine flexible funktionelle und strukturelle Integration membrangekoppelter Reaktionen in die Entwicklungsvorgange nicht denkbar ware. Bei den Plastiden und Mitochondrien, den heute zweifellos attraktivsten NS-haltigen Organellen, uberlassen es E. SCHNEPF und M. BROWN dem Leser, das Fur und Wider der Endosymbiose- Theorie (Cyanophora-Glaucocystis-Rhodophyta-Linie u. a.) gegeneinander abzuwagen. F. A. L. CLOWES diskutiert abschliedend die Frage nach der ,,relativen Autonomie" zu- mindest NS-haltiger Organellen sowie der artspezifischen Konstanz in Zahl und Differen- zierung, er laBt es jedoch offen, wie weit die Selbstperpetuierlichkeit geht. Der sachlich klare und reichhaltige Inhalt, die Ausstattung mit zahlreichen elektronen- mikroskopischen Bildern und mit Strichzeichnungen ergeben insgesa.mt zweifellos ein ,,gutes Buch". Dennoch, bei der steigenden Zahl der Publikationen zu diesem Thema, neigt der Referent zu einem gewissen Bedauern. Denn das Zusammentragen von Daten sollte njcht nur die sachlichen Voraussetzungen fur die Erkenntnis neuer Zusammenhange liefern, es sollte auch Anregungen dazu geben. In dieser Hinsicht fuhren nach Ansicht des Refe- renten nur wenige Beitriige uber das Deskriptive hinaus in die anregende Diskussion. G. KRAEPELIN (Braunschweig) G. SCHRAMM, Baupliine des Lebens, Probleme und Ergebnisse der Biochemie. 204 S., 14 Abb., 4 Tab. Munchen 1971 : R. Piper und Co. DM 22,OO Nachdem Molekulargenetik und Biochemie zu der Basis des Lebens vorgestoBen sind und dessen molekularen Schlusselprozesse geklart haben, ist es moglich und notwendig, diese Erkenntnisse fur andere Gebiete einschlieJ3lich der Kultur- und Geisteswissenschaften fruchtbar zu machen. SCHRAMM ist einer der Molekularbiologen, die diese ,,Grenzuber- schreitung" bis hin zur Philosophie schon fruh wagten. I m Buch sind Aufsiitze und Vortriige des leider fruh Verstorbenen zusammengestellt, in denen er versuchte, vor allem den rnit den neuen Erkenntnissen nicht Vertrauten Einsichten deutlich zu machen, die sich fur Probleme wie Materie und Geist, Sprache und andere Kommunikation, naturwissenschaft- liche Analyse und MeBbarkeit von Gestalten und Ideen wie auch fur Ethik und Ent- scheidungsfreiheit ergeben. Ein ins Zentrum geruckter Begriff ist die ,,Information", eine ,,geistige" und ,,ideelle" GroBe, die durch die Informationstheorie quantifizierbar geworden und ebenso wichtig fur die biologische Vererbung wie fur kulturelle Kommunikation ist. Der klare Stil SCHRAMMN wird vielen uneingeweihten Lesern diesen Begriff verstiindlich machen. SCHRAMM vergleicht die Information mit der PLAToschen Idee und nennt sie daher

G. Schramm, Baupläne des Lebens, Probleme und Ergebnisse der Biochemie. 204 S., 14 Abb., 4 Tab. München 1971: R. Piper und Co. DM 22,00

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: G. Schramm, Baupläne des Lebens, Probleme und Ergebnisse der Biochemie. 204 S., 14 Abb., 4 Tab. München 1971: R. Piper und Co. DM 22,00

282 Buchbesprechungen

(B. A. PHILLIPS u. R. J. SYDISKIS), die Bildung und Bunktion von Poliovirusantikorpern in verschiedenen Geweben (P. L. OQRA u. D. T. KARZON) sowie die Beziehungen des sekre- torischen Immunsystems zu respiratorischen Virusinfektionen (J. A. KASEL und R. B. COUCH). Weitere Beitriige beechaftigen sich mit den allergischen Reaktionen nach Virue- vakzinierung (P. ISACSON u. A. STONE) sowie den biologischen und chemischen Aspekten der antigenen Variabilitiit des Influenzavirus (R. WEBSTER u. W. G. LAVER). Berner werden Viren, deren Bedeutung als Krankheitserreger fur den Menschen erst neuerdings erkannt wurde, behandelt: die ,,slow viruses" in ihrer Gesamtheit (D. D. PORTER), die Coronaviren des Menschen (A. F. BRADBURNE u. D. A. J. TYRRELL) und die Arboviren der California- Gruppe (B. E. HENDERSON u. P. H. COLEMAN). Das letzte Kapitel ist, wie ublich, der Klassifizierung und Nomenklatur tierischer Viren gewidmet (J. L. MELNICK).

Das Buch ist nicht nur fur den experimentell arbeitenden Virologen, sondern auch fur Biochemiker, Immunologen und den virologisch interessierten Kliniker eine ausgezeichnete Informationsquelle. A. VECKENSTEDT (Jena)

J. REINERT and H. URSPRUNG (Editors), Origin and Continuity of Cell Organelles, Results and Problems in Cell Differentiation, Vol. 2. 342 S., 134 Abb. Berlin-Heidelberg-New York 1971 : Springer Verlag DM 72, -

Der vorliegende zweite Band (Vol. 1: The Stability of the Differentiated State, 1968) behandelt in 11 Beitragen die ebenso aktuellen wie ungelosten Fragen des Ursprungs, der Diff erenzierung sowie der (genetischen) Kontinuitiit zelluliirer Membransysteme (Mito- chondrien: R. BAXTER, Plastiden: W. STUBBE, Golgi-Apparat: D. J. MORR~ et al., Vakuolen: R. BUVAT, polare Granula: A. P. MAHOWALD, Centriolen: C. FULTON, Mikrotubuli: L. G. TILNEY, Desmosomen: R. D. und J. H. CAMPBELL). Einleitend stellen W. G. WHALEY et al. dynamische Aspekte plasmatischer Membransysteme und ihre Korrelation zu einem funk- tionellen Kontinuum heraus, ohne das eine flexible funktionelle und strukturelle Integration membrangekoppelter Reaktionen in die Entwicklungsvorgange nicht denkbar ware. Bei den Plastiden und Mitochondrien, den heute zweifellos attraktivsten NS-haltigen Organellen, uberlassen es E. SCHNEPF und M. BROWN dem Leser, das Fur und Wider der Endosymbiose- Theorie (Cyanophora-Glaucocystis-Rhodophyta-Linie u. a.) gegeneinander abzuwagen. F. A. L. CLOWES diskutiert abschliedend die Frage nach der ,,relativen Autonomie" zu- mindest NS-haltiger Organellen sowie der artspezifischen Konstanz in Zahl und Differen- zierung, er laBt es jedoch offen, wie weit die Selbstperpetuierlichkeit geht.

Der sachlich klare und reichhaltige Inhalt, die Ausstattung mit zahlreichen elektronen- mikroskopischen Bildern und mit Strichzeichnungen ergeben insgesa.mt zweifellos ein ,,gutes Buch". Dennoch, bei der steigenden Zahl der Publikationen zu diesem Thema, neigt der Referent zu einem gewissen Bedauern. Denn das Zusammentragen von Daten sollte njcht nur die sachlichen Voraussetzungen fur die Erkenntnis neuer Zusammenhange liefern, es sollte auch Anregungen dazu geben. I n dieser Hinsicht fuhren nach Ansicht des Refe- renten nur wenige Beitriige uber das Deskriptive hinaus in die anregende Diskussion.

G. KRAEPELIN (Braunschweig)

G . SCHRAMM, Baupliine des Lebens, Probleme und Ergebnisse der Biochemie. 204 S., 14 Abb., 4 Tab. Munchen 1971 : R. Piper und Co. DM 22,OO

Nachdem Molekulargenetik und Biochemie zu der Basis des Lebens vorgestoBen sind und dessen molekularen Schlusselprozesse geklart haben, ist es moglich und notwendig, diese Erkenntnisse fur andere Gebiete einschlieJ3lich der Kultur- und Geisteswissenschaften fruchtbar zu machen. SCHRAMM ist einer der Molekularbiologen, die diese ,,Grenzuber- schreitung" bis hin zur Philosophie schon fruh wagten. I m Buch sind Aufsiitze und Vortriige des leider fruh Verstorbenen zusammengestellt, in denen er versuchte, vor allem den rnit den neuen Erkenntnissen nicht Vertrauten Einsichten deutlich zu machen, die sich fur Probleme wie Materie und Geist, Sprache und andere Kommunikation, naturwissenschaft- liche Analyse und MeBbarkeit von Gestalten und Ideen wie auch fur Ethik und Ent- scheidungsfreiheit ergeben. Ein ins Zentrum geruckter Begriff ist die ,,Information", eine ,,geistige" und ,,ideelle" GroBe, die durch die Informationstheorie quantifizierbar geworden und ebenso wichtig fur die biologische Vererbung wie fur kulturelle Kommunikation ist. Der klare Stil SCHRAMMN wird vielen uneingeweihten Lesern diesen Begriff verstiindlich machen. SCHRAMM vergleicht die Information mit der PLAToschen Idee und nennt sie daher

Page 2: G. Schramm, Baupläne des Lebens, Probleme und Ergebnisse der Biochemie. 204 S., 14 Abb., 4 Tab. München 1971: R. Piper und Co. DM 22,00

Buchbesprechungen 283

eine ,,ideelle" oder ,,imaginare" GroBe, betont allerdings, daB sie im Gegensatz zu jener nie ohne materiellen Trager wirken (existieren) kann. Er unterstutzt also keineswegs den noch heute verbreiteten Dualismus, der ,,Geist" und ,,Materie" fur getrennt existenzfiihig hiilt. Trotzdem hatte sich der Referent die deutliche Erkliirung gewunscht, dad Information ein Beziehungsgefuge in einer materiellen Struktur, z. B. in einem Gen oder einem Gehirn, ist, das auf eine sie ,,verstehende" andere materielle Struktur kausal veriindernd einwirken kann und daB dieser Begriff vollig im Rahmen der Physik steht und nicht, wie es stellen- weise erscheint, aul3erhalb dieser, auch wenn der Informationsgehalt nicht im cm-g-sec- System meBbar ist, sondern als Wahrscheinlichkeit. Auch andere physikalische GroBen sind dimensionslos ! Weitere Abschnitte behandeln die kunftige Entwicklung des Menschen, insbesondere mit Riicksicht auf Uberbevolkerung, genetische Degeneration und technische Selbstvernichtung der Menschheit. SchlieBlich werden wichtige spezielle Ergebnisse der Molekularbiologie, vor allem Viren und abiotische Synthesen von Nucleinsiiuren, personliche Arbeitsgebiete von SCHRAMM, behandelt. Wenn auch die Zusammenstellung von zumeist unabhiingig entstandenen Artikeln nicht ein Ganzes aus einem CUB sein kann, so ist sie doch sehr wertvoll und hoch informativ, gerade auch fur Leser, die nicht mit moderner Biologie vertraut sind. R. W. KAPLAN (Frankfurt/Main)

R. SCHULZE, Strahlenklima der Erde (aus ,,Wissenschaftliche Forschungsberichte, Bd. 72"). 217 S., 108 Abb., 36 Tab. Darmstadt 1970: Steinkopf DM 66,OO

Mit einer Fulle von qualitativen und quantitativen Angaben wird der Teil der naturlichen Strahlung charakterisiert, der eine biologische Wirkung in der Biosphiire aufweist oder er- warten 1iiBt. Die benutzten physikalischen GroBen und Einheiten entsprechen den inter- nationalen Empfehlungen und beriicksichtigen historische Entwicklungen. Gegenuber- stellungen zu Toleranzen bezuglich Abtotung, Mutationsraten, Erythembildung usw. unter- stutzen die Anschaulichkeit der Darstellung. Fur theoretische und experimentelle Unter- suchungen auf den Gebieten der Okologie, der Populationsdynamik, des Umweltschutzes und verwandter Disziplinen kann die Monografie ein niitzliches Hilfsmittel sein.

D. NOACR (Jena)

W. B. TURNER, Fungal Metabolites. IX u. 446 S., uber 900 Formeln u. Schemata. London- New York 1971 : Academic Press S 9.00

Das Buch bietet die wohl reprlsentativste Auswahl an Pilzmetaboliten. Diese werden nach biosynthetischen Gesichtspunkten geordnet und besprochen. Gliederung : Einleitung (Kapitel 1 u. 2), Sekundiirmetabolite, die ohne Beteiligung von Acetat entstehen (3), solche, die sich von Fettsiiuren ableiten lassen (4), Polyketide (5), Terpene und Steroide (B), dem Citratzyklus entstammende Sekundlrmetabolite (7), Abkommlinge des Amminosiiure- stoffwechsels (8), verschiedene, nicht klassifizierbare Stoffwechselprodukte (8), Addendum fur alle Kapitel bis zum Stande vom August 1970 (10).

Die Basis des Buches ist breiter, als es der einzige Autorname vermuten liiBt : unter den Vorgiingern, Mitarbeitern und ,,Paten" finden sich J. F. GROVE, J. D. BU'LOCR, M. W. MILLER (Pfizer Handbook of Microbial Metabolites) und viele andere Namen mit gutem Klang. Das Unternehmen des Autors stellte moderne technische Einrichtungen zur In- formation und Registrierung zur Verfiigung, die offensichtlich voll eingesetzt wurden. Der Vergleich mit einer Zusammenstellung des Referenten uber bestimmte Sekundlrmetabolite einer umgrenzten Pilzgruppe zeigte beispielsweise, daB siimtliche Aspergillus-Antibiotica, soweit deren Strukturformeln publiziert waren, im Buche enthalten sind; hingegen ist Chetomin, ein bekanntes (Epidithia-)Diketopiperazin, nicht erwahnt, denn dessen Formel war 1970 noch nicht veroffentlicht. Manche Gruppen von Metaboliten sind ,,unterrepriisen- tiert". Das wird bereits in der Einleitung erwiihnt. In diesen Fallen enthiilt der Text nur wenige Beispiele und das Zitat einer Zusammenfassung ; die fur Siderochrome gewahlte Monografie aus dem Jahre 1964 ist allerdings uberholt. Synonyme von Verbindungen werden gelegentlich, solche von Pilztaxa nicht erwlhnt.

Mag es zunachst scheinen, als eigne sich das Buch im wesentlichen nur zum Nachschlagen - dieser Forderung wird es ebenfalls gerecht - so uberzeugen doch bereits wenige Lese- proben davon, daB es lohnt, den Gedankengiingen des Autors zu folgen.

Informationen abseits der Biosynthese ergiinzen den Text. So unterrichtet das Buch z. B. uber Wirkungsspektren, Anwendbarkeit, Loslichkeiten, wirksame Konzentrationen, Anta- gonisten und andere Aspekte der Wirkmechanismen. Die groBe Zahl der Literaturzitate