Geisel der Superintelligenz

Embed Size (px)

Citation preview

Atlan - Die Abenteurr der SOLNr. 605Anti-ES - Xiinx-Markant

Geisel der Superintelligenzvon Peter Griese

Auf der Flucht vor Anti-ES

Hidden-X ist nicht mehr! Und somit haben Atlan und die fast hunderttausend Bewohner der SOL die bislang gefhrlichste Situation auf dem an Gefahren reichen Weg des Generationenschiffs fast unbeschadet berstanden.Doch was ist mit dem weiteren Weg der SOL?Die Verwirklichung von Atlans Ziel, das schon viele Strapazen und Opfer gekostet hat das Ziel nmlich, in den Sektor Varnhagher-Ghynnst zu gelangen, um dort den Auftrag der Kosmokraten zu erfllen, scheint nun auerhalb der Mglichkeiten des Arkoniden zu liegen. Denn beim entscheidenden Kampf gegen Hidden-X wurde Atlan die Grundlage zur Erfllung seines Auftrags entzogen: das Wissen um die Koordinaten von Varnhagher-Ghynnst.Doch Atlan gibt nicht auf! Im Bemhen, sich die verlorenen Koordinaten wieder zu besorgen, folgt der Arkonide einer vagen Spur, die zu Anti-ES fhren soll.Fr die SOL bedeutet das den Einflug in die Randgebiete der Galaxis Xiinx-Markant und neue, erbitterte Kmpfe, die selbst auf dem Grund des Ozeans von Terv nicht aufhren.Indessen kommt bei Atlan der durch Wbbeking ausgelste temporre Reinkarnationseffekt wieder zum Tragen, und der Arkonide und mit ihm die Solaner erfahren, was im Jahr 3587 geschah, als Atlan zu den Kosmokraten gebracht werden sollte.Der Arkonide wird zur GEISEL DER SUPERINTELLIGENZ

Die Hauptpersonen des Romans:

Atlan - Der Arkonide wird entfhrt.Anti-ES - Die Superintelligenz schmiedet ble Plne.Anti-Homunk - Ein unfertiger Helfer.Ahratonn und Eppletonn - Grenzwchter der Namenlosen Zone.Duusnorz, Beyl Transot, Paulau und Krkr - Gefangene der Grenzwchter.

Prolog

Die Beleuchtung in der Kabine des Arkoniden war auf die halbe Strke herabgesetzt. Es herrschte Stille. Atlans Atemgerusche waren kaum vernehmbar, denn er sa zurckgelehnt und entspannt in seinem Sessel.Einmal hatte er bereits dem temporren Reinkarnationseffekt durch Wbbeking erlebt. Nun stand er vor einer neuerlichen Entfhrung in die Vergangenheit. Er wrde alles so hautnah und real erleben, als wrden die Dinge, die vor vielen Jahren an einem anderen Ort geschehen waren, noch einmal ablaufen.Die Aufnahmesensoren SENECAS waren auf den Unsterblichen gerichtet. Ihnen wrde keine Geste und kein Wort entgehen, so da die Hyperinpotronik einen lckenlosen Bericht aus dem Nacherleben fertigen konnte. Es kann losgehen, dachte Atlan. Wbbeking griff mit unfabaren Strmen nach dem Bewutsein des Arkoniden, hllte es ein und transportierte es an einen anderen Ort in einer anderen Zeit.Atlan hatte fr Sekunden das Gefhl, der Wirklichkeit entrissen zu werden, aber er wute, da dies eine Tuschung war.Die Wirklichkeit wurde nur vertauscht. Seine jetzige des Jahres 3807 gegen eine, die ber 200 Jahre alt war und an die er keine Erinnerung besa.Der temporre Reinkarnationseffekt setzte mit seiner harten Realitt ein. Die gefhlsmige Bindung zur SOL ri ab

1.

Da ich mich von meinem Freund unter solchen Umstnden trennen mu, ist ein harter Schlag fr mich, sagte der Mann, der sich als Perry Rhodan ausgab und der in Wirklichkeit Orbanaschol war, zu dem Roboter Laire. Er geht, ohne mich zu erkennen, schlimmer noch, er hlt mich fr seinen rgsten Feind. Ich kann nicht mit ihm darber sprechen, was er den Kosmokraten sagen soll.Das wird er auch ohne dein Zutun wissen.In diesem Zustand? Orbanaschol lachte ironisch. Es lt sich nun einmal nicht ndern, erklrte der Roboter lakonisch. Samkar ist bereits aufgebrochen. Atlan und ich werden ihm nun folgen.Orbanaschol stand da, als ob er irgend etwas tun wollte. Dennoch wirkte er hilflos.Wann wird Atlan zurckkommen? wollte er wissen.Nach kurzem Zgern antwortete Laire: Es ist besser, wenn ihr nicht auf ihn wartet, sondern sofort mit der BASIS in Richtung Milchstrae aufbrecht.Wie lange genau wird er auf der anderen Seite bleiben? drngte Orbanaschol. Noch immer tat er so, als sei er Perry Rhodan.Das kann ich nicht genau beantworten, aber es wird fr eine lange Zeit sein.Orbanaschol verzog in knstlichem Schmerz sein Gesicht, als htte Laire fr immer gesagt und ich sei sein bester Freund. Dann starrte er mich an, als wollte er mich fragen, was die Kosmokraten wohl mit mir beabsichtigten. Er spielte seine Rolle als Perry Rhodan so geschickt, da seine scheinbaren Gefhle verdammt echt wirkten.Sobald wir gegangen sind, wird Natrus dich zur Space-Jet bringen, fuhr Laire fort. Ich gebe ihm vor unserem Aufbruch einen entsprechenden Befehl.Warte! rief Orbanaschol. Ich wei, da du dich jederzeit mit den Kosmokraten in Verbindung setzen kannst. Ich mchte mit ihnen reden und ihnen nochmals meine Ansichten klarmachen.Die Mglichkeit, jederzeit mit den Kosmokraten zu sprechen, ist einseitig, setzte Laire ihm auseinander. Das heit, da sie immer, wenn sie es fr richtig halten, Kontakt mit mir aufnehmen knnen. Umgekehrt ist das nicht mglich. Ich kann sie zwar anrufen, aber ich kann nie sicher sein, ob sie darauf reagieren.Dann versuche es!Das habe ich bereits getan.Versuch's noch einmal!Ich wei, da es sinnlos ist, erwiderte der Roboter. Aber zum Zeichen meiner Verbundenheit mit dir will ich es tun.Er konzentrierte sich. Orbanaschol blickte abwechselnd zu ihm und zu mir. Ich beobachtete ihn voller Feindseligkeit.Nichts, sagte Laire nach wenigen Minuten. Sie ndern ihre Entscheidung nicht.Er nherte sich mir. Die Szene besa etwas Gespenstisches und Endgltiges.Atlan! rief Orbanaschol beschwrend und ahmte wieder Perry Rhodans Stimme nach. Du allein bist jetzt noch in der Lage, etwas zu tun. Weigere dich, auf die andere Seite zu gehen, bevor man uns nicht sagt, was dich dort erwartet.Mein Gesicht verzerrte sich. Ich litt schreckliche Qualen, denn ich war mir meines Dilemmas bewut. Ich wollte mit Laire in die Daseinsebene der Kosmokraten wechseln. Ich sollte mit dem Roboter die Materiequelle passieren. Und in dieser entscheidenden Stunde stand ich meinem Todfeind gegenber. Orbanaschol. Meine Hnde krmmten sich.Gib mir eine Waffe! fuhr ich Laire an. Ich will diesen verdammten Tyrannen tten.Er ist dein Freund, versuchte mich der Roboter sanft zu korrigieren.Er ist Orbanaschol, schrie ich zurck.Im selben Moment verschwand die Umgebung.Ich hrte keinen Laut. Ich sah nichts. Ich sprte nicht einmal das charakteristische leichte Ziehen im Nacken, das bei einer Teleportation blich war.Helligkeit und Wrme. Das waren zwei gleichzeitige Empfindungen, die mich bis in die letzte Faser meines Krpers durchfluteten. Ich nahm sie nicht ber die ueren Sinne auf. Sie wirkten direkt auf meinen Krper und mein Bewutsein. Dazu sprte ich keine Bewegung. Da der Vorgang des Passierens der Materiequelle mir sowieso in seinem Charakter nicht bekannt war, wunderte ich mich weder ber diese Erscheinungen noch ber die weiteren, die in der Folgezeit auf mich einstrmten.Die Helligkeit und die Wrme waren unbestimmt. Sie waren da, und doch in keiner Weise greifbar oder erklrbar. Sie begleiteten mich auf meinem Gang zu den Kosmokraten wie Laire. Sie waren Selbstverstndlichkeiten.Laire?Zum erstenmal merkte ich, da der Roboter nicht krperlich in meiner Nhe war. Die Frage drngte sich mir auf, ob das etwas zu bedeuten hatte. Mein Extrasinn, wohl von dem vorangegangenen Training noch erschpft, schwieg zu meinen berlegungen. Ich vernahm ein leises Regen in mir, aber klare Gedanken konnte ich nicht empfangen. Daraus schlo ich, da es keinen Grund zur Beunruhigung gab.Das war logisch, denn wenn Wesen, wie sie die Kosmokraten darstellten, etwas in ihre Hnde nahmen, dann konnte es keine Pannen geben. So stellte ich mir das zumindest vor, wobei ich mir darber im Klaren war, da die Begriffe Wesen oder Hnde mit aller Wahrscheinlichkeit weit neben der Realitt lagen.In mir kmpften Neugier und Vernunft. Was stand mir bevor? Was erwarteten die Kosmokraten von mir? Wrde ich die Interessen Perry Rhodans und der Menschheit wrdig vertreten knnen? Wrde ich die Kosmokraten sehen?Fragen ber Fragen, aber keine Antworten. Das sogenannte Training, das ich nach dem Willen Laires absolviert hatte, war fr mich unbemerkt geblieben. Ich dachte, da es etwas mit einer Art Konditionierung zu tun gehabt haben muten, die meine Psyche und meinen Krper betraf, nicht jedoch in mein eigentliches Bewutsein gedrungen war.Die scheinbare Umgebung nderte sich nicht. Der wohltuende und dennoch unerklrliche Vorgang hielt an. Aber ein anderer Gedanke drngte sich in meine berlegungen.Vor dem Beginn der Versetzung durch die Materiequelle war ich mit Laire und Perry Rhodan allein gewesen. Die letzten Sekunden vor dem Abschied vollzogen sich noch einmal vor meinem geistigen Auge. Mir wurde hei, so hei, da ich die wohltuende Wrme als angenehme Khlung empfand.Ich hatte meinen besten Freund fr meinen grten Feind gehalten. Fr mich war Perry Rhodan eindeutig identisch gewesen mit dem lngst nicht mehr existierenden Erzfeind von Arkon, mit Orbanaschol, dem Tyrannen. Nun sah ich diesen Irrtum mit aller Deutlichkeit. Perry wrde mir verzeihen. Das war nicht das Problem.Ich mute mich der Frage stellen, wie es zu diesem Irrtum kommen konnte. War er eine Folge des Trainings gewesen? War am Ende gar irgend etwas an dieser unverstndlichen Prozedur nicht so verlaufen, wie es Laire oder die Kosmokraten geplant hatten?Es hat nichts mit dem Training zu tun, meldete sich unvermutet die Stimme des Roboters. Ich ffnete meine Augen weit, aber ich sah weder ihn noch etwas anderes. Die Helligkeit war in mir. Nicht drauen. Das Training mute aus bestimmten Grnden vorzeitig beendet werden, fuhr Laire fort. Seine Stimme klang nchtern und sachlich.Es war also alles in Ordnung.Ich wollte eine Frage an ihn richten, aber mehr als eine gedankliche Formulierung war mir nicht mglich. Mein Krper gehorchte zwar dem Befehl, aber ich hrte mich selbst nicht. Auch das schrieb ich der Umgebung zu, in der ich mich befand.Den Weg durch die Materiequelle hatte ich mir unbewut als einen zeitlich kurzen Schritt vorgestellt. Diese Erwartung wurde nicht erfllt. Nach meinem Gefhl war seit dem Verlassen Perry Rhodans bereits mindestens eine Stunde vergangen. Gleichzeitig sagte ich mir jedoch, da dieser Eindruck tuschen konnte, denn ich besa keinen konkreten Anhaltspunkt fr irgendeine Realitt.Warum hatte Laire nicht eingegriffen, als ich der Wahnvorstellung erlegen war, in Perry Orbanaschol zu sehen?Es ist richtiger, meldete sich mein unsichtbarer Begleiter, wenn du dir keine Gedanken ber die derzeitigen Umstnde machst. Die Kosmokraten haben fr alles Sorge getragen.Mir fiel auf, da die Stimme Laires nun leiser oder ferner klang. Dann dachte ich daran, da es dem Roboter in den letzten Minuten vor dem Abschied nicht gelungen war, einen Kontakt zu seinen Herren herzustellen.Hatte das etwas zu bedeuten?Die Materiequelle wird sich zum richtigen Zeitpunkt ffnen, teilte mir Laire nun mit. Seine wohlklingende Stimme drang nun scheinbar aus noch weiterer Ferne zu mir. Sein Satz bedeutete aber auch, da ich mich in einem grundlegenden Irrtum befand.Ich hatte die Materiequelle noch gar nicht passiert!Die Helligkeit wurde eine Nuance strker, aber die Wrme nahm ab.Ich versuchte mich selbst zu fhlen. Die Arme gehorchten den Bewegungsbefehlen, aber mein Leib fhlte sich an wie ein alter Schwamm. Als ich beide Hnde krftig ineinanderdrckte, glitten sie durch sich selber hindurch. Ich hatte meine volle Krperlichkeit verloren.Es besteht kein Grund zur Sorge. Laires Stimme war nur noch ein Flstern. Auch konnten mich seine Worte nicht berzeugen, denn mein Verstand sagte mir, da alles anders verlief als geplant. Oder war es nur mein Unterbewutsein, das mich warnen wollte? Der Logiksektor hllte sich nach wie vor in Schweigen.Der Ort der Materiequelle ist nun Die letzten gemurmelten Worte wurden von einem kalten Schweigen verschluckt, das sich ber meine Sinne legte. Die Helligkeit nahm eine grelle Farbe an, die jedoch kalt und unpersnlich war.Ich wollte nach meinem Begleiter schreien, aber meine Worte konnten das Gehirn nicht verlassen. Mein Unterbewutsein spiegelte mir wirre Bilder einer beginnenden Panik vor. Ich empfand Angst!Der ohnehin lose Kontakt zu Laire war abgerissen. Daran bestand kein Zweifel. Die Frage, die mich nun beschftigte, war, was das zu bedeuten hatte. Sollte ich am Ende gar ohne meinen Begleiter zu den Kosmokraten gelangen? Wo war die bewute Materiequelle? Wer oder was lenkte nun meinen weiteren Weg?Noch immer empfand ich keine sprbare Bewegung, obwohl mein Verstand mir sagte, da ich mich immer weiter entfernte. Entfernte? Wovon?Die gleichmige Helligkeit hatte ihren Hhepunkt erreicht. Sie war gleiend und berall. Die anfngliche Wrme war einer einschnrenden Klte gewichen. Ich fhlte mich wie betubt.Endlich empfing ich direkte Informationen aus meiner unwirklichen Umgebung. Ich konnte wieder sehen. Neuen Mut machte mir das jedoch nicht, denn mein Blick erfate auch nichts anderes als das, was ich zuvor unmittelbar empfunden hatte, Helligkeit ringsum. Nun aber nahm diese die Form einer unendlichen Wand an, die sich in einer undefinierbaren Entfernung vor mir erstreckte.Ich glitt langsam auf diese Wand zu, die eine Grenze oder Barriere oder etwas hnliches sein mochte. Vorsichtig hob ich eine Hand vor das Gesicht. Ich erblickte meine Finger und die rmelstulpen eines Kleidungsstcks, das ich nicht kannte. Die Erinnerung an die Ereignisse whrend des Trainings begann zu verschwimmen. Ich vermochte nicht mehr schlssig zu sagen, was in der letzten Zeit geschehen war.Ohne Mhe gelang es mir nun, mich in dem Nichts zu bewegen. Ich drehte mich um, bemerkte nirgends einen festen Boden und sprte keine Atmosphre. Mein Krper fhlte sich jedoch wieder fest und normal an. Ich trug eine hellbraune, einteilige Kombination und halbhohe Stiefel. Ein schmaler Grtel war um meine Taille geschwungen. Andere Ausrstungsteile entdeckte ich nicht.Jenseits der weien Wand, die ich gegen meinen Willen ansteuerte, herrschte Dunkelheit. Ich machte ein paar Nebelerscheinungen aus, die ich aber nicht deuten konnte. Wenn das der Ort war, von dem ich kam, dann war das die Dunkelheit. Vor mir aber lag das Licht.Meine Angst legte sich wieder etwas, verschwand aber nicht zur Gnze, denn das, wonach ich suchte, entdeckte ich nicht. Ich konnte nirgends eine Spur von Laire entdecken. Ich war allein in dieser Unwirklichkeit. Da es fr mich keinen Weg zurck gab, stand ebenfalls fest.Mein Vertrauen in die Handlungsfhigkeit der Kosmokraten war etwas geschwunden, denn alle Eindrcke zusammen versprachen nicht den erhofften und problemlosen Gang durch die Materiequelle.Ich rief nach dem Roboter, aber ich bekam keine Antwort. Die Weite verschluckte meine Worte.Ein Gefhl beschlich mich, als ob Jahrhunderte vergingen, und doch sagte mir mein Verstand, da es nur Sekunden, allenfalls Minuten, sein konnten. Die de und Verlassenheit besa etwas Totales. Sogar der Extrasinn, mein zweites Ich, meldete sich nicht. Er hatte wohl die logische Konsequenz aus den Beobachtungen gezogen. Hier gab es nichts zu folgern und nichts Logisches zu denken. Sicher war es fr ihn nicht minder erschreckend als fr mich, denn das Fehlen realer Anhaltspunkte schockierte.Meine Augen waren jetzt weit aufgerissen. Immerhin sah ich etwas. Es war zwar nur eine weie, strahlende Wand vor mir. Und eine finstere, dunkle und Furcht erregende Barriere hinter mir, aber was besagte das? Wo war vorn? Wo war hinten? Wo war die Vergangenheit und wo die vor mir liegende Zeit?Die Beklemmung wich einem Gleichgltigkeitsgefhl, das aus der Not geboren war. Mein Verstand begann, sich gegen die unwirklichen und monotonen Eindrcke abzukapseln. Da war es nur zu natrlich, da er sich einer Realitt versperrte, die nach seinen Mastben keine sein konnte. Jetzt zhlte nicht mehr der Wahn, in Perry Rhodan meinen Erzfeind Orbanaschol gesehen zu haben, jetzt zhlte nicht mehr der Wunsch, der Menschheit einen Gefallen zu tun, durch einen fragwrdigen und unklaren Schritt in eine andere Existenzebene, zu Wesen, die wir in Ermangelung besserer Begriffe Kosmokraten nannten. Jetzt zhlte nicht einmal mehr der Wille zum berleben, denn die Trostlosigkeit dieser Daseinsform war von einer grausamen Totalitt, die jede berlegung unterdrckte.Ich sah Bilder und Wesen vor mir: Laire, der irgendwo verschwunden war. Perry Rhodan, an dem ich mich durch meine Worte und mein Verhalten schndlich vergangen htte, Ischtar, eine Begegnung aus Traum und Wirklichkeit, Gucky, der mir lachend seinen Nagezahn entgegenreckte. Und Orbanaschol, wie er wirklich gewesen war. Daneben stand Crysalgira, ein Wunder und unrealistisch zu der Person des Tyrannen.Meine Gedanken wurden noch wirrer, aber ich glaubte, da sie in Wirklichkeit an Klarheit gewannen. Das sterbende Atlantis lebte, und das lebende Atlantis die Maahks! ES. Der Zellaktivator.Meine Gedanken sprangen zurck zu ES, dem Mentor der Menschheit, der auch ich mich verschrieben hatte. Ich erkannte, da mich Trugbilder irritierten. Der Hauch einer gedanklichen Willensuerung gengte, um die Palette der Visionen aus meinem Bewutsein zu fegen.Ich erkannte wieder meine Situation. Und doch blieb da ein Bild. Es war das Bild des ehemaligen Herrn von Wanderer, das Bild von ES. Ich wnschte mir sehnlich, von dem Geisteswesen jetzt einen Hinweis zu bekommen, aber nichts geschah. Die weie Wand vor mir leuchtete noch weier und die dunkle in meinem Rcken noch schwrzer. Dennoch stimmte es mich nachdenklich, warum gerade das Bild von ES blieb, denn dies war ein hchst ungenaues Bild, da ich diese Superintelligenz nie hautnah hatte erleben knnen und auch wohl nie erleben wrde.Warum gerade dieses Bild? Es war leuchtend und stark in seinem Gehalt, sogar heller als der Wall, dem ich entgegenfiel. Es mute einen Grund geben, da meine Gedanken sich so an diese Vision klammerten.Ein erster vager Verdacht keimte in mir auf, als sich die Sinneseindrcke ber ES zu verndern begannen. Sie vernderten sich in einer Weise, die nicht nur jeder Logik, sondern auch meinen Erinnerungen und meinem Gefhl widersprachen. Das Helle wich dahin, und seinen Platz nahm die Finsternis ein, die ich hinter mir sah.Auch das konnte nicht stimmen! Ich konnte mich nicht jahrtausendelang so geirrt haben, da ich in ES etwas Negatives sehen konnte.Etwas oder jemand versuchte, meine Gedanken zu manipulieren. Er versuchte, mir vorzumachen, da ES schlecht sei. Schlecht im Sinn der kosmischen Krfte des ewigen Kampfes zwischen den positiven und den negativen Krften. Dieser Jemand sollte sich tuschen, sagte ich mir mit aller Konsequenz. Noch war ich da, noch lebte ich, auch wenn ich diese Form des Daseins nicht begreifen konnte. Aber nichts wrde mich davon abbringen, den einmal eingeschlagenen Weg, der in meiner Jugend auf Arkon begonnen hatte und der auf Terra eine unerwartete Erfllung voller Problematik gefunden hatte, zu verlassen.Man manipuliert Atlans Gedanken nicht, flsterte ich gegen die Unwirklichkeit. Es kam nicht auf die Lautstrke dieser Worte an. Die Bedeutung lag nur in der Strke, die ich aus meinem Willen heraus in den Satz legte.In einem Sekundenbruchteil huschten die letzten Gedanken noch einmal an mir vorbei. Die Folge der berlegungen mndete in einen Entschlu der seine Trotzigkeit gegen die Unwirklichkeit schleuderte.Handle!Das Wie und Wo zhlte nicht. Meine Gedanken sollten bestimmen, was nun geschah. Vielleicht war es ein Wunschbild.In der gleienden Wand schlte sich eine Vernderung heraus. Die Trugbilder, die ich nun erkennen konnte, spiegelten mir das Antlitz von Ischtar vor. Mein Verstand wischte die Illusion aus und erfate die Wirklichkeit.Das Scheingesicht vernderte sich, und es strahlte einen wohltuenden Gedanken aus, der mich anlockte. Es war weder eine ffnung noch eine Verlockung. Es war weder eine berauschende Farbe noch ein Versprechen der von Laire im Training angedeuteten Erfllung. Es war Wirklichkeit.Ich erlebte, wie sich das ffnete, worauf ich in den vergangenen Stunden so sehr gehofft hatte, die Materiequelle.Ich mute glauben, da sie es war, obwohl ich nicht wute, was genau eine Materiequelle war. Sie war etwas, und sie lockte mich an, sie ffnete sich, sie bot mir den Einla an in das Reich der Kosmokraten. Perry Rhodan hatte sich so sehnlich gewnscht, an meiner Stelle zu sein. Jetzt sah ich den bergang, der mich wollte. Und das, obwohl mein Begleiter Laire nicht mehr bei mir war.Fr Sekunden stutzte ich. Die alten Zweifel drangen wieder in den Vordergrund meiner berlegungen. Warum hatte Laire mir in dem Training die Gewiheit gegeben, an meiner Seite zu sein, wenn er jetzt nicht da war?Hoffnung, Vertrauen und Zweifel rangen miteinander. Sie tobten sich ergebnislos aus, whrend ich auf die Stelle zuraste, die mich auf die andere Seite bringen sollte. Die Verlockungen der bizarren Formen, in denen ich die Materiequelle sah, waren stark und schn. Vielleicht schrnkten sie meinen Verstand etwas ein. Aber die Geborgenheit war riesig. Zu sehen, kurz vor dem ersehnten Ziel zu sein, den Kosmokraten ins Angesicht sagen zu knnen, was der Wille meiner heigeliebten Menschheit war, welche unausgesprochenen Gedanken mir Perry Rhodan mit auf meinen Weg gegeben hatte, das alles kann selbst einen wieder nchtern gewordenen Verstand erfreuen und beleben. Vielleicht war es eine falsche Euphorie, die ich empfand.Zwei Schocks schlugen kurz hintereinander auf mich ein. Der erste Schlag war noch zu verkraften, der zweite nicht.Wider alle Erwartungen meldete sich mein Extrasinn.Ich rume ein, erklrte er lakonisch, da ich auch eine gewisse Zeit bentigt habe, um die richtigen Folgerungen zu ziehen. Der Zeitverlust spielt jetzt aber auch keine Rolle mehr, obwohl ich ihn verursacht habe, denn meine berlegungen waren zu langsam. Wenn ich dir jetzt sage, da du, gelinde ausgedrckt, in eine gewaltige Falle rennst, dann wre das untertrieben. Du bist nmlich bereits mitten drin. Die negativ vernderten Formen des Empfindens ber ES. Ich habe zu lange gebraucht, sie zu deuten. Und du hast nicht gesehen, nicht gedacht und nicht gefolgert, was geschieht.Ich freute mich zwar, da der Extrasinn etwas bemerkte, aber ich wischte seine Gedanken weg, wie man einem unliebsamen Kosmohndler auf dem terranischen Raumhafen die Landeerlaubnis verweigerte.Dafr war der zweite Schock um so schlimmer.Ich sah und fhlte den bergang vor mir. Es mute die Materiequelle sein, die Schwelle zu dem Reich der Kosmokraten. Ihre Ausstrahlung war eindeutig und gut. Sie entsprach den Dingen, die ich in dem Training unbewut gelernt hatte.Mit frohem Herzen und allen positiven Erwartungen strebte ich dem bizarren Gebilde aus wohltuenden Farben entgegen. Es breitete seine Fhler aus, um mich aufzunehmen und an das Ziel zu befrdern.Pltzlich verschlo sich dieser Weg. Ich sah und empfand, da der Weg das nicht wollte, aber so geschah es. Die wohltuende Wrme und Geborgenheit verwandelte sich in eine eisige Wand aus Hrte und Ablehnung. Ich prallte auf das, was ich fr die Materiequelle hielt und auch immer halten werde, aber sie wollte mich nicht.Nein! Sie konnte mich nicht wollen. Etwas anderes schob sich dazwischen. Etwas Wollendes, etwas Forderndes, das berheblichkeit und Arroganz ausstrahlte. Das war die wirkliche Mauer, an der ich scheiterte.Ich prallte ab.Dann sprte ich die eisige Klte des Griffs in meinem Nacken, in meinem Kopf und in mir. Etwas ri mich aus dieser Szene heraus.Es ri mich weiter weg, als ich je von meinen Terranern htte sein knnen.Es ri mich aus meinem Weg zu den Kosmokraten, aus meinen verbliebenen Visionen und aus der unverstndlichen Realitt des Augenblicks. Es ri mich aber nicht aus meinen Empfindungen fr meine Freunde, fr Perry Rhodan und die Menschheit.Die eisige Faust entfernte mich aber von dem Ort, den ich erreichen wollte. Sie zog mich hinweg von den Hoffnungen, der Menschheit zu dienen und zu helfen. Und sie betubte meine Sinne in einer Brutalitt, die ich noch nie am eigenen Leib und Geist gesprt hatte.

2.

Das Fremdartige, das nach mir griff und mich aus allen meinen Zweifeln und Hoffnungen ri, zog mich aus dem Wechselspiel von Licht und Wrme in die Klte, die ich bereits gesprt, aber nicht gengend beachtet hatte. Es besa eine unergrndliche Tiefe und Verborgenheit, bis ich etwas von den Gefhlen des Urhebers merkte. Da mischten sich Verzweiflung und Wahn, Hoffnung und kalte Hrte, Triumph und Bedenken in einem grandiosen Spiel durcheinander.Harte Realitt, bemerkte der Logiksektor.Ich dachte nicht anders, aber es beunruhigte mich tief, da ich die Hintergrnde nicht erkannte.Noch nicht! Die Worte des Extrasinns waren ein wirklicher Trost. Ich werde an deiner Seite sein, so wie ich es immer war. Aber das Unfabare stellt auch mich vor Probleme.Die Dunkelheit, in die ich strzte, war schlimmer und intensiver als die, die ich gesehen hatte, als ich mich in dieser fremden Sphre einfach umgedreht hatte. Da war das Dunkel der Vergangenheit und des Herkommens unergrndlich lichtlos gewesen. Jetzt jagte ich gegen meinen Willen, weggerissen vor dem verheienden Tor zur Existenzebene der Kosmokraten, einem absoluten Nichts entgegen, das kein Dasein mehr verhie. In der Erinnerung war noch das verheiungsvolle Licht, die Wrme, der tiefe Wunsch der anderen Seite, mich dort haben zu wollen. Aber was zhlte das? Nichts.Der Verstand gewann wieder die Oberhand ber meine subjektiven Eindrcke. Das mute die Materiequelle gewesen sein. In diesem Punkt war ich mir sicher, obwohl der stichhaltige Beweis fehlte. Ich hatte die Materiequelle verfehlt. Bestimmt nicht durch meine Schuld. Auch nicht durch die Laires und nicht einmal durch die der Kosmokraten, deren Willen und Wollen mir immer so fern waren wie jetzt Arkon, meine Heimatwelt.Ich war mir inzwischen auch sicher, da etwas anderes in die Geschehnisse eingegriffen hatte.Stimmt, sagte der Extrasinn.Kurz danach sprte ich die Vernderung. Ich hatte pltzlich festen Boden unter meinen Fen. Hartes Gestein, signalisierten meine Nerven durch die halbhohen Stiefel unbekannter Herkunft.Training. Vorbereitung. Von Laire. Mein Extrasinn warf mir seine berlegungen wie Brocken zu, aber ich merkte, da er von den Stiefeln sprach.Ich hatte mich inzwischen mein Gefhl sagte mir das lichtjahreweit von dem Ort entfernt, den ich fr das Tor zur Welt der Kosmokraten hielt, von der Materiequelle. Also, so fragte ich mich, wo war ich denn?Die unvermutete Stimme auf gedanklicher Ebene rttelte mich noch mehr in die unwirkliche Wirklichkeit, als ich diese akzeptieren konnte oder wollte. Die Stimme lachte. Das Lachen war hhnisch und dreckig. So empfand ich es. Der hohntriefende Beiklang war genau das Gegenteil von dem berheblich wirkenden, aber liebevollen Lachen des Geisteswesens von Wanderer, der Superintelligenz ES.Natrlich das Gegenteil, verhhnte mich der Extrasinn. Weit du jetzt, woran du bist?Ich schwieg und lauerte auf die fremde Stimme, die mit ihren hmischen Gedanken in meinem Gehirn whlte. Ich war mir sicher, diese Stimme noch nie gehrt zu haben, aber dennoch wute ich, da ich sie kannte. Irgendwie stellte ich wohl einen falschen zeitlichen Bezug her.Richtig, sagte der Extrasinn.Ich wute nicht, woran ich war. Der feste Boden unter meinen Fen gab mir eine innere Sicherheit. Aber diese gengte nicht, um mich sofort erkennen zu lassen, was geschehen war. Klar, ich hatte nicht mein Ziel, die Kosmokraten, erreicht. Aber, wo zum Teufel, war ich?Und wer hatte mich kurz vor der Materiequelle aus meinem Weg gerissen?Anti-ES, teilte mir der Logiksektor ungerhrt mit. Es hat versucht, in deinen Gedanken ES als falsch zu profilieren. Es hat dir den Weg zu den Kosmokraten versperrt und dich kurz vor der Materiequelle abgefangen.Warum? schrie ich.Du wirst es erfahren.

*

Heh!Ich wollte nichts sagen, aber ich dachte einen hintertrchtigen und zweideutigen Fluch auf arkonidisch.Heh, Atlan. Jetzt bist du wenig mehr als eine Geisel. Immerhin lebst du noch.Die Stimme qulte mich, aber ich lie mir das nicht einmal in meinen Gedanken anmerken. Anti-ES, so hatte mein zweites Ich gesagt. Erinnerungen kamen in mir auf, aber die Wesenheit in meiner Nhe nahm mir jede Chance des Nachdenkens und jeden Zweifel. Die Stimme war so hohntriefend wie das Lachen zur Einleitung.Diesmal habe ich den lngeren Arm, triumphierte das unsichtbare Wesen. Du bist in meiner Gewalt. Die Hohen Mchte werden staunen und vor mir auf dem Boden kriechen, um ihren Schtzling wiederzubekommen. Sie wollen dich, und sie brauchen dich, aber ich habe dich. Das ist der entscheidende Unterschied.Wer bist du? brllte ich heraus.Wieder erklang das nervenzerreiende Gelchter. Noch bevor es verlief, setzte die mentale Stimme wieder ein.Du weit es doch, Arkonide. Man nennt mich Anti-ES, aber in Wirklichkeit bin ich das richtige ES. Du mut wissen, da nach dem Willen der Hohen Mchte, die du die Kosmokraten nennst, in der fernen Vergangenheit ein Wesen aus vielen Einzelbewutseinen gebildet wurde, das einmal als Herr der Menschheit fungieren sollte. Dabei gab es eine Polarisierung aus zwei unterschiedlichen Bewutseinstypen. In mir sammelten sich die starken und ausdauernden Geister, aus denen der wahre Beherrscher der Menschheit entstanden ist. Zugegeben, ich habe mein Erbe noch nicht antreten knnen, denn der andere Teil dieses Entstehungsprozesses, der Teil, den du ES nennst, wurde noch nicht beseitigt. Das ist nur eine Frage der Zeit. Der, den du ES nennst, der aus schwachen und unbestndigen Bewutseinsinhalten entstand, spielt sich seit einiger Zeit als Mentor der Menschheit auf. Er lullt das Volk ein, dem auch du dienen willst.Ich sehe die Sache genau andersherum, widersprach ich laut. Du bist der negative Part in diesem Geschehen. ES ist der positive.Eine lcherliche Anmaung, Menschenknecht. Ein Irrtum, dem ES aufgesessen ist. Und Perry Rhodan und du. Sogar die Hohen Mchte scheinen diesen Unsinn fr den richtigen Weg zu halten. Ich werde sie eines Besseren belehren.Wenn ich mich recht entsinne, schrie ich meinen Spott heraus, dann hast du den Kampf gegen ES bereits verloren.Verloren? Er hat noch nicht einmal richtig begonnen. Was du meinst, war ein Vorgeplnkel, das zu einer vorbergehenden Pause fhrte. Der Grund dafr waren die Hohen Mchte, die in einem meiner Schachzge angeblich Waffen der Vierten Kategorie gesehen haben wollen. Ich aber wei, da es kein Regelversto war. Da man mir keinen Glauben geschenkt hat und auch jetzt noch keinen schenkt, mu ich meine Taktik ndern. Ich passe mich den Gegebenheiten an, und deswegen habe ich dich in meine Gewalt gebracht.Ich ahnte, was diese bse Superintelligenz damit sagen wollte.Wo bin ich? wollte ich wissen.Hier! Wieder drhnte das hmische Lachen auf. Du bist in der Namenlosen Zone, einem Raumgebiet, das fr dich fremdartig sein mag. Es ist der Ort, an dem ich mich nach dem Willen der Hohen Mchte bis jetzt aufhalten mute. Du hast einen Schimmer der Materiequelle gesehen, als der Sog dich in die andere Richtung zog. Du hast die Materiequelle nicht erreicht. Dafr habe ich gesorgt. Schon lange habe ich unbemerkt die lcherlichen Vorbereitungen Laires aus der Ferne verfolgt. Deine Konditionierung verlief nicht ganz planmig. Das hast du wohl gemerkt. Laire, die dumme Maschine der Hohen Mchte, erkannte das nicht.Willst du damit sagen, da du die Ursache fr meine Wahnvorstellungen warst? Du hast bewirkt, da ich in Perry Rhodan einen Feind gesehen habe?Das Lachen war eine eindeutige Besttigung meiner Vermutung.Du wurdest unbemerkt so mit meinen Energien aufgeladen, da die Materiequelle dich abstoen mute. Ich brauchte nur noch eine Hand aufzuhalten, um dich aufzufangen, so wie man eine reife Frucht fngt, die vom Baum fllt.Ich sehe nur Schwrze. Selbst jetzt versuchte ich noch, wichtige Informationen zu bekommen. Ist das die Namenlose Zone?Unwissender Narr! Natrlich knnte man direkt durch die Materiequelle gelangen, wenn man zu den Hohen Mchten will. Aus deiner Sicht mag alles andere jenseits der Materiequellen liegen. In Wirklichkeit liegt die Namenlose Zone aber vor der Materiequelle.Das ist ein Widerspruch. Wie gelange ich zu den Kosmokraten?Das Lachen war anhaltend. Es mag fr dich ein Widerspruch sein, weil du nichts von den Wirklichkeiten kennst. Finde dich damit ab.Ich deutete diese Aussagen so, da die Namenlose Zone weder dem Einsteinraum angehrte noch dem Gebiet, in dem die Kosmokraten existierten. Es mute sich also um etwas handeln, was zwischen dem Einsteinraum und den Materiequellen lag. Wie dieses Zwischen dabei in Wirklichkeit aussah, konnte ich dahingestellt sein lassen. Mit einem einfachen dreidimensionalen Bild lie es sich bestimmt nicht beschreiben.Nun waren aber die letzten Hoffnungen in mir zerstrt. Ich hatte das von den Kosmokraten gesetzte Ziel nicht erreicht. Hatte ich versagt? Wrde man mir einen Vorwurf aus diesem Geschehen machen und mich am Ende gar verstoen?Die Kosmokraten waren ein unfabares Rtsel, unter dem ich mir nichts vorstellen konnte. Das wrde auch so bleiben. Wie wrden sie reagieren, wenn ich nicht bei ihnen eintrfe? Wenn Laire mit einem verlegenen Schulterzucken berichten wrde, er habe mich aus unerklrlichen Grnden bei der Passage verloren?Wahrscheinlich entsprachen alle meine Gedanken und Vorstellungen nicht der Wirklichkeit. Wahrscheinlich stellte ich mir automatisch unter den Kosmokraten hnliche Intelligenzen vor, wie es die Menschen waren. Fr Anti-ES traf dieser Vergleich ganz offenbar viel eher zu, wie ich sogleich erfahren sollte.Du hast meine Frage nicht beantwortet, sagte ich, wie ich nun zu den Kosmokraten gelangen kann!Im Augenblick ist das natrlich unmglich, Arkonide, denn du bist in meiner Gewalt. Die Kosmokraten werden nicht direkt auf die Namenlose Zone einwirken. Es wird also nur das geschehen, was ich veranlasse. Ich werde die Hohen Mchte wissen lassen, da du in meinem Besitz bist. Und ich werde ihnen ein Geschft unterbreiten, das sie gar nicht ablehnen knnen. Wenn das erfllt ist, kannst du dich bei den Hohen Mchten ausweinen, so lange du willst.Mich wrde interessieren, wie dieses Geschft aussehen soll.Das kann ich mir vorstellen. Wieder lachte Anti-ES laut auf. Du bist meine Geisel. Mit dir werde ich noch whrend der ersten Relativ-Einheit meiner Gefangenschaft erreichen, da ich die Namenlose Zone verlasse.

*

Die gesamten Erkenntnisse, die ich gewonnen hatte, waren erschtternd. Das unheimliche Wesen schwieg. Ich war allein mit meinen Gedanken.Nur diffuses Licht erhellte matt den Boden unter meinen Fen, graues und porses Gestein mit einem Charakter hnlich erstarrter Vulkanlava. Es gab hier eine Atmosphre, denn ich hatte keine Atemschwierigkeiten, obwohl ich keinen Schutzanzug besa. Die Gravitation entsprach normalen Werten.Die Absichten von Anti-ES standen damit eindeutig fest. Die Superintelligenz hatte keinen Grund gehabt, mir etwas zu verschweigen. Sie selbst sah ihre Lage klar, einmal abgesehen von der eigenen Bewertung und der von ES. Damit mute ich mich abfinden, und es bedeutete schlicht und einfach, da dieses Wesen mein Feind war. An einen Bekehrungsversuch war in Anbetracht der Umstnde nicht zu denken. Wehren konnte ich mich wohl auch kaum, denn die Krfteverhltnisse standen fest, und ich besa keine Waffe.Nur langsam verdaute ich den schwersten Schock. Es war schon schlimm, die Geisel dieses Bsen zu sein, aber noch mehr zhlte fr mich die Tatsache, da ich nun gegen meinen Willen Perry Rhodan und die Menschheit im Stich lassen mute. Der Weg zu den Kosmokraten war mir vorerst verbaut. Und wenn das stimmte, was Anti-ES mich hatte wissen lassen, dann wrden sich die Kosmokraten auch nicht aus ihrem Daseinsraum in die Namenlose Zone begeben, um etwas fr mich zu tun.Damit war ich nicht nur ein Gefangener. Ich war von allen Dingen, die mir heilig und wichtig waren, total isoliert.Ob ich berhaupt eine Chance hatte, mich gegen ein so mchtiges Wesen zu wehren, wie es Anti-ES darstellte, war eine andere Frage. Mein Verstand sagte nein, und der Logiksektor schwieg dazu. Es war durchaus normal, da er sich nicht uerte, wenn er keine Chance mehr sah.Ich bewegte mich von der Stelle, setzte einen Fu vor den anderen, und ich versuchte dabei, mehr zu erkennen. Der Horizont lag in Rufweite. Der Brocken Materie, auf dem ich gestrandet war, mochte nur wenige hundert Meter gro sein. Es gab keine Pflanzen oder Bebauungen irgendwelcher Art. Die vorhandene Schwerkraft widersprach der Gre der Masse unter meinen Fen. So vermutete ich, da die Gravitation knstlicher Natur war.Sieh dich nur um, hhnte der Unsichtbare. Dann weit du, wie es hier drauen aussieht, dann weit du, da jeder Fluchtversuch sinnlos ist. Wenn du gengend Eindrcke gesammelt hast, werde ich dich in ein noch sichereres Versteck bringen. Ich rechne zwar nicht damit, da dir jemand zu Hilfe kommt, aber ich will natrlich jeden denkbaren Fehler vermeiden.Die de des Planetoiden bot nichts Erwhnenswertes. Nach einem Fumarsch von einigen hundert Metern blieb ich stehen. Auer ein paar Hhleneingngen hatte ich nichts feststellen knnen. Das schwarze Firmament war sternenlos. Lebewesen gab es keine.Du hast nun genug gesehen, meldete sich die Superintelligenz erneut. Ich mchte, da du dich nun ausschlielich im Innern des Planetoiden aufhltst. Du kannst einen beliebigen Eingang whlen. Der Planetoid ist weitgehend ausgehhlt und mit Gngen und Kammern durchzogen. Du wirst ausreichend Nahrung finden, wenn du dich ein bichen anstrengst, und stets gengend Licht. Schlielich mu ich dich erhalten, denn ein toter Atlan wre mir nutzlos. Die Kosmokraten wrden das Tauschobjekt nicht wollen.Wieder einmal hrte ich das hmische Gelchter.Wo bist du, Anti-ES? fragte ich in die Dmmerung.Hier, Arkonide. Ich bin berall, unter dir, ber dir und neben dir. Du kannst mich nicht wahrnehmen, denn du bist nichts weiter als ein krperlicher Wicht. Es ist mir ein Rtsel, warum die Hohen Mchte einen Narren an dir gefressen haben. Aber das soll mir gleichgltig sein. Du darfst nicht glauben, da ich einmal von deiner Nhe verschwinde, wenn du mich nicht hrst. Ich warne dich, denn es gibt noch andere Sicherheitsvorkehrungen. Wenn du gegen meine Anweisungen verstt und wieder an die Oberflche des Planetoiden gehst oder sonst irgendwelche blen Dinge ausheckst, werde ich dich nicht tten. Ich werde dich aber bestrafen, und diese Strafe wird so schlimm sein, da du dir den Tod wnschst. Hast du mich verstanden?Du bist mit deinem widerwrtigen Geschwtz kaum zu berhren, Anti-ES, entgegnete ich laut. Ich schtze, da man auch an einem anderen Ort das Gequke deiner verwerflichen Niedertracht vernimmt und dich demnchst in die Schranken weist.Mein unsichtbarer Feind reagierte darauf mit einem noch hlicheren Lachen. Als dieses abklang, ertnte wieder die Stimme, die tatschlich aus allen Richtungen zugleich zu kommen schien.Narr! Was weit du von den kosmischen Zusammenhngen? Was weit du von den wirklichen Krften und Mchten, die die Herrschaft ausben? Nichts! Ich bin schon in den Augenblicken meiner Entstehung strker und grer gewesen, als es sich die Hohen Mchte damals ausgerechnet hatten. Und heute bin ich noch strker. Ich wachse und verndere mich, und niemand merkt es. Meine geistigen Fhler tasten sich schon aus der Namenlosen Zone hinaus. Sie haben dich vor deinem Kommen berhrt, und auch das hat niemand bemerkt. Wer, so frage ich dich, soll mich in die Schranken weisen? Nichts und niemand, lautet die Antwort. Und jetzt verschwinde im Innern des Planetoiden, bevor ich die Geduld verliere und ein paar Osal'Oths auf deinen Verstand hetze.Das hrt sich so an, entgegnete ich scheinbar ungerhrt, obwohl ich meine Gefhle kaum noch kontrollieren konnte, als ob dir nichts mehr einfllt. Nun gut. Dann warte einmal ab, was dem Arkoniden Atlan einfllt.Ich bekam keine Antwort mehr.Langsam schritt ich auf ein dunkles Tor zu, das ich in dem zerklfteten Gelnde erblickte. Ich fhlte mich verdammt mies, aber gerade das weckte meinen Trotz.Superintelligenz hin, Superintelligenz her, sagte ich leise zu mir selbst. Mich kriegst du nicht so schnell klein.

3.

Die rote Doppelsonne stand nun so nah, da ihre wrmenden Strahlen durch das groe Sichtfenster in das Innere des Raumgleiters drangen. Benjamin Vouster berlie seiner Schwester die Steuerung und kmmerte sich nur um die Ortungsanzeigen.Ich kann nichts finden, knurrte er nach einer Weile. Es gibt einen groen Planeten in einer weiten Umlaufbahn um die Doppelsonne, aber sonst nichts.Da mu noch ein kleiner Himmelskrper sein, antwortete Iray, ohne den Blick von den Kontrollen zu nehmen. Ich habe ihn deutlich in dem Wachtraum gesehen, und du auch. Sein Durchmesser kann hchstens 400 Kilometer betragen.Ich widerspreche dir nicht, Schwester. Nur bleiben die Anzeigen stumm.Da es sich um ein besonderes Objekt handeln mu, vermutete die junge Frau, mssen wir auch damit rechnen, da es nicht ohne weiteres zu orten ist. Kannst du aus der Umlaufbahn des Riesen nicht bestimmen, wo noch ein kleinerer Krper sein knnte?Theoretisch ja. Aber das wrde Jahre dauern. Schlielich will ich ja auch einmal wieder zur Erde zurck. Bitte ndere den Kurs. Wir wollen dieses System in einem groen Bogen umfliegen. Vielleicht liegt unsere Welt noch weiter drauen.Schweigend programmierte Iray den Autopiloten mit dem neuen Kurs.Unsere Freunde und Bekannten halten uns sowieso fr verrckt, erklrte Benjamin. Zweifel schwangen in seiner dunklen Stimme mit. Wir folgen einem verheiungsvollen Wachtraum, ohne zu wissen, was sich dahinter verbirgt. Vielleicht ist alles doch nur eine Utopie. Und wir machen uns lcherlich.Du weit, wie ich darber denke, widersprach Iray heftig. Da zwei Menschen zur gleichen Zeit an verschiedenen Orten genau den gleichen Traum haben, ist absolut unwahrscheinlich. Da mu etwas dran sein. Ich habe jede Phase der Mitteilung genau in der Erinnerung. Bis jetzt wurde jedes Detail besttigt. Wir haben die rote Doppelsonne hier am sdlichen Rand der Milchstrae entdeckt. Und den Riesenplaneten. Allein das besttigt, da es sich nicht um eine Wahnvorstellung oder einen Zufall handelt. Folglich werden wir auch unseren Planetoiden finden.Der Raumgleiter setzte seinen Flug mit halber Lichtgeschwindigkeit fort. Die beiden jungen Menschen schwiegen wieder. Ihre Sinne konzentrierten sich auf die Ortungsanzeigen und die optische Beobachtung.Ein geheimnisvoller Planetoid, der alles Glck der Welt verspricht, murmelte Benjamin wenig spter. Irgendwie glaube ich noch immer, da daran etwas faul ist. Mein Verstand sagt mir, da es so etwas nicht geben kann. Wir htten vielleicht doch besser die offiziellen Stellen von Terra ber unsere Trume informieren sollen.Damit man uns auslacht? Iray schttelte den Kopf. Oder damit man uns den Brocken vor der Nase wegschnappt und uns mit ein paar freundlichen Worten abspeist? Ich denke nicht daran.Was stellst du dir denn vor, Schwester, was wir finden wrden? Einen Berg voller Diamanten oder Gold oder Howalgonium?Zweifler! Ihr Zorn war nicht echt. Aber um dir eine richtige Antwort zu geben, ich vermute eine ganz andere Art der Glckseligkeit, eine, die mehr auf geistiger Ebene zu suchen ist. So jedenfalls habe ich meinen Traum verstanden.Sie verstrickten sich wieder in die bliche Diskussion, die nun schon Monate andauerte und die auch nach ihrem heimlichen Start von der Erde nicht enden wollte. Darber vergaen sie fast die Beobachtung der Ortungsanzeigen. Die Bordpositronik machte die beiden auf ein neues Signal aufmerksam.Da ist er, stellte Iray aufatmend fest. Unser Glcksplanetoid.Benjamin vergrerte das Signal. Unregelmige Umrisse wurden erkennbar. Iray nderte die Flugrichtung. Der Raumgleiter hielt nun genau auf das geortete Objekt zu.An die 300 Meter Durchmesser, bemerkte der Mann. Das deckt sich mit den Aussagen des Wachtraums.Dieser Brocken Materie wird unser zuknftiges Schicksal bestimmen, jubelte Iray in freudiger Erwartung. Er wird uns von allen Sorgen und Nten befreien. Ich wei es.Ich hoffe, da du dich nicht irrst, Schwester. Ein Rest an Zweifel ist mir jedenfalls geblieben.Sie lachte und beschleunigte den Raumgleiter. Wenige Minuten spter war der Planetoid erreicht.Sein Anblick war wenig verheiungsvoll. uerlich war der Brocken nichts weiter als ein unregelmiges und lchriges Stck Materie ohne Besonderheiten. Benjamin nahm die Vermessung der Bahndaten vor, whrend seine Schwester die Raumanzge auspackte.Merkwrdig, stellte der Mann fest. Ich hatte gedacht, unsere Traumwelt umkreist die Doppelsonne. Dem ist aber nicht so. Sie steuert einen Punkt an, der genau zwischen den beiden roten Sternen liegt.Geschwindigkeit?Etwa 12.000 Kilometer pro Sekunde. Das bedeutet, der Planetoid erreicht in 42 Jahren den fiktiven Punkt zwischen den beiden Sonnen.Dann haben wir Zeit genug fr eine Erkundung. Iray lachte befreit auf. In 42 Jahren sind wir nicht mehr hier.Der heimliche Beobachter, der dieses Gesprch aufmerksam verfolgte, wute, da die Terranerin sich gewaltig irrte. Aber er schwieg.ber fnfzig Meter waren sie bereits in das Innere des Planetoiden eingedrungen, als Iray mit einem Ruck stehen blieb. Bis jetzt waren sie glatt und ohne Schwierigkeiten vorangekommen. Besonderheiten hatten sie nicht entdeckt.Wir sind Narren, Ben. Die Frau deutete auf den Boden. Hier herrscht eine normale Schwerkraft, und das ist uns deswegen nicht aufgefallen. Dabei ist das widersinnig, denn ein so kleiner Brocken Materie bt weniger als ein Zehntel Gravo aus. Etwas stimmt da nicht.Wieso? Der Mann spielte den Erstaunten. Wir erwarten doch eine Wunderwelt. Warum soll sie nicht ber eine Gravitation verfgen, die der unseren entspricht?So gesehen, hast du recht. Dennoch bedeutet das, da hier irgendwo knstlich eine Gravitation erzeugt wird.Was nichts Besonderes fr unsere technischen Kenntnisse darstellt. Schlielich schreiben wir das Jahr 3457.Benjamin Vouster setzte seinen Weg fort, ohne weiter auf seine verdutzte Schwester einzugehen. Seine schweren Handscheinwerfer glitten ber das tote Gestein, als erwarte er von dort eine Antwort auf seine unausgesprochenen Fragen. Zgernd schlo sich ihm Iray wieder an.Keine Atmosphre, murmelte die Frau, aber Schwerkraftverhltnisse, die denen der Erde entsprechen. Ich verstehe das nicht.In meinem Traum habe ich hier Wundermaschinen gesehen, die ich nicht verstehen konnte, antwortete der Terraner. Und die mchte ich jetzt finden. Schlielich bist auch du davon berzeugt, da hier das groe Glck auf uns wartet.Sie whlten willkrlich den rechten Stollen, als sich der Weg verzweigte.Das stimmt. Jetzt war es Iray, der pltzlich Zweifel kamen. Wie sieht das groe Glck aus? Die Verlockung ist da, auch jetzt noch. Aber eine klare Vorstellung habe ich nicht.Pltzlich lag ein dumpfes Rumoren in der Luft. Da keine Atmosphre vorhanden war, wurden die Schallwellen nur ber das Gestein bertragen und von dort ber die Raumstiefel in die Krper der beiden Menschen.Was war das, Ben? fragte Iray nervs.Der Mann blickte auf seine Instrumente, die er am linken Unterarm befestigt hatte. Dann schttelte er verwundert den Kopf.Ich empfange keine Signale mehr von unserem Raumgleiter. Alle Systeme stehen auf null. Mir ist das ein Rtsel.Die beiden jungen Menschen starrten sich unsicher an.Ich habe ein verflixt dummes Gefhl in der Magengegend, Ben. Das Rumoren knnten die Auslufer einer Explosion gewesen sein, die auf der Auenflche des Planetoiden stattgefunden hat. Jemand hat unseren Raumgleiter gesprengt.Du bist verrckt. Warum sollte das jemand tun? Wir sind schlielich ohne bse Absichten hierher gekommen. Und auerdem wartet die Glckseligkeit auf uns. Vielleicht brauchen wir Er brach pltzlich ab.Warte hier, Schwester! Ich sehe nach, rief er und startete das Antriebssystem des Raumanzugs. Iray konnte ihm nur noch zurufen, vorsichtig zu sein. Dann war sie allein.Sie hockte sich auf einen Felsbrocken. Ihre Gedanken gingen durcheinander. Einerseits war die klare Verheiung aus dem Traum, die sie an diesen einsamen Ort gelockt hatte. Andererseits entsprach nicht alles der vorgesehenen Wirklichkeit. Dieser Planetoid strahlte pltzlich etwas Bedrohliches aus.Du wirst dich noch wundern, klang es aus dem Helmempfnger. War das Ben? Seine Stimme war so merkwrdig verzerrt.Sie drckte die Sprechtaste und rief nach ihrem Bruder. Keine Antwort. Panik kam in ihr auf. Sie startete nun ebenfalls den Tornisterantrieb. In ihrer Aufregung beschleunigte sie aber so stark, da sie gegen eine Felswand prallte. Ihr Kopf schlug gegen das Helminnere. Sie sprte noch einen Schmerz, dann wurde sie bewutlos.

*

Das Erwachen war von einer merkwrdigen Leichtigkeit begleitet. Sie schwebte in der Luft. Der Raumanzug war nicht mehr vorhanden. Sie trug nur noch die bliche Kombination.Der Raum war taghell. Das Licht kam von allen Seiten und scheinbar direkt aus den Felswnden. Sie drehte sich in der Luft, wobei sie heftig mit den Armen ruderte. So erblickte sie Ben, der wenige Meter von ihr entfernt in der gleichen Lage war. Ansonsten war der Raum leer.Ben! rief sie, und am Klang der eigenen Stimme erkannte sie, da hier normale Luftverhltnisse herrschten. Was ist geschehen? Wo sind wir?Ihr Bruder glitt langsam auf sie zu, bis er sie zu fassen bekam.Ich frchte, sagte er dumpf, wir sind in eine Falle gerannt. Unser Raumgleiter wurde tatschlich gesprengt. Dann wollte ich zu dir starten, aber mein Flugaggregat spielte verrckt. Es machte sich selbstndig und entfhrte mich in diesen Raum. Irgendwo mu hier ein Eingang sein. Gesehen habe ich niemanden, aber irgendwie wurde ich betubt. Ich kam auch gerade erst jetzt wieder zur Besinnung. Mehr wei ich nicht.Merkst du nichts, Ben?In seinen Augen lag Staunen, und er schttelte langsam den Kopf.Der Glaube an die glckliche Verheiung ist geschwunden. Ich sehe alles wieder verdammt nchtern. Irays Worte klangen hohl in dem sterilen Raum wieder. Geht es dir nicht auch so?Doch, doch. Meine Gedanken sind schon einen Schritt weiter. Was sollen wir hier?Als ich vorhin allein war, hrte ich eine fremde Stimme in dem Funkempfnger. Zuerst dachte ich, du wrst das. Nun bin ich mir aber sicher, da es jemand anders war.Was sagte die Stimme?Du wirst dich noch wundern.Das habe ich ebenfalls gehrt. Ich dachte, du wrdest das sagen. Ich mchte wissen, was Er brach ab und begann mit den Armen zu rudern, denn pltzlich setzte die Schwerkraft wieder ein. Sekunden spter strzten sie zu Boden.Von irgendwoher erklang eine Stimme. Sie hrte sich knstlich und etwas verzerrt an, war aber klar zu verstehen.Benjamin und Iray Vouster! Macht euch bereit, denn der Entscheidungstest wird in wenigen Augenblicken beginnen.Heh, Mann! brllte Ben. Wer bist du? Was willst du von uns?Ihr habt nicht das Recht, Fragen zu stellen, lautete die ungerhrte Antwort des Unbekannten. Das erforderliche Minimum an Informationen wird euch zu Beginn des Testes zur Kenntnis gebracht werden.Die Geschwister faten sich an den Hnden, aber im selben Moment zuckte eine Energiewand zwischen ihnen auf und schleuderte sie auseinander. Das flimmernde Feld trennte den Raum in zwei Teile.Ben! schrie Iray. Hrst du mich?Sie sah, wie sich seine Lippen bewegten, aber kein Laut drang an ihre Ohren.Ihre Steuereinheit bertrgt jetzt die erforderlichen Informationen, tnte die verzerrte Stimme wieder auf. Iray nahm an, da sie einem robotischen System gehrte. Einer von euch beiden ist dazu ausersehen, mit seiner Zellsubstanz ein neues Wesen zu bilden, das vielleicht in der Zukunft und an einem anderen Ort bentigt wird. Der Glckliche, der diese Aufgabe fr den groen Herrn erfllen darf, wird durch eine Prfung ermittelt. Der Verlierer findet ebenfalls den Tod, allerdings nur, weil er dann berflssig ist.Wahnsinn! brllte die Frau aus Leibeskrften. Ich mache da nicht mit!Sie bekam keine Antwort. So richtete sie ihr Augenmerk auf ihren Bruder. Dessen Teilraum fllte sich mit einer Substanz, die ein Gemisch aus Gasen und Flssigkeiten zu sein schienen. Benjamin Vouster ruderte mit Armen und Beinen, aber er versank in dem Gebru. Iray trommelte mit den Fusten auf die Energiewand, aber sie bewirkte damit nichts.Sie mute mitansehen, wie sich der Krper ihres Bruders langsam auflste. Die Gase und die Flssigkeiten wurden wieder abgepumpt. Auf dem Boden blieb eine amorphe Masse zurck, die sich kriechend bewegte und einzelne Pseudopodien erzeugte. Einmal bildete sich kurz eine fnf-fingrige Hand, dann rollte sich das Plasma zu einem Klumpen zusammen.Iray schlug die Hnde vor das Gesicht.Die Steuereinheit registriert das Ergebnis. Testperson A hat sich als geeignet erwiesen. Eine Fortfhrung der berprfung ist damit berflssig. Das Untersystem K wird beauftragt, die zweite Testperson zu entfernen. Untersystem F hat dafr zu sorgen, da das gewonnene Zellplasma ausgebildet wird, so da es mit Erreichen des Schnittpunkts zwischen den beiden Sonnen bedingt funktionsfhig ist. Mit dem berwechseln in die Namenlose Zone wird Anti-Homunk dann vollstndig aktiviert. Die weitere Ausbildung bernimmt dann der Herr.Iray taumelte benommen durch den Raum. Die Worte hatte sie gehrt, aber ihren Sinn nicht verstanden. Unsichtbare Hnde griffen nach ihr und zerrten sie fort.Kahle Felswnde flogen an ihr vorbei. Sie bekam pltzlich Atemschwierigkeiten und merkte, da die Luft immer dnner wurde.Sie bringen mich nach drauen, erkannte sie. In das Vakuum. Das wird mein Tod sein.Es gab kein Mittel, sich gegen die Gravofelder zu wehren. Ihr Atem ging keuchend. In ihrem Gehirn breitete sich ein starker Druck aus, der sich immer mehr auf ihr Bewutsein legte. Schlielich sehnte sie die Ohnmacht und den Tod sogar herbei.Das unsichtbare Gravofeld stie sie mit einem starken Impuls von dem Planetoiden ab. Sie wunderte sich, da sie noch lebte und sogar atmen konnte. Ohne Schutzanzug hing sie im leeren Raum und trieb immer weiter von den unheimlichen Gesteinsbrocken fort. Die rote Doppelsonne stand in der Ferne, und Iray empfand die beiden strahlenden Punkte als die giftigen Augen einer gewaltttigen Bestie.Beruhige dich, wisperte eine Stimme in ihr. Ich schtze dich. Du wirst nicht sterben, aber ich kann dich nicht zur Erde zurckbringen. Diese Aktion meines Gegenspielers darf nicht bekannt werden. Es wrde alles noch komplizierter machen, denn der entscheidende Kampf zwischen ihm und mir steht unmittelbar bevor.Nicht zur Erde? flsterte Iray benommen. Ich will gar nicht zur Erde. Ich will das rchen, was sie meinem Bruder angetan haben.Dein Bruder wird viele Jahre gar nicht existieren. Und an den wahren Verursacher dieses Verbrechens kommst du allein nicht heran.Das heit, ich habe keine Chance, unbekannter Helfer.Vielleicht hast du eine in hundert oder zweihundert oder dreihundert Jahren. Willst du eine so lange Zeitspanne warten?Um Bens Tod zu rchen, warte ich bis an das Ende aller Zeiten.Ich sehe, da dies dein wirklicher Wille ist. Du sollst deine Chance haben. Aber rechne nicht damit, da sich unsere Wege noch einmal kreuzen. Du wirst in einer anderen Zeit und an einem anderen Ort erwachen. Dann kannst du versuchen, das schndliche Verbrechen zu rchen. Vielleicht wird dir jemand helfen. Vielleicht triffst du deinen Feind aber auch nie.Woran werde ich ihn erkennen?Dein Gefhl wird es dir sagen, Iray. Es ist leicht, das Bse an sich zu identifizieren, wenn man damit einmal konfrontiert wurde. Und nun schlafe und vergi alles, bis deine Stunde gekommen ist. Ich werde dir geben, was in meiner Macht steht und was mit den Regeln der Hohen Mchte vereinbar ist. Die letzten Entscheidungen werden jedoch immer bei dir liegen.Wer bist du? Wer ist mein Feind?Eine unendliche Mdigkeit griff nach der Frau. Aber sie sprte auch Wrme und Geborgenheit.Das Bse hat viele Namen.Nenne mir einen, damit ich es erkenne. Sie stie die Worte mit letzter Kraft aus, whrend die Umgebung bereits versank. Der Planetoid mit dem verwandelten Krper ihres Bruders und die rote Doppelsonne waren lngst verschwunden.Viele Namen, sagte der unbekannte Helfer. Einer davon lautet Anti-ES. Verla dich auf dein Gefhl, Iray!

4.

Die Gnge im Innern des Planetoiden machten teilweise den Eindruck auf mich, als habe jemand die Stollen begradigt und die Wnde geglttet. An anderen Stellen jedoch sah alles unberhrt aus. berall herrschte eine schwache Helligkeit, deren Herkunft ich nicht ergrnden konnte. Die Schwerkraftverhltnisse waren eindeutig berall in der gleichen Richtung. Es gab also ein echtes Unten, das nur knstlichen Ursprungs sein konnte.Ich strebte rein gefhlsmig dem vermeintlichen Zentrum entgegen, weil ich hier mehr zu erfahren hoffte. ber sauber angelegte Treppen drang ich immer tiefer in das Innere des teilweise ausgehhlten Planetoiden vor. Dabei entdeckte ich mehrere seitliche Kammern unterschiedlicher Gre. Sie waren jedoch alle leer und schienen auch noch nie benutzt worden zu sein.Ich stutzte erst, als ich in meiner Nhe deutliche Gerusche hrte. Es war ein Klopfen und Stampfen, das an meine Ohren drang. Vorsichtig ging ich weiter. Der Stollen mndete in eine Halle, in der verschiedene Maschinen standen. Ich erkannte robotische Automaten, wie sie zur Nahrungsherstellung und -Verarbeitung benutzt wurden. Es waren eindeutig Typen von Maschinen, wie ich sie von Arkon oder Terra her kannte. Das Klopfen kam aus einem Gert, das in schneller Folge Konzentratwrfel ausstie. Die kleinen Pakete fielen in einen Korb, und als dieser gefllt war, beendete der Roboter seine Ttigkeit.Fr dein leibliches Wohl ist also gesorgt, stellte der Extrasinn fest. Dir wre es wohl lieber, wenn du eine Maschine gefunden httest, die Thermogeschtze baut.Ich ging die Wand mit den Robotern ab und fand sogar Hinweise auf verschiedene Flssigkeiten, die ich hier tasten konnte. Ich whlte Kaffee, und erhielt einen Becher mit einer braunen Brhe. Sie schmeckte nicht bel, war aber eindeutig synthetischen Ursprungs. Woher htte Anti-ES in dieser de auch frische Naturalien nehmen sollen!Man legt Wert darauf, da du bei bester Gesundheit und krperlicher Verfassung bleibst, teilte mir der Logiksektor mit. Du bist etwas wert. Darin liegt deine Chance. Wenn es hart auf hart gehen sollte, wird Anti-ES dich sogar schtzen. Das ist sicher.Wovor sollte es mich schtzen? fragte ich halblaut zurck. Vor dem Zugriff der Kosmokraten?Zu meiner berraschung antwortete eine andere Stimme. Sie klang monoton und besa keinerlei Modulation.Es gibt berall Gefahren.In einem der vielen Eingnge zu der Versorgungsstelle stand ein Wesen, in dem ich im ersten Augenblick einen Menschen zu erkennen glaubte. Dann hatte ich das Gefhl, da mein Blick sich trbte, denn die Umrisse der Figur schienen zu verschwimmen.Bist du ein Mensch? fragte mich die Gestalt etwas holprig.Soll das heien, da du nicht weit, wer ich bin? stellte ich die Gegenfrage.Anti-ES sagte, dein Name wre Atlan. Ich glaube, ich habe diesen Namen schon einmal gehrt.Wo und wann hast du ihn gehrt? Ich beschlo, sofort nachzuhaken und die Initiative an mich zu reien. Noch ahnte ich nicht, welcher Figur ich da gegenberstand.Ich wei nicht genau. Die verschwommene Gestalt schwankte leicht. Du mut nmlich wissen, ich bin noch nicht fertig.Fertig? Womit?Mit mir. Aber wenn ich fertig bin, werde ich mich an nichts mehr von frher erinnern.Dann solltest du mich schnell alles wissen lassen, bevor du es vergit. Du bist wohl auch ein Gefangener von Anti-ES, oder?Nein! Nein! Seine lappigen Arme fuchtelten wild durch die Luft. Ich bin sein wichtigster Helfer. Oder besser gesagt, ich soll es werden.Wie ist dein Name?Auf der glatten und haarlosen Stirn bildeten sich steile Falten. Ich gewann den Eindruck, da die merkwrdige Gestalt angestrengt nachdachte.Vouler oder Voust, murmelte er dann. Aber das zhlt nicht mehr. Der Herr nennt mich Anti-Homunk.Ich hatte mir das nach den letzten uerungen fast gedacht. Von ES, dem Geisteswesen des ehemaligen Kunstplaneten Wanderer, wute ich, da dieses selbst nie in seiner wirklichen Form in Erscheinung trat. Ich wute nicht einmal, ob ES berhaupt etwas besa, das sich als wirkliche Form, beschreiben lie. So benutzte ES bisweilen einen Kunstmenschen, den es Homunk nannte. Bei dem damaligen Agieren seines Gegenspielers Anti-ES war indirekt auch ein Anti-Homunk in Erscheinung getreten. Ein hnliches Wesen mute diese unfertige Gestalt sein, wahrscheinlich eine Neuschpfung dieser negativen Superintelligenz.Die erwhnten Namen deuten darauf hin, teilte mir der Logiksektor mit, da dieser Anti-Homunk frher ein anderes Wesen war.Fallen dir keine anderen Namen aus der Vergangenheit ein? fragte ich.Doch. Wieder berlegte Anti-Homunk. Iray Vouster. Sie war meine Schwester.Iray Vouster? Ich verga nie einen Namen, den ich einmal gehrt hatte. Und diesen Namen kannte ich, auch wenn er keinerlei Bedeutung fr mich besa.Bis heute besa, korrigierte mich der Extrasinn.Das war richtig. Der Name Iray Vouster war zusammen mit dem von Benjamin Vouster im Zug der turbulenten Ereignisse auf der Erde aufgetaucht, als Perry Rhodans Gehirn verschollen war und ein falscher Rhodan, ein Werkzeug von Anti-ES, versucht hatte, die Geschicke der Menschheit negativ zu beeinflussen. Die beiden Vouster-Geschwister waren auf einer Vermitenmeldung aufgetaucht. Allerdings hatten wir damals keinen aktuellen Bezug zu den wirklichen wichtigen Ereignissen um das kosmische Schachspiel zwischen ES und Anti-ES herstellen knnen.Nun konnte ich annehmen, da Anti-ES uns damals geschickt getuscht hatte. Das halbfertige Wesen vor mir war zweifellos einmal Benjamin Vouster gewesen. Seine Erinnerung war getrbt. Sein Krper war stark verndert. Anti-ES mute damals irgend etwas eingeleitet haben, um die Krpersubstanz Vousters zu konservieren, denn zwischen diesen Ereignissen und jetzt lagen schlielich rund 130 Jahre. Benjamin und Iray Vouster waren damals meines Wissens nicht wieder aufgetaucht.Du siehst, da Anti-ES seine Fden schon viel frher und viel weiter gesponnen hat. Es hat eine Art Vorsorge getroffen, die es in dem Fall verwenden wollte, der nun eingetreten ist. Es wurde verbannt in die Namenlose Zone. Der umgeformte Teil eines Menschen, den es damals wohl entfhrt hatte, begegnet dir hier als halbfertiger Anti-Homunk.Versuch dich zu erinnern, Benjamin Vouster, drngte ich. Wir sind uns zwar nie begegnet, aber ich wei, da du ursprnglich ein normaler Mensch warst.Bist du ein Mensch? wollte er erneut wissen. Der Einfachheit halber sagte ich ja, obwohl das nicht ganz exakt war, denn zwischen Arkoniden und Terranern gab es auch biologische Unterschiede. Letztlich gingen beide aber auf ein gemeinsames Vorfahrenvolk zurck.Dann wei ich endlich, sagte Anti-Homunk aufatmend, wie ich aussehen mu. Wre es notwendig, mich genau an dein Vorbild zu halten?Ich verstand nicht genau, was diese Frage bedeuten sollte.Er ist unfertig, warf der Logiksektor schnell ein. Er schien zu befrchten, da ich eine unkluge oder falsche Antwort geben knnte. Er versucht, eine passende uere Form zu finden. Jetzt sucht er nach einer Schablone.Ich legte keinen Wert darauf, einen Helfer von Anti-ES zu sehen, der mir uerlich vollkommen glich. So gab ich ihm zur Antwort, da er fr seine angestrebte Vervollkommnung eine andere Haarfarbe, einen anderen Gesichtsausdruck und eine andere Krperform whlen sollte. Er war damit zufrieden, ja fast sogar glcklich.Wir sehen uns wieder, Atlan, beeilte er sich zu sagen. Zuerst mu ich an mir arbeiten. Seine Gesichtszge vernderten sich bereits. Backenknochen traten hervor, und auf dem kahlen Schdel bildeten sich schwarze Haarstoppeln. Dann wirst du auch erfahren, welche wunderbare Aufgabe ich habe.Er wandte sich zum Gehen.Warte, Benjamin Vouster! rief ich ihm nach. Was soll ich deiner Schwester Iray sagen, wenn ich ihr begegne?Er drehte sich halb um und verrenkte dabei seinen Oberkrper, als sei dieser aus Gummi.Iray? Wer ist Iray? Und wer ist Benjamin Vouster? Ich habe diese Namen noch nie gehrt.Dann verschwand er im Dmmerlicht des Ausgangsstollens.Mit seiner Vervollkommnung verschwindet seine Erinnerung, stellte der Logiksektor fest.Oder Anti-ES hat dazwischengepfuscht, dachte ich zurck.

*

Es vergingen etwa drei Tage, in denen sich nichts Bemerkenswertes ereignete. Ich durchstreifte den Planetoiden, fand verschiedene Zonen, in die ich nicht eindringen konnte, aber keine Spur von Anti-Homunk. Von Zeit zu Zeit kehrte ich in die Versorgungshalle zurck, um Nahrung zu mir zu nehmen. Dort fand ich auch einen Platz, an dem ich schlafen oder ruhen konnte.An die Auenseite des Planetoiden wagte ich mich noch nicht. Auch erwartete ich dort nichts, was mir aus meiner milichen Lage helfen wrde. Anti-ES meldete sich nicht mehr. Ich vermutete, da die Superintelligenz, ber deren Mglichkeiten ich ja fast nichts wute, anderweitig beschftigt war.Inzwischen kannte ich mich in Innern des Planetoiden recht gut aus. Als ich aber einige Male an Orte zurckkehrte, an denen ich bereits gewesen war, stellte ich fest, da Vernderungen vorgenommen worden waren. Neue Querverbindungen zwischen den einzelnen Hohlrumen waren gebildet worden, andere waren verschwunden. Zuerst glaubte ich mich zu tuschen, aber als der Extrasinn mich an die fehlerfreie Erinnerung meines fotografischen Gedchtnisses erinnerte, wute ich endgltig, da hier jemand wirkte.Zu hren oder zu sehen hatte ich von diesen Aktivitten nichts bekommen. Entweder war es dieser unfertige Anti-Homunk gewesen, oder Anti-ES beeinflute die Materie von sich aus.Du kannst auch nicht ausschlieen, mahnte der Logiksektor, da hier noch andere Helfer der Superintelligenz ttig sind, die du nur noch nicht bemerkt hast.Das stimmte, obwohl ich keine mobilen Roboter hatte entdecken knnen. Da Anti-ES nicht ohne solche Helfer war, stand ja fest, denn die Versorgungsanlage war rein robotischer Natur.Etwas stimmte mich nachdenklich, denn es pate nicht in meine bisherigen Vorstellungen. Anti-ES war verbannt worden, das war klar. Diese Verbannung erlaubte ihm jedoch eine ganze Menge Freiheiten, und das war unlogisch. Auch gab es hier, an dem Ort, an dem Anti-ES war, keine direkten berwachungsmechanismen.Du gehst von vllig falschen Voraussetzungen aus. Die Verbannung in die Namenlose Zone mu auch einen Sinn haben, der ber das normale Ma einer Bestrafung hinausgeht. Anti-ES hat gegen bestimmte Gesetze verstoen. Seine Existenz wurde jedoch nicht entfernt, obwohl es eindeutig auf der Seite der negativen Mchte des Universums steht. Die Kosmokraten werden schon wissen, was sie wollen. Da die Verbannung auf zehn sogenannte Relativ-Einheiten begrenzt ist, mut du dich doch fragen, was danach mit Anti-ES geschehen soll. Du nimmst doch nicht an, da es dann wieder mit all seiner Schlechtigkeit auf die Menschheit oder andere Vlker losgelassen wird?So hatte ich dieses Problem noch gar nicht betrachtet. Das lag vor allem daran, da ich gar nicht wute, wie lang eine Relativ-Einheit dauerte.Narr! Eine Relativ-Einheit heit so, weil ihre Lnge nicht fixiert ist. Die Logik besagt, da die zeitliche Lnge erst spter festgelegt wird.Durch wen oder was?Wahrscheinlich durch den Gefangenen selbst. Ich stelle mir das wie eine Art Bewhrung vor, die in zehn Phasen zu verlaufen hat.Wenn Anti-ES weiter so gegen den Willen der Kosmokraten handelt, stellte ich fest, dann wird schon die erste und noch nicht beendete Einheit unendlich lang dauern.So knnte es sein. Du darfst jedoch nicht glauben, da meine zwar logischen, aber dennoch sehr einfachen Bilder vom Handeln der Kosmokraten auch nur annhernd deren tatschlichen Absichten entsprechen. Ich gehe, davon aus, da wir immer nur Teilauswirkungen der Manahmen der Hohen Mchte zu spren bekommen.Die Kernfrage ist doch, was sie tun, wenn sie erfahren, da ich von dem Verbannten entfhrt wurde.Richtig. Und die Antwort kennst du auch.Wie bitte? Ich war wirklich ber die Behauptung des Logiksektors berrascht.Du unterliegst dem gleichen Irrtum wie Anti-ES. Du hoffst, da die Kosmokraten etwas zu deiner Befreiung tun werden. Anti-ES ist der berzeugung, da sie es tun werden, und es rechnet fest damit, dadurch seine vorzeitige Aufhebung der Verbannung zu erzielen. Du bist nun fast vier Tage hier. Was ist geschehen? Nichts. Und es wird auch nichts geschehen.Woher willst du das wissen?Ich wei es, weil es logisch ist.Wenn die Kosmokraten an deiner sofortigen Befreiung interessiert wren, htten sie diese lngst veranlassen knnen. Wesen, die so unbegreiflich fr uns sind wie sie, bentigen dafr keine hundert Stunden. Also richten sich die Interessen der Hohen Mchte auf etwas anderes.Ich stimme dir nicht zu. Anti-ES hat uns wissen lassen, da die Kosmokraten nicht direkt auf die Namenlose Zone einwirken. Daher ist die groe Zeit verstrichen.Sie knnten dich auch durch ein indirektes Einwirken von hier wegholen. Denke an Laire oder Samkar, die letztlich nichts weiter als handelnde Helfer der Kosmokraten sind. Ich sage dir, Atlan, du schtzt die Verhltnisse falsch ein. Du siehst sie zu sehr auf den Bereich begrenzt, mit dem du dich vor dem Gang durch die Materiequelle befassen mutest. Du weit, da Laire eine lange und ebenfalls unbestimmte Zeit des Aufenthalts jenseits der Materiequelle vorhergesagt hat. Das deckt sich mit der von mir gefolgerten Unbestimmtheit der Lnge einer Verbannungs-Einheit von Anti-ES.Die Mitteilungen des Extrasinns stimmten mich nachdenklich. Das hrte sich fast so an, als sei meine Entfhrung gar am Ende von den Kosmokraten einkalkuliert worden, um Anti-ES eine Chance zur Bewhrung zu erffnen. Wenn das auch nur annhernd stimmte, dann war jedes Warten auf Hilfe von jenseits der Materiequelle eine sinnlose Hoffnung.Ich ging, im Gegensatz zu den Folgerungen des Extrasinns, eher davon aus, da die Kosmokraten sich auf einen so billigen Erpressungsversuch, wie ihn Anti-ES starten wollte, gar nicht einlassen wrden. Das konnte ebenso der Grund fr ihre Passivitt sein.Es gab viele denkbare Mglichkeiten. Vielleicht hatten sie mich einfach abgeschrieben und schon lngst einen neuen Mann ausgesucht, der mit Laire zu ihnen kommen sollte. Meine Grbeleien wurden beendet, als am anderen Ende des Stollens eine Gestalt auftauchte.Ich erkannte sofort, da es Anti-Homunk war, obwohl sich dieser sehr verndert hatte. Er trug nun eine schlichte Kombination von dunkelblauer Farbe, die die haarlosen Arme unbedeckt lie. Auf seinem Kopf hatten sich dunkelbraune Haare gebildet, die allerdings wirr nach allen Seiten standen. Die Gesichtszge waren immer noch glatt und wirkten zu knstlich, vor allem, weil keine Augenbrauen oder Falten erkennbar waren. Mit staksigen Schritten eilte die Gestalt auf mich zu.Hallo, Atlan! Der Versuch eines Lchelns scheiterte. Es war eher eine dmmliche Grimasse, die er schnitt. Wie gefalle ich dir?berhaupt nicht, antwortete ich, ohne zu zgern.Oh! Er amsierte sich. Der Herr ist mit mir sehr zufrieden.Der Herr! Der Herr! ffte ich ihn nach. Wo steckt diese niedertrchtige Kreatur denn?So solltest du nicht von Anti-ES reden. Es knnte rgerlich werden und dich bestrafen. Die Halb-Osal'Oths warten nur darauf, ein Opfer zu bekommen.Was sind Halb-Osal'Oths, Benjamin Vouster?Du sollst mich nicht mit diesem Namen nennen. Er drohte mir mit beiden Fusten, und ich sah, da an seinen Hnden die Fingerngel fehlten. Und was die Halb-Osal'Oths betrifft, so sei froh, da du sie nicht kennst. Sie wrden deine Psyche zerstren.Wenn das so ist, entgegnete ich provozierend, wre es wohl besser, sie auf Anti-ES anzusetzen. Dein Herr scheint eine Vernderung seiner kranken Psyche dringend ntig zu haben.Ein dummer Scherz von dir. Anti-Homunk lachte geknstelt. Irgendwie tat mir dieses Wesen leid, auch wenn ich sein Schicksal nur ungenau kannte. Es bestand jedoch kein Zweifel fr mich darber, da dieses Kunstwesen aus der Krpersubstanz des ehemaligen Terraners Benjamin Vouster entstanden war. Anti-ES hatte sein Zellplasma transformiert, um es fr lngere Zeit haltbar zu machen und zu gegebener Zeit zu einem ihm treu ergebenen Diener zu formen.Ich glaube nicht, da du beurteilen kannst, was dumm ist und was nicht, Benjamin. Ich blieb bei meinem Kurs, um durch stndige Provokation mehr zu erfahren oder doch etwas zu erreichen, was mir aus meiner Lage helfen wrde.Genug geredet, Atlan! Geh mir aus dem Weg! Ich habe etwas zu tun.Was gibt es fr ein unfertiges Produkt wie dich schon zu tun? Ich lachte laut und baute mich dicht vor Anti-Homunk auf.Unfertig? Du magst nicht ganz unrecht haben. Ich wei aber, da ich stark sein werde. So stark, da ich dich zwischen zwei Fingern zerquetschen kann. Hah!Er ri bei dem drohend gemeinten Schrei seinen Mund auf, und ich sah, da er keine Zhne besa.Wir wollen einmal sehen, wer hier wen zerquetscht. Ich packte ihn an den Oberarmen und zog ihn dicht zu mir heran. Dann stie ich ihn ab und schleuderte ihn gegen die nchste Wand.Grinsend kam Anti-Homunk wieder auf die Beine.So erreichst du nichts, Atlan, meinte er berheblich. Ich kann weder Schmerzen empfinden noch kannst du mir einen krperlichen Schaden zufgen.Er schob sich blitzschnell an mir vorbei. Ich hielt ihn erneut fest, diesmal jedoch etwas sanfter.Wohin willst du?Er starrte mich einen Moment mit seinen ausdruckslosen Augen an.Komm mit! Ich werde dir zeigen, was nun geschieht, erklrte er und schttelte meinen Griff ab.Ich folgte ihm schweigend durch das Gewirr aus Felsgngen. Unser Weg fhrte uns immer weiter abwrts in die Tiefe des Planetoiden. Schlielich gelangten wir in einen Bereich, der mir unbekannt war. Vor einer blanken Felswand hielt Anti-Homunk an. Er zog ein kleines Gert aus seiner Kombination und bettigte eine Taste. Ich erfate jede seiner Bewegungen und speicherte sie in meinem Gedchtnis ab. Auch der kleinste Hinweis konnte fr mich vielleicht noch ntzlich sein.Die glatte Felswand wurde durchsichtig. Dahinter wurde eine Kammer sichtbar, deren Wnde nicht aus Gestein bestanden. Das war Metall. In dem Raum stand etwas, das vielleicht ein Raumgefhrt war. Es handelte sich um eine Kugel von etwa zehn Metern Durchmesser. Das obere Drittel war transparent. Dahinter erkannte ich Steuereinrichtungen und ein paar kleine Monitoren. Das Unterteil jedoch war aus einer metallhnlichen Substanz. Die Kugel stand auf einem Gerst, so da sie nicht umkippen konnte.Die BERZONE, erklrte Anti-Homunk bereitwillig. Mit ihr werde ich in Krze starten. Sie arbeitet nach dem Prinzip der Gedankensteuerung und bewegt sich durch den Odamon-Dimensions-Korrektor.Was ist ein Odamon-Dimensions-Korrektor? fragte ich mit gespieltem Interesse.Das wei ich nicht, gab Anti-Homunk zu.Auch gut. Wenn du damit startest, werde ich dich los sein. Das ist wenigstens ein erfreulicher Aspekt an der Sache.Mein Gegenber lachte bld.Wenn du wtest, welches meine Mission ist, wrdest du dich noch mehr freuen.Vermutlich willst du dich darber aber ausschweigen.Durchaus nicht, Atlan. Anti-ES hat beschlossen, mich damit als Unterhndler zu den Kosmokraten zu schicken. Da sich diese nicht melden, mu es die Initiative ergreifen. Ich bin beauftragt, mit den Hohen Mchten ber deine Freigabe zu verhandeln. Der Herr ist sich sicher, da dies gelingen wird, denn der Preis, den er fr dich verlangt, ist gering. Die Aufhebung seiner Verbannung.Ich antwortete nichts, zumal mir zur gleichen Zeit der Extrasinn mitteilte, da dieser Plan nie und nimmer funktionieren wrde.Damit ist alles gesagt, Atlan, fuhr Anti-Homunk fort. Nun verschwinde in die obere Region, denn der Start steht in Krze bevor.Ich tat, als ob ich einverstanden sei und als ob ich dies alles sehr begrte. So ergriff ich die Hand des Kunstwesens und drckte sie mit gespielter Herzlichkeit. Mit der anderen Hand klopfte ich ihm die Schultern und die Brust, bis Anti-Homunk mich abdrngte.Viel Erfolg! rief ich ihm zu. Und kehre bald zurck, damit ich diesen ungastlichen Ort schnell verlassen kann.Er winkte mir noch etwas verdutzt zu, whrend ich durch den Stollen davoneilte.In meiner linken Hand hielt ich Anti-Homunks kleines Steuergert, das ich ihm bei der berschwenglichen Verabschiedung unbemerkt aus der Brusttasche entwendet hatte.

5.

Kaum war die Sicht zwischen ihm und mir versperrt, da spurtete ich los. Die Umgebung hatte ich mir auf dem Hinweg genau eingeprgt. Ich rannte zwei Etagen hher und nahm dann einen waagrechten Weg. Bei der nchsten Mglichkeit orientierte ich mich wieder nach unten. Etwa 20 Meter seitlich der Stelle, wo ich Anti-Homunk verlassen hatte, stieg ich in einem schmalen Schacht abwrts.Mein Gefhl sagte mir wenig spter, da ich jetzt wieder auf Hhe des Niveaus war, wo die transparente Wand lag. Behutsam pirschte ich mich an diesen Ort zurck. Ich mute zwei Umwege in Kauf nehmen, weil es keinen geraden Weg gab, aber ich gelangte nun von der anderen Seite an mein Ziel.Vorsichtig lugte ich um die letzte Ecke. Zuerst erblickte ich schrg von der Seite die durchsichtige Wand. Ich hielt den Atem an und beugte mich ein Stck weiter vor.Nun sah ich auch meinen Widersacher. Er suchte wie ein Verrckter in den Taschen seiner blauen Kombination, und es war fr mich nicht schwer zu erraten, wonach er suchte. Schlielich schien ihm die Erleuchtung zu kommen. Er blickte auf und rannte los, wobei er genau den Weg nahm, auf dem ich ihn verlassen hatte.Kaum war er hinter der nchsten Biegung verschwunden, da zog ich das kleine Kstchen heraus und betrachtete es genauer. Es besa nur vier Sensortasten, zwei in einem Blauton und zwei in einem Gelbton. Dabei waren die Felder einer Farbe unterschiedlich hell. Ich verlie mich auf mein Glck und meinen Verstand.Als ich die dunkle blaue Taste bettigte, verwandelte sich die durchsichtige Wand wieder in graues Gestein. Nun drckte ich das helle gelbe Feld. Wie ich es erwartet hatte, so geschah es. In der Wand bildete sich anstelle des Durchblicks eine richtige ffnung. Mit wenigen Schritten eilte ich in den Raum und berhrte nun wieder den hellblauen Sensor. Der Durchla verschlo sich, und statt dessen war die Wand wieder transparent.Der Eingang zu dem kugelfrmigen Boot lag auf der abgewandten Seite. Er war offen, und so kletterte ich hinein.Ich begre dich, Anti-Homunk, sagte die BERZONE. Ich erwarte deine gedanklichen Befehle zum Start.Hoppla! meldete sich der Extrasinn. Er war wohl nicht weniger berrascht als ich.Warte noch, BERZONE, antwortete ich halblaut. Gesprochene Gedanken waren immer noch die deutlichsten.Wie du es befiehlst, Anti-Homunk.Am liebsten htte ich laut gelacht.Konzentriere dich lieber auf die Gefahr. Anti-ES wird nicht schlafen. Und Anti-Homunk wird sicher bald wieder hier auftauchen.Ich konnte nur hoffen, da die Einrichtungen der BERZONE diese Gedanken nicht hrten, denn dann wre mein gewagtes Spiel schnell gescheitert gewesen.Anti-Homunk soll ruhig kommen, wandte ich mich lautlos an den Logiksektor. Ich hoffe sogar, da er kommt. Er wird sein blaues Wunder erleben.Deine knstliche Selbstsicherheit kann dir nur schaden.Quatsch! dachte ich zurck und kletterte aus der BERZONE. Hier drauen war die Gefahr, da die Einrichtungen des Raumboots meine Gedanken durchschauten, bestimmt geringer.Ich stellte mich so hinter das Kugelschiff, da man mich von auerhalb des Raumes nicht entdecken konnte. Lange brauchte ich nicht zu warten. Mit einem ratlosen Gesicht tauchte Anti-Homunk drauen wieder auf. Seine Blicke waren zuerst zu Boden gerichtet. Wahrscheinlich hoffte er, dort das verlorene Sensorgert zu finden.Dann blickte er durch die transparente Wand und tastete diese mit seinen Hnden ab. Als er fest dagegendrckte, berhrte ich den ffnungsmechanismus. Der berraschte Anti-Homunk fiel vornber zu mir herein.Nun handelte ich wie ein Blitz.Ich verschlo den Eingang wieder und sprang gleichzeitig in das Raumboot.BERZONE, befahl ich. Schott zu! Ausgang auf! Sofort starten!Noch whrend das Schiff den Empfang der Anweisungen besttigte, handelte es. Hinter mir flog krachend das Eingangsschott in die Verriegelung. Drauen schob sich eine Wand zur Seite. Das Pfeifen der entweichenden Luft drang leise in das Innere des Schiffes. Auf Anti-Homunk, der nun in Sekundenschnelle in ein Vakuum geriet, nahm ich keine Rcksicht.Die BERZONE verlie den Planetoiden in schnellem Flug. Ich warf noch einen Blick zurck und sah, wie sich Anti-Homunk trotz der fehlenden Atmosphre langsam erhob.Wohin? fragte die BERZONE.Immer geradeaus, antwortete ich. Schnurgeradeaus. Und wenn es dir nichts ausmacht, dann mglichst schnell.Flugstufe vier? wollte das Boot wissen. Das ist die hchste berlichtstufe.Flugstufe vier, antwortete ich.Innerhalb einer Sekunde war der Planetoid von Anti-ES meinen Blicken entschwunden. Ich triumphierte, obwohl ich keine Vorstellung davon hatte, was nun weiter geschehen sollte. Mir kam es erst einmal darauf an, eine mglichst groe Distanz zwischen meinen Entfhrer und mich zu bringen.Die Namenlose Zone bot keinerlei Orientierungspunkte. Auch als ich die BERZONE anwies, fr kurze Zeit in einen Unterlichtflug zu gehen, konnte ich nichts feststellen. Die gesamte Umgebung war ein einziges schwarzes Meer.BERZONE, sagte ich halblaut. Wo ist die nchste Materiequelle?Der Begriff Materiequelle ist mir unbekannt, Anti-Homunk.Dann sage mir, wo der nchste bergang in das Normaluniversum liegt.Normaluniversum? Unbekannt.Durch weitere Fragen merkte ich bald, da die Intelligenz dieses Schiffes sich nur darauf beschrnkte, gedankliche Steueranweisungen auszufhren. Darberhinaus besa es etwas, das es als Umgebungstaster, bezeichnete und das auf einem Monitor Reflexe aufzeigen sollte. Der Monitor blieb jedoch dunkel.Wir fliegen geradeaus weiter, BERZONE. Besonderheiten sind mir sofort mitzuteilen! Ich mu zu den Kosmokraten.Die Fluganweisungen werden ausgefhrt, entgegnete das Kugelschiff. Der Begriff Kosmokraten ist mir unbekannt.Ich nahm in der einzigen Sitzgelegenheit Platz und behielt den Monitor so im Auge. Mein Blick war jedoch die meiste Zeit hinausgerichtet in die endlose Dunkelheit.Dein Triumph hat einen Dmpfer bekommen, nicht wahr? hhnte der Extrasinn. Sei still, knurrte ich.

*

Ich besa nicht einmal eine Uhr, und an Bord der BERZONE gab es nichts, womit ich die Zeit htte bestimmen knnen. So mute ich mich auf mein Gefhl verlassen.Ereignislose Stunden vergingen. Ich mute schon Lichtjahre zurckgelegt haben, ohne da sich in der beobachteten Umgebung etwas nderte. ber die Grenverhltnisse der Namenlosen Zone besa ich auch keine Vorstellung. Aber irgend etwas anderes mute es hier doch geben, sagte ich mir. Wenn der richtige Anti-Homunk mit der BERZONE gestartet wre, so htte er doch auch etwas finden mssen. Oder wute dieser Kunstmensch am Ende gar, wohin er sich htte wenden mssen?Ich hatte pltzlich das Gefhl, da die BERZONE sich zu schtteln begann. Als ich mich umblickte, konnte ich jedoch nichts Besonderes feststellen. Wenig spter hingegen vernderte sich der berall vorhandene schwarze Hintergrund. Er wurde eine winzige Nuance heller. Das Zittern der Raumkugel hielt weiter an. Es war nun so deutlich zu spren, da ein Irrtum ausgeschlossen war.BERZONE, fragte ich. Was geht da vor?Es dauerte merkwrdig lange, bis das Schiff antwortete.Wir verzgern, erklrte es schlielich unsicher.Was hat das zu bedeuten? Ich habe keine derartige Anweisung gegeben.Das trifft zu, Anti-Homunk. Die Verzgerung geschieht auch nicht durch mich. Es handelt sich um eine uerliche Einwirkung.Nun war ich endgltig hellwach.Welcherart ist diese uerliche Einwirkung? Ich machte mir keine groen Hoffnungen, von der BERZONE eine brauchbare Antwort zu bekommen.Vielleicht handelt es sich um die gesuchte Materiequelle, meinte das Schiff. Allerdings meint Anti-ES, da dies unwahrscheinlich ist, denn die gesuchte Materiequelle sei nicht aktiviert.Diese Antwort war ein kleiner Schock, den ich nur mhsam verbergen konnte. Sie bedeutete praktisch, da die BERZONE in irgendeiner Art Kontakt mit Anti-ES stand, denn wenige Stunden zuvor hatte das Kugelschiff behauptet, den Begriff Materiequelle nicht zu kennen.Vorsicht! warnte auch mein Extrasinn.Ich beschlo, mich langsam und behutsam an das neue Problem heranzutasten.Liegen irgendwelche Anweisungen von Anti-ES vor?Natrlich nicht. Das Schiff wirkte berrascht. Die Anweisungen sollen doch von dir kommen, Anti-Homunk.Ich verstand diese merkwrdigen Zusammenhnge nicht.Das liegt daran, da du keine przise Vorstellung von der Art der Verbannung von Anti-ES besitzt, belehrte mich der Logiksektor. Geh davon aus, da es eine Art stillen Beobachter spielt.Selbst wenn das annhernd richtig war, sagte ich mir, so war es unerklrlich, da Anti-ES nicht bemerkt hatte, da ich an der Stelle von Anti-Homunk mit der BERZONE gestartet war. In irgendeiner Beziehung schien die Superintelligenz regelrecht blind zu sein. Auch mute ich damit rechnen, da sie lngst den richtigen Anti-Homunk bemerkt haben mute, der den Vakuumanschlag offensichtlich berlebt hatte. Oder dieser hatte sich mit seinem Herrn in Verbindung setzen knnen.Es gibt keine Anzeichen dafr, da es so ist, lautete die Information des Logiksektors. Nutze also deine Zeit.Ich starrte durch die transparente Kuppel hinaus in das Dunkel der Namenlosen Zone. Verschwommene Strukturen schlten sich allmhlich heraus. Noch waren die Helligkeitsunterschiede zum Hintergrund zu gering. Ich vermeinte aber, gewaltige Bnder zu erkennen.Wir machen keine Fahrt mehr, meldete sich die BERZONE. Der Odamon-Dimensions-Korrektor wurde neutralisiert. Ich knnte auf den Gravtrieb umschalten und es damit versuchen. Wenn du das wnschst.Umschalten und in Richtung des Objekts fliegen, in dem die Materiequelle vermutet wird, entgegnete ich. Ein schwacher Hoffnungsschimmer kam in mir auf. Vielleicht wrde ich es doch noch schaffen, zu den Kosmokraten zu gelangen. Und das aus eigener Kraft!Wir bewegen uns mit Unterlichtgeschwindigkeit, meldete die BERZONE.Die seltsamen Strukturen wurden nun deutlicher. Auch kamen sie schnell nher. Das filigranartige Gebilde erstreckte sich nach allen Seiten. Irgendwo in der Ferne dieser Unwirklichkeit verschmolzen die Balken und Strhnen wieder mit dem ewigen Schwarz der Namenlosen Zone. Noch besa ich keine Vorstellung davon, was dort drauen war. Ich erhob mich aus dem Sessel und prete mein Gesicht gegen die transparente Kuppel. Mehr konnte ich aber auch nicht erkennen.Der langsame Flug ging weiter. Allmhlich schob sich das kleine Schiff in ein endloses Gewirr aus immer heller strahlenden Fden und Strngen. Der Vergleich mit einem dreidimensionalen Spinnennetz drngte sich mir auf.Weiche den hellen Strukturen aus, wies ich die BERZONE an, die den Befehl sofort quittierte.Allerdings wird dies nur in begrenztem Umfang mglich sein, fuhr das Kugelschiff dann fort. Eine neue Kraft wirkt auf uns und zieht uns in eine andere Richtung.Was sagt unser Herr dazu?Nichts, Anti-Homunk. Die Periode des Kontrollkontakts ist lngst vorber. Das solltest du doch wissen.So war das also! Anti-ES stellte von Zeit zu Zeit eine Verbindung zu dem Schiff her, und ich htte das wissen mssen.Versuche zu erfahren, drngte der Logiksektor, wann der nchste Kontrollkontakt sein wird. Aber stelle eine unverfngliche Frage!BERZONE, sagte ich mit gespielter Verwirrung. Die Eindrcke machen mir zu schaffen. Wann kann ich denn mit einer neuen Information von unserem Herrn rechnen?Das wei ich so wenig wie du, kam es schroff zurck. Achtung! Ortung!Ich warf einen Blick auf den Monitor. Das Gespinst gab hier ein bereits deutliches Echo ab. An einer Stelle, an der viele der dunkelblauen Bnder zusammenliefen, war ein greres Gebilde zu erkennen. Es schimmerte bei der direkten Beobachtung kaum heller als der schwarze Hintergrund, aber auf der Ortungsanzeige bildete sich ein besonders starkes Signal. Es handelte sich um einen kugelfrmigen Krper, der mit vielen Auswchsen besetzt war.Eine Raumstation, vermutete der Extrasinn, von der aus energetische Bahnen gleich einem Netz gesponnen werden. Der Zweck ist jedoch unklar.Gravtrieb ist neutralisiert, meldete die BERZONE. Wir treiben aber weiter auf das deutliche Echo zu. Soll ich einen Fluchtversuch durchfhren?Nein, antwortete ich schnell. Ich mchte aber wissen, wie dieser Fluchtversuch aussehen soll.Anti-ES hat mich nicht umsonst gewarnt, nrgelte die BERZONE berheblich. Du bist tatschlich noch sehr unfertig. Der Herr htte besser daran getan, noch ein paar Tage fr deine Konditionierung aufzuwenden, denn du scheinst vieles vergessen zu haben. Da die BERZONE ein Teil der Materie des Herrn ist, ist auch jederzeit eine Rckkehr zu ihm mglich. Du brauchst es nur zu wollen, dann fhre ich die Flucht aus.Ich hatte wieder etwas Wichtiges in Erfahrung gebracht, aber so erfreulich wie das war, so unerfreulich war der Inhalt dieser Information. Ich wollte ja weg von Anti-ES! Und nie wieder in seine Nhe. Wenn dieses merkwrdige Raumboot ber eine solche Mglichkeit verfgte, konnte es selbst oder auf Gehei von Anti-ES diese jederzeit aktivieren. Dann wrde ich sehr schnell wieder in meine alte Gefangenschaft geraten.Es wre angebracht, meinte der Extrasinn folgerichtig, wenn du bei der erstbesten Gelegenheit von Bord gehst.Richtig war das schon, aber die Frage war, wohin. Bis jetzt hatte ich in der Namenlosen Zone keinen einzigen Stern oder Planeten entdecken knnen.Unser Kurs zeigte weiter auf den Knoten in dem Gespinst. Allmhlich bekam ich eine ungefhre Vorstellung von der Gre des Gebildes, obwohl eine exakte Schtzung bei den merkwrdigen Lichtverhltnissen und der fehlenden Vergleichsmglichkeit unmglich war. Ich schtzte den eigentlichen Kern auf einen Durchmesser von mindestens zehn Kilometern.Wir passierten eine der blauen Bahnen, die sich hier immer dichter kreuz und quer durch das Nichts schoben, in unmittelbarer Nhe. Die Dicke des kreisrunden Fadens betrug etwa 50 Meter. Zweifellos handelte es sich um reine Energie, denn es herrschte eine geringe Durchsichtigkeit vor, und im Innern bewegte sich etwas wie trge flieende Flssigkeiten.Mein Traum von der Materiequelle war schnell wieder zerronnen. Auch wenn ich nicht wute, wie eine Materiequelle wirklich aussah, das hier war keine.Ich konzentrierte meine Beobachtungen ganz auf den Knoten, den die BERZONE noch immer unfreiwillig ansteuerte. Je nher ich herankam, desto deutlicher schlten sich Einzelheiten heraus. Die Oberflche war runzlig und uneben. Zweifel ber den Verdacht, eine Raumstation vor mir zu haben, kamen auf. Das Ding erinnerte mich eher an ein berdimensionales Lebewesen.Wenig spter entdeckte ich tatschlich geringe Bewegungen in den Auswchsen und ein schwaches Pulsieren der Oberflche.Die Spinne in einem berdimensionalen Energienetz. Der Vergleich des Extrasinns traf den Nagel auf den Kopf.Auch die Robotintelligenz der BERZONE schien etwas hnliches zu vermuten.Ich befrchte, erklrte das Schiff, da dies eine Falle ist. Ich rate dringend dazu, sofort zu fliehen.Dafr ist immer noch Zeit, entschied ich. Wir wollen sehen, ob wir hier etwas ber die Materiequell