GA 141 - Das Leben zwischen dem Tode und neuer Geburt im Verhältnis zu den kosmischen Tatsachen - Rudolf Steiner

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    Steiner GA 141 Das Leben zwischen Tod und neuer Geburt im Verhltnis zu den kosmischen Tatsachen1. Vortrag

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    RUDOLF STEINER

    Das Leben zwischen dem Tode

    und der neuen Geburt

    im Verhltnis zu den kosmischen Tatsachen

    Zehn Vortrge, gehalten in Berlin

    vom 5. November 1912 bis 1. April 1913

    1964

    VERLAG DER RUDOLF STEINER-NACHLASSVERWALTUNG

    DORNACH/ SCHWEIZ

    GA 141

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    Steiner GA 141 Das Leben zwischen Tod und neuer Geburt im Verhltnis zu den kosmischen Tatsachen1. Vortrag

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    E R ST E R V O RT R AG

    Berlin, 5. November 1912

    Es erfllt mich mit Befriedigung, da ich am heutigen Abend nachverhltnismig langer Zeit an diesem Orte wieder zu sprechen in der Lagebin. Diejenigen von Ihnen, die unsere diesjhrige Mnchener Veranstaltungmitgemacht haben, oder sich in einer anderen Weise Kenntnis von demverschafft haben, was zu dem Inhalte der vorherigen Veranstaltungen durchmeinen Versuch eines Mysteriums, genannt Der Hter der Schwelle,hinzugefgt werden durfte, haben sehen knnen, wie die Seele sich verhaltenmu, wenn sie eine wahre, eine inhaltsvolle Vorstellung von mancherleigewinnen will, wovon man ja in der Geisteswissenschaft, oder sagen wir im

    Okkultismus, viel spricht.Wir haben im Laufe der Jahre ber jene Wesenheiten, die wir mit demNamen der luziferischen und der ahrimanischen Wesenheiten bezeichnen,verschiedenes gesprochen. Da die Charakterstimmung dieser Wesenheitensich erst ergibt, wenn wir uns langsam und allmhlich von den verschiedenstenSeiten her diesen Wesen nhern, das sollte gerade in dem Hter derSchwelle gezeigt werden. Da es nicht ausreicht, einen leichten Begriff vondiesen Wesenheiten sich zu machen etwa einen Begriff, der hnlich ist dem,was der Mensch so gern hat, nmlich einer gewhnlichen Definition , sondernda man ntig hat, von den verschiedensten Seiten her zu betrachten, wie dieseWesenheiten in das menschliche Leben eingreifen, das sollte gezeigt werden.Und Sie werden gerade auch aus diesem Versuche etwas mit von demgewinnen knnen, was durch viele Jahre den Grundton gerade auch derjenigenVortrge gebildet hat, die ich hier halten durfte, jenen Grundton, den ich mirjetzt schon fter zu bezeichnen gestattete mit den Worten der absolutenWahrhaftigkeit gegenber den geistigen Welten, oder auch als den Ton eineshohen Ernstes gegenber diesen geistigen Welten. Es ist dies um so mehr inunserer Gegenwart zu betonen, als ja doch der Ernst, die Wrde des im wahrenSinne des Wortes so zu nennenden anthroposophischen Strebens noch gar

    wenig eingesehen wird. Und wenn ich in den verschiedenen Vortrgen derJahre eines habe hauptschlich durchschimmern lassen wollen, so ist es dies:Da Sie den Versuch machen wollen, wirklich mit diesem Geiste des Ernstesund der Wahrhaftigkeit allein an das anthroposophische Streben heranzugehenund sich bewut zu werden, was das anthroposophische Streben bedeutet imGesamtinhalte des Weltenseins, im Inhalte der menschlichen Entwickelungund auch in dem geistigen Inhalte unserer Zeit. Nicht oft genug kann man essagen: In das Anthroposophische kann man sich nicht mit wenigen Begriffen,nicht mit einer etwa in kurzen Stzen zusammengefaten Theorie oder gar mit

    einem Programm hineinfinden; in das wahrhaft Anthroposophische kann mansich nur hineinfinden mit dem ganzen Leben seiner Seele.

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    Steiner GA 141 Das Leben zwischen Tod und neuer Geburt im Verhltnis zu den kosmischen Tatsachen1. Vortrag

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    Leben aber ist Werden, ist Entwickelung. Und wenn dagegen gefragt werdenknnte: Wie soll sich denn der Einzelne dann einer anthroposophischenBewegung anschlieen, wenn gleich die Forderung der Entwickelung, desWerdens aufgestellt werde, wenn gesagt wird, man knnte nur im Laufe der

    Zeit langsam und allmhlich in das hineinkommen, was in den Tiefen dessenenthalten ist, das man in Wahrheit Anthroposophie nennt, wie kann dann derEinzelne sich entschlieen, in dasjenige hineinzugehen, in das er sich erst nachund nach hineinentwickeln soll? so mu darauf erwidert werden: Bevor derMensch etwa zu dem hchsten Gipfel einer Entwickelung aufsteigen kann, hater das, was die ganze Menschheit berhaupt nach dem Streben einer solchenEntwickelung gefhrt hat, hat er den Sinn fr die Wahrheit in seinem Herzen,in seiner Seele, und er braucht sich diesem Sinn fr die Wahrheit nurvorurteilslos, aber mit dem Willen zur Wahrheit hinzugeben, nicht mit demWillen zur Eitelkeit einer Theorie, nicht mit dem Willen zum Hochmut einesProgrammes, wohl aber mit dem Willen zur Wahrheit, der tief in der Seelesitzt, wenn er nicht durch allerlei Vorurteile beirrt ist. Man darf sagen: Manversprt die Wahrheit da, wo sie aufrichtig fliet. Daher ist eine aufrichtigeKritik der Wahrheit auch schon mglich, wenn man erst im Anfange ihresErlangens steht. Das aber schliet nicht aus, da man eben in dem dieHauptsache sieht, sich hineinzuleben in das ganze Werden, in die ganzeEntwickelung des anthroposophischen Strebens.

    In unserer Zeit ist nun wahrhaftig gar vieles, was den Menschen beirrt inbezug auf das naturgeme, in seiner Seele ja sonst vorhandene

    Wahrheitsgefhl, und wir haben auf solche beirrende Momente im Verlaufeder Jahre vielfach hinweisen knnen; ich brauche es heute nicht wieder zu tun.Was ich gesagt habe, habe ich zu Ihnen aus dem Grunde gesprochen, weil ichdadurch die Tatsache belegen mchte, da es immer wieder und wiedernotwendig ist auch wenn wir in einer gewissen Weise schon das eine oderdas andere aus der okkulten Wissenschaft erkannt haben , von neuen undneuen Seiten und Gesichtspunkten aus an die Dinge heranzutreten, sie immerwieder und wieder zu betrachten. Dafr gibt uns ja gewissermaen dasjenigeeinen Anhalt, was uns auf dem Felde der Anthroposophie begegnen kann, zum

    Beispiel gegenber den vier Evangelien. Ich durfte in diesem Herbste dieBetrachtung ber die Reihe der Evangelien in Basel mit einem Vortragszyklusber das Markus-Evangelium abschlieen. Man mchte gerade in derBetrachtung der Evangelien, deren es ja vier gibt, sozusagen ein Musterbeispielsehen des Herankommens von verschiedenen Seiten an die groen Wahrheitendes Daseins. Jedes Evangelium gibt Gelegenheit, das Mysterium von Golgathavon einer anderen Seite aus zu betrachten, und wir knnen ber das Mysteriumvon Golgatha erst einigermaen etwas wissen, wenn wir es von diesen vierverschiedenen Seiten her betrachten, die sich uns an der Hand der Betrachtung

    der Evangelien ergeben.

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    Wie war denn beispielsweise in den letzten zehn bis zwlf Jahren der Geistunserer Betrachtungen in bezug auf diesen einen Punkt? Diejenigen von Ihnen,die in diesem Punkte klar sehen werden oder wollen, brauchen nur mein BuchDas Christentum als mystische Tatsache zur Hand zu nehmen, dessen Inhalt

    noch vor der Begrndung der Deutschen Sektion der TheosophischenGesellschaft vorgetragen worden ist. Wer das dort Ausgesprochene im Ernstbetrachtet, wird sehen, da darin im Grunde genommen schon alle die Dingerestlos enthalten sind, die dann spter in Anlehnung an die verschiedenenEvangelien besprochen worden sind, und da das ganze Mysterium vonGolgatha, wie es im Laufe der Jahre vorgetragen worden ist, schon in diesemBuche enthalten ist. Aber nichts wre unberechtigter gewesen, als etwa zuglauben, da man nun, wenn man das wisse, was in diesem Buche DasChristentum als mystische Tatsache steht, auch eine fr die Gegenwarthinreichende Vorstellung von dem Mysterium von Golgatha habe. Die ganzendarauf folgenden Ausfhrungen waren eben notwendig, die in derselben Linielaufen, die ganz konsequent sich aus dem Embryo dieser geistigen Betrachtungergeben haben, die in keinem Punkte mit diesem Christentum als mystischeTatsache in Widerspruch stehen, aber geeignet waren, immer neue und neueBetrachtungsweisen ber das Mysterium von Golgatha zu erffnen unddadurch immer tiefer und tiefer in dasselbe einzudringen. Dadurch versuchtenwir an die Stelle von Begriffen, Theorien und Programmen das unmittelbarelebendige Hineinleben in die spirituellen Tatsachen zu setzen. Und wahrhaftig,wenn man bei alle dem doch immer das Gefhl eines gewissen Mangels hatte

    nmlich, da man nicht immer alles Notwendige geben kann , so hngt dieserMangel eigentlich mit etwas zusammen, was auf dem physischen Plan nicht zundern ist: mit der Zeit. Es ist eben nicht mglich, alles, was zu sagen ist, ineiner bestimmten Zeit zu geben. Daher wurde immer eine Voraussetzungsozusagen an Ihr Gemt gemacht: die Voraussetzung, Geduld zu haben undabzuwarten, wie nach und nach die Dinge herauskommen. Das soll uns einHinweis darauf sein, wie wir auch die Dinge aufzufassen haben, welche ichnun in den nchsten Zeiten zu Ihnen sprechen darf.

    ber das Leben zwischen dem Tode und einer neuen Geburt haben wir im

    Laufe der Jahre viel gesprochen, und doch soll es sich im wesentlichen in dennchsten Vortrgen hier wieder um dieses Gebiet handeln aus dem Grunde,weil an mich gerade im Laufe des Sommers und Herbstes die Aufgabeherangetreten ist, dieses Gebiet neuerdings spirituell zu durchforschen undauch einen Gesichtspunkt blozulegen, der eben frher nicht berhrt werdenkonnte. Manches auch von dem kann jetzt erst ins Auge gefat werden, was dietiefe moralische Bedeutung der auf dieses Gebiet bezglichen bersinnlichenWahrheiten uns vorfhrt. Neben allen brigen Voraussetzungen, die jetzt nurkurz angedeutet worden sind, ist ja allerdings innerhalb unserer Bewegung

    auch immer die andere Voraussetzung gemacht worden, eine Voraussetzung,die, man mchte sagen, in unserer so hochmtigen und eitlen Zeit viele Herzengeradezu verletzt.

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    Aber da man sich durch eine solche Tatsache nicht von dem Ernste und derWahrhaftigkeit abhalten lassen kann, die wir unserer Bewegung schuldig sind,so mu eben diese Voraussetzung gemacht werden. Diese Voraussetzungbesteht darin, in intimer und ernster Arbeit wirklich lernend und sich darauf

    einlassend, auf das einzugehen, was aus den spirituellen Welten herausgeholtwird. Wir drfen sagen, da seit einer Reihe von Jahren das Verhltnis der aufdem physischen Plan lebenden Menschen zu den spirituellen Welten andersgeworden ist, als es zum Beispiel fast das ganze 19. Jahrhundert hindurch war.Bis in das letzte Drittel des 19. Jahrhunderts, ich habe darauf schonhingewiesen, war wenig Zugang zu den spirituellen Welten; es flo, nach denNotwendigkeiten der Menschheitsentwickelung, wenig in die Menschenseelehinein an Inhalt aus den geistigen Welten. Jetzt aber leben wir in einemZeitalter, in welchem die Seele nur empfnglich zu sein braucht, sich nurhinzugeben und vorbereitet zu sein braucht, damit ihr die Offenbarungen ausden spirituellen Welten zuflieen knnen. Und immer empfnglicher undempfnglicher werden einzelne Seelen, fr die, indem sie sich ihrerZeitaufgabe bewut sind, das Hereinstrmen der spirituellen Erkenntnisse eineTatsache ist. Daher ist eine weitere Forderung fr den Anthroposophen, sichnicht gegen das zu verschlieen, was auf irgendeine Weise in der Gegenwartaus den spirituellen Welten in die Seele hereinflieen kann. Bevor ich auf daseingehe, was also den hauptschlichsten Gegenstand unserer nchstenBetrachtungen bilden wird, mchte ich auf zwei Eigentmlichkeiten desspirituellen Lebens hinweisen, die wir ganz besonders beachten sollen.

    Der Mensch durchlebt schon zwischen dem Tode und der neuen Geburt ineiner ganz bestimmten Weise die Tatsachen der geistigen Welt. Er erlebt sieaber auch durch die Initiation; er erlebt sie auch, wenn er die Seele vorbereitethat, eben schon whrend seines Daseins im physischen Leibe, indem er soTeilnehmer wird an den geistigen Welten. ber diese Dinge haben wir oftgesprochen. Daher kann man sagen: Was zwischen dem Tode und der neuenGeburt geschieht und was eben auch ein Durchleben der geistigen Welt ist, dasist anzuschauen durch die Initiation.

    Nicht nur zum Erleben der geistigen Welten, sondern auch zum richtigen

    Verstehen, zum richtigen Sich-Hineinfinden in die Mitteilungen aus dergeistigen Welt gehrt die Beachtung von zweierlei, das sich im Grundegenommen aus mancherlei ergibt, was hier oft besprochen worden ist. Da esanders in den geistigen Welten aussieht als hier in der physischen Welt, da dieSeele in eine Sphre kommt, wenn sie in die geistigen Welten eintritt, in dersie sich an vieles gewhnen mu, was geradezu entgegengesetzt ist den Dingender physischen Welt, das ist oft betont worden. Und da sei auf einesaufmerksam gemacht. Hier auf dem physischen Plan mssen wir Menschen,wenn in der physischen Welt etwas durch uns geschehen soll, ttig sein,

    mssen unsere Hnde rhren, mssen uns bewegen, mssen sozusagen voneinem Orte zum andern unseren physischen Leib tragen.

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    Damit also in der physischen Welt etwas durch uns geschieht, ist unsereTtigkeit, ist unser handelndes Eingreifen in die Dinge notwendig. Das genaueGegenteil davon ist notwendig, ich spreche immer vom heutigen Zeitenzyklus,fr die geistigen Welten. Was in den spirituellen Welten durch uns geschehen

    soll, das mu gerade geschehen durch unsere Ruhe, durch unsere Gemtsruhe.Dem, was geschftiges Treiben auf dem physischen Plan ist, entspricht in dergeistigen Welt das gemtsruhige Abwartenknnen der Ereignisse. Je wenigerwir uns auf dem physischen Plane bewegen, desto weniger geschieht durchuns; je mehr wir uns aber bewegen, desto mehr kann geschehen. Je ruhiger wirin unserer Seele werden knnen, je mehr wir auf alle Geschftigkeit inunserem Innern verzichten knnen, desto mehr kann durch uns in derspirituellen Welt geschehen. Damit durch uns in der spirituellen Welt etwasgeschieht, ist es notwendig, da wir in der Lage sind, dieses Geschehende alsetwas betrachten zu knnen, womit wir begnadet werden, womit wir in einergewissen Weise gesegnet werden, was sich so ergibt, da es sich uns nhert,indem wir es verdienen durch unsere Gemtsruhe. Es sei ein Beispielangefhrt.

    Ich habe hier fter darauf hingewiesen, da das Jahr 1899 fr den, derspirituelle Erkenntnisse hat, ein wichtiges Jahr war. Es ist der Ablauf geweseneiner fnftausendjhrigen geschichtlichen Menschheitsperiode, des sogenann-ten kleinen Kali Yuga. Nach diesem Jahre sind die Seelen der Menschen in dieNotwendigkeit versetzt, in anderer Art das Spirituelle an sich herankommen zulassen als vor dieser Zeit. Um ein konkretes Beispiel zu haben: Ein gewisserNorberthat um die Wende des 12. Jahrhunderts herum im Abendlande einenOrden gestiftet. Dieser Norbert war, bevor ihm die Idee aufgegangen ist, denOrden zu stiften, man knnte fast sagen, ein leichtlebiger Mensch, ein Menschvoller Leidenschaft und Weltlust. Da trug sich mit ihm eines Tages etwas ganzBesonderes zu. Er wurde vom Blitz getroffen. Der ttete ihn nicht, sondernvernderte seine ganze Wesenheit. Solcher Beispiele gibt es viele in derMenschheitsentwickelung. Der ganze Mensch wurde umgewandelt; dieZusammenfgung der vier Glieder: physischer Leib, therleib, Astralleib undIch erfuhr eine nderung durch dieses Durchschlagen der Kraft, die im Blitze

    war. Dann hat er den betreffenden Orden gegrndet. Und wenn auch derOrden, wie so viele Orden, nicht das gehalten hat, was sein Begrnder wollte,so hat er doch damals in vieler Beziehung sein Gutes gestiftet. Das ist ftergeschehen, da ein, wie der heutige Mensch sagt, Zufall eintrat. Es ist aberkein Zufall; es ist ein im Weltenkarma herbeigefhrtes Ereignis. Der Menschwar dazu ausersehen, etwas Besonderes zu tun. Daher sollten die Bedingungenin seiner Leiblichkeit hergestellt werden, da er das tun konnte. Das warnotwendig als ein ueres Ereignis, als ein mehr uerer Einflu. In dieserBeziehung ist das Grenzjahr 1899 dasjenige gewesen, nach welchem immer

    mehr und mehr auf die Seelen solche Einflsse rein innerlich geschehenmssen, die nicht von auen in so erheblichem Mae kommen knnen.

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    Nicht als ob ein schroffer bergang kommen msse, aber es ist doch so, dadas, was von heute ab auf die Menschenseelen wirken wird, immer innerlicherund innerlicher wirken wird. Sie erinnern sich, was ich darber sagte, wieChristian Rosenkreutz auf die menschliche Seele wirken sollte, wenn er sie

    berufen wollte, und wie dies eine mehr innerliche Berufung ist. Vor diesemgenannten Jahre muten diese Berufungen mehr durch uere Ereignisseherbeigefhrt werden; nach diesem Jahre werden sie immer innerlicher undinnerlicher. Immer innerlicher wird der Verkehr der Menschenseelen mit denhheren Hierarchien werden, und immer mehr und mehr wird sich der Menschanstrengen mssen, gerade durch das Innere, durch die tiefsten und intimstenKrfte seiner Seele den Wechselverkehr mit den Wesenheiten der hherenHierarchien zu unterhalten.

    Was ich Ihnen jetzt charakterisiert habe wie einen Einschnitt im Leben desphysischen Planes, dem entspricht aber in der geistigen Welt sichtbar fr den,der einen Einblick in die spirituellen Welten haben kann dort vieles, was sichzwischen den Wesenheiten der hheren Hierarchien abgespielt hat. Dinge,welche die Wesenheiten der hheren Welten untereinander zu verrichtenhaben, sind ganz besonders in diesem Zeitpunkte geschehen. Aber eineEigentmlichkeit bestand fr diesen Zeitpunkt. Die Wesenheiten, welche inden spirituellen Welten das bewirken muten, da das Ende des Kali Yugaeintrat, brauchten etwas von unserer Erde, etwas, was auf unserer Erdegeschah. Sie brauchten die Tatsache, da in einzelnen Seelen, die reif dazuwaren, ein Wissen vorhanden war von diesen Sachen, oder wenigstens, da

    jetzt ein Wissen vorhanden ist, da Vorstellungen ber diesen Umschwung inden Seelen leben. Denn wie der Mensch auf dem physischen Plane ein Gehirnbraucht, um ein Bewutsein zu entwickeln, so brauchen die Wesenheiten derhheren Hierarchien menschliche Gedanken, in denen sich die Dinge spiegeln,welche die hheren Hierarchien tun. Die Menschenwelt ist notwendig auch frdie geistige Welt; sie wirkt mit, sie mu da sein. Aber es mu in der richtigenWeise mitgewirkt werden. Und die, welche dazumal reif waren oder heute reifsind, um an diesen Dingen von der Menschheitsseite her mitzuwirken, diedurften nicht, oder drfen nicht fr das, was in der geistigen Welt geschehen

    soll, etwa auf dem physischen Plane eine Propaganda entwickeln, wie man sieauf diesem gewohnt ist zu entwickeln. Nicht dadurch, da wir uns sozusagengeschftig verhalten auf dem physischen Plan, helfen wir den Geistern derhheren Hierarchien, sondern dadurch, da wir erstens Verstndnis haben frdas, was geschehen soll, da wir aber auerdem dann in vlliger Gemtsruhe,in absolutester Sammlung unseres Seelenlebens gewissermaen in der Lagesind, andchtig uns hinzugeben einer solchen Erscheinung der bersinnlichenWelt. Also die Ruhe, die wir bewahren knnen, die Stimmung, die wir unserringen knnen, um so etwas in Gnaden zu erwarten, in Gnaden

    entgegenzunehmen, das ist das, was wir dazu beitragen knnen.

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    Somit knnen wir sagen, wenn auch der Ausspruch paradox klingt: UnsereHandlungen, unsere Ttigkeit in den hheren Welten hngen ab von unsererGemtsruhe; je ruhiger wir werden knnen, desto mehr kann durch unsgeschehen in bezug auf die Tatsachen der hheren Welten. Daher ist es auch

    notwendig fr die Teilnahme an einer spirituellen Bewegung, diese Stimmung,diese Gemtsruhe wirklich entwickeln zu knnen. Und das wre im hchstenMae gerade fr die anthroposophische Bewegung zu wnschen, da von ihrenTeilnehmern diese Gemtsruhe angestrebt wrde, dieses gnadenvolleVerhalten, dieses mit dem Bewutsein der Gnade erfllte Verhalten gegenberden hheren Welten.

    Unter den Ttigkeiten, die der Mensch auf dem physischen Planeentwickelt, finden wir eigentlich hnliche Dinge nur etwa auf dem Gebiete desknstlerischen Schaffens oder auf dem Gebiete des wirklichen Erkenntnis-strebens oder der Frderung einer spirituellen Bewegung. Derjenige Knstlerschafft ganz gewi auch nicht das Hchste, was er nach seinen Anlagenschaffen kann, der nur immer geschftig und geschftig sein will und nurimmer die Dinge vorwrts und vorwrts bringen will, sondern der Knstlerwird das Hchste schaffen, der die Augenblicke der Begnadung abzuwarten inder Lage ist und der auch schweigen kann, wenn sozusagen der Geist nicht zuihm spricht. Und derjenige gelangt gewi zu keinen hheren Erkenntnissen,der mit den Begriffen, die er schon einmal hat, nun eine hhere Erkenntniszusammenzimmern will, sondern der gelangt zu hheren Erkenntnissen, derruhig, in voller Resignation, wenn ihm eine Frage, ein Weltrtsel aufsteigt,

    warten kann und sich sagt: Ich mu eben abwarten, bis mir aus den geistigenWelten der Lichtstrahl der Antwort kommt. Und der wirkt gewi nichtrichtig in einer spirituellen Bewegung, der von Mensch zu Mensch luft undeinen jeden so schnell als mglich berreden will, da diese spirituelle Be-wegung das einzig Richtige sei, sondern der warten kann, bis, nachdem dieentsprechenden Seelen ihren Trieb zu den Wahrheiten der spirituellen Welterkannt haben, diese Seelen herankommen. So ist es in bezug auf das Handelnbei demjenigen, was in unsere physische Welt hereinleuchtet, aber namentlichin bezug auf alles, was der Mensch selber in der geistigen Welt vollbringen

    kann. Und man mchte sagen: Auch die allerpraktischsten Dinge auf diesemspirituellen Gebiet hngen ebensosehr von der Herstellung eines gewissenZustandes der Ruhe ab.

    Ich mchte nur noch auf eines aufmerksam machen. Nehmen wir diepsychisch-spirituelle Heilmethode. Da ist beim spirituellen Heilen auch nichtdie Hauptsache, da man diese oder jene Bewegungen, diese oder jeneHandgriffe macht. Die mssen gemacht werden gleichsam nur alsVorbereitung. Aber alle zielen sie zuletzt daraufhin ab, Ruhe, Gleichgewichtherzustellen. Was uerlich sichtbar wird bei einer spirituellen Heilung, ist

    eigentlich nur die Vorbereitung dessen, was derjenige tut, der der spirituelleHeiler ist. Was zuletzt geschieht, das ist die Hauptsache.

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    Es ist bei einer solchen Sache so, wie wenn wir einer Waage gegenberstehen.Wir haben zuerst auf die eine Seite irgend etwas zu legen, was wir abwiegenwollen, dann legen wir auf die andere Seite ein Gewicht; da gert derWaagebalken in Bewegung nach rechts und links. Ablesen aber knnen wir das

    Gewicht erst, wenn Gleichgewicht hergestellt ist. So ist es in bezug auf dasHandeln in den spirituellen Welten.Anders ist es mit Bezug auf das Erkennen, das Wahrnehmen. Wie geschieht

    das Wahrnehmen im alltglichen Leben des physischen Planes?Das wei jeder, da, mit Ausnahme einzelner Gebiete des physischen

    Planes, die Dinge an den Menschen herankommen. Vom Morgen bis zumAbend kommen im wachen Tagesleben die Dinge an uns heran; vonAugenblick zu Augenblick bekommen wir immer neue Eindrcke. Nur in denAusnahmezustnden suchen wir uns die Eindrcke auf, fhren das an denDingen aus, was die Dinge sonst ausfhren. Da geraten wir aber schon in dashinein, was Erkenntnis suchen ist. So ist es nicht mit den spirituellenErkenntnissen. Bei diesen mssen wir alles, was vor unsere Seele treten soll,selber vor diese Seele hinstellen. Whrend all unser Tun, alles, was in dergeistigen Welt durch uns geschehen soll, dadurch geschieht, da wir dieabsoluteste Ruhe herstellen, mssen wir unausgesetzt ttig sein, wenn wirwirklich etwas in der geistigen Welt erkennen wollen. Damit hngt eszusammen, da fr manchen, der ja auch gern Anthroposoph sein mchte,dasjenige, was wir aus einer wirklichen Erkenntnis heraus hier betreiben, zuunbequem erscheint. Gar mancher sagt: Bei euch mu man ja alles erst lernen,

    man mu ber alles erst nachdenken, mu sich mit allem beschftigen! Aberohne dieses gelangt man nicht zu einem Verstndnis der spirituellen Welten!Man mu seine Seele anstrengen, mu von den verschiedensten Seiten her dieDinge anschauen. Das ist es, worum es sich handelt. Begriffe, die man sichber die hheren Welten erwerben will, mu man sich in langsamer, ruhigerArbeit erst zimmern. In der physischen Welt mssen wir, wenn wir einen Tischhaben wollen, diesen Tisch durch unsere bewegte Arbeit herstellen. Wenn wiraber etwas in den spirituellen Welten herstellen wollen, dann mssen wir dieRuhe, die Art von Ruhe entwickeln, die dazu notwendig ist, da etwas

    geschieht; und wenn etwas getan wird, dann tritt es aus dem Dmmerdunkelheraus. Wenn wir aber etwas erkennen wollen, dann mssen wir durch unserevolle Anstrengung die Inspirationen erst zimmern. Zum Erkennen istnotwendig eine Arbeit, eine innerlich ttige Seelenstimmung, ein Gehen vonInspiration zu Inspiration, von Imagination zu Imagination, von Intuition zuIntuition. Da mssen wir alles zusammenfgen, und nichts tritt an uns heran,was wir nicht selber vor uns hinstellen, wenn wir es erkennen wollen. Alsogerade im Gegensatze zu allem, was auf der physischen Welt richtig ist, sinddie Dinge in der geistigen Welt.

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    Dies mu ich vorausschicken, damit wir uns von vornherein ein bichendarber einigen, wie solche Dinge erstens gefunden, zweitens aber auchverstanden werden knnen, wie wir sie in fernerem miteinander zu besprechenhaben werden. Ich will in diesen Betrachtungen weniger das unmittelbare

    Leben nach dem Tode berhren, das wir unter dem Namen des sogenanntenKamaloka fter besprochen haben das ist Ihnen ja seinen wesentlichen Seitennach bekannt , wir wollen vielmehr von etwas neuen Gesichtspunkten aus dieZeiten betrachten, die, nachdem wir durch den Tod durchgegangen sind, aufunsere Zeit des Kamaloka-Lebens folgen.

    Da ist es vor allen Dingen notwendig, da wir zuerst auf dieEigentmlichkeit hinweisen, wie wir da berhaupt leben. Sie wissen, da derMensch als erste Stufe der hheren Erkenntnis das hat, was wir dasimaginative Leben, wir knnten auch sagen, das Leben in wahrhaftigen,wirklichen Visionen nennen knnen. Whrend wir in der physischen Weltumgeben sind von Farben, Tnen, Gerchen, von Geschmacksempfindungen,von Vorstellungen, die wir uns durch unsern Verstand machen, sind wir in dergeistigen Welt zunchst umgeben von Imaginationen, die man ja auchVisionen nennen kann; nur mssen wir bei diesem Begriffe der Imagination,der Vision, uns klar sein, da diese, wenn sie im geistigen Sinne richtig sind,uns nicht etwa Traumgebilde darstellen, sondern Realitten, Wirklichkeiten.Nehmen wir einen bestimmten Fall.

    Wenn der Mensch durch die Pforte des Todes durchgeschritten ist, trifft erdiejenigen, die vor ihm hingestorben sind und mit ihm in einer gewissen Weise

    im Leben zusammen waren. Wir finden uns wirklich mit den zu uns Gehrigenin der Zwischenzeit zwischen dem Tode und der neuen Geburt zusammen. Wiewir nun die Dinge in der physischen Welt wahrnehmen, indem wir ihre Farbensehen, ihre Tne hren und so weiter, so sind wir nach dem Tode umgeben ich darf vergleichsweise sagen von einer Wolke von Visionen. Alles ist umuns Vision; wir selbst sind Vision. Wie wir hier Fleisch und Blut sind, so sindwir dann Vision. Aber diese Vision ist kein Traum, sondern wir wissen, es istRealitt. Treffen wir einen Verstorbenen, mit dem wir vorher zusammenwaren, so ist er auch Vision; er ist gleichsam eingeschlossen in die visionre

    Wolke. Aber wie wir auf dem physischen Plane wissen: die rote Farbe kommtvon der roten Rose, so wissen wir auf dem geistigen Plan: die Vision kommtvon dem geistigen Wesen, das vor uns durch die Pforte des Todes geschrittenist. Aber nun tritt eine Eigentmlichkeit ein, die wir wohl beachten mssen,und die sich bei jedem zeigt, der diese Zeit nach dem Tode erlebt. Hier aufdem physischen Plan kann zum Beispiel das der Fall sein: Wir haben einenMenschen den wir eigentlich lieben sollten, nach den Bedingungen, die wirberschauen knnen, und nach den Begriffen, die wir aber erst nachtrglichberschauen zuwenig geliebt, wir haben ihm also Liebe entzogen. Nehmen

    wir ein solches Beispiel: wir htten einem Menschen Liebe entzogen oder ihmsonst etwas zuleide getan.

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    Dann kann, wenn wir nicht gerade ein verstocktes Herz haben, in uns dieEmpfindung, die Idee auftauchen: Du mut das gutmachen! Und wenn in unsdiese Empfindung auftaucht, so ist uns die Mglichkeit gegeben, die Sachewieder gutzumachen. Wir knnen gewissermaen weiterarbeiten an dem

    Verhltnis der uns umgebenden Welt auf dem physischen Plan. Das knnenwir nicht in der ersten Zeit nach der Kamaloka-Zeit, von der wir jetzt sprechen.Wenn wir einem Menschen dann gegenberstehen, knnen wir wohl aus derArt und Weise, wie wir ihm gegenberstehen, die Erkenntnis haben: Du hastihm dies oder jenes zuleid getan, oder ihm Liebe entzogen, die du ihm schuldigwarst; wir fassen auch den Vorsatz, da wir das gutmachen wollen, aber wirknnen es nicht. Wir knnen nur dasjenige Verhltnis zu dem Menschen indieser Zeit entwickeln, das schon begrndet war in der Zeit vor dem Tode. Dasandere knnen wir einsehen, aber knnen zunchst nichts hinzufgen, knnenzunchst nichts ausbessern. Das heit, in dieser visionren Welt, die uns wieeine Wolke einhllt, knnen wir nichts verndern. Wir schauen es an, aberknnen nichts ndern. Wie wir zu einem Menschen gestanden haben, der voruns hingestorben ist, so bleibt unser Verhltnis zu ihm, und wir leben es weiteraus. Das ist oftmals auch dasjenige, was zu den mehr leidensvollen Erlebnissender Initiation gehrt. Da erlebt man vieles in seinem Verhltnis zur physischenWelt, und man erschaut es wahrhaftig grndlicher, als man es erschaut mit denAugen oder mit dem Verstande. Man kann es in seinen Grnden durchschauen,aber nicht unmittelbar verndern. Das macht den Schmerz der spirituellenErkenntnis aus, das macht das Martyrium der spirituellen Erkenntnis aus,

    insofern sich diese Erkenntnis auf unser eigenes Leben bezieht, insofern sieSelbsterkenntnis ist. Und so ist es auch nach dem Tode. Die Menschen nachdem Tode stehen zu denen, zu welchen sie im Leben in eine Beziehunggetreten sind, in solchen Verhltnissen, die gewissermaen bleibend sind, diesich kontinuierlich fortsetzen wie sie waren.

    Als sich mir neuerdings diese Tatsache mit einer ungeheuren Strke vordas geistige Auge stellte, konnte ich mir wieder eines sagen. Ich habe mich inmeinem Leben wahrhaftig viel auch mit Homer beschftigt und habemancherlei in den alten Dichtungen Homers zu verstehen gesucht. Aber gerade

    bei dieser Gelegenheit fiel mir eine Stelle bei Homer ein: da, wo Homer dessen Hellsehertum von den Griechen ja darin angedeutet ist, da sie von demblinden Homer sprachen von dem Reiche spricht, das der Mensch nachdem Tode durchlebt, da nennt er es das Reich der Schatten, in dem keinWechsel, keine Vernderung mglich ist. Und da wute ich neuerdingswieder, wie so viele Dinge in den groen Dichtungen und Offenbarungen derMenschheit leben, die wir nur richtig erkennen, indem wir sie aus den Tiefender spirituellen Erkenntnis herausholen. Und manches von dem, was dasErkennen der Menschheit geben soll, wird darauf beruhen, da die Menschen

    ihre groen Ahnen, die begnadet waren von dem Hereinleuchten des geistigenLichtes in ihre Seele, erst in einem neuen Lichte, ja, in einem Lichte deswirklichen Verstndnisses sehen.

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    Wie berhrt es eine Seele, die dafr empfnglich ist, wenn sie an einemsolchen Worte merkt: Dieser alte Seher konnte diese Stelle nur dadurchhinschreiben, da die Wahrheit der spirituellen Welt in seine Seelehereinleuchtete! Da beginnt dann die wahre Frmmigkeit gegenber den

    gttlich-geistigen Krften, die durch die Welt und namentlich durch die Herzenund Seelen der Menschen wallen. Da sehen wir erst mit richtigem Frommseinauf das hin, was in der Welt geschieht zur Fortentwickelung und zumFortschritt. Gar vieles ist im tiefsten Sinne wahr in demjenigen, was jeneMenschen, die so begnadet waren wie Homer, geschaffen haben. Imspirituellen Sinne ist es wahr. Aber diese Wahrheit, die einst ein altes,dmmerhaftes Hellsehen unmittelbar erkennen konnte, ist der heutigen Zeitverlorengegangen und mu erst auf dem Wege der spirituellen Erkenntniswieder erobert werden.

    Ich mchte bei dieser Gelegenheit, um gerade dieses Beispiel noch mehr zuerhrten dieses Beispiel von einem Durchdringen dessen, was durchschpferische Genien der Menschheit gegeben worden ist , etwas anderesnoch anfhren: eine Wahrheit, gegen die ich mich sogar gestrubt habe, als siemir durch die Seele zog, eine Wahrheit, die mir selbst paradox erschien, die ichaber, wie sie sich mit einer inneren Notwendigkeit unmittelbar ergab, alsWahrheit anerkennen mute. Deshalb darf es auch gesagt werden, was sich daergeben hat.

    Was ich da in den spirituellen Welten zu arbeiten hatte, hing auch mit derBetrachtung gewisser Kunstwerke zusammen. Ich mute diese Kunstwerke

    betrachten. Unter diesen war auch das, was ich frher gesehen und studierthatte, was aber erst jetzt in dieser Weise vor meine Seele getreten ist. Wasich Ihnen jetzt sage, ist eine Beobachtung gegenber den Mediceer-Grbern inFlorenz. Dort ist jene Kapelle, die Michelangelo aufgebaut und eingerichtethat. Zwei Mediceer, von denen wir nicht weiter reden wollen, sollten dort inStatuen verewigt werden. Michelangelo hat aber vier sogenannte allegorischeFiguren dazugefgt, die man nach dem, was damals aufgekommen ist undwozu auch Michelangelo die Veranlassung gegeben hat, Morgen undAbend, Tag und Nacht nannte. Zu Fen der einen Mediceer-Statue

    Tag und Nacht, zu Fen der anderen Morgen und Abend. Nunknnen Sie sich leicht, wenn Sie auch nicht einmal besonders guteAbbildungen haben, durch den Anblick derselben eine Besttigung dessenholen, was ich jetzt zu sagen habe ber diese vier allegorischen Figuren derMediceer-Grber. Da gehen wir aus von der einen berhmtesten, der Nacht.In den Beschreibungen, aus denen gewhnlich die Reisebcher abschreiben,kann man lesen, da die eigentmlichen Gliedstellungen, die Michelangelo frdie liegende Figur, die Nacht, gewhlt hat, unnatrlich wren, weil einMensch in einer solchen Lage nicht schlafen knne, so da also diese Figur

    nicht ein besonders guter symbolischer Ausdruck fr die Nacht sei. Aber ichwill etwas anderes sagen. Nehmen wir an, wir betrachten mit okkultistischemBlicke diese allegorische Figur der Nacht, und wir sagten uns:

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    Wenn der Mensch schlft, sind sein Ich und sein astralischer Leib aus demphysischen Leib und dem therleib heraus. Dann ist es denkbar, da jemandeine Gebrde, eine bestimmte Gliederlage aussinnt, welche der Lage destherischen Leibes am angemessensten ist, wenn Astralleib und Ich nicht darin

    sind. Wenn wir bei Tag herumgehen, so haben wir diese oder jene Gebrdedadurch, da in dem physischen Leib und dem therleib der Astralleib und dasIch sind. Aber bei Nacht sind Astralleib und Ich drauen, dann ist dertherleib allein im physischen Leibe. Er entwickelt seine Ttigkeit undBeweglichkeit; das gibt eine gewisse Gebrde. Und die Impression kann esgeben: da es fr das freie Walten des therleibes keine angemessenereGebrde gibt, als sie Michelangelo bei dieser Nacht abgebildet hat, eineGebrde, so przis, da man sie nicht besser, nicht prziser beantworten knnteals durch die Lage der Figur, welche da die Lage des therleibes darstellt. Nun gehen wir zu der anderen Figur, dem Tag. Da kann man sich folgendessagen. Nehmen wir an, wir knnten einen Menschen dazu veranlassen, da inihm, soweit es mglich ist, das therische und das astralische Lebenschweigen, und das Ich vorzugsweise ttig ist und eine Gebrde hervorruft,und wir suchten die angemessenste Gebrde fr das Ich. Dann knnten wirkeine bessere Gebrde finden als die, welche Michelangelo in dem Tag zumAusdruck gebracht hat! Da sind die Gebrden nicht mehr allegorisch, sondernunmittelbar, ganz realistisch aus dem Leben geschaffen. Und gleichsam freine zeitliche Ewigkeit sind hineingeschrieben in die Menschheitsentwickelungdurch den Knstler: So sieht die Gebrde aus, welche am meisten die Ttigkeit

    des Ich ausdrckt, und so sieht die Gebrde aus, welche am meisten dieTtigkeit des therleibes ausdrckt! Und jetzt die anderen Figuren, zunchstdie Abenddmmerung. Wenn wir uns in einem besonders gut und wohlausgebildeten Menschen denken den Heraustritt des therleibes, also jeneErschlaffung, die im physischen Leibe eintritt, auch wenn der Tod unsberkommt, wenn wir uns nicht den Tod denken, sondern das Heraustretender drei Glieder therleib, Astralleib und Ich vorstellen und die Gebrdeaufsuchen, die der physische Leib dann macht, so haben wir die Gebrde dieserallegorischen Abenddmmerung-Figur. Und wenn wir die innere Regsam-

    keit des Astralleibes bei einer geringen Ttigkeit des therleibes und des Ich ineiner Gebrde ausdrcken wollen, so ist die prziseste die, welcheMichelangelo der Morgendmmerung gegeben hat. So da wir auf der einenSeite haben die Ausdrcke fr die Ttigkeit des therleibes und des Ich undauf der anderen Seite fr die Ttigkeit des physischen Leibes und desAstralleibes. Wie gesagt, ich habe mich dagegen gestrubt; aber je genauerman auf die Dinge eingeht, mit einer um so greren Notwendigkeit ergibt essich. Und ich mchte in dieser Sache nichts anderes hervorheben, als ebenzeigen, wie der Knstler aus der geistigen Welt heraus schafft. Ich gebe zu, da

    es Michelangelo mehr oder weniger unbewut getan hat; aber was heit dastrotzdem anderes, als ein Hereinleuchten der geistigen Welt in die physischeWelt!

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    Nicht zur Zerstrung, aber zur Vertiefung der Kunstwerke wird derOkkultismus beitragen. Nur wird auch das kommen, da manches von dem,was heute als Kunst gilt, dann nicht mehr als Kunst gelten wird. Dadurchwerden vielleicht einzelne Menschen enttuscht sein; die Wahrheit wird aber

    dadurch gewinnen. Ich konnte ganz gut den inneren Grund der Legendeverstehen, die gerade gegenber der am meisten ausgebildeten Figurentstanden ist: da Michelangelo in Florenz, wenn er in der Mediceer-Kapellemit der Nacht allein war, imstande war, sie zum Aufstehen zu bringen, soda sie herumging! Ich will nicht weiter darauf eingehen, aber wenn man wei:hier ist die Ttigkeit des Lebensleibes zum Ausdruck gebracht, dann hat mandie Wirksamkeit der Legende schon ohnedies vor Augen, dann ist sie schon da.

    So ist es mit vielem, und so ist es auch mit Homer. Ein solches Wort fliegtan uns heran, wie es Homer sagt: Das geistige Reich, ein Reich der Schatten, indem es keinen Wandel, keine Vernderung gibt. Wenn wir aber dieVerhltnisse in dem Leben nach dem Kamaloka betrachten, dann beginnt fruns ein neues Verstndnis ber solche Werke eines gottbegnadeten Menschen,und vieles wird eine solche Bereicherung durch die Geisteswissenschafterfahren. Es sind das Dinge, auf die man hinweisen kann, aber sie sind nichtdie Hauptsachen im Leben. Die Hauptsachen im Leben sind die, da immerWechselverhltnisse von Mensch zu Mensch auftreten. Wenn Mensch demMenschen so gegenbersteht, da er jeder Menschenseele gegenber dasSpirituelle im Menschen ahnt, dann wird er sich zu ihm ganz anders stellen, alswenn er nur das im andern vorgegangen glaubt, was eine materialistische

    Weltanschauung annimmt. Das heilige Rtsel, das uns jede Menschenseele seinmu, das kann sie unsern Gefhlen, unsern Empfindungen nach nur sein, wennwir in unserer Seele etwas haben, was auf die andere Seele das spirituelle Lichtzu werfen in der Lage ist. Durch Vertiefung in die kosmischen Geheimnisse,mit denen die menschlichen Geheimnisse zusammenhngen, lernen wir ebendie menschliche Natur kennen, lernen erkennen, wem wir gegenberstehen,wenn wir einem Menschen gegenberstehen; lernen vor allen Dingen zumSchweigen zu bringen, was wir als Vorurteil sonst dem Menschen gegenberhaben, und lernen die echten, wahren, richtigen Seiten des Menschen fhlen

    und erkennen. Das wichtigste Licht, welches die Anthroposophie geben wird,wird das sein, das die Menschenseele beleuchten wird. Dadurch werden auchdie rechten sozialen Empfindungen und die rechten Empfindungen der Liebe,die zwischen den Menschen walten sollen, als eine Frucht der wahrenspirituellen Erkenntnis in die Welt kommen. Dies, was da kommen soll, kanneben nur aufgefat werden als eine Frucht, deren Wachsen und Gedeihen wirnur durch das spirituelle Erkennen pflegen knnen. Wenn Schopenhauergesagt hat: Moral predigen ist leicht, Moral begrnden schwer, so hat ereinem richtigen Gefhl entsprochen, denn Moralgrundstze ausfindig machen

    ist ja wirklich nicht gar so schwer, und Moralpredigten halten ist auch nicht soschwer.

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    Aber die menschliche Seele da anzufassen, wo in ihr die Erkenntnisse keimen,die durch sich selbst zur wahren Moral werden, die das menschliche Lebentragen kann, das ist es, worum es sich handelt. Wie wir uns ein jeder selber zuden spirituellen Erkenntnissen verhalten, das wird in uns auch die Keime fr

    eine wirkliche Menschenmoral der Zukunft begrnden knnen. Die Moral derZukunft wird sich auf spirituelle Erkenntnis aufbauen; sie wird sich entwederso aufbauen oder sie wird berhaupt nicht begrndet werden knnen!

    Es ist notwendig, da wir uns solches in treuer Liebe zur Wahrheitgestehen. Das erfordert von uns, da wir uns wirklich vertiefen in daslebendige Leben und Weben des Anthroposophischen und vor allen Dingenauch das bercksichtigen, was wie eine Einleitung heute gesagt worden ist:Handeln in der geistigen Welt setzt Gemtsruhe voraus, sich wrdig erweisendem Begnadetsein; Erkennen setzt voraus ttig sein. Daraus wird es Ihnen auchverstndlich sein, da wir in der Zeit zwischen dem Tode und der neuenGeburt, wenn wir einem anderen Wesen gegenberstehen, durch unsereTtigkeit, die wir dann entfalten, erkennen knnen, ob wir ihm Liebe entzogenhaben oder ob wir ihm etwas getan haben, was wir nicht htten tun sollen.Aber die Ruhe, die notwendig ist, um die Korrektur eintreten zu lassen, jeneGemtsruhe der Seele, die knnen wir in diesem Zeitpunkt noch nichtentfalten. Wir werden im Laufe der Wintervortrge auch jene Zeit zwischendem Tode und der neuen Geburt charakterisieren, wann im natrlichenVerlaufe des Lebens zwischen dem Tode und der neuen Geburt das eintritt, dader Mensch Bedingungen zur Vernderung einer solchen Sache eintreten

    lassen kann, das heit mit anderen Worten, eine Art Aufbau seines Karmabewirken kann. Wir mssen aber in einer ruhigen Weise auseinanderhalten denZeitpunkt, den wir gerade jetzt betrachtet haben, und die folgenden Zeiten, dieandere Aufgaben haben und die wir noch betrachten werden fr die Zeitzwischen dem Tode und der neuen Geburt.

    Nur das soll noch gesagt werden, da es gewisse Bedingungen gibt, unterdenen der Mensch in einer gnstigeren oder in einer ungnstigeren Weise seinDasein nach dem Tode durchleben kann. Es hngt, wenn man nmlich zweiMenschen oder verschiedene Menschen nach dem Tode vergleicht, die Art,

    wie sie da leben gerade nach der Zeit, die unmittelbar nach dem Kamaloka-Leben folgt, ab von der moralischen Verfassung, die sie auf der Erde gehabthaben. Menschen, die auf der Erde gute moralische Eigenschaften gezeigthaben, haben die gnstigsten Bedingungen in der Zeit nach dem Kamaloka;Menschen, die mangelhafte moralische Eigenschaften gezeigt haben, habenschlechte Bedingungen. Wie sich das im Leben nach dem Tode ausdrckt,mchte ich auf eine Formel bringen, die, weil ja unsere Worte fr diephysische Welt und nicht fr die geistige Welt geprgt sind, nicht ganz genausein kann. Man kann sich nur bemhen, sie mglichst genau zu machen. Dann

    aber kann man sagen:

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    Durch moralische Verfassung unserer Seele werden wir in diesemcharakterisierten Zeitpunkte gesellige Geister, die mit den anderen Geistern,also mit menschlichen oder mit Geistern der hheren Hierarchien, Geselligkeithaben. Durch mangelhafte moralische Verfassung unserer Seele werden wir

    nicht gesellige, sondern einsiedlerische Geister, solche Geister, die ber denNebel ihrer Vision nur auerordentlich schwer hinaus knnen. Und dies ist einwesentlicher Grund des Leidens nach dem Tode: das Sich-Fhlen als eineinsamer Geist, als ein geistiger Einsiedler; whrend es ein wesentlichesMerkmal der Geselligkeit ist, den Zusammenhang zu finden zu dem, was freinen notwendig ist, was man braucht. Und es ist eine ganz lange Zeit ntig frdas Leben nach dem Tode, um diese Sphre zu durchleben, die man imOkkultismus die Merkur-Sphre nennt.

    Fr die nchste Sphre bleibt natrlich die moralische Stimmung der Seelenoch magebend, aber es treten neue Bedingungen ein. Fr die nchste Sphre,die Venus-Sphre, sind vor allen Dingen ausschlaggebend die religisenStimmungen der Seele. Menschen mit einem religisen Innenleben werden indieser Zeit gesellige Wesen werden, gleichgltig, welchem Bekenntnis sieangehrten. Dagegen Geister, welche keine religise Verfassung haben,verurteilt diese Sphre wieder zu einem geistigen Beschrnktsein auf sichselber, zu einem Sich-in-sich-selber-Verkriechenmssen. Ich kann schon nichtanders, wenn es sich auch paradox ausnimmt, als sagen: Diejenigen, welchevorzugsweise eine materialistische Gesinnung haben und sich erbosen gegenreligises Leben, sie mssen geistige Einsiedler werden, sie werden jeder

    gleichsam in sein Kabinett gesperrt. Und es ist nicht ein ironisches Gleichnis,sondern eine Wahrheit, wenn ich sage: Alle die, welche heute einemonistische Religion also das Gegenteil von Religion begrnden, siewerden alle extra in einen Kerker gesperrt; die knnen sich dann absolut nichtfinden.

    In dieser Weise treten die Korrekturen ein fr die Irrtmer und Fehler,welche die Seele sich im Erdenleben beilegt. Irrtmer und Fehler werden aufdem physischen Plan durch sich selbst korrigiert; Irrtmer und Fehler bedeutenaber in dem Leben zwischen dem Tode und der neuen Geburt Tatsachen! Was

    wir hier denken, bedeutet eine Tatsache in dem Leben zwischen Tod und neuerGeburt. Es bedeutet das Denken schon eine Tatsache bei der Initiation. Einfehlerhafter Gedanke bei der Initiation, wenn man ihn wirklich zu schauenvermag, der steht da nicht nur in all seiner Hlichkeit, sondern mit all demZerstrerischen, das er in sich schliet. Von manchem Gedanken, der innerhalbdieser oder jener agitatorischen Bewegung verbreitet wird, wrden sich dieMenschen wahrhaftig bald abwenden, wenn sie nur eine Ahnung bekommenknnten, was er als Tatsache, als zerstrerische Tatsache bedeutet. Dies gehrtnmlich auch zum Martyrium der Initiation, da sich die Gedanken um uns

    herumgruppieren und dastehen wie verfestigte, ich mchte sagen, wie vereisteMassen, an denen wir, solange wir uns auer dem Leibe verhalten, nicht rttelnknnen.

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    Haben wir einen falschen Gedanken gefat und treten wir aus dem Leibeheraus, so ist er da, dann knnen wir ihn nicht ndern. Dazu mssen wir erstwieder in den Leib zurck. Es bleibt uns zwar die Erinnerung, aber auch derInitiierte kann ihn nur innerhalb des physischen Leibes korrigieren. Aber

    drauen ist er wie ein Berg, der da ist. Der ganze Ernst des tatschlichenLebens kann nur auf solche Weise zutage treten.Wenn das gesagt ist, kann es auch verstndlich sein, da fr gewisse

    Ausgleichungen des Karma das Zurckkehren in den physischen Leibnotwendig ist. Die Fehler treten uns in dem Leben zwischen dem Tode und derneuen Geburt wohl entgegen; aber was als Irrtum da war, das hat man imphysischen Leibe zu korrigieren. So wird wieder im nchsten Lebenausgeglichen, was im frheren geschehen ist. Aber was in aller Strke und inaller Fehlerhaftigkeit erkannt werden mu, das steht zunchst unwandelbar da,wie die Dinge, schon nach einem Ausspruche Homers, im geistigen Reichesind. Die Dinge, die wir da erkennen aus der spirituellen Welt heraus, siesollen dann als Empfindungen, als Gefhle in unsere Seele hereintreten. Siewerden schon Gefhle und sie werden dann der Grund, um das Leben in einerneuen Weise anzuschauen. Eine monistische Sonntagspredigt kann mancherleimoralische Grundstze zeigen. ndern werden sich dadurch das wird die Zeitzeigen die Menschen recht wenig, weil durch die Art und Weise, wie dagesprochen wird, die Begriffe nicht geeignet sind, um die Menschenseele realzu ergreifen. Dazu bedarf es der realen Strke der Begriffe. Und die Begriffeerhalten die reale Strke, wenn wir wissen: Was an deinem Karma lastet, das

    tritt dir nach dem Tode eine gewisse Zeit hindurch in aller Unmittelbarkeitentgegen. Du schaust, was an deinem Karma lastet, aber es bleibt so. Dukannst es jetzt nicht ndern, du kannst dich nur vertiefen, da du es unmittelbarmit deiner Natur vereinst!

    Solche Begriffe wirken dann so auf unser Gemt, da wir das Leben in derrichtigen Weise anzuschauen vermgen. Und dann treten alle die Dinge ein,die zur Frderung des Lebens notwendig sind, wenn die Menschheit wirklichvorwrtsschreiten soll im Sinne derer, welche die geistige Fhrung derMenschheit haben, im Sinne der spirituellen Leiter der Menschheit,

    vorwrtsschreiten soll zu denjenigen Zielen, die dieser Menschheit vorgestecktsind.

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    RUDOLF STEINER

    GA 141

    Das Leben zwischen dem Tode und derneuen Geburt im Verhltnis zu den

    kosmischen Tatsachen

    Zehn Vortrge, gehalten in Berlinvom 5. November 1912 bis 1. April 1913

    VERLAG DER RUDOLF STEINER-NACHLASSVERWALTUNG DORNACH/ SCHWEIZ

    ZWEITER VORTRAG

    Berlin, 20. November 1912

    Wie bereits angedeutet worden ist, sollen an diesen Zweigabenden unsereBetrachtungen im Verlaufe des Winters einer Besprechung des Lebens zwischendem Tode und der neuen Geburt gewidmet sein. Es liegt in der Natur der Sache,da alles, was die Auseinandersetzungen, die jetzt von einem gewissen, hiernoch nicht so berhrten Standpunkte aus gepflogen werden sollen, verstndlich,

    begreiflich und, man mchte sagen, beweisbar machen kann, erst wirdberschaut werden knnen, wenn das Ganze dieser Wintervortrge vorliegenwird. Es mu natrlich manches vorausgenommen werden, was Mitteilung istber Ergebnisse von Forschungen, die im Laufe der letzten Monate habenangestellt werden knnen. Das, was dann dazu dienen kann, um dasVerstndnis, das Begreifen vollstndig zu machen, das kann sich eben nur durchden Fortgang der Betrachtungen ergeben. Damit wir aber von vornherein unsleichter ber diese wichtigen Dinge verstndigen knnen, sei heute mit einerkleinen Betrachtung des Menschen begonnen, wie sie jeder im Leben leicht

    anstellen kann.Wenn wir das menschliche Leben betrachten, wird uns zunchst als die

    bedeutsamste, hervorragendste Tatsache bei einer unbefangenen Betrachtungdoch das menschliche Ich selber erscheinen. Wir mssen nun unterscheidenzwischen dem wahren menschlichen Ich und zwischen dem Bewutsein diesesmenschlichen Ich. Denn jedem mu ja auffllig sein, da ganz gewi diesesmenschliche Ich zum mindesten schon da ttig ist, wo der Mensch durch dieGeburt ins Dasein tritt, und besonders in jenen Zeiten, in denen das Kind nochlange kein Bewutsein von dem Ich hat, in jenen Zeiten, die ja schon uerlich

    sprachlich dadurch charakterisiert sind, da das Kind von sich wie von einerandern Person redet. Wir haben diese Dinge fter betrachtet.

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    Wir wissen, da ungefhr um das dritte Lebensjahr herum selbstverstndlichgibt es Kinder, bei denen dies frher der Fall ist das Kind beginnt einBewutsein von sich zu haben, da es beginnt von sich in der ersten Person zureden; und wir wissen, da dieses Jahr die uerste Grenze bildet obwohl es

    sich bei manchen Menschen herausschiebt in bezug darauf, wie weit sich derMensch spter an das zurckerinnern kann, was seine Seele erlebt hat. So habenwir in dem Leben des Menschen einen deutlichen Einschnitt: vorher liegt keineMglichkeit vor, klar und deutlich sich selber in seinem Ich zu erleben; nachhererlebt der Mensch sich in seinem Ich, findet sich gewissermaen in seinem Ichso zu Hause, da er die Erlebnisse dieses Ich aus dem Gedchtnisse immerwieder heraufholen kann. Was kann nun eine unbefangene Betrachtung desLebens darber lehren, warum das Kind nach und nach bergeht gewissermaenvon einem Nichtwissen vom Ich zu einem Wissen vom Ich?

    Eine unbefangene Betrachtung des Lebens kann uns darber das Folgendelehren. Wenn das Kind niemals von den ersten Zeiten nach der Geburt an inirgendeine Kollision kommen wrde mit der ueren Welt, so wrde es nicht zueinem Bewutsein seines Ich kommen knnen. Sie knnen selber beobachten,wie Sie im Leben gar manchmal gewissermaen Ihr Ich spter noch bemerken.Sie brauchen sich nur an einer Schrankkante tchtig zu stoen, dann werden Siedurch dieses Stoen vor allen Dingen Ihr Ich gewahr. Es sagt Ihnen dieKollision mit der ueren Welt, da Sie ein Ich sind, und Sie werden kaumvergessen, an Ihr Ich zu denken, wenn Sie sich eine ordentliche Beulegeschlagen haben. Diese Zusammenste mit der Auenwelt brauchen ja fr das

    Kind nicht immer so zu sein, da Beulen geschlagen werden, aber sie sind ingewissen Nuancen immer vorhanden. Wenn das Kind sein Hndchen ausstrecktund irgend etwas von der Auenwelt berhrt, so ist eine leise Kollision mit derAuenwelt vorhanden. Wenn das Kind das Auge aufschlgt und Licht in dasAuge fllt, ist eine leise Kollision mit der Auenwelt vorhanden. An derAuenwelt lernt das Kind sich selbst kennen, und das ganze Leben bestehteigentlich in den ersten Jahren darin, da das Kind sich von der Auenweltunterscheiden und an der Auenwelt sich selber kennenlernt. Und das Ergebnisgengender Kollisionen mit der Auenwelt fat sich in der Seele zusammen in

    dem Bewutsein des Kindes von sich selber. Man kann sagen: Wenn das Kindgengend viele solcher Ste mit der Auenwelt erlebt hat, ergibt sich das alsResultat, da es sich Ich nennt. Wenn das Kind so weit ist, da es sein Ich-Bewutsein erfat hat, dann beginnt die Notwendigkeit, dieses Ich-Bewutseinnun durch das ganze Leben hindurch aufrecht und rege zu erhalten. Es kann aberdieses Ich-Bewutsein durch nichts anderes aufrecht und rege erhalten werdenals dadurch, da Kollisionen stattfinden. Die Kollisionen mit der Auenwelthaben gewissermaen ihre Aufgabe erschpft, wenn das Kind dazu gekommenist, zu sich Ich zu sagen; aus denen kann also sozusagen fr das Entwickeln

    des Ich-Bewutseins nichts mehr gelernt werden.

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    Aber aus einer unbefangenen Betrachtung zum Beispiel des Momentes desAufwachens schon kann der Mensch erfahren, wie das Ich-Bewutsein doch nurrege erhalten werden kann durch Kollisionen.

    Wir wissen ja, da dieses Ich-Bewutsein neben allen brigen Inhalten, auch

    denen des astralischen Leibes, whrend des Schlafes entschwindet und da eswieder erwacht am Morgen mit dem Aufwachen. Warum erwacht es da? Eserwacht aus dem Grunde, weil der Mensch mit seiner geistig-seelischenWesenheit wieder zurckkehrt in seinen physischen Leib oder auch in seinentherleib. Da hat er wieder seine Kollisionen, seine Zusammenste mitphysischem Leib und therleib. Wer genau das seelische Leben auch schonohne okkulte Erkenntnisse zu beobachten in der Lage ist, der kann das Folgendebemerken. Wenn er am Morgen aufwacht, wird er finden, da Mannigfaltigesvon dem, was sein Gedchtnis bewahrt, eben wieder heraufkommt in seinBewutsein: erlebte Vorstellungen, erlebte Empfindungen, anderes Erlebteskommt herauf in sein Bewutsein; das taucht gleichsam aus den Untergrndendes Bewutseins auf. Wenn man das alles wirklich genau untersucht schonganz ohne okkulte Kenntnisse kann man es untersuchen, man mu sich nurwirklich einiges Beobachtungsvermgen fr das seelische Erleben angeeignethaben , dann findet man: Was da herauftaucht, hat einen gewissenunpersnlichen Charakter. Und man kann sogar beobachten, wie dieserCharakter unpersnlicher wird, je weiter die Ereignisse hinter uns liegen, dasheit je weniger wir noch mit unserem unmittelbaren Ich-Bewutsein daranbeteiligt sind. Sie knnen sich an Dinge erinnern, die sehr weit in Ihrem Leben

    zurckliegen, und die Sie so ins Gedchtnis heraufholen, da Sie doch an diesenEreignissen so wenig Anteil nehmen wie an etwas, was Sie in der Auenwelterleben und was Sie nicht besonders angeht. Was sonst in unserem Gedchtnisbewahrt wird, hat die fortwhrende Tendenz, sich loszulsen von unserem Ich.Und da wir unser Ich trotzdem jeden Morgen mit aller Deutlichkeit wieder inunser Bewutsein hereinkommen sehen, das rhrt davon her, da wir jedenMorgen in denselben Leib untertauchen. Der erweckt uns durch die Kollision, indie wir mit ihm kommen, jeden Morgen unser Ich-Bewutsein von neuem.Whrend also das Kind nach auen sich stt und dadurch zum Ich-Bewutsein

    kommt, halten wir das Ich-Bewutsein rege, indem wir uns an dem eigenenInnern stoen. Und wir stoen uns ja nicht nur am Morgen, sondern drngen unsein und sind den ganzen wachen Tageszustand hindurch in das eigene Innerehineingeschoben, und an dem Gegendruck unseres Leibes entzndet sich unserIch-Bewutsein. Unser Ich steckt eben im physischen Leib, therleib und imAstralleib und hat fortwhrend die Kollisionen mit diesen. So also knnen wirsagen, da wir unser Ich-Bewutsein dem Umstande verdanken, da wirinnerlich hineingedrngt sind in unsere Leiblichkeit und von ihr den Gegendruckerleben. Wir stoen mit unserer Leiblichkeit zusammen.

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    Nun wird Ihnen leicht verstndlich sein, da dies eine Folge haben mu. DieFolge hat es, die Ste immer haben: wenn Sie irgendwo anstoen, wenn esauch nicht gleich bemerkt wird, wird eine Verletzung, eine Beschdigunghervorgerufen. In der Tat werden durch die Kollisionen des Ich mit der

    Leiblichkeit fortwhrend Beschdigungen, gewissermaen kleine Zerstrungenin unserer Leiblichkeit hervorgerufen. Es ist einmal so, da wir fortwhrendunsere Leiblichkeit zerstren. Unser ganzes Ich-Bewutsein knnte sich nichtentwickeln, wenn wir nicht mit der Leiblichkeit zusammenstoen wrden unddiese dadurch zerstren. Und die Summe dieser Zerstrungen ist auch inWahrheit nichts anderes als das, was den Tod in der physischen Welt hervorruft.Wir mssen sagen: Dem Umstande, da wir in der Lage sind, unsernOrganismus fortwhrend zu zerstren, also unserer zerstrenden Ttigkeitverdanken wir das Rege-Erhalten unseres Ich-Bewutseins.

    Nun sind wir also auf diese Art die Zerstrer unseres Astralleibes, unserestherleibes und physischen Leibes. Insofern wir das sind, verhalten wir uns zumAstralleib, therleib und physischen Leib doch etwas anders als zum Ich selber.Da wir an unserem Ich Zerstrer werden knnen, lehrt uns ja schon dasgewhnliche Leben. Wir wollen uns jetzt nur einmal vorlufig klarmachen, wiewir gewissermaen an unserem Ich Zerstrer werden knnen.

    Unser Ich ist etwas gleichgltig jetzt, was es ist , und insofern es etwas inder Welt ist, hat es einen bestimmten Wert. Das fhlt ja der Mensch, da seinIch im Gesamthaushalte der Welt einen bestimmten Wert hat. Aber der Menschkann diesen Wert verringern. Wie verringern wir den Wert unseres Ich? Wenn

    wir zum Beispiel jemandem etwas zuleide tun, dem wir vielleicht Liebe schuldigwren, so haben wir in diesem Augenblicke den Wert unseres Ich tatschlichverringert. Wir sind in unserem Ich weniger wert, nachdem wir jemandemunverdientes Leid zugefgt haben; unser Ich ist wertloser geworden. Das ist eineTatsache, die jeder vor sich selber einsehen kann. Doch ebenso kann ereinsehen, da eigentlich das Ich fortwhrend im Leben, da der Mensch niemalsdas Ideal seines Wertzustandes erfllt, damit beschftigt ist, sich immerwertloser und wertloser zu machen, also an seiner eigenen Entwertung, an seinereigenen Zerstrung gewissermaen arbeitet. Aber solange wir in unserem Ich

    stehenbleiben, haben wir es doch im Leben immer und immer wieder in derHand, die Zerstrung fortzuschaffen. Wir knnen es, wenn wir es auch nichtimmer tun. Ehe wir durch die Pforte des Todes geschritten sind, knnen wir esimmer tun. Wir knnen, wenn wir jemandem unverdientes Leid zugefgt haben,das wieder in irgendeiner Form, die mglich ist, innerhalb des Lebensausgleichen. Wenn Sie nachdenken, werden Sie darauf kommen, da derMensch zwischen Geburt und Tod die Mglichkeit hat, sein Ich zu beeintrch-tigen, an der Entwertung, an der Zerstrung des Ich zu arbeiten, aber auch dieZerstrung des Ich wieder auszugleichen, fortzuschaffen.

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    Diese Mglichkeit hat der Mensch, wie er in dem gegenwrtigenMenschheitszyklus ist, mit seinem Astralleib, therleib und physischen Leibzunchst nicht. Er kann nicht so, wie er es durch bewute Ttigkeit an dem Ichtut, an seinem Astralleib, therleib und physischen Leib arbeiten, denn er ist ja

    nicht mit Bewutsein in diesen Gliedern seiner Wesenheit drinnen. Es bleibtdas, was der Mensch fortwhrend an Zerstrung leistet, in seinem Astralleib,therleib und physischen Leib bestehen. Er zerstrt sie fortwhrend, ist abernicht in der Lage, irgend etwas zu deren Ausbesserung zu tun. Und es ist leichtbegreiflich: wenn man in eine neue Inkarnation kommen wrde mit den Krften,die unserm physischen Leib, therleib und Astralleib entsprechen, wie wir sieam Ende unserer vorhergehenden Inkarnation praktiziert haben, so wrden wirrecht unbrauchbare Astralleiber, therleiber und physische Leiber haben. Wasim Seelischen ist, das ist ja immer Ursprung und Krfte-Inhalt fr das, was sichin der Leiblichkeit ausdrckt. Da wir am Ende eines Lebens sozusagen einenbrchigen Organismus haben, ist der Beweis dafr, da unsere Seele nicht dieKrfte hat, den Organismus frisch zu halten. Um das Bewutsein zu erhaltenund es rege zu halten, haben wir fortwhrend unsere leibliche Umhllungzerstrt Mit den Krften, die wir am Ende einer Inkarnation noch haben,knnten wir in der nchsten Inkarnation nichts machen. Es mssen uns dieKrfte wieder zukommen, die imstande sind, in der nchsten Inkarnation unsernAstralleib, therleib und physischen Leib so zu bearbeiten, da diese frisch undgesund sind in gewissen Grenzen, brauchbar fr eine neue Inkarnation.Innerhalb des Erdendaseins das zeigt sich wieder schon fr eine uerliche

    Betrachtung findet der Mensch die Mglichkeit, seine drei Leiber zu zerstren;aber er findet nicht die Mglichkeit, diese drei Leiber von sich aus auch vllig ingesunder Art zu gliedern, zu bearbeiten, herzustellen. Da zeigt uns nun dieokkulte Forschung, da in dem Leben zwischen dem Tode und der neuen Geburtaus den auerirdischen Verhltnissen, die wir dann durchleben, uns die Krftekommen, die zur Wiederherstellung der abgebrauchten menschlichenUmhllungen dienen. Zwischen Tod und neuer Geburt leben wir uns hinaus indas Universum, in den Kosmos, und die Krfte, die wir nicht aus dem Erdreichbeziehen knnen, mssen wir beziehen aus den zunchst zum Erdreich

    hinzugehrigen andern Himmelskrpern. In ihnen sind die Krftereservoire frunsere menschlichen Umhllungen. Auf der Erde gibt es fr den Menschen nurdie Mglichkeit, die Krfte zu immerwhrender Wiederherstellung des Ich zugewinnen; die andern Glieder der Menschennatur mssen ihre Krfte aus andernWelten holen, als die Erde ist.

    Wenn wir da zunchst den Astralleib betrachten, so zeigt sich uns, da derMensch nach dem Tode sich hinauslebt wirklich buchstblich sich hinauslebt,indem er sozusagen immer grer und grer wird, in alle die Planeten-Sphrenhinein. Der Mensch wird durch die Ausdehnung seines geistig-seelischen

    Wesens zunchst whrend der Kamaloka-Zeit ein so groes Wesen verschiedene Wesen durchdringen sich dabei , da er bis zu der Grenze kommt,die der Kreis angibt, welchen der Mond um die Erde beschreibt.

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    Dann dehnt er sich aus bis zur Merkur-Sphre was hier im Okkultismus mitMerkur gemeint ist , dann bis zur Venus-Sphre, darauf weiter bis zur Mars-Sphre, Jupiter-Sphre und Saturn-Sphre. Der Mensch erweitert sich immermehr und mehr. Mit der Wesenheit, die er durch die Pforte des Todes getragen

    hat, lebt er im richtigen Sinne so, da er ein Merkurbewohner, einVenusbewohner, Marsbewohner und so weiter wird, und er mu in einergewissen Weise die Fhigkeit haben, in diesen andern planetarischen Weltenheimisch zu werden. Wie wird er dort heimisch oder nicht heimisch?

    Zuerst mu er, wenn seine Kamaloka-Zeit vorber ist, in sich selber etwashaben, was ihn fhig macht, eine Verwandtschaft zu haben zu den Krften, diein der Merkur-Sphre sind, in die er dann versetzt ist. Nun erweist sich, wennman verschiedene Menschen in ihrem Leben zwischen Tod und neuer Geburtuntersucht, da die Menschen fr dieses Leben verschieden sind. Und zwarfinden wir einen deutlichen Unterschied darin, je nachdem ein Mensch mitmoralischer Seelenverfassung, mit dem Ergebnis eines moralischen Lebens indie Merkur-Sphre hineinwchst, oder mit dem Ergebnis eines unmoralischenLebens. Dabei sind natrlich alle mglichen Nuancen gemeint. Der Mensch mitmoralischer Seelenstimmung und Seelenverfassung, mit einem moralischenErgebnis seines Lebens, ist in der Merkur-Sphre das, was man ein geistiggeselliges Wesen nennen knnte; er hat die Mglichkeit, mit andern Wesen entweder mit frher hingestorbenen Menschen oder auch mit Wesen derMerkur-Sphre in Beziehung zu kommen, mit ihnen sozusagen Lebens-beziehungen auszutauschen. Der unmoralische Mensch wird ein Einsiedler, fhlt

    sich ausgeschlossen aus der Gemeinschaft der brigen Bewohner dieser Sphre.Das ist dasjenige, was das Moralische oder Unmoralische in der Seelen-verfassung nach sich zieht in dem Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Es istwesentlich, da wir verstehen, da Moralitt in dieser Sphre unsern Anschluund Zusammenschlu bewirkt mit den in dieser Sphre lebenden Wesen, undda unsere unmoralische Seelenstimmung unser eigenes Wesen wie in einGefngnis einschliet, so da wir dann zwar das Wissen haben: die andernWesen sind da, aber wir sind gleichsam in einer Schale drinnen und knnennicht zu ihnen hin. Das Sich-Vereinsamen ist ein Ergebnis, sagen wir eines

    unsozialen, unmoralischen menschlichen Erdenlebens.Fr die nchste Sphre, die wir vorlufig die Venus-Sphre nennen wollen

    im Sinne des Okkultismus wird sie ja immer so genannt , ist fr die Art, wieder Mensch Anschlu findet, die religise Seelenstimmung magebend.Menschen, die sich im Leben auf der Erde die Empfindung dafr erworbenhaben, da alles Vergngliche in den Dingen und im Menschen selber inZusammenhang steht mit einem Unvergnglichen, und eine Empfindung dafr,da das Einzelleben mit seiner Seelenstimmung hinneigen soll zu einemGttlich-Geistigen, solche Menschen finden den Anschlu an die Wesen dieser

    Sphre.

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    Das nchste, was der Mensch nach der Venus-Sphre erlebt, ist die Sonnen-Sphre. Wir werden als Seelen tatschlich zwischen dem Tode und der neuenGeburt Sonnenbewohner. Fr die Sonnen-Sphre ist noch etwas anderesnotwendig als fr die Venus-Sphre. Fr die Sonnen-Sphre liegt die deutliche,

    die eminente Notwendigkeit vor, wenn wir in ihr zwischen dem Tode und derneuen Geburt gedeihen wollen, nicht blo eine gewisse Gruppe von Menschenzu verstehen, sondern alle menschlichen Seelen zu verstehen, zu allen Seelengewissermaen Anknpfungspunkte gewinnen zu knnen. Und in der Sonnen-Sphre fhlen wir uns schon als Einsiedler, als Vereinsamte, wenn wir durch dieVorurteile irgendeines Religionsbekenntnisses eingeschnrt sind und nicht inder Lage sind, denjenigen zu verstehen, der von einem andern Bekenntnisseseine Seele durchdrungen hat. Wer auf der Erde zum Beispiel nur dieMglichkeit gewonnen hat, alles Vortreffliche zu empfinden bei irgendeinemreligisen Bekenntnis, der versteht knnen wir jetzt sagen alle Bekenneranderer Religionsbekenntnisse whrend der Sonnen-Sphre nicht. Aber diesesNichtverstehen ist nicht so wie auf der Erde. Hier knnen die Menschennebeneinander gehen, ohne sich bis in die Seele hinein zu verstehen, knnensich spalten in verschiedene Religionsbekenntnisse und Weltanschauungen. Inder Sonnen-Sphre, da wir uns alle bis dahin ausdehnen und durchdringen, sindwir zugleich zusammen und durch unser Inneres getrennt; da ist jede Trennungund jedes Nichtverstehen zugleich ein Quell furchtbaren Leidens. Ein Vorwurf,den wir nicht berbrcken knnen, weil wir uns auf der Erde nicht dazu erzogenhaben, und der immerdar auf uns lastet, ist die Begegnung mit einem jeden

    Angehrigen eines anderen Bekenntnisses.Es wird in einer gewissen Weise noch verstndlicher werden, was hier zu

    sagen ist, wenn, von diesem leben zwischen Tod und neuer Geburt ausgehend,etwas auf die Initiation hingewiesen wird. Denn das, was der Initiierte erlebt,wenn er die geistigen Welten betritt, ist in einer gewissen Weise etwas durchaushnliches wie in diesem Leben zwischen Tod und neuer Geburt. Der Initiiertemu sich in dieselben Sphren hineinleben, und er wrde, wenn er in denVorurteilen einer einseitigen Weltanschauung leben wrde, in dieser Sonnen-Sphre dieselben Qualen durchmachen. Daher ist es notwendig, da der

    Initiation ein vlliges, restloses Verstehen jedes Bekenntnisses, das auf unsererErde verbreitet ist, vorhergehe, ein Verstehen dessen, was in jeder einzelnenSeele lebt, gleichgltig, welcher Weltanschauung sie angehrt. Sonst ist allesandere, dem man ein solches Verstndnis nicht entgegenbringt, etwas, waseinem entgegenkommt qualvoll, wie unendlich hohe Berge, die sich auf einenstrzen wollen, wie explosionsartige Erscheinungen, die einem entgegen-kommen, so da man die ganze Gewalt solcher Explosionen sich auf sichentladen fhlt. Alles Unverstndnis, das man den Menschen entgegenbringt,weil man sich selbst darin einschnrt, wirkt so in den geistigen Welten.

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    Das war nicht immer so. In den vorchristlichen Zeiten war die Entwickelungder Menschheit nicht so, da sich die Menschen erst hinentwickeln sollten zueinem solchen Verstndnis jeder einzelnen Menschenseele. Die Menschheitmute die Einseitigkeit durchmachen. Aber die, welche zu einer gewissen

    Fhrerschaft der Welt hinaufgefhrt wurden, sie muten immer mehr oderweniger bewut das in sich aufnehmen, was Verstndnis geben kann fr alles,ohne Unterschied. Und selbst wenn irgendeine menschliche Wesenheit nur derFhrer eines Volkes war, mute sie in einer gewissen Weise in das Verstndniseiner jeden menschlichen Seele eingefhrt werden. Das wird so grandios imAlten Testament an der Stelle angedeutet, wo Abraham dem Melchisedekentgegentritt, dem Priester des Allerhchsten. Wer diese Stelle versteht, derwei, da Abraham, der der Fhrer seines Volkes werden sollte, in diesemMomente gleichsam initiiert wurde wenn auch nicht vollbewut, wie es inspteren Initiationen der Fall ist in bezug auf das Verstndnis desjenigenGttlichen, das in alle menschlichen Seelen hineinspielen kann. An der Stelle,wo von der Begegnung des Abraham mit Melchisedek die Rede ist, verbirgt sichberhaupt ein tiefes Geheimnis fr die Entwickelung der Menschheit. Aber nachund nach mute die Menschheit vorbereitet werden, um immer mehr und mehrdie Mglichkeit zu haben, wirklich durch die Sonnen-Sphre fruchtbringenddurchzugehen. Wie geschah das?

    Der erste Ansto in unserer Erdentwickelung zu einem solchen richtigenDurchgehen durch die Sonnen-Sphre wurde gegeben, nachdem dieVorbereitungen dazu durch das alttestamentliche Volk geschaffen waren wir

    werden auch noch darber zu sprechen haben , durch das Mysterium vonGolgatha. Es kommt jetzt in diesem Augenblicke nicht darauf an, die Frage zubehandeln, ob das Christentum in seiner bisherigen Entwickelung alle seineZiele, alle seine Entwickelungsmglichkeiten schon aus sich herausgesetzt habe.Es ist ja ganz selbstverstndlich, da das Christentum in seinen religisenBekenntnissen nur Einseitigkeiten des gesamtchristlichen Prinzipes heraus-gebildet hat und in Einzelheiten in seinen positiven Bekenntnissen durchauszurcksteht gegenber anderen Bekenntnissen. Darauf aber kommt es an, was esfr Entwickelungsmglichkeiten in sich hat, was es dem Menschen geben kann,

    der immer tiefer in sein Wesen eindringt.Nun haben wir schon darzustellen versucht, was uns von diesen

    Entwickelungsmglichkeiten sprechen kann. Unendlich vieles ist da zu sagen,aber nur eines soll jetzt berhrt werden, was uns den Punkt, den wir imAugenblicke ntig haben, beleuchten kann. Wenn wir die verschiedenenReligionsbekenntnisse wirklich innerlich verstehen, so finden wir einencharakteristischen Punkt, um die religisen Bekenntnisse hervorzuheben. Dasist, da doch fr die ltere Erdentwickelung die einzelnen Bekenntnisseabgestimmt sind fr die einzelnen Rassen, Stmme, fr die einzelnen

    Volksgliederungen der Erde. Solche Dinge haben sich ja noch erhalten. Wirwissen, da der Hindureligion wahrhaftig heute noch nur der angehren kann,der auch als Hindu geboren worden ist.

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    In gewisser Beziehung sind die lteren Religionen Stammesreligionen,Volksreligionen. Nehmen Sie den Ausdruck nicht als eine Herabwrdigung,sondern nur als eine Charakterisierung. Die einzelnen Religionen, die denVlkern von den Initiierten gegeben worden sind, herausgenommen allerdings

    aus dem Urquell einer allgemeinen Weltenreligion, aber angepat den einzelnenVlkern, Stmmen und so weiter, diese einzelnen Religionen haben, manmchte sagen, etwas Religis-egoistisches. Immer haben die Vlker das geliebt,was ihnen aus ihrem eigenen Fleisch und Blut religis erwachsen ist. Ja, wirwissen sogar, wenn in den alten Zeiten, von den Mysteriensttten herrhrend,irgendwelche Religion bei den Vlkern des Altertums begrndet worden ist,dann ist nicht der, welcher leiblich ein Fremdling war, hingegangen und hat dorteine Religion begrndet, sondern er hat ein zweites Mysterium begrndet, dasdahin getragen wurde, wo schon ein anderes war; dem Volke aber wurde einAngehriger seines Volkes, seines Stammes zum Fhrer gegeben.

    In dieser Beziehung besteht ein groer Unterschied in bezug auf das, was mandas wahre Christentum nennen kann. Diejenige Individualitt, zu welcher derChrist hinschaut, der Christus Jesus, er hat gerade am wenigsten in demjenigenVolke, an der Sttte der Erde gewirkt, wo er unmittelbar hineingeboren war.

    Wenn wir nun die abendlndischen Verhltnisse betrachten, sind sie inreligiser Beziehung gleich zu achten den indischen, den chinesischenVerhltnissen, das heit den Verhltnissen, wo noch die Volksreligionenfortdauern? Sie sind es nicht! Unsere Gegenden wren nur dann dem Indertum,dem Chinesentum gleich zu achten, wenn wir hier in Mitteleuropa zum Beispiel

    gute Wotan-Glubige wren. Dann wren wir in derselben Lage; dann wrdedas Religis-egoistische auch hier zum Vorschein kommen. Aber innerhalb desAbendlandes ist das Religis-egoistische verschwunden, und angenommenwurde die Religion eines Stifters, die gar nicht in irgendeiner Volks-gemeinschaft liegt, sondern die auerhalb derselben liegt. Diese Tatsache muman ins Auge fassen. Was Blut zu Blut fhrte und mitwirkte bei derBegrndung der alten Religionsgemeinschaften, das wirkte nicht mit bei derVerbreitung des Christentums. Das Seelische war es, was da im wesentlichenwirkte, und angenommen wurde eine Religion, die auerhalb der

    Volksgemeinschaft zum Beispiel fr das Abendland lag. Warum ist das? Es istdeshalb, weil das Christentum in seiner tiefsten Wurzel von allem Anfange andarauf zugeschnitten war, ein Bekenntnis zu sein fr alle Menschen, ohneUnterschied des Glaubens, der Nationalitt, des Stammes, der Rasse und allesdessen, was sonst die Menschen voneinander trennt. Richtig wird dasChristentum nur verstanden, wenn es so verstanden wird, da es nur dasMenschliche im Menschen berhrt, dasjenige Menschliche, das in allenMenschen ist. Und dem tut es keinen Abbruch, da das Christentum in seinenersten Phasen und auch zu unserer Zeit Einzelbekenntnisse herausgebildet hat;

    denn die Entwickelungsmglichkeit des allgemein Menschlichen liegt in demChristentum.

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    Es wird sich sogar auch innerhalb der christlichen Welt ein groer Umschwungvollziehen mssen, wenn das Christentum in seiner Wurzel richtig verstandenwerden soll. Man wird einen gewissen Unterschied machen mssen zwischender Erkenntnis des Christentums und der Realitt des Christentums.

    Zwar hat schon Paulus mit diesem Unterschiede begonnen, und wer Paulusversteht, kann von diesem Unterschiede etwas wissen; aber es ist dieserUnterschied bis heute wenig verstanden worden. Indem Paulus das christlicheBekenntnis zu dem Christus Jesus dem bloen Judentume entrissen hat und dasWort geprgt hat:Christus ist gestorben nicht blo fr die Juden, sondern auchfr die Heiden,hat er etwas Ungeheures getan fr die richtige Auffassung desChristentums. Denn es wre durchaus falsch, wenn jemand behaupten wollte,das Mysterium von Golgatha htte sich nur vollzogen fr die, welche sichChristen nennen. Es hat sich vollzogen fr alle Menschen! Das meint auchPaulus, wenn er sagt, es sei Christus auch gestorben fr die Heiden, nicht blofr die Juden. Denn was durch das Mysterium von Golgatha in alles Erdenlebenbergegangen ist, das hat auch Bedeutung fr alles Erdenleben. Und so groteskes heute noch fr die klingen mag, welche die gleich anzufhrendeUnterscheidung nicht machen, so mu man doch sagen: Derjenige versteht erstdie Wurzel des Christentums, der zum Beispiel einen Bekenner eines anderenReligionssystems gleichgltig, ob er sich Inder oder Chinese oder sonstwienennt so anzusehen vermag, da er sich fragt: Wieviel ist in ihm dennChristliches? Nicht darauf, da dieser das wei, kommt es an, sondern da erkennt, was die Realitt des Christentums ist ebenso wie es nicht darauf

    ankommt, ob der Mensch Physiologie kennt, wenn zugegeben werden soll, daer die Tatsache des Verdauens kennt. Wer aus seinem Religionssystem heutenoch kein bewutes Verhltnis hat zu dem Mysterium von Golgatha, der hatsich eben noch kein Verstndnis dafr erworben; das gibt aber dem andern keinRecht, die Realitt des Christentums fr ihn zu leugnen. Erst wenn die Christensoweit Christen sein werden, da sie das Christliche in allen Erdenseelenaufsuchen und nicht, wenn sie es erst durch irgendwelche Bekehrungsversucheden andern Seelen eingeimpft haben , dann erst wird die Wurzel desChristentums richtig verstanden werden. Aber alles das liegt in dem richtig

    verstandenen Christentum. Man mu den Unterschied machen zwischen derRealitt und dem Verstndnisse des Christentums. Zu verstehen, was da seitdem Mysterium von Golgatha auf der Erde ist, das ist ein groes Ideal, ein Idealeiner wichtigen Erkenntnis fr die Erde, einer Erkenntnis, die sich nach undnach die Menschen aneignen werden. Aber die Realitt ist geschehen, die isteinmal da, indem sich das Mysterium von Golgatha vollzogen hat.

    Nun hngt aber allerdings unser Leben in der Sonnen-Sphre davon ab,welches Verhltnis wir zu dem Mysterium von Golgatha gewonnen haben. Eshngt unser Leben in der Sonnen-Sphre so ab von diesem Verhltnis, da das,

    was in der Sonnen-Sphre versprt werden kann ein Verhltnis zu gewinnenzu allen Menschen , nur mglich ist durch ein solches Verhltnis zumMysterium von Golgatha, wie es eben jetzt charakterisiert worden ist:

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    durch ein Verhltnis zum Mysterium von Golgatha, das uns auch nicht mehreinschnrt in eine noch unvollkommene Ausgestaltung des Christentums indiesem oder jenem Bekenntnis. Sonst machen wir uns unter allen Umstnden inder Sonnen-Sphre zu einsamen Menschen, die nicht die Seelen, die Gemter

    anderer Menschen finden knnen. Es gibt einen Ausspruch, der seine Kraft bisin die Sonnen-Sphre hinein bewhrt: wo wir als Wesen innerhalb der Sonnen-Sphre zu einem andern menschlichen Wesen kommen, da knnen wir mitdiesem andern menschlichen Wesen gesellig sein und nicht gleichsam durchunsere eigene Wesenheit uns von ihm zurckstoen, wenn sich an unserer Seeleder Ausspruch bewhrt:Wo zwei in meinem Namen sich vereinen wollen, kannich mitten unter ihnen sein. In der wirklichen Erkenntnis des Christus knnensich innerhalb der Sonnen-Sphre alle Menschen zusammenfinden. Und diesesFinden ist von einer ungeheuren Wichtigkeit, von einer groen Bedeutung. Denneine Entscheidung geschieht innerhalb der Sonnen-Sphre fr den Menschen: ermu innerhalb der Sonnen-Sphre ein gewisses Verstndnis haben. Und wirknnen uns dieses Verstndnis am besten an einer auerordentlich bedeutungs-vollen Tatsache klarmachen, die eigentlich vor jeder Seele liegen knnte, diesich aber die menschlichen Seelen nur nicht immer klarmachen.

    Einer der schnsten Aussprche des Neuen Testamentes ist der, den wir socharakterisieren knnen, da der Christus Jesus im Menschen das Bewutseinhervorrufen will von dem gttlich-geistigen Wesenskerne im menschlichenInnern, da der Gott als Gottesfunke in jeder menschlichen Seele lebt, dajeder Mensch eine Gttlichkeit in sich hat. Das hob der Christus Jesus besonders

    stark hervor, und mit aller Kraft und Gewalt betonte er: Ihr seid Gtter, alle!Und so betonte er es, da man dem Ausspruch ansieht: Er betrachtet dieseBezeichnung des Menschen, wenn der Mensch sie sich beilegt, als das Richtige. Diesen Ausspruch hat noch ein anderes Wesen getan. Bei welcherGelegenheit, das drckt symbolisch das Alte Testament aus. Luzifer, amBeginne der Menschheitsentwickelung, tut den Ausspruch:Ihr werdet sein wiedie Gtter! Eine solche Tatsache mu man bemerken. Zwei Wesen tun deninhaltlich gleichen Ausspruch: Ihr werdet oder sollt sein wie die Gtter Luziferund Christus! Und was will die Bibel sagen, indem sie beides gar wohl betont?

    Sie will sagen, da aus Luzifers Wesen dieser Ausspruch zum Unsegen gedeihe aus Christi Wesenheit zum hchsten Segen. Verbirgt sich darin nicht einwunderbares Geheimnis? Was Luzifer als Versucherstimme in die Menschheithineinwarf als den hchsten Weisheitsgehalt durfte es Christus zu denMenschen sprechen. Mit eindringlichen Lettern steht hineingeschrieben in dasentsprechende Dokument, wie es nicht blo auf den Inhalt irgendeinesAusspruches ankommt, sondern im wesentlichen darauf, von wem derAusspruch kommt. Fhlen wir es aus einer solchen Sache, da wir die Dingezunchst immer tief genug nehmen und da wir recht viel lernen knnen aus

    dem, was uns uerlich exoterisch schon vorliegt!

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    Dagegen holen wir uns aus den andern Planeten-Sphren die Krfte, welche wirbrauchen, damit wir in der nchsten Inkarnation unsern Astralleib in derrichtigen Weise bekommen knnen.

    Nun soll niemand glauben, da dasjenige, was ich eben gesagt habe, in einem

    andern Sinne und Stil gemeint ist als in dem Stil und Sinne menschlicherEntwickelung. Ich habe Ihnen vorhin gesagt: Schon in der vorchristlichen Zeitwar es einem solchen Menschheitsfhrer, wie dem Abraham, in der BegegnungmitMelchisedek,oder Malekzadik, gegeben, sich diese Krfte fr die Sonnen-Sphre anzueignen. Nicht eine intolerante Behauptung soll getan werden, als obsich der Mensch nur durch ein orthodoxes Christentum die Krfte aneignenknne, um sich zu den Wesen in der Sonnen-Sphre in das richtige Verhltnis zustellen, sondern eine Entwickelungstatsache soll ausgesprochen werden. Undzwar die, da die Mglichkeiten der alten Zeiten, in denen durch andere Mitteldas Akasha-Bild des Christus zu schauen war, immer mehr und mehr schwindenmit dem Fortschreiten der Erdentwickelung. Die geistigen Augen des Abrahamwaren vollstndig aufgetan fr das Akasha-Bild des Christus in der Sonnen-Sphre. Das ist durchaus richtig. Es ist kein Einwand dagegen, da dasMysterium von Golgatha noch nicht geschehen war und da da der Christusnoch auf der Sonne war; er war whrend dieser Zeit mit anderen planetarischenSphren in seiner Realitt vereinigt. E