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(Aus dcr Universit~its-Hals-, Nasen-, Ohrenklinik Jena. Vorstand: Prof. J. Zange.) Gefahren der paravertebralen Leitungsaniisthesie des Plexus cerviealis mit Versuehen an der Leiche dazu. Von Dr. Paul Falk, Assistent der Klinik. Mit 2 Textabbildungen. (Eingeganffen am 16. November 1936.) Bedrohliche Zust~nde und pl6tzlicher Ted bei paravertebraler Lei- tungsan/isthesie des Plexus cervicMis sind gliicklieherweise ein verh/iltnis- mgBig seItenes Ereignis, k6nnen aber gelegentlich doeh vorkommen. Sie sind in ihren Ursachen noeh keineswegs v611ig gekl/~rt. Man ist daher bis jetzt aueh noeh nicht mit yeller Sieherheit in der Lage, diesem stets unerwartet eintretenden, aufs h6ehste bedrohliehen und unter Umst~nden sog~r katastrophalen Ereignis, das dann rasch und unaufh~ltsam mit dem Tode des Kranken endet, entspreehend zu begegnen. Haupts~ehlich in der ehirurgisehen Literatur sind im Laufe der letzten 20 Jahre allmi~hlieh eine ganz stattliehe Zahl soleher Zuf/~lle meist als Einze]mitteilungen bekannt gegeben worden, so yon Braun, Meyer, Fgrster, Holm, Winterstein, Jung, Bri~tt, Becket, Kappis, Wiemann u. a. Man hat diese Ungliicksf/~lle meist bei groBen Halsoperationen, nament- lich Kropfoperationen, Kehlkopfexstirpationen und tiefen Halsopera- tionen erlebt. Es trat stets der unabwendbare Zwischenfall in unmittelbarem Zu- sammenhang mit der paravertebralen Leitungsan/~sthesie des Plexus cervica]is auf. Und zwar, soweit man nacll den bisher bekanntgegebenen Beobachtungen sehgtzen kann, sind am meisten die sehwersten Ersehei- nungen naeh dem Verfahren yon Kappis, Braun und Htirtel aufgetreten. Das Kappissche Verfahren, das zuerst zur LeitungsanS~sthesie des Plexus eervicalis angewandt wurde, ist sehon lange zugunsten neuerer Methoden ver- lassen worden. Kappis spritzte entlang einer Linie vom Querfortsatz des Atlas his hinunter zum Querfortsatz des 7. I-Ialswirbels seitlich mehrfaeh eine ll/2%ige Novocain-Suprareninl6sung, im ganzen 20 cem auf jede Seite, yon hinten seitlieh neben den Dornfortsgtzen bis auf die Querforts/ttze und an ihnen vorbei noch 1--11/= eem naeh vorn ein. Das /~ltere Braunsehe Verfahren hat sieh sparer sehr an das Hiirtelsehe an- gelehnt, weshalb beide Methoden der Ktirze halber zusammen behandelt werden kSnnen. Braun teilt eine Linie veto Warzenfortsatzrand his zum Sehliisselbein in drei Teile. An der Grenze zwisehen mittlerem und oberem Drittel ist der Ein- stichpunkt, yon dem man mit der Kaniile den nachstgelegenen Querfortsatz der Wirbels/~ule yon der Seite her aufsueht. Ohne die Nadel, wie Braun friiher angab, noch 1/2--1 em nach vorn und tiefer zu fiihren, gebt er mit der Kaniile einige Milli-

Gefahren der paravertebralen Leitungsanästhesie des Plexus cervicalis mit Versuchen an der Leiche dazu

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(Aus dcr Universit~its-Hals-, Nasen-, Ohrenklinik Jena. Vorstand: Prof. J. Zange.)

Gefahren der paravertebralen Leitungsaniisthesie des Plexus cerviealis mit Versuehen an der Leiche dazu.

Von Dr. Paul Falk,

Assistent der Klinik. Mit 2 Textabbildungen.

(Eingeganffen am 16. November 1936.)

Bedrohliche Zust~nde und pl6tzlicher Ted bei paraver tebraler Lei- tungsan/isthesie des Plexus cervicMis sind gliicklieherweise ein verh/iltnis- mgBig seItenes Ereignis, k6nnen aber gelegentlich doeh vorkommen. Sie sind in ihren Ursachen noeh keineswegs v611ig gekl/~rt. Man ist daher bis je tzt aueh noeh nicht mi t yeller Sieherheit in der Lage, diesem stets unerwar te t e int re tenden, aufs h6ehste bedrohliehen und unter Umst~nden sog~r katas t rophalen Ereignis, das dann rasch und unaufh~l tsam mi t dem Tode des K r a n k e n endet, entspreehend zu begegnen.

Haupts~ehlich in der ehirurgisehen Li te ra tur sind im Laufe der letzten 20 Jahre allmi~hlieh eine ganz stat t l iehe Zahl soleher Zuf/~lle meist als Einze]mit te i lungen bekann t gegeben worden, so yon Braun, Meyer, Fgrster, Holm, Winterstein, Jung, Bri~tt, Becket, Kappis, Wiemann u. a.

Man ha t diese Ungliicksf/~lle meist bei groBen Halsoperat ionen, nament - lich Kropfoperat ionen, Kehlkopfexst i rpat ionen und tiefen Halsopera- t ionen erlebt.

Es t r a t stets der unabwendbare Zwischenfall in unmi t t e lba rem Zu- sammenhang mit der paraver tebra len Leitungsan/~sthesie des Plexus cervica]is auf. Und zwar, soweit man nacll den bisher bekanntgegebenen Beobachtungen sehgtzen kann, sind am meisten die sehwersten Ersehei- nungen naeh dem Verfahren yon Kappis, Braun und Htirtel aufgetreten.

Das Kappissche Verfahren, das zuerst zur LeitungsanS~sthesie des Plexus eervicalis angewandt wurde, ist sehon lange zugunsten neuerer Methoden ver- lassen worden. Kappis spritzte entlang einer Linie vom Querfortsatz des Atlas his hinunter zum Querfortsatz des 7. I-Ialswirbels seitlich mehrfaeh eine ll/2%ige Novocain-Suprareninl6sung, im ganzen 20 cem auf jede Seite, yon hinten seitlieh neben den Dornfortsgtzen bis auf die Querforts/ttze und an ihnen vorbei noch 1--11/= eem naeh vorn ein.

Das /~ltere Braunsehe Verfahren hat sieh sparer sehr an das Hiirtelsehe an- gelehnt, weshalb beide Methoden der Ktirze halber zusammen behandelt werden kSnnen. Braun teilt eine Linie veto Warzenfortsatzrand his zum Sehliisselbein in drei Teile. An der Grenze zwisehen mittlerem und oberem Drittel ist der Ein- stichpunkt, yon dem man mit der Kaniile den nachstgelegenen Querfortsatz der Wirbels/~ule yon der Seite her aufsueht. Ohne die Nadel, wie Braun friiher angab, noch 1/2--1 em nach vorn und tiefer zu fiihren, gebt er mit der Kaniile einige Milli-

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meter nach hinten und unten. An dieser Stelle werden 50 ecru Novocain-Supra- reninl6sung eingespritzt.

Hiirtel und Braun gehen also seitlich ein und bringen das An/~sthetieum an dieselbe Stelle etwas hinter und neben den Querfortsatz.

Braun hat seine Methode sowie alle paravertebrMen injekt ionen im Halsgebiet wegen der grol3en Zahl der unerwiinsehten Nebenwirkungen sehon seit dem Jahre 1925 wieder aufgegeben und greift je tz t auf das /~ltere Verfahren yon Kulenkamp// zuriiek, bei dem man keine naeh- teil igen Folgen er lebte .

Naeh Kule~kamp/] werden die vorderen Aste des Plexus eerviealis ungef/ihr in der Mitts des hinteren Kopfnickerrandes an der Stelle, (lie in der Regel dutch (tie Kreuzung der V. ju~ub~ris mit dem l~and des M. sternoeleidom~stoideus gekenn- zeielmet ist, unterbroehen. An dieser Stelle wird (tie Hohlnadel von vorn naeh hinten his unter die oberfltiehliehe Ft~seie vorgesehoben und dort 30 eem shier 1/2%igen Novocainlasung eingespritzt. I)~mn wird noeh sin Streifen subkuta, n entbmg dem hinteren Kopfniekerrand infiltriert. Andere sensible Innervationen gelangen nur noch limgs der grolten Arterien, so der A. thyreoidea sup., zu den grogen ()rganen des Halses und erfordern eine besondere Einspritzung.

A u c h naeb der U n t e r b r e e h u n g der sensiblen :'~ste des P lexus eerv iea l i s naeh Soeren,sen, welches sine A b w e i e I m n g der Brannschen M e t h o d e dars te l l t , sin(t bis h e u t e auf3er dem yon mir im fo lgenden m i t g e t e i l t e n und z , m (]egenst~md einer e ingehend(m [ ; n l e r s l w h u n g gema( 'h t en Fall ke ine . n l i e b s a m e n N e b e n e r s c h e i n m l g e n au f~e t re l en .

~%~o~'rt,~t,~e~ sal t ill sc, iner Operationslehre: ,,Uin (It,s Anstt,chen yon A. mid V. verle br~dis sowit~ das mlbe~bsiehligte Eindringen der Nadel in den Ctmalis vei'tebraIis sieher zu vermeidcn, sehiebe ieh mit der Spitze des linken Zeigefingers den Kopf- nicker umnitielb~rr oberh~rlb der Stelle, we er wm (ter V. jugularis cxterm~ gckreuzg wird, sin wtmig nt~eJi vorn und stecJm darm aH schism Hirltermnd die Nadel in sagittaler | l iehtung dns ist senkreeht von vorn retch hinten auf (tie Spitze des ntiehstliegendcn Q, ueffortsatzes sin trod fiihre sic ein wenij retch hinten an der Spitze vorbei. An dieser Stelle werden 20 30 cem ~/2%iger Novoeainl6sung ein- gespritzt." Unangenehme Zwisehenftille sind retch Noer(,nsen bei dieser Methods niem~tls aufgetreten.

] ) ie bed roh l i ehen Zuf/ille, (lie bei p a r a v e r t e b r a l e r Le i tungsan / t s thes ie des P lexus eervic~tlis au f t r e t en , sind bek~mnt u n d un te r sehe iden sieh von denen , wie m a n sie yon a n d e r e n Ant~s thes iemethoden he r k e n n t , nur u n u e s e n t l i e b .

Die leichteren Vergi/tung,s'erschein'ungen b ie t en : [ )be lke i t , E r b r e e h e n , hoehgr~d ige B15sse, m a n c h m a l a u c h Cyanose , ka l t e Sehwe igausb r i i ehe , vo r / i be rgehende ]rregub~rit / t t , B e s e h l e u n i g u n g und Sehw/~eherwerden des Pulses, T r o e k e n h e i t im Hals , Unruhe , F l i m m e r n v o r den Augen , Sehl/~frigkeit usw.

I n ~'chwereren FO:llen er leb t m a n uner t r / tg l iehe K o p f s e h m e r z e n , Pup i l l ens t a r r e , N y s t ~ g m u s , K r s E r b l i n d u n g , Del i r ien , ep i l ep t i f o rme Anf/~lle, n i eh t f / ih lbaren Puls , brag d a u e r n d e S e h l a f z u s t / m d e m i t all- g e m e i n e m Sensibi l i t /~tsverlust .

256 Paul FMk:

Die schwersten Verwiclclungen gingen mi t vollsts b le ibender motor i scher L~hmung eines Armes , plgtz l ichem Atems t i l l s t and und schnell folgender Herz l~hmung einher.

W e n n m a n yon der LumbM- und SakrMan~sthesie, die eine Sonder- stel lung einnehmen, ~bsieht, s ind die sehwers ten Zwischenf~lle fast immer bei E inspr i t zungen in unmi t t e lba re r N&he der Wirbels~ule vorgekommen und am h~ufigsten bei der pa raver tebrMen Lei tungsans des Plexus cervicMis. Auch ist es im Gegensatz zu anderen An~sthes ieverfahren bezeichnend, dab die Nebenwirkungen immer unmi t tMbar naeh der In j ek t ion und aueh oftmMs bei ganz kleinen NovocMnmengen vor- kamen. Der Tod t r a t in allen F~l len innerhMb weniger Sekunden oder einiger Minuten ein, eine Tatsache , die aueh mehrmMs, ~ber doch welt sel tener bei anderen An/~sthesiemethoden beobach te t wurde.

Die Zahl der leichten und mi t te l sehweren Vergif tungserseheinungen bei pa raver tebrMer Leitungsan/~sthesie des Plexus eervieMis is t ungeheuer grog und nieht ann/ ihernd fests tel lbar . Die Beobaehtungen, welehe die schwersten S y m p t o m e bieten, sind ebenfMls im Verh~ltnis zur H/~ufigkeit der Anwendung dieser Methode grog.

Vori ibergehende sehwere Vergif tungserscheinungen boten u . a . die F~tlle von Meyer, Holm, Jung und Fgrster. Meyer beobaeh te t e in 2 F/~llen einen 3/4 S tunde andaue rnden Sehlafzustand. Jung erlebte bei einer TotMexs t i rpa t ion des Kehlkopfes einen Atmungss t i l l s t and yon 11/2 Stun- den bei etwas gesehs Herzt/~tigkeit. Holm sah einen tod/~hnliehen Zus tand mi t gesp i r a t ionss t i l l s t and und n ieht mehr fes ts te l lbarer Herz- akt ion. In 2 F/~llen von Fgrster se tz te A t m u n g und Puls aus. Diese und noeh viele andere F/~lle gingen in vollst/~ndige Hei lung aus.

Aber es t r a t en aueh im Anschlul3 an diese An(isthesiemethode bleibende schwere Zusts und in d F(illen der unabwendbare Tod ein.

So besehreibt Winterstein einen Fall, bei dem nach paravertebrMer An~sthesie yon 2 Punkten aus mit subkutaner Umspritzung unter Verwendung von 40 ccm l%iger und 80 cem 1/.~%iger NovoeMn-AdrenMinlgsung zwecks Strumaoperation auger dem unmittelbar nach der Einspritzung eintretenden schweren, aber voriiber- gehenden Zustand eine vollst/~ndige motorische L/~hmung des linken Armes zuriick- blieb.

J~ri~tt teilt in seinem Fall mit: Vor dem Eingriff wegen Strumarezidiv 0,0005 Sco- polamin und 0,01 Morphium. Leitungsan~tsthesie nach Hiirtel mit 140 cem einer 1/~%igen NovocMnlgsung. Nach 5 Min. plgtzliches Pulsaussetzen, kurz d~rauf Atemstills~and. Die Autopsie ergab keinen Befund fiir plgtzlichen Tod. Der Ver- fasser erkl/~rt den Tod mit dem Zusammenwirken mehrerer Dinge. Er sueht die Ursaehe aber nieht in einer L/~hmung des Atemzentrums, er nimmg vielmehr an, dag die sehr geringen Giftmengen geniigten, um das anatomisch normMe, aber funktionell untiiehtige Herz bei einem abnorm tiberempfindliehen ZentrMnerven- system irreparabel zu schi~digen.

Bec/cer erw~hnt einen Fall, bei dem er bei Strumaoperation in paravertebralel Leitungsan/~sthesie des Plexus cervieMis einen letalen Ausgang erlitt. Er ist der Meinung, dag es sieh um eine intravasMe Injektion des Novoeains handele; ni~here Angaben konnte ieh nieht linden.

Gefahren der paravertebralen Leitungsan/~sthesie des Plexus cervicalis. 257

Kappis erlebte nach beiderseitiger Einspritzung an den Plexus cerviealis und nach 6rtlicher beiderseitiger oberfl/~chlicher und tiefer Einspritzung im tIalsgebiet im Beginn der Operation ebenfalls einen Todes/all. Er glaubt bei Halsoperationen an eine Blutleere im Gehirn dureh Einspritzung im Gebiet der Karotiden und der Vertebrales oder an das Zusammentreffen verschiedener Faktoren.

Wiemann tell( einen Todes'/all bei eervicaler Leitungsan~sthesie nach Hi~rtel mit 0,38 g Novoeain und 0,00076 g Suprarenin bei einer Kropfoperation mit. 3 Min. sparer Aussetzen von Puls und Atmung. Sektionsergebnis: Geringer Status thymolymphaticus, angeborene Enge der Aorta, auf beiden Seiten des Halses je t H~matom. ])as H~tmatom auf der reehten Seite zeigt Beziehungen zum Nervus vagus und Ganglion cervicale superius. Verfasser nimmt als Erkl~rung Vagus- reizung durch Injektionshfimatome an.

Die Ursache dieser schwersn Verwickhmgen ist ganz unklar , zurnal die Leichen6ffnungen nismals eine vol lkommene Kl/~rung brachten . Einige nehmen sine intravenOse oder in t raar te r ie l ie I n j ek t i on des Novo- cains an, andere denken an eine L/~hmung des Sympa th i eus oder Vagus oder an sine Vagusreizung. Kappi~" h~lt sine Blut leere des Gehirns durch E inspr i t zung im Gebie t tier Ka ro t i den und Vertebrales oder das Zu- sammentreffen versehiedener der genannten Umst/inde f(ir <tas wesentliehe. Eine Adrenal invergi f tung oder Novoeainf iberdosierung is( wegen der ge- r ingen ve t wend eten Mengen seh r u nwahrseheinlictt . Viele Autoren (KSnig, Winter,stein, Friedrich) glauben, dais das Ani is thet ieum versehent l ieh in t radura l e ingespri tzt wurde und unmi t t e lba r auf das verlfin~erte Mark einwirkts , oder auch in das t{i ickenmark selbst inj izier t wurde.

Wo aber der Naehweis gelang, wie im l~'alle Kappis, <ter aller(tings nicht bei dee l ,e i tungsangsthesie des Plexus eervicalis, son(tern bei einer pa rave r t eb ra len Angsthesie in dsr Nierengegend Novoeain d i rek t in (let' Lumbalf l / i ss igkei t naehwies, blieb man den Bewsis sehuhlig, auf wslehem Wege mad in weleher Weise es gesehehen is(.

Diea'e noch o//enstehende Fra(le he, be ich reich bemiiht, an einem ent- 8prechenden Fall zu kla;ren, den ieh yon meinem Chef, Prof. Zange, in dieser R ieh tung zu pri ifen erhislt , i ch babe aueh i iber die Ents tehungs- mSgliehkei ten soleher t6dl ieher Ateml / thmungsn noeh besondere Versuehe an dee Leiehe angeste l l t und ich glaube, dal.~ diese Kli t rung gehmgen ist.

Die in F rage s tehenden schweren Kompl ika t i onen und Todesf/~lle sind nut dureh Eindr ingen von An~sthesierungsflf issigkeit in den cerviealen Subdura l r aum m6glieh. Diese gelangt abe t sic, her nur selten dureh Utl- mi t t e lba re Einspr i tzung dahin. In der Regel wird es sieh vie lmehr um sine mi t t e lba re For t le i tung dor th in hande ln infolge endonsura le r Ein- spr i tzungen in einen As( des Plexus eerviealis oder in das Ganglion cervieale selbst und Vordr ingen der Flf issigkeit innerhalb der Nerven- seheide bis in <ten Dura l raum hinein.

Dies soil sieh aus dem fotgenden ergeben. Zun/ichst abe t unsere klinisehe Bsobaeh tung :

von L., Ger t rud, 73 Jah re (Pr iva tab te i lung Prof. Zange-J. Nr. 1163/34 Jena) wurde mi t e ingekei l tem Speiser6hrenfremdk6rper eingeliefert,

A r c h i v f. Ohrcn- , Nasen- n. l,~ehlk(>I)fhcilkut~de, Bd. 142. 17

258 Paul ~alk:

der nach vergebliehen auswgrtigen Extraktionsversuchen den Halsteil des Oesophagus mehrfaeh durehbohrt und eine perioesophageale Phleg- mone reehts in der HShe des oberen Traehealabsehnittes und dem an- schliel3enden Kehlkopf erzeugt hatte. Diese sehr sehmerzhafte Phleg- mone sollte freigelegt und naeh au6en abgeleitet werden.

Der Eingriff wurde mit der paravertebralen Leitungsangsthesie des Plexus cerviealis naeh Soerensen eingeleitet. Unter Verdrgngung des Sternocleidomastoideus nach vorne wurde in t t6he des Plexusaustrittes yon vorn naeh hinten senkreeht auf den Querfortsatz der Wirbelsgule eingestochen und die Nadel zwisehen den Enden zweier Querfortsgtze naeh hinten durehgestol3en. Die entsprechende Sehmerzgufterung der Patientin vergewisserte fiber den richtigen Verlauf der Nadel. In dieser Lage wurde mit der Injektion yon 15 ecru l%iger :NovoeainlSsung mit einem Adrenalinzusatz yon 1 : 100 begonnen und die Einspritzung unter ]angsamen Zuriickziehen der Kanfile ausgefiihrt. Wghrend der Injektion wurde wiederholt angesaugt, um eine intravasale Einspritzung zu ver- meiden.

Gegen Ende dieser Handlung rief die Kranke pl6tzlich: ,,Ach, mein reehter Arm, er ist ja nieht mehr d a " ; - - u n m i t t e l b a r darauf: , ,Jetzt spiire ich es auch im linken" - - wenige Augenblieke spgter: ,,Ieh kann iiberhaupt nieht mehr a tmen." Tatsgehlich stand jetzt der Brustkorb still und war aueh dureh sofort einsetzende und lange Zeit fortgesetzte kiinstliehe Atmung nicht mehr in Gang zu bringen. Inzwisehen war aueh das Herz wenige Minuten naeh Beginn des Unfalles zum Stillstand gekommen trotz intrakardialer Cardiazol- und Lobelingaben.

Selstionsbe[und. Auf Querschnitten durch Gehirn, Kleinhirn und verlgngertes Riickenmark keine Vergnderung. Im reehten Plexus eervi- ealis, den /qervenaustrittsstellen und im Subarachnoidealraum keine Blutungen, kein vermehrter Liquor. Au/ Querschnitten dutch das Riislsen- marls sieht man in HShe des vierten bis aecltsten Cervicalsegmentes im Vet- lau/ der hinteren recltten CoIumna eine lamellen/grmige BIutung, die genau au[ die hintere S~ule besehrdinlst ist (Abb. 1). In der Gegend des Riieken- marks sind keine anderen Vergnderungen mit blol3em Auge erkennbar, insbesondere keine Stiehreste an der Nerveneintrittszone.

Der iibrige Leichenbefund: Fliissiges Blur in allen Gefg6en, Ulcera deeubitalia der Oesophagussehleimhaut in I-IShe des Kehlkopfes mit Perforation in das perioesophageale Gewebe reekts. Knoehensplitter im Magen.

Histologisch zeigen die t~iickenmarkschnitte in HShe des vierten bis seehsten Cerviealsegmentes (Abb. 2) entlang der hinteren Wurzel der reehten Seite Blutungen, die sich yon der Substantia gelatinosa bis zur vorderen Wurzel erstreeken. Keine entziindliehen Infiltrate, weder in den Leptomeningen noch in den nervSsen Anteilen; keine 8tichverletzung an der Circumferenz des Riickenmarkes. Im Fet tprgpara t kein mobiler

Gefahren der Ioaravertebralen Leitungsanasthesie des Plexus eervieMis. 259

Fettabbau. Aueh die iibrigen Anteile des Gehirns und Rtiekenmarkes zeigen keine Vergnderungen.

])iese Blutung entlang der rechten hinteren Wurzel des Rficken- markes mug mit dem Tod in ursgehliehem Zusammenhang stehen. Dureh eine Stiehverletzung init der Injektionsnadel kann sie nach ihrer Lage unm6glieh entstanden sein.

Um diesen widerspruchsvollen Be/und zu ]cl~iren, babe ich an der Leiche planm(i/3ig alle M6glichkeiten zu er/orschen versucht, welche sowohl bei

Abb. I. Qu(~v,~(tlmitt dm'(~h d i l l 1. lla, l,~vdrbel, tr~um~LJ,~(.ho l/lnf, u n g im rochLon i H n t c r h o r n , ] ) u r a g e l b citlg't~z(~i(~hIleL. ( N ~ ( h JlCatlbtr-Kop.~c]~.)

Eindringen der Nadel, als auch nur bei Eindringen yon lnjcktionsfl(issig- keit in den l,umbalsack und in das Riiekenmark sich ergeben. [m folgenden wird dariiber kurz berichtet.

Die Versuche wurden durch Einspribzung ciner seh wachen Methylen- blaul6sung vorgenommen.

Erster Vet,such. Ein,spritzung der Versu, ch, sl6aung in das perineurale Gewebe de,~' Plexu,s cervicalis nahe der Wirbel6'gule. Wurde (lie L6sung in (l~s perineurale Gewebe, also in die N~the der Wirbelsgule eingespriizt, dtmn traL keine Verfgrbung innerhatb des Duralsackes auf. Auch war festzustellen, dab der Nerv, wenn er nicht fixier~ wurde, fast, immer der Injekgionsnadel auswich. Ein Anhalt daf(ir, da[3 der Zufall einer intra- neuralen Einst)ritzung verhiiltnismhBig selten eintritt; eine Warnung etber zugleich, niemal,s ~'olche I@ektionen mit zu spitzer K~t, niile ,~,u,~'zu/iihren.

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260 Paul Falk:

Zweiter Versuch. Einspritzung der VersuchslSsung in einen Ast des Plexus eervicalis. Naeh Freilegung eines Astes des Plexus cervicalis ohne Verletzung der Nervenscheide wird etwa 2- -4 cm yore Ganglion spinale und dem Foramen intervertebrale entfernt 2--3 ccm einer wi~13rigen Methylenblaul6sung unter dem bei Operationen fibliehen Druck einge- spritzt. Sofort bemerkt man, dal3 die Fliissigkeit sich im Nerven nach beiden Seiten ausbreitet, iedoch rfickenmarkws schnell, entgegen- gesetzt dagegen langsam. ])as erkl~rt sich daraus, da~ rfickenmarkw~rts

Abb. 2. R ~ c k e n m a r k q u e r s c l m i t t in ~ S h e des 4. Halswirbcls , Blu tung im r ech t en Hin tc rhorn . H~matoxyl in-Eos inf f i rbung. 9facl~e Vcrgr.

ein geringerer Widerstand besteht als in umgekehrter Richtung, und zwar infolge des lumbalw/~rts immer weiter werdenden Lumens sowie des viel kiirzeren Weges dorthin, als in entgegengesetzter Riehtung, wo der Widerstand durch Ver~stelung und Verengung der Nervenscheide ent- spreehend gr61~er wird. Der grSl3te Teil der An~sthesiefliissigkeit wird also immer seinen Weg zum Wirbelkanal hin nehmen. ~ach erfolgter Ein- spritzung wurde yon hinten der Wirbelkanal er6ffnet. Die schwaehblau sehimmernde Dura des Riickenmarks zeigt aul~en keine blaue Fliissigkeit. Naeh ihrer ErSffnung sieht man im Foramen intervertebrale das Gang- lion spinale und den durehtretenden Nerven tiefblau gefs Die Dura und die Spinnwebenhaut zeigte aber keine blaue Farbe ; die blaue Fliissig- keit befand sich nur im Subaraehnoidealraum und hat te sieh mit dem

Gefahren der paravertebralen Leitungsan/isthesie des Plexus eervieMis. 261

Liquor vermiseht. Die Verfgrbung re ichte bis zur Medulla oblongata . Nur im Cerv ica lmark in der N~he der E inspr i t zung war das R i i c k e n m a r k radi/tr 3 m m mi t b lauer F a r b e leieht durcht r / tnk t , auf der Seite der Ein- spr i tzung am st~rksten. Naeh der Medul la zu, also wei te r yon der Ein- st iehstel le entfernt , nahm die blaue F a r b e ab.

Dritter Versuch. Injektion in das Ganglion spinals f i ihr te zu denselben Ergebnissen wie bei E inspr i t zung in einen As t des P lexus eervicalis.

Vierter Versuch. Injelction in die hinters Wurzel kurz hinter dem Gang- lion spinals. Bei dieser I n j ek t i on wurde die h in te r s Wurze l und ri ick- l~ufig aueh das Ganglion spinals s ta rk aufgebl~ht und b lau gef~rbt. Ke ine Fti issigkeit t r i t t bei I n t ak t s e in der Nervensebe ide in das per ineura le Gewebe aus. Im Ganglion spinals k a m es bei einem Versueh zu einer Gewebszerreigung yon KleinerbsengrSf3e, die v() l lkommen mi t Methylen- blaulSsung ausgefii l t t war. Ganglion und Nerv waren i iberal l b lau dureh- t r~nkt . Die Dura seh immer te sehwaehb/~n; naeh ihrer Er6ffnung sah man yon aul.~en (lie h in te ren Wurze ln bib in alas R i i ekenmark un te r der Sp inmvebenhaut s ta rk blau gef/~rbt. Auf R( i ekenmarkquer sehn i t t en e rkannte man eine e twa 3 mm brei te r ingf6rmige, blaugef/ i rbte Zone, die auf der Seite der E inspr i t zung gr6ger a/s auf tier gegeni iber l iegenden Seite war. I )or t , we die h in ters Wurzel ins R i i ekenmark e in t r i t t , ist die Zone der Blauf 'arbung st / irker und gr613ei'. Bei n ieh t so sehneller ln jek t ion und einer grSgeren Menge, e t ~ a 5 eem ]njekt ionsf l i iss igkei t , ist die radi/tr verfi irble Zone brei ter . Die blaue, r ingfSrmige Zone se tz t si(h naeh oben bis zur Medulla ob longata fort , is t aber nu t sehr m a t t und besehr/~nkt sieh nur auf die /tul3ersten Teile der Seite der Einspr i tzung.

Fiin/ter Versuch. Einspritz~ng der Vsr,s'uchsl6sung in einen Ast de,s" Plexus cervicalis bei vorheriger Freilegung des Riiek~n'mar~es. Um den E i n t r i t t der Fl i iss igkei t in den Subaraehno idea l r aum zu sehen, wurde diese Versuehsanordnung gew/ih/t. Naeh E i n t r i t t tier h in te ren und vor- deren W'urzel in den Subaraehno idea l raum tei len sieh dieselben in mehrere Nervenbi indel . Aus dieser Teilungsstel le t r i t t , wie die Versuehe zeigten, also subaraehnoideat (tie ]n jekt ionsf l i i ss igkei t in den L iquo r r aum sin. I m iibrigen ver lguf t dieser Versueh genau so wie die bei E inspr i t zung in einen Ast des Plexus eerviealis.

Aus diesen 5 Versuchen ergibt sieh folgendes:

1. Bei der in Rede s tehenden ,Art der E inspr i t zung kann die Nadel unmi t t e lba r in den Lumba l saek gelangen und dadureh Fl i i ss igkei l in den Lumbalsaek , aber n ieht u n m i t t e l b a r in das R/ iekenmark .

Dieser Fall wird sieherlieh vorgelegen h~ben bei Kappis, der die intr~dumbale lnjektion (lurch den N~ehweis yon Novoeain im Lumbalsaek, ~Ilerdings bei einer Nierenoperation, direkt bewies.

Ein Ansatz dazu war aueh bei Friedrich vorhanden, der aus einer Kaniile bei paravertebraler Leitungsan/tsthesie des Plexus cervicalis lAquor abtropfen sah, ,uber gltieklicherweise yon Weiterem Abst,~nd nahm.

262 Paul Falk:

2. Die Nadel karm, allerdings nur bei Einstich yon der Seite, unmittel- bar in das Riickenmark eindringen und die Flfissigkeit gleich dorthin bringen.

Vielleicht traf dies im Falle Winterstein zu, der naeh dieser Injektionsart eine vollst/indige Lghmung des linken Armes sah, die mit einer Einspritzung in das Gebiet des linken Vorderhornes und des linken Seitenstranges erklgrt wurde. Dieses Ereignis kann aber auch auf andere Weise entstehen, wie unter 4 gezeigt wird.

3. Die Nadel dringt nur in einen Ast des Plexus cervicalis oder das Ganglion spinale ein und die Flfissigkeit pflanzt sich innerhalb der Nerven- seheide fort, erreieht den Liquorraum und erzeugt ghnliehe Erscheinungen wie unter 1.

Alle Erscheinungen, ganz geringffigige und auch die sehwersten, nicht vorfibergehenden, kSnnen auf diese Art -- je nach der Menge der im Lumbalsaek vorhandenen Angsthesieflfissigkeit - - erzeugt werden.

Im Vordergrund wird bei diesem Vorgang als klinisehe Erseheinung in schweren Fgllen die primgre Lghmung des Plexus cerviealis sein, dem aueh L/thmung des Atemzentrums folgen kann, aber nieht fo]gen nmB und die u .U. noch reparabel sind.

Anseheinend war es so in dem Fall yon Jung, der naeh ll/2stiindigen Wieder- belebungsversuehen die Atmung wieder in Gang kommen sah.

Aueh Meyer und Holm beobaehteten lang andauernde bedrohliehe Schlaf- zust/~nde, die auf diesem Wege entstanden sein kSnnen.

4. Wird in die Nervenseheide - - sei es im Gebiet eines Astes des Plexus cervicalis, in das Ganglion spinale oder in eine Wurzel des Riickenmarkes-- eingestoehen und dureh sie nieht nur in den Lumbalsaek sondern durch die vordere oder hintere Wurzel die Flfissigkeit in das Rfickenmark gebraeht, so kann es zu sehlagartiger Arml~hmung, ebenso zugleieh zur Ateml/~hmung kommen, die aueh dureh kfinstliche Atmung nicht mehr zu beheben ist.

Ein Beispiel einer irreparablen Arml~hmung ist der vorhin erw~hnte Fall yon Winterstein, der aueh auf diese Weise entstanden sein kann.

Ein Beispiel nngfinstigster Lage der Dinge ffir eine nicht behebbare Ateml/thmung ist unsere eigene Beobaehtung. Sehlagartig kam es bei unserem Fall zuerst zu einer Arml/thmung reehts, unmittelbar darauf zu einer L~hmung des linken Armes, wenig sps auch zu Atem- und alsbaldigem Herzstillstand. Die anatomisehe Grundlage daffir war eine striehf6rmige Blutung im t~fiekenmark entlang der reehten hinteren Wurzel. Aus der Lage dieser Blutung und der Unversehrtheit der Cireum- ferenz des Rfiekenmarkes mug man sehlieBen, dab nicht ein unmittelbarer Einstiela in das Rfiekenmark die Blutung erzeugt hat. Die traumatisehe Blutung kann nur noeh mittelbar dureh einen Einstich in einen Ast des Plexus eerviealis, das Ganglion sloinale oder die hintere Wurzel auf der reehten Seite erfolgt sein.

Die Angsthesieflfissigkeit mul3 dann innerhalb der Nervenscheide fiber die hintere Wurzel ins Hinterhorn gelangt sein und hat im Rfieken-

Gefahren der paravein~ebralen Leitungsan/isthesie des Plexus eervicalis. 263

mark durch Auseinanderreigen der Rtickenmarksubstanz infolge der unter Druck stehenden AnS~sthesiefliissigkeit zur Blutung gefiihrt.

Infolgedessen trat zuerst die Armlghmung rechts ~uf. Die Novocain- flfissigkeit ist schnell n~ch der linken SeRe iibergetreten und hat auch hier zur Arml~hmung geftihrt. Eine schnell hinzukommende Quer- schnittssch~digung in tI6he des N. cerv. IV wird d~nn die Ateml/thmung hervorgerufen haben; sie mug wegen der schnellen Folge der L~hmungs- erseheinungen innerhalb Sekunden zun/~chst als das wahrscheinlichste angenommen werden. Sie kann aber auch noch dadurch entstanden sein, dal~ die An~sthesiefliissigkeit im Lumbalsack zur Medulla sich fortpflanzte und dort zum zentralen Atemstillstand fiihrte. Was yon beidem in unsercm Falle zutraf, ist f/Jr die Beurteilung yon untergeord- neter Bedeutung.

Auch (tic wenigen, fr0her beobachteten Todesf~lle bei paravertebraler Leitungsanitsthesie m6chte ich zum grSBten Teil als so oder ahnlich cntstanden auffassen, zumal niemals eindeutig eine andere Erkl/~rung gegeben werden konnte. Die vielen mitgeteiltcn leichtcn, besomlcrs abet (tie schwercn Vergiftungserscheinungen lassen sich cbcnfalls ~tIs dureh geringf~igiges endoneurales oder auch unmittelbar subdurales Eindringcn yon Einst)ritzfliissigkeit entstanden dcuten.

/)ie Versuchc lehren fernei', (tag die Ansicht vieler nichl richtig ist, die :llltl('[t[ll~,~ll, gefahrlos da.s Aniistheticum einspritzen zu kOnnen, wenn aus (let- ~m Hals in die Tiefe eingef0hrten [njektionska.n~Ie kein Liquor- ~bfIut3 festzustctten ist. Denn es kann niemals bei einer entioneurale, n Einspritzung zu einem Abfliegon yon Liquor, wohl umgekehrt abet zu einer intraduralen Injektion kommen.

Naeh der klinischen Erfahrung sind paravertebrale An/~sthesierungs- verfahrea gef/ihrlicher, h/tufiger yon Vergiftungserseheinungen und Lghmungen, selbst solehe mit tSdlichem Ausgang (Atemliihmung) gefolgt als andere. Sie sind, namentlieh in letzter Beziehung, um so gef'ghrlicher, je n~her der Wirbels/~ule die Einspritzung erfolgt.

Unsere planm/tBigen Versuche haben ergeben, (tag daran haupt- s/ichlich zwei M6gliehkeiten Sehuld sind.

Die eine besteht in dem Erreiehen des Lumba|sackes u.nd sogar des Riiekenmarkes selbst mit der Nadel. Sie ist gegeben beim Einstechen der Nadel auf (lie Querfortsgtze der Wirbels/iule yon der SeRe her, aber auch yon vorn nach hinten, namentlieh yon vorn naeh hinten innen, also bei entspreehendem Sehr/igstich.

Die andere M6gliehkeit besteht in einem Ansteehen des Perineuriums eines Astes des Plexus eerviealis und einem Eindringen yon An~sthesie- rungsfliissigkeit dabe[ in den Nerv mit Fortleitung bis in den Lumbal- kanal, bei entspreehendem Druek selbst bis in da,s Riiekenmark. Letzteres wird um so Ieiehter drohen und folgen, je ngher seinem Austritt aus dem

264 Paul Falk:

Wirbelkanal die Stichverletzung eines Astes des Plexus geschieht. Auch f6rdert die Verwendung yon Nadeln mit langer Spitze diese MSglichkeit. Selbst beim Zuriickziehen der Nadel w~hrend der Einspri tzung kann dieses Ereignis eintreten, wenn die Nadel vorher das Perineurium des Plexus durchsetzt hatte, wie es in unserem Falle sich offenbar verhalten hat.

Am sichersten umgehen lassen sich diese gefi~hrliehen M5gliehkeiten, wenn man mSglichst weir entfernt yon der Wirbelsgule die Einspritzung vollzieht.

Dem wird am meisten das Kuhlenkamp//sehe Verfahren gereeht; nur ist bei ihm leider die gewonnene Unempfindliehkeit der tieferen Halsteile nicht immer vollsti~ndig und anhaltend genug, wenigstens bei groften Krebsoperationen.

In der Ungef~hrlichkeit diesem am ns steht das Soerensensche Verfahren, das zwar dieht an der Wirbels~ule und im unmittelbaren Austrittsbereich des Plexus eerviealis das Fliissigkeitsdepot setzt, aber mit senkrechtem Stich von vorn nach hinten am Querfortsatz vorbei es hinter diesen legt, also den gef~hrliehen Stellen auch aus dem Wege geht. Soerensen selbst hat auch bei seinem Verfahren, wie er mitteilt, niemals einen der genannten ungliicklichen Zufiille erlebt. Und an unserer Klinik ist es bei welt fiber 100 Fi~llen das erste Unglfiek, das uns bei Anwendung dieses Verfahrens begegnet ist, wie es scheint aber auch nur deshalb, weil wahrend des Zurtiekziehens der Nadel aus der eigent- lichen Depotlage noch weiter Fltissigkeit eingespritzt worden war.

Weitere eigene Beobachtungen und solche anderer werden lehren, ob das sonst so gute Soerensensche Verfahren, auch bei strenger Einhaltung seiner Vorschrift, tats~chlich hinreichend ungefi~hrlich ist, oder ob man gezwungen sein wird, sich ganz auf das Kuhlenkamp//sche zu beschri~nken.

Zusammenfassung. 1. Auf die Gef~hrlichkeit der paravertebralen Leitungsan/~sthsie des

Plexus cervicalis wird an Hand der dabei aufgetretenen bedrohlichen Zuf~lle und der wenigen pl6tzlichen Todesf~lle, unter denen sieh eine eigene Beobaehtung befindet, hingewiesen.

2, Versuehe an der Leiche ergaben, da{~ aui3er der m6glichen un- mittelbaren Einspritzung in den Lumbalsack, sogar in das l~fickenmark selbst, das Anastheticum racist durch endoneurale Einspritzungen in einen Ast des Plexus cerviealis oder in dab Ganglion cervieale vermittels der Nervenscheide bis in den Duralsack und in das l~fickenmark hinein gelangen kann. Unser bei paravertebraler Leitungsan/~sthesie des Plexus eervicalis nach Soerensen beobachteter Todesfall wird mit einem Einstich in einen Ast des Plexus cervicalis und Fortleitung der An/~sthesiefliissig- keit innerhalb der Nervenscheide in den Lumbalsaek und clas Hinterhorn des l~iickenmarkes, wo eine traumatische Blutung entst~nd, erkt~rt. Auch

Gefahren der paravertebralen Leitungsangsthesie des Plexus cervicalis. 265

in den anderen Todesfgllen und bei den sehweren Vergiftungsersehei- nungen kommt wahrseheinlieh eine der vorhin angeftihrten Haup t - In6gliehkeiten in Frage.

3. Die paraver tebra len Lei tungsangsthes iemethoden nach K a p p i s , Braun und Hiirtel sind wegen ihrer Gefghrliehkeit zu vermeiden, wghrend das ungefithrliehe, aber manehmal in seiner be tgubenden Wirkung nieht ganz ausreiehende Verfahren naeh KuhlenkamIo[[ und das naeh Soerensen, bei dem wir un te r mehr als hunder t gliieklieh ver laufenden Fgl len den ersten ernsten Znfa|l und aueh gleieh einen Todesfall erlebten, e r laubt ist. Bei letzterer Methode wird abet ausdrtiekliehst die E insehrgnkung gem~tch*., dag w/ihrend des Zur{iekziehens der Nadel aus der eigentliehen l)epotlage wegen der Gefahr endoneurMer In jek t ion keine weitere An- ;tsthesiefl/2ssigkeit eingespritzt werden darL

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