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Galaktisches Epos

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ATLAN 127 – Die Abenteuer der SOL

Nr. 626

Galaktisches Epos

von Peter Griese

Die Verwirklichung von Atlans Ziel, das schon viele Strapazen und Opfer gekostet hat – das Ziel nämlich, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfüllen –, scheint nun außerhalb der Möglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn beim entscheidenden Kampf gegen Hidden-X wurde Atlan die Grundlage zur Erfüllung seines Auftrags entzogen: das Wissen um die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst.

Doch Atlan gibt nicht auf! Im Bewußtsein, sich die verlorenen Koordinaten wieder besorgen zu müssen, folgt der Arkonide einer vagen Spur, die in die Galaxis Xiinx-Markant führt, wo die SOL in erbitterte Kämpfe verwickelt wird.

Schließlich, gegen Ende des Jahres 3807 Terrazeit, eskaliert die Auseinandersetzung zwischen Anti-ES und Anti-Homunk auf der einen und Atlan und den Solanern auf der anderen Seite in einem solchen Maß, daß für die Kontrahenten die alles entscheidenden Stunden des Kampfes nahen.

Dabei vollzieht die SOL in höchster Not den Sturz ins Nichts, und diesem Sturz folgt ein Flug ins Ungewisse.

Was am Endpunkt dieses Fluges ins Ungewisse steht, darüber berichtet ein GALAKTISCHES EPOS ...

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Die Hauptpersonen des Romans:

Atlan und Wöbbeking - Gesprächspartner während des Fluges im Nichts.

Tyar - Die Intelligenz der Galaxis Bars.

Prezzar - Der Instinkt der Galaxis Farynt.

Kolk und Annymon - Angehörige des Volkes der Vlahreser.

Djerbsch und Mitan - Ihre Gegenspieler auf der Seite der Bheynder.

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1.

Ein merkwürdig fremdes Geräusch lag in der Luft. Es war ein ständiges Summen, das in seiner Tonhöhe an der Grenze der Hörbarkeit lag, manchmal etwas tiefer klang und manchmal vibrierte. Es kam aus allen Wänden, aus dem Boden und aus der Decke. Und es war an allen Orten der SOL deutlich von jedermann zu hören.

Ich stand mit Breckcrown Hayes in der Klause des High Sideryt. Der Solaner reichte mir ein Glas mit einem fahlbraunen Getränk. Auch aus dem Trinkgefäß schien der seltsame Ton zu strömen. Ich leerte es mit einem Zug und fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. Dann stellte ich das Glas mit einem Knall auf dem kleinen Marmortisch ab.

Mein Unbehagen konnte ich kaum verbergen. Auch Breck war deutlich anzusehen, daß er zutiefst betroffen war. Die SOL befand sich in einer Lage, die wir gar nicht erfassen konnten. Etwas war mit dem gewaltigen Schiff geschehen, was mein Vorstellungsvermögen überstieg. Nun befanden wir uns an einem Ort, der nichts Normales mehr besaß. Zu deutlich unterschieden sich alle Eindrücke von den vielen Erfahrungen, die ich in meinem langen Leben mit Labilzonen, Hyperoder Überräumen gemacht hatte.

Auf den Datenschirmen über Brecks persönlichem Arbeitsplatz erschienen ununterbrochen neue Angaben und Werte. Ich verarbeitete sie mit gewohnter Schnelligkeit. Etwas Entscheidendes war jedoch nicht festzustellen.

Alle Messungen, die das Ortungspersonal, SENECA oder die Wissenschaftler durchführten, führten zu überhaupt keinen Resultaten. Durch einen unerklärlichen Vorgang war die SOL aus der normalen Umgebung gerissen worden, als die Trutzburg Anti-Homunks vergangen war. Ein Loch hatte sich geöffnet, und wir hatten die Gegenwart von Anti-ES gespürt. Mir war klar gewesen, daß dieses Loch nicht uns gegolten hatte, sondern Wöbbeking-Nar’Bon, der in der Stunde der größten Not uns zu Hilfe geeilt war. Auch jetzt stand für mich noch fest, was Anti-ES mit dieser Maßnahme gewollt hatte, nämlich die Rückgewinnung eines Teiles seines Ichs, des Teiles, der heute von dem mächtigen Riesenei aus Jenseitsmaterie dargestellt wurde. »Anti-ES hat versucht«, sagte ich zu Hayes, »Wöbbeking durch dieÖffnung zu entführen, um ihn sich an einem anderen Ort einzuverleiben.«

»So sehe ich es auch, Atlan.« Der High Sideryt tastete zwei neue Getränke. »Du weißt auch, was das bedeutet?«

Ich nickte.

»Es spricht alles dafür, daß wir in der Namenlosen Zone landen«, meinte der narbige Solaner. »Nur dort hat Anti-ES, nach dem, was wir über es wissen, einen ständigen Aufenthaltsort. Nur dort wird es die Wiedervereinigung vollziehen können.«

»Das war seine Absicht«, stimmte ich zu. »Anti-ES muß aber gemerkt haben, daß sein Plan nicht funktionierte. Anti-Homunks früher Tod, der mit dem Verlust meiner Iray erkauft wurde, machte ihm

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einen ersten Strich durch die Rechnung. Die SOL selbst gab jedoch den Ausschlag, denn sie stürzte sich für Wöbbeking in das Loch. Damit wurden wir an Wöbbekings Statt wegtransportiert.« »Es war Caras Schuld«, korrigierte mich Breck. »Weiß der Teufel, was in sie gefahren war.«

»Richtig. Ich werde mit ihr darüber zu sprechen haben. Immerhin wurde Anti-ES’ Plan vereitelt und unser großer Freund gerettet.«

»Ein hoher Preis, Atlan, wenn wir dafür in den Klauen von Anti-ES landen oder in der Namenlosen Zone.«

»Das glaube ich nicht. Anti-ES kann mit uns nichts anfangen. Es wird uns ausspucken, wenn es merkt, daß ihm Wöbbeking-Nar’Bon wieder entwischt ist.«

»Das hoffst du!«

Ich hörte den deutlichen Vorwurf aus Brecks Worten heraus.

»Ich weiß es. Aber ich hoffe, daß die SOL diesen Prozeß ohne großen Schaden übersteht.«

Es waren einfach zuviele Dinge, die durch meinen Kopf jagten. Am ärgsten war der Verlust Irays. Da dies aber meine persönliche Angelegenheit war, verdrängte ich jeden Gedanken an die geliebte Frau.

Die Situation, in die die SOL geraten war, stellte das eigentliche Problem dar. Aber das war noch nicht alles. Sanny, die kleine, paramathematisch begabte Molaatin, war aus unseren Reihen entführt worden. Ob das nur ein Racheakt von Anti-ES gewesen war, konnte ich nicht mit letzter Sicherheit sagen, aber es sah zumindest so aus. Sanny hatte mit ihren unerklärlichen Berechnungen einen mitentscheidenden Anteil an dem jüngsten Geschehen gehabt. Da sie aber auch eine andere Verbindung, die in Richtung der Kosmokraten zu verlaufen schien, besaß, konnte ihr Verschwinden auch andere Gründe haben. Das rätselhafte Verhalten von Cara Doz ließ sich vielleicht noch am ehesten klären. Mit schmerzlichen Gefühlen dachte ich auch daran, daß wir Twoxl, unseren früheren Cpt’Carch verlassen hatten, und mitihm mehr als eine Handvoll Solaner. Wenn meine Überlegungen stimmten, würde Anti-ES uns wieder freigeben. Dann würden wir irgendwo nahe dem Zentrum von Xiinx-Markant auftauchen und nach Twoxl und den Solanern um Mata St. Felix forschen können. Aber auch diese Frage gehörte im Augenblick zu den zweitrangigen Problemen. Breckcrown Hayes beschäftigten noch andere Sorgen. Die ununterbrochen einlaufenden Meldungen aus allen Teilen der SOL zeigten uns überdeutlich, daß nach dem Sturz in das Nichts an Bord eine Panik ausgebrochen war. SENECA mußte seine Roboter einsetzen, damit es nicht zu Aufständen und Unruhen kam.

Wir waren hilflos dem Strudel ausgesetzt, in den wir gerissen worden waren. Und es zeichnete sich kein Ende dieses Zustands ab, von dem ich nur vermuten konnte, daß er mit einem Flug in einer höheren Dimension identisch war.

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Vier Stunden währten die angsterregenden Verhältnisse nun schon, und es zeichnete sich keine Veränderung ab.

»Ich muß mich um die SOL kümmern.« Breckcrown Hayes steuerte den Ausgang an. »Es geht drunter und drüber. Da muß ich mich sehen lassen. Klärst du die Sache mit Cara Doz?«

»Versuchen werde ich es, aber im Augenblick scheinen mir andere Dinge wichtiger zu sein.«

Der Solaner verzichtete auf eine Antwort. Gemeinsam erreichten wir die Hauptzentrale, wo eine seltsame Atmosphäre herrschte. Alle Anwesenden wirkten übernervös und hektisch, aber niemand hatte eine wirkliche Aufgabe, denn alle Systeme waren desaktiviert. Die Stabsspezialisten hatten längst eingesehen,daß ihnen die Situation entglitten war. Nur Cara Doz hockte in ihrem Sessel. Über ihren geschlossenen Augen wand sich das SERT-Band um ihre Stirn. Die Signallampen zeigten an, daß das Gerät zur Gedankensteuerung aktiviert war.

Ich stellte mich hinter die Emotionautin und beobachtete sie. Ihre schmalen, weißhäutigen Hände zitterten leicht. Sonst regte sich kein Muskel an ihrem Körper.

»Wir sind nicht hilflos, Atlan«, sagte sie etwas überraschend für mich. »Ich kann die SOL sogar noch in gewissen Grenzen lenken. Uns treibt ein beständiger Strom voran. Das Ziel ist schon bestimmt.«

Ich zog die Augenbrauen hoch und warf Breckcrown Hayes einen fragenden Blick zu, aber der zuckte nur mit den Schultern. »Welches Ziel, Cara?« wollte ich wissen. »Unbekannt. Ich spüre aus dem Strom, in dem sich die SOL bewegt, daß sie ein vorgegebenes Ziel ansteuert. Mehr weiß ich dazu nicht.«

»Ist es das Ziel, das Anti-ES für Wöbbeking bestimmt hatte?«

Nun fuhr die Solanerin in die Höhe. Mit einem Ruck streifte sie das SERT-Band ab. Ihr Mund öffnete sich, und ihre Augen starrten mich verwundert an.

»Wie kannst du so etwas vermuten?« stieß sie hervor.

»Es wäre logisch, Cara. Durch dein Eingreifen und durch Sannys Berechnungen sind wir in das Loch gestürzt, das für Wöbbeking bestimmt war. Wir befinden uns an der Stelle des Rieseneies.«

»So kann es nicht sein.« Niedergeschlagen sank sie in ihren Sessel zurück, und ich fand keine Erklärung für ihr Verhalten. »Wie ist es denn?« So leicht gab ich nicht auf.

»Das weiß ich nicht.«

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»Warum hast du die SOL in den Abgrund gelenkt?«

Ihre Augen bekamen einen wäßrigen Glanz, aber sie hielt meinem Blick stand. »Ich mußte es tun, Atlan. Sanny hat es bestätigt. Mehr kann ich dazu nicht sagen.« »Du willst nicht mehr sagen«, widersprach ich. »Was ist los mit dir, Cara? Als Emotionautin bist du phänomenal. Als Solanerin gehörst du fest in unseren engsten Kreis. Aber du verschweigst uns etwas. Das spüre ich.« »Ich weiß, Atlan, daß du alles richtig siehst.«

»Das ist keine Antwort, Cara!«

»Es ist die einzige Antwort, die ich dir geben kann. Ansonsten bitte ich euch alle nur um eins. Vertraut mir!«

Sie wartete keine Antwort ab und verließ die Zentrale.

»Damit sind wir nicht schlauer als zuvor«, stellte der High Sideryt fest.

»Ich glaube Cara.« Mein Blick lag auf dem Schott, das sich hinter der jungen Frau geschlossen hatte. »Wahrscheinlich kann sie selbst nicht erkennen, was mit ihr los ist. Sie ist als Emotionautin auch Halbmutantin. Da kann so etwas schon passieren. Auf jeden Fall werde ich sie im Auge behalten.«

Als ich mich zu den Leuten meines Teams in SOL-City abmelden wollte, wurde ich von Hage Nockemann an den Interkom gerufen. »Ein erstes konkretes Ergebnis, Atlan«, berichtete der Wissenschaftler. »SENECA hat es bestätigt. Wir befinden uns nicht auf einem Flug durch eine höhere Dimension. Wir unterliegen aller Wahrscheinlichkeit nach nur einem Transmittereffekt, der jedoch im Gegensatz zu den uns bekannten Vorgängen nicht zeitverzugslos abläuft. Der singende Ton ist eine Nebenwirkung davon.«

»Folgerungen?« fragte ich knapp. »Noch keine, Atlan. Dafür war die Zeit zu kurz.«

»In Ordnung, Hage. Wenn ihr mich

braucht, so findet ihr mich in meiner Privatkabine.«

*

Zardaz wußte ganz genau, daß er sich in diesem Bereich nicht aufhalten durfte. Seine Eltern hatten es ihm immer wieder eingeschärft. Die rein technischen Sektionen der SOL waren schließlich keine Tummelplätze für Kinder. Dafür gab es Gärten und Anlagen, in denen seine Freunde und er sich austoben konnten.

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Nur hatten diese einen Nachteil. Dort kannte jeder jedes Versteck. Und wenn Zardaz einmal der letzte sein wollte, der bei diesem Suchspiel gefunden wurde, dann mußte er einfach in einen anderen Abschnitt ausweichen. Mit dieser Ausrede rechtfertigte der Neunjährige sein Verhalten. Das Risiko einer Rüge oder Strafe nahm er dabei in Kauf. Er schlich behutsam durch einen schmalen Gang, der zwischen den zentralen Stellen des Mittelteils und einer Wohnsektion lag. Sein Vater hatte ihm diesen Abschnitt einmal gezeigt, der normalerweise nur von Wartungsrobotern betreten wurde. Zardaz’ Vater war der Chef einer solchen Roboterabteilung. Der Gang wurde enger, aber das bereitete dem Jungen keine Schwierigkeiten. Behend kletterte er über Rohrsysteme und abgestellte Aggregate in die Höhe. Dort oben gab es ein Loch, durch das er die sieben Sucher zu sehen hoffte. Er würde ihnen diesmal ein Schnippchen schlagen. Vielleicht würden sie ihn in der festgesetzten Zeit überhaupt nicht finden. Auf halber Höhe zu dem Guckloch hielt Zardaz an, um zu verschnaufen. Durch ein Gewirr von Energieleitungen hindurch bemerkte er, daß er auch noch in einen zweiten Gang blicken konnte. In etwa zwanzig Metern Entfernung eilten zwei Solaner entlang, die in ein hitziges Gespräch verwickelt waren. Er zog den Kopf ein, aber es bestand keine Gefahr, daß man ihn zufällig entdecken würde. Dann herrschte dort unten wieder Ruhe. Als er sich gerade anschickte, seinen Weg nach oben fortzusetzen, sah er eine weitere Person in dem Gang kommen, die ihm wegen der merkwürdigen Kleidung auffiel. Es handelte sich um eine schmale Frau, die nur einen lose flatternden Umhang trug. Dann erblickte er für ein paar Sekunden ihr Gesicht. »Cara, die Superpilotin«, murmelte Zardaz. Er kannte die Frau von den Informationssendungen, aber persönlich gesehen hatte er sie noch nie. Bei den Kindern genoß sie ein hohes Ansehen, denn ihre fabelhaften Leistungen weckten stets Interesse.

Neugierig verfolgte Zardaz den Weg der Frau. Für ein paar Sekunden vergaß er sein Versteckspiel und die sieben Sucher. Abrupt blieb Cara vor einer Seitenwand stehen. Sie blickte sich um und lauschte. Dann schien es Zardaz, als würde Cara wenige Zentimeter über dem Boden des Korridors schweben. Er wischte sich über die Augen, weil er sich zu täuschen glaubte. Dann stockte ihm der Atem, denn was er nun sah, war gänzlich unmöglich. Cara glitt durch die Wand, obwohl dort weder ein Schott noch eineandere Öffnung war! »Ich glaube, ich spinne!« Mit geweiteten Augen starrte Zardaz auf die leere Stelle, an der eben noch die Pilotin gestanden hatte. Ihm war klar, daß er davon niemand etwas erzählen durfte, denn man würde ihn für verrückt erklären. Außerdem würde er dadurch verraten müssen, daß er ein Versteck in dem verbotenen Abschnitt aufgesucht hatte. Er kletterte weiter nach oben, und als er die Sucher entdeckte, die aufgeregt durch den Park rannten und ihn nicht fanden, vergaß er den seltsamen Zwischenfall rasch wieder.

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2.

»Wenn es sich um einen verzögerten Transmittereffekt handelt«, erklärte ich, »und ich glaube, daß es so ist, denn es bestätigt SENECAS erste Vermutung, dann ergeben sich zwei Fragen.«

»Richtig.« Blödel unterstrich seine Aussage mit einem Schwenken seiner ausgefahrenen Teleskoparme. Vor wenigen Stunden hatte er uns von der Begegnung mit Wöbbeking-Nar’Bon berichten können, der eine zeitweilige Sperre in ihm und dem Bakwer Wuschel aufgebaut hatte. Unsere Vermutungen waren bestätigt worden, aber schlauer waren wir dadurch auch nicht. »Die erste Frage lautet, wie lange der Effekt andauert, und die zweite Frage ist, wo die Gegenstelle des Xiinx-Markant-Transmitters steht, denn dort werden wir ankommen.«

Tyari, die Fremde, die mir so ähnlich sah, schob sich an den anderen Team-Mitgliedern vorbei.

»Ihr wißt«, erklärte sie, »daß ich von einer Galaxis komme, die Bars-2-Bars genannt wird. Ich habe oft genug darauf gedrängt, daß Atlan mit der SOL diesen Ort, dessen Koordinaten euch bekannt sind, aufsucht. Dort werdet ihr benötigt. Mehr weiß ich dazu jetzt noch nicht.«

»Warum erwähnst du gerade jetzt das?« fragte Bjo Breiskoll.

»Weil ich den Verdacht habe, daß der Transmittierungsvorgang in Bars-2-Bars endet.«

»Sie könnte recht haben.« Hage Nockemanns Schnauzbart vibrierte leicht. »Ich habe diese Überlegung auch schon angestellt. Der Abstrahltransmitter beruht im wesentlichen auf der hyperenergetischen Konstellation der inneren Sonnen von Xiinx-Markant. Es handelt sich sozusagen um einen galaktischen Transmitter, der nach dem Grundprinzip arbeitet, das dir, Atlan, aus der Geschichte der Menschheit bekannt sein muß. Damals haben die alten Limuser durch besondere Sonnenkonstellationen extragalaktische Entfernungen überbrückt.«

Blödel räusperte sich vernehmlich. »Der Herr Scientologe spricht wohl von den Lemurern. Seine Gehirnspeicher spielen ihm wieder einmal den üblichen Streich. Ich sage ja immer, daß eine Positronik dem menschlichen Gehirn überlegen ist, aber ...«

»Halt deine positronische Schnauze!« giftete der Wissenschaftler. »Lemurer oder Limonen, das ist doch egal. Es kommt auf das technische Prinzip an und sonst auf nichts.« »Dann kannst du gleich von Limonaden sprechen«, meinte Blödel abfällig. »Es ist klar, was Hage meint.« Ich mischte mich schnell ein, um eine weitere Diskussion zu verhindern, die uns nicht geholfen hätte. »Ich will auch nicht bestreiten, daß an seiner Theorie etwas dran ist. Beweise fehlen natürlich. Außerdem ist die erste Frage, nämlich die nach der Dauer dieses Zustands, damit nicht zu beantworten.«

»Und es ergeben sich neue Probleme.« Breiskoll wirkte bedrückt. »Wenn wir Xiinx-Markant tatsächlich verlassen, dann verlieren wir den Kontakt zu Mata und ihren Leuten, sowie Twoxl-Carch.«

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»Und den zu Sanny«, ergänzte Insider. »Wenn sie noch lebt.«

»Sie lebt«, behauptete der Katzer. »Ich habe gespürt, wie sie aus unserer Mitte gerissen wurde, auch wenn es äußerlich wie eine Explosion aussehen mußte.«

»Wir müssen anders überlegen«, drängte Tyari. »Wenn die Gegenstelle in der Tat Bars2-Bars ist, dann war oder ist sie es auch für Wöbbeking gewesen. Was aber wollte Anti-ES mit Wöbbeking in dieser Galaxis? Atlan geht davon aus, daß die gescheiterte Wiedervereinigung zwischen den beiden Mächtigen sich nur in der Namenlosen Zone vollziehen könnte, weil Anti-ES noch immer mit seinem Hauptteil an diesen Ort gebunden ist.« »Ich kenne Bars-2-Bars nur von den Sternkarten«, wehrte ich ab. »Wie soll ich also beurteilen können, welche Zustände dort herrschen.«

»Wöbbeking hat Bars-2-Bars erwähnt, als Hidden-X vernichtet war«, erinnerte mich Joscan Hellmut. »Er hat diese Galaxis mit der gleichen Bedeutung versehen wie Xiinx-Markant.«

»Wie kann eine Galaxis Bars-2-Bars heißen?« fragte Federspiel. »Das ist doch keine normale Bezeichnung!«

»Stimmt«, entgegnete Tyari. »Da steckt mehr dahinter, und ich hoffe, daß Atlan es herausfinden wird.«

»Du sprichst immer um den Brei herum«, warf ich ihr vor. »Was weißt du wirklich?« »Das, was ihr auch wißt. Und daß ich geschickt wurde, um Atlan nach Bars-2-Bars zu holen.«

Sternfeuer löste sich von der Seite ihres Zwillingsbruders und kam auf Tyari zu. »Wenn zwischen dieser Galaxis und Anti-ES eine enge Verbindung besteht«, sagte sie kühl, »dann könnte diese auch zwischen dir und Anti-ES vorhanden sein. Wer sagt mir, daß du die SOL nicht geradewegs in den Untergang locken willst?«

Tyaris albinotische Augen funkelten zornig. »Willst du damit behaupten«, fragte sie drohend, »ich würde für Anti-ES arbeiten?« »Wir müssen jede Möglichkeit in Betracht ziehen«, schwächte die Telepathin ab. »Schließlich bist du für Bjo, meinen Bruder und mich undurchschaubar. Und du bist eine bessere Telepathin als wir alle zusammen, das steht für mich fest. Damit bist du zunächst einmal grundsätzlich gefährlich.« Tyari zuckte unter Sternfeuers Worten zusammen.

»Aus deiner Sicht mag es so aussehen«, erklärte sie dann kleinlaut. »Ich versichere euch jedoch, daß ich nichts Böses im Schilde führe. Vielleicht habe ich euch das zuwenig bewiesen, aber ihr solltet euch daran erinnern, daß ich mein Raumschiff geopfert habe, um euch von einem Manifest zu befreien.«

Das sah nun auch Sternfeuer ein. Sie schwieg. Die Spannung war dadurch jedoch noch mehr angewachsen.

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»Wir bewegen uns im Kreis«, sagte ich. »Gegenseitige Beschuldigungen helfen uns nicht weiter. Wir können nur weiter forschen, um unsere Lage zu erkennen, und wir können hoffen, daß wir nicht endlos in diesem Strudel hängen. Bis etwas geschieht, so möchte ich euch sehr dringend bitten, bewahrt die Ruhe. Es gibt genügend Hektik und Panik auf der SOL, seit die neue Situation bekannt wurde.« Ich blickte in zweifelnde Gesichter, deren Mienen sich schlagartig änderten, als das andauernde hohe Summen plötzlich abklang. Die schwachen Vibrationen verschwanden. Die drei Telepathen und Tyari faßten sich an die Schläfen. Ihre Augen öffneten sich weit und überrascht.

»Da ist etwas«, sagte Bjo Breiskoll leise. »Es überdeckt das Summen. Es ist ...« Er brach wieder ab.

Tyari stand mit einem Mal neben mir. Sie packte mich am Oberarm.

»Es ist Wöbbeking-Nar’Bon«, behauptete sie.

*

»Meine Freunde«, erklang die bekannte Stimme wie aus allen Richtungen gleichzeitig. »Es besteht für euch kein Grund zur Beunruhigung. Glaubt mir das. Ich hatte Mühe, meine Kräfte zu regenerieren und euch zu finden, aber es ist gelungen.«

Aus der Hauptzentrale kam ein Interkomruf. Hayes teilte mir mit, was ich schon gefolgert hatte. Die geistige Stimme unseres großen Freundes war überall an Bord zu hören. Das war ungewöhnlich, denn in der Regel hatte sich Wöbbeking-Nar’Bon stets mit mir in Verbindung gesetzt. Vielleicht lag der Grund an den besonderen äußeren Verhältnissen, denn seine Stimme klang seltsam fern und hohl.

»Ich freue mich«, fuhr er fort, »daß ihr noch lebt und keine entscheidenden Verluste erlitten habt. Atlan hat den Verlust Chybrains verwunden. Er wird auch an Barleonas Tod nicht scheitern. Und was aus Sanny geworden ist, weiß auch ich nicht.«

Ich zuckte bei diesen Worten zusammen, denn sie rissen seelische Wunden in mir auf, obwohl Wöbbeking das bestimmt nicht beabsichtigte.

»Auch ich lebe noch«, erklang es weiter, »und das verdanke ich euch. Ihr habt die SOL in dem entscheidenden Augenblick in das galaktische Loch gelenkt, so daß ich für Anti-ES unerreichbar wurde. Wäre das nicht geschehen, so wäre meine Existenz untergegangen, denn als Teil von Anti-ES hätte ich keinen Bestand mehr gehabt. Dafür danke ich euch. Ich weiß euer Opfer zu schätzen, denn dadurch seid ihr selbst in eine mißliche Lage gekommen. Laßt es mich daher noch einmal sagen, daß für euch keine unmittelbare Gefahr besteht.«

Seine Worte wirkten entspannend auf die Anwesenden, und auch ich fühlte mich irgendwie erleichtert. Wöbbekings Gedanken beinhalteten etwas Beruhigendes, das sich nicht in Worte fassen ließ. Ganz anders hatte er gewirkt, als sich die Katastrophe um das Leuchtende Auge angebahnt hatte.

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»Sicher quälen euch viele Fragen«, sprach er weiter, »denn ihr wißt nicht, was nun mit euch geschieht. Auch ich sehe die Zukunft nicht vorher, aber ich weiß, daß sich Anti-ES vorerst einmal wieder endgültig in die Namenlose Zone zurückziehen mußte. Das Relais, das mich zu ihm führen sollte, ist außer Kraft gesetzt. Anti-ES kümmert sich nicht um die SOL. Ihr werdet daher an dem Ort landen, der durch die Transition bestimmt wurde. Dieser Ort liegt ganz sicher im normalen Universum.«

Diese Mitteilung löste die Anspannung noch weiter. Natürlich brannten mir tausend Fragen auf den Lippen, aber ich spürte, daß der Kontakt einseitig war. Ich konnte mich nicht an Wöbbeking wenden.

»Vorerst müßt ihr euch mit ein paar Erklärungen zufriedengeben, liebe Solaner. Ich kann mich euch mitteilen, aber durch die Andersartigkeit des Raumes, in dem ihr nun seid, bin ich nicht in der Lage, Einzelgedanken zu erfassen. Ich fühle euch als Ganzes. Dennoch möchte ich, daß diejenigen unter euch, die mich näher kennengelernt haben, ein paar persönliche Gedanken erfahren. Atlan soll wissen, daß ich den Schock über den Verlust Chybrains überwunden habe. Blödel soll wissen, daß ich ohne seine hilfreichen Worte auf Zehzwo nicht die Kraft gehabt hätte, eure Entscheidung bei dem Leuchtenden Auge zu akzeptieren. Er wird das verstehen, jetzt, wo er wieder frei denken kann. Dieser Dank und dieses Kompliment gelten seinem kleinen Begleiter Wuschel und Hage Nockemann, der Blödels einmalige Programmierung geschaffen hat.«

Die beiden Scientologen blickten sich vielsagend an und nickten sich zu.

»Ihr werdet sicher wissen wollen«, fuhr Wöbbeking-Nar’Bon fort, »wie lange dieser Transmittierungsflug währen wird. Ich kann es euch nicht sagen, denn eure energetische Struktur ist zu fern für mich und außerdem verschwommen. Effekte überlagern sie, die selbst ich nicht berechnen kann. Es steht aber fest, daß euer Zustand noch mehrere Stunden oder vielleicht sogar Tage andauern wird. Da keine Gefahr besteht, braucht ihr deswegen nicht in Sorge zu sein. Euer Raum wartet darauf, euch wieder zu besitzen.«

Seine Stimme vibrierte bisweilen leicht, aber diese Erscheinung schien nach meinem Dafürhalten ein Nebeneffekt zu sein. »Unmittelbar helfen kann ich euch nicht. Meine eigenen Gesetze erlauben das nicht, und euer Bewährungswille hat ein Recht auf eine eigene Existenz. Ihr müßt euren Weg gehen, so wie ich meinen gehe. Da ich mich aber zu Dank verpflichtet fühle, kann ich euch ein bescheidenes Angebot machen. An eurem Zustand ändert sich zunächst nichts. Ihr habt also Zeit. Anti-ES ist fern. Ich kann mich auf den Kontakt zu euch konzentrieren, ohne selbst in Gefahr zu geraten. Das ist wichtig, denn die Entfernung zu euch ist unermeßlich groß, und ich brauche alle meine Kraft für diese Verbindung.«

»Was meint er?« flüsterte Bjo mir zu, aber ich zuckte nur mit den Schultern.

»Ich könnte euch diese Zeit ein wenig vertreiben«, erklärte Wöbbeking, »indem ich euch eine Geschichte erzähle, die ich als stiller Beobachter nachvollzogen habe. Natürlich tue ich das nur, wenn die große Mehrheit der Solaner in meinen Vorschlag einwilligt. Ihr könnt frei entscheiden. Ich werde euer Urteil als Ganzes erfassen und mich danach richten. Nur eins sei erwähnt. Ich erzähle diese Geschichte nicht ohne Grund.«

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Danach schwieg Wöbbeking.

Ich stellte eine Verbindung zur Hauptzentrale her und sprach mit Breck.

»Jede Information kann für uns wichtig sein«, meinte der High Sideryt. »Ich hoffe, meine Solaner sehen das ein.«

»Du solltest ihnen das sagen«, drängte ich. »Nein.« Hayes schüttelte seinen narbenübersäten Kopf. »Das große Ei will, daß meine Solaner frei entscheiden. Ich werde sie nicht beeinflussen. Ich verbiete auch, daß es jemand anders macht. Dir will ich nichts befehlen, aber ich rechne damit, daß du mein Verhalten akzeptierst.«

Dazu kann ich dir auch nur raten! verlangte der Extrasinn.

Ich hielt betroffen den Mund. Noch selten hatte ich Breckcrown Hayes derart überzeugend erlebt. Je länger ich über seine Worte nachdachte, desto richtiger erschienen sie mir. SENECA unterbrach meineÜberlegungen. »Mir liegen über 400 Anfragen vor«, teilte die Biopositronik mit, »wie ich entscheiden würde. Der High Sideryt soll klären, ob ich diese Antwort geben darf. Ferner möchte ich wissen, ob ich bei dieser Abstimmung auch ein Stimmrecht besitze.«

»Da ich ein Stimmrecht habe«, brüllte Blödel los, »hast du es auch.«

»Ich wünsche nicht«, sagte Hayes, »daß irgend jemand beeinflußt wird.«

»Na, gut«, antwortete SENECA. »Dann behalte ich für mich, daß Wöbbeking uns etwas von Bars-2-Bars berichten will und daß wir dort landen werden.«

Dieser Satz ging über den Bordrundspruch! Die Biopositronik hatte eigenmächtig gehandelt und den HighSideryt gleichzeitig akzeptiert und doch übergangen. Ich mußte lachen. »Über Bars-2-Bars?« Tyari war plötzlich hellwach. »Ihr müßt dafür stimmen!« »Ich habe das Ergebnis erhalten«, meldete sich das Riesenei aus Jenseitsmaterie wieder. »Die große Mehrheit will, daß ich das Galaktische Epos von Bars-2-Bars erzähle. So hört mir denn zu, Solaner ...«

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3.

Es war einmal ein mächtiges und körperloses Wesen, das sich mit allerlei Namen versah, denn sein Schöpfer, der selbst Seth-Apophis hieß, hatte ihm keinen Namen gegeben. In Wirklichkeit war dieses Wesen nichts weiter als eine Spiegelung eines Teiles seines Ursprungs.

Als das Drama begann, nannte sich dieses Wesen ALLMACHT, denn es hielt sich für allmächtig. Später nannte es sich einmal ARCHITEKT und dann nahm es den Namen an, den die Solaner geboren hatten, Hidden-X. In Wirklichkeit war ALLMACHT zwar

stark, aber nach kosmischen Maßstäben war es dumm. Es erkannte nie, warum sein Schöpfer es vergessen hatte. Es war überheblich und einfältig, denn es spielte seine Macht nicht nach einem konsequenten Plan aus (obwohl es sich das einbildete), sondern nach momentanen Launen.

Irgendwann einmal hatte ALLMACHT erfahren, mit welchem Hilfsmittel es seine schändlichen Ziele am einfachsten ausüben könnte. Irgendwo in den unendlichen Weiten der kosmischen Dimensionen gab es etwas, was man die Quelle der Jenseitsmaterie nannte. Dieses wunderbare Ding, von dem ALLMACHT nicht wußte, wie es aussieht oder ob es Leben oder Technik oder beides war, war fortan das Ziel seiner Bestrebungen. Jenseitsmaterie konnte ALLMACHT in begrenzter Form selbst produzieren, allerdings besaßen diese Nachahmungen nicht die vollen Fähigkeiten der wirklichen Jenseitsmaterie aus der geheimnisvollen Quelle.

Welche Nachforschungen, Vorstöße und Versuche das spätere Hidden-X alles anstellte, um in den Besitz der Quelle der Jenseitsmaterie zu gelangen, das ist auch mir nicht bekannt. Jedenfalls erfuhr es irgendwann vor etwa tausend irdischen Jahren, daß diese Quelle in der sogenannten Namenlosen Zone existierte und daß dieser Abschnitt des Universums eine besondere, für ihn jedoch nicht vollkommen durchschaubare Rolle einnahm. Sein Verlangen nach der Jenseitsmaterie war so mächtig, daß es alle Hebel in Bewegung setzte, denn es glaubte mit Hilfe dieses Stoffes, der nach dem Willen des Besitzers reagierte und so fast alles Denkbare vollbringen konnte, die Herrschaft über das ganze Universum erringen zu können. Das war natürlich ein Irrglaube, wie er negativen und sich selbst überschätzenden Wesen aller Art nun einmal anhaftet.

Während es in dem ihm zugänglichen Bereich seinen Einfluß und seine Macht ständig weiter ausbaute, suchte es nach Wegen in die Namenlose Zone, die sich ihm selbst verschloß. Es deutete das Wissen hoch entwickelter Zivilisationen aus und entdeckte so schließlich ein paar Schlüssel, die seinen rekrutierten Helfern oder ihm selbst den ersehnten Weg öffnen würden.

Viele Versuche schlugen fehl, aber ALLMACHT lernte ständig dazu. So gelangte dieses Wesen eines Tages zu der entscheidenden Erkenntnis, wie das Tor in die Namenlose Zone beschaffen sein müßte.

Zwei Kräfte mußten gleichzeitig wirken. Die eine war ein doppelgalaktischer Transmitter. Die andere Kraft war die des Geistes. Es suchte lange, bis es die Voraussetzungen fand, um seinen Plan in die Tat umsetzen zu können. Es brauchte zwei Galaxien, deren Kerne nicht zu dicht mit Sternen gepackt waren,

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um den hyperphysikalischen Übergang zu erzeugen. Gleichzeitig mußten diese Sterneninseln aber auch ein eigenes Wesen in sich bergen, das die geistige Komponente beinhaltete.

Solche Galaxien sind eine Rarität trotz der vielen Abermilliarden von Galaxien, die das Universum füllen. ALLMACHT erinnerte sich an einen Satz, den es von dem klugen Volk der Pers-Oggaren erfahren hatte: Die Grundbausteine, aus denen die Materie der Galaxien gemacht ist, sind die gleichen, die die Materie der Gehirne bilden. Warum soll dann eine Galaxis nicht auch eine Intelligenz oder einen Instinkt besitzen, wie sie die Gehirne haben?

Das grausame und machthungrige Wesen fand zwei Galaxien, die die gestellten Voraussetzungen erfüllten. Sie verfügten über einen lockeren Kern und über eine übergreifende, in den Galaxien selbst existierende geistige Komponente. Für kosmische Begriffe standen beide Sterneninseln auch nicht zu weit auseinander, so daß sich das Vorhaben wohl realisieren lassen müßte.

Es forschte die genauen Verhältnisse aus, und dann begann es, seinen Plan in die Tat umzusetzen. Auf die Völker der betroffenen Galaxien nahm es dabei kaum Rücksicht. Wer gebraucht wurde, wurde für das Vorhaben eingeplant und eingespannt. Wer störte, wurde beseitigt oder zur Bedeutungslosigkeit verdammt.

Die eine Galaxis wurde Farynt genannt. Ihre geistige Komponente war sehr stark ausgeprägt, aber sie war keine wirkliche Intelligenz, sondern eher ein launischer Instinkt. Dieser wurde von den Völkern, die ihn kannten, mit dem Namen Prezzar verbunden. Die andere Galaxis, die auch etwas größer war, trug den Namen Bars. Sie besaß eine wirkliche und durchdringende Intelligenz, die allgegenwärtig wirkte und sich um ihre Völker bemühte.

Diese Intelligenz hieß Tyar.

*

»Ich weiß, daß deine Haare in Wirklichkeit dunkelbraun sind.« Kolk lachte Annymon an und zog dabei drei seiner fünf Extremitäten in die Höhe, um seine gute Laune mit Gesten zu unterstreichen. »Ich räume allerdings ein, daß dir das dunkle Grün nicht schlecht steht. Seit du deine Forschungen auf die Völker von Bars-Süd ausgedehnt hast, hast du auch die modischen Verhaltensweisen der zwei- und mehrgeschlechtlichen Wesen angenommen.« »Pah!« antwortete Annymon und strich sich die langen Haare aus dem Gesicht, so daß seine ausdrucksvollen Augen sichtbar wurden. »Es ist nun mal ein Mangel der Eingeschlechtlichen, daß sie kein Bedürfnis verspüren, sich für irgend jemand hübsch oder interessant zu machen.«

»Außer für sich selbst!« Kolk klatschte sich mit zwei Extremitäten, die er als Arme benutzte, auf zwei andere, die als Beine funktionierten. Das fünfte Glied schwenkte er wie einen Rüssel hin und her, um damit auszudrücken, wie sehr er sich amüsierte. Die Vlahreser waren eingeschlechtlich, aber sie empfanden diese Lebensform weder als normal noch als unnormal. Ihre geistige Schwelle lag seitEwigkeiten über dem primitiven Niveau, unterhalb dessen Äußerlichkeiten, die Menge der Haare oder

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deren Farbe, die Anzahl der Gliedmaßen oder die biologische Geschlechtlichkeit einen Maßstab für den Wert eines Volkes darstellten. Und die Vlahreser kannten praktisch alle Völker von Bars, denn sie stellten die führende Zivilisation dar, ohne andere Völker unmittelbar zu führen. Sie waren einfach das älteste Volk dieser Galaxis und damit das erfahrenste und weiseste.

Viele Völker von Bars kannten Tyar und verehrten ihn, obwohl dieser kein wirkliches Gesicht besaß. Aber nur die Vlahreser korrespondierten mit der Eigenintelligenz ihrer Sterneninsel. Der Grund dafür warnicht etwa eine Überheblichkeit Tyars. Dieser wußte, daß er seine vielen Völker nur dann in eine sichere Zukunft führen konnte, wenn eine gewisse Ordnung herrschte. Die ständige Gegenwart eines regulierenden Herrn wäre da schädlich gewesen. Auch Kolk und Annymon wußten das, und mit ihnen dachten alle Vlahreser so. Annymon nannte das eine vlahresische Ordnung, denn sein Volk wurde nach ähnlichen Grundsätzen geführt. In Wirklichkeit war es aber das lenkende Prinzip Tyars. »Es gibt viele hochstehende Völker«, meinte Kolk, den das Gespräch mit Annymon reizte, der immer gern seine wissenschaftlichen Erfahrungen in den Vordergrund stellte und in Wirklichkeit ein Vlahreser voller

überschwenglicher Gefühle war, »die eine künstliche Bekleidung tragen. Sie hängen sich Säcke aus synthetischen Stoffen oder aus verarbeiteten Naturprodukten um den Leib, um so ihre Scham zu verbergen.«

»Das sagst du.« Annymon berührte den Raumchef am Kopf und strich dessen lange Haare aus dem Gesicht. Er wollte die Augen Kolks sehen. »Viele natürliche Völker benötigen die Kleidung, um sich vor den Unbilden der Natur zu schützen. Da spielen nicht nur modische Effekte eine Rolle, wie sie bei den Mehrgeschlechtlichen nun einmal erforderlich sind. Die kämen ja sonst nie zusammen und könnten so den Erhalt ihrer Art sichern.« »Eine unnatürliche Verhaltensweise«, nörgelte Kolk. »Du als Wissenschaftler siehst das natürlich von einer anderen Warte. Für mich als Raumfahrer sind das alles nur Sperenzchen.«

»Morgen beginnt ein neuer Kurs in Geistiger Toleranzenergie«, feixte Annymon. »Du solltest ihn besuchen. Das würde dein Verständnis sicher erheblich erweitern. Es genügt nicht, nur die Sonnen zu zählen, die man angeflogen hat. Es genügt nicht zu sehen, welche Völker auf ihren Planeten leben. Wichtig ist allein, sich andere Lebensformen begreiflich zu machen und dadurch zu erkennen, daß man nur einer unter fast unendlich vielen des Alls ist.« Kolk wurde verlegen. Er stolzierte auf drei Beinen vor Annymon auf und ab, und das war schon ein Zeichen seiner Unsicherheit oder aber seiner Bereitschaft, den Argumenten des anderen zu folgen.

»Hast du eigentlich einen Nachkommen?« fragte er.

Annymon merkte, daß der Raumchef das Thema wechseln wollte. Er sah keinen Grund, diesem Wunsch nicht zu folgen.

»Nein, Kolk.« Er sagte es frei heraus. »Bis jetzt überwogen meine wissenschaftlichen Interessen. Ich bin noch jung genug, um Nachkommen zu erzeugen. Ob es mir allerdings gelingt, deine stolze Zahl von drei Kindern zu erreichen, bezweifle ich.« »Hast du den Fortpflanzungsimpuls gegeben?«

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»Ja«, sagte Annymon, »als ich meine Haare grün färbte.«

»Oh!« Kolks Anerkennung war ernst und ehrlich. »Hast du schon einen Namen beschlossen?«

»Nein.« Annymon schüttelte sich, so daß die gefärbten Haare wie ein wild gewordener Besen um den Kopf des Raumchefs schlugen. »Aber ich weiß genau, daß er nicht Kolk heißen wird.«

»Du kennst die besondere Bedeutung der Namen, die mit einem K beginnen und enden?«

»Sicher, Kolk. Die Geschichte beweist es. Ich glaube, daß Tyar es so will, daß diese Vlahreser eine besondere Stellung einnahmen. Heute bist du es, der mit unseren Raumflotten die Ruhe und die Sicherheit in Bars garantiert. Vor dir war es Klatrask und davor Kamutiruk.« Annymon zögerte einen Augenblick. »Ist da etwas Wahres dran«, fragte der Wissenschaftler dann, »daß ein vlahresischer Name nicht weniger als vier Buchstaben haben darf?«

»Blassu, der Oberstatistiker, behauptet das«, entgegnete Kolk. »Er hat sich schon bei mir beklagt, weil Kolk nur aus vier Buchstaben besteht. Dabei kann ich gar nichts dafür, denn schließlich hat mein Elter den Namen bestimmt. Wenn ich noch ein Kind haben werde, werde ich ihm einen ganz kurzen Namen geben.«

»Ich auch«, meinte Annymon. »Es wird zwar mein erstes und wahrscheinlich auch einziges Kind sein, aber es wird einen kurzen Namen haben.«

»Dir schwebt bereits etwas vor?« vermutete der Raumchef.

»Ja.« Annymon feixte. »Aber ich werde es dir nicht sagen!«

*

Die Plauderei wurde jäh unterbrochen, als aus einem kleinen Beutel, den Annymon an seinem Körper trug, eine Tonfolge erklang. Das anschwellende Summen verriet eine hohe Dringlichkeit. Sekunden später, noch bevor Annymon reagieren konnte, hörte er aus Kolks Signalgeber die gleichen Töne. »Es brennt irgend etwas an«, meinte Kolk in seiner unkomplizierten Art. »Wenn der Chefwissenschaftler und der Raumchef gerufen werden, kann das nur bedeuten, daß Tyar sich wieder einmal gemeldet hat.« »Komm!« Annymon hatte seinen Schweber dabei.

Er drückte eine Taste, so daß die Zieldaten des Kontaktums in den Steuerspeicher übertragen wurden, und eine zweite, die die höchste Fahrtstufe auslöste.

Vergessen waren die Plänkeleien. Und vergessen war für Annymon, daß er den Keim für einen Nachkommen in seinem Körper trug. Viele Tage waren vergangen, ohne daß Tyar, die umspannende

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Intelligenz von Bars, sich gemeldet hatte. Für die Vlahreser war dies ein Zeichen gewesen, daß alles seinen geregelten Gang ging. Das Alarmsignal verriet, daß diese Zeiten nun vorbei waren. Das Kontaktum war der Ort im Zentrum von Vlah, an dem allein sich Tyar zu melden pflegte. Jeder Vlahreser wußte, daß Tyar dieses Hilfsmittel nicht benötigte. Die historische Entwicklung war die alleinige Ursache dafür, daß dieser Ort seine besondere Bedeutung erlangt hatte.

Viele Angehörige aus dem Volk sahen in dem Kontaktum nicht mehr als ein Heiligtum oder einen verehrungswürdigen Ort. Der Kuppelbau mit Spitzturm an der Seite war eigentlich nichts weiter als ein Gemäuer, denn in seinem Innern gab es nichts außer der blanken Wand, die seitlich aus der Mitte verrückt, erbaut worden war. Auf diese Wand projizierte Tyar seine Bilder. Seine Stimme war für jedermann hörbar, der sich im Innern des Kontaktums befand.

Vier Vlahreser aus der Führungsschicht hielten dort ständig Wache. Man konnte nie sagen, wann Tyar sich meldete, daher waren solche Maßnahmen erforderlich. Aber für die Fünfbeinigen war das kein Problem. Sie konnten zwar Tyar nie sehen, weil er nicht mehr oder weniger als die geistige Substanz von Bars war, aber sie lebten und fühlten mit ihm voller Loyalität.

Von dieser Wachschicht mußte der Alarmierungsruf gekommen sein. Vielleicht, so überlegten Kolk und Annymon, hatte man erst das Gremium benachrichtigt, und dieses hatte angeordnet, daß alle wichtigen Vlahreser zum Kontaktum kommen sollten.

Der Schweber jagte durch die Bauten. Automatisch stoppte die zentrale Verkehrssteuerung den Querverkehr, als Kolk und Annymon heranpreschten. Der Doppelgenerator des Gefährts heulte auf, als es durch die Gasse der Endlichkeit raste, die genau auf die riesige Kuppel zuführte. Der Spitzturm mit seiner goldenen Verkleidung strahlte im Licht der Mittagssonne. Die Kuppel selbst, die nur aus rohem Gestein bestand, flackerte unter den Reflexionen.

Annymon kam alles sehr fremd vor, obwohl er diesen Ort viele Male in seinem Leben besucht hatte. Dreimal hatte er Tyars Stimme gehört, jedoch war sein Aufgabenbereich nie betroffen gewesen. Immer hatte es sich um fast alltägliche Dinge gehandelt, um naturbedingte Katastrophen, um Völker, die Waffen entwickelt hatten, die sie mit ihrer Seele nicht beherrschten, um gestrandete Kolonisten.

Diesmal war es etwas anderes: Die Quarzkristalle des Kuppelgesteins flackerten zu unruhig. Tyars Einfluß war groß, auch wenn er das seine Völker nicht merken ließ. Er griff wirklich nur ein, wenn es dringend erforderlich war.

Der Schweber schoß nach unten. Annymon übernahm die Handsteuerung, denn viele Vlahreser hatten sich vor dem Kontaktum versammelt. Also hatte sich die Alarmierung bereits herumgesprochen.

Staub wirbelte auf, als der Wissenschaftler vor einem der fünf Eingänge abbremste. Mindestens zweihundert Vlahreser hatten sich hier versammelt. Sie alle standen nur noch auf einem Bein und schwenkten die anderen vier Extremitäten aufgeregt hin und her. Kolk rief ihnen beruhigende Worte zu, aber das schien nichts zu nützen. Annymon ahnte, daß Tyars Ruf nicht nur die Wachen des Kontaktums

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erreicht hatte, sondern auch die Bewohner der näheren Umgebung. Anders ließ sich dieser Auflauf nicht erklären.

Die beiden Vlahreser rannten los, angesteckt von der Erregung der Massen. Im Innern des Kontaktums waren über die Hälfte der Angehörigen der Führungsschicht und fast das komplette Gremium versammelt.

Man starrte still auf die leere Projektionswand, wo Annymon Bilder und Zeichen Tyars erwartet hatte. Doch da war nichts! Dann erklang die Stimme der Intelligenz von Bars.

»Vlahreser!« Tyar besaß einen dunklen Baß, aber das hörte sich nicht bedrohlich an. »Es ist etwas geschehen, das ich selbst noch nicht verstehe. Etwas Fremdes, etwas Körperloses ist in Bars eingedrungen und versucht, sich die Sterneninsel zu unterwerfen. Ich habe einen schändlichen Plan gespürt, der mein Untergang sein könnte, wenn er verwirklicht werden kann. Noch überblicke ich nicht die Hintergründe, und den Feind kenne ich auch nicht. Ihr wißt, daß ich mich selbst kaum gegen äußere Kräfte wehren kann. Daher rufe ich euch auf, das Unbekannte zu finden und zu vertreiben. Mehr kann ich euch nicht sagen. Unterschätzt die Gefahr nicht!« Da die Bildwand auch jetzt leer blieb, war für Annymon klar, daß Tyar keine Bilder besaß. Ein Körperloser, der nicht erkannt war, ließ sich nun einmal nicht darstellen. Der Sprecher des Gremiums trat aus dem Kreis der Versammelten hervor. Er war einer der Privilegierten, die in besonderen Fällen Fragen an Tyar richten konnten.

»Tyar«, sagte er laut und für jedermann hörbar. »Wir nehmen den Auftrag selbstverständlich an, aber wir brauchen weitere Hinweise. Wo finden wir den unbekannten Feind? Wie heißt er? Wie kann man mit ihm in Kontakt treten? Besitzt er Hilfsvölker? Welche Macht kann er ausüben?«

Kolk stieß Annymon an und nickte zustimmend. Mit den bisherigen Äußerungen der galaktischen Intelligenz ließ sich wenig anfangen.

»Meine Freunde«, antwortete Tyar. »Ich kann euch keine dieser Fragen beantworten. Ihr müßt den Feind suchen, stellen und vertreiben. Setzt alle Kräfte ein.« Danach spürten die Vlahreser, daß der Kontakt unterbrochen war.

Das Gremium zog sich sofort zur Beratung in das Regierungsgebäude zurück. »Es ist wohl am besten«, sagte Kolk zu Annymon, »wenn ich meine Kernflotte startklar mache. Bist du mit von der Partie? In diesem Fall könnte ich einen Spitzenwissenschaftler sicher gut gebrauchen.« Der Grünhaarige schüttelte verstört den Kopf und wedelte unsicher mit drei Extremitäten. »Ich werde dich wohl begleiten müssen, denn es ist absehbar, daß das Gremium es verlangt. Dann kann ich gar nicht widersprechen, auch wenn ich den Keim für einen neuen Sproß in mir trage.«

Noch bevor die Sonne hinter dem Horizont versank, lag die Einsatzanweisung für Annymon vor. Um Mitternacht hatte er seine wichtigsten Geräte an Bord von Kolks Flaggschiff verstaut, und noch vor dem Morgengrauen startete die Kernflotte von Vlah. 192 Raumschiffe machten sich an den Weg zum Zentrum von Bars, um den Unbekannten zu stellen.

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*

Die Aufteilung der Zuständigkeiten stellte kein Problem dar. Kolk war der Kommandant der Kernflotte. Er besaß damit die Befehlsgewalt für alle Einsatzfragen der Raumschiffe. Annymon und seine Mitarbeiter nahmen als Sonderwissenschaftler eine Position ein, die nicht üblich war. Die Tätigkeiten dieser Gruppe beschränkte sich auf Untersuchungen, da das Gremium davon ausging, daß man mit herkömmlichen Methoden keine Spur des unbekannten Eindringlings finden würde. Daher besaß Annymon nun eine besondere Vollmacht, die in Extremfällen über der des Raumchefs zu sehen war.

Das langjährige Verhältnis zwischen den beiden Vlahresern ließ aber nicht erwarten, daß es zu Konflikten kommen würde. Kolk hatte das Gros seiner Schiffe vom Zentrum der Galaxis aus in alle Richtungen geschickt, um eine Spur des Gegners zu finden. Zu allen Einheiten bestanden ununterbrochen mehrfache Nachrichtenverbindungen, so daß in Kolks Flaggschiff alle Informationen sofort zur Verfügung standen. Dieses Schiff war eine Kugel von rund 2000 Metern Durchmesser. Es besaß keinen Namen, aber es war schon von Kolks Vorgänger Klatrask Tyar gewidmet worden. Ein großes Symbol auf der Außenwand verriet diese Tatsache.

In einer der Sektionen nahe der Polkuppel hatte Annymon sein Labor eingerichtet. Die modernsten Mentaltaster und Hyperenergiewandler standen den Wissenschaftlern zur Verfügung. Damit hoffte man den Gegner aufzuspüren. Die eigentlichen Sensoren waren außen auf der Hülle des Flaggschiffs montiert worden. Das hatten Roboter erledigt, und es hatte zwei Tage gedauert. Während dieser Zeit ereignete sich nichts Auffälliges. Auch die ausgeschickten Raumschiffe fanden keine Spur, die auf das fremde Wesen hinwies. Auf Vlah wurden die Mitglieder des Gremiums bereits unruhig. Da auch Tyar sich nicht mehr meldete, tappte man vollkommen im dunkeln. Das Gremium ließ Kolk diesen Umstand wissen, so daß dieser schließlich Annymon und dessen Leute aufsuchte. »Es tut mir leid, dich stören zu müssen«, begrüßte er den Wissenschaftler, der auf einem Bein stand und mit den anderen vier Extremitäten verschiedene Geräte bediente. »Hast du Neuigkeiten«, fragte Annymon zurück, »die mir helfen können?« »Mit dieser Frage bin ich zu dir gekommen. Das Gremium wird bereits unruhig, weil wir noch nichts erreicht haben.«

»Verständlich.« Annymon betätigte mehrere Schalter. Ein Bildschirm erhellte sich. Einige Dutzend verschiedenfarbige Linien wurden sichtbar. Sie liefen alle parallel und waagrecht über die Anzeige.

»Du mußt genau hinsehen, Kolk.« Der Wissenschaftler deutete auf den rechten Rand des Bildschirms. »Drei oder vier Niveaus neigen sich auf der Zeitachse nach unten.« »Du weißt, Annymon, daß ich von deinen Arbeiten nichts verstehe. Bitte erkläre mir, was das zu bedeuten hat. Ist es eine Spur unseres Feindes?«

»Vielleicht. Die Linien sind alle Energieniveaus von Bars, die wir kennen. Tyar steht vor allem in den oberen und blauen Werten, vermuten wir. In der Vergangenheit war es jedenfalls stets so, daß zu Zeiten größerer Aktivität Tyars diese Niveaus anstiegen. Jetzt sind sie normal und gleichbleibend. Ich schließe daraus, daß er noch nicht in wirklicher Gefahr ist.«

»Noch nicht? Was willst du damit sagen?« »Sieh dorthin!« Annymon wies mit einem Leuchtzeiger auf

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gelbe Linien am rechten, unteren Bildrand. Kolk erkannte ohne Mühe, daß hier mehrere Linien nach unten abgeknickt waren. Die Neigung war nicht stark, aber eindeutig vorhanden. »Diese Niveaus repräsentieren den Lebenswillen der einfachen Völker. Das Absacken verrät, daß hier ein Einbruch erzielt wurde. Das ist neu. Wir haben es noch nie beobachtet. Allerdings hatte ich bisher noch nie die Möglichkeit, exakte Messungen aus dem Mittelpunkt von Bars durchzuführen. Daher kann ich nicht mit Sicherheit sagen, ob unser Gegner der Verursacher ist.«

»Wenn er so mächtig ist, daß er Bars und Tyar gefährdet«, folgerte der Raumchef, »dann erscheint es mir unlogisch, etwas so Unwichtiges anzugreifen, wie es die geistige Substanz einfacher Völker darstellt.« »Du meinst, der Unbekannte sollte sich gleich auf uns Vlahreser stürzen?« Annymon lachte. »Das paßt in die Taktik einer Raumschlacht. Aber es paßt nicht in die Auseinandersetzung eines Körperlosen mit der umgreifenden Eigenintelligenz von Bars. Ich nehme an, daß unser Feind uns langsam von unten her aufrollen will. Er unterjocht erst die Schwachen, macht sie sich vielleicht gefügig, um Helfer zu haben, und dann wagt er sich Schritt für Schritt nach oben, bis er Tyar im Griff hat.«

»Das wäre ja furchtbar.« Kolk wirkte hilflos, denn eine solche Auseinandersetzung hatte wenig mit dem zu tun, wozu er ausgebildet worden war. »Was können wir tun?« »Zunächst nichts, als weiter beobachten. Ich hoffe, eine konkrete Spur unseres unheimlichen Gegners zu finden. Wenn das geschehen sollte, kannst du mit deinen Waffen zuschlagen.«

»Was kann ich dem Gremium mitteilen?« Annymon knickte zwei Arme ein, ein Ausdruck seiner Ratlosigkeit. Bevor der Flottenchef eine weitere Frage stellen konnte, trat Berschik, einer der Mitarbeiter Annymons heran.

»Eine merkwürdige Feststellung der Fernortung«, erklärte der Wissenschaftler und schwenkte mehrere Aufzeichnungsfolien in den Händen. »Ich weiß nicht, ob es etwas mit unserem Problem zu tun hat.«

»Laß sehen.« Annymon nahm die Protokolle an sich und studierte sie. Dann stieß er ein schmatzendes Geräusch des Staunens aus. Er winkte Kolk heran. »KJ-41 scheint sich zu bewegen. Wenn die Messungen stimmen, hat sie einen Sprung von einigen Millionen Lichtjahren gemacht. Wissenschaftlich betrachtet, ist so etwas unmöglich.«

»KJ-41?« Kolk reckte seinen Körper hoch. »Das ist doch eine der Nachbargalaxien von Bars?«

»Richtig. Ich habe es immer bedauert, daß Tyar nicht damit einverstanden war, daß wir eine andere Galaxis besuchen. Wir wissen nicht viel über andere Sterneninseln. Aber wir wissen, daß sie sich nicht mit Überlichtgeschwindigkeit bewegen können, und das hat KJ-41 getan.«

»Ich verstehe das nicht«, bekannte Kolk. »Ich auch nicht.« Annymon legte die Aufzeichnungen auf einen Tisch. »Vor allem verstehe ich nicht, warum sich KJ-41 genau auf Bars zubewegt hat. Es muß etwas bedeuten.« »Was können wir tun?« Der Raumchef war noch unruhiger geworden.

»Informiere das Gremium. Sie sollen versuchen, Tyar auf das Verhalten von KJ-41 aufmerksam zu

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machen. Mehr kann ich jetzt noch nicht sagen.«

Annymon ahnte Unheil, seine Gedanken waren bei dem Ungeborenen, aber das konnte er niemand mitteilen. Er blickte Kolk nach, bis dieser das Labor verlassen hatte.

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4.

Acht Stunden später lag eine Nachricht von Vlah vor, die Kolk direkt an Annymon weiterleitete. Tyar hatte sich gemeldet, aber keine Auskünfte zu den Fragen gegeben, die ihm gestellt worden waren. Das Gremium war der Ansicht, daß sich Tyar abkapselte. Auch auf heftigstes Drängen hatte er sich mit keinem Wort zu dem phänomenalen Verhalten der Galaxis KJ-41 geäußert.

Seine Mitteilung hatte folgenden Wortlaut: »Der Gegner heißt ARCHITEKT. Er wird in vier Stunden zum entscheidenden Schlag ausholen. Findet ihn! Vertreibt ihn!« »Ich brauche dich hier, Kolk«, bat Annymon. »Wir haben brisante neue Erkenntnisse.«

Sekunden später war der Flottenchef im Labor.

»Die Ereignisse überstürzen sich«, erläuterte der Wissenschaftler. »Es ist nicht nur die schockierende Information von Tyar, die mir Sorge bereitet. Die Energieniveaus knicken weiter ab. Auch neue Linien sind betroffen, die vor allem die hyperenergetische Stabilität von Bars betreffen. Und KJ-41 hat zwei weitere Sprünge gemacht. Es besteht kein Zweifel daran, daß der, den Tyar ARCHITEKT nennt, das Ziel verfolgt, KJ-41 nach Bars zu schaffen. Warum er das tut, wissen wir nicht.«

Kolk ließ sich die ausgewerteten Ergebnisse genau erklären. Die andere Galaxis stand nur noch knapp 200.000 Lichtjahre vom Rand der eigenen Galaxis entfernt, die selbst 80.000 Lichtjahre durchmaß und 15.000 Lichtjahre dick war. Nach kosmischen Maßstäben war das praktisch bereits eine Berührung, denn die Gravitationskräfte der beiden Sterneninseln traten schon in ein rasch wirkendes Wechselspiel.

»KJ-41 ist nur wenig kleiner als wir«, erklärte Berschik. »Etwa 75.000 mal 12.000 Lichtjahre. Das ist eine ideale Voraussetzung für eine Verbindung.«

»Eine Verbindung?« Kolk schrie die Frage heraus. »Was soll das bedeuten?« »Unsere Berechnungen haben ergeben, daß jemand, vermutlich dieser ARCHITEKT, versucht, mit zwei Galaxien eine besondere energetische Konfiguration zu erzeugen. Er schleust KJ-41 nach Bars.«

»Welchen Zweck könnte ein solches Wahnsinnsunterfangen haben?«

»Da sind wir auf Vermutungen angewiesen. Sie haben alle mit unserem Problem nichts zu tun, denn das liegt an einer anderen Stelle. Tyar wird die Verschmelzung mit einer anderen Galaxis nicht überstehen, und das ist die entscheidende Folge des Geschehens. Es wird zwar noch viele Jahre dauern, bis sich KJ-41 in Bars geschoben hat, aber die Ansätze sind schon jetzt erkennbar.«

»Können wir die Verschmelzung verhindern?« wollte Kolk wissen.

»Nein«, antwortete Annymon. »Es sei denn, wir beseitigen den Verursacher noch schnell genug.«

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»Wo ist er? Ich jage alle Flotten auf ihn.« Die Augen des Raumchefs hasteten über die Anzeigen.

»Dort ist er.« Annymon trat vor einen Bildschirm, auf dem die umgebenden Sterne dargestellt waren.

»Ich sehe nichts.« Kolk schüttelte sich. »Wir alle sehen nichts.« Annymon blieb gelassen, denn er wußte, daß er jetzt einen kühlen Kopf brauchte. »Aber wir haben ein paar energetische Streufelder aufgenommen. Noch habe ich das Gesamtsystem nicht erkannt, das sich hinter ARCHITEKT verbirgt, aber wir haben noch eine Chance.« »Die Zeit drängt.«

»Ich weiß. Alarmiere alle Schiffe, auch die Reserveeinheiten. Sie sollen sich zur Verfügung halten.«

Kolk winkte zustimmend und stürmte aus dem Labor.

»Du hättest ihm alles sagen sollen«, meinte Berschik, als die Wissenschaftler wieder allein waren. »ARCHITEKT weilt, wenn überhaupt, nur mit einem Viertel seines Ichs in unserer Nähe.«

»Besser ein Fragment als nichts. Setzt die Hyperspürer weiter ein, bis wir ein Ziel berechnen können.«

Mit Sorgen sah Annymon, daß KJ-41 erneut zu einer Transition ansetzte und dann mit seinen Ausläufern bereits in Bars war. Die Auswertung ergab, daß nun keine Sprünge mehr erfolgen würden. KJ-41 jagte aber weiter, jetzt zwar mit Unterlichtgeschwindigkeit, aber in einer absehbaren Anzahl von Jahren würde sie zur Gänze den Platz von Bars miteinnehmen.

Während die Assistenten sich weiter bemühten, die energetischen Streufelder des ARCHITEKTEN zu finden und danach so etwas wie einen Aufenthaltsort zu bestimmen, nahm Annymon eine Hochrechnung vor. Zunächst stellte er fest, daß KJ-41, die fast gleich geformt war wie Bars, also keinen sternenreichen Kern besaß, sich nicht als Scheibe in die eigene Galaxis schieben würde, sondern senkrecht dazu. Die Geschwindigkeit des Vorgangs war jetzt sehr hoch und lag über einem Dreiviertel der Lichtgeschwindigkeit. Aber diese Drift würde unter dem Einfluß der gegenseitigen Gravitation nachlassen. Bars und KJ-41 würden nach etwa 120 Vlah-Jahren ineinander verschmelzen und zum Stillstand kommen. Sie hätten dann die Form eines Kreuzes, denn die Randzone jeder Sterneninsel würden weit aus der anderen herausragen.

Diese Konfiguration bestätigte den Verdacht Berschiks, der gemeint hatte, hier würde jemand ganz besondere hyperenergetische Verhältnisse erzeugen wollen.

Annymon legte die berechneten Ergebnisse zu den anderen Unmengen von Auswertefolien. Vielleicht würde er sie noch brauchen. Jetzt galt es erst einmal, eine konkrete Spur des ARCHITEKTEN zu finden.

Sein Team und er arbeiteten verbissen und ohne Unterbrechung. Anrufe aus dem Leitstand Kolks

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wurden nicht mehr beantwortet, weil jede kleine Zeitspanne kostbar war. Annymon wußte, daß alle verfügbaren Verbände der Vlahreser auf den Einsatzbefehl warteten. Zwei Stunden später gelang der entscheidende Durchbruch. Aus den Veränderungen der Energieniveaus ließ sich ein Rückschluß auf den Aufenthaltsort des vermuteten Urhebers schließen. Die Berechnungen waren nicht sonderlich genau, aber es zeichnete sich ab, daß ARCHITEKT mit einem kleineren Teil seines Wesens eine Konzentration begann. Der Ort lag in dem Seitenarm von Bars, der KJ-41 zugewandt war. Es handelte sich um einen Abschnitt von etwa einem Lichtjahr Durchmesser, in dem sich ein Doppelsternsystem befand.

Annymon überprüfte noch einmal alle Berechnungen.

»Das Gros des ARCHITEKTEN ist nicht in Bars«, stellte er abschließend fest. »Vermutlich erstreckt sich dieses Wesen über eine große Distanz bis nach KJ-41. Es bildet aber einen geistigen Knoten. Das kann nur die Gefahr sein, vor der Tyar gewarnt hat. Wir sollten zuschlagen.«

Die Assistenten stimmten dem Wissenschaftler zu.

Annymon stellte eine Verbindung zu Kolk her. Auf lange Erklärungen verzichtete er. Da die Zeit drängte, machte er rücksichtslos von seinen Sondervollmachten Gebrauch. Zuerst übermittelte er die Koordinaten des berechneten Raumkubus.

»Alle Einheiten nehmen sofort Kurs auf diese Zone, in die selbst unter keinen Umständen eingedrungen werden darf. Zu einem Zeitpunkt, den ich noch nennen werde, sind alle verfügbaren Energien an diesem Ort zu entladen. Insbesondere ist das Doppelsternsystem, das keine bewohnten Welten besitzt, schnell aufzuheizen und in eine Doppelnova zu verwandeln.«

Kolk starrte Annymon nur aus großen Augen an und winkte zustimmend. Sekunden später waren alle Raumschiffe der Vlahreser auf dem Weg zu dem angegebenen Ziel. Die Wissenschaftler arbeiteten verstärkt weiter. Durch Tyars Aussage besaßen sie zwar einen zeitlichen Anhaltspunkt, aber dieser war nicht sehr genau. Die Messungen der Energieniveaus, so hoffte Annymon, würden mehr Aufschluß geben.

Doch es kam anders.

Die Flotte jagte Alarmmeldungen heraus, die zunächst heftige Verwirrung erzeugten, bis Kolk erkannte, was geschehen war. ARCHITEKT hatte zugeschlagen und mit geistiger Gewalt mehrere vlahresische Schiffe unter sein Kommando gebracht. Nun kämpften Vlahreser gegen Vlahreser. Die Flotte wurde so aus sich selbst heraus geschwächt. »Was soll ich tun?« fragte Kolk bei Annymon an.

»Der Zeitpunkt, an dem wir zuschlagen sollten, ist noch nicht erreicht«, entgegnete der Wissenschaftler. »Aber ARCHITEKT hat unsere Maßnahme durchschaut. Es gibt nur eine Lösung. Wir müssen ihn angreifen. Gib das Feuer frei auf die bezeichnete Raumzone und verwandle das Doppelsternsystem in eine Doppelnova.«

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Die Kommandos rasten durch die Galaxis Bars. Auf Vlah hoffte man auf eine Reaktion Tyars, aber die umfassende Intelligenz schwieg.

Die unter dem Kommando des Raumchefs verbliebenen Schiffe leisteten ganze Arbeit. Sie kümmerten sich nicht um die Angreifer aus den eigenen Reihen und setzten den festgelegten Plan in die Tat um. Das größte energetische Spektakel, das Bars je erlebt hatte, begann. Es währte fast eine Stunde, bis Annymon aufatmete. Die Energieniveaus begannen sich zu verschieben.

Draußen am Ort des Geschehens wurde es ruhiger, denn mehr und mehr kehrte bei den zwangsweise abtrünnig gewordenen Schiffen wieder der Normalzustand ein.

Annymon rief den Leitstand des Flaggschiffs.

»ARCHITEKT zieht sich zurück. Wir haben ihn geschwächt und in die Flucht geschlagen, aber wir konnten ihn nicht beseitigen. Wir müssen wachsam bleiben, auch wenn wir einen Sieg errungen haben.« »Du meinst«, fragte Kolk zurück, »das war nur der erste Schlag?«

»So ist es«, entgegnete Annymon, und erstmals spürte er deutlich, daß sich etwas unterhalb des Kopfes regte, dort wo die fünf Extremitäten aus dem Körper wuchsen. Er wußte, daß nun noch vielleicht 50 Tage vergehen würden, bis der Nachkomme das Licht der Welt erblickte.

»Keine guten Zeiten für eine Geburt«, sagte Annymon leise zu sich.

*

ARCHITEKT hatte in Bars eine Abfuhr erlitten. Tyar und seine treuen Vlahreser waren noch einmal stark genug gewesen, um den Körperlosen in die Schranken zu weisen. Das Gremium aus Vlah war sich der Lage dennoch bewußt, denn daß dies kein endgültiger Sieg gewesen war, stand fest. Insbesondere änderte sich nichts an dem merkwürdigen Verhalten der Galaxis KJ-41, die ihren Weg unbeirrbar fortsetzte.

Tyar schwieg mehrere Tage. Die Vlahreser fanden keine neue Spur ihres Gegners, und allmählich kehrte trotz der trügerischen Ruhe und der Gegenwart von KJ-41 wieder etwas Zuversicht ein.

Das Flaggschiff mit dem Symbol Tyars stand unverändert nahe dem Zentrum von Bars. Die Beobachtungsaufgaben dauerten unvermindert an, aber Veränderungen waren nicht feststellbar, wenn man von dem ständigen Annähern der anderen Sterneninsel einmal absah.

Dann meldete sich Tyar endlich. Er sprach gleichzeitig im Kontaktum auf Vlah zu den Angehörigen des Gremiums und zu der Besatzung von Kolks Flaggschiff.

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»Es gibt Neuigkeiten, meine tapferen Freunde, die euch vor neue Probleme stellen werden. Ich sehe eine lange und harte Zeit auf Bars zukommen, die noch mehr Kraft und Ausdauer verlangt, als ihr bisher gegeben habt. Auch solltet ihr andere Völker mit in die sich anbahnende Auseinandersetzung einbeziehen, denn allein werdet ihr die Lage nicht mehr beherrschen können. Die Anterferranter bieten sich an. Sie neigen zwar zu manch seltsamem Aberglauben, aber sie sind euch technisch fast ebenbürtig.

Es ist mir gelungen, etwas über KJ-41 zu erfahren. Diese Galaxis wird dort Farynt genannt. Sie wird von einem Wesen beherrscht, das sich Prezzar nennt, und das – ähnlich wie ich – mit seiner Sterneninsel identisch ist. Allerdings schätze ich Prezzar als bösartig ein. Wahrscheinlich praktizierte er mit dem ARCHITEKTEN. Prezzar ist ein Monstrum, das sich selbst und seine Völker aus einer Laune heraus verschachert hat, um dem Fremden einen sinnlosen Gefallen zu tun. So oder so ähnlich muß es sein. Die wahren Zusammenhänge sind auch mir nicht bekannt. Prezzar, das Monstrum, ist nun auch unser gemeinsamer Feind. Seine Intelligenz kann nicht sehr hoch sein. Wahrscheinlich handelt es sich nur um einen überspannten Instinkt, aber das macht diesen Gegner noch gefährlicher.

Die wahren Absichten des ARCHITEKTEN sind mir weiterhin unbekannt, aber sein nächster Schritt ist klar. Er lenkt Farynt in Bars. Er bringt uns dieses Krebsgeschwür. Ich weiß, daß ihr keine Möglichkeit habt, das Eindringen von Farynt oder KJ-41 zu verhindern. Sucht aber den Feind und schlagt ihn, wo immer es geht. Es wird ein langer Kampf werden, dessen Ausgang sehr ungewiß ist. Ich selbst werde auf meine Existenz achten müssen, aber vergeßt nie, daß ich ohne euch fast hilflos bin. Alle Verantwortung liegt damit bei euch. Ihr habt zwei klare Feinde, die ihr fassen könnt: Prezzar, das Monstrum, und Farynt, das Krebsgeschwür.

Verteidigt Bars!«

Wieder reagierte Tyar nicht auf Fragen. Erst viele Tage später wurde den Vlahresern schmerzlich bewußt, daß sich Tyar nie mehr melden sollte. Auch als die ersten Flottenverbände aus Farynt zum Kern von Bars vorstießen, waren die Vlahreser auf sich allein gestellt.

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5.

Wie bei allen öffentlichen Diskussionen üblich, waren auch diesmal die Lager gespalten. Daran würde sich nach Meinung des Astronomen Mitan auch nie etwas ändern. Sein Gegenspieler, die alte Bheynderin Djerbsch, dachte darüber freilich ganz anders, aber das tat sie nicht offen kund.

Das Interesse an den Diskussionen war seit einer Ewigkeit gleichbleibend groß. Die Streitgespräche stellten für viele Bheynder das Salz in der Suppe des Lebens dar, denn sie erhofften sich einmal den Durchbruch einer Seite. Außer Djerbsch gab es nur wenige offiziell bekannte Bheynder, die die Ausstrahlungen Prezzars empfingen. Man munkelte, daß sich viele Begabte aus dem öffentlichen Leben zurückgezogen hatten, weil sie nichts mit dieser Art von Wahrsagerei zu tun haben wollten. Andere Gerüchte besagten, daß die Regierung einen ganzen Stab von Verbindungspersonen zu Prezzar unterhielt, über den sie ihre Informationen bekam. Das glaubten allerdings nur wenige, denn viel wahrscheinlicher war es doch, daß mit dem Prezzar-Gehabe nur die Absichten der Machthaber verbrämt wurden. Immerhin bewirkte dies etwas bei der Bevölkerung, denn neben Prezzar gab es keine andere Gottheit.

Auch das mußte man mit Vorbehalt sagen, denn Andersgläubige zogen es vor, nicht offen in Erscheinung zu treten. Prezzar war das anerkannte Symbol für alles Jenseitige, und dagegen äußerte man sich besser nicht. Mitan war gut zwei Meter groß und kräftig gebaut. Wie die meisten angesehenen Persönlichkeiten strich er seine Haut mit einem Pflanzenfett ein, so daß diese noch dunkler wirkte. Schwarze Haut war ein unumstrittenes Schönheitssymbol.

Djerbschs Haut war dunkelbraun, an manchen Stellen fast grau. Sie war alt. Ihre Kleidung, lose gefaltete Tücher, unterschieden sich sehr von dem eleganten und eng anliegenden Einteiler Mitans.

Die beiden Kontrahenten saßen sich noch abwartend in dem großen Studiosaal gegenüber und belauerten sich. Die Aufnahmeteams bereiteten ihre Geräte vor, um das Streitgespräch zu allen bheyndischen Planeten zu übertragen.

Im Gegensatz zu dem äußeren Erscheinungsbild der beiden wirkte Mitan eher nervös. Seine Anhängerschrieben das dem Umstand zu, daß der Astronom nur selten an die Öffentlichkeit zu treten pflegte, während die alte Djerbsch schon einige Dutzend solcher Diskussionen hinter sich hatte.

Sie hockte mit geschlossenen Augen in ihrem Sessel und nahm nur ab und zu einen Schluck von dem Fruchtsaft, der vor ihr auf dem Marmortisch stand. Sie zeigte Gelassenheit und irritierte ihr Gegenüber damit noch zusätzlich.

Die ganzen Umstände brachten es mit sich, daß die Prezzarleserin (so wünschte sie bezeichnet zu werden, obwohl meist abfällig von einer »Wahrsagerin« gesprochen wurde) viel bekannter war als der Wissenschaftler. Das änderte jedoch nichts daran, daß große Teile der Bevölkerung gegen sie eingestellt waren. Auch in dem Saal machte sich dieser Unmut breit. Immer wieder brandeten Schmährufe auf, die dann wilde Gegendarbietungen der anderen Seite zur Folge hatten. Die Bheynder waren ein hochstehendes Volk, das am weitesten entwickelte der Galaxis Farynt überhaupt. Es handelte sich um

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negroide, also dunkelhäutige Hominide, die auf eine traditionsreiche Geschichte zurückblicken konnten. Die Hauptwelt Bheyn lag nahe dem Zentrum von Farynt und umkreiste eine blaue Riesensonne, die 51Planeten hervorgebracht hatte. Über die Hälfte davon waren in der jetzigen Blütezeit besiedelt. Daneben bestanden Kontakte zu unzähligen Kolonialwelten und zu vielen anderen Völkern von Farynt, die die Führungsrolle der schwarzen Zweibeiner anerkannten. Die Bheynder waren ein weises Volk. Sie machten kein großes Geheimnis daraus, daß sie allein in der Lage waren, mit Prezzar in Verbindung zu stehen.

Wer oder was Prezzar war, wußte eigentlich niemand genau. Die Prezzarleser äußerten sich nie darüber. Es schien sich dabei um ein Tabu oder schlicht um fehlendes Wissen zu handeln. Das Verhältnis der Völker von Farynt zu Prezzar war sehr verschieden. Anerkannt wurde dieses Wesen nahezu überall. Seine Existenz durchdrang die Sterneninsel. Einige Völker machten daraus eine Gottheit, andere ein Orakel, und wieder andere sahen darin so etwas wie einen Helfer in der Not. Djerbsch kannte diese Verhältnisse genau, und auch den Wissenschaftlern, die heute durch Mitan vertreten waren, waren diese Umstände geläufig. Die rationalen Forscher akzeptierten Prezzar. Sie widersprachen nicht seinem Anspruch auf Existenz, aber sie versuchten, ihn in eine Rolle zu drängen, die seine Bedeutung schmälerte.

Die Prezzarleserin wollte genau das Gegenteil davon. Sie empfing in unregelmäßigen Zeitabständen, die sie nicht beeinflussen konnte, Botschaften Prezzars. Daher glaubte sie nicht an seine Existenz wie die anderen. Sie wußte, daß Farynt von Prezzar ausgefüllt wurde. Er war allgegenwärtig, auch wenn nur eine Minderheit der Bheynder ihn spürte oder hörte. Bei den anderen Völkern waren Einzelwesen eine Seltenheit, die Prezzars Botschaften aufnehmen konnten.

Djerbsch und Mitan hatten beide um das öffentliche Streitgespräch gebeten, weil sie – jeder für sich – mit neuen Erkenntnissen aufwarten wollten.

Dem Astronomen standen die ersten Worte zu. Als er zu sprechen begann, legte sich die Hektik in dem Studiosaal.

»Bürger von Bheyn und den befreundeten Welten«, begann Mitan etwas theatralisch. »Ihr wißt, daß ichnur selten die Gelegenheit gesucht habe, in der Öffentlichkeit zu sprechen. Nun muß ich es aber tun, denn ich habe Beobachtungen gemacht, die unser Leben verändern können. Gleichzeitig sind diese Untersuchungsergebnisse meiner astronomischen Arbeiten dazu angetan, die Lügen der Wahrsager für immer zu verbannen.« Er mußte eine Pause einlegen, weil bei dem letzten Satz ein gellendes Pfeifkonzert ausbrach. Die Anhänger von Djerbsch rebellierten lautstark.

»Die Zweifler werden mich verstehen«, fuhr Mitan fort, als er sich wieder bemerkbar machen konnte. »Man will uns glauben machen, daß Prezzar, der vielleicht der Urvater unseres Volkes oder der Schöpfer von Farynt war, der aber heute längst nicht mehr lebt, ein und dasselbe sei wie Farynt. Niemand von uns kann Prezzar hören. Angeblich können das aber ein paar Wirrköpfe, wie diese alte Frau dort einer ist. Für jeden vernünftigen Bheynder ist klar, daß dies nichts weiter als Scharlatanerie ist.«

Djerbsch sprang aus ihrem Sessel auf und wandte sich erregt an das Publikum. Sofort richteten sich die Aufnahmegeräte auf ihren Kopf. Die wulstigen Lippen bebten, und die strähnigen Haare baumelten wild

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umher. Dann gab sich die Prezzarleserin einen sichtbaren Ruck und erklärte ganz ruhig: »Er soll zur Sache kommen oder schweigen. Wir haben nicht unbegrenzt Zeit.« Gejohle der Zustimmung und der Ablehnung schlug ihr entgegen. Sie beachtete beides nicht und setzte sich wieder hin. Plötzlich lag ein anderer Ton in der Luft. Er schwoll an und endete in drei Glockenschlägen. Das war das Erkennungssignal des Regierungssprechers, wie es nahezu alle Bewohner von Bheyn kannten. Es war noch nie vorgekommen, daß die offiziellen Stellen sich für diese Diskussionen interessierten. Sofort kehrte Ruhe ein.

»Tao-Apsant, der Regierungssprecher, wendet sich auf diesem ungewöhnlichen Weg an die Bevölkerung. Es liegt in unserem Interesse, daß das Streitgespräch zu einem schnellen Ende kommt. Mitan und Djerbsch mögen sich auf die Dinge beschränken, die eine wirkliche Aussage beinhalten, und auf alle Polemik verzichten. Ich danke allen Bürgern.« Die Augen des Astronomen weiteten sich. Für ihn war diese Durchsage nicht weniger überraschend gekommen als für die Zuhörer. Die Saalordner hatten Mühe, hitzige Reaktionen zu unterbinden.

»Du hast gehört, was Tao-Apsant möchte«, rief Djerbsch ihrem Gegenüber zu. »Komm endlich zur Sache!«

Mitan strich sich nervös über die Bekleidung und stand auf.

»Es ist etwas geschehen, das selbst für mich unbegreiflich ist«, sagte er dann. »Unsere Galaxis Farynt befindet sich nicht mehr an dem Ort, an dem sie einmal war. Sie hat einen Satz von 188 Millionen Lichtjahren gemacht. Meine Messungen sind von meinen Mitarbeitern mehrfach überprüft worden. Ein Irrtum ist ausgeschlossen, es sei denn, jemand käme auf die wahnwitzige Idee, Farynt wäre verharrt, und alle anderen Milliarden von Galaxien hätten sich in die gleiche Richtung verändert. Das war es, was ich euch mitteilen wollte. Es ist ungeheuerlich, und es beweist, daß es keinen Prezzar in der Form gibt, wie es diese Lügnerin uns weismachen will.« »Keine Polemik!« schrie ein Uniformierter aus der vordersten Reihe.

Mitan sank verzweifelt in seinen Sessel zurück.

Die Prezzarleserin zog ein Mikrofon zu sich heran.

»Meine Freunde«, begann sie und unterband gleichzeitig mit einer Handbewegung jegliche Zwischenrufe. »Mitan hat die Wahrheit gesagt, was Farynt betrifft. Daß er mich als Lügnerin hinstellen wird, ist eine andere Sache. Ich weiß, daß es nicht möglich ist zu beweisen, daß ich Prezzars Stimme höre. Das ist mein Nachteil. Ich kenne Prezzar als einen launischen und unberechenbaren Burschen, der in kein vergleichbares Schema paßt. Manchmal wirkt er wie ein verspielter Jagdtiger, manchmal wie einschnurrendes Kätzchen und manchmal wie der Herbstwind, der voller Übermut nach einem Opfer sucht. Ich weiß aus allem, was ich in meinem Leben von ihm gehört habe, daß er das personifizierte Wesen Farynt ist, obwohl er wohl nichts Faßbares an sich hat. Er ist nirgends und doch überall.«

»Sie soll auch zur Sache kommen«, schrie Mitan dazwischen.

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Djerbsch wartete, bis wieder Ruhe im Saal herrschte. Dann blickte sie traurig in ihr Aufnahmegerät und auf die unmittelbaren Zuhörer.

»Was ich euch soeben sagte, war das, wie ich Prezzar kannte«, setzte sie ihre Rede fort, »denn nach dem letzten Kontakt weiß ich nicht, ob ich Prezzar je wieder hören werde. Ihm ist etwas Furchtbares widerfahren. Er ist mehr ein verspieltes Kind oder ein halbintelligentes Tier, müßt ihr wissen. Daher konnte er sich nicht genau mitteilen. Sein Schrei erreichte mich in der letzten Nacht. Er riß mich aus dem Schlaf. Prezzar sagte: Farynt wird bewegt. Das will ich nicht!«

Das war eine Bestätigung der Worte Mitans, wie die Prezzarleserin sie schon eingangs angekündigt hatte. Die Zuhörer verstanden das. Wieder kam es zu tumultartigen Szenen.

Sie wurden übertönt von dem Signal des Regierungssprechers.

»Was weißt du noch darüber?« wollte Tao-Apsant wissen. Der Bheynder war nicht im Raum anwesend. Er hatte sich nur in die Angelegenheit eingeschaltet.

»Ich weiß«, erklärte Djerbsch mit fester Stimme, »daß ihr im Hohen Haus von Bheyn viele Prezzarleser besitzt. Und ich weiß, daß sie alle die Botschaft unseres gemeinschaftlichen Geistes nicht empfangen haben, denn Prezzar richtete diese persönlich an mich. Die anderen haben wohl vernommen, daß etwas geschah, aber der Inhalt wurde ihnen nicht offenbar. Ich betrachtete es als eine besondere Gnade, daß Prezzar mich in der Stunde seiner Sorge – als Empfänger auserwählt hat.« »Es ist besser«, verlangte Tao-Apsant über die Lautsprecher, »wenn wir die weiteren Gespräche im Regierungsgebäude führen.« Alle Anwesenden hatten das Gefühl, daß der Sprecher noch etwas sagen wollte, denn plötzlich waren nur noch Knacklaute zu vernehmen, zwischen denen Wortfetzen völlig unverständlich zu hören waren.

Nun schwappte die Volksseele endgültig über. Die Zuhörer sprangen von ihren Stühlen auf, schrien und gestikulierten. Anhänger und Gegner der Prezzarleser gerieten sich in die Haare. Einige versuchten die Bühne zu stürmen, wo Mitan hilfesuchend um sich blickte. »Komm zu mir!« Djerbsch streckte dem Wissenschaftler eine Hand entgegen. »Ich glaube, wir sollten unseren Streit vorerst begraben. Es geht um wichtigere Dinge.« Mitan zögerte.

»Dann paß einmal auf!«

Die Prezzarleserin streckte ihre Arme in die Höhe. Sie kümmerte sich in diesem Augenblick nicht darum, ob die Aufnahmeteams sie noch im Bild hatten. Das Chaos im Studiosaal war vollkommen, und es war nur eine Frage der Zeit, bis die Ordnungsdienste der Regierung für Ruhe sorgen würden. Diesem Moment wollte sie zuvorkommen.

»Prezzar!« Mitan und ein paar Bheynder in der unmittelbaren Nähe konnten ihre Worte hören. »Das ist der Augenblick, da du den Beweis liefern mußt!«

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Keine Sekunde später erloschen alle Lichter. Auch das Geschrei legte sich. Keiner wagte es noch, ein Wort zu sagen, denn jeder einzelne Bheynder spürte bis in die letzte Faser seines Körpers, daß etwas anderes gegenwärtig war.

Prezzar! Seine Stimme war wie das Fauchen eines Vulkans.

*

Ihr lausigen Narren! Ihr Wichte!

Warum habe ich euch unwürdigen Kreaturen zu solcher Blüte verholfen? Es muß eine Laune gewesen sein. Nun, da eine wirkliche Gefahr droht, verbeißt ihr euch an unwichtigen Kleinigkeiten. Niemand hat je verlangt, daß ihr denen glaubt, die meinen Willen vernehmen.

Was wollt ihr? Im Staub verrecken? Der Staub wäre zu schade, um eure Kadaver aufzunehmen!

Jemand hat Farynt bewegt! Ihr habt es nicht bemerkt! Ihr habt es nicht bemerkt! Ihr habt nichts dagegen unternommen, daß man mich gegen meinen Willen bewegt. Ihr habt versagt.

Ich könnte mit einer letzten Kraftanstrengung alle Sterne von Farynt in einem Punkt zusammenführen. Das wäre eine gerechte Strafe für euch, aber ich werde das nicht tun. Ich werde euch leiden lassen, so wie ich leide. Ihr Unwissenden, hört mir zu, denn vielleicht ist es meine letzte Botschaft an euch. Es gibt Milliarden und Abermilliarden von Galaxien in den endlosen Weiten des Universums. Fast alle tragen Leben in irgendeiner Form. Aber nur ganz wenige besitzen eine eigene Intelligenz. Ich selbst bin nach kosmischen Maßstäben eher ein Tier, denn mein Verhalten ist instinktiver Natur. Ich stehe an der unteren Schwelle einer Sterneninsel, die ein eigenes Scheinbewußtsein entwickelt hat. Und doch ist das mehr, als ihr verdient habt! Bereits vor sehr langer Zeit bemerkte ich, daß jemand an meiner Tür kratzte. Ich erkannte ihn nicht, und ich kenne ihn heute noch nicht. Aber er betrachtet mich als sein Haustier, und er gibt mir Befehle, denen ich gehorchen muß.

Ich habe gar keine andere Wahl. Vielleicht könntet ihr, die ihr euch für intelligent haltet, dem kleinen Instinkt Prezzar einen Gefallen tun? Ich habe euch doch auch immer beschützt. In Farynt gab es nie eine Nova, nie wurde Leben unnötig vernichtet.

Prezzars Stimme nahm einen fast weinerlichen Klang an.

Ich habe viele Vulkane erstickt, auch den, auf dem ihr ein Denkmal für mich gebaut habt. Oder waren das die Beneterlogen gewesen?

ER hat mir eine Halskette angelegt, würdet ihr sagen. ER zerrt mich dahin, wo er es will, nicht, wo ich es will.

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Farynt wird durch seinen und meinen Willen weitere Sprünge machen, die irgendwo enden werden. Mein Wille ist gebrochen. Vielleicht habe ich noch einmal die Chance, mit Djerbsch, der Treuen ...

*

Die Stimme erstarb in einem Gemurmel. Die Lichter flammten wieder auf, und die Bheynder standen wie gelähmt. Die Gegenwart Prezzars war von ihnen gewichen, aber der nachhaltige Eindruck von dessen Gegenwart würde sich wohl nie auslöschen. Vergessen waren die ursprünglichen Streitereien, von denen sich viele eine Sensation oder zumindest etwas Abwechslung und Unterhaltung erhofft hatten. Keiner sah in dem Geschehen einen Sieg für Djerbsch und eine Niederlage für Mitan. Prezzars Anwesenheit und seine Worte hatten solche Gedanken vergessen lassen.

Mitan reichte der alten Frau die Hand. »Ich glaube, es gibt für uns alle etwas zu tun.« Die Mikrofone funktionierten wieder. Jeder im Saal, auf Bheyn und den angeschlossenen Welten sah die Geste und hörte die Worte.

Stumm standen sich die beiden ehemaligen Streithähne gegenüber, und ohne Worte zollten die Anwesenden ihre Zustimmung. Als plötzlich aus einem Seitentor der Bühne Tao-Apsant auftauchte, begannen die Bheynder, den Saal zu verlassen. Die Regierung würde sich der Angelegenheit annehmen.

Auf dem Weg zum Regierungssitz erfuhren Mitan und Djerbsch, daß Prezzars letzte Worte überall auf Bheyn gehört worden waren. Auf den Kolonialwelten und bei den befreundeten Völkern glaubte man zwar noch teilweise an einen Schwindel, aber das würden die bheyndischen Botschafter schnell klären können.

»Es herrscht die höchste Alarmstufe«, erklärte Tao-Apsant. »Die Offiziellen sind zutiefst überrascht und beunruhigt. Das erste Anzeichen war das Abreißen des ohnehin einseitigen Kontakts von Prezzar zu unseren Beratern. Nun hat er sich uns allen gezeigt, und damit wissen wir auch, in welcher Krise wir stecken. Ein Ausweg ist nur möglich, wenn wir weiter schnell und genau die Position von Farynt verfolgen. Dafür brauchen wir Mitan. Unsere TPOs-Gehirne haben ferner berechnet, daß sich Prezzar, wenn er sich überhaupt noch einmal melden kann, bei dir, Djerbsch, zu erkennen geben wird. Daher brauchen wir dich. In dieser schweren Stunde muß jeder etwas zum Wohl der Bheynder beitragen.«

»Falsch«, sagte die Prezzarleserin. »Du meinst zum Wohl von Farynt. Oder etwa nicht? Hast du nicht erfaßt, was geschehen ist?«

»Die Regierung wartet auf euch«, wich Tao-Apsant aus.

*

Mitan wurden sämtliche Einrichtungen der Observatorien unterstellt, über die Bheyn verfügte. In einer Kommunikationszentrale, die in dem Trakt der Regierungssprecher lag, richtete er seine Kommandozelle

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ein. Als die ersten Auswertungen vorlagen, hatte Farynt bereits einen weiteren Sprung gemacht. Immerhin ließ sich so eine bestimmte Richtung erkennen, denn beide räumliche Veränderungen waren genau auf das gleiche Fiktivziel verlaufen.

Der Astronom trug seine neuesten Erkenntnisse persönlich vor den Ratsmitgliedern vor. »Farynt bewegt sich genau auf eine andere Galaxis zu, die nach unseren Katalogen die Bezeichnung DJ7MI hat. Wir haben inzwischen ein Viertel der ursprünglichen Entfernung überwunden.«

Die drei oberen Räte, krausköpfige, weißhaarige Bheynder, deren Namen man nicht aussprach, berieten sich kurz. Dann teilten sie ihre Frage dem offiziellen Sprecher mit, und der war seit den jüngsten Ereignissen Tao-Apsant.

»Man möchte wissen, welche Folgerungen du aus den Ereignissen ziehst.«

Mitan überlegte nicht lange. Ihn beseelte wie alle Bheynder der unbändige Wille, etwas zum Wohl Farynts zu tun. Er wußte, daß allein die Gefühle Prezzars dafür die Ursache waren, aber das änderte nichts an seinem Verhalten.

»Es sind zwei Dinge, die ins Auge stechen«, erklärte Mitan, und er redete hier sicherer als in dem Streitgespräch mit Djerbsch, bevor es zu der Wende durch Prezzar gekommen war. »Es bedarf keiner Hochrechnungen, um zu erkennen, daß sich diese Transitionen in gleicher Weise fortsetzen, wie bisher. Farynt wird sich DJ7MI weiter nähern und dann mit dieser Galaxis kollidieren.« »Eine Kollision wäre unser Untergang!« Einer der Räte sprang auf und sprach entgegen allen Gepflogenheiten persönlich zu dem Wissenschaftler.

»Nicht in der Form, wie du es dir vorstellst«, wehrte Mitan ab. »Wir kennen DJ7MI aus der Ferne sehr genau. Farynt und diese Galaxis werden, wenn sie nah genug sind, sich von allein ineinander schieben, denn ihre natürlichen Konstanten nach Gravitation, Aussehen, Form und Hyperkomponenten sind sich sehr ähnlich. Aber deswegen wird es zu keinem – oder fast keinem – Zusammenstoß von Sternen kommen, denn dafür sind die Kerne von Farynt und DJ7MI viel zu dünn mit Materie gefüllt. Die Katastrophe besteht in einem anderen Punkt. Wir sind nicht mehr wir. Und Prezzar ist nicht mehr Prezzar!«

Wieder berieten sich die drei Bheynder an der Spitze der Regierung.

»Welches ist der zweite Punkt, der dir auffiel?« lautete die Frage.

»Es entsteht bei mir der Eindruck, daß wir uns zu wenig darum kümmern, wo der Feind Prezzars ist. Dieser Feind ist auch unser Feind. Und er befindet sich irgendwo in DJ7MI. Vielleicht ist es sogar diese Galaxis selbst, denn Prezzar sagte ja, daß es Galaxien gibt, die eine höhere Eigenintelligenz besitzen als er.«

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Diese Worte Mitans, so ehrlich sie in diesem Augenblick auch gemeint waren, beeinflußten ganz entscheidend das weitere Verhalten der Bheynder. Ein Verdacht war entstanden, der den Gegner erkennen ließ. Daran hielten sich die Betroffenen fest. Und wenn einmal eine Meinung Fuß gefaßt hat, liebe Solaner, dann kann alles andere sie nur bestärken, auch wenn es ganz offensichtlich dagegenspricht.

Doch laßt mich weiter berichten und zügelt eure Unruhe. Ihr werdet das Universum eurer Väter noch erreichen. Die Zeit drängt nicht. Auch Djerbsch, die Alte, stellte die Weichen für die Zukunft. Das mag zum großen Teil daran gelegen haben, daß Mitan den Verdacht äußerte, DJ7MI – ihr habt natürlich längst erkannt, daß von der Galaxis Bars die Rede ist – der Verursacher des Übels war. Die Bheynder gingen ihren Weg, konsequent und logisch, so merkwürdig sie euch auch vorkommen mögen. Sie sahen nicht nur aus wie Menschen, sie handelten auch so – auch wenn ihre Hautfarbe mit dem dunklen Ton nach meinem Geschmack etwas hübscher war als mein fahlrosa-hellgrüner Körper. Sie gingen ihren Weg, wie die Vlahreser ihn gingen, weil sie gar nicht anderes konnten.

Auch ihr, meine Solaner, könnt im Augenblick nur den Weg gehen, der einmal eingeleitet ist. Anti-ES hat die Weichen gestellt, aber es ist nicht mehr da. Es wird aber wiederkommen, und dann kann euch allen das, was ich euch aus dem Kosmischen Epos von Farynt und Bars, von Prezzar und Tyar, berichte, vielleicht helfen – ohne mir zu helfen, denn dann dürfte ich nicht darüber sprechen. Ich spüre die wachsende Ungeduld in euch. Also wenden wir uns der zweiten zentralen Figur der Bheynder zu, die gar seltsame Dinge erlebte.

Djerbsch, die alte »Wahrsagerin«. (Von ihr habe ich übrigens das meiste Wissen um die Geschehnisse in Farynt, denn zu der Zeit, als all dies geschah, hatte mich Atlan noch lange nicht aus dem Quasileib Anti-ES’ geschnitten).

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6.

Der Hohe Rat gesellte Djerbsch einen jungen Bheynder namens Ybag zu, der angeblich das Vertrauen der Regierung genoß und auch schon mehrmals die Stimme Prezzars gehört hatte. Die alte Prezzarleserin hatte den Verdacht, daß man ihr noch nicht recht traute, aber das ließ sie kalt. Da Ybag sie nicht behinderte, ließ sie ihn gewähren. Ansonsten entpuppte sich der junge Mann als äußerst hilfsbereit und beflissen. Er versuchte, Djerbsch den Aufenthalt im Regierungsgebäude so angenehm wie möglich zu machen, indem er sich um Nahrungsmittel und Getränke kümmerte und sie ferner über alle Ereignisse ständig informierte, die von Bedeutung sein konnten.

Djerbsch erkannte so schnell, daß der Hohe Rat von ihr weitere Kontakte mit Prezzar erhoffte. Sie selbst wünschte sich das auch, aber beeinflussen konnte sie das nicht. Es grenzte für sie schon an ein Wunder, daß Prezzar sein vages Versprechen gehalten und sich im Sprechsaal zu einem Zeitpunkt gemeldet hatte, den sie praktisch gewollt hatte. Der Hohe Rat war plötzlich sehr interessiert an allen Einzelheiten, die Djerbsch bei den letzten Lesungen von Prezzars Stimme gehört hatte. Viel Neues konnte sie dazu nicht sagen. Ybag berichtete auch von den Vermutungen Mitans, nämlich daß der eigentliche Feind womöglich mit der Galaxis DJ7MI identisch sei, der man sich in unregelmäßigen Zeitabständen sprungweise näherte. Für Djerbsch waren diese äußeren Ereignisse nur schwer vorstellbar, denn sie hatte sich nie in ihrem Leben mit astronomischen Belangen befaßt. Sie wartete ruhig in dem Raum, den man ihr zugewiesen hatte. Ihre Sinne waren geöffnet für die Stimme Prezzars, aber zunächst ereignete sich nicht das geringste, was erwähnenswert gewesen wäre.

Auch die weiteren Sprünge von Farynt nahm die Alte gelassen zur Kenntnis. Einmal vermeinte sie dabei etwas zu spüren, was sie für sich als das »Aufbäumen eines ungezogenen Kleinkinds« bezeichnete, aber die Aussage war zu schwach, so daß sie sie gar nicht an Ybag weitermeldete.

Als Farynt am Rand der fremden Sterneninsel stand, waren die Raumflotten der Bheynder startbereit und auch die der befreundeten Völker. Immer mehr verbreitete sich der Gedanke, daß die fremde Galaxis der Feind aller Völker von Farynt war. »Die Regierung verlangt«, sagte Ybag eines späten Abends zu der Prezzarleserin, »daß du Kontakt mit dem Geist von Farynt herstellst. So hat man mir es aufgetragen, es dir zu sagen. Die Wahrheit ist, daß die Herrn dort oben durch den Anblick der fremden Sterne total verunsichert sind. Sie wollen, daß etwas geschieht.«

»Ich kann sie gut verstehen.« Die Alte kicherte. »Aber ich bezweifle, daß Prezzar sich etwas von mir vorschreiben läßt. Sage dem Rat, daß ich es versuchen werde. Vielleicht beruhigt das die Leute.«

Tatsächlich setzte sie sich in ihren Sessel, als sie wieder allein war, und richtete ihre Gedanken in die Ferne. Von der Allgegenwart Prezzars war nichts zu spüren. Für Djerbsch war es, als sei der entscheidende Teil von Farynt verstorben.

Sie tastete weiter und stieß plötzlich auf etwas. Automatisch identifizierte sie Prezzar. Er wirkte fremd und verschlossen, aber auch ängstlich und neugierig.

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Mit aller Gewalt richtete sie ihre Gedanken an ihn. Das Echo wurde von Minute zu Minute stärker, aber noch ließen sich keine einzelnen Informationen erkennen. Djerbsch drängte und drängte. Schweißperlen traten auf ihre Stirn, aber sie gab nicht nach.

Dann endlich empfing sie klare Worte, die wiederum nur an sie gerichtet waren. »Was willst du von mir, du böser Geist? Hast du nicht schon genug Unheil angerichtet? Entferne dich!«

Der Kontakt brach schnell wieder ab. Djerbsch sank in sich zusammen, denn die Worte Prezzars hatten die letzten Träume in ihr zerstört. Der Allgeist von Farynt mußte wahnsinnig geworden sein, wenn er seine treueste Dienerin nicht mehr erkannte. Sie rief nach Ybag und berichtete ihm von dem Erlebnis. Der junge Mann sagte nichts und eilte zu den Räten.

Djerbsch war mit sich und ihrer Verzweiflung allein. Sie vermutete, daß Prezzar etwas Schreckliches widerfahren war, denn er hatte so fremd und anders geklungen.

Lange brauchte sie nicht zu warten. Die drei Hohen Räte, Ybag und zwei Bheynder, die sie noch nie gesehen hatte, erschienen bei ihr. Der junge Mann fungierte wieder als Sprecher.

»Die TPOs-Gehirne haben interessante Dinge berechnet«, begann er. »Zunächst besteht der Verdacht, daß du gar keinen Kontakt mit Prezzar hattest. Ferner ...«

»Was soll das heißen?« brauste die Alte auf. »Ich bin doch keine Lügnerin!« »Natürlich nicht«, beeilte sich Ybag zu sagen. »Laß es dir bitte erklären. Die Rechengehirne vermuten, daß du mit einem anderen Wesen korrespondiert hast.«

»Mit einem anderen?« Djerbsch sank in ihren Sessel zurück.

»Ja, mit der Intelligenz von CJ7MI.« »Das wäre ungeheuerlich, aber es könnte tatsächlich so sein«, gab die Prezzarleserin zu. »Aber warum meldet sich Prezzar nicht?« »Weil er bereits von der DJ7MI-Intelligenz unterdrückt wird, vermuten die TPOsGehirne«, sagte Ybag, und die Hohen Räte nickten zustimmend.

»Das könnte stimmen.« Djerbsch seufzte. »Die Regierung ist zufrieden«, fuhr der junge Mann fort, »daß du diesen verständlichen Irrtum schnell einsiehst. Daraus ergeben sich weitere Folgerungen. Wir müssen versuchen, mehr über diesen Gegner in Erfahrung zu bringen. Es wäre wünschenswert, wenn du noch einmal versuchst, einen Kontakt herzustellen.«

»Im Augenblick bin ich dazu nicht in der Lage«, bekannte die Alte.

»Das sieht der Hohe Rat ein.« Wieder nickten die meist schweigsamen Männer, deren Namen nicht benutzt werden durften. »Es gibt aber noch einen anderen Weg. Du hast selbst gesagt, daß du zunächst

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unklare Informationen empfangen hast. Diese könnten mit Hilfe von Hypnose aus deinem Unterbewußtsein ans Tageslicht geholt werden. Der Rat wünscht, daß du freiwillig diesem Vorschlag zustimmst.«

»Daß ich freiwillig zustimme«, kicherte die Alte. »Es soll wohl ein Befehl sein.« Die drei alten Herrn wurden nervös. Ybag wußte nicht mehr, was er sagen sollte. »Mein Name ist Terfon«, griff einer der beiden Unbekannten in das Gespräch ein. »Ich bin Hypnotiseur wie mein Kollege Sarfon. Du kannst ganz beruhigt sein. Wenn du der Prozedur nicht zustimmst, wäre jeder Versuch von unserer Seite sowieso sinnlos.« »Dann fangt an.« Djerbsch war unzufrieden, aber sie willigte ein.

Auf ein Zeichen von Terfon und Sarfon zogen sich die anderen an den Rand des Raumes zurück. Die Prezzarleserin lag entspannt in ihrem Sessel. Sarfon bediente eine mehrfarbige Lampe, während sein Kollege das Zimmer abdunkelte.

Dann spielten verwirrende Lichtmuster um den Kopf der Alten. Terfon murmelte ununterbrochen seltsame Worte und strich Djerbsch dabei über die Augen.

Wenig später wandte er sich an die Hohen Räte.

»Ihr könnt sie nun befragen. Der Zustand wird einige Minuten anhalten, also empfiehlt es sich, gleich auf den Kern der Sache zu kommen.«

»Hinaus!« bellte einer der grauhaarigen Räte. »Du auch, Ybag.«

Die Hypnotiseure und der junge Mann verschwanden. Die Räte und die hypnotisierte Prezzarleserin waren allein.

Der Wortführer der drei Männer begann mit dem Verhör.

»Zweifelst du an der Existenz Prezzars?« »Nein, aber ich habe seit ein paar Tagen das Gefühl, daß er nicht mehr bewußt lebt.« »Was hast du von dem anderen Wesen erfahren, mit dem du zuletzt in Kontakt gestanden hast? Wie heißt dieses Wesen? Was beabsichtigt es?«

Schweißperlen bildeten sich auf der Stirn der Alten. Ihre Worte kamen stockend und leise.

»Tyar ... das ist sein Name ... er fürchtet einen Angriff aus Farynt ... Vorbereitungen treffen, wenn die andere Galaxis da ist ... Krebsgeschwür und Monstrum ... Verschmelzung der Sterneninseln ... aus Bars wird Bars2-Bars ... seltsamer Kontakt ... doch nicht etwa ...«

Die Stimme brach ab. Djerbsch öffnete die Augen und sagte klar und ganz deutlich: »Das war alles. Die Hypnose ist beendet.« Die drei Männer schwiegen, und ohne ein weiteres Wort verließen sie den Raum.

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*

Die Auswertung dauerte diesmal etwas länger. Djerbsch war allein. Sie wußte auch nicht, ob man sie über die Ergebnisse der Berechnungen der TPOs-Gehirne weiterhin informieren würde.

Die Anstrengungen der letzten Stunden waren groß gewesen, und so legte sie sich für einige Zeit schlafen.

Als der Türsummer sie weckte, stand Mitan im Eingang. Der Astronom sah auch übermüdet und mitgenommen aus.

»Sie haben mir die Erlaubnis gegeben, dich zu besuchen«, erklärte er matt. »Ich hoffe, mein Erscheinen ist dir nicht unangenehm.« Djerbsch schüttelte zustimmend mit dem Kopf und bemerkte, wie die Augen Mitans unruhig über die Wände und Decken strichen. »Suchst du etwas?« wollte sie wissen. »Ich rechne damit, daß man uns beobachtet und belauscht«, flüsterte Mitan. »Warum sollte man das tun?« Djerbsch stand auf und strich ihre wirre Kleidung glatt. »Sie mißtrauen uns.«

»Wer?«

»Die Leute von der Regierung. Ich wurde gegen meinen Willen unter Hypnose verhört.« »Hast du denn nicht alles gesagt, was du weißt?«

»Doch, doch.« Stöhnend nahm der Mann in dem angebotenen Sessel Platz. »Aber man hat wohl mehr oder etwas anderes erwartet. Weißt du, wie der aktuelle Stand der Dinge ist?«

Er wartete keine Antwort der Frau ab und fuhr fort:

»Farynt hat seine letzte räumliche Versetzung durchgeführt. Nun rast unsere Galaxis in DJ7MI hinein. Daran wird sich zunächst nichts ändern. Die beiden Sterneninseln werden miteinander verschmelzen und so zum relativen Stillstand kommen. Ich habe das aus den astronomischen Berechnungen bestimmt, aber man glaubt es nicht. Die TPOs-Gehirne der Regierung sind zu einem anderen Ergebnis gekommen, weil sie meine Aussagen nicht beachten durften.«

»DJ7MI heißt in Wirklichkeit Bars«, antwortete die Prezzarleserin. »Ich stand kurz in Verbindung mit der Eigenintelligenz dieser Galaxis. Sie wird Tyar genannt.«

»Interessant, Djerbsch. Was hast du noch erfahren?«

Die Alte berichtete, was sie wußte. »Ich sehe eine furchtbare Entwicklung voraus«, meinte Mitan dann. »Es ist zwar nur ein verschwommenes Bild, aber der Trend ist eindeutig. Der Haken an der Geschichte ist, daß man mir keinen Glauben schenkt. Das gilt für die Berechnungen des weiteren Verhaltens von

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Farynt ebenso wie für die andere Aussage.«

»Welche andere Aussage?«

»Es ist kosmisch gesehen unmöglich«, behauptete Mitan, »daß zwei Galaxien sich gezielt aufeinander zu bewegen. Das gilt auch für den Fall, daß beide die sehr seltene Form eines Eigengeists besitzen. Es muß noch eine andere Kraft eine Rolle spielen.« »Ich zweifle nicht an deinen Worten, Mitan«, sagte Djerbsch.

»Du nicht!« Der Astronom lachte verzweifelt auf. »Der Hohe Rat behandelt mich, als sei ich ein Verräter. Und das nur, weil ich der erste Bheynder war, der die Veränderungen von Farynt bemerkt hat.«

»Angenommen, es gibt eine andere Kraft, die für alles verantwortlich ist«, versuchte die Prezzarleserin zu folgern. »Dann muß sie auch irgendwo vorhanden sein.«

»Da kann ich dir nicht helfen. Ich bin nur Astronom und kein Galaktowissenschaftler. Die haben dem Hohen Rat weisgemacht, daß DJ7MI oder Bars der Verursacher des Übels ist. Und du hast das offensichtlich durch deinen Kontakt mit Tyar noch verstärkt.« Wieder erklang der Türsummer. Es war Ybag, der ebenfalls verwirrt erschien. »Gut, daß ihr beide hier seid«, sagte der junge Mann. »Es gibt Neuigkeiten. Die TPOsGehirne haben eindeutig berechnet, daß Bars unser wirklicher Feind ist. Diese Galaxis will sich Farynt einverleiben und alle Völker unterjochen.«

»Das ist ein Irrtum«, widersprach Mitan. »Du wärst gut beraten«, meinte Ybag, »so etwas nicht zu laut zu sagen. Man könnte es dir verübeln.«

»Es ist Unsinn«, beharrte der Wissenschaftler. »Es gibt noch eine andere Kraft, und die ist unser Feind. Djerbsch!«

Die alte Frau schwieg.

»Ich gebe euch einen guten Rat«, fuhr Ybag fort. »Ich selbst habe die Stimme Prezzars schon gehört. Ich weiß, daß er launisch und unberechenbar ist, aber ich kenne ihn. Ich weiß aber auch, daß die Hohen Räte der Regierung hilflos sind, weil ihre heimlichen Prezzarleser versagen. Der Geist unserer Galaxis hat uns stärker geleitet, als es den meisten Bheyndern je bewußt war. Nur die wenigen Prezzarleser wußten das, und sie arbeiteten fast alle ausschließlich für den Rat. Djerbsch ist den Regierungsleuten ein Dorn im Auge, weil sie stets eigenbrötlerisch blieb. Und in der jetzigen kritischen Situation ist ausgerechnet sie es, die nicht vollkommen versagt. Das erzeugt Unwillen. Mein Rat an euch ist, verschwindet, so lange es noch geht.«

»Das wäre Verrat«, lehnte Djerbsch entschieden ab. »Dafür sehe ich keinen Grund.« »Du verkennst die Zeichen der Zeit. Du weißt nicht, was die stummen Räte untereinander sagen, wenn sie allein sind. Sie nennen dann sogar ihre Namen, denn es stimmt nicht, daß sie namenlos sind.«

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»Es ist mir egal«, meinte Mitan, »was mit mir geschieht. Ich habe nicht ein falsches oder unwahres Wort gesagt.«

»Doch, Mitan. Das hast du. Du warst es, der den ersten Verdacht äußerte, DJ7MI könnte unser Feind sein«, widersprach Ybag. »Jeder weiß, daß ich zu jenem Zeitpunkt keine vollständigen Daten besaß. Man kann mir die Schuld nicht dafür geben, daß die Regierung sich nun weigert, Tatsachen anzuerkennen.«

»Es geht wohl nicht um die Schuldfrage.« Djerbsch wirkte sehr nachdenklich. »Sie wissen, daß da ein Feind ist, aber sie können ihn nicht packen. Es spielt auch nur eine untergeordnete Rolle, ob dieser Feind Tyar oder Bars oder anders heißt. Sie suchen ein Opfer, um etwas gegen ihre eigene Verwirrung und Unsicherheit zu erreichen.«

»So ist es«, bestätigte der junge Mann. »Und die ersten Opfer werdet ihr sein, weil ihr das alles ausgelöst habt. Ich weiß, daß das unsinnig und unlogisch ist, aber es ändert nichts an den Tatsachen.«

»Wie dem auch sei«, entschied die Prezzarleserin. »Wir bleiben. Es wäre nett von dir, Ybag, wenn du uns weiter informieren würdest.«

»Versprochen. Es gibt noch ein paar Leute, die auf meiner Seite sind. Merkt euch die Namen Chlab und Errentyr.«

Mit diesen Worten verließ Ybag den Raum. »Ich verstehe das alles nicht«, klagte Mitan und starrte auf die geschlossene Tür. »Was soll nun geschehen?«

Als die Alte nicht antwortete, drehte sich der Astronom um.

Djerbsch lag zurückgelehnt in ihrem Sessel und hatte die Augen geschlossen. Ihre Handflächen zeigten auf Mitan, und dieser spürte die Ausstrahlung und ihre Bedeutung. Die Prezzarleserin hatte wieder Kontakt!

*

Die Generalmobilisierung der bheyndischen Welten vollzog sich innerhalb kürzester Zeit, obwohl es noch zu keinem Kontakt mit den Völkern von Bars gekommen war, weil sich erst eine Randzone in die andere Galaxis schob. Auch gab es noch keinen schlüssigen Beweis dafür, daß die andere Sterneninsel überhaupt intelligentes Leben trug. Man glaubte alle möglichen Anzeichen zu erkennen, die die TPOs auswerteten. Die Ergebnisse stimmten fast alle überein, so daß die letzten Zweifel ausgeräumt waren.

Bars, die fremde Sterneninsel mit der Intelligenz Tyar, war der Urheber allen Übels. Gegen diese galt es zu kämpfen, koste es, was es wolle. Nur dann würde Prezzar wieder frei denken können, und nur dann

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wäre die Zukunft der Bheynder gesichert.

In Hochrechnungen wurden bereits Raumschlachten simuliert, fremde Völker erfunden, und ins Kalkül gezogen. Plötzlich waren auch Namen vorhanden, von denen keiner genau wußte, wie sie entstanden waren. Es kümmerte sich auch kein Verantwortlicher darum, wer die Begriffe erschaffen hatte, ob es die TPOsGehirne gewesen waren oder die Bheynder. Noch vor den ersten Kontakten mit dem Feind wußte man, daß sich dieser eines starken Volkes bediente, das die Vlahreser genannt wurde. Daneben sollte man aber auch die Anterferranter im Auge behalten. Ihres guten Geistes Prezzar beraubt, handelten die Bheynder schnell und konsequent, aber letztlich doch kopflos und blind. Sie sahen nur noch ein Ziel vor Augen und verfolgten dies verbissen, bevor es konkrete Formen angenommen hatte.

Alternativen und Irrtümer waren ausgeschlossen. Dafür sorgten auch die hochwertigen Rechengehirne. Daß deren Programme von Bheyndern gemacht worden waren, bedachte niemand.

Die ersten Kundschafterschiffe wurden in das feindliche Gebiet geschickt. Es dauerte nicht lange, bis sie auf die ersten fremden Raumfahrer stießen. An Verhandlungen dachte niemand, auch die Gegenseite nicht. Jeder wußte nur zu genau, daß der andere das Böse war, und jeder lebte und handelte mit dem Gedanken und Willen, daß dieses Böse entfernt werden mußte.

Noch bevor Farynt und Bars sich zu einem Zehntel überlappt hatten, entbrannte ein erbitterter Kampf.

*

Djerbsch schlug die Augen auf.

»Bitte rufe Ybag oder den Hohen Rat«, ersuchte sie Mitan. »Es gibt Neuigkeiten. Prezzar hat sich bei mir gemeldet.«

»Ich weiß nicht«, zögerte der Astronom, »ob es in Anbetracht der Umstände klug ist, alles zu verraten, was du weißt. Wir sollten uns erst darüber unterhalten.«

»Die Zeit drängt«, wehrte die Prezzarleserin ab. »Da helfen nur die Offiziellen.« »Denk an Ybags Warnungen! Was hat Prezzar dir mitgeteilt?«

Sie sah ein, daß Mitan nicht nachgeben würde.

»Er ist ein Gefangener eines mächtigen Wesens, das ohne Galaxis existiert. Wie das sein kann, ist mir unbegreiflich. Dieser Mächtige heißt ARCHITEKT. Er kommt von weither, und er ist der eigentliche Verursacher der Verschmelzung von Farynt und CJ7MI. Warum ARCHITEKT das macht, konnte Prezzar auch nicht sagen. Er hatte nur ein paar Minuten Zeit für den Kontakt, in denen der andere abgelenkt war. Jedenfalls ist die Meinung des Rates ganz falsch, die andere Sterneninsel oder deren

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Eigenbewußtsein sei unser Feind.« »Das bestätigt meine Berechnungen«, triumphierte der Astronom. »ARCHITEKT ist die fehlende Kraft! Er ist unser Feind und damit womöglich auch der Feind der vermuteten Völker von Bars.«

Djerbsch nickte.

Im gleichen Moment wurde die Tür von außen aufgestoßen. Völlig blutüberströmt taumelte Ybag in den Raum. Hinter ihm tauchten gepanzerte Uniformierte und mehrere Regierungsroboter auf. Im Nu waren Mitan und Djerbsch umringt.

Einer der Häscher des Hohen Rates trat vor die beiden.

»Euer Verrat ist durchschaut, Mitan und Djerbsch. Ihr seid Gefangene. Ihr habt euch exakt auf die Lügen gestützt, die der Haupt-TPOs berechnet hat. Damit steht fest, daß ihr mit Tyar und Bars und den Vlahresern unter einer Decke steckt. Das Urteil wurde bereits verkündet. Eure Hinrichtung durch den Konverter findet morgen statt.«

»Aber das ist doch alles nicht wahr!« begehrte Mitan auf.

Die stählerne Faust eines Roboters brachte ihn schnell zum Schweigen.

Die Wachen verließen den Raum. Diesmal rasteten draußen schwere Riegel ein. »Wir müssen uns um Ybag kümmern«, sagte die Prezzarerhalterin müde und beugte sich zu dem Bewegungslosen hinab. Mitan starrte noch immer mit gläsernen Augen auf den verriegelten Ausgang.

»Wir hätten auf ihn hören sollen«, murmelte er niedergeschlagen. »Vor ein paar Stunden wäre unsere Flucht noch möglich gewesen.« »Mach dir keine Vorwürfe, alter Sternengucker«, meinte Djerbsch. »Wir mußten bleiben.«

Ybag starb in der gleichen Nacht an seinen Verletzungen, ohne noch einmal zur Besinnung zu kommen. Die gepanzerten Uniformierten holten ihn wenige Stunden vor Morgengrauen ab.

Die beiden Gefangenen waren allein und warteten auf ihre Hinrichtung. Prezzar meldete sich nie mehr.

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7.

Die Kämpfe in Bars brandeten zur gleichen Zeit an mehreren Orten auf. Auf Vlah brauchte das Gremium zwei Tage, um die Lage zu überblicken. Dann wußte man Bescheid. Was anfangs wie das eher zufällige Zusammenstoßen mit den Fremden von Farynt ausgesehen hatte, entpuppte sich bald als ein wohlüberlegt ausgedachter Angriffsplan, der zwei Ziele hatte.

Einerseits wollte der Gegner erkunden, andererseits durch seine rücksichtslose Vorgehensweise seineStärke und Entschlossenheit demonstrieren, um auch ein psychologisches Übergewicht zu bekommen.

Aus den Einzelaktionen ergab sich ein klares Bild. Die Bheynder suchten in erster Linie nach dem Zentrum aller Zivilisationen von Bars, und das war zweifellos Vlah. Das Gremium faßte schnelle Entschlüsse. Es galt, die wichtigsten eigenen Planeten und insbesondere Vlah zu schützen und gleichzeitig auf breiter Front die Angreifer zurückzuschlagen. Eine Spezialeinheit unter dem Kommando des Raumchefs Kolk erhielt einen Sonderauftrag, nämlich nach der Ursprungswelt der Bheynder zu forschen. Als der Vlahreser diesen Auftrag empfing, eilte er zu Annymon, der noch immer von Bord des Flaggschiffs aus seine energetischen Messungen durchführte.

»Nichts Neues, Kolk«, begrüßte ihn der Wissenschaftler. »Die Niveaus geben keinen Hinweis darauf, ob Tyar noch existiert. Unsere Linien beginnen, mit denen von Farynt zu verschwimmen. Ich habe große Schwierigkeiten bei der Analyse.«

»Was hältst du davon«, fragte Kolk vorsichtig. »Wenn du mein Schiff verläßt und Berschik dein Kommando übergibst?« Annymon antwortete nicht sofort. An den Bewegungen seiner vier freien Arme konnte der Raumchef die Unsicherheit ablesen, die seinen Freund ergriff.

»Da steckt etwas dahinter«, vermutete der Grünhaarige.

»Natürlich.« Kolk berichtete von dem Auftrag, den er vom Gremium erhalten hatte. »Die Sache ist nicht nur sehr gefährlich«, schloß er, »der Ausgang ist ungewiß, und es kann Monate dauern, bis wir zurück sind.« »Du willst etwas ganz anderes sagen«, entgegnete Annymon. »Du denkst daran, daß ich irgendwann in den nächsten Tagen mein erstes Kind haben werde. Du möchtest, daß dies ohne widrige Umstände geboren wird, nicht wahr?«

Es war typisch für Annymon, seine Sätze mit »nicht wahr« zu beenden, wenn er verlegen war.

Kolk knickte zustimmend zwei Arme ein. »Wir haben eine schwere Aufgabe«, erklärte Annymon entschieden. »Ich bleibe an Bord. Wenn du in den Kern der anderen Galaxis vorstößt, wirst du mich brauchen, denn dort werden die neuen Energieniveaus überwiegen, und die können meine Assistenten, so tüchtig sie auch sind, ohne meine Hilfe nicht auswerten.«

»Ich weiß nicht«, entgegnete Kolk vorsichtig, »ob ich mich über deinen Entschluß wirklich freuen darf,

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aber ich akzeptiere ihn.« »Wann starten wir?«

»Sobald ich im Kommandostand bin, Annymon. Bitte laß mich wissen, wenn du Hilfe brauchst.«

*

Nur zwei weitere Einheiten begleiteten Kolks Flaggschiff, die SIEBZEHN und der schnelle Erkunder TYXX. Letzterer war eine kleine Einheit, etwa um die Hälfte kleiner als eine eurer Korvetten von der SOL. Die TYXX besaß nur fünf Mann Besatzung. Kommandant war Turelmem, ein erfahrener alter Vlahreser, der es auf die stolze Zahl von acht Kindern gebracht hatte.

Das Erkunderschiff war sehr schnell, aber nur schwach bewaffnet. Gemäß seinem Zweck schickte es Kolk voraus, um mehr über Farynt und die Bewegungen des Feindes zu erfahren.

Das Tyarsymbolschiff und die SIEBZEHN folgten mit über 10.000 Lichtjahren Abstand bis zum eigentlichen Rand von Bars, wo man in eine Warteposition ging. Dort vergingen Tage, während Turelmem durch Farynt kreuzte. Er hatte mehrfach Feindkontakt, wich jedoch jedesmal erfolgreich aus.

Unterdessen kam es zu mehreren großen Schlachten in Bars, die meist ohne eigentlichen Sieger endeten. Annymon rechnete sich daraus aus, daß die Bheynder zwar in der Überzahl waren und auch rücksichtsloser angriffen, die Vlahreser dies jedoch durch eine hochwertigere Technik und Besonnenheit weitgehend ausglichen.

Er führte weiter seine Beobachtungen der Energieniveaus durch und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis. Der Abfall bestimmter Ebenen war in Farynt ganz ähnlich mit dem in Bars. Er wagte es nicht, die eigentlich logischen Folgerungen Kolk mitzuteilen. Zu dieser Zeit war er auch schon intensiv damit beschäftigt, die Reifung seines Sprößlings zu verlangsamen, denn es zeichnete sich kein Ende dieses Einsatzes ab.

Das Gremium auf Vlah wurde allmählich ungeduldig. Noch hatte der Feind die Hauptwelt von Bars zwar nicht entdeckt, aber mehrmals waren Aufklärer der Bheynder dem System bedrohlich nahe gekommen.

Schließlich suchte Annymon Kolk auf. »Man hört wenig Neues«, eröffnete er das Gespräch.

Kolk saß in seinem Chefsessel. Als er Annymons Stimme hörte, schwenkte er diesen herum.

»Wir befinden uns in einer entscheidenden Phase, mein Freund.« Der Raumchef strahlte Zufriedenheit aus. »Die TYXX hat sich seit zwei Tagen nicht mehr gemeldet.«

»Was ist denn daran so erfreulich«, wunderte sich Annymon. Er spürte bereits deutlich die Geburtsknospe unter den langen grünen Haaren.

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»Turelmem befindet sich auf Schleichfahrt«, erklärte Kolk. »Das bedeutet, daß er eine heiße Spur aufgenommen hat. Bis vorgestern hatten wir gehofft, daß man etwas von den Gefangenen erfahren würde, aber das Gremium hat mich wissen lassen, daß die Bheynder ausgezeichnete Mentalsperren besitzen, die unseren in nichts nachstehen. Und jetzt warten wir jeden Augenblick darauf, daß Turelmem sich meldet.«

»Was wird dann geschehen?«

»Wir werden uns die Welt der Bheynder aus der Nähe ansehen, Annymon. Zuvor werde ich aber die Koordinaten, auf die ich so sehr warte, an das Gremium überspielen. Der Kampf geht in eine entscheidende Phase. Ein Teil unserer Verbände ist bereits zum Gegenangriff übergegangen und in Farynt eingedrungen. Wenn wir vorstoßen, können wir von dort Hilfe erwarten.«

Der Wissenschaftler wirkte äußerlich ruhig, aber sein Gefühl sagte ihm, daß alles purer Wahnsinn war. Da er Kolk nicht kränken wollte und der außerdem nach den Weisungen des Gremiums handelte, sagte er nichts. Plötzlich herrschte in dem Kommandostand große Hektik. Keiner kümmerte sich mehr um Annymon, der von vorbeihastenden Vlahresern in eine Ecke geschoben wurde. Seltsame Töne erklangen aus einem Lautsprecher. Der Bordrechner meldete sich mit Zahlenkolonnen und kurzen Worten.

Als Kolk einmal in Annymons Richtung blickte, strahlten seine Augen noch größere Zufriedenheit aus.

»Die TYXX«, rief er herüber. »Wir haben die Koordinaten von Bheyn.«

»Dann gehe ich wohl besser wieder in mein Labor«, meinte Annymon, ohne die Freude Kolks zu teilen. »Wenn wir in Farynt eindringen, kann ich bessere Messungen durchführen.«

Die Unruhe in dem Kommandostand erreichte einen neuen Höhepunkt. Alles schrie durcheinander. Annymon blieb stehen, aber er konnte keinen deutlichen Satz heraushören. Er packte schließlich einen Vlahreser an den Armen und hielt ihn fest.

»Was, bei Tyar«, schrie er, »ist jetzt schon wieder los?«

Dem anderen standen die Tränen in den Augen.

»Kolk wollte das Gremium erreichen«, stöhnte er. »Aber das ging nicht mehr. Soeben haben wir erfahren, daß Vlah nur noch eine glühende Gaswolke ist.«

Annymon brauchte mehrere Augenblicke, um diese Ungeheuerlichkeit zu verstehen. Dann schlich er allein aus dem Kommandostand. Draußen auf dem Weg zum Interntransmitter krümmte er sich vor seelischen Schmerzen. Dazu machte sich der Sprößling mit einem immer deutlicheren Pochen bemerkbar.

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*

Das Tyarsymbolschiff war praktisch von der Heimat abgeschnitten. Zwar wäre es kein Problem gewesen, zu irgendwelchen Zweigoder Kolonialwelten noch Hyperfunkkontakt herzustellen, aber Kolk erschien das sinnlos. Er konnte sich ausmalen, welche Aufregung dort herrschte. Bis ein neues Gremium gebildet sein würde, könnten Tage oder Wochen vergehen.

Und diese Zeit hatte der Raumchef nicht, der sich nun als Alleinverantwortlicher für seine Verbände betrachtete. Der Bordrechner bestätigte diese außergewöhnliche Vollmacht. Alle in Reichweite befindlichen Einheiten wurden über diese Situation informiert. Dem Raumchef gelang es, die Panik dadurch einzudämmen, daß er seine Verbände gleichzeitig wissen ließ, daß man endlich auch die Koordinaten der feindlichen Hauptwelt besitze. An diesem Ort sollten sich nun alle verfügbaren Raumschiffe treffen.

Dann startete Kolk mit dem verbissenen Entschluß, den Untergang seiner Heimat Vlah zu rächen. In aller Eile wurde ein grober Schlachtplan entwickelt, der viele Fragezeichen enthielt, weil man noch nichts Genaues über das System des Planeten Bheyn wußte. Auch die SIEBZEHN wurde zur Erkundung vorausgeschickt.

Das tatkräftige Handeln des erfahrenen Vlahresers bekam einen ersten Dämpfer, denn ganze acht Schiffe standen ihm im Augenblick zur Verfügung. Alle anderen waren so intensiv in Kämpfe verwickelt, daß sie sich vorerst nicht daraus lösen konnten. Immerhin zeichneten sich an vielen Orten eindeutige Siege für die eigenen Verbände ab. Und dadurch wurden auch Feindkräfte gebunden, die sich womöglich im Kampf um Bheyn gegen ihn stellen konnten.

Der zweite Rückschlag trat ein, als die SIEBZEHN genaue Daten über das System des Planeten Bheyn übertrug. Bevor die Sendung beendet war, wurde sie unterbrochen. Dann folgte für wenige Sekunden ein Notruf, aus dem zu erfahren war, daß das Schiff in einen Hinterhalt geraten und vernichtet worden war.

Kolk bewies durch seine Reaktionen, daß er nicht zu Unrecht einen Namen besaß, der mit einem K begann und endete. Er geriet nicht außer Fassung. Ganz im Gegenteil, er blieb äußerlich gelassen, sein Verstand arbeitete konsequent, und seine Befehle entsprachen den Erfordernissen.

Durch Hyperfunkbefehle dirigierte er die wenigen verfügbaren Raumschiffe an Bheyn heran. Sein eigenes Schiff versetzte er durch eine einzige Hypertransition an den Ort, den ihm die Koordinaten Turelmems genannt hatten. Er fand die Vermutungen in jeder Hinsicht bestätigt.

Auf der TYXX hatte man das Ankommen des Flaggschiffs bemerkt, denn automatisch waren durch die Rechengehirne die Kodes ausgetauscht worden. Bheyn präsentierte sich als eine vorbereitete Welt mit vielen Abwehrmechanismen, die Kolk auch mit stärkeren Kräften, als sie ihm in diesem Augenblick zur Verfügung standen, nicht würde durchschlagen können.

Auch das hielt ihn nicht von seinem Vorhaben ab, zumal die nicht in andere Kämpfe verwickelten acht

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Schiffe inzwischen nahe Bheyn eingetroffen waren. Der Kampf Bars gegen Farynt mochte enden, wie es immer auch denkbar war, sagte sich der Raumchef, diese Welt, von der alles Böse ausging, mußte vernichtet werden.

Seine Sensoren recherchierten und suchten nach einem Schwachpunkt. Die Abwehrsysteme waren perfekt, das bewiesen auch die Berechnungen der neutralen Logikgehirne seines Flaggschiffs. Sie besagten auch, daß die Erfolgschancen geringer als zehn Prozent waren.

Annymon verfolgte diese Entwicklung in seinem Labor. Ein Recht zum Widerspruch besaß er in dieser Lage nicht. Er begann zu bedauern, daß er zum falschen Zeitpunkt den Lebenskeim in sich geweckt hatte, denn er erkannte, daß sein Kind nicht mehr geboren werden würde. Das Schicksal von Bars und das der Vlahreser ging einen anderen Weg. Für den tatendurstigen Kolk ergab sich zum gleichen Zeitpunkt eine ganz neue Situation. Er wußte, daß er unterlegen war, aber er wollte es nicht glauben. In dem vierfachen Schutzschirm von Bheyn öffnete sich eine Lücke, aus deren Struktur Annymon eins seiner Energieniveaus berechnen konnte. Die Ergebnisse lagen Kolk sofort vor.

Über einhundert Kampfschiffe der Bheynder stießen plötzlich aus den Tiefen des Raumes auf das Tyarsymbolschiff zu.

Und zur gleichen Zeit rasten die acht eigenen Raumer heran.

Kolk gab seine Befehle gelassen, obwohl jede Ader in seinem fünfbeinigen Körper vor seelischen Schmerzen brannte. Es gab nur noch eine Lösung, und die war das Ausnutzen der Lücke in den Abwehrsystemen und der totale Angriff.

Zur gleichen Zeit, da der Raumchef die erforderlichen Anweisungen herausschrie, saß Annymon in seinem Labor und weinte.

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8.

Eine nie zuvor gekannte Stärke beseelte Djerbsch.

Die Kraft kam aus der alten Frau selbst, nicht – wie früher – von Prezzar. Die umgreifende und lenkende Hand, auch wenn sie eher instinktiv reagierte und launisch und verspielt war, fehlte. Das machte die Prezzarleserin erst trotzig und dann stark. Sie wußte, daß der Konverter nicht das Ende war, aber sie sah nicht, wie sich der Ausweg gestalten würde. Mitan sagte nichts mehr. Er war seelisch zerstört. Er verstand die Welt nicht mehr. Von seiner tiefschwarzen Haut war nur noch wenig zu sehen. Seine Augen lagen tief in den Höhlen, rosafarbene Ränder hatten sich unter den Lidern gebildet, und sie gaben seinem Gesicht den Ausdruck eines Toten.

Die Alte, die mit ihm den Raum im Regierungsgebäude von Bheyn teilte, wirkte dagegen fröhlich. Mitan sah darin eine Reaktion der Verzweiflung, eine Schutzreaktion oder eine Störung ihres Bewußtseins, aber nichts davon stimmte. Djerbsch war wirklich beschwingt. Sie wußte zwar nicht, woher dieses Gefühl stammte, aber sie war zufrieden damit. Der Morgen der Vernichtung der eigenen Existenz war nah. Der Astronom hatte sich damit abgefunden, die alte Frau nicht. Eine Gruppe Roboter, die von einem Uniformierten angeführt wurde, holte die beiden ab. Sie wurden zu einem Antigravschacht gebracht, der in die unterirdischen Stockwerke des Regierungsgebäudes führte. Roboter bildeten den Anfang und den Abschluß der Kolonne. Der bheyndische Wächter stand mit gezogener Waffe hinter Djerbsch und Mitan, als diese in den Schacht gestoßen wurden. Dann folgte auch er.

»Es wird gleich etwas passieren«, flüsterte die Prezzarleserin Mitan zu. »Ich ahne es.« Der Astronom schüttelte nur niedergeschlagen seinen Kopf.

»Ruhe!« schrie der Uniformierte barsch. Daraufhin rückten die Roboter näher an die Gefangenen heran.

Plötzlich kam die Gruppe ins Stocken. Der Antigravsog war verschwunden, aber die Aufhebung der Schwerkraft funktionierte noch. Die drei Bheynder und das Dutzend Roboter schwebten auf der Stelle. Es ging weder abwärts noch aufwärts weiter. Ein seitlicher Ausstieg war hier auch nicht unmittelbar vorhanden?

Der Wächter stieß einen Fluch aus und brüllte etwas Unverständliches. Er bemerkte nicht, wie sich hinter seinem Rücken eine kleine Klappe in der Schachtwand öffnete. Eine Hand mit einem Paralysator kam zum Vorschein. Das typische Zischen der Waffe war zu hören, und dann sank der Uniformierte schlaff in sich zusammen.

»Da siehst du es«, triumphierte die Alte. Mitan schien noch immer nicht zu verstehen, was geschah.

Die Roboter umringten die beiden Gefangenen, als sie ihren besinnungslosen Führer bemerkten. Die Klappe in der Schachtwand hatte sich längst wieder geschlossen. »Achtung, Mitan und Djerbsch!« erklang eine männliche Stimme. »Hier spricht Errentyr. Chlab und ich holen euch heraus. Bitte unterstützt uns, so gut es geht.« Die beiden Namen, die Ybag erwähnt hatte, weckten neue Kräfte in dem Mann. Er

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witterte plötzlich eine Chance.

In die Roboter kam plötzlich Bewegung. Djerbsch glaubte zuerst, daß die sinnlos in der Gegend herumfeuerten, bis sie bemerkte, daß sich acht gegen vier stellten. Errentyr und Chlab mußten einen Teil der Maschinen unter ihre Kontrolle bekommen haben, aber welche Gruppe das war, ließ sich nicht feststellen. Die Frau nutzte aber das Getümmel, um sich an der Seitenwand abzustoßen und ein Stück in die Höhe zu schweben. Ungelenk folgte ihr Mitan.

Der Kampf war schnell entschieden. Fünf Roboter überstanden ihn unbeschadet. Die glühenden Trümmer der anderen glitten bei der langsam einsetzenden Gravitation in die Tiefe.

Djerbsch packte nach dem Gewand des Astronomen und hielt sich mit der anderen an einer Fuge fest, so daß der Abstand zu den zerstörten Robotern schnell größer wurde. »Gut, Freunde«, lobte Errentyr, der damit bewies, daß er das Geschehen beobachten konnte. »Die verbliebenen Roboter werden euch helfen. Laßt euch jetzt nach unten gleiten und nehmt den nächsten Ausgang!« Keine Minute später standen Djerbsch und Mitan vor zwei jungen Bheyndern.

»Das ist Errentyr«, erklärte der eine hastig. »Ich bin Chlab. Für lange Erläuterungen ist keine Zeit. Wir gehören zu einer Gruppe, die sich gegen die Hohen Räte gestellt hat, denn wir haben erkannt, daß unsere TPOs-Gehirne manipuliert wurden. Wir sind zu schwach auf Bheyn, um etwas erfolgversprechend dagegen machen zu können, aber wir haben einen Stützpunkt auf einem anderen Planeten, und wir haben ein paar Schiffe und Helfer, die uns die Flucht ermöglichen werden. Seid ihr dabei?«

»Natürlich«, antwortete die alte Prezzarleserin sofort. »Das gilt auch für Mitan.« Der Wissenschaftler nickte nach einem kurzen Zögern.

»Das ist gut.« Chlab atmete auf. »Wir brauchen euch nämlich, um gegen die verblendeten Räte etwas zu erreichen. Folgt uns.« Gemeinsam mit den Robotern hasteten sie durch die Gänge des riesigen Gebäudes bis zu einem Transmitter.

»Hinein!« zischte Errentyr. »Es ist alles vorbereitet.«

»Ihr scheint das von langer Hand geplant zu haben«, vermutete Djerbsch.

»Diese Aktion eigentlich nicht.« Chlab aktivierte den Transmitterbogen. »Aber jede Regierung hat ihre heimliche Opposition. In diesem Fall mußten wir zur Rettung von Bheyn unsere Pläne allerdings ändern.« Die Empfangsstelle war innerhalb eines Raumschiffs, wie Djerbsch sofort erkannte. Drei andere Bheynder begrüßten die Ankömmlinge.

»Wir starten«, sagte einer von ihnen, »sobald die Strukturlücken in den Energieschirmen geschaltet werden. Das kann noch ein paar Minuten dauern.«

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Die Frau packte Chlab behutsam am Arm. »Seit der Kontakt mit Prezzar gänzlich abgerissen ist«, behauptete sie, »habe ich visionsähnliche Erlebnisse. Ich wußte, daß man uns befreien würde. Ich weiß, daß ich noch lange leben werde.«

Chlab stutzte einen Moment. »Auch das kann uns helfen«, meinte er dann. »Was weißt du noch?«

»Das möchte ich dir lieber nicht sagen, denn es könnte euch verwirren.«

»Nur heraus mit der Sprache«, drängte der junge Mann. »Wir sind allerhand gewöhnt.« »Wenn wir Bheyn nicht in der nächsten Stunde verlassen«, orakelte die Alte, »werden wir alle sterben.«

»Das glaube ich dir gern.« Chlab lachte übermütig. »Die Häscher des Hohen Rates sind uns auf den Fersen, und sie sind uns überlegen. Wir werden aber rechtzeitig entwischen, dafür haben unsere Leute gesorgt.« »Du verstehst mich völlig falsch, Chlab«, sagte Djerbsch dumpf. »In einer Stunde existiert Bheyn nicht mehr. Das wäre der Grund unseres Todes. Weißt du, was das bedeutet?« Die Männer starrten sich erstaunt an. »Es bedeutet«, folgerte Errentyr dann, »daß der Feind bereits hier ist und seinen Angriff plant. Und das bedeutet, daß unsere Flucht womöglich von zwei Seiten beeinträchtigt wird.«

»Das Signal aus der Energiezentrale!« rief einer der drei anderen. »Die Schirme werden geöffnet. Kommt in den Leitstand! Wir starten!«

*

Es kam noch schlimmer, als Errentyr es befürchtet hatte. Mit dem Start hefteten sich drei Patrouillenboote des Raumhafens auf ihre Spur. Die Hohen Räte schienen die Flucht ihrer Gefangenen noch rechtzeitig bemerkt zu haben. Dazu eröffneten Bodenforts das Feuer. Ein heimlicher Helfer, nach dem man jetzt sicher auch suchen würde, hatte einen mehrere Kilometer breiten Strukturstreifen in den gestaffelten Schirmen erzeugt, so daß die Flüchtlinge bei ihren Ausweichmanövern noch etwas Spielraum hatten.

Dann brauste von draußen ein Schiff heran, das nicht zu den Bheyndern gehörte. Die Fremden nutzten die Strukturlücke für ihren eigenen Angriff aus.

»Wir müssen aufgeben«, schrie Errentyr, der die Folgen dieses Geschehens noch rechtzeitig erkannte. »Sie zerstören sonst unsere Heimat!«

Das riesige Schiff der Fremden aus Bars kümmerte sich nicht um die winzigen Flüchtlinge. Es schoß an ihnen vorbei, und vier weitere Einheiten, die nur wenig kleiner waren, folgten ihm.

Einer der Männer versuchte über Funk den Helfer zu erreichen, der die Energieschirme kontrollierte, aber es war schon zu spät. Die fünf Angreifer waren bereits nahe der Planetenoberfläche.

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Djerbsch und Mitan konnten die weiteren Ereignisse an den Bildschirmen gut verfolgen. Die Strukturlücke schloß sich wieder. Draußen entbrannte ein wilder Kampf zwischen weiteren Schiffen derFremden und den Schutzflotten von Bheyn. Letztere waren zwar deutlich in der Überzahl, aber die Angreifer erzielten mehrere Treffer, da sie die überlegenere Technik besaßen.

Auf Bheyn wurden ungeheure Energien freigesetzt. Zwei Schiffe der Fremden explodierten und rissen dabei mondgroße Stücke aus dem Planeten. Die Energieschirme erloschen, und damit waren die beiden Kampfszenen wieder zu einer geworden.

»Ich kenne bereits das Ende«, erklärte Djerbsch traurig.

Mitan starrte nur stumm auf die sich ausbreitenden Feuerwolken. Die Angreifer wüteten mit unvorstellbarer Gewalt. Der angeschlagene Planet unterstützte ihre Attacken durch Vulkanausbrüche und schwere Beben. »Errentyr!« rief die Prezzarleserin plötzlich laut. »Laßt uns von hier verschwinden, bevor es zu spät ist. Ich ahne etwas Furchtbares. Wir ...«

Ein krachender Schlag ließ die Alte verstummen. Alarmsirenen heulten auf, und die künstliche Gravitation versagte ruckartig. Gegenstände wirbelten durch den Raum. Die Bheynder hatten Mühe, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

»Treffer im Heckteil!« plärrte eine Maschinenstimme. Dann folgte eine Aufzählung von Maschinen und Aggregaten, die ausgefallen oder stark beschädigt waren. Zum Schluß sagte der Bordrechner: »Es wird dringend empfohlen, das Schiff zu verlassen.« »Wir bleiben vorerst noch«, entschied Chlab schnell, »aber wir legen die Raumanzüge an. Wir müssen irgendwo notlanden.« Dann geschahen zwei entscheidende Dinge kurz hintereinander. Djerbsch bekam sie kaum mit, denn sie war mit dem Verschließen des Raumanzugs beschäftigt. Mitan kam damit gar nicht zurecht.

Die Anzeigen, die noch funktionierten, signalisierten eine gewaltige Explosion, die praktisch ganz Bheyn betraf. Die Fremden aus Bars mußten ihre letzte und stärkste Waffe gegen den Planeten eingesetzt haben. Als die Frau den Anzug geschlossen hatte, wurde das Schiff erneut getroffen. Mit dem krachenden Schlag erloschen alle Lichter. Sie sah, wie Mitan von ihr weggerissen wurde und daß sein Helm noch lose an der Hüfte baumelte. Der Luftdruck fiel schlagartig auf null.

Errentyr tauchte kurz vor ihr auf. Dann riß es das Schiff endgültig auseinander. Djerbsch schloß die Augen und verließ sich auf ihr fast prophetisch gewordenes Gefühl, das besagte, daß die letzte Stunde noch nicht gekommen war.

*

Er gab einen neuen Willensimpuls an das Ungeborene, um die Zeit der Ablösung vom eigenen Körper weiter zu verlangsamen. Wahrscheinlich war auch das sinnlos, sagte sich Annymon, denn er konnte an den Kontrollanzeigen und den Bildschirmen verfolgen, welchen Wahnsinnsplan Kolk verfolgte. Er jagte mit dem Tyarsymbolschiff und den ersten vier schweren Raumern seiner Flotte, die über Bheyn

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eingetroffen waren, geradewegs in die Falle, die der Feind aufgebaut hatte.

Annymon hielt die Strukturlücke für eine Falle, bis er das winzige Boot sah, das von der Planetenoberfläche aus in die Höhe schoß. Dann bemerkte er, daß dieses Schiff verfolgt wurde. Er schaltete eine Verbindung zu Kolk und teilte diesem mit, was er gesehen hatte. »Keine Zeit für belanglose Kleinigkeiten«, erklärte der Raumchef barsch. »Ich werde unsere Chance nutzen und Vlah rächen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, unterbrach er die Verbindung wieder.

Annymon verfolgte das weitere Geschehen wie im Traum. Er war sich der Tatsache bewußt, daß sein Ungeborenes seine Tatenlosigkeit bewirkte. Unter normalen Bedingungen hätte er wahrscheinlich Kolks Angriff in jeder Hinsicht für richtig gehalten und unterstützt. So aber war er wie gelähmt. Mit geringem Interesse hörte er die Ergebnisse der Energiemessungen, die Berschik an Kolk weiterleitete. Schwachstellen im System des angegriffenen Planeten wurden so schnell erkannt und in die Angriffspläne einbezogen. Der Wissenschaftler war froh, daß das Ungeborene sich nicht mehr rührte. Der Verzögerungsimpuls hatte also gewirkt. Er wollte seinem Kind, das nun wohl nie einen Lichtschimmer erhaschen würde, diese qualvollen Minuten ersparen, denn er meinte, daß es dies alles bereits aus dem Elternkörper heraus miterlebte. Natürlich war das ein Trugschluß. Als Kolk die ultimate Waffe einsetzte, waren bereits zwei seiner Begleitschiffe von den Abwehrsystemen zerstört worden. Annymon erkannte,daß Bheyn keine Überlebenschance mehr besaß. Bei der Zahl der im Raum stehenden Feindschiffe schätzte er die eigenen Möglichkeiten jedoch noch geringer ein. Berschik stand plötzlich neben ihm. »Deine Rettungskugel«, sagte er und zuckte nervös mit den drei Armen, die das zusammengepackte Gerät hielten. »Du wirst sie wohl brauchen.«

»Wozu?« resignierte Annymon, nahm aber das Paket automatisch an sich und hängte es sich über die Schultern.

Berschik aktivierte die Notsensoren. Wenige Kilometer unter dem Flaggschiff bildete sich eine Reihe von glühenden Punkten wie eine leuchtende Kette. Rasch wurden die Brandherde, die alles verschlangen, größer und heller. Kolks Schiff raste in einem Wahnsinnstempo um den Planeten herum und setzte weiter die ultimate Waffe ein. Die Zahl der unlöschbaren Brandherde vergrößerte sich schnell.

Das Schiff erhielt zahlreiche Treffer, aber dem verbissenen Raumchef der Vlahreser schien das nichts auszumachen. Auch der Verlust seiner beiden letzten Begleitschiffe hielt ihn nicht von dem einmal gefaßten Vorhaben ab.

Dann kam der entscheidende Augenblick, in dem die Brandherde gemeinsam die heiße Schwelle überschritten. Nun geschah die Ausbreitung der Vernichtungswelle schlagartig.

Der Planet zerbarst, und Annymon schloß die Augen, als die Druckwelle heranraste. Wie welke Blätter wurden das Flaggschiff und die verbliebenen Raumer der Bheynder in den Raum hinausgeschleudert.

Die Rettungskugel entfaltete sich automatisch und hüllte Annymon ein. Seine Überlebenschance wurde dadurch nur wenig größer. Die Welle aus Hochenergiestößen walzte über das ehemals so stolze

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Tyarsymbolschiff hinweg und verwandelte es in Sekunden in einen Haufen aus glühenden Trümmern. Sie raste mit Lichtgeschwindigkeit weiter, erfaßte die weiter draußen kämpfenden Einheiten und beendete so diesen sinnlosen Kampf auf eine noch sinnlosere Art und Weise.

Annymon bekam von alledem nichts mehr mit. Er hatte die Augen geschlossen und ließ sich treiben, denn er erwartete jeden Augenblick den erlösenden Schmerz des Todes. Eine selbstgewollte Besinnungslosigkeit befreite ihn davon, diesen Augenblick bewußt mitzuerleben.

Sein letzter Gedanke war, daß es nun doch keine Bedeutung mehr haben würde, welchen Namen er seinem Kind gegeben hätte, einen, der mit K begann und endete – oder einen beliebigen anderen.

*

Ihr seht, meine lieben Solaner, fuhr Wöbbeking-Nar’Bon fort, daß dies eine traurige Geschichte ist. Die Zeit, zu der sie sich ereignete, liegt weit zurück, aber im kosmischen Rahmen verging vielleicht ein Atemzug seit diesen Ereignissen.

Viele tapfere und intelligente Wesen fanden einen meist heldenhaften Tod. Aber auch jene, die die Manipulation der TPOs-Gehirne der Bheynder, die Sinnlosigkeit der Kämpfe, den wahren Feind und die eigentlich entscheidenden Begleitumstände beim Verschmelzen von Bars und Farynt erkannt hatten, scheiterten letztlich. Sie waren dem gewaltigen Geschehen nicht gewachsen, denn diese wurde auf grausame Weise von einer Macht gelenkt, die in völlig anderen Maßstäben dachte und handelte.

Natürlich hatte ARCHITEKT die Rechengehirne der Bheynder so beeinflußt, daß diese, aufbauend auf den kurzsichtigen Programmen und unter Ausnutzung der entfachten Gefühle, den Kampf erst richtig anheizten. Aus der Sicht der Geschichte der Bheynder waren Djerbsch und Mitan vollkommen unbedeutende Vertreter ihres Volkes. Damals hielt man sie für Verräter. Würden heute noch Bheynder aus jener Zeit leben, so würden sie wahrscheinlich die Irrtümer ihrer Vorfahren nicht einsehen und kaum anders denken als jene, die sich die Hohen Räte nannten. Und doch ist es anders. Annymon und Mitan verkörpern das Gute aus einer schlimmen Zeit. Und ihre jugendlichen Helfer, die im entscheidenden Moment ihre einfache Oppositionstheorie fallen ließen und die beiden unterstützten, ebenfalls.

Das Universum ist so erschaffen worden, daß auch die, die für die positiven Kräfte kämpfen, Niederlagen einstecken und sehr persönliche Verluste hinnehmen müssen. Ich habe das durch Chybrains Tod selbst gespürt, und ihr Solaner habt auf eurem langen Weg durch die Weiten des Alls auch so manchen Verlust verkraften müssen. Einige von euch wissen, daß sie nicht mehr am Leben wären, ja, daß es keine SOL mehr gäbe, wenn nicht ein Mann zu euch gestoßen wäre. Dieser Mann ist Atlan, der Arkonide. Es ist gut, wenn ihr ihm vertraut, auch wenn ihr wißt, daß er ein Ziel verfolgt, daß euch eigentlich gleichgültig sein könnte, nämlich nach Varnhagher-Ghynnst zu gelangen und dort den Auftrag zu erfüllen, den ihm die Hohen Mächte gegeben haben.

Der wichtigste Grund, aus dem heraus ich euch das galaktische Epos vom Tod vieler Tapferer und vom Untergang ganzer Welten erzählt habe, ist dieser: Ihr sollt die Kurzsichtigkeit erkennen, von der sich

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hochstehende Zivilisationen, wie es die Vlahreser oder die Bheynder zweifellos waren, in die Irre leiten ließen. Annymon war es nach zähem Forschen gelungen, einem Wesen wie ARCHITEKT, das ihr als Hidden-X kennengelernt habt, die Grenzen zu zeigen. Als ARCHITEKT versuchte, sich Tyar zu unterjochen, erlitt er Schiffbruch, weil dessen tapfere Vlahreser ihm halfen. Es gibt keinen Zweifel daran, daß Vlahreser und Bheynder es gemeinsam geschafft hätten, ihre Sterneninseln vom Einfluß dieses Negativen freizuhalten. Jedes Volk ging jedoch stur seinen Weg und führte sich damit selbst in den Untergang. Ich spüre eure Ungeduld, meine Solaner, denn ihr meint, daß dieses Epos noch nicht zu Ende sein kann. Geduldet euch! Ich werde euch weitere Informationen geben, ich werde all das erzählen, was ich weiß, und ich werde es gleich tun. Trotzdem müßt ihr euch schon jetzt damit abfinden, daß die Geschichte von Farynt und Bars bis zum heutigen Tag noch kein Ende gefunden hat, auch wenn sie vor langen Zeiten die entscheidende Wende bekam, von der ich euch erzähle.

Die Atome, aus denen die Körper von intelligenten Wesen, wie Chlab, Mitan, Kolk oder Berschik es waren, bestanden haben, wehen noch heute in den Weiten von Bars-2-Bars. Heldentum und Irrtum, meine Freunde, liegen näher beieinander, als sich zwei liebende Herzen nah fühlen.

Kosmische Epen sind nicht traurig, nicht erschütternd, auch wenn ich euch ganz bewußt ein paar wichtige Einzelschicksale dargeboten habe. Sie haben ihre Bedeutung, und das sollt ihr erkennen. Sie haben eine Bedeutung für euch und für Kräfte des Universums, die ihr vielleicht nie verstehen werdet, weil sie auch für mich zu hoch und zu weit entfernt sind.

Die Sinnlosigkeit des ganzen Geschehens um Farynt und Bars ist noch viel größer, als ihr es aus dem bisher Gehörten erahnen könnt. Doch es ist wohl besser, wenn ich euch der Reihe nach berichte, was damals geschah. Vlah und Bheyn existierten nicht mehr. Die beiden zentralen Welten von zwei Galaxien waren ausgelöscht worden. Der Kampf war damit noch nicht zu Ende. Im Gegenteil, er begann nun erst jetzt mit aller Verbitterung und Gewalt. Laßt mich dieses traurige Kapitel mit wenigen Sätzen erledigen, denn die heldenhaften Kämpfer, die es geschrieben haben, füllen nicht weniger Seiten als eure eigene Geschichte.

Die Vlahreser und die Bheynder rieben sich in den folgenden Jahren regelrecht aneinander auf. Am Ende versanken sie zur Bedeutungslosigkeit. Ich weiß nicht, ob heute noch Nachkommen von ihnen leben, aber wahrscheinlich ist es schon. Weniger wahrscheinlich ist, daß diese noch etwas von der glorreichen Vergangenheit ihrer Vorfahren wissen. Mit dem Abstieg der beiden Hauptvölker war der Konflikt aber nicht beendet. Andere traten an ihre Stelle, wenn auch mit weniger raffinierten Waffen und mit geringerer Technik. Die Bars zugehörigen Völker behielten für immer das Bewußtsein, daß eine fremde Galaxis sich in ihre Heimat geschoben hatte, daß diese das Böse verkörperte und vernichtet werden mußte.

Ihr seht schon jetzt, daß der sinnlose Kampf zu einer Situation führte, die nicht minder sinnlos ist, weil sie immer neue Opfer forderte.

Ich sagte eben, daß die Sinnlosigkeit des ganzen Geschehens noch viel größer ist. Den immerwährenden Krieg zwischen Bars und Farynt habe ich damit nicht gemeint. Laßt euch sagen, was in den folgenden Jahren außer den Kämpfen geschah.

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Es kam so, wie es ein paar kluge Wissenschaftler erkannt und berechnet hatten. Farynt wanderte in Bars senkrecht dazu hinein und erreichte irgendwann mit seinem Zentrum das der anderen Sterneninsel. Die Verschmelzung wurde langsamer, und als der von ARCHITEKT gewünschte Zustand erreicht war, verharrten beide Galaxien relativ zueinander. Ich weiß nicht, mit welchen Hilfsmitteln ARCHITEKT dieses gigantische Vorhaben realisieren konnte, aber ich weiß, daß es ihm gelang.

Mit der Verzahnung wurde die Bindung der Eigenintelligenzen immer stärker. Prezzar und Tyar wurden dazu verdammt, in einer Klammer zu existieren, aus der es keinen Ausweg mehr gab. Ihr könnt es als eine Art Scheintod oder als eine Scheinexistenz bezeichnen; wie es genau ist, weiß auch ich nicht. Es würde mich nicht wundern, wenn kein bewußter Funke von Prezzar und Tyar mehr existiert, wenn da nicht dieses eine Ereignis gewesen wäre.

Seit einiger Zeit befindet sich unter euch eine Frau, die Tyari heißt. Sie sagt, sie käme von Bars-2-Bars, und sie brauche Atlan, nach dessen Muster sie gemacht ist. Ich weiß nicht, was sich dahinter verbirgt, aber ich vermute, daß es Tyar in einer vielleicht letzten Kraftanstrengung gelungen ist, dieses Wesen auf die Reise zu schicken. Das wäre ein Beweis, daß Tyar noch existiert.

Ich spreche immer von Bars-2-Bars. Das ist der Name, den ARCHITEKT den verschmolzenen Galaxien gab. Dieser Prozeß der Vereinigung war der friedlichste Teil an dem ganzen Geschehen, denn beide Galaxien besaßen sternenarme Kerne, so daß es praktisch zu keiner kosmischen Katastrophe durch die Kollision von Sternen kam.

Der Zustand von Bars-2-Bars und der Kampf der verfeindeten Völker hat sich bis zum jetzigen Augenblick nicht entscheidend verändert. Ihr habt diese Doppelgalaxis bereits aus der Ferne gesehen und vermessen, als ihr noch in Pers-Mohandot gewesen seid. Nun wißt ihr, wie dieses Kreuz aus Sternen entstanden ist.

Solltet ihr je an diesen Ort gelangen, so werdet ihr Mühe haben zu erkennen, welcher Stern des gemeinsamen Bereichs zu welcher Galaxis gehört.

Auch Tyari, die Gesandte von Bars, wird das nicht problemlos bestimmen können. Heute bestimmen in Bars-2-Bars zwei Völker das Geschehen, die Beneterlogen und die Anterferranter. Letztere kennt ihr bereits, denn ARCHITEKT zweigte einmal einen Teil davon ab und schickte diesen gegen euch, als ihr versuchtet, in die Zone-X vorzustoßen. Es ist Atlan und euch zu verdanken, daß die meisten dieser Entführten und aus einer falschen Geschichte motivierten Anterferranter wieder in ihre Heimat gelangten.

Haltet ihr euch für gut oder schlecht? Wie sagten früher eure Vorfahren auf der Erde? Man soll sich an die eigene Nase fassen! Ein hübsches Wort. Glaubt mir, Prezzar und Tyar sind nicht besser oder schlechter als ihr. Sie sind nur anders, und Anderssein ist kein Qualitätsmerkmal, schon gar nicht bei denkenden Wesen.

Doch weiter in der Geschichte von Bars-2-Bars.

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ARCHITEKT wollte damit den Nabel

schaffen, durch den es oder seine Helfer in den Bereich vorstoßen konnten, in dem er die Quelle der Jenseitsmaterie vermutete, jenes Machtmittel, von dem er sich die ewige Allgewalt erhoffte. Aus diesem Grund vollführte ARCHITEKT Anstrengungen, die ich nie bis in den letzten Winkel durchschauen kann, opferte Völker und Welten, vergewaltigte einen Teil des Kosmos.

Und das ist es, was ich als die absolute Sinnlosigkeit des ganzen Geschehens um Bars und Farynt bezeichne. Hidden-X erzeugte den Nabel zur anderen Daseinsebene aber es konnte ihn nicht genaufinden oder bedienen oder benutzen! Es fand den Übergang nie! Seine ganzen Bemühungen waren absolut überflüssig gewesen.

Später schuf es an anderen Orten teilweise Übergänge in die Namenlose Zone. Aber die Quelle der Jenseitsmaterie hat es nie bekommen. Ihr wißt aus meinen früheren Kontakten mit Atlan, daß dies auch sein Verdienst ist. Und es ist euer Verdienst, daß es das Auge zum Jenseits nicht weiter ausbauen konnte, um damit in die Nähe der Lichtquelle auf der Basis des Ersten Zählers Janv-Zount zu gelangen, denn ihr habt diese aus dem Sternenuniversum heraus für immer unbrauchbar gemacht.

Die Konfiguration Bars-2-Bars war kosmisch richtig, und sie ist es noch immer. Die ineinander verzahnten Galaxien mit einem Eigenbewußtsein sind ganz offensichtlich die ideale Übergangsstelle, der Nabel, zur Namenlosen Zone.

Das erkannte jemand, der auf der anderen Seite war.

Anti-ES!

Aus seiner Sicht präsentierte sich der Nabel als fast ideales Mittel, um auf das Normaluniversum Einfluß zu nehmen. Den Gesandten von ARCHITEKT hatte es längst in seinen Anti-Homunk einverleibt. Atlan hätte es auch gern darin gehabt, aber diesem war es wieder gelungen, dem, dem ich entstamme, ein gewaltiges Schnippchen zu schlagen.

ARCHITEKT hatte Bars-2-Bars längst zu den Dingen gelegt, die er als Schrott auf seinem Weg bezeichnete. Außer ein paar Teilvölkern, die er vorausschauend rekrutiert hatte, bedeutete ihm Bars-2-Bars nichts mehr. Er träumte zwar von seinen Leistungen und Erfolgen, aber er wollte die Wahrheit nicht sehen.

So hatte Anti-ES leichtes Spiel, das Vorhandene in seinen Einflußbereich zu übernehmen. Es besaß denÜbergang in die Welt, in der es seine Pläne umsetzen will. Es schickte Anti-Homunk an den Ort des Namenlosen von ARCHITEKT oder Hidden-X zurück, nach Xiinx-Markant, um dort den ersten Schritt seiner Befreiung aus der Verbannung einzuleiten, nämlich mich wieder in seinen Besitz zu bringen.

Ihr wißt, daß dies dank eurer Selbstaufopferung nicht gelang, weil ein paar Solaner so handelten, daß ich

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nicht in die Falle gehen konnte. Wie das genau geschah, weiß ich nicht, aber meine Dankbarkeit für euch ist da, und sie wird nicht schwinden.

Ihr seht, meine lieben Solaner, daß das galaktische Epos von Bars und Farynt eine traurige Geschichte ist. Es wurde ein Zustand erzeugt, der den Verfall enthält und dennoch kein Ende besitzt. Das Transitionsloch von Xiinx-Markant sollte mich nach Bars-2-Bars zum Nabel befördern, durch den ich in die Namenlose Zone und in die Fänge von Anti-ES geschleudert werden sollte. Nun seid ihr an meiner Stelle, aber ihr werdet die Namenlose Zone nicht erreichen, denn Anti-ES hat alles desaktiviert.

Ich werte das als ein positives Zeichen, denn es besagt, daß Anti-ES vor euch Furcht empfindet.

Der Überraum, in dem ihr seid, wird euch von allein ausspucken wie ein lästiges Insekt, das einem versehentlich in den Mund geflogen ist. Das erkenne ich.

Ich spüre eure Niedergeschlagenheit. Dafür gibt es keinen Grund. Das Geschehen im Universum verlangt Opfer auf beiden Seiten. Das war wohl nie anders, und es wird auch nie anders sein. Es ist euer Schicksal und meins. Trauert lieber jedem Opfer nach, das ihr gebracht habt, als denen der fernen Vergangenheit, jenen der Bheynder und Beneterlogen, der Vlahreser und Anterferranter. Oder denen der vielen tausend Völker, die durch das Fehlen ihrer galaktisch übergreifenden Intelligenz in einen Stillstand oder Rückschritt verfallen mußten, der nichts Positives an sich hat.

So sieht es heute auch in Bars-2-Bars, gebildet aus Bars und Farynt, aus. Das, was die aufkeimenden Völker eine halbe Ewigkeit lenkte und förderte, Tyar oder der eigentlich instinktmäßig handelnde Prezzar, sind nicht mehr vorhanden. Der Stillstand beherrscht die Szene. Im kosmischen Geschehen bedeutet Stillstand auch Rückschritt.

Diese Situation von Bars-2-Bars, die abgetöteten Eigenintelligenzen, die Stagnation der Entwicklung und die Verzahnung der Sterneninseln sind jedoch die entscheidende Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Nabels, durch den Anti-ES aus der Namenlosen Zone heraus auf euer Universum wirken kann. Ihr könnt euch sicher vorstellen, daß Anti-ES kein Interesse hat, diesen Zustand zu verändern! Bars-2-Bars muß aus seiner Sicht so bleiben, wie es ist.

Es benötigt sein ganzes Ich, um der Verbannung zu entfliehen und der Namenlosen Zone zu entkommen. Es braucht mich. Und mich kann es nie fangen, wenn es nicht über den Nabel Bars-2-Bars dorthin wirken kann, wo ich bin.

Ich spüre euren Unwillen, und ich spüre, daß ihr euch immer weiter von mir entfernt. Der Strom, der durch das Transitionsloch von Xiinx-Markant ausgelöst wurde, treibt euch an ein unbekanntes Ziel. Ihr verlangt nach einem trostreichen Wort. Ich fühle eure Gesamtheit und darin auch die, die es jetzt bereuen, ihrer Neugier den Vorrang gegeben zu haben, denn sie wollten einmal etwas selbst von mir hören. Vergeßt nie, Solaner, daß ich über Anti-ES und ES den gleichen Ursprung habe wie ihr, auch wenn ich gänzlich anders bin. Wir alle entstammen der Menschheit, jeder auf seine Weise.

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Euer Unbehagen legt sich nicht. So will ich euch einen versöhnlichen Abschluß des Epos geben, mit dem ich euch mehr geben wollte, als ihr vielleicht im Augenblick braucht. Ihr braucht den gewohnten Anblick der Sterne, die Weiten des Alls, die Ausflüge der Buhrlos, den immerwährenden Bewährungskampf in einer freien und fast leeren Umwelt, die ihr und eure Vorfahren euch als Heimat ausgesucht habt.

Doch bevor ich diesen Abschluß gebe, möchte ich euch noch einmal daran erinnern, daß Anti-ES alles in seiner Macht Stehende tun wird, um den Zustand von Bars-2-Bars zu erhalten, denn das ist sein einziger Zugriffsort in eure Realität und in euer Dasein. Genug davon, meine Freunde und Retter. Kehrt mit mir noch einmal zurück nach Farynt, in die Wolke der sich ausbreitenden Atome des ehemaligen Planeten Bheyn, an die Stätte des Beginns der sinnlosen Vernichtungsschlachten. Es ist etwas Wunderbares im kosmischen Geschehen und damit auch in dieser Geschichte, daß selbst in den ärgsten Nöten das Gute noch Triumphe feiert. Es mag sein, daß es sich um kleine Triumphe handelt, aber auch diese haben ihre Bedeutung, denn die Beteiligten waren ehrlichen Herzens. Es ist das letzte Kapitel dieser Geschichte, die ich nicht ohne Grund »Galaktisches Epos« genannt habe, aber auch diese Episode hat noch kein absolutes Ende gefunden, wie ihr auch ohne meine Erklärungen verstehen werdet. Denn einer aus dieser Geschichte lebt noch heute, auch wenn ihr glauben müßt, daß es nicht so ist.

Und es ist eine Geschichte von der Versöhnung Einsichtiger und Hilfsbereiter. Ich erzähle sie gern, weil ich euch, meine Solaner, etwas aus der Trübsal reißen möchte, in die ich euch geführt habe. Ich erzähle sie ungern, weil ich die letzten Geheimnisse, die damit wahrscheinlich verbunden sind, selbst nicht kenne und verstehe.

Es ist die Geschichte von Vlahresern und Bheyndern, leider nur von sehr wenigen. Wenn beide Völker so reagiert hätten, wäre Bars-2-Bars heute Bars und Farynt. Es ist auch die Geschichte eines jungen Vlahresers namens Turelmem und die seines Erkunderschiffs TYXX.

Und dann spielt darin etwas aus der vlahresischen Geschichte eine Rolle, nämlich daß große Männer einen Namen haben, der mit K beginnt und endet.

Jetzt fühle ich euer Interesse, das ihr mir schenkt. Auch glaube ich trotz der großen Entfernung dieÜberlegungen von Atlans Extrasinn zu spüren, der längst durchschaut hat, wie diese Geschichte verliefund wer der Überlebende daraus ist.

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9.

Nach solanischen Maßstäben war Turelmem 445 Jahre alt. Für einen Vlahreser in der Flotte des Raumchefs Kolk galt er damit als durchschnittlich erfahren, hinreichend besonnen, aber sonst nichts Besonders. Es war auch mehr auf den Zufall und den hektischen Aufbruch von Vlah zurückzuführen, daß gerade Turelmems TYXX als Erkunderschiff in der unmittelbaren Nähe des Tyarsymbolschiffs war.

Normalerweise hätte ein Vlahreser wie Turelmem gar kein Kommando innehaben dürfen, denn er besaß nur vier Extremitäten. Die normalerweise vorhandene fünfte Extremität war bei Turelmem ein verknorpelter Stumpf. Er hatte in seiner Jugend, über die man sich an Bord der TYXX die wildesten Gerüchte erzählte, diesen Arm durch etwas verloren, was er als Unfall bezeichnete, obwohl jedermann wußte, daß der Verlust dieses Gliedes auf einer wilden Rauferei beruhte. Auch das war nichts Besonderes, denn ein Vlahreser war biologisch in der Lage, verlorengegangene Gliedmaßen nachwachsen zu lassen. Turelmem wäre also normalerweise wieder »normal« gewesen.

Eine undurchschaubare Laune der Natur mußte die Ursache dafür sein, daß dieses Erhaltungsprinzip bei ihm nicht funktionierte. Keiner seiner Mitbürger hatte je etwas Nachteiliges darüber empfunden oder geäußert. Daß er auch keine Nachkommen haben konnte, obwohl er über dreißigmal den Startimpuls gegeben hatte, stimmte schon einige Freunde sehr traurig. Turelmem war das, was man früher auf der Erde hinter der hohlen Hand »bedauernswert« genannt hatte. Auf Vlah waren solche Heucheleien unüblich und unbekannt. Dennoch war es für Turelmem zwar hart gewesen, Kommandant eines kleinen Raumers zu werden, aber das lag am System, in dem sich die Geduld und die Bewährung als dominierende Faktoren für den persönlichen Fortschritt herausgeschält hatten.

Turelmem war ruhig und gewissenhaft. Diese Eigenschaften waren eine Basis dafür gewesen, daß er Bheyn fand und die Koordinaten an Kolk übermitteln konnte. Auch danach handelte er noch beherzt und sachlich. Er stand mit der TYXX in der Korona einer nahen Sonne, als er von dem Untergang Vlahs erfuhr und von Kolks Angriffs- und Racheplänen.

Er schwankte für ein paar Gedanken damit, in den Kampf um Bheyn einzugreifen, aber er entschloß sich dafür, seine lächerliche Partellkanone nicht ins Gefecht zu führen, weil er damit niemals den Ausschlag geben konnte. Das einzige Geschütz der TYXX, das wirkte, war zu schwach für diese Auseinandersetzung.

Turelmem wartete, bis die Schlacht geschlagen war. Er tat auch noch nichts, als die letzten drei Raumschiffe der Bheynder ihrer zerstörten Heimat den Rücken kehrten. Seine vier Besatzungsmitglieder zeigten ihre Ungeduld in der den Vlahresern angeborenen Weise. Sie erkannten aber auch die Absichten ihres Kommandanten.

Die energetische Vernichtungswelle von Bheyn konnte die TYXX in ihrem sicheren Versteck nicht treffen. Die letzten Schiffe des Gegners waren längst verschwunden. »Jetzt«, sagte Turelmem nach langenStunden des Schweigens, »suchen wir nach Überlebenden.«

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»Du meinst«, fragte Orsk, der sein Stellvertreter war, »nach überlebenden Vlahresern?« »Nein, Orsk«,antwortete der Kommandant der TYXX. »Wir suchen nach Überlebenden.«

Orsk winkelte betreten zwei Arme ein und machte sich an die Arbeit. Die wichtigen Personen besaßen Notsender mit einem persönlichen Kode. Während die TYXX durch die Reste des ehemaligen Planeten Bheyn kreuzte, lauschten die Empfänger auf den Frequenzen, aber nichts war zu hören.

Turelmem bediente selbst die Energieortung, was bei der Reststrahlung der Trümmer von Bheyn kein leichtes Unterfangen war. Er fand aber ein paar Echos, die es wert waren, nach dem Rechten zu sehen. Es waren acht Zeichen für noch vorhandenes Leben aus dem Chaos der Vernichtung. Er flog sie in der Reihenfolge an, die den geringsten Zeitbedarf benötigte. Er fand fünf Leichen, darunter die von Kolk, der zufrieden lächelte. Nummer sechs war ein junger Bheynder, der sich freundlich für seine Rettungbedankte, als die Übersetzungsgehirne funktionierten. Sein Name war Errentyr.

Dann fand Turelmem ein Wrack einer Bheynderin, die sich Djerbsch nannte und darum bat, in aller Ruheschlafen zu dürfen. Der letzte Überlebende war endlich ein Vlahreser. Turelmem empfing ihn wie die Bheynder – persönlich an der Schleuse des Traktorstrahlers. Er war ein bißchen enttäuscht, denn er kannte diesen Angehörigen seines Volkes.

Er wirkte aber sehr unkonzentriert und abwesend. Turelmem sagte nichts, als er den Grund dafür sah.

Und Annymon bestätigte diesen Verdacht, denn er blickte Turelmem ganz treu und einfach an.

»Ich bekomme ein Kind, Kommandant. Das ist wichtiger als meine Rettung aus einer hoffnungslosen Lage. Bitte bringe mich an einen ruhigen Ort. Es wird ein Kind sein, dessen Name mit einem K beginntund endet.« Über Turelmems graubraunes Gesicht flog ein verstehendes Lächeln. Er stellte sich auf eins seiner vier Beine und wedelte zustimmend mit den drei Armen, die er so hatte. Wenige Schritte von ihm entfernt stand die alte Prezzarleserin und verzog ihre dicken Lippen in dem negroiden Gesicht zu einem strahlenden Lächeln.

Djerbsch hatte wieder eine Ahnung.

*

Die Betroffenheit aller Anwesenden auf der TYXX über die jüngsten Ereignisse war so groß, daß die Verfeindung der beiden Völker unbedeutend wurde. Errentyr und Djerbsch vertraten zudem weiter ihre persönlichen Ansichten, und die deckten sich nicht mit denen der ehemaligen Regierung auf Bheyn. Turelmem überließ Orsk das Kommando und kümmerte sich nur um die noch holprigen Gespräche zwischen den Geretteten. Annymon war durch seine bevorstehende Geburt so sehr von seinem normalen Verhalten als Vlahreser abgerückt, daß seine Worte bei der Prezzarleserin und dem jungen Bheynder auf volles Verständnis stießen.

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Der Kommandant mischte sich erst später in das Gespräch ein.

»Wir haben mit euch eine Keimzelle für die friedliche Verständigung gefunden«, erklärte Turelmem zufrieden. »Diesen Gedanken sollten wir mit aller Konsequenz fortführen. In Bars wird sich eine neue Regierung etabliert haben, die aus den Geschehnissen auch die richtigen Schlüsse ziehen kann. Wenn wir mit dem Wissen Djerbschs dort kein positives Echo finden, dann hänge ich meinen Job an den Nagel. Der beginnende Völkermord muß ein rasches Ende finden.«

Mit neuem Mut machte sich die Besatzung der TYXX auf den Weg zurück in die Regionen von Bars. Turelmem saß wieder im Kommandantensessel, als die alte Bheynderin zu ihm trat.

»Trifft es dich sehr hart«, fragte sie, »wenn ich dir sage, daß ich deinen Plan zwar uneingeschränkt befürworte, aber auch weiß, daß er sich nie erfüllen wird?«

»Eine Ahnung?« wollte der Vlahreser wissen.

»Wahrscheinlich. Das Bild ist undeutlich. Es enthält aber bestimmt andere Elemente als dein Vorhaben.«

»Das trifft mich hart«, gab Turelmem offen zu. »Was siehst du?«

»Ich bin schon zu weit vom Kern meiner Galaxis entfernt. Meine unerklärliche Gabe schwindet. Sie hing sicher mit Prezzar zusammen, mit dem mich etwas verband. Ich wünschte, ich könnte zu eurem Tyar auch eine solche Verbindung ziehen. Mehr weiß ich nicht.«

Djerbschs ungenaue Vorhersage bewahrheitete sich wenig später. Die TYXX verließ für eine kurzeOrientierung den Überraum und landete mitten in einem Pulk bheyndischer Kampfschiffe, die ihren Weg von Bars zurück nach Farynt suchten.

Ohne Warnung wurde auf das kleine Schiff das Feuer eröffnet. Obwohl Turelmem blitzartig reagierte undeine Nottransition auslöste, erhielt das Erkunderschiff zwei Treffer. Die Flucht durch den Überraum verlief unkontrolliert. Der Bordrechner brach den Flug dann vorzeitig ab, weil verschiedene Antriebssysteme nicht mehr funktionierten. »In diesem Hexenkessel gibt es keinen Platz für eine friedliche Verständigung«, klagte Annymon. »Der Funke ist gezündet. Niemand kann ihn löschen.«

Djerbsch nickte schweigend.

Turelmem und seiner Besatzung gelang es nach dem Rücksturz in den Normalraum, die TYXX einigermaßen unter Kontrolle zu bekommen. Man befand sich noch über 50.000 Lichtjahre vom Kern der Zivilisation der Vlahreser entfernt. Die Funkanlagen waren vollkommen zerstört worden, und auchder Überlichtantrieb funktionierte nicht mehr. Die Ortungsanlagen zeigten keine Echos in einem großen Umkreis.

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»Wir sind verloren«, stellte der Vlahreser fest. »Aus eigener Kraft können wir keine unserer Welten mehr erreichen.«

Die TYXX flog dann mit dem Unterlichttriebwerk viele Monate, bis man in die Nähe einer kleinen gelben Sonne kam, die einen einzigen Planeten besaß.

Während der ersten Tage dieser Odyssee gebar Annymon seinen Sprößling. Djerbsch nannte ihn Lyttker, was in ihrer Sprache »neue Hoffnung« bedeutete. Annymon behielt es für sich, wie der handgroße Fünfbeiner einmal wirklich heißen sollte.

Als die angeschlagene TYXX mit letzter Kraft auf dem einsamen Planeten landete, war Lyttker schon achtundzwanzig Zentimeter groß. Jeder an Bord mochte den kleinen, aufgeweckten Burschen, der als einziger die hoffnungslose Lage nicht erkennen konnte. Sie nannten den Planeten Vlahbheyn, und sie waren froh, daß er ihnen verträgliche Lebensverhältnisse anbot. Die TYXX bot mit ihren Vorräten einesichere Überlebenschance für eine lange Zeit, und danach würde man von dem leben können, was die Natur lieferte. So entstand auf Vlahbheyn eine kleine Kolonie aus sechs Vlahresern und zwei Bheyndern als friedliche Gemeinschaft. Annymon bastelte einen Empfänger zusammen, aus dem man erfuhr, was draußen im All geschah. Er behielt diese Informationen für sich, denn er wollte das neue Leben nicht stören. Nach einem Jahr hatte Lyttker seine volle Größe erreicht. Mit einer Feier begann man gemeinsam seinen Geburtstag. Da der Lebensrhythmus der Vlahreser sich von dem der Menschen grundsätzlich unterschied, befand sich Annymons Nachkomme schon etwa auf der Stufe eines Zwanzigjährigen.

Außerhalb der drei Hütten, die man errichtet hatte, traf man sich an einem offenen Feuer. Hier speisten und tranken sie bis in die späten Abendstunden.

Als Djerbsch für eine Weile verschwunden war, fiel das zunächst gar nicht auf. Schließlich kehrte sie in den Kreis zurück und stellte sich vor Lyttker auf. Alle merkten, daß sie etwas sagen wollte.

Zunächst reichte sie dem Fünfbeiner eine Hand, wobei sie wegen ihrer doppelten Körpergröße auf die Knie gehen mußte. Dann bat sie um Ruhe.

»Meine Freunde«, erklärte sie feierlich. »Nach vielen Monaten der inneren Ruhe habe ich wieder einen Kontakt herstellen können. Ich weiß allerdings nicht, wer zu mir gesprochen hat. Es klang ein bißchen wie Prezzar, ein bißchen wie Tyar und ein bißchen ganz anders. Ich empfand den Kontakt aber als angenehm. Das unbekannte Wesen, das zu mir sprach, war gut. In dem, was es mir mitteilte, ging es allein um Lyttker.« Annymon erhob sich und stellte sich neben der alten Bheynderin und seinem Sprößling auf. Er wollte kein Wort von dem versäumen, was Djerbsch nun sagen würde.

»Lyttker wird uns bald verlassen«, verkündete die ehemalige Prezzarleserin. »Es gibt irgendwo eine positive Macht, so ließ mich das unbekannte Wesen wissen, die sich seiner annehmen will, denn er hat eine bedeutende Aufgabe zu erfüllen.«

»Welche Aufgabe?« fragte Annymon in die Pause hinein, die entstanden war.

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»Das entzieht sich meiner Kenntnis, denn davon habe ich nichts in der Mitteilung gelesen. Ich kann nur wiederholen, daß es sich um eine wichtige Angelegenheit handelt.« Unruhe kam nach dieser Mitteilung bei den Vlahresern auf. Insbesondere Orsk, der in den nächsten Tagen eine Zwillingsgeburt erwartete, regte sich furchtbar auf.

»Wer sollte unsere Ruhe hier stören«, meinte Turelmem, »und Lyttker entführen?« »Von einer Entführung war nie die Rede!« wehrte Djerbsch energisch ab. »Die Sache ist vielmehr so, daß Lyttker freiwillig gehen wird.«

»So ist es«, bekräftigte der junge Vlahreser zum Erstaunen aller. »Nicht wahr?« »Ich verstehe kein Wort.« Annymon klammerte sich an seinen erwachsenen Sprößling.

»Auch ich verstehe es nicht«, gab der treuherzig zu. »Aber ich fühle, daß Djerbsch die Wahrheit sagt.«

»Was hast du noch erfahren?« Errentyr war der einzige der kleinen Gemeinschaft, der sichtlich unter der Einsamkeit litt. »Ich kann euch die Worte wiederholen«, fuhr Djerbsch fort, »aber deuten kann ich sie nicht. Der Unbekannte bat darum, daß Lyttker seinen richtigen Namen bekäme. Annymon wisse, was damit gemeint sei. Wenn das geschehen sei, würden die drei Leben, die Lyttker erhalte, ihm helfen, seine Aufgabe zu erfüllen.«

»Du hast einen schlechten Traum gehabt!« begehrte Orsk auf. »Ich kann dir kein Wort glauben.«

»Es ist unerheblich«, erklärte die Alte sanft, »ob mir jemand glaubt oder nicht, denn ich weiß, daß es so kommen wird, wie ich es gelesen habe.«

»Ich weiß es auch«, bestätigte Lyttker. »Nicht wahr?«

Annymon dachte praktischer.

»Wann soll er denn verschwinden?« wollte er wissen. »Und wie?«

Die Frau zuckte mit den Schultern. »Ich habe nun alles gesagt, was ich vernommen habe.«

Die setzten sich wieder in den Kreis und diskutierten heftig, bis der junge Vlahreser mehrere Arme hob.

»Ich glaube, es ist an der Zeit, daß ich den Namen erfahre, den Annymon für mich bestimmt hat.«

Der Wissenschaftler war in sich zusammengesunken. Er schwieg.

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»Du mußt es mir sagen!« drängte Lyttker. »Auch wenn du weißt, daß ich dadurch eher gehen werde.«

Annymon strich die Haare aus dem Gesicht. »Dein Name wird für immer ein Geheimnis bleiben.«

»Du kannst noch viele Nachkommen haben.« Lyttker sprang auf und stellte sich auf ein Bein. »Du mußt den Namen nennen. Ich weiß, daß er mit einem K beginnen und enden wird, wie du es dir gewünscht hast.« Nun erhob sich auch Annymon.

»Ich habe dich Kik genannt«, erklärte er feierlich und umarmte seinen Sprößling. »Die Zeit ist reif, nicht wahr?« sagte Kik. »Lebt wohl und habt Dank!«

Plötzlich war ein Leuchten am Nachthimmel. Strahlen glitten daraus hervor und tasteten nach dem jungen Vlahreser.

Kik wurde transparent und löste sich vor den Augen der anderen auf.

Annymon starrte lange schweigend auf die Stelle, an der Kik gestanden war. Das ferne Leuchten war längst wieder verschwunden. »Leb wohl, Kik«, murmelte er dann. Als er sich wieder zu den anderen gesellte, strahlten seine Augen in einem seltsamen Glanz.

»Ich habe mir soeben den Impuls für einen neuen Sprößling gegeben«, verkündete er. Die Vlahreser warfen jubelnd alle freien Arme in die Höhe. Nur Errentyr blickte etwas betreten.

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10.

Atlan fühlte wie alle Solaner, daß Wöbbeking-Nar’Bon ganz plötzlich von ihm gewichen war. Einen besonderen Grund dafür erkannte der Arkonide nicht, aber er nahm automatisch an, daß das Ei aus Jenseitsmaterie seine Geschichte als beendet betrachtete. Die Mitglieder seines Teams blickten ihn fragend an, bis Atlan einmal kurz auflachte. »Ihr wißt, was die Geschichte bedeutet?« fragte er die anderen und fuhr sogleich fort: »Die SOL wird mit der Beendigung dieses Wahnsinnsflugs in Bars-2-Bars im Normalraum auftauchen. Das steht für mich fest.« »Wöbbeking hat das nicht direkt angedeutet.« Joscan Hellmut räusperte sich. »Man kann es vermuten, aber bewiesen ist es nicht.« »Es ist so«, erklärte Tyari hart. »Ich weiß nichts Genaues über mich, aber jetzt hat es doch den Anschein, daß Tyar noch existiert, und daß er mich zu euch geschickt hat.« »Entscheidend ist allein«, sagte Atlan, »daß Bars-2-Bars der Nabel zur Namenlosen Zone und damit zu Anti-ES ist. Anti-ES allein weiß, wo Varnhagher-Ghynnst liegt. Damit führt unser Weg über Bars-2-Bars zu den Koordinaten, die aus meinem Gedächtnis gelöscht wurden.«

»So folgert wohl jeder von uns seinen Teil aus diesem Epos für sich.« Tyari blickte Atlan freimütig an. »Was denkst du über mich?« »Bist du echt? Oder bist du ein künstliches Produkt?«

»Ich bin echt.« Die Frau lachte gequält. »Hage hat mich mehrfach untersucht. Biologisch gesehen, bin ich fast eine Arkonidin, obwohl ich gar nicht weiß, was oder wo Arkon ist.«

»Kik«, sinnierte Atlan weiter. »Es ist ein Jammer, daß Sanny nicht mehr bei uns ist. Zweifellos ist mit diesem Lyttker jener Kik gemeint, den ich aus den Reinkarnationserlebnissen kenne. Wer war die Macht, die ihn in die Namenlose Zone holte? Sind seine drei Leben das, was uns Wöbbeking berichtete, als Kik starb und seine Funktion auf merkwürdige Weise an Sanny übergab? Das Epos, das wir gehört haben, hat vieles erklärt, aber auch neue Fragen aufgeworfen.«

»Wir hörten auch«, warf Bjo Breiskoll ein, »daß Wöbbeking nicht alle Zusammenhänge kennt.«

»Wenn die SOL wirklich nach Bars-2-Bars fliegt«, verlangte Argan U, »so sollten wir dort nach den Vlahresern und Bheyndern suchen. Dann wüßten wir mehr über diese Geschichte.«

»Das ist unwichtig, Kleiner.« Tyari legte dem Puschyden freundlich eine Hand auf die bepelzte Schulter. »Es geht allein darum, daß Tyar befreit wird.«

»Wenn, dann Tyar und Prezzar«, korrigierte Atlan sie. »Du siehst nur die Aufgabe, für die du erschaffen worden bist. Ich sehe die Angelegenheit jedoch anders. Mein erstes Anliegen ist die Rückgewinnung der Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst. Aber selbst das scheint mir im Gesamtgeschehen nur ein Mosaiksteinchen zu sein. Es wird mir immer bewußter, daß es in Wahrheit um sehr viel mehr gehen muß. Alle Beteiligten, angefangen vom kleinsten Solaner bis hin zu Anti-ES oder den Hohen Mächten, haben in irgendeiner Form ein konkretes Ziel. Diese Zielsetzungen unterscheiden sich oft grundsätzlich, aber sie sind alle Ausdruck der positiven oder negativen Kräfte des Kosmos. Wenn es uns einmal gelingen sollte, das Funktionieren dieser Kräfte und ihr Zusammenspiel zu durchschauen, dann wüßten wir wirklich mehr.

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Aber ich glaube nicht, daß wir diesen Punkt auch nur annähernd erreichen können.« »Was soll nun geschehen?« fragte Tyari. »Den nächsten Schachzug können wir nicht bestimmen«, antwortete Atlan. »Ich werde mich mit Breckcrown Hayes und SENECA beraten.«

Ein Interkom summte. Es war der High Sideryt, der noch etwas verwirrt schien. »Atlan«, sagte Hayes. »Die äußeren energetischen Bedingungen beginnen sich zu verändern. Wir vermuten, daß uns dieserÖdraum bald ausspucken wird.«

ENDE

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Weiter geht es in Band 128 der Abenteuer der SOL mit:

Volk in Fesseln

von Peter Terrid

Impressum:

© Copyright der Originalausgabe by Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

Chefredaktion: Klaus N. Frick

© Copyright der eBook-Ausgabe by readersplanet GmbH, Passau, 2008, eine Lizenzausgabe mit

Genehmigung der Pabel-Moewig Verlag KG, Rastatt

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