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LÄRMSCHUTZ I-LENA INFRASTRUKTUR & BAU www.eurailpress.de/etr ETR | Januar+Februar 2019 | NR. 1+2 44 Lärmschutzinitiative I-LENA nimmt Fahrt auf Die ersten innovativen Maßnahmen für den Lärmschutz sind an den Teststrecken eingebaut und die eigens entwickelten Messkampagnen sind gestartet. Im Rahmen des gemeinsam vom Bundesministerium für Verkehr und Digitale Infrastruktur (BMVI) und der Deutschen Bahn (DB) gestarteten Innovations- projekt I-LENA wird ein umfangreiches Maßnahmenbündel für ortsfesten Lärmschutz erprobt. Über 50 Maßnahmen wurden von über 30 Ideengebern zur Erprobung im Rahmen des gemeinsamen Innovationsprojektes I-LENA (Initiative Lärmschutzerprobung neu und anwendungsorientiert) des Bun- desministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur und der Deutschen Bahn ein- gereicht. Davon wurden 31 Maßnahmen in Absprache mit den Ideengebern nach ein- heitlichen Kriterien gemeinsam mit dem Eisenbahn-Bundesamt und der Deutschen Bahn zur Erprobung ausgewählt. Diese wer- den nun an verschiedenen Teststrecken der DB Netz AG verbaut. Nach Durchführung eines umfangreichen Messprogramms zur Ermittlung ihrer akustischen Wirksamkeit sollen die Maßnahmen wieder zurückge- baut werden. Die Finanzierung wird durch das Projekt I-LENA übernommen, die Ide- engeber stellen dafür den jeweiligen Ver- suchsträger kostenfrei zur Verfügung. Bis Dr. Bernd Asmussen Bereich Umwelt DB Netz AG bernd.asmussen @deutschebahn.com Philipp Geiger Bereich Umwelt Deutsche Bahn AG philipp.geiger @deutschebahn.com Dominik Böcker Programmmanagement Infra- struktur/Sonderprogramme VR I (I.NGI 4), DB Netz AG, Frankfurt a. Main Dominik.Boecker @deutschebahn.com zum Ende des Jahres 2020 soll das Projekt abgeschlossen sein. Der Fokus liegt auf Maßnahmen am oder unmittelbar neben dem Gleis, da sol- che Techniken nicht oder nur geringfügig in das Landschafts- und Stadtbild eingreifen. Neben Technologien zur Minderung des Rollgeräuschs werden Innovationen getes- tet, die an lokal auftretenden Schallquellen (Kurvenquietschen, Brückendröhnen, Bau- stellenlärm) Minderung versprechen. Maßnahmen zur Minderung des Rollgeräuschs Das Rollgeräusch, welches durch den Rad- Schiene-Kontakt entsteht, ist in der Regel die dominierende Schallquelle während einer Zugvorbeifahrt. Es entsteht durch Unebenheiten auf der Fahrfläche der Schiene und der Rä- 1: Übersicht der unterschiedlichen Maßnahmen Homepageveröffentlichung unbefristet genehmigt für DB Netz AG / Rechte für einzelne Downloads und Ausdrucke für Besucher der Seiten genehmigt von DVV Media Group, 2019

genehmigt von DVV Media Group, 2019 Lärmschutzinitiative I ... · NFRATRTR BAU RT ENA 44 ETR | Januar+Februar 2019 | NR. 1+2 Lärmschutzinitiative I-LENA nimmt Fahrt auf Die ersten

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www.eurailpress.de/etrETR | Januar+Februar 2019 | NR. 1+244

Lärmschutzinitiative I-LENA nimmt Fahrt auf

Die ersten innovativen Maßnahmen für den Lärmschutz sind an den Teststrecken

eingebaut und die eigens entwickelten Messkampagnen sind gestartet.

Im Rahmen des gemeinsam vom Bundesministerium für Verkehr und Digitale

Infrastruktur (BMVI) und der Deutschen Bahn (DB) gestarteten Innovations-

projekt I-LENA wird ein umfangreiches Maßnahmenbündel für ortsfesten

Lärmschutz erprobt.

Über 50 Maßnahmen wurden von über 30 Ideengebern zur Erprobung im Rahmen des gemeinsamen Innovationsprojektes I-LENA (Initiative Lärmschutzerprobung neu und anwendungsorientiert) des Bun-desministeriums für Verkehr und Digitale Infrastruktur und der Deutschen Bahn ein-gereicht. Davon wurden 31 Maßnahmen in Absprache mit den Ideengebern nach ein-heitlichen Kriterien gemeinsam mit dem Eisenbahn-Bundesamt und der Deutschen Bahn zur Erprobung ausgewählt. Diese wer-den nun an verschiedenen Teststrecken der DB Netz AG verbaut. Nach Durchführung eines umfangreichen Messprogramms zur Ermittlung ihrer akustischen Wirksamkeit sollen die Maßnahmen wieder zurückge-baut werden. Die Finanzierung wird durch das Projekt I-LENA übernommen, die Ide-engeber stellen dafür den jeweiligen Ver-suchsträger kostenfrei zur Verfügung. Bis

Dr. Bernd AsmussenBereich Umwelt DB Netz AGbernd.asmussen @deutschebahn.com

Philipp GeigerBereich Umwelt Deutsche Bahn AGphilipp.geiger @deutschebahn.com

Dominik BöckerProgrammmanagement Infra-struktur/Sonderprogramme VR I (I.NGI 4), DB Netz AG, Frankfurt a. MainDominik.Boecker @deutschebahn.com

zum Ende des Jahres 2020 soll das Projekt abgeschlossen sein.

Der Fokus liegt auf Maßnahmen am oder unmittelbar neben dem Gleis, da sol-che Techniken nicht oder nur geringfügig in das Landschafts- und Stadtbild eingreifen. Neben Technologien zur Minderung des Rollgeräuschs werden Innovationen getes-tet, die an lokal auftretenden Schallquellen (Kurvenquietschen, Brückendröhnen, Bau-stellenlärm) Minderung versprechen.

Maßnahmen zur Minderung des Rollgeräuschs

Das Rollgeräusch, welches durch den Rad-Schiene-Kontakt entsteht, ist in der Regel die dominierende Schallquelle während einer Zugvorbeifahrt.

Es entsteht durch Unebenheiten auf der Fahrfläche der Schiene und der Rä-

1: Übersicht der unterschiedlichen Maßnahmen

Homepageveröffentlichung unbefristet genehmigt für DB Netz AG / Rechte für einzelne Downloads und Ausdrucke für Besucher der Seiten genehmigt von DVV Media Group, 2019

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der. Die kombinierte Rauheit von Rad und Schiene führt zu Körperschallschwingun-gen dieser beiden Komponenten, wel-che dann das Rollgeräusch emittieren. An allen drei Wirkungspunkten, Rauheit, Anregung und Ausbreitung können Min-derungsmaßnahmen ansetzen. Das Erpro-bungsportfolio von I-LENA deckt alle diese Punkte seitens der Infrastruktur ab. So wer-den neue Verfahren zum Schienenschlei-fen, Maßnahmen zur Beeinflussung der Schwingungseigenschaften der Schiene und unterschiedlichste Technologien zur Verminderung der Luftschallausbreitung in der Praxis erprobt.

Neue Verfahren zum Schienenschleifen

Eine glatte Fahrfläche der Schiene kann das Rad-Schiene-Geräusch deutlich sen-ken. Neben dem Schleifen im Rahmen der Oberbauinstandhaltung der DB Netz AG kommt an einzelnen Abschnitten zusätz-lich das ‚Besonders überwachte Gleis‘ (BüG) zum Einsatz. Der Zustand der Fahr-fläche auf „BüG“-Abschnitten wird regel-mäßig überwacht und bei Erreichen einer festgelegten Schwelle mit einem vom EBA anerkannten Verfahren geschliffen. Dieses Verfahren benötigt den Einsatz von zwei Maschinen und verursacht durch geringe Schichtleistungen hohe Kosten und länge-re Sperrpausen.

Bei I-LENA werden drei neue Verfahren auf ihr Potenzial zur Erreichung der BüG-Qualität getestet:

◼ High-Performance Milling (Fa. Vossloh Rail Services GmbH)

◼ HSG City (Fa. Vossloh Rail Services GmbH) ◼ Schienenfräse mit Fächereinheit (DB

Bahnbau Gruppe GmbH)

Hier werden teilweise bekannte Bearbei-tungsverfahren in einem Schleifzug kom-biniert, um notwendige Überfahrten zur Erreichung der BüG-Qualität zu reduzieren. Das HSG City wiederum erreicht hohe Ar-beitsgeschwindigkeiten, um Sperrpausen während der Bearbeitung zu vermeiden.

Maßnahmen zur Dämpfung der Schiene

Schienenstegdämpfer sind kraftschlüssig an Schienensteg und Schienenfuß mon-tierte Schwingungstilger, die die Emissio-nen der Schiene mindern.

Zwei Maßnahmen zur Dämpfung der Schiene werden im Rahmen von I-LENA erprobt:

◼ Schienenstegdämpfer LABTMD (Fa. Qingdao Create Environment Control Technology Co., Ltd.)

◼ Kombination von Schienenstegdämp-fung und -abschirmung (Fa. Schrey und Veit GmbH)

Der Schienenstegdämpfer deckt beina-he den gesamten Schienensteg durch die Anbringung einer Labyrinthstruktur als ‚Constrained-Layer‘ Dämpfer ab. Zusätzlich wird noch ein Massedämpfer aus einem Elastomer angebracht. Der zweite Schie-nendämpfer wird mit einer Abschirmung des Schienenstegs kombiniert, so dass ne-ben der Dämpfung auch die Luftschallaus-

2: Entstehung des Rollgeräusches des Schienenverkehrs

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breitung im Bereich von Schienenfuß und Schienensteg gemindert werden soll.

Maßnahmen im Ausbreitungsweg

Die bekannteste Maßnahme zur Minde-rung der Schallimmissionen sind Schall-schutzwände. Maßnahmen am Ausbrei-tungsweg lassen sich bezüglich Höhe und Abstand zur Schiene klassifizieren. Dies fängt mit der Abschirmung des Schienen-stegs an, geht über gleisnahe niedrige Schallschutzwände bis zu den gleisfernen hohen, konventionellen Schallschutzwän-den. Diese werden in I-LENA ergänzt durch Aufsätze, die die Schallausbreitung weiter beeinflussen sollen und so die akustisch wirksame Höhe der Schallschutzwände steigern sollen. Acht Maßnahmen sind im Erprobungsportfolio von I-LENA vorgese-hen:

◼ Schienenstegabschirmung (Fa. Schrey und Veit GmbH)

◼ Mini Schallschutzwand (Fa. Krailburg Strail GmbH & Co. KG)

◼ Niedrige Schallschutzwand Noisebrea-ker (Fa. Leonhard Weiss GmbH & Co. KG)

◼ Niedrige Schallschutzwand Quie@Rail (DELTA BLOC International GmbH)

◼ Niedrige Schallschutzwand mit Aufsatz noise diffractor (4Silence BV)

◼ Schallschutzwand mit Aufsatz Noisepha-lanx (Fa. DB Bahnbau Gruppe GmbH)

◼ Schallschutzwand mit Aufsatz (Fa. Beton-werk Rieder GmbH)

◼ Schallschutzwand mit Aufsatz PIN Lärm-spoiler (Fa. Calma-Tec Lärmschutzsyste-me GmbH)

Eine Besonderheit in der Kategorie der Maßnahmen im Ausbreitungsweg stellen die Maßnahmen mit Aufsätzen da. Diese sollen durch unterschiedliche physikali-sche Effekte zusätzlich zur Abschirmung der Wand eine weitere Reduzierung des Luftschalls auf dem Ausbreitungsweg ge-währleisten. Ziel ist, dass die Höhe von Schallschutzwänden bei gleichbleibender Schallminderung reduziert werden kann.

Maßnahmen an der Schwelle zur Minderung von Luft- und Körperschall

Neben der Emission von Luftschall können auch Bodenschwingungen entstehen, die in Gebäuden in der Umgebung von Schie-nenwegen als fühlbare Erschütterungen oder als sekundärer Luftschall wahrge-nommen werden. Zu den effektivsten Maß-nahmen zur Minderung von sekundärem Luftschall zählt die elastische Lagerung des Gleises. Ansatzpunkte sind das Schie-nenlager, die Schwelle selbst oder die Kon-taktfläche zwischen Schwelle und Schotter. Vier Ansätze zur Reduzierung von Luft- und Körperschall wurden bei I-LENA zur Bewer-tung eingereicht und angenommen:

◼ Kombination von Zwischenlagen und Schwellensohlen (Fa. Getzner Werkstoffe GmbH)

◼ Schwellenbesohlung (Paul Müller Tech-nische Produkte GmbH)

◼ Besohlte Breitschwelle (PCM RAIL.ONE AG)

◼ Kunstholzschwelle (Sekisui Chemical CO., Ltd.)

Die elastischen Eigenschaften von Zwi-schenlagen und Schwellensohlen sollen optimal aufeinander abgestimmt werden und so Erschütterungen effektiv mindern, ohne den Luftschall zu erhöhen. Durch den Einsatz von Breitschwellen wird die Auflagerungsfläche der Schiene auf den Schotteroberbau deutlich vergrößert. Dies reduziert – ähnlich wie der Einsatz von Schwellensohlen – die parametrische Anregung des Bodens aus dem Schie-nenverkehr. Durch den Einsatz von Kunst-holzschwellen erwartet der Ideengeber ebenfalls eine verbesserte Lagerung der Schiene. Zusätzlich soll die Oberfläche der Schwelle aufgrund geringerer Reflektionen auch die Emission von Luftschall mindern.

Eine Besonderheit bei Maßnahmen an der Schwelle ist, dass Schall- und Erschüt-terungsminderung oftmals im Konflikt zu-einanderstehen. Beispielsweise reduziert

eine elastische Entkopplung des Gleises den Eintrag von Erschütterungen in den Unterbau. Gleichzeitig kann sie jedoch zu einer Erhöhung der Schallemissionen füh-ren. Um zu einer gesamthaften Bewertung der oben aufgelisteten Maßnahmen zu kommen, werden umfangreiche Erschüt-terungsmessungen neben der Strecke mit Luftschallmessungen und mit Schwin-gungsmessungen an Schiene und Schwelle kombiniert.

Minderung lokaler Schallquellen

Neben dem Rollgeräusch, das auf weiten Streckenabschnitten des Netzes der DB AG für die Lärmbelastung aus dem Schie-nenverkehr verantwortlich ist, treten lokal zusätzliche Schallquellen mit erheblichem Belästigungspotenzial auf, die der Infra-struktur zuzuordnen sind. Daher gehören entsprechende Technologien zur Minde-rung grundsätzlich auch zum Portfolio von I-LENA. Eingereicht wurden Vorschläge zur Reduktion von Quietschgeräuschen beim Durchfahren enger Gleisbögen, zur Minde-rung des Brückendröhnens beim Überfah-ren von Stahlbrücken sowie zur Lärmmin-derung aus Baustellen.

Kurvenquietschen

Beim Durchfahren enger Kurven können zusätzlich zum Rollgeräusch sehr inten-sive tonale Geräusche im Bereich hoher Frequenzen (typischerweise oberhalb von 2000 Hz) als „Kurvenquietschen“ auftreten. Ursache hierfür ist, dass aufgrund der nicht exakt in Richtung des Kurvenradius ausge-richteten Radachsen sowie der unterschied-lichen Kurvenradien von bogeninnerer und bogenäußerer Schiene bei starrer Kopplung der beiden Räder auf einer Achse ein idea-les Abrollen nicht mehr möglich ist. Dies bewirkt Schlupf im Rad-Schiene-Kontakt in lateraler Richtung und Bohrschlupf, was zu einer intensiven Anregung hochfrequenter Eigenschwingungen der Radscheibe führt. Damit ist Kurvenquietschen ein typisches Problem der Fahrzeug-Fahrweg-Interaktion. Infrastruktur-basierte Techniken zur Minde-rung sind daher grundsätzlich zur Aufnah-me in das I-LENA Portfolio geeignet.

Eine etablierte Methode zur Minderung von Kurvenquietschen und Schallemissio-nen aus dem Spurkranzanlauf ist der Auf-trag von Reibmodifikatoren. Dadurch wird der ‚Stick-Slip-Effekt‘, welcher durch eine ste-tige Abfolge von Gleit- und Haftvorgängen im Rad-Schiene-Kontakt der Radscheibe

Der Fokus liegt auf Maßnahmen am oder unmittelbar neben dem

Gleis. Neben Technologien zur Minderung des Rollgeräuschs

werden Innovationen getestet, die an lokal auftretenden Schall-

quellen (Kurvenquietschen, Brückendröhnen, Baustellenlärm)

Minderung versprechen.

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Schwingungsenergie zuführt, unterdrückt. Drei innovative Systeme zur Applikation von Reibmitteln werden in I-LENA getestet:

◼ TRACKSAFE LUBE (Fa. Elektro-Thermit, Halle)

◼ SLID (Fa. SKF Lubrication Systems, Wall-dorf )

◼ CL-E1 (Fa. ELPA, Velenje)

Diese Systeme zeichnen sich beispielsweise durch einen hohen Grad an Digitalisierung, geringen Wartungsaufwand, Optimierung des Materialauftrags oder die Verwendung innovativer Reibmittel aus.

Neuland betreten wird mit der Un-tersuchung, ob auch Schienendämpfer geeignet sind, das Kurvenquietschen zu unterdrücken. Da die Reibungsverhältnis-se (Schlupf ) im Rad-Schiene-Kontakt auch von der Dynamik der Schiene abhängen, kann eine stärkere Dämpfung der Schiene möglicherweise auch das Entstehen von Quietschgeräuschen beeinflussen. Zusätz-lich wird erwartet, dass die Schallemission aus dem Spurkranzanlauf vermindert wird. Die Untersuchungen sollen an zwei sepa-raten Testabschnitten mit den Schienen-dämpfern VICON AMSA VS (Fa. Schrey und Veit, Sprendlingen) sowie dem Dämpfer LABTMD (Fa. Qingdao Create Environment Control Technology, China) erfolgen.

Brückendröhnen

Beim Überfahren von Brücken tritt zu-sätzlich zum normalen Rollgeräusch eine weitere Komponente im Frequenzbereich zwischen 50 Hz und 150 Hz hinzu, die als niederfrequentes „Brückendröhnen“ wahr-genommen wird. Ursachen der Anregung sind neben der Rauheit der Fahrflächen auch Steifigkeitswechsel des Fahrwegs am Übergang von freier Strecke zur Brücke und periodische Steifigkeitswechsel durch die diskrete Lagerung des Gleises. Beson-ders ausgeprägt ist das Brückendröhnen bei Stahl-Hohlkastenbrücken ohne Schot-terbett. Durch geeignete Maßnahmen an Brücke und Oberbau kann hier das Brü-ckendröhnen nahezu vollständig eliminiert werden. I-LENA verfolgt den Ansatz, durch elastische Entkopplung des Fahrwegs von der Brückenkonstruktion oder die Dämp-fung schwingender Bauteile das Brücken-dröhnen zu mindern. Dazu sollen folgende Ansätze getestet werden:

◼ System Calmmoon (Fa. Sekisui Chemical) zur Entdröhnung von Stahlblechen

◼ Unterschottermatte mit niedriger Stei-figkeit (Fa. Getzner)

Maßnahmen gegen Lärm von Baustellen

Lärm bei Baumaßnahmen wird zuneh-mend zu einem Problem bei Ausbau und Unterhalt der Strecken. Aufgrund der er-höhten Auflagen insbesondere für nächt-liches Bauen sind die Beschränkungen der Bautätigkeit erheblich. Der Einsatz von mo-bilen Schallschutzwänden kann zur Verrin-gerung der von Baustellen ausgehenden Lärmbelästigungen beitragen.

Drei unterschiedliche Systeme mobiler Schallschutzwände der Kooperationspart-ner Hering Bau, HPZ und Ceno Membrane Technology werden auf einem Versuchs-feld unter realen Bedingungen getestet. Die drei Systeme zeichnen sich durch be-sondere Leichtbauweise und Dämmmat-ten unterschiedlicher Bauart aus, dabei kann die Bauhöhe über vier Meter sein.

Eine weitere Klasse mobiler Abschir-mungen nutzt die Möglichkeit, feste Ab-sperrungen an Baustellen mit Schallschutz-matten unterschiedlicher Einbaumaße auszustatten. Drei unterschiedliche Syste-

3: Teststrecke München – Regensburg bei Langenbach

Shock, Vibration & Noise Control

Schrey & Veit

Schrey & Veit GmbH

www.sundv.de

Schrey & Veit GmbHGraf-von-Sponheim-Str. 2 | 55576 Sprendlingen / GERMANY

Phone: +49 (0) 6701 205 84-00 | Fax: +49 (0) 6701 205 84-10

Solutions for Silence

We make the world a bit more quiet

Made in Germany - Weltweit im Einsatz

Der Schienenstegdämpfer

VICON AMSA VS

2525Jahre

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me der Firmen HPZ und Ceno sind zum Test vorgesehen.

Auch Lärm, der bei der Instandhaltung des Oberbaus entsteht, kann der Infrastruk-tur zugeordnet werden. Die DB Bahnbau Gruppe hat in Zusammenarbeit mit der Fa. WOCO ein Konzept für die Lärmminderung beim Stopfen von Gleisen entwickelt. Dies basiert auf der Einhausung des Stopfag-gregats mit einem schallabsorbierenden Kunststoff und soll an der Stopfmaschine USM 741 getestet werden.

Versuchs- und Messkonzept

Die Erfahrung aus Projekten der Vergan-genheit hat gezeigt, dass die Auswahl der Testorte entscheidend für den Projekter-folg ist. Daher wird in I-LENA der Ansatz verfolgt, dass die Messungen zur akusti-schen Wirksamkeit repräsentativ sind und somit verallgemeinerbare und auf andere Einbausituationen übertragbare Ergebnis-se liefern.

Für die Bewertung des Lärmminde-rungspotenzials der eingereichten Vor-schläge wurde in Kooperation mit den I-LENA Partnern und in Abstimmung mit dem Eisenbahn-Bundesamt ein umfangrei-ches Messkonzept erarbeitet, das aus drei Elementen besteht:

1. Standardisierte Messungen an Test- und Referenzabschnitten nach den einschlä-gigen Normen, wo immer dies möglich ist (insbesondere bei Maßnahmen zur Reduktion des Rollgeräuschs). Luft-schallmessungen in den Entfernungen 7,5 m und 25 m von der Gleisachse wer-den ergänzt durch Messungen der Fahr-flächenrauheit und der Gleisabklingrate.

2. Ergänzende Messungen, die an die je-weils zu bewertenden Maßnahmen individuell angepasst werden. Dazu gehören u. a. Messfahrten mit dem Schallmesszug der DB Systemtechnik, Körperschallmessungen an Schiene und schwingenden Strukturen sowie Mes-

5: Schienenstegdämpfer der Firma Schrey & Veit 6: Teststrecke Berlin – Frankfurt (Oder) – Anordnung der vier Maßnahmen an der Schwelle

sungen von Erschütterungen neben dem Gleis.

3. Messungen zu Gleislage und Gleissta-bilität, um bei Maßnahmen im Gleis (Schwelle, Zwischenlage, Schwellensoh-le) eine Bewertung aus oberbautechni-scher Sicht zu ermöglichen.

Um innovative Technologien zum Schall-schutz in Lärmvorsorge und Lärmsanie-rung einsetzen zu können, müssen diese im Rechenmodell der Schall03 [1], aner-kannt sein. Daher werden die Messungen in I-LENA so durchgeführt, dass sie den Vorgaben des § 9 der Schall03 entsprechen.

Einen Spezialfall auch hinsichtlich des Messkonzepts stellen die Maßnahmen zur Reduktion von Baulärm dar. Geplant sind akustische Messungen zur Bewertung der mobilen Schallschutzwände sowohl un-ter Verwendung von künstlichen als auch von technischen Schallquellen (z. B. Bag-ger mit Spitzmeißel) in unterschiedlichen Anwendungsfällen sowie Absicherung

4: (von links nach rechts) mini-SSW der Firma Krailburg Strail; Schienenstegabschirmung der Firma Schrey & Veit; Schienenstegdämpfer der Firma Qingdao Create Environment Control Technology

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Summary

Noise reduction initiative I-LENA gains momentum

The first innovative measurements regarding noise reduction have been installed on the intended test routes and all measuring campaigns being specially developed were initiated. Within the framework of the innovation project I-LENA, a corporation project between the Ministry of Trans-portation and Digital Infrastructure (BMVI) and the Deutsche Bahn (DB), a comprehensive package of measures for a stationary noise reduction project will be tested.

Literatur

[1] Richtlinie zur Berechnung der Schallimmissionen von Schienenwegen –Schall 03; Fassung gültig ab 1.1.2015

www.bahnwege-seminare.dewww.bahnwege-seminare.de

der Ergebnisse mittels computergestütz-ter Berechnungen. Dadurch soll die Ent-wicklung eines einheitlichen Ansatzes zur Auslegung und Anwendung von mobilen Schallschutzwänden zur Minderung von Baulärm bereits in der Planung unterstützt werden.

Aktueller Stand der Umsetzung

Aus den Anforderungen der dargestellten Messkonzepte ergeben sich zahlreiche Anforderungen an die Teststrecken. Dazu gehören Mischverkehr aus Reise- und Gü-terzügen mit ausreichender Zugdichte, freie Schallausbreitung im Gelände sowie eine homogene Schienenoberfläche. Da-mit kann die Vergleichbarkeit von Test- und Referenzabschnitten garantiert werden.

Hierfür werden die Testabschnitte bereits mehrere Wochen vor der ersten Messung geschliffen, eingefahren und dar-aufhin mit dem Schallmesszug der DB cha-rakterisiert. Diese Vorbereitungen sind an einem Testabschnitt auf der Strecke Mün-chen – Regensburg abgeschlossen. Dort sind bereits seit Mitte September 2018 Schienenstegdämpfer, Schienenstegab-schirmungen und eine gleisnahe Schall-schutzwand eingebaut (siehe Bild 4), sodass die ersten Effektmessungen durch-geführt werden konnten.

Ebenfalls im September bzw. Oktober 2018 wurden an den Bahnhöfen Grünstadt und Freinsheim Schienenstegdämpfer (Bild 5) und zwei Konditionieranlagen ge-gen Kurvenquietschen installiert.

Während die bisher eingebauten Ein-zelmaßnahmen eine verhältnismäßig kur-ze Einbauphase in Anspruch nehmen, gilt

es 2019 auch die aufwendigeren Maßnah-men mit deutlich mehr Planungsaufwand, an das Gleis zu bringen. Zusätzlich zu den bereits installierten Maßnahmen ist an der Strecke München – Regensburg der Einbau von weiteren drei Innovationen vorgese-hen. Neben dem noise diffractor auf einer niedrigen Schallschutzwand wird die Wir-kung von zwei Aufsätzen für Schallschutz-wände erprobt.

Für eine weitere Teststrecke zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) läuft die Pla-nung zum Einbau von sechs Maßnahmen. Bild 6 zeigt skizzenhaft die geplante Veror-tung und den Messaufbau von vier Maß-nahmen an der Schwelle.

Zusätzlich ist an einer anderen Stelle derselben Strecke die Erprobung von zwei niedrigen Schallschutzwänden ab dem zweiten Quartal 2019 vorgesehen.

Neben den Maßnahmen zur Lärmmin-derung im regulären Betrieb der Deutschen Bahn ist die Verortung der Maßnahmen ge-gen den Baulärm nahezu abgeschlossen. Hierfür sind im süddeutschen Raum meh-rere Testgelände ausgewählt worden.

Nächste Schritte

Die Verortung und die Einbautermine für den überwiegenden Teil der zu erproben-den Technologien stehen fest. Für die noch nicht verorteten Technologien wird die Suche nach geeigneten Testabschnitten in-tensiv betrieben.

Die Auswertung der ersten umfangrei-chen Messergebnisse wird nach heutigem Stand im ersten Quartal 2019 vorliegen. Diese werden zunächst mit den Herstellern besprochen. Je nach Datenlage müssen da-

raufhin weiterführende Messungen durch-geführt werden. Fest im Messkonzept von I-LENA verankert sind die abschließenden Effektmessungen zum Ende des Projektes im Jahr 2020. Ebenfalls für das Jahr 2020 ist der Rückbau der einzelnen Technologien geplant. Abschließend wird dann in einem zusammenfassenden Bericht das Lärmmin-derungspotential der Maßnahmen darge-stellt.

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