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Frauen sparen zu vorsichtig, Männer ignorieren Risiken. Alexandra Niessen-Ruenzi erforscht den Umgang der Geschlechter mit Finanzen. Ein Gespräch über Klischees und harte Fakten „WIR BRAUCHEN KEINE ROSA GELDANLAGE“ Von Lorenz Wolf-Doettinchem; Fotos: Angelika Zinzow EXTRA | GELD 82 19.6.2019

GELD WIR BRAUCHEN KEINE ROSA GELDANLAGE · 2019-06-25 · ne rosa Geldanlage. Mit speziellen Produkten will da mancher Anbie - ter Aufmerksamkeit erregen. Wir brauchen aber eine höhere

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Page 1: GELD WIR BRAUCHEN KEINE ROSA GELDANLAGE · 2019-06-25 · ne rosa Geldanlage. Mit speziellen Produkten will da mancher Anbie - ter Aufmerksamkeit erregen. Wir brauchen aber eine höhere

Frauen sparen zu vorsichtig, Männer ignorieren Risiken. Alexandra Niessen-Ruenzi erforscht den

Umgang der Geschlechter mit Finanzen. Ein Gespräch über Klischees und harte Fakten

„W I R B R A U C H E N K E I N E R O S A

G E L D A N L A G E“

Von Lorenz Wolf-Doettinchem; Fotos: Angelika Zinzow

EXTRA | GELD

82 19.6.2019

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Professor Alexandra

Niessen-Ruenzi in der Univer-

sität Mannheim

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Frau Professor Niessen-Ruen-zi, wer ist in Ihrer Familie der Finanzminister?Da sind wir beide gleich- berechtigt. Mein Mann ist Professor am gleichen Fach-

bereich an der Uni Mannheim. Da diskutieren wir natürlich überhaupt viel, auch über unsere Finanzen.Wer entscheidet über größere Aus-gaben?Um die alltäglichen Rechnungen kümmere ich mich meistens, mache auch die Überweisungen. Größere Anschaffungen besprechen und entscheiden wir gemeinsam.Viele Paare haben eine bestimmte Rollenverteilung in Geldfragen.Ja. Umfragen belegen: Oft verwaltet die Frau die Haushaltskasse und der Mann das Vermögen. Haben Sie getrennte Konten?Ja und nein. Wir haben gleich drei Konten, jeder sein eigenes und ein ge-meinsames für die Haushaltskasse.Haben Sie sich schon immer für Geld interessiert?Ja, im BWL-Studium fand ich gleich die Finanzierungslehre am span-nendsten.Und als Kind haben Sie lieber Monopoly gespielt als mit Puppen?Nein, das kann man nicht sagen. Ich hatte ein wunderbares Puppenhaus, habe aber auch sehr gern Monopoly gespielt.Angeblich bekommen Mädchen weniger Taschengeld ...Auch dazu gibt es Forschungsergeb-nisse: Es sind im Durchschnitt sie-ben Prozent weniger. Ich persönlich kann das weder bestätigen noch widerlegen, weil ich zwei jüngere Schwestern habe. Wir hatten alle den gleichen Betrag zur Verfügung.Wie sehr prägt unsere Kindheit unser Verhältnis zum Geld?Sehr stark. Da werden die Grund-steine gelegt für unsere Haltung zum Sparen, aber auch zum Kon- sumieren. Experimente zeigen, wie groß die Unterschiede schon bei Kleinkindern sind. Manche halten es aus, wenn vor ihnen ein Gummi-bärchen liegt, ihnen aber verspro-chen wird, dass es nach einer Wartezeit ein zweites gibt. Andere futtern sofort los.Eher die Jungs?

Ja, die Mädchen können auch schon in diesem Alter besser warten.Können beide Geschlechter gleich gut rechnen?Die Forschung sagt eindeutig: Män-ner und Frauen lösen Rechenauf- gaben im Durchschnitt gleich gut.Können Sie sich noch erinnern, wofür Sie Ihr erstes Sparschwein geschlachtet haben?Ja. Das war ein besonderer Moment. Nach der Kommunion war es gut gefüllt. Ich habe mir dann ein rosa-farbenes Fahrrad gekauft. Das Spar-schwein hat es übrigens überlebt. Ich habe nur den Gummistopfen herausgezogen.Und ab wann haben Sie sich für Ak-tien und Fonds interessiert?Das fing schon in der Schule an. Es gab ein Börsenspiel von der Spar-kasse. Da habe ich zum ersten Mal erfahren, was eine Börse ist. Fahrt aufgenommen hat das Interesse dann im Studium. In meiner Di-plomarbeit habe ich mich ganz in-tensiv mit Aktienfonds beschäftigt.Und waren beim Börsenspiel noch andere Mädchen am Start?Nein, ich hatte es die meiste Zeit mit Jungs zu tun.Haben sich Ihre Freundinnen über Ihr Interesse an Finanzen gewun-dert?Ja. Und obwohl es ja nun mein Beruf ist, sprechen wir auch heute kaum darüber.

Frau Niessen-Ruenzi, verraten Sie uns: Wie schafft man es, zu sparen?Zunächst muss man etwas verdie-nen! Die Sparquoten sind bei Män-nern und Frauen gleich hoch. Die Be-reitschaft ist also bei beiden da. Weil die Einkommen der Frauen niedri-ger sind, sparen sie in der Summe weniger, aber auch bei geringem Ver-dienst kann man etwas zurücklegen.Muss man sich dafür selbst über-listen?Ja, ein wenig. Am besten klappt es mit einer Selbstverpflichtung, etwa mit dem Abschluss eines Sparplans. Da werden etwa jeden Monat 100 Euro automatisch vom Einkommen abgezogen, ohne dass man jedes Mal eine Entscheidung treffen muss.So einfach ist das?Einmal sollte man sich mit dem Thema befassen, über die Sparrate entscheiden und das dann auto- matisieren.Viele Banken bieten auch an, das Restguthaben auf dem Girokonto am Ende des Monats automatisch anzulegen.Davon halte ich nicht so viel. Wenn in zu vielen Monaten nichts übrig ist, wird kaum gespart. Viele führen im Geiste ein Konto für den Urlaub, eines für Anschaf-fungen, eines für die alltäglichen Ausgaben. Ist das sinnvoll?Ja, wir nennen das „mentale Buch-führung“. Das ist nicht verkehrt.

Alexandra Nies-sen-Ruenzi, 39, hat einen Lehr-stuhl für Allge-meine Betriebs-wirtschaftslehre und Corporate Governance (gute Unternehmens-führung). Sie untersucht das Verhalten an den Kapitalmärkten – vor allem mit Blick auf die Unterschiede zwischen Män-nern und Frauen

Zu viel Vorsicht„Wenn man sein Geld vermehren will, muss man

auch mal ein ge-wisses Risiko ein-gehen“ – 46 Pro-zent der Frauen stimmen dieser

Aussage voll oder teilweise zu, bei

den Männern sind es 62 Prozent

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SPAREN – ABER WIE?

Risiko: Die Zinsen für sehr sichere Anlagen sind praktisch auf null gesunken. Wer Rendite haben will, muss sich mit unsichereren Alterna-tiven beschäftigen, also vor allem mit Aktien und Fonds. Es gilt die Faust-regel: Je größer die Unsicherheit, desto höher die Verzinsung. Der Aufschlag ist gewissermaßen der Preis für das Nervenflattern. Schließ-lich kann eine Firma, deren Aktien man kauft, auch Verluste machen.

Maße: In der Information zu jedem Wertpapier gibt es Hinweise zum Risiko. „Volatilität“ bedeutet die Schwan kungsbreite um den Mittel-wert in einem bestimmten Zeitraum. Der deutsche Aktienindex Dax ist zum Beispiel im vergangenen Jahr um 15 Prozent geschwankt. Die Kennzahl „maximaler Verlust“ gibt an, um wie viel Prozent innerhalb eines bestimmten Zeitraums eine Anlage vom Höchstwert bis zum Tiefstwert verloren hat. Beim Dax waren es in den vergangenen zwölf Monaten etwa 20 Prozent.

Bereitschaft: Jeder Anlageberater fragt nach Erfahrungen mit Wert-papieren und der Risikobereitschaft. Das Problem: Wer angibt, dass er überhaupt kein Risiko eingehen will, bekommt dann auch keine rendite-trächtigeren Papiere angeboten. Es gibt Simulatoren, um sich in spielerischer Form mit Gefahren und Chancen der Finanzmärkte aus-einanderzusetzen: Welche unter-schiedlichen Ergebnisse sich hinter einem Durchschnittswert verbergen, wird durch Animationen verständ-lich gemacht. http://simulator. behavioral-finance.de

Mischung: Theoretisch lässt sich schon mit zwei Anlagen jedes ge-wünschte Risiko erzeugen. Beispiel: ein sichereres Tagesgeldkonto und ein börsengehandelter Fonds (ETF), der den Welt-Aktien-Index MSCI World nachbildet. Wer sehr vorsich-tig ist, mischt 90 Prozent Tages- geld mit 10 Prozent Indexfonds. Wer jünger oder mutiger ist, macht es andersherum. Banken und Vermögensverwalter bieten auch fertige beziehungsweise automati-sche Mischungen an. Dabei sollte man aber auf die Kosten achten.

Die wichtigsten Begriffe und Möglichkeiten

Wichtig ist nur, auch ein inneres Konto fürs Sparen einzurichten. Das ist auch meine Botschaft an Frauen: sich überhaupt mal mit dem Thema zu beschäftigen. Wenn die Entscheidung gefallen ist, dann ist fast schon der größte Teil der Arbeit erledigt.Warum ist das Thema für Frauen so wichtig?Sie haben das Sparen nötiger! Warum das?Da gibt es ganz viele Gründe: Frau-en leben fünf Jahre länger als Män-ner. Das Vermögen muss also länger reichen. Frauen verdienen durch-schnittlich 20 Prozent weniger. Und auch ihr Vermögen ist niedriger, sie erben weniger. Welche Gründe sehen Sie außer-dem?Natürlich Teilzeitarbeit und über-haupt die Familiengründung. Neu-ere Studien zeigen für mehrere Länder, dass es eine „Motherhood Penalty“ gibt, eine Strafe für die Mutterschaft. Das ist die Haupt-ursache für die Verdienstlücke gegenüber den Männern. Nach dem ersten Kind sackt das Einkommen ab, und davon erholt es sich nie wieder. Frauen müssen realisieren, dass sie mit Blick auf das Alter mehr sparen müssen, insbesondere wenn sie sich für Kinder entscheiden.Der Hauptunterschied besteht also nicht zwischen Männern und Frauen, sondern zwischen Müt-tern und dem Rest der Mensch-heit?Ja, zumindest überwiegend.Und welches Geschlecht kümmert sich häufiger um die Altersvor- sorge? Meine Forschung dazu hat ergeben: Männer haben sich signifikant häu-figer ausrechnen lassen, wie viel sie fürs Alter zurücklegen müssen. Es ist auf alle Fälle ein Thema, mit dem sich Frauen paradoxerweise seltener auseinandersetzen, obwohl sie es nötiger haben.

Bei der Altersvorsorge geht es um Zehn- oder gar Hunderttausende Euros, die nötig wären. Das ist doch für viele Mütter eine frustrie- rende Botschaft. Wie soll man das je zusammenkriegen?Leider realisieren viele Frauen ihre Lage erst, wenn es zu spät ist. Deswegen ist meine Botschaft: Fangt früher an! Dann kann man vom Zinseszinseffekt profitie- ren, der gerade über die lange Frist eine große Auswirkung auf das Endvermögen hat.Früher gab es den Begriff der Versorgungsehe ...Davon kann man nicht mehr spre-chen. Keine Frau sollte sich darauf verlassen, dass ihr Mann genug für beide verdient und spart. Das ist spätestens seit der Reform des Unterhaltsrechts vorbei. Nach ei- ner Scheidung haben Frauen we- niger Ansprüche und müssen auch deswegen mehr fürs Alter sparen. Die „Strafe für die Mutterschaft“ wird kaum noch durch den Partner ausgeglichen. Verhalten sich Frauen bei der Geld-anlage prinzipiell anders? Frauen sind seltener als Männer be-reit, Risiken einzugehen. Deswegen wagen sie sich kaum an den Kapital-markt. Wenn Frauen sich aber für die Wertpapieranlage entschieden haben, investieren sie ähnlich viel wie Männer. Allerdings unterschei-den sich die Depots. Auswertungen des ZEW – Leibniz-Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung zeigen, dass Männer stärker direkt in Aktien investieren, Frauen eher in Fondsanteile. Unterm Strich sind die Depots von Frauen etwas breiter gestreut, also weniger riskant. Risikoscheu ist ja eigentlich gut. Frauen sterben auch seltener bei Motorradunfällen als Männer.Auf den Finanzmärkten ist Vorsicht in der kurzen Frist geboten. Aber die Finanzforschung empfiehlt, lang-fristig zu investieren. Über viele

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„ L E I D E R R E A L I S I E R E N V I E L E F R AU E N I H R E L AG E E R ST, W E N N E S Z U S PÄT I ST “

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Jahrzehnte hinweg spielen die Schwankungen eine geringere Rol-le. Aber die Rendite ist höher. Sieben bis acht Prozent sind am Aktien-markt im Durchschnitt über 30 Jah-re zu erreichen. Das entgeht den meisten Frauen.Trifft die Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank, die sich vor allem bei konservativen Anlagen auswirkt, also die Frauen besonders hart?Ja, es trifft die Frauen härter.Sie sagen: Frauen investieren an der Börse eher in Fonds. Ist das gut?Ja, das ist vernünftig. Kleinanleger haben über den direkten Aktien-kauf kaum eine Chance, eine hohe Rendite zu erzielen. Besser ist es, breit diversifiziert und zu niedrigen Kosten anzulegen. Dafür eignen sich besonders börsengehandelte Indexfonds beziehungsweise ETFs. Mein Rat ist, nicht jeden Tag auf die Wertentwicklung zu schauen. Das beobachte ich oft im Bekannten-kreis. Man darf sich nicht nervös machen lassen, wenn in einem Jahr die Börsen mal zehn Prozent ver- lieren, und sollte auch nur Geld an- legen, das man nicht kurzfristig wieder benötigt. Langfristig glei-chen sich die Schwankungen aus.Laut einer aktuellen Studie der Bank UBS überlassen auch ver- mögende Frauen mehrheitlich ihrem Partner die langfristige Finanzplanung. Warum?Das erstaunt mich nicht. Unabhän-gig vom Einkommen sagen viele Frauen: Ich kenne mich da nicht aus. Da haben die Männer weniger Scheu. Sie entscheiden auch mit wenig Wissen.Sollten Paare lieber gemeinsam oder getrennt sparen?Wenn man sich einig ist, gemein-sam. Dann sind die Kosten für die Anlage geringer. Studien zeigen, dass sich Männer und Frauen nach der Heirat bei der Risikobereitschaft in der Mitte treffen.Wer ist denn bei ähnlicher Anlage erfolgreicher?Eher die Frauen. Männer haben die Tendenz, zu viel zu handeln, und das kostet. Hier stimmt der alte Spruch: Hin und her, Taschen leer.

Braucht es Finanzprodukte spe-ziell für Frauen?Ganz klar: Nein. Wir brauchen kei-ne rosa Geldanlage. Mit speziellen Produkten will da mancher Anbie-ter Aufmerksamkeit erregen. Wir brauchen aber eine höhere Bereit-schaft von Frauen, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen.Aber wie genau wollen Sie das erreichen?Der entscheidende Punkt ist, sich mit der eigenen Risikobereitschaft auseinanderzusetzen. Wer über-haupt kein Risiko eingehen will, sollte nicht an der Börse investie-ren. Dazu sollte auch niemand ge-zwungen oder überredet werden. Die Forschung zeigt aber, dass vor allem vielen Frauen schlicht das Wissen fehlt, wie die Kapitalmärk-te funktionieren. Da braucht es mehr Aufklärung. Und die sollte möglichst früh einsetzen. Finanz-

wissen gehört in die Lehrpläne der Schulen.Wie zufrieden sind Sie mit der Finanzberatung in Deutschland?Das ist ein schwieriges Thema. Die Frage ist immer: Hat der Finanzbe-rater das Wohl der Kunden oder sei-ne Verkaufszahlen im Blick? Da gibt es schon mal Druck, bestimmte hauseigene Produkte zu verkaufen.Wer sich Finanzberater nennt, ist oft nur ein Finanzproduktverkäufer?Da muss man genau hingucken. Und auch unabhängige Berater leben von den Provisionen für die verkauften Produkte.Nun gibt es Beraterinnen, die sich gezielt an Frauen wenden.Studien zeigen, dass Menschen eher Ratschläge von jemandem anneh-men, der ihnen ähnlich ist. Insofern ist es schon ein Problem für die An-sprache weiblicher Kunden, dass über 80 Prozent der Berater Männer

Besser informiert

24 Prozent der Männer haben

sich schon einmal ausgerechnet

oder ausrechnen lassen, wie viel sie für ihre Altersvor-

sorge ansparen sollen. Bei den Frauen haben

das nur 18 Prozent gemacht

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Als der Bund 1988 seine VW-Anteile unters Volk brachte, kaufte Lorenz Wolf-Doettinchem als Wirtschafts-

student seine erste Aktie. Wenn er sie behalten hätte, könnte er sich heute über die Verzehnfachung seines Einsatzes freuen – trotz Dieselkrise. Aber er hat zu früh verkauft

sind. Aber das Geschlecht ändert nichts daran, dass die Beraterinnen und Berater von irgendetwas leben müssen. Eine Alternative ist Hono-rarberatung, die aber in Deutsch-land ein Schattendasein führt.Nimmt die Finanzbranche die Frauen ernst genug?Lange war es so, dass Finanzberater Männern sehr viel mehr Zeit zuge-standen haben. Die Gespräche dau-ern länger, Männern werden mehr Produkte empfohlen, sie bekom-men höhere Rabatte. Frauen wird häufiger gesagt: Vertrau uns, wir machen das für dich. Aber die Bran-che beginnt umzudenken.

Die Frauen sind in der Bevölke-rung in der Mehrheit. Müssten sie da nicht auch im Finanzbereich mehr Macht haben?Ja, und das hätten sie auch, wenn sie denn die Chancen ergreifen wür-den. Aber bisher sind Finanzen ein männlich dominiertes Thema. Das liegt nicht nur an den Männern. Viele Frauen fühlen sich auch ganz wohl, wenn sie Verantwortung da-für abgeben können. Das sollte sich in Zukunft ändern. Der Zahnarztbe-such ist auch nicht bei allen beliebt, aber wir gehen trotzdem alle hin.Haben Sie die TV-Serie „Bad Banks“ gesehen?

Ja, nach der Geburt unserer Zwil- linge …Dort ist die fiese Investment- bankerin eine Frau, gespielt von Désirée Nosbusch …Ob im Film oder in der Realität – es ist grundsätzlich begrüßenswert, wenn Frauen in der Finanzbranche als Vorbilder auftauchen.Sind Investmentbanker nicht eher problematische Vorbilder – egal, ob Mann oder Frau?Da ist etwas dran. Auch bei der plei-tegegangenen Lehman-Bank war die Finanzchefin eine Frau – und sie ist ja offenbar große Risiken ein-gegangen. Die Frage ist, wie groß der Einfluss des Geschlechts noch ist, wenn einen die Finanzindustrie einige Jahre geprägt hat. Studien zufolge haben Frauen im Invest-mentbanking höhere Testosteron-werte. Es sind also offenbar nicht Durchschnittsfrauen, die sich in der Finanzbranche nach oben durchkämpfen.Wenn ich einen aktiv gemanagten Aktienfonds kaufen möchte, lohnt es sich zu schauen, ob er von einem Mann oder einer Frau geführt wird?Nein, die Frage habe ich selbst erforscht. Da gibt es keine erkenn-baren Unterschiede. Allerdings bevorzugen Investoren männliche Fondsmanager. Als Finanzwissen-schaftlerin kann ich Ihnen aber sowieso keine aktiv gemanag- ten Fonds empfehlen. Im Durch-schnitt sind die Renditen niedriger und die Kosten höher. Deswe- gen rate ich zur Anlage in passive Fonds, die einen Index nachbil- den, oder passive und breit gestreu-te ETFs.Wer ist denn Ihr Finanzberater – ein Mann oder eine Frau?Ich habe keinen Finanzberater. Ich berate mich selbst. 2

„ E S I ST E I N P R O B L E M , DA S S Ü B E R 8 0 P R OZ E N T D E R B E R AT E R M Ä N N E R S I N D “

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