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Geißel der Marktwirtschaft | Leseprobe "liberal"

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8/12/2019 Geißel der Marktwirtschaft | Leseprobe "liberal"

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Beim Bier hört der Spaß gemein-hin auf. Doch ausgerechnetdafür hat der deutsche Verbrau-cher in den letzten Jahren zu viel

bezahlt. Da wandeln sich selbst strammeSozen-Stammtische, die sich ansonstenfür Kohlesubventionen starkmachen, zuVerfechtern der Marktwirtschaft. Die fünfBrauereien Bitburger, Krombacher, Vel-tins, Warsteiner und Ernst Barre habenlaut Bundeskartellamt über Jahre illegale

Preisabsprachen getroff

en – und soMillionen von Biertrinkern geschädigt.Den Recherchen zufolge wurden zwi-schen 2006 und 2008 Preiserhöhungenvon jeweils fünf bis sieben Euro proHektoliter für Fassbier abgesprochen. FürFlaschenbier vereinbarten die freund-schaftlich verbundenen Konkurrenten imJahr 2008 eine Preiserhöhung, die zueiner Verteuerung des 20-Flaschen-Kas-tens um einen Euro führen sollte. DasBundeskartellamt hat nun Bußgelder inHöhe von 106,5 Millionen Euro verhängt.

sie in der Regel mündlich geschlossen werden, um die Nachweisbarkeit zuerschweren? Im Fall des Bierkartellslieferten Berichten zufolge die Bitburger-Braugruppe sowie Beck's-ProduzentInbev die Hinweise.

Kartelle gab es schon immer. In denletzten Jahren iegen aber in Deutsch-land immer mehr illegale Preisab-sprachen auf. Ein Hauptgrund dafür istdie Einführung der Kronzeugenregelung

im Jahr 2000: Firmen, die gemeinsam mitKonkurrenten Preise manipuliert haben,können sich dem Bundeskartellamtoff enbaren. Unter be stimmten Vorauss-etzungen erlässt oder reduziert diesesdann die fällige Geldbuße.

„Gut die Hälfte unserer Verfahren wird durch Hinweise von ehemaligenKartellteilnehmern aufgedeckt. Es gibtaber auch andere Wege, wie zum BeispielBeschwer den von Marktteilnehmern,Informationen von Insidern und ausges-chiedenen Mitarbeitern, intensive Markt-

Geißel derMarktwirtschaft

Die Bierbranche schluckte schwer. Alleinim Jahre 2012 verhängte das Bundes-kartellamt rund 303 Millionen Euro anBußgeldern wegen verbotener Ab-sprachen. Die höchste Summe seit 2008– damals beliefen sich die Stra ff orderun- gen auf rund 314 Millionen Euro.

Wie aber kommt die Behörde denPreisabsprachen auf die Schliche, obwohl

Ob Karto ffeln, Zucker, Flüssiggas oder Hundefutter – in vielen Bran-chen belebt gerade nicht Konkurrenz das Geschäft. Unlautere Preis-absprachen hat es schon immer gegeben, aber in den letzten Jahreniegen immer mehr dieser Kungelrunden auf. Rund 250 MillionenEuro Bußgeld pro Jahr ießen in den Bundeshaushalt. Den Schadenaber trägt am Ende vor allem der Konsument. // TEXT // KAPKA TODOROVA // ILLUSTRATIONEN // ERNST MERHEIM

KARTOFFELBei neun Unternehmen sind Unter-

suchungen angeordnet wegen Verdachtsauf illegale Preisabsprachen. Die Firmen

sollen über den Zeitraum von zehn Jahren dieEinkaufspreise für die Ware künstlich gedrücktund dafür die Verkaufspreise in die Höhe

getrieben haben. Der Schaden für dieVerbraucher soll sich auf etwa 100

Millionen Euro belaufen.

WIRTSCHAFT KARTELLE

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beobachtung oder auch anonyme Hin-weise“, sagt der Präsident desBundeskartellamts, Andreas Mundt.Seine Behörde in Bonn agiert unabhän-gig von Politik und Wirtschaft. 340 Mitar-beiter beobachten permanent den Marktund gehen Hinweisen auf Preisab-sprachen nach.

Wenn sich ein Verdacht auf Kartellbil-dung bestätigt, müssen die Unternehmenzahlen. Die Höhe der Geldbuße hängt

von verschiedenen Faktoren ab. DasGesetz sieht einen Bußgeldrahmen vonbis zu 10 Prozent des Jahresumsatzes

eines Unternehmens vor. „Das ist allerd-ings die absolute Höchstgrenze. Diemeisten Bußgelder liegen deutlichdarunter“, betont der Präsident. Entschei-dend für die Höhe seien die Dauer unddie Schwere der Tat. „Wir gehen bei derBerechnung vom sogenannten kartellbe-fangenen Umsatz aus, also dem Umsatz,der mit dem tatsächlich von den Ab-sprachen betro ff enen Produkten erzielt wurde.“ Im aktuellen Fall des Bierkartells

legte das Amt den Umsatz zugrunde, dendas jeweilige Unternehmen in Deutsch-land im Tatzeitraum mit dem Verkauf von Bier erzielte.

Seit Einführung der Kronzeugenrege-lung ist die Summe der verhängtenBußgelder um das 30-Fache gestiegen,zeigen Studien. Die Millionen ießen inden Bundeshaushalt – die betrogenenKonsumenten müssen schauen, wo sie bleiben. Ein direkter Ausgleich für Kund-en ist gesetzlich bislang nicht vorgesehen.Indirekt aber wird der Verbraucher dank

der Arbeit des Kar tellamts dochentschädigt, argumentiert die Wettbe- werbsbehörde. Schließlich sei das Geldim Bundeshaushalt ja für alle Bürger da.Und der Präsident betont: Wenn Kartelleaufgedeckt werden, tue das dem Wettbe- werb gut, was wiederum zu niedrigerenPreisen und besseren Produkten führe.„Das ist das zentrale Ziel der Arbeitmeiner Behörde – nicht die VerhängunghoherBußgelder“,sagt Mundt.

SCHOKOLADEIllegale Preisabsprachen bei elf Markenher-stellern von Süßigkeiten hat das Bundes-kartellamt 2007 entdeckt. Zu den Firmenzählten Kraft Foods Deutschland und AlfredRitter, die sich gegenseitig über eine Preis-erhöhung für Tafelschokolade informierten.100-Gramm-Tafeln wurden 15 bis 25 Pro-zent teurer. Das Kartellamt verhängte gegenalle elf Firmen insgesamt 60 Millionen Euro

Bußgelder.

ZEMENT380 Millionen Euro Bußgeld – das ist die bis-lang höchste Geldstrafe in der Geschichte desBundeskartellamts. Der Grund war eine ille-gale Aufteilung des Zementmarkts unter denführenden Herstellern in den 90er-Jahren. Dar-unter waren die Branchengrö-ßen HeidelbergCement,Holcim, Lafarge undSchwenk.

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