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Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

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Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari. Aufbau und exemplarische Nutzung eines Satellitendatengestützten Navigations-Informations-Systems.Unpublished Diploma-Thesis (MSc.), Freie Universität Berlin, Department of Earth Sciences, 2004

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Page 1: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari
Page 2: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

Freie Universität Berlin, Fachbereich Geowissenschaften (Dept. of Earth Sciences)

Wissenschaftliche Arbeit zur Erlangung des Grades eines Diplom-Geographen über das Thema

Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

Aufbau und exemplarische Nutzung eines

Satellitendatengestützten Navigations-Informations-Systems

1. Gutachter: Prof. Dr. H.-J. Pachur 2. Gutachter: Prof. Dr. B. Meissner eingereicht von:

Name: David Haberlah Matrikel-Nr.: 3606131 Adresse: Liebigstraße 74

49074 Osnabrück Telefon: 0179-9260053 E-mail: [email protected]

Page 3: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

INHALTSVERZEICHNIS I EINLEITUNG 1II ABSTRACT 3III ـةخالصـــــــــــ 5

1. DAS SATELLITENGESTÜTZTE NAVIGATIONS-INFORMATIONS-SYSTEM 7 1.1. Komponenten des Navigations-Informations-Systems 8 1.1.1. Globales Positionierungssystem 8 1.1.2. GPS-Empfänger 9 1.1.3. Laptop 9 1.1.4. Navigationssoftware 10 1.2. Aufbau der geografischen Informationsbasis 11 1.2.1. Kartengrundlage 11 1.2.2. Satellitenbildbasis 13 1.2.2.1. Konzeption der Satellitenbildkacheln 14 1.2.2.1.1. Kachelgröße 15 1.2.2.1.2. Bandkombinationen 15 1.2.2.2. Erarbeitung der Satellitenbildkacheln 17 1.2.2.2.1. Blattschnittsystem 18 1.2.2.2.2. Mosaikbildung 20 1.2.2.2.3. Wavelet-Transformation 21 1.2.2.3. Analoge Kartenserie 1:250000 22 1.2.3. Geografische Datenbank 24 1.2.3.1. Datenbankstruktur des Navigations-Informations-Systems 25 1.2.3.1.1. Kartenverzeichnis (map table) 25 1.2.3.1.2. Wegpunkte (waypoint table) 25 1.2.3.1.3. Tracks (track table) 26 1.2.3.1.4. Routen (route table) 27 1.2.3.1.5. Zeichnungen (drawing table) 27 1.2.3.1.6. Digitales Höhenmodell (DEM) 27 1.2.3.2. Verwaltung der Datensätze 28 2. DAS UNTERE WADI HOWAR 30 2.1. Geografische Einordnung und Beschreibung 32 2.1.1. Oberes Wadi Howar 32 2.1.2. Mittleres Wadi Howar 33 2.1.3. Unteres Wadi Howar 33 2.1.4. Abschließende Betrachtung 35

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2.2.

Geologische Entwicklung

35

2.3. Klimaentwicklung im Holozän 40 2.3.1. Phase der Seenbildung 40 2.3.2. Anhaltende Feuchtphase 42 2.3.3. Nachlassende Feuchtphase 45 2.3.4. Einsetzende Aridifikation 45 2.3.5. Aktuelle klimatische Situation 46 2.3.6. Abschließende Betrachtung 47 2.4. Neolithische Besiedlungsgeschichte 48 2.4.1. Art der Fundplätze 48 2.4.2. Steinartefakte 49 2.4.3. Keramikchronologie und Subsistenzstrategien 51 2.4.3.1. Keramik erster Jäger und Sammler 52 2.4.3.2. Keramik rinderhaltender Pastoralisten 53 2.4.3.3. Keramik kleintierhaltender Pastoralisten und Jäger 55 3. BESCHREIBUNG DES SURVEYS IN DER REGION ABU TABARI 57 3.1. Surveyparameter 59 3.2. Geomorphologische Datensätze 61 3.2.1. Zur Topografie des Surveygebietes 62 3.2.1.1. Höhenangaben aus GPS-Messungen und DEM 62 3.2.1.2. Provisorische differenzielle GPS-Messung 64 3.2.1.3. Beschreibung der Topografie 67 3.2.2. Zur Sedimentologie des Surveygebietes 75 3.2.2.1. Lakustrine Ablagerungen 76 3.2.2.2. Playaartige Sedimente 78 3.2.2.3. Goethitausfällungen 81 3.2.2.4. Talsande 84 3.3. Archäologische Datensätze 84 3.3.1. Fundplätze mit Keramik vom "Early Khartoum Typ" 89 3.3.2. Fundplätze mit Keramik vom "Leiterband Typ" 89 3.3.3. Fundplätze mit Keramik vom "Handessi Typ" 90 3.3.4. Fundplätze mit unverzierter organisch gemagerter Keramik 90 3.3.5. Brunnen und Viehtränken 91 3.3.5.1. Brunnenprofil 93

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3.3.5.2. 14C-Datierung 96 3.3.5.3. Tränkenprofil 97 3.3.6. Jüngere Besiedlungsspuren in der Region 98 4. INTERPRETATION UND FOLGERUNGEN AUS DEM SURVEY 105 4.1. Deutungen einzelner geomorphologischer und archäologischer

Beobachtungen 106

4.1.1. Deutung der lakustrinen Ablagerungen 106 4.1.2. Deutung der playaartigen Sedimente 108 4.1.3. Deutung der Goethitausfällungen 109 4.1.4. Deutung der "Talsande" 110 4.1.5. Deutungen der Profile auf Grabungsplatz "SO3/13" 112 4.2. Zusammenfassende geomorphologisch-archäologische Interpretation 114 4.3. Fazit und Ausblick 117 5. QUELLENVERZEICHNIS 122 6. MATERIALBAND (INHALTSVERZEICHNIS) 128 7. ANHANG 129

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VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN UND KARTEN

Abb 01: GPS Satellite Constellation 8

Abb 02: Spectral reflectance characteristics of common earth surface materials 16

Abb 03: Gegenüberstellung: Teilszenen und Satellitenbildkachel "ND35B Gebel Maidob"

20

Abb 04: Map of Western Nubia and adjacent Areas 32

Abb 05: Positionssystem und Schematisches Längsprofil des Unteren Wadi Howar

34

Abb 06: Structural Interpretation of Part of the Eastern Sahara 36

Abb 07: Generalized depositional model of Gebel Abyad Area 38

Abb 08: The Aptian Transgression and Paleogeography of Upper Jurassic to Lower Cretaceous [Wadi Howar Formation] (a) Paleogeography of Coniacian to Campanian [Kababish Formation] (b)

39

Abb 09: Radiocarbon dates representing 'relative lake status' at individual sites 41

Abb 10: Konzeptionelles Modell der Paläoniederschlagsgenese 44

Abb 11: Niederschlagsmengen in der Ostsahara 46

Abb 12: Cultural sequences of the Lower and Middle Wadi Howar and adjacent research areas

52

Abb 13: Verschiedene Arten der Wiegetechnik 55

Abb 14: Garmin 12XL Vertical Error Histogram 63

Abb 15: Ellipsoid Height 67

Abb 16: Visualisierung der Berechnungsparameter mit "CalPal Calibration Curve Composer"

96

Abb 17: Archäologische Grabungsflächen auf sandigen Anhöhen im östlichen Vorland der Grundgebirgsschwelle

112

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VERZEICHNIS DER FOTOS Foto 01: Blick vom Surveypunkt "1954/632" nach Westen 68

Foto 02: Blick von einer "Wollsackburg" über die Ebene des Wadi Howar im Süden

69

Foto 03: Blick von "Umm Qussa" über das Wadi Howar im Norden 70

Foto 04: Dunkler Porphyr mit deutlichen Korrasionsformen 71

Foto 05: Oligomikte Konglomerate mit Quarzkiesen als Verwitterungsresiduum 72

Foto 06: Blick von der westlichen Begrenzung der kanalartigen Tiefenlinie nach Norden

73

Foto 07: Geologischer Aufschluss an der südwestlichen Kante der kanalartigen Tiefenlinie

74

Foto 08: Blick vom Surveypunkt "1932/630" nach Norden über die kanalartige Tiefenlinie

75

Foto 09: Carbonatische Limnite um wollsackartig verwitterte granitoide Ausbisse 77

Foto 10: Kalzifizierte Stängel im Randbereich lakustriner Sedimente 78

Foto 11: Playaartiges Sediment mit prismenförmigem Gefüge und sandverfüllten Trockenrissen unter einer Flugsanddecke

80

Foto 12: Linksgewundene große aquatische Gastropoden (Lanistes carinatus?) im playaartigen Sediment

81

Foto 13: Weiträumige Goethitausfällungen im Gebiet der NW-Kante der kanalartigen Tiefenlinie

82

Foto 14: Goethitkonkretionen im Profilanschnitt 82

Foto 15: Geschartes Band an Goethitausfällungen im östlichen Vorland 83

Foto 16: Blick über den östlichen Schenkel der Siedeldüne "S95BK25" nach Norden

86

Foto 17: Reibemulden in einem flachen Granitrücken am Surveypunkt "1950/654" 87

Foto 18: Kompakter Artefaktkörper zwischen Dünenzügen (Fundplatz "85/01"). 88

Foto 19: Kreisförmige Steinsetzungen aus Sandsteinbrocken 92

Foto 20: Rautenförmige Steinsetzung aus flachen Granitplatten 93

Foto 21: Brunnenprofil 95

Foto 22: Tundub (Capparis aphylla) 95

Foto 23: Arbeiten am Tränkenprofil 98

Foto 24: Versandeter Tiefbrunnen "Bir Abu Tabari" 99

Foto 25: Tiefbrunnen "Umm Bayada" 100

Foto 26: Aushubkegel von "Bir Abu Tabari" 101

Foto 27: Tränkbecken und Artefakte in der Senke von "Bir Abu Tabari" 102

Foto 28: Körper aus Flugsand mit Artefaktinventar am Fundplatz "S03ML107". 103

Foto 29: Kababish Mädchen an den "Rahib Wells" 104

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1

I EINLEITUNG

Wissenschaftliche Expeditionen in der Sahara stehen vor der Herausforderung, ein

ausgedehntes, meist wenig erforschtes Gebiet innerhalb einer begrenzten Zeitspanne

unter vielfältigen Fragestellungen bearbeiten zu müssen. Als Teilnehmer verschiedener

Expeditionen konnte ich die Erfahrung machen, dass eine effektive Durchführung

solcher Forschungsaufenthalte im Gelände stark von der Qualität der im Vorfeld

erstellten bzw. zusammengestellten kartografischen und fernerkundlichen

Arbeitsgrundlage abhängig ist. Eine reibungslose Navigation mit der Möglichkeit

gezielt Lokationen anzusteuern, bestimmt in entscheidendem Maße wie viel Zeit für die

eigentliche wissenschaftliche Arbeit im Feld verbleibt. Bei der Durchführung eines

Surveys ist es sowohl während des Geländeaufenthaltes als auch in der Nachbereitung

von Vorteil, wenn die Aufzeichnungen der Geländeparameter und die Dokumentation

des Arbeitsablaufes in einem System zusammengeführt werden.

Mit der vorliegenden Arbeit wird die Konzeption eines Navigations-Informations-

Systems und seine Anwendung während einer knapp einmonatigen archäologischen

Kampagne in der nordwestsudanesischen Sahara zusammen mit den erhobenen

geowissenschaftlichen und archäologischen Daten vorgestellt. Das Untersuchungsgebiet

liegt etwa 300 km westlich des Nils in einem als "Abu Tabari" bezeichneten Bereich des

Wadi Howar. Die Expedition wurde vom Sonderforschungsbereich (SFB) 389 "Arid

Climate, Adaptation and Cultural Innovation in Africa" (ACACIA) im Rahmen des

Teilprojekts A2 "Wadi Howar: Settlement Area and Thoroughfare at the Southern

Margin of the Libyan Desert" unter der Leitung von Dr. Mathias Lange im Winter 2003

durchgeführt.

Zur Vorbereitung der Forschungsexpedition wurde ein auf die speziellen

Anforderungen des Unterfangens zugeschnittenes Navigations-Informations-System

entwickelt. Dieses aus GPS-Empfänger, Laptop, Navigationssoftware und einer

geografischen Datenbank bestehende System umfasst neben bestehenden Kartenwerken

eine aus Satellitenbilddaten aufgebaute Visualisierungsbasis. Die Beschreibung des

Aufbaus dieses satellitendatengestützten Navigations-Informations-Systems nimmt das

erste Kapitel der vorliegenden Arbeit ein. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der

Darstellung der Aufarbeitung des Satellitenbildmaterials, dem als Basis für die

Navigation im Gelände und die Visualisierung von Geodaten eine zentrale Rolle

zukommt. Parallel zu der für die besonderen Anforderungen des Navigations-

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Informations-Systems entwickelten fernerkundlichen Visualisierungsbasis wurde eine

analoge Satellitenbildkartenserie im Maßstab 1:250000 erstellt.

Im zweiten Kapitel wird zunächst der aktuelle geowissenschaftliche und archäologische

Forschungsstand über das Untersuchungsgebiet dargestellt. Einer geografischen

Beschreibung der Wadi Howar Region mit dem Schwerpunkt auf seinem Unterlauf und

dem Gebiet von Abu Tabari folgt ein geologischer Abriss. Anschließend wird die

schwerpunktmäßig aus sedimentologischen Untersuchungen rekonstruierte holozäne

Klimaentwicklung ausführlich beschrieben. Dieser folgt eine Aufführung der eng mit

ihr im Zusammenhang stehenden neolithischen Besiedlungsgeschichte des Unteren

Wadi Howar. Sie wird unter dem Gesichtspunkt aufeinander folgender, auf die

Umweltveränderungen reagierender Subsistenzwirtschaftsweisen dargestellt. Bei den

mit Siedelplätzen vergesellschafteten Artefaktinventaren wird besonders auf die

Keramik eingegangen. Über die Art der Keramik lässt sich eine chronologische

Einordnung von Befunden vornehmen, die für die Einteilung der im Gelände

aufgezeichneten archäologischen Fundplätze angewandt wird.

Im dritten Kapitel erfolgt die Beschreibung geowissenschaftlicher und archäologischer

Geländeparameter, die während des Feldeinsatzes über einen Zeitraum von drei

Wochen systematisch erhoben wurden. Da die Dokumentation des Surveys nur zum

Teil direkt in dem Navigations-Informations-System erfolgte, werden in der

Nachbereitung alle zusätzlichen Aufzeichnungen wie Surveybögen und digitale Fotos in

das System miteingebunden. Die Datenbank wird so aufgearbeitet, dass sich sämtliche

Daten übersichtlich abfragen und thematisch visualisieren lassen. Um der

übergeordneten Forschungsfrage der Expedition nach der räumlich-zeitlichen

Verbreitung neolithischer Siedelaktivitäten zu entsprechen, werden aus den tabellarisch

aufgeführten Geländebeobachtungen exemplarisch die Daten herausgegriffen,

beschrieben und thematisch visualisiert, die in diesem Zusammenhang wesentlich

erscheinen.

Im vierten und letzten Kapitel der Arbeit werden die in verschiedenen thematischen

Komplexen abgehandelten Geländebeschreibungen interpretiert und miteinander in

Zusammenhang gebracht. Die Interpretationsansätze werden kritisch auf ihre Kohärenz

mit Aussagen in der Fachliteratur geprüft.

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3

II ABSTRACT

Going on scientific expeditions to the Sahara one is faced with the challenge of working

in a vast area, which has been hardly explored so far. No matter how complex the

research field may be, the length of the expedition is always limited. As a participant of

various expeditions I have made the experience that the outcome of an expedition

highly depends on the quality of cartographic material and remote sensing images. An

efficient navigation system, which enables researchers to reach their targets via the

shortest way, is a crucial factor in how much time remains for the actual scientific

fieldwork. Both, the conduction of the survey as well as postprocessing and analysis of

the collected data benefit from an integrated recording of the field parameters and the

documentation within one Navigation-Information-System.

The aim of this degree dissertation is to present the development of a Satellite-based

Navigation-Information-System and its implementation during an archaeological

campaign in the Eastern Sahara of North-West Sudan. In addition, the recorded geo-

scientific and archaeological data will be presented and analysed.

The area surveyed over a period of three weeks is situated about 300 km west of the

Nile in a section of the "Lower Wadi Howar" called "Abu Tabari". The expedition was

conducted in winter 2003 by the multidisciplinary collaborative research centre "SFB

389 - Arid Climate, Adaptation and Cultural Innovation in Africa" (ACACIA). It was

set on the agenda as subproject A2 "Wadi Howar - Settlement Area and Thoroughfare at

the Southern Margin of the Libyan Desert" and headed by Dr. Mathias Lange.

Preparing for the expedition, a Navigation-Information-System needed to be developed,

which had to be custom made in accordance to the demands of the venture. The system

is composed of a GPS-receiver-processor, a laptop, navigation software and a specific

geographic database. The later includes both existing topographic and thematic maps

and a generated area-wide basis of satellite images as primary means of visualization.

Chapter 1 of this paper describes the development of the Navigation-Information-

System. The emphasis lies on the compilation of the satellite image basis. It is essential

both for navigations in the field and the visualisation of recorded geo-data for

Page 11: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

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postprocessing purposes. Parallel to the specific requirements of the remote sensing

image basis of the Satellite-based Navigation-Information-System, a series of analogue

satellite image worksheets has been developed with a scale of 1:250000.

In chapter 2, the present outcome of geo-scientific and archaeological knowledge

concerning the survey area is presented. A geographical description of the Wadi Howar

focussing on its lower course and the area of Abu Tabari is followed by a geological

abstract. Hereon a reconstruction of the Holocene climate development, which is mainly

based on sedimentological studies, is subsumed. Finally, an account of the Neolithic

history of the Lower Wadi Howar, which is closely related to the climatic deterioration,

is forwarded. It is analysed in terms of successive subsistent economies reacting to

environmental changes. From the artefact inventory, associated with the surface finds,

ceramics are dealt with in more detail, since they allow a chronological classification

that is used in the process of assigning survey finds to certain time periods.

Chapter 3 deals with the description of the geo-scientific and archaeological parameters

recorded during the systematic survey. During the expedition, documentations could

only be partially entered directly to the Navigation-Information-System. Therefore

additional records such as survey sheets and digital photos had to be imported and

integrated into the system. The database is conceived in a way that enables the user to

visualise all relevant information in a well-organized interrelated structure. In order to

contribute to the key aim of the expedition – a "spatiotemporal distribution of Neolithic

settlement activities" – all relevant data of the tabulated survey records is pointed out

and interpreted. You will also find thematical visualisations of research topics generated

within the Navigation-Information-System.

In the final chapter of the dissertation, all descriptions of the region, which are linked to

geo-archaeological topics, are interpreted and re-examined in context. All hypothetical

statements are critically reviewed and illuminated in reference to approaches that can be

found in literature.

Keywords: Lower Wadi Howar, Abu Tabari, Sudan, Satellite-based Navigation

Information System, Holocene Environment, Neolithic Settlement Activities

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5

III

مســـــــــح جيولوجى أثرى فى منطقة ابوتبارى شـــــــــــــــمال الســـــــودان

تطور وتطبيقات صور األقمار الصناعية باستخدام نظم معتمده على معلومات المالحة :الصــــــــــــــــــــــــــــــــةخ

للقيام برحلة علمية فى مناطق الصحراء يواجه االنسان بتحديات العمل فى مناطق شاسعه

أذا يجد الباحث أن .وهذا بغض النظر عن صعوبه العمل البحثى ونوعيته...لم يتم اآتشافها من قبلث مماثله يتضح أن نتائجها تعتمد دائما بأشتراآى فى عدة بحو.. وضعه دائما ضيق التمام البحث

هذا يعنى بالضرورة وجود -على نوعية المواد الطبوغرافية الموجودة و صور االقمار الصناعيةالذى يتيح للباحث الوصول الى المناطق بأقصر الطرق " Navigation System"نظام جيد لــ

آل ..ى والذى من اجله أجريت الدراسةوهذا بدوره يعطى فرصه اآبر للتفرغ للبحث العلم. وبالدقه تفيد فى -من العمل الحقلى والمعالجات المتأخرة للمعلومات ومن ثم تحاليل للمعلومات الحقليه

تداخل المعلومات وتكاملها وتسجيلها مقارنه مع المكتسبات الحقليه الدخالها فى منظومه واحدة معلومات مالحى أو نظام" Navigation Information System"للتوثيق فى نظام واحد لــ

.أرضى

حدث فى الهدف من الحصول على هذة الدرجه العلمية هو الحصول على التطور الذىنظام معلومات المالحة المعتمدة على صور االقمار الصناعية و استخدامها اثناء عمل المعسكرات

. بعد اتمام تحليلها االثارية فى نسق سجل ا لمعلومات الجيولوجية العلمية واالثارية آلم غرب النيل فى تقاطع مع وادى 300المنطقة تم بحثها فى حوالى ثالثه اسابيع وهى تبعد حوالى

.هور السفلى فى منطقة ابوتبارى بواسطة عمل مشترك بين مرآز الدراسات 2003 تم عمل الدراسات الحقلية فى شتاء

Arid Climate, Adaptation and Cultural"ومرآز) SFB 389(للمناطق الجافة Innovation in Africa".

.) ACACIA( Sub-Project A2 Wadi(تم وضع هذا البرنامج فى اجندة المشاريع تحت البند

Howar( وهى من المناطق المتاخمة لحدود ليبيا الجنوبية ويرأسها دآتور ..منطقة ايواءMathias Lange معلوماتى مالحى حتاج الى تطوير نظامللتجهيز لهذه المامورية العلمية ت

وهذا على حسب ماتحتاجه الرحلة ) custom made( بشرط ان يكون دقيق, ارضى جديد)venture.(

االدوات المستخدمه فى التجهيز للعمل الحقلى تتكون من جهاز النظام الجغرافى لتحديد ) Navigation Software(وبرامج مالحيه ) Laptop(وآمبيوتر محمول ) (GPSالوضع

.ومعلوماتية مجهزة خاصة بالجغرافيةالنظام الجغرافى يشمل ايضا آال من الخرائط الطبوغرافية الموجودة والخرائط األخرى

وخرائط اخرى واسعة مبنية على نسخ سلبيه ) Thematic Mapper 5(المبنية على ترجمة .طقة لصوراالقمار الصناعية ومعلومات اولية للرؤية الشاملة للمن

وتعتبر . الفصل االول من هذه الوراقة العلمية التطور فى مجال نظام المعلومات المالحيه

قاعدة صور االقمار الصناعية ذات اهمية آبرى لنظامى المالحة الحقلية وتسجيل ورؤية البيانات وراالستشعار باالضافة االحتياجات المعينية لص. االرضية وذلك ألهداف المعالجات المتقدمة الحقًا

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تم تجهيز عدد من ,عن بعد والمعتمدة على النظام المعلومات المالحيه لصور االقمار الصناعيه .1:250,000اوراق البيانات لصور االقمار الصناعيه المتشابهة بمقياس رسم

فى الفصل الثانى يتم عرض المنتوج النهائى للمعلومات والمعرفة العلمية الجيولوجية

آذلك وصف جغرافى لوادى هور خصوصا . والتى تتعلق بالمنطقة التى تم مسحها واالثارية .المنطقةالسفلى فى الوادى وايضا منطقة ابوتبارى باالضافة لملخص جيولوجى للمنطقة

وهكذا تم ايضا اعادة ترآيب لطقس الهولوسين وتطورة والتى بنيت اساسا من المعلومات المستقاة .بيةمن دراسات الطبقات الرسو

لوادى هور السفلى ) Neolithic History(اخيرًا يتم عرض خالصة للتاريخ الحد يث

وهذا تم بتحليل التفاعل االقتصادى للموجودات الكائنة ..وهى ذات عالقه وثيقة بتدهور المناخ تى و من مكتشفات العينات االثرية باالضافة الى االشياء ال.باختالف البئيات .المتعاقبة وعالقتها

خاصة آمؤشرات لتصنيف تاريخى .تم التعامل مع السيراميك بكل دقة. وجدت على سطح االرض .على حسب التعامالت المسحية الوقات مؤآدة

الفصل الثالث يتعلق بالوصف العلمى الجيولوجى واالثارى والداالالت التى تسجل اثناء

لمعلومات جزئيا و ادخالها لنظام المعلومات اثناء العمل الحقلى يتم توثيق ل. العمل الحقلى المنظم .المالحية

ولذا اضافة معلومات اضافية آخرائط المساحة والصورالرقمية يجب اداخالها وتكاملها مع وقاعدة البينات الموجودة فى الكمبيوتر تقوم بأدراك . المعلومات الموجودة اصال فى النظام المالحى

.ولكى يتم المشارآة فى فهم هدف المامؤرية. م الترآيب واستنباط رؤيتها فى شكل منظم ومفهوومن ثم آل المعلومات ذات الصلة .نجد ان التوزيع الزمانى والمكانى لنشاط االيواءات الحديثة

ويمكن ايضا الحصول على رؤيه موضوعية . المميزة بالعمل الحقلى يتم عرضها وترجمتها .مالحىلمواضيع البحث مخلقة من نظام المعلومات ال

وفى الفصل االخير لرسالة الدآتوراة نجد آل االوصاف للمنطقة قيد الدراسة والتى لها عالقة بمواضيع الجيولوجيا واالثار تترجم ويعاد اختبارها فى السياق العام ومن ثم أعادة النظر فى

ا فى المكتبات الفرضيا ت وأنتقادتها العلميه وتم استبعادها بذآرها فى مقدمات يمكن ايجادها الحق .العلمية

:مصطلحـات هامـــــــــــــــــــةبئية الهولوسين , نظام معتمد على االقمار الصناعية, السودان, ابو تبارى ,وادى هور السفلى .االيواءات الحد يثة

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7

1. DAS SATELLITENGESTÜTZTE NAVIGATIONS-

INFORMATIONS-SYSTEM

Jede systematische wissenschaftliche Geländeuntersuchung, im Weiteren als "Survey"

bezeichnet, sammelt "Geodaten". Geodaten sind nicht inhaltlich über die Art ihrer

thematischen Informationen definiert, sondern darüber, dass sie sich einer bestimmten

Lage oder Ausdehnung im Raum zuordnen lassen. Raumrelevante Daten mit einer

zeitlichen Dimension sind nach dem Verständnis der modernen Geowissenschaften

"Geoinformationen". So gesehen sind archäologische Daten Geoinformationen, die in

einem "Geoinformationssystem" (GIS) zusammengetragen und in Beziehung

zueinander und zu anderen Geodaten gebracht werden können. Durch ihren Bezug auf

den Raum lassen sie sich vor dem abstrahierten Abbild desselben auf Karten

zweidimensional oder in Höhenmodellen dreidimensional darstellen. Für die qualitative

Interpretation von geografischen Informationen erhält ihre thematische Visualisierung

auf dem Monitor (screen) eine besondere Bedeutung. Es ist wünschenswert, diese

flexible Bildschirmdarstellung mit einer direkten Eingabe neu erhobener Geodaten

schon während des Geländeeinsatzes kombinieren zu können. Dies ist insbesondere von

Bedeutung, wenn es sich um einen mehrwöchigen Survey handelt, und neu gewonnene

Daten die räumliche Ausrichtung des verbleibenden Geländeaufenthaltes beeinflussen

können.

Die ständige Positionsbestimmung während einer Expedition ist von immanenter

Wichtigkeit. "Voraussetzung zur Erfassung von Geländedaten ist die Orientierung im

Gelände" (MEISSNER et al. 1999:587). Bei der für den Survey erforderlichen

Genauigkeit erfolgt die Lagebestimmung über ein auf Satelliten basierendes "Globales

Positionierungssystem" (GPS).

Die Integration der Daten aus der laufenden Ortsbestimmung in ein bestehendes

Geoinformationssystem sowie ihre direkte bildliche Darstellung auf dem Monitor lassen

sich in einem Navigations-Informations-System realisieren.

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1.1. Komponenten des Navigations-Informations-Systems

Das für den nachfolgend beschriebenen Survey konzipierte Navigations-Informations-

System besteht aus fünf Komponenten: Globales Positionierungssystem, GPS-

Empfänger, Laptop, Navigationssoftware und einer geografischen Informationsbasis.

1.1.1. Globales Positionierungssystem Bei dem Globalen Positionierungssystem (GPS) handelt es sich um ein nominell auf 24

Satelliten basierendes, von "Navstar" (https://gps.losangeles.af.mil/) betriebenes

Radiopositionierungssystem, das weltweit eine passive akkurate Bestimmung von

Position, Geschwindigkeit und Zeit (PVT-fix) erlaubt. Die 24 Navigationssatelliten

umlaufen zwei Mal täglich die Erde auf 6 orbitalen Bahnen, in einer Höhe von ca.

20200 km (s. Abb. 01).

(Quelle: U.S. COAST GUARD NAVIGATION CENTER 1996:1-3)

Abb. 01: "GPS Satellite Constellation" (U.S. COAST GUARD NAVIGATION CENTER 1996:1).

Sie senden aktiv Radiosignale auf den Bändern 1575,42 MHz (L1) und 1227,6 MHz

(L2) zusammen mit einer ergänzenden Navigationsnachricht der Kontrollstation (MCS)

der "Falcon Air Force Basis" in Colorado Springs auf 50 Hz. Die Navigationsnachricht

besteht aus Informationen über die Gesamtkonstellation der Satellitenflotte (almanac),

den aktuellen orbitalen Korrekturwerten der einzelnen Satelliten (ephemeris) und den

Signalstörungen durch die Ionosphäre. Zivile Nutzer können nur einen Teil des

Page 16: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

9

unverschlüsselten L1-Bandes (coarse/acquisition code) mit einem GPS-Gerät

empfangen, decodieren und zur Positionsberechnung nutzen. Es besteht aus bestimmten

Satelliten zuordbaren Sendezeiten. Aus mindestens 4 solcher Signale kann der GPS-

Empfänger über Entfernungsberechungen (range measurement calculation) die eigene

3D-Position als Schnittpunkt der Entfernungssphären ermitteln (vgl. U.S. COAST

GUARD NAVIGATION CENTER 1996:1.1-1.5).

1.1.2. GPS-Empfänger Die Grundanforderungen an den GPS-Empfänger sind, dass die Positionsberechnung

aus einer möglichst hohen Anzahl von parallel empfangbaren Satellitensignalen erfolgt,

und dass eine Schnittstelle zur Übertragung der Daten an den Laptop vorhanden ist. Des

Weiteren ist ein gut verarbeitetes und robustes Gerät erforderlich, da es im täglichen

Geländeeinsatz in der Wüste unvermeidlich hohen Temperaturen sowie dem

allgegenwärtigen Sand ausgesetzt wird. Ferner ist es von Vorteil, wenn der GPS-

Empfänger auch ohne Anbindung an einen Laptop eingesetzt werden kann und die

Stromversorgung alternativ zu Akkus auch über Autobatterie möglich ist. Das "Garmin

12" ist ein diesen Anforderungen Genüge leistendes Gerät, auch wenn die

Datenübertragung auf ein serielles Kabel beschränkt und der interne Speicherplatz sehr

bescheiden bemessen ist (vgl. www.garmin.com/products/gps12/spec.html 05/2004).

1.1.3. Laptop Bei dem Laptop sind die Grundanforderungen eine serielle Schnittstelle (bzw. ein USB-

Adapter mit installiertem Treiber) und ein Stromadapter, mit dem das Gerät über

Autobatterie betrieben werden kann. Wichtig sind außerdem ein Bildschirm, der für den

Einsatz in lichtstarker Umgebung konzipiert wurde, eine qualitativ hochwertige

Festplatte, an die auf Grund unvermeidbarer Erschütterungen während der

Fahrtaufzeichnung im Gelände besondere Anforderungen gestellt werden, sowie eine

stabile und möglichst geschlossene Verarbeitung des gesamten Gerätes. Da der Laptop

auf den Knien des Beifahrers aufliegt, sollte die Lüftung die Luft nicht von unten

ansaugen und das Gerät ein möglichst geringes Gewicht haben. Die Prozessorleistung

ist dagegen nachrangig. Ein Arbeitsspeicher von 64 MB SDR-RAM (Single Data Rate

Random Access Memory) reicht für die eigentlichen Aufzeichnungen und die

Navigation aus. Die nachfolgend vorgestellte Navigationssoftware läuft auf "Windows

95" und allen nachfolgenden Betriebssystemen.

Page 17: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

10

1.1.4. Navigationssoftware Die Navigationssoftware ermöglicht den Datentransfer zwischen Laptop und GPS-

Empfänger sowie die Darstellung und Verarbeitung der GPS-Signale. Die Navigation

im Gelände erfolgt vor einem auf dem Monitor visualisierten Bildhintergrund, der

wahlweise aus unterschiedlichen Karten, Fernerkundungsdaten und einem digitalen

Höhenmodell bestehen kann. Ein zentrales Kriterium für die Wahl eines bestimmten

Navigationsprogramms ist die Unterstützung einer Vielzahl von Bildformaten,

insbesondere solcher, die eine geografische Codierung zulassen. Bereits

georeferenzierte Daten sollten sich direkt über ihre Metainformationen (header) einlesen

und gescannte Karten beim Importieren kalibrieren lassen.

Neben einer Visualisierung der durch den GPS-Empfänger berechneten aktuellen Lage

im Raum hat die Navigationssoftware vielfältige Funktionen einer geografischen

Datenbank zu erfüllen. Die Positionsbestimmungen sollten übersichtlich in eine

Datenbank geschrieben und mit bereits vorhandenen Geodaten der Region zum Zwecke

interaktiver Visualisierung zusammengeführt werden. Das Programm sollte in der Lage

sein, möglichst viele unterschiedliche Formate importieren und exportieren zu können,

um eine breite Informationsbasis aus unterschiedlichen Quellen im Vorfeld aufzubauen

und eine Nachbereitung, auch durch andere Software, zu ermöglichen. Eine

Strukturierung der Datenbank unter formalen Aspekten sollte sich zudem in thematische

Bereiche gliedern lassen, die interaktiv als Ebenen (layer) über dem Kartenhintergrund

visualisiert werden können. Es ist wünschenswert, dass sich die Datensätze optional mit

einem Schreibschutz und Metainformationen versehen lassen.

Das Navigationsprogramm "TouraTech QV 3.0" (www.ttqv.com, s. CD02

…/software/ttqv/qv3.exe, 25 Tage Demomodus, im Materialband) erfüllt diese

Anforderungen neben einer Vielzahl weiterer nützlicher Funktionen, die teilweise im

direkten Austausch mit den Entwicklern der Software für die speziellen Ansprüche der

nachfolgend beschriebenen geografischen Informationsbasis und ihren Einsatz

entwickelt wurden.

Page 18: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

11

1.2. Aufbau der geografischen Informationsbasis

Der Begriff "geografische Informationsbasis" umfasst alle Geoinformationen, die in der

Datenbank des Navigations-Informations-Systems gespeichert sind. Dabei handelt es

sich um die im Vorfeld erarbeiteten Visualisierungsgrundlagen sowie um Geodaten

punktueller, linearer und flächenhafter Art.

1.2.1. Kartengrundlage Die räumliche Darstellung von Geodaten sowie die eigentliche Navigation erfolgt über

eine Visualisierung auf dem Monitor vor dem Hintergrund einer abstrahierten

Abbildung der betreffenden Geosphäre. Diese hat als möglichst detaillierte "latente

Karte" die beiden zentralen Aufgaben, die Orientierung im Feld zu unterstützen und als

Basis für die Darstellung gewonnener Surveydaten zu fungieren (vgl. LEHMANN

1993:16; MEISSNER 2002:363). Im Gegensatz zu analogen Arbeitskarten erfolgen

Datenerfassung und ihre Darstellung im Navigations-Informations-System zeitgleich.

Der Geländebefund kann auf diese Weise direkt mit der im Satellitenbild dargestellten

Oberflächenbeschaffenheit korreliert werden. Ein solcher Prozess setzt allerdings

Erfahrungen in der Satellitenbildinterpretation des jeweiligen Naturraumes beim

Navigator voraus (vgl. MEISSNER 1988:6/ 2002:366). Ein weiterer Vorteil des

Navigations-Informations-Systems gegenüber analogen Karten besteht in der

Möglichkeit, interaktiv flexibel zwischen diversen Visualisierungshintergründen zu

wechseln und diese miteinander zu kombinieren. Thematische Informationen

unterschiedlicher Karten können beispielsweise mit Satellitenbildern verschnitten und

diese bei Bedarf über digitale Höhenmodelle projiziert werden. Dabei gilt es kritisch die

unterschiedlichen Qualitäten und Maßstäbe der verwendeten Daten zu berücksichtigen

(vgl. LEHMANN 1993:15; MEISSNER 2002:368).

Eine wichtige Aufgabe im Vorfeld von Expeditionen ist es, eine möglichst breite und

flächendeckende Basis unterschiedlicher Karten zusammenzutragen oder zu erarbeiten.

"Geowissenschaftliche Forschung in ariden Räumen benötigt bereits bei der

Geländearbeit Karten zur Orientierung und zum Speichern der Geländedaten"

(MEISSNER 1988:7).

Page 19: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

12

Um die Topografie des Geländes, die Lage und den Verlauf von Elementen wie

Brunnen oder Pisten einschätzen sowie Landschaftsmerkmale namentlich benennen zu

können, sind topografische Karten unersetzlich.

Das flächendeckende nationale Kartenwerk des Sudan liegt im Maßstab 1:250000 vor.

Die Karten weisen eine starke Variabilität der Informationsdichte und große

Lageungenauigkeiten auf und sind, abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen, über

50 Jahre lang nicht mehr aktualisiert worden (vgl. LEHMANN 1993:17). Aus diesem

Grund werden im Navigations-Informations-System die russischen topografischen

Militärkarten mit einem Maßstab von 1:500000 verwendet. Sie wurden Anfang der

achtziger Jahre erstellt und sind ebenfalls durch unterschiedliche Lagegenauigkeiten

gekennzeichnet. Teilweise sind Fehlplatzierungen von über 5 km, sowie

Interpretationsfehler der verwendeten Fernerkundungsdaten auszumachen. Von allen

zur Verfügung stehenden Kartenwerken besitzen sie dennoch die höchste

Informationsdichte.

Durch Kooperation zwischen dem "Sonderforschungsbereich 389" (ACACIA) und dem

"Institut für Geoforschung" der TFH Berlin (GEO3) konnten die im Rahmen des

"Sonderforschungsbereichs 69" ("Geowissenschaftliche Probleme in ariden und

semiariden Gebieten") Ende der achtziger Jahre erstellten, das Untersuchungsgebiet

flächendeckend behandelnden Arbeitskarten "Working Sheets 1:250000" gescannt und

in das Navigations-Informations-System integriert werden. Es handelt sich um

Satellitenbildkarten aus manuell erstellten Bildmosaiken monochromatischer

Darstellung des sechsten Bands (0,7–0,8 µm) der Landsat-Satelliten vom Typ

"Multispectral Scanner" (MSS), die handschriftlich mit topografischen Informationen

und einem geografischen Netz versehen wurden (vgl. MEISSNER 1988; LEHMANN

1993:13; LIST 1999:560; RICHARDS & JIA 1999:11-13, mündl. Mitt. B. MEISSNER

Berlin, 2002). Da es sich um eine kontrastarme, braunweiße, auf ein Band mit einer

geometrischen Auflösung von 79 x 79 m beschränkte Darstellung der

Satelliteninformationen mit beachtlichen Lageungenauigkeiten handelt, sind hier vor

allem die aus den Geländeaufenthalten resultierenden beobachtenden Bemerkungen von

Interesse.

Dank der guten Zusammenarbeit mit der "Geological Research Authority of the Sudan"

(GRAS) konnte außerdem die von dieser in Auftrag gegebene und vom "Robertson

Research Institute" erstellte geologische Kartenserie "Geological Map of the Sudan"

gescannt und als thematische Flächeninformation mit einem Maßstab von 1:1000000 in

Page 20: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

13

das System importiert werden. Auch diese Kartenserie ist mit Lageungenauigkeiten im

Kilometerbereich behaftet und, allein auf Grund ihres kleinen Maßstabs, nicht als Basis

für einen regionalen Survey geeignet.

1.2.2. Satellitenbildbasis Die unbefriedigende Kartenbasis kann durch Generierung eigener, speziell für das

Navigations-Informations-System aufbereiteter Satellitenbilder verbessert werden.

Anstelle der bereits vorliegenden thematischen Informationen sollte hier der

Schwerpunkt auf einer optimalen Lagegenauigkeit sowie auf einer hohen geometrischen

und spektralen Auflösung liegen. Darstellungen in einem festgelegten Maßstab sowie

Projektionen von Gradnetzen sind nicht sinnvoll, da diese im Navigationsprogramm

selbst interaktiv bestimmt werden können.

Aus diesen Überlegungen heraus wurden Satellitenbildkacheln berechnet, welche sich

bei Bedarf zu einer flächendeckenden analogen Kartenserie weiterverarbeiten lassen.

Während des Bearbeitungszeitraums konnten über einen Server der "University of

Maryland" im Rahmen des Projekts "Global Land Cover Facility" (GLCF) kostenlos

flächendeckende "Landsat Thematic Mapper 5"-Aufnahmen des Sudan über das

Internet bezogen werden (http://glcf.umiacs.umd.edu/data/landsat/). Die Szenen, die den

Nordwesten des Landes abdecken, wurden in den Jahren 1984 bis 1987 jeweils in den

Wintermonaten September bis November aufgenommen. Ein großer Vorteil dieser

Daten gegenüber Daten des gleichen Aufnahmesystems, die im Rahmen der

verschiedenen Sonderforschungsbereiche angeschafft wurden, besteht in ihrer bereits

erfolgten geometrischen Korrektur. Während verschiedener Geländeaufenthalte im

Vorfeld konnte durch Vergleiche eine konstante Genauigkeit auf den (Misch-) Pixel,

also auf ca. 50 m genau, verifiziert werden. Dazu wurde die mit einem GPS-Empfänger

ermittelte Lage eindeutiger Geländepunkte (Ground Control Points) mit den

korrespondierenden Signalen im betreffenden Satellitenbild verglichen. Damit bilden

die vorliegenden Satellitendaten eine Basis, mit der sich Lagefehler in den bestehenden

Kartenwerken quantifizieren lassen. Es gilt unter allen Umständen bei den

Arbeitsschritten, die zu den Satellitenbildkacheln für das Navigations-Informations-

System und den analogen Arbeitsblättern einer neuen Satellitenbildkartenserie führen,

diese Kalibrierung beizubehalten.

Page 21: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

14

1.2.2.1. Konzeption der Satellitenbildkacheln Die Satellitendaten liegen in Form von sich unterschiedlich stark überlappenden

Einzelszenen mit einer jeweiligen Ausdehnung von 170 x 183 km vor. Weder zu

Navigationszwecken am Bildschirm noch für die Ausgabe als Karten in einem

bestimmten Maßstab ist es vorteilhaft, mit den Originalsatellitenszenen zu arbeiten.

Bei der Konzeption von Satellitenbildkacheln und Kartenblättern ist es wichtig, im

Vorfeld einen Plan über den Ablauf der Arbeitsschritte (work flow) zu erstellen.

Dadurch wird ein Qualitätsverlust der Originaldaten durch die zu erfolgenden

Arbeitsschritte minimiert und keine Zeit durch Doppelarbeit verloren. Die

Satellitenbildkacheln sollten sich direkt zu einem analogen Kartenprodukt

weiterverarbeiten lassen. Nach eigenen Erfahrungen eignen sich "Thematic Mapper 5"-

Daten, bedingt durch ihre geometrische Auflösung, nur für kartografische Darstellungen

bis zu einem Maßstab von 1:200000. Bei größeren Maßstäben werden lediglich die aus

dem Aufnahmeprozess des Satelliten resultierenden Pixel (instantaneous field of view -

IFOV) vergrößert.

Unter diesen Gesichtspunkten bietet es sich bei der Entwicklung der

Satellitenbildkacheln an, das bestehende Blattschnittsystem des sudanesischen

nationalen Kartenwerks 1:250000 zu übernehmen. Dieses basiert auf dem

internationalen UTM-System (Universal Transversal Mercator Projection) mit jeweils

sechs Längengrade breiten Meridianstreifen ("Zonen"), die vom Mittelmeridian 177°

westliche Länge ausgehend Richtung Osten nummeriert werden. Die Surveyregion liegt

in der vom Mittelmeridian 27° östliche Länge gebildeten "Zone 35". Die Zonen sind in

breitenkreisparallele "Bänder" untergliedert (vgl. HAKE et al. 2002:77f). Die

Benennung des sudanesischen Blattschnittsystems weicht von der internationalen Norm

ab, indem mit einem Breitenkreisunterschied von jeweils 4° vom Äquator nach Norden

("N") Buchstaben, beginnend mit "A" in alphabetischer Reihenfolge vergeben werden.

Die sich ergebenden "Felder" werden in Anlehnung an die geografischen

Blattschnittkoordinaten alle 1,5° Länge und 1° Breite unterteilt. Von der linken oberen

Ecke aus wurden die Kacheln zeilenweise beginnend mit "A", mit Buchstaben versehen.

Die Kachel, die die Surveyregion abdeckt, hat somit die Bezeichnung "NE35K" mit

dem Namenszusatz "Gebel Rahib" (s. Fototafel 01: "Sheet Line System").

Page 22: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

15

1.2.2.1.1. Kachelgröße Die durch diese Kartenserie vorgegebene Größe der Satellitenbildkacheln eignet sich

gleichermaßen für die Navigation auf dem Monitor. Das relative Kantenverhältnis von

1.5° Breite zu 1° Länge entspricht in dieser geografischen Breite ungefähr dem

Standardbildschirmverhältnis von 4/3 (SVGA 800/600, XGA 1024/768, SXGA

1400/1050, UXGA 1600/1200). Im Gegensatz zu den analogen Kartenblättern sollten

die digitalen Kacheln die geometrische Originalauflösung der Satellitendaten

beibehalten. Bei einer 1:1 Darstellung auf dem Laptopmonitor bildet ein

Bildschirmpixel einen "IFOV" ab, was bei einer Auflösung von 96 dpi (dots per inch)

und der Kantenlänge eines "IFOV" von 28,5 m einem Maßstab von 1:107717 entspricht.

Selbstverständlich können die Kacheln durch die stufenlose Zoom-Funktion der

Navigationssoftware auch in anderen Maßstäben dargestellt werden.

Im Rahmen der Erarbeitung der Satellitenbildkacheln muss auch die Dateigröße

beachtet werden. Bei der Arbeit an Laptops mit kleinerem Arbeitsspeicher sind

Bildabmessungen einer Kachel von etwa 5600 x 3900 Pixel bei einer Farbauflösung von

24 Bit problematisch. Bei der Verwendung herkömmlicher Kompressionsformate

müssten ca. 62 MB im RAM geöffnet werden.

Als weiterer Punkt kommt hinzu, dass der Speicherplatz älterer Laptops knapp

bemessen ist. Um die Georeferenzierung beizubehalten, würden normalerweise die

Kacheln als *.GEOTIFF-Dateien (geographic data embedded tagged image file format)

gespeichert werden. Bei drei verschiedenen Bandkombinationen, die für das

Navigations-Informations-System jeweils als eigenständige Datei abgespeichert werden

müssen, ergibt sich schon bei fünf Kartenblättern ein Speicherplatzbedarf von knapp 1

GB. Sowohl das Problem eines kleinen Arbeitsspeichers als auch das eines

beschränkten Speicherplatzes auf der Festplatte können jedoch durch die Verwendung

eines neuen kommerziellen Formates (ECW), welches "TouraTech QV 3.0" über ein

"Plug-In" unterstützt, gelöst werden (vgl. Kapitel 1.2.2.2.3.).

1.2.2.1.2. Bandkombinationen Aus den 7 spektralen, jeweils diskret mit 8 Bit aufgezeichneten Bändern der Landsat-

Satelliten vom Typ "Thematic Mapper" (TM) können immer nur 3 den

Bildschirmfarbkanälen R (rot), G (grün) und B (blau) zugeordnet werden. Da das

thermale sechste Band ("TM6" 10,4–12,5 µm) mit 120 x 120 m eine geringere

Page 23: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

16

geometrische Auflösung als die anderen 6 Bänder mit 28,5 x 28,5 m aufweist, wurde es

für die Erstellung der Satellitenbildkacheln nicht verwendet. Bei einem großen Anteil

der vorliegenden Satellitenszenen im weiteren Untersuchungsgebiet wurde das fünfte

Band ("TM5" 1,55–1,75 µm) auf Grund von Sensorproblemen nur binär aufgezeichnet.

Damit konnten letztendlich nur die drei Bänder aus dem visuell sichtbaren

elektromagnetischen Wellenlängenbereich ("TM1" 0,45-0,52 µm, "TM2" 0,52-0,6 µm,

"TM3" 0,63-0,69 µm), ein Band aus dem Nahen Infrarotbereich ("TM4" 0,76-0,9 µm)

und eines aus dem Kurzwelligen Infrarotbereich ("TM7" 2,08-2,35 µm) miteinander

sinnvoll kombiniert werden (vgl. RICHARDS & JIA 1999:13).

Eine Standardkombination für aride Gebiete ist "TM7", "TM4", "TM1" (R, G, B), da

diese Bänder bei einem relativ natürlichen Erscheinungsbild den größtmöglichen

aufgezeichneten Spektralbereich abdecken (vgl. LIST 1999:570). Eine weitere häufige

Kombination ist das vor allem unter Vegetationsgesichtspunkten interessante

"Falschfarbenkomposit" („false color composite“) aus einer Kombination der Bänder

"TM4", "TM3" und "TM2" (R, G, B). Bei dem "Falschfarbenkomposit" wird das

ausgeprägte Reflexionsmaximum von Chlorophyll im nahen Infrarotbereich (red edge)

dem roten Bildschirmkanal zugeordnet. Dadurch erscheint die Vegetation auf dem

Satellitenbild in Abhängigkeit von ihrem Chlorophyllgehalt in roten Abstufungen und

lässt sich leicht von anderen Geländemerkmalen unterscheiden (s. Abb. 02).

(Quelle: RICHARDS & JIA 1999:3, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 02: "Spectral reflectance characteristics of common earth surface materials in the visible and near-

to-mid infrared range. […] The positions of spectral bands for common remote sensing instruments are

indicated" (RICHARDS & JIA 1999:3).

Page 24: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

17

Eine dritte Kombination, die sich aus den flächendeckend zur Verfügung stehenden

Bändern anbietet, ist "TM3", "TM2", "TM1" (R, G, B). Einerseits befinden sich alle

drei Bänder im begrenzten Spektralbereich des sichtbaren Lichts (VIS), womit die

Information aus der Kombination ihrer Signale stark redundant ist. Andererseits ergibt

sich aus der Zuordnung auf die ihnen entsprechenden Farbkanäle ein Abbild, welches

der menschlichen Wahrnehmung der Geosphäre am nächsten kommt. Im Vergleich mit

generell aussagekräftigeren Bandkombinationen zeigt sich, dass bestimmte Phänomene

wie dünne Wolkenschleier oder Eisenoxidvorkommen vom menschlichen Auge besser

in einem Satellitenbild der Bandkombination "TM3", "TM2", "TM1" (R, G, B)

bestimmt werden können.

Weitere Kombinationen sind für spezifische Fragestellungen sinnvoll. Die besten

Ergebnisse werden erzielt, wenn in einem möglichst eng begrenzten Raum (spatial

subset) manuell abgestimmte Kontrastmodifikationen und Generierung neuer Bänder

mit Hilfe mathematischer Operationen zwischen den korrespondierenden Pixelwerten

unterschiedlicher Kanäle (vector space operation) durchgeführt werden (vgl.

RICHARDS & JIA 1999:89-110,133-153). Ein solches Vorgehen bietet sich nicht für

eine kontinuierliche, großräumige Kartenserie an (vgl. LIST et al. 1987:912).

1.2.2.2. Erarbeitung der Satellitenbildkacheln Der erste Schritt bei dem Aufbau der Visualisierungsbasis für das Navigations-

Informations-System ist die Datenakquisition. Sie erfolgte für das genannte Projekt

durch Download der benötigten Satellitendaten vom GLCF-Server

(http://glcfapp.umiacs.umd.edu) über das Internet. Für den zeitaufwendigen Transfer

dieser beachtlichen Datenmengen erweist sich die kostenlose, sich über Werbung

finanzierende Software (adware) "NetAnts 1.25" (www.netants.com, s. CD02

…/software/netants/setup.exe) als hilfreich, da sich alle einzeln auf dem Server

gespeicherten Bänder einer Satellitenszene über ein "Plug-In" aus dem Standardbrowser

(z.B. "Internet Explorer 6") heraus in einem Arbeitsschritt anwählen und in einer

Stapelverarbeitung (batch) herunterladen lassen. Die Anzahl der Dateien, die simultan

geladen werden, lässt sich, der Beschränkungsauflage des "Host Servers" entsprechend

einstellen, und abgebrochene Downloads können zu einem späteren Zeitpunkt nahtlos

fortgesetzt werden.

Page 25: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

18

Daran anschließend folgt eine Vielzahl von Arbeitsschritten der Datenaufbereitung,

deren Ziel ein Produkt ist, das sich in die Datenbank von "TouraTech QV 3.0"

importieren lässt.

Die einzelnen Bänder der Satellitenszenen liegen auf der Festplatte im komprimierten

*.ZIP-Format vor. "ZIP" ist ein populäres, verlustfreies Kompressionsverfahren. Um

diese Dateien bearbeiten zu können, müssen sie dekomprimiert werden. "UltimateZip

2.71" (http://ultimatezip.com, s. CD02 …/software/uzsetup.exe) ist ein kostenloses

Dienstprogramm (utility), welches ermöglicht, ganze Verzeichnisse (folder) zu einer

Satellitenszene gehörender komprimierter Bänder in einem itineraren Durchgang zu

entpacken.

Alle 7 Bänder einer Szene liegen nun als einzelne georeferenzierte *.TIFF-Dateien

(tagged image file format) vor. Zu ihnen gehört eine gesonderte Textdatei, die

Metainformationen zu den Bilddaten enthält (header file). Da die Software, mit der

später verschiedene Satellitenszenen zu einem Mosaik zusammenfügt werden sollen,

keine Satellitendaten aus verschiedenen Einzeldateien unterstützt, müssen diese in den

nächsten Arbeitsschritten zu einer mehrlagigen *.TIFF-Datei zusammengefasst werden.

Hierfür bietet sich die professionelle Fernerkundungssoftware "ENVI 3.4"

(http://www.rsinc.com) an. Die Umformatierung kann damit verbunden werden,

spektrale Bänder, die für die Endresultate Satellitenbildkacheln und Kartenblätter nicht

benötigt werden ("TM5" und "TM6"), auszuschließen (spectral subsetting). Die

verbleibenden Bänder werden vorerst als virtuelle Datei (meta file) abgespeichert.

Dabei handelt es sich um eine einfache Textdatei, die dem Programm mitteilt, in

welcher Form und Reihenfolge die Bänder theoretisch vorliegen. Dieses Vorgehen

erspart Rechenzeit und Speicherplatz, da im nächsten Arbeitsschritt dieses

programminterne Format ohnehin als mehrlagige *.TIFF-Datei ausgegeben wird (vgl.

ENVI Online Help Navigator 3.4).

1.2.2.2.1. Blattschnittsystem Der folgende Arbeitsschritt besteht darin, die Satellitenszenen so zu zerschneiden, dass

später aus ihren Einzelstücken die Kacheln der unterschiedlichen Kartenblätter

zusammengesetzt werden können. Hierfür müssen zuerst die Schnittkanten der

Kartenblattausschnitte berechnet werden. Theoretisch handelt es sich dabei um

geografische Koordinaten; mit jedem vollen Breitengrad und alle anderthalb

Längengrade beginnt das nächste Kartenblatt. Praktisch erfordern Software, Kachel-

Page 26: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

19

und Kartenausgabe aber gerade Schnittlinien. Diese werden durch geodätische UTM-

Koordinaten umgesetzt. Eine Eck-UTM-Koordinate bestimmt dabei den vollständigen

Verlauf zweier Schnittlinien der Satellitenbildkachel. Bei der Darstellung eines

Gebietes, das sich über anderthalb Breitengrade erstreckt, ergibt sich in der Region der

Wendekreise gegenüber den geografischen Koordinaten eine Diskrepanz von über 2000

m, bei einem Längengrad sind es etwa 1900 m. Um sowohl Überlappungen wie auch

Versatzverluste zwischen den Kacheln zu verhindern, muss ein geradliniges,

rechtwinkliges Blattschnittsystem konzipiert werden, welches die verwendeten Werte

zwischen benachbarten Kachelblättern, auch denen unterschiedlicher UTM-Zonen,

einheitlich festschreibt. Dies erfolgt, indem die umgerechneten Koordinaten der NW-

Ecke einer Kachel die nördliche und westliche Schnittkante des Ausschnittes festlegen,

während deren südliche und östliche Schnittkante den UTM-Koordinaten der NW-Ecke

der süd-östlich anschließenden Kachel entsprechen (s. Fototafel 01: "Sheet Line

System", verkleinertes Abbild der Karte "Sheet Line System 1:250.000 and Landsat TM

Index of NW Sudan").

Problematisch wird es im Grenzbereich zwischen zwei verschiedenen UTM-Zonen, im

vorliegenden Fall der Zonen 34, 35 und 36. Satellitenszenen, die diese Region

abdecken, sind nach ihrem maximalen Flächenanteil jeweils einer der beiden Zonen

zugeordnet und müssen für die Kachelteilstücke, die in der benachbarten UTM-Zone

liegen, bedingt durch die Anforderung eines rechtwinkligen Schnitts, vorher

umprojiziert werden. Unvermeidlich erfolgt dabei ein Umrechnungsschritt (resampling),

der auf Pixelebene eine geringfügige Lageverschiebung bewirkt. Um keine neuen

spektralen Signale in Form von Mischpixeln in das Bild zu übernehmen, wird hierfür

der lineare Interpolationsalgorithmus verwendet (vgl. RICHARDS & JIA 1999:58-60).

Damit können im Zweifelsfall diese Teilszenen später bei der Mosaikbildung

(mosaicking) auch als Referenzbild (baseline for contrast matching) verwendet werden.

Die Berechnung der UTM-Koordinaten für das gesamte Blattschnittsystem erfolgt im

Programm "TouraTech QV 3.0", da dieses ermöglicht Koordinaten ganzer Datensätze

flexibel umzuprojizieren und sich daraus ergebende Blattschnitte in Form eines

Gitternetzes als Kontrolle bildlich darzustellen (vgl. FLEMMING 2003).

Nach erfolgter Berechnung der Blattschnitte werden alle Satellitenbilder in bis zu 6

verschiedene Teilszenen (spatial subset) zerschnitten und als erwähnte mehrlagige

*.TIFF-Dateien in Ordner, die den jeweiligen Namen des Kartenblattes führen,

gespeichert.

Page 27: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

20

1.2.2.2.2. Mosaikbildung Im nächsten Arbeitsschritt werden die Teilszenen auf Ebene der einzelnen Bänder zu

einer physischen Datei zusammengefügt. Dieser Prozess wird „Mosaikbildung“

(mosaicking) genannt und erfolgt in der Regel vor dem Schneiden der erwünschten

Teilausschnitte (spatial subset).

Das hier vorgestellte Verfahren ist zwar durch die vorangehende Zergliederung der

erwünschten Kachelausschnitte in ihre Teilstücke arbeitsaufwendiger, aber mit der

hohen Qualität der Resultate zu rechtfertigen. Nur durch eine zuerst erfolgte

Generierung unabhängiger Teilstücke kann für jedes Kartenblatt individuell die

Reihenfolge ihrer gegenseitigen Überdeckungen in den Überlappungsbereichen

bestimmt werden. Die Abfolge richtet sich nach der Qualität der Teilstücke, die durch

die Parameter "Wolkenbedeckung", "Verhältnis von Störsignalen zu Bildsignalen"

(noise ratio), "erfolgte Umrechnungsschritte an UTM-Zonengrenzen" sowie

"Aufnahmezeitpunkt" bestimmt wird. Dadurch lassen sich die besten Aufnahmesignale

in der Fläche maximieren und störende Faktoren begrenzen.

Genauso wichtig ist allerdings, dass die bei der Mosaikbildung für alle Bänder

individuell erfolgende Spektralangleichung zwischen Teilszenen (contrast matching)

ausschließlich Grauwerte (digital number) und deren Häufigkeitsverteilung (image

histogram) in die Berechnungen mit einbezieht, die im Endprodukt der jeweiligen

Kachel vorkommen. Dieses Vorgehen führt zu einer merklich geringeren

Farbwertverschiebung und Redundanz sowie zu besser angeglichenen Übergängen

zwischen den Teilszenen. Das Resultat ist ein insgesamt zuverlässigeres, farbkräftigeres

und optisch gefälligeres Satellitenbildmosaik (s. Abb. 03).

Abb. 03: Gegenüberstellung: Teilszenen und Satellitenbildkachel "ND35B Gebel Maidob" in frei

bestimmter Abfolge (a) vor und (b) nach der Mosaikbildung (HABERLAH)

Page 28: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

21

Die Mosaikbildung erfolgt mit "Erdas Imagine 8.5" (www.erdas.com), einer

professionellen Fernerkundungssoftware, die im Vergleich zu konkurrierenden

Programmen nach eigenen Erfahrungen in diesem Anwendungsbereich die besten

Resultate liefert. Sie ermöglicht dem Anwender unter anderem die Bestimmung eines

Referenzbildes (baseline for contrast matching) für die Berechnung der

Spektralangleichung. Dieses Referenzbild sollte immer eine störungsfreie Teilszene mit

möglichst alle Spektralsignale der Satellitenbildkachel proportional umfassenden

Histogrammen sein (vgl. ERDAS INC. 1999).

Die Ausgabe der Mosaike erfolgt im programminternen *.IMG-Format (Erdas Imagine

image file). Aus diesem werden die 3 erwünschten Bandkombinationen

("TM7"/"TM4"/"TM3", "TM4"/"TM3"/"TM2" und "TM3"/"TM2"/"TM1") als einzelne

*.TIFF-Dateien exportiert. Im Gegensatz zu der flexibel über "Nachschlagtabellen"

(look-up table - LUT) gehandhabten kontrastreichen Darstellung der Daten in den

verwendeten Fernerkundungsprogrammen erfolgt nun im letzten Ausgabeschritt mit

"Erdas Imagine 8.5" eine physische, lineare Kontrastverbesserung. Bei dieser werden

zugleich jeweils die 2 Prozent der größten und kleinsten Grauwerte der einzelnen

Bänder respektive mit "255" (weiß) oder "0" (schwarz) gleichgesetzt (2% saturating

linear contrast enhancement) (vgl. RICHARDS & JIA 1999:95, ERDAS INC. 1999).

Über alle Rechenschritte und Formatwechsel hinweg bleibt die ursprüngliche

Georeferenzierung erhalten.

1.2.2.2.3. Wavelet-Transformation Die resultierenden Kacheln müssen für Navigationszwecke in ein Format umgewandelt

werden, das bei maximaler Reduzierung der Dateigröße mit einer minimalen

Dekomprimierungszeit während der Nutzung alle Details im Originalmaßstab beibehält.

Hierfür bietet sich ein neues Grafikformat mit dem Namen "ECW" an. "ECW" steht für

"Enhanced Compressed Wavelet" und ist ein kommerzielles Bildformat der Firma

"Earth Resource Mapping" (www.ermapper.com), welches speziell für die

Komprimierung großer Rasterbilder und deren arbeitsspeicherextensive Betrachtung am

Bildschirm entwickelt wurde. Das Format verwendet eine Wavelet-Transformation, bei

der die Bildsignale unter Beibehaltung der Lokalitätseigenschaften in verschiedene

Auflösungsebenen (Frequenzmodi) zerlegt werden (vgl. DGK Systemtechnik 200X).

Die Vorteile der "Wavelet-Technologie" gegenüber anderen Bildkompressionsverfahren

sind im Anwendungsbereich der Navigation folgende:

Page 29: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

22

- Der Informationsverlust dieses Kompressionsverfahrens (lossy compression) ist im

Vergleich zur Verringerung der Dateigröße sehr gering und über den

Kompressionsfaktor frei bestimmbar. Damit wird dem eng bemessenen Speicherplatz

auf der Festplatte des Laptops Rechnung getragen.

- Die Dekomprimierung der Bilddatei erfolgt interaktiv ausschließlich für den

aktuell auf dem Bildschirm dargestellten Bildausschnitt (subset region) in dem

jeweiligen Zoom-Faktor (level of detail). Daraus resultiert im Gegensatz zu

herkömmlichen Bildformaten eine Arbeitsspeicherbelastung (memory footprint) von

nur 2 MB, so dass auch ältere Laptops mit nur 32 MB RAM mit den großen

Satellitenbildkacheln arbeiten können. Die Bildinformationen liegen gebündelt vor

(clustering), so dass sie sogar von einem langsamen Speichermedium wie dem CD-

Laufwerk schnell eingelesen werden können, falls der Speicherplatz auf dem Laptop

nicht ausreichen sollte (vgl. UEFFING 2001).

- Die Georeferenzierung der Kacheln wird beibehalten. Eine Karte im *.JPEG-Format

(joint photographic expert group) hingegen müsste erst einmal mit "TouraTech QV

3.0" neu kalibriert werden; ein zeitaufwendiger Schritt über Passpunkte und mit

Lageungenauigkeiten behaftet, die über die Blockbildung des *.JPEG-Formates

hinausgehen.

Das Programm "TouraTech QV 3.0" unterstützt das *.ECW-Format über ein

kostenloses Plug-In ("ECW ActiveX Controls", www.ermapper.com, s. CD02

…/software/ECWActiveXControls.exe).

Die drei Kacheln unterschiedlicher Bandkombinationen jedes Kartenblattes werden mit

dem kostenlosen Dienstprogramm "ECW Compressor 2.6" mit der Zielvorgabe einer

zwanzigfachen Kompression in das *.ECW-Format umgewandelt und können in dieser

Form direkt in das Navigations-Informations-System importiert werden

(www.ermapper.com, s. CD02.../software/ECW_Compressor_2.6_RC1_20020926.exe).

1.2.2.3. Analoge Kartenserie 1:250000 Eine auf die Monitorausgabe beschränkte Navigation hat verschiedene Nachteile. Die

wichtigsten sind gruppenkommunikativer und sicherheitstechnischer Art.

Zum Gelingen einer Expedition ist es wichtig, dass alle Teilnehmer in die Tagesplanung

mit einbezogen werden und sich ein räumliches Bild der Arbeitsregion machen können.

Page 30: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

23

Eine ausschließliche Beschränkung der Visualisierung auf dem Monitor eines

Expeditionsteilnehmers wird diesem nicht gerecht. Die interaktive Kartendarstellung am

Bildschirm ist ein laufender Prozess zwischen dem einzelnen Anwender und der

Software. Sie lässt sich auf Grund der eingeschränkten Größe des Monitors und seiner

kontrastarmen Darstellung im Sonnenlicht schlecht für Gruppenberatungen nutzen. Eine

große analoge Arbeitskarte, die beispielsweise mit Magneten auf der Motorhaube

befestigt werden kann, und auf der sich Untersuchungsobjekte markieren und

Fahrtrouten eintragen lassen, ist als Diskussionsgrundlage bisher nicht digital zu

ersetzen.

Gegen eine ausschließliche Beschränkung auf das satellitengestützte Navigations-

Informations-System zur Orientierung spricht die jederzeit gegebene Möglichkeit eines

Ausfalls. Nur durch das reibungslose Zusammenspiel einer Vielzahl empfindlicher

Komponenten wie Prozessor, Festplatte, Monitor, Schnittstellen, Datenkabel,

Spannungsumwandler, Akku und GPS-Empfänger kann die Navigation über den Laptop

betrieben werden. Neben Ersatzkomponenten sollten somit immer auch analoge Karten,

Kompass und Geodreieck zum Zwecke der Positionsermittlung und

Zielrichtungsbestimmung mitgeführt werden (vgl. MEISSNER et al. 1999:587).

Aus diesen Gründen wurde von vornherein die Weiterverarbeitung der

Satellitenbildkacheln zu analogen Karten im Maßstab 1:250000 geplant. Diese

Kartenserie, die mit ihrem Blattschnitt der nationalen sudanesischen Vorgabe entspricht,

soll weitgehend standardisiert aus den vorliegenden Satellitenbildkacheln generiert

werden (vgl. HINKEL, 1979:160 "Map Illustrating the Numbering System of 1:250.000

Maps of the Sudan").

Ihre Ausgabe weist sowohl geografische Koordinaten, zur allgemeinen Orientierung

und Einordnung in einen großräumigen Kontext als auch ein Gitternetz aus UTM-

Koordinaten zur einfachen visuellen Bestimmung von Entfernungen in Kilometern auf.

Die Benennung der Kartenblätter und ihre Nummerierung sind mit den sudanesischen

Karten weitgehend identisch und links oben platziert, so dass sie im gefalteten Zustand

auf der Vorderseite erscheinen (vgl. LEHMANN 1993:20). Zusätzlich zu einem

Linearmaßstab und Copyrightangaben werden Informationen zu den jeweilig

verwendeten Satellitenszenen, Bandkombinationen, Projektionsgrundlagen sowie der

Kontrastverstärkung zum besseren Verständnis für die Kartennutzer angegeben (s.

Kartenbeilage Blatt "NE35K (Sudan) Worksheet 1:250000 (TM7/TM4/TM1) GEBEL

RAHIB" – im Materialband).

Page 31: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

24

Die Berechnung der analogen Kartenserie erfolgt mit dem Kartenmodul von "Erdas

Imagine 8.5" über die Erstellung einer Schablone (template), in welche die

unterschiedlichen Kacheln geladen werden. In dieser müssen nur der Titel,

kartenblattspezifische Informationen sowie das Gradnetz (grid) jeweils neu bestimmt

werden, bevor die jeweilige Karte über den Zwischenschritt des programminternen

*.IMG-Formats als *.TIFF-Datei exportiert werden kann. Für die Ausgabe der

unterschiedlichen Bandkombinationen eines Kartenblattes können diese direkt aus dem

Kartenmodul heraus ausgewählt werden.

Zum Abschluss wird die *.TIFF-Datei mit der auf Rasterdaten spezialisierten

Bildbearbeitungssoftware "Adobe Photoshop 7.0" (www.adobe.com) geöffnet. Das

Verhältnis der Kartenbildgröße (Kantenlänge in cm) zur Auflösung (in dpi) muss

korrigiert werden (75 x 60 cm/300 dpi), ohne dabei die eigentliche Pixelmatrix neu zu

berechnen. Im Anschluss werden die Logos an der Kartenherstellung beteiligter

Institute platziert und eingearbeitet (merge).

Als letzter Arbeitsschritt erfolgt die Ausgabe der Satellitenbildkarte als *.PDF-Datei

(printible data format). Dieses Format ist unter anderem für den

betriebssystemunabhängigen farbgleichen Druck von Dateien entwickelt worden und

kann mit der kostenlosen Software "Adobe Acrobat Reader" (www.adobe.com, s. CD02

…/software/AdbeRdr60_enu.exe) geöffnet werden. Moderne Plotter unterstützen das

*.PDF-Format, so dass auf eine zeitintensive Umrechnung in ein druckereigenes Format

aus dem "Adobe Acrobat Reader" heraus verzichtet werden kann.

1.2.3. Geografische Datenbank

Auf die Datenaufbereitung folgt das Datenmanagement, welches aus dem Aufbau und

der Verwaltung der geografischen Datenbank besteht (vgl. MEISSNER et al. 1999:587).

Eine geografische Datenbank ist eine geordnete Kombination unterschiedlicher

Raumdaten, die unter methodischen, thematischen und funktionalen Gesichtspunkten in

verschiedene Datensätze gegliedert werden. Sie umfasst Visualisierungsgrundlagen in

Form digitaler georeferenzierter topografischer und thematischer Karten,

Satellitenbildkacheln, digitale Höhenmodelle sowie punktuelle, lineare und flächenhafte

Geodaten.

Page 32: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

25

1.2.3.1. Datenbankstruktur des Navigations-Informations-Systems In der Terminologie des Navigations-Informations-Systems werden Raumdaten in

folgende Datensätze unterteilt: "Karten" (map table), "Wegpunkte" (waypoint table),

"Tracks" (track table), "Routen" (route table), "Zeichnungen" (drawing table) und

digitale Höhenmodelle (digital elevation model).

1.2.3.1.1. Kartenverzeichnis (map table) Bei Karten handelt es sich im Vergleich zu den anderen Datensätzen um große Dateien.

Es ist sinnvoll, diese nicht in einer Datenbank zu internalisieren, sondern auf ihren

Speicherort durch eine Verzeichnisangabe (link) zu verweisen. Dieses Vorgehen

ermöglicht eine flexible Handhabung der Kartendatensätze. Sie können auf einem

anderen Laufwerk als das auszuführende Programm und die restlichen Datensätze

gespeichert werden um Zugriffszeiten zu verkürzen und die Festplatte mechanisch

weniger zu beanspruchen. Sie können aber auch alternativ von einer CD eingelesen

werden (s. CD01: Geografische Datenbank "rs_maps.qu3" im Materialband).

Um die Datenbankstruktur von "TouraTech QV 3.0", den so genannten "X-plorer"

optimal zu nutzen sind alle Visualisierungsgrundlagen in einer eigenen Datenbank in

Form von verschiedenen Kartendatensätzen gespeichert. Die unterschiedlichen

Bandkombinationen der Satellitenbildkacheln bilden jeweils einen eigenen Datensatz

mit einer Übersichtskarte. Dieses Vorgehen ermöglicht bei der Navigation im Gelände,

sich wahlweise nur innerhalb einer Bandkombination zu bewegen. Beim

Positionswechsel wird das Satellitenbild der sich anschließenden Kachel aus demselben

Datensatz automatisch geöffnet (automap modus). Auf Anfrage haben die

Programmentwickler von "TouraTech QV 3.0" die Möglichkeit integriert, mit der

"F10"-Taste über ein eingeblendetes funktionales Fenster (pop up window) zwischen

den unterschiedlichen Bandkombinationen einer Satellitenbildkachel zu wechseln, ohne

dass sich der fokussierte Ausschnitt dabei verändert. Die unterschiedlichen

Kanalkombinationen werden dabei von der Navigationssoftware als Karten gleicher

Maßstabsebene einer Datenbank behandelt.

1.2.3.1.2. Wegpunkte (waypoint table) Unter "Wegpunkte" werden alle Einzeldaten verstanden, die sich einer bestimmten

Koordinate zuordnen lassen. Neben Koordinatenangabe und Namen lassen sich über

Page 33: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

26

GPS-Empfänger oder Höhenmodell ermittelte Höhenangaben integrieren. Zusätzlich

kann eine ergänzende Beschreibung eingefügt werden. Mit dieser kann der "Wegpunkt"

über Verknüpfungspfade (links) mit weiteren digitalen Dokumenten verbunden werden.

"Wegpunkte" lassen sich mit diversen Symbolen unterschiedlicher Größe und Farbe

versehen und in verschiedene thematische Datensätze untergliedern, welche als Ebenen

(layer) interaktiv vor dem Visualisierungshintergrund ein- und ausgeblendet werden

können (vgl. FLEMMING 2003).

1.2.3.1.3. Tracks (track table) Unter einem "Track" versteht man eine automatisch generierte kontinuierliche Abfolge

aufgezeichneter geografischer Koordinaten mit einer genauen Zeitangabe. In

"TouraTech QV 3.0" werden zudem die zurückgelegte Geschwindigkeit und Richtung

zwischen den einzelnen "Trackpunkten" (track points), sowie ihre vom GPS-Empfänger

übertragene Höhenangabe mitgeschrieben. Das Aufzeichnungsintervall zwischen den

"Trackpunkten" kann als Zeitspanne oder programmintern als eine Funktion

zurückgelegter Entfernung oder Abweichung von der jeweiligen Kurslinie bestimmt

werden. Letztere Einstellung führt zu einer genaueren und gleichmäßigeren

Aufzeichnung der Strecke.

Für den nachfolgend beschriebenen Survey wurde ein Intervall von 200 m Entfernung

beziehungsweise eine Richtungsänderung von mehr als 2° mit einem Puffer von 5 m

ausgewählt. An einem Surveytag wurden mit dieser Konfiguration im Durchschnitt

3000 "Trackpunkte" aufgezeichnet, welche in der internen Datenbank etwa 150 KB

Speicherplatz benötigen. Die Tracks lassen sich in "TouraTech QV 3.0" unter anderem

farblich als Funktion der zurückgelegten Fahrgeschwindigkeit oder der jeweiligen

Geländehöhe darstellen (s. Fototafel 05: "GPS-Altitudes and DGPS-Tracks", im

Materialband).

Das Navigationsprogramm verfügt ferner über eine Funktion, die ermöglicht, digitale

Fotos über ihr Aufnahmedatum (EXIF-tag) korrespondierenden "Trackpunkten"

zuzuordnen und als verkleinerte Abbilder (thumbnail) vor dem Kartenhintergrund

einzublenden (vgl. FLEMMING 2003, s. CD01: Geografische Datenbank,

"abu_tabari.qu3").

Page 34: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

27

1.2.3.1.4. Routen (route table) Wie bei den "Tracks" handelt es sich auch bei "Routen" um lineare Elemente. Sie

bestehen allerdings aus einer vom Nutzer festgelegten Abfolge von "Wegpunkten". Die

Erstellung einer "Route" bietet sich beispielsweise an, um Segmente durch ein

Höhenmodell zu ziehen und als Funktion von Höhe und Entfernung in einem Diagramm

zu visualisieren.

1.2.3.1.5. Zeichnungen (drawing table) "TouraTech QV 3.0" bietet mit dieser Form von Datensätzen die Möglichkeit, über

Koordinaten bestimmte Flächen zu bilden oder kartografische Symbole zu platzieren.

"Zeichnungen" werden nachfolgend verwendet um Flächen zu berechnen und um Text

aus thematischen Karten zu erfassen und interaktiv über die Satellitenbildkacheln

einzublenden (s. CD01: Datenbank, Beispielanwendung: "gis_info.qu3").

1.2.3.1.6. Digitales Höhenmodell (DEM) Eine dreidimensionale Darstellung kann bei bestimmten Fragestellungen zu einer

verbesserten Visualisierung und damit Interpretierbarkeit von Fernerkundungsdaten

führen (vgl. LIST 1999:556). "TouraTech QV 3.0" unterstützt den Import einer Vielzahl

von "digitalen Höhenmodellen" (digital elevation model - DEM), über die sich

zweidimensionale Karten beziehungsweise Satellitenbilder projizieren lassen.

Über das Internet kann das kostenlose digitale Höhenmodell "GTOPO30" von dem zum

"U.S. Geological Survey" gehörenden "EROS-Data Center" (Earth Resources

Observation Systems Data Center – http://edc.usgs.gov) bezogen werden. Dieses

Höhenmodell hat eine horizontale geometrische Auflösung von 30 Arc-Sekunden, was

im Gelände einer Fläche von ca. 920 x 920 m entspricht. Der gemittelte Höhenwert über

diese Ausdehnung wird auf den Meter genau angegeben. "GTOPO30" wurde aus

verschiedenen Datensätzen mit jeweils unterschiedlichen Genauigkeiten kompiliert. Das

Surveygebiet wird von der Kachel "E020N40"1 abgedeckt. Ihr liegt das Rasterbild

"DTED – Digital Terrain Elevation Data" mit einer absoluten vertikalen Genauigkeit

von 30m (90%) zu Grunde. Die relative Genauigkeit der Höhenangaben zueinander

wird als "besser" eingestuft (vgl. LPDAAC 2004).

1 zu beziehen unter http://edcdaac.usgs.gov/gtopo30/e020n40.asp

Page 35: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

28

Auf Anfrage haben die Programmierer von "TouraTech QV 3.0" das 3D-Modul um eine

Funktion erweitert, mit der sich der betrachtete Ausschnitt des Höhenmodells bis zu

einer metergenauen Höhenangabe "fluten" lässt. Momentan gibt es diese

Programmerweiterung allerdings nur als "Entwickler Version" (develop) (vgl. Kapitel

3.2.1.1., s. Fototafel 04: "Flooding of DEM", im Materialband).

1.2.3.2. Verwaltung der Datensätze Alle aufgeführten Datensätze können auf verschiedene Datenbanken verteilt werden. Es

ist ratsam, die laufenden Tagesaufzeichnungen immer in eine bestimmte Datenbank zu

schreiben und sie täglich, nach erfolgter Bereinigung, als thematisch geordnete

Datensätze in andere Datenbanken zu verschieben. Die Datenbanken können in

"TouraTech QV 3.0" mit einem Schreibschutz versehen werden. Gelöschte Daten

werden nur solange ausgeblendet, bis die gesamte Datenbank zusätzlich komprimiert

wird. Selbst bei diesem Schritt wird jedoch im Datenbankverzeichnis eine

Sicherungskopie (back up) mit der Dateiendung *.BAK erstellt, so dass ungewollter

Datenverlust auf verschiedenen Ebenen verhindert wird.

In "TouraTech QV 3.0" werden alle Datensätze intern als Access-Datenbank verwaltet.

Sie können durch Abänderung der Endung *.QU3 in *.MDB (Microsoft Database

Format) in ihrer Originalform mit "Microsoft Office Access 95" bearbeitet werden.

Alle Geodaten werden programmintern unter ihren geografischen Koordinaten in Form

von Dezimalgraden (dd.ddddd°) verwaltet. Für ihre Auflistung im "X-Plorer" sowie für

die interaktiv einblendbaren Gradnetzlinien (grid) können allerdings eine Vielzahl

anderer Darstellungsformen ausgewählt werden. Damit lassen sich beispielsweise

Surveypunkte, die nach den Richtlinien von ACACIA in Grad und Dezimalminuten

(dd°.mm,mmm') notiert werden, in UTM-Koordinaten umrechnen.

Alle über den GPS-Empfänger berechneten oder von mir erstellten Datensätze

einschließlich der Satellitenbildkacheln basieren auf dem globalen, von der "U.S.

Defense Mapping Agency" (DMA) modellierten Ellipsoid "World Geodetic System

1984 - WGS84" (vgl. U.S. COAST GUARD NAVIGATION CENTER 1996:Annex

B1; WILSON 2000).

Der Austausch von Datensätzen zwischen verschiedenen Computern erfolgt über die

Verzeichnisstruktur des "Windows Explorer", wo sie in dem Ordner (folder) "qu3" im

installierten Programmverzeichnis unter dem gleichen Namen wie in der Datenbank

("X-Plorer") abgespeichert sind (vgl. FLEMMING 2003).

Page 36: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

29

Als Vorbereitung für den Feldaufenthalt werden alle verfügbaren relevanten Geodaten

zusammengetragen und in das Navigations-Informations-System importiert. Neben

Trackaufzeichnungen vorangegangener Expeditionen werden die relevanten

archäologischen Datensätze im *.XLS-Format (Microsoft Office Excel) über den Schritt

einer durch Tabstopps unterteilten (tab-delimited) *.TXT-Datei importiert. "TouraTech

QV 3.0" unterstützt auf meine Anregung hin seit dem "Update 3.0.7.5" die Möglichkeit,

alle Datensätze mit Metainformationen zu versehen. In diesen kann die Herkunft und

Qualität der Daten, vor allem die der Lagegenauigkeit von Koordinaten, vermerkt

werden (s. CD01 Geografische Datenbank, alle Beispielanwendungen). Durch

Beachtung von Metadaten können Fehlinterpretationen, die aus dem Verschnitt von

Datensätzen inhomogener Qualität und unterschiedlicher Maßstäbe resultieren,

vermieden werden (vgl. MEISSNER 2002:368; Diskussionen im Forum "TTQV3

Support" http://www.ttqv.com/phpBB2/index.php 2003/2004).

Page 37: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

30

2. DAS UNTERE WADI HOWAR

Das Gebiet "Abu Tabari", in dem die nachfolgend beschriebenen

Geländeuntersuchungen stattfanden, liegt im Unterlauf des Wadi Howar. Bei dem Wadi

Howar handelt es sich um das weitläufigste autochthone Entwässerungssystem der

östlichen Sahara und deren südlichem dynamischen Grenzsaum zwischen

Dornstrauchsavanne und vollarider Wüste (vgl. PACHUR & KRÖPELIN 1987:298;

KRÖPELIN 1999:446). Obwohl Anfang des letzten Jahrhunderts die lokale

Bevölkerung noch über das Wissen einer ehemaligen Nilanbindung des Wadilaufes

verfügte, erfolgten erst 70 Jahre später auf Basis von Satellitenbildinterpretationen

(Landsat 1 - ERST "Earth Resources Technological Satellite") erste sedimentologische

Feldbestimmungen um den genauen Verlauf zu bestimmen (vgl. KING 1913:278;

MEISSNER & SCHMITZ 1983:90-93; PACHUR & RÖPER 1984:275).

Dem reisenden Briten KING und seinem einheimischen Führer ist die erste schriftliche

Erwähnung des Namens "Howar" zu verdanken: "The Howar wadi is a long valley, said

by the Arabs to be an old watercourse, that runs into the Nile slightly north of Dongola.

[…] in places it is as deep and wide as the Nile valley" (KING 1913:278). Der Name

"Howar" kann auf Grund seiner arabischen Schreibweise mit unterschiedlichen "H-

Konsonanten" am Anfang des Wortes und einem gerollten "R-Laut" am Ende, der auch

im Namen des lokalen Stammes der "Howawir" vorkommt, nicht, wie bei

verschiedenen Autoren durch die Transkription "Wadi Hawa" angespielt, mit dem

arabischen Wort für Wind "hawa'" übersetzt werden (mündl. Mitt. verschiedener

Sudanesen, Khartoum 2003; vgl. NEWBOLD; SHAW; Aufstellung aller alternativen

Schreibweisen und Namen bei HINKEL 1977:131). Die durch ARKELL erfolgte

Zurückführung des Namens auf die Worte "au" für Tal und "ûré" für Schaffel in der

Sprache der "Zaghawa", die er mit "ein die Wüste durchziehendes Wadi" übersetzt,

erscheint unter etymologischen Gesichtspunkten stimmiger (vgl. SHAW 1936:199).

Die Region "Abu Tabari" liegt 100 km östlich vom "Gebel Rahib" und 250 km westlich

vom Nil. Hier befindet sich auch der einzige größere gleichnamige Brunnen im Unteren

Wadi Howar, der mittlerweile versandet ist.

Der arabische Wortstamm des Namens "Tabari" besteht aus den drei Radikalen "t-b-r",

wobei für den "T-Konsonanten" eine emphatische Variante möglich und das "R"

stimmhaft ist. Je nach Betonung und Schreibweise kann "Tabari" aus dem klassischen

Arabischen entweder mit "Beil, Axt", mit "zerstören, vernichten" oder "Erz und

Page 38: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

31

Rohmetall" übersetzt werden (WEHR 1976:500,78). Zusammen mit einer

Interpretation, nach der "Tabari" auf das sudanesische mundartliche Wort "Täbar"

zurückgeführt werden kann, welches einen "großen Krug zur Wasseraufbewahrung"

(KRÖPELIN 1993:72) beschreibt, lassen sich alle Übersetzungsvarianten als Hinweise

auf die reichen neolithischen Hinterlassenschaften in diesem Gebiet verstehen. Das

Wort "Abu" wird im geografischen Kontext als "Region von" übersetzt.

Bei einem Gespräch mit einem Kababish Nomaden (Unteres Wadi Howar, 2002) wurde

mir mitgeteilt, dass sich der Begriff "Tabari" auf die Vegetation dieses Gebietes

beziehe. Diese Aussage stimmt mit einem Vermerk von TOTHILL (1952:953) überein,

nach der "tabr" ein als Kamelfutter dienendes Gras bezeichnet: "tabr, col. Ar., a

convolvulaceous weed and good camel fodder, Ipomoea cordofana" (vgl. auch

TOTHILL 1952:398; KRÖPELIN 1993:72).

Page 39: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

32

2.1. Geografische Einordnung und Beschreibung

Der etwa 1050 km lange Lauf des Wadi Howar kann auf Grund geomorphologischer

und quartärgeologischer Kriterien in drei Hauptabschnitte unterteilt werden: Oberlauf

(Upper Wadi Howar), Mittellauf (Middle Wadi Howar) und Unterlauf (Lower Wadi

Howar) (s. Abb. 04).

(Quelle: HOELZMANN 2002:376, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 04: "Map of Western Nubia and adjacent areas showing site[…] of sample

collection"(HOELZMANN 2002:376).

2.1.1. Oberes Wadi Howar Die Quelläste des Wadi Howar befinden sich im Oberlauf auf einer Höhe von knapp

1000 m in den bergigen Regionen zwischen dem Tafelbergland des Ennedi und dem

vulkanischen Gebel Marra. Der gegenwärtig durch Dornstrauch- und Baumsavanne

gekennzeichnete Einzugsbereich nimmt bis zum letzten, das Wadi nur episodisch

erreichenden Tributär eine Fläche von weniger als 40000 km² ein. Damit ist der

Einzugsbereich bezogen auf die Länge des verbleibenden Verlaufs des Wadi Howar von

über 800 km Länge außergewöhnlich kleinflächig (vgl. KRÖPELIN 1993:32-35).

Page 40: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

33

2.1.2. Mittleres Wadi Howar Der Mittellauf des Wadi Howar durchzieht mit 400 km Länge in nordöstlicher Richtung

700 m bis 500 m hoch liegende weite sandige Ebenen. Im Norden schließen die

überwiegend inaktiven Dünengebiete des "Erq Ennedi" an, wobei der "Ptolemäus

Paläosee" als Becken nördliche Zuflüsse in das Mittlere Wadi Howar verhindert. Im

Süden schließt der "Erq Tageru" mit einer Qozdünen-artigen Oberflächenfixierung an

(vgl. PACHUR 1990:243; KRÖPELIN 1993:20,35). Der Wadiverlauf und die

Böschungen sind gegenwärtig überwiegend durch Bewuchs mit Büschen wie Salvadora

persica gekennzeichnet: "The shau bush is so common that this part of the Wadi Hawa

is also known to the Arabs as Wadi Shau." (NEWBOLD 1924:55; vgl. auch

KRÖPELIN 1993:37-38).

Im Verzahnungsbereich zwischen den südlichen Ausläufern der Grundgebirgsketten des

Gebel Rahib und den nördlichen Auslegern des Sandstein-Plateaus des Gebel Tageru

verengt sich das Tal auf 2 km und wird von einem breiten Dünenriegel gequert und

versperrt (vgl. KRÖPELIN 1993:20,35).

2.1.3. Unteres Wadi Howar Bis zur Einmündung in das im Osten liegende Niltal zwischen dem dritten und vierten

Katarakt auf der Höhe von "Dunqula al-Aguza" (ca. 250 m über NN) überwindet das

quasi vegetationslose Wadi Howar in seinem Unterlauf weitere 400 km Strecke. Die

Höhendifferenz zwischen dem Dünenriegel des Gebel Rahib und dem Nil beträgt dabei

etwa 230 m, was einem durchschnittlichen Gefälle von unter 0,06 % entspricht (s. Abb.

05).

Page 41: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

34

(Quelle: KRÖPELIN 1999:448, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 05: "Positionssystem (oben), schematisches Längsprofil mit topographischen Orientierungspunkten

(Mitte), Gliederung und geologischer Untergrund (unten) des Unteren Wadi Howar. Zahlen entlang des

vermutlichen Talwegs zeigen die Entfernung von der Mündung in den Nil in Kilometern" (KRÖPELIN

1999:448).

An die Dünenbarriere schließt zuerst ein breites sandiges Flachmuldental bis zur als

"äußerst unübersichtlich" (KRÖPELIN 1993:72) charakterisierten Talschwelle von Abu

Tabari an. Breite Schotterbänder mit einem aus dem Gebel Rahib in das Wadi Howar

verlaufenden Hauptstrang namens "Wadi Saiyal" charakterisieren das nördliche

Gelände, während das südliche Ufer durch das Ansetzen dichter mobiler Barchan-

Felder gekennzeichnet ist.

Westlich von Abu Tabari stehen quer zur Passatwindrichtung drei bis zu 60 m hohe und

500 m lange Quarzitrippen an, deren Leedünen als Sandfahnen quer über das ganze

Wadi streichen (vgl. PACHUR et al. 1987:359; KRÖPELIN 1993:70-72, 81-82/

1999:462). Weit verbreitete Vorkommen carbonatischer Seeablagerungen werden etwa

100 km östlich von Abu Tabari von kanalartigen Talungen im Hauptbett mit einem

weiten Spektrum an semilakustrinen bis fluvialen Akkumulationen abgelöst. Es handelt

Page 42: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

35

sich bei den Talungen um strukturell angelegte Tiefenzüge im Anstehenden ohne

einheitliches Gefälle (vgl. KRÖPELIN 1993:93-95).

Etwa 100 km vor der Nileinmündung quert ein breites Barchan-Feld das Wadibett. Der

Mündungsbereich überschneidet sich mit dem fossilen Flusslauf einer alten kiesreichen

Nilschlinge, die etwa 50 km westlich und 20 bis 30 m oberhalb des heutigen Nilverlaufs

liegt (vgl. PACHUR et al. 1987:359; KRÖPELIN 1993:167-169/ 1999:449).

2.1.4. Abschließende Betrachtung Als möglichen Erklärungsansatz für die Formenabfolge des Wadi Howar mit einem

vergleichsweise begrenzten Einzugsgebiet im Oberlauf, einer auffälligen Talverengung

zum Ende des Mittellaufes und den einzigartigen strukturell geprägten Paläokanälen

teilweise gegenläufigen Gefälles im Unterlauf schlägt KRÖPELIN (1999:454) eine

ursprüngliche Anlage des Unteren Wadi Howar mit umgekehrter Abflussrichtung und

Schüttungen aus den Red Sea Hills vor. Das Obere Wadi Howar wurde dieser

Interpretation zufolge später, möglicherweise zu Beginn der quartären Feuchtzeiten,

vom Talsystem des Unteren Wadi Howar südlich des Gebel Rahib angezapft.

2.2. Geologische Entwicklung

Das Untere und Mittlere Wadi Howar sind Teil eines bereits prä-panafrikanisch

konsolidierten Kratons des alten Gondwanakontinents. Die wichtigsten tektonischen

Elemente wurden bereits in präkambrischer Zeit angelegt und bei plattentektonischen

Großereignissen seit dem Paläozoikum reaktiviert. In Abhängigkeit von der jeweiligen

strukturgeologischen Situation wurden dabei epirogene und bruchtektonische

Bewegungen ausgelöst, die zur Bildung von Becken und Schwellen sowie Gräben und

Horsten führten. Diese steuerten als Sedimentations- beziehungsweise Erosionsräume

die Faziesverteilung und Stratigraphie der Sedimente und die Geomorphologie des

Reliefs (vgl. KLITZSCH 1984:31; KLITZSCH & WYCISK 1987:97,130). Die Anlage

der in späteren Zeitaltern herauserodierten metamorphen Ketten des Gebel Rahib fällt in

das Präkambrium (4560-570*106a2). Nicht nur im Untersuchungsgebiet, sondern auch

im gesamten Sudan wird, abgesehen von den rezenten Sedimentdecken, der größte

2 vgl. http://www.palaeos.com/Timetable/timetable.html

Page 43: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

36

Flächenanteil von präkambrischem kristallinem Grundgebirge eingenommen (vgl.

WHITEMAN 1971:5)(s. Abb. 06).

(Quelle: KLITZSCH 1984:28, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 06: "Structural Interpretation of Part of the Eastern Sahara" KLITZSCH 1984:28.

Im Kambrium (570-510*106a) gehörte das Gebiet des heutigen Sudans und weite Teile

Ägyptens zum nördlichen Rand von Gondwana. In diesem Zeitraum entwickelten sich

NNW-gerichtete Graben- und Horststrukturen (vgl. KLITZSCH & WYCISK

1987:130).

Gegen Ende des Paläozoikums (570-248*106a) wurde das Gebiet zwischen Gebel

'Aweinat und Aswan mit dem Einsetzen herzynischer plattentektonischer Ereignisse

weiträumig gehoben. Dabei wurden die paläozoischen Sedimente und präkambrischen

Primärgesteine erodiert und vorwiegend nach Süden in einen rein kontinentalen Trog

geschüttet. Die Hebung ging mit Bruchtektonik einher, die zu großräumigen OW-

streichenden Verwerfungen führte, in welche im Oberen Perm (256-245*106a) sowie in

Page 44: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

37

der Unteren Trias (245-241*106a) phonolitisches bis trachytisches Magma intrudierte

(vgl. KLITZSCH & WYCISK 1987:130-131).

Während des Mesozoikums (245-65*106a) kam es im Jura (208-146*106a) im Rahmen

des Auseinanderbrechens von Pangaea zu einer Umkehrung der vertikalen epirogenen

Bewegung. Der kontinentale "nubische Trog" wurde herausgehoben und mit einer

leichten Neigung nach Norden in die kratonale Beckenbildung Südägyptens

einbezogen. Die paläozoischen Sedimente wurden wieder abgetragen und in breiten,

verflochtenen Flusssystemen nordwärts verlagert, wo sie weiträumige fluviale

Sandsteinserien bildeten (vgl. KLITZSCH 1984:23,27, KLITZSCH & WYCISK

1987:131, WYCISK et al. 1990:45).

Im Zuge der tektonischen Neuorientierung Afrikas im Jura, die mit vielen ONO-WSW-

streichenden Verwerfungen in Westnubien einherging, kam es seit der Mittleren Kreide

(Apt – 124,5-112*106a) wiederholt zu flachmarinen Transgressionen aus dem Norden

bis in das Gebiet des heutigen Gebel Abyad (vgl. KLITZSCH 1984:23,27,29). Das

weitere Gebiet der Surveyregion durchlief eine rasche und wiederholte Veränderung der

Umweltbedingungen, aus denen Ablagerungsmilieus resultierten, die zur Bildung der

"Nubischen Sandstein Formation" führten: "fluvial and deltaic deposition was followed

by beach and swamp environments and shallow marine conditions, regressions locally

resulted in erosion or in the formation of paleosoils … these [are] the sediments which

constitute the typical Nubian Sandstone" (KLITZSCH 1984:29). Faziell handelt es sich

um diskordant auf dem "Basement Complex" liegende klastische Sedimente

kontinentaler oder flachmariner Herkunft, teilweise mächtige Paläoböden sowie,

begrenzt auf das Gebiet des Gebel Abyad, um alttertiäre Carbonatgesteine (vgl.

KLITZSCH & WYCISK 1987:97; KLITZSCH 1984,23).

BARAZI (1985) untergliedert die "Nubische Sandstein Formation" in Westnubien in

drei Formationen: die "Wadi Howar Formation", die "Kababish Formation" und die

"Gebel Abyad Formation". Die gesamte Abfolge umfasst oberkretazische bis alttertiäre

Sedimente (s. Abb. 07).

Page 45: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

38

(Quelle: KLITZSCH & WYCISK 1987:129, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 07: "Generalized Depositional Model of Gebel Abyad Area, illustrating the lateral Facies

Distribution within Wadi Howar, Kababish and Gebel Abyad Formations" (KLITZSCH & WYCISK

1987:129).

Die Sedimente der "Wadi Howar Formation" überlagern in der Region von Abu Tabari

diskordant das kristalline Grundgebirge teilweise metamorph überprägter granitischer

Zusammensetzung und proterozoischen Alters. Sie weisen eine Mächtigkeit von knapp

50 m im westlichen bis hin zu 150 m im östlichen Bereich des Beckens auf. Grob- bis

mittelkörnige fluviale, dünn- bis mittelbankige graue, seltener auch braune und gelbe

Sandsteine kennzeichnen die Formation. Sie werden von eingeschalteten Silt- und

Tonsteinserien mit hohem Kaolinitanteil sowie Konglomeratlagen von geringer

Mächtigkeit unterbrochen. Vorkommen von Eisenoolith weisen auf einen Übergang

Page 46: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

39

zwischen fluvialem und litoral geprägtem Environment hin. An der Basis steht ein etwa

2 m mächtiges Konglomerat aus vorwiegend schlecht bis angerundeten Komponenten

(~ 6 cm) an. Die Beschränkung der Oligomikte auf Quarzkomponenten ist ein Indikator

für tiefgründige Verwitterung und einer langsam erfolgten Abtragung. Der obere Teil

der Sedimentabfolge ist zunehmend kontinental geprägt und schließt die Formation mit

graubraunen Paläoböden und Wurzelhorizonten ab (vgl. BARAZI 1985:1,10, 16-18;

KLITZSCH & WYCISK 1987:126; WYCISK et al. 1990:56) (s. Abb. 08a).

Am südlichen Rand des Abyad Plateaus werden diese Paläoböden diskordant von den

feinkörnigen Sand-, Silt- und Tonsteinen der "Kababish Formation" überlagert. Es

handelt sich um flachmarine Ablagerungen einer Küstenebene mit Stränden und

Lagunen. Diese Sedimente bezeugen eine weitere stark in den Süden reichende

Transgressionsphase der Tethys in der Oberkreide (97-65*106a) (s. Abb. 08 b).

(Quelle: KLITZSCH & WYCISK 1987:8,110, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 08: a) "The Aptian Transgression and Paleogeography of Upper Jurassic to Lower Cretaceous

[Wadi Howar Formation]" – b) "Paleogeography of Coniacian to Campanian [Kababish Formation]"

(KLITZSCH & WYCISK 1987:8,110)

Page 47: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

40

Nach oben wird die "Kababish Formation" konkordant von den Carbonatlagen der

"Gebel Abyad Formation" überlagert (vgl. BARAZI 1985:1/19; KLITZSCH 1984:23;

KLITZSCH & WYCISK 1987:128-132; WYCISK et al. 1990:72).

Im Tertiär (65-1,64*106a) und Quartär (1,64*106a bis heute) waren erosive Prozesse in

Westnubien vorherrschend. Das eozene Meer verlagerte sich immer weiter zurück nach

Norden und die großen gegenwärtigen geomorphologischen Landschaftsformen

bildeten sich heraus. Mit dem Einsetzen des "Roten Meer Riftsystems" kam es entlang

älterer Verwerfungen vereinzelt zu basaltischem Magmatismus (vgl. KLITZSCH

1984:31, KLITZSCH & WYCISK 1987:133). Die Entstehung des Gebel 'Aweinat

nördlich und der Maidob Hills südlich vom Wadi Howar fallen in diesen Zeitraum.

2.3. Klimaentwicklung im Holozän

Im Unteren Wadi Howar fanden im Holozän einschneidende klimatische

Veränderungen statt.

Von 26000 a BP bis zum Beginn des Holozäns war die Ostsahara durch ein hyperarides

Klima (entspricht N/PET < 0,05, vgl. United Nations Environment Programme3)

geprägt. Aus diesem resultieren mächtige Sandakkumulationen. Vor allem die

ausgedehnten, von Qoz-Dünen eingenommenen Areale im Umland des Mittleren Wadi

Howar bezeugen, dass die pleistozäne Aridifikation weiter in den Süden reichte als in

der Gegenwart. Neben den äolischen Akkumulationen prägten Deflationsprozesse die

Geomorphologie der spätpleistozänen Landschaft (vgl. PACHUR 1984:249, PACHUR

et al. 1987:331).

2.3.1. Phase der Seenbildung Um 11500 a calBP (14000 a BP nach THORWEIHE & HEINL 1999:514) setzte ein

abrupter, den größten Teil der Ostsahara bis 24°N erreichender Klimawechsel ein. Eine

Intensivierung und Nordwärtsverlagerung des SW-Monsuns führten zu tropischen

Sommerniederschlägen und zur Bereitstellung großer Feuchtigkeitsmengen in diesem

stark kontinental geprägten Raum. Aus dem erhöhten Aufkommen an Niederschlägen 3 United Nations Environment Programme: Convention on Biological Diversity, http://www.biodiv.org/programmes/areas/dryland/definitions.asp, 2002)

Page 48: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

41

resultierte, über Auffüllen der lokalen Aquifere, ein rascher Anstieg des

Grundwasserspiegels (vgl. KRÖPELIN 1999:487, HOELZMANN 2002:375,384). Da

nur wenige Millimeter pro Jahr (THORWEIHE & HEINL 1999:518) in Form von

Grundwasserströmen großräumig aus der Region abgeführt werden konnten,

verursachten die lokalen Niederschläge ein Einsetzen von Grundwasseraustritten (vgl.

PACHUR & RÖPER 1984:277; PACHUR et al. 1987:300; PACHUR 1990:206;

KRÖPELIN 1993:234). Breitenkreisunabhängig entwickelten sich innerhalb weniger

Jahrzehnte zwischen 9450 und 9300 a BP Süßwasserseen, die in Erq-Gebieten dem

Dünensand, ansonsten dem anstehenden Gestein direkt auflagen. (vgl. HOELZMANN

1992:69, KRÖPELIN 1993:239, PACHUR 1997:229/ 1999:4294), (s. Abb. 09).

(Quelle: HOELZMANN 2002, Abb.6. Beilage) Abb. 09: "Radiocarbon dates (calBP) representing 'relative lake status' at individual sites within regions

A [Selima Oasis, Dry Selima; Lat 21˚30'N, Alt ca. 300m, Σ of radiocarbon dates 54], B [Western Nubia

>18˚N; Lat 18˚-21˚N, Alt 400-600m, Σ of radiocarbon dates 79] and C [Western Nubia <18˚N; Lat 16˚-

18˚N, Alt 400-600m, Σ of radiocarbon dates 43]. The radiocarbon dates and the 'relative lake status'

originate from the interpretation of multiple lines of evidence […]. Only radiocarbon dates of lacustrine

sediments are presented. The radiocarbon dates were calibrated according to STUIVER et al

4 vgl. hier insbesondere: Abb. 10.18 "Nord-Süd-Transekt radiometrisch datierter Playa- und Seesedimente […]"

Page 49: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

42

.(1998:1041ff. [INTCAL98-Radiocarbon age calibration 24,000-0 calBP. Radiocarbon 40]) using CALIB

4.3. The midpoint of the 1 sigma range taken from the probability method is shown and the error bars

define the age range" (Hoelzmann, 2002:384).

Sites:

1 Selima Oasis (21˚25'N/29˚18'E – HAYNES et al. 1989:109ff. [Holocene paleoecology of the Eastern

Sahara; Selima Oasis. Quaternary Science Reviews 8], PACHUR et al. 1990:203ff.);

2 Dry Selima (21˚20'N/29˚20'E – PACHUR & WÜNNEMANN 1996:1ff. [Reconstruction of the

palaeoclimate along 30˚E in the Eastern Sahara during the Pleistocene/Holocene transition.

Palaeoecology of Africa 24]);

3 Wadi Shaw – Wadi Sahal (20˚30'N/27˚30'E – GABRIEL & KRÖPELIN 1994:131ff. [Jungquartäre

limnische Akkumulationsphasen im NW-Sudan. Zeitschrift für Geomorphologie Neue Fassung 48]);

4 Oyo (19˚16'N/29˚11'E – RITCHIE et al. 1985:352ff. [Sediment and pollen evidence for an early to mid-

Holocene humid period in the Eastern Sahara. Nature 314]);

5 Wadi Fesh-Fesh (18˚45'N/25˚26'E – HOELZMANN 1993[a]:142ff.);

6 West-Nubian-Palaeolake (18˚23'N/25˚34'E – HOELZMANN et al. 2000:105ff. [Precipitation estimates

for the Eastern Sahara based on a water balance model of the West Nubian Palaeolake Basin. Global

and Planetary Change 26], HOELZMANN et al. 2001:193ff. [Environmental change and archaeology:

lake evolution and human occupation in the Eastern Sahara during the Holocene. Palaeogeography,

Palaeoclimatology, Palaeoecology 169]);

7 Atrun (18˚10'N/25˚39'E – RITCHIE et al. 1985:352ff. GOSCHIN 1988:1ff. [El Atrun {Nubien} – Ein

frühholozäner See. PhD thesis, Freie Universität Berlin]);

8 Ridge Lake N15 (16˚59'N/27˚47'E – HOELZMANN 1993[a]:102ff.);

9 Tageru (17˚02'N/27˚47'E – HOELZMANN 1993[a]:107ff.);

10 N22-Gureinat (17˚N/27˚18'E – HOELZMANN 1993[a]:88ff.);

11 Lake Sidi[q] (16˚55'N/26˚46'E – HOELZMANN 1993[a]:144.ff)

(HOELZMANN 2002:384f).

Nur in den hygrisch begünstigten Gebirgen wie den Maidob Hills im Süden setzte die

Seenbildung schon im Spätpleistozän ein, und speiste aus diesem Einzugsgebiet zudem

Fluss-Seen im Wadi Maqrur (vgl. PACHUR 1999:432; HOELZMANN 2002:375). Mit

dem Einsetzen der Niederschläge und dem daraus resultierenden Grundwasseranstieg

kam es entlang solcher bevorzugter Migrationsbahnen zum Vorrücken der sahelischen

und sudanischen Savanne bis südlich des 22. Breitengrades (vgl. NEUMANN

1989:143).

2.3.2. Anhaltende Feuchtphase Der Zeitraum zwischen 10000 und 8000 a calBP kann als anhaltende Feuchtphase

betrachtet werden. Tropische Monsunregen prägten durch eine bis zu 800 km reichende

Page 50: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

43

Verschiebung des Monsungürtels nach Norden innerhalb weniger Jahrhunderte ein

Landschaftsbild mit stabilen Süßwasserseen (vgl. KRÖPELIN 1994:491;

HOELZMANN 2002:384), (s. Abb. 09). Silikatischen bis semilakustrischen

Ablagerungen nördlich von Selima und östlich des Kufra-Beckenrandes (ca. 21°30'N)

standen zeitgleich carbonatische Seesedimente im Süden gegenüber. Daraus ergibt sich

ein Gradient abnehmender Niederschläge von Süden nach Norden; die monsunalen

Regenfälle blieben im Norden eher aus. Zugleich war auf der Höhe der Wendekreise ein

Gradient abnehmender Niederschläge von West nach Ost entwickelt (vgl. PACHUR &

RÖPER 1984:249; PACHUR 1997:240; HOELZMANN 1993b:573/ 1993a:172). Eine

jährliche Niederschlagsmenge von 400 bis 450 mm ist für das regionale Klimaoptimum

um 8000 a BP für das Untere Wadi Howar anzunehmen (vgl. KRÖPELIN

1993:239,244/ 1999:489).

Unter diesen semiariden Verhältnissen erfolgte während der Wintermonate weiterhin

eine aktive Sandakkumulation von Parabeldünen (vgl. BESLER 2002:396), während

zeitgleich lokal gespeiste Quellen Sinterbildungen ausfällten (vgl. PACHUR &

KRÖPELIN 1987:299). Das Untere Wadi Howar wurde durch lokale Niederschläge

eines sich nördlich erstreckenden Einzugsgebietes gespeist. Es bestand aus einer Kette

von flachen ineinander übergehenden Fluss-Seen und Hochwasserpfannen, die saisonal

über fließende Gewässer miteinander verbunden waren und episodisch, mit räumlichen

Unterbrechungen, bis in den teilweise rückstauenden Nil entwässerten (vgl. PACHUR

& RÖPER 1984:249; PACHUR et a1. 1987:298/ 1990:204-206,233; PACHUR &

HOELZMANN 1991:257; KRÖPELIN 1993:20,234f./ 1999:484-485; KUPER

1995:129). In der Tiefenlinie im Engpass der Überleitung des Mittleren Wadi Howar

zum Unteren Wadi Howar stehen lakustrine Sedimente mit einem Alter von 9430±85 a

BP unter dem spätpleistozän angelegten, wenn auch später modifizierten Dünenriegel

an (s. Abb. 05). Aus diesem Befund und auf Grund der gut drainierenden

Beschaffenheit des Wadibetts im westlichen Anschluss ist eine holozäne Anbindung des

Unteren Wadi Howar an den Oberlauf auszuschließen (vgl. PACHUR & KRÖPELIN

1987:298/ 1990:233, KRÖPELIN 1993:221-223).

Von stabilen, bis über 15 m höher als heute liegenden Grundwasserhöhen zeugen die

massiven und kontinuierlichen Süßwassercarbonate aller Paläoseen der Region. Von

ihnen ist das als "Ptolemäus See" bezeichnete westnubische Seen-Archipel nördlich des

Mittleren Wadi Howar von überregionaler Bedeutung (s. Abb. 04). Das Areal von

schätzungsweise 30000 km² fungierte nicht nur als Grundwasserneubildungsgebiet

Page 51: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

44

sondern auch als Wasserdampfquelle und bewirkte bis ins Mittelholozän durch

Auslösung konvektiver Niederschlagsereignisse in Form von "Squall Lines" eine

klimatische Bevorzugung der umliegenden Gebiete (vgl. HOELZMANN 1993a:177,

PACHUR 1997, PACHUR 1999:388), (s. Abb. 10).

(Quelle: PACHUR 1997:246)

Abb. 10: "Konzeptionelles Modell der Paläoniederschlagsgenese, basierend auf den rezenten

Windverhältnissen und rekonstruierten altholozänen Wasserdampfquellen in Form von Seen und

riparinen Landschaften" (PACHUR 1997:246).

Diese hygrische Sondersituation kann neben der erwähnten hochkontinentalen Lage ein

weiterer Grund dafür sein, dass die um 7000 a BP in der Westsahara einsetzende

tausendjährige niederschlagsärmere Phase (vgl. PACHUR et al. 1990:246, PACHUR

1999:428) sich kaum in den lakustrinen Profilen der sudanesischen Ostsahara

abzeichnet.

NEUMANN (1989:143,150-152) folgert aus Holzkohleuntersuchungen, dass zwischen

7000 und 6500 a BP ein Maximum der Savannenausbreitung erreicht wurde, welche mit

einer zonalen Verschiebung von mindestens 500 km das Wadi Howar teilweise in den

Bereich der Laubsavannen der Sudanzone brachte. Gegen die Ableitung einer

breitenkreisparallelen Vegetationsverschiebung spricht, neben verschiedenen

Page 52: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

45

methodologischen Überlegungen (vgl. KRÖPELIN 1993:219), der sich azonal

erstreckende Gunstraum zwischen dem Maidob Gebirge über das Wadi Maqrur bis zum

Ptolemäus See. In diesem grundwassergesteuerten Vegetationsrefugium konnten viele

Arten "fossil" eine zonale Aridifikation überdauern sowie ökologisch anspruchsvolle

Großsäuger migrieren (vgl. PACHUR & RÖPER 1984:249/ 1990:208; PACHUR

1997:241/ 1999:427).

2.3.3. Nachlassende Feuchtphase Zwischen 8000 und 5000 a calBP wurden die oberflächennahen Aquifere immer

unregelmäßiger durch lokale Niederschläge aufgefüllt und liefen zunehmend aus. Das

Absinken des Grundwasserspiegels war nur in zentralen Hochlagen und Tiefenlinien

mit überregionalen Einzugsgebieten verlangsamt oder zeitweise unterbrochen (vgl.

THORWEIHE & HEINL 1999:520,523). Im Gegensatz zum fast simultanen Einsetzen

der holozänen Feuchtphase war ihr Ausklingen deutlich eine Funktion der

Breitenposition. Im Norden (21.5°N) endete eine kontinuierliche lakustrine

Sedimentation um 7600 a calBP, wohingegen diese im Süden (18°N) noch 1300 Jahre

länger anhielt (vgl. HOELZMANN 2002:386). Alle lakustrinen Ablagerungen wurden

seit dem frühen Holozän korrasiv bearbeitet und deflativ ausgeräumt, so dass das

terminale Stadium der Süßwasserseen nur indirekt, beispielsweise über das Einsetzen

des Sebkha-Stadiums in Al-Atrun, auf 4000 a BP geschätzt werden kann (vgl.

PACHUR et al. 1990:244; PACHUR & HOELZMANN 1991:271; HOELZMANN

1993a:177).

Datierungen pflanzlicher und faunischer Proxydaten halten den Erwartungen

entsprechend länger an (vgl. PACHUR 1999:432).

2.3.4. Einsetzende Aridifikation Das Ende der holozänen Feuchtphase setzte 5400 a calBP mit einem kontinuierlichen

Rückzug der monsunalen Regen auf einer Breite von 24°N ein (O. BUBENZER & S.

KRÖPELIN Königswinter, 20035) und erreichte das Untere Wadi Howar rund 2000

Jahre später. Dieser initialen Aridifikation folgte eine nur noch graduelle

Südwärtsverlagerung der Klimazonen, die in einer späteren feuchten Klimaepisode (100

bis 200 mm/a) um 2000 a BP kurzfristig sogar reversibel war (vgl. KRÖPELIN

5Vortrag auf der Konferenz "Climatic and Environmental Change in North-East Africa" in Köniswinter vom 01.-03.10.2003

Page 53: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

46

1993:235-236,245/ 1999:475,490). Die perennierende Vegetation kontrahierte auf die

wenigen Stellen, an denen noch oberflächennahes fossiles Grundwasser anstand

(NEUMANN 1989:29).

2.3.5. Aktuelle klimatische Situation Gegenwärtig verläuft der oszillierende Südrand der Sahara (< 150 mm/a) etwa 300 km

südlich des Wadi Howar. Mit einer vor allem in den Feuchtjahren ausgeprägten hohen

Variabilität erhält das Untere Wadi Howar nach der stark gemittelten

Isohyetendarstellung von LEROUX (1983) zwischen 20 und 40 mm Jahresniederschlag

(vgl. auch WHITEMAN 1971:46 (s. Abb. 11).

(Quelle: JESSE 2003:45, nach KRÖPELIN 1993:29, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 11: "Die Niederschlagsmengen in der Ostsahara" (JESSE 2003:45).

Die seltenen und lokal begrenzten Niederschläge und säkularen Starkniederschläge

(rainstorm) während der Sommermonate Juli, August und September sind auf nordwärts

6 vgl. hier insbesondere: Abb. 3 "Climatic map – mean monthly rainfall map in mm (Based on Sudan Topographic Survey Map and Meteorological Department data. Selected information)"

Page 54: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

47

ausbrechende Monsunausläufer zurückzuführen, die ihre Ursache in einer

außergewöhnlichen Lage der innertropischen Konvergenzzone und des Easterly Jets

haben (vgl. KRÖPELIN 1993:29-30/ 1999:451; HOELZMANN 1993a:18-19). Sie

ermöglichen einen ephemeren krautigen Pflanzenwuchs mit hohem Anteil an

Sukkulenten, die so genannte "Gizzu-Vegetation" (vgl. NEUMANN 1989:39;

PACHUR et al. 1990:209-213). Dem Niederschlag steht eine potentielle Evaporation

gegenüber, die theoretisch den Jahresniederschlag innerhalb eines Tages wieder der

Atmosphäre zuführen könnte. Nach PICHE beträgt diese in Wadi Halfa im

Jahresdurchschnitt 19,8mm/d (KRÖPELIN 1993:21 nach PICHE).

Gegenwärtig ist demnach das ganze Untere Wadi Howar, obwohl es die potentielle

Sammelader aller nördlichen Niederschläge bildet, weit entfernt vom

Grundwasserspiegel. Nur in der Tiefenlinie südlich des Gebel Rahib steht es in den

„Rahib Wells“ nur 9 m unter der Geländeoberfläche an (vgl. PACHUR & RÖPER

1984:275; KRÖPELIN 1993:231).

2.3.6. Abschließende Betrachtung Der grobe zeitliche Rahmen des Einsetzens und Ausklingens der holozänen

Feuchtphase im weiteren Untersuchungsgebiet korreliert mit Daten aus der Zentral- und

Westsahara sowie Bohrkernen von der Westküste Afrikas und dem Arabischen Meer.

Durch die extreme kontinentale Position wurden bestimmte Klimafluktuationen

gepuffert oder setzten erst mit einer beachtlichen Verzögerung von ca. 1000 Jahren ein:

"… thus only the largest-scale climatic changes were recorded. The maximum monsoon

intensification was reached ca. 1000 years later in Western Nubia (ca. 8000-8500

calBP) when compared to other Saharan sites and the marine records" (HOELZMANN

2002:386; vgl. auch PACHUR et al. 1990:208; PACHUR 1999:433).

Die im Spätholozän einsetzende Klimaverschlechterung wurde wahrscheinlich durch

menschliche Eingriffe wie einer extensiven Weidewirtschaft, Abholzung von Bäumen

und Buschbränden lokal nicht unerheblich verstärkt (vgl. NEUMANN 1989:152;

KRÖPELIN 1993:236; KEDING 1997:250). Desertifikation dürfte schon ab früher Zeit

eine Rolle gespielt haben und selbst heute wird das Ökosystem im quasi

menschenleeren Wadi Howar durch Beweidung der Gizzu-Vegetation durch Kamele

der Kababish Nomaden und durch Jagd auf das letzte Wild negativ anthropogen

beeinflusst.

Page 55: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

48

2.4. Neolithische Besiedlungsgeschichte

Das Siedlungsverhalten der Menschen im Neolithikum in der Ostsahara erklärt sich vor

dem Hintergrund der beschriebenen ökologischen Veränderungen im Holozän. Neben

Umwelteinflüssen spiegeln die archäologischen Zeugnisse allerdings auch eine

kulturelle Entwicklung wieder (vgl. KEDING 1995:83/ 1997:18/ 1998:4). Der Begriff

"neolithisch" wird im Folgenden auf alle Keramik führenden Gruppen, unabhängig von

der Art ihrer Subsistenz angewandt (vgl. JESSE 2003:38).

Bald nach dem Einsetzen holozäner Niederschläge wurde die östliche Sahara wieder

von ersten Menschen besiedelt (vgl. KUPER 1995:135). Eine Auswertung der bisher

vorliegenden Radiokarbondaten weist darauf hin, dass das Wadi Howar seit dem siebten

Jahrtausend BP kontinuierlich bis in das dritte Jahrtausend BP besiedelt war. In

Anbetracht der klimatischen Gunstlage dieses Raumes ist der Zeitpunkt des Einsetzens

der Besiedlung als relativ spät zu bewerten (vgl. KEDING 1998:11/ 2000:102).

Während der Besiedlungsdauer im Neolithikum nahmen die Menschen unterschiedliche

Subsistenzformen an, welche sich archäologisch in Siedlungsmustern und

Materialzusammensetzung der Fundplätze widerspiegeln. Das Untere Wadi Howar war

bevorzugtes Siedlungsgebiet im frühen und mittleren Holozän, während sich später die

Siedelaktivitäten zunehmend in das Mittlere Wadi Howar verlagerten (vgl. JESSE

2002:82). Ab 3000 a BP war eine dauerhafte Besiedlung des Unteren Wadi Howar aus

klimatischen Gründen nicht mehr möglich (vgl. KUPER 1995:127).

2.4.1. Art der Fundplätze Im Unteren Wadi Howar lassen sich zwei Arten von Fundplätzen unterscheiden;

Oberflächenfundplätze und Siedeldünen.

Den überwiegenden Teil archäologischer Zeugnisse findet man locker über ein Areal

unterschiedlicher Ausdehnung – nicht selten mehrere km² - verstreut. Abhängig vom

Deflationsgrad und der Funktion des Standortes handelt es sich neben Keramik und

Knochen vorwiegend um Steinartefakte. Fundplätze dieser Art werden unter dem

Begriff "Oberflächenplätze" (surface find) zusammengefasst. Die Hinterlassenschaften

weisen überwiegend keine Stratigraphie auf (vgl. KEDING 2000:91). Ihre Funktion und

Page 56: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

49

Lage im Raum erschließt sich meistens erst nach Anlage von Bodenprofilen in der

häufig eingeebneten und flugsandüberdeckten Landschaft.

Bei der zweiten Form von Fundplätzen handelt es sich um eine geomorphologisch-

archäologische Besonderheit des Unteren Wadi Howar: die so genannten "Siedeldünen"

(dune habitat), bis zu 15 m hohe Parabeldünen, deren Sandkörper auf einer meist

sandfreien Rumpffläche aufsitzen. Die Sichelform ist mit ihrer Luvseite nach NNO

(20°) geöffnet und damit spiegelverkehrt zu den umliegenden gegenwärtig mobilen

Barchanen, deren Leeseite mit dem Nordostpassat zusammenfällt. Es handelt sich um

einen fossil ererbten Relieftyp, der auf Grund einer stabilisierenden Deckschicht aus

neolithischen Artefakten bis in das vollaride Klima hinein konserviert wurde. Die

Genese der Parabeldünen dürfte zeitgleich mit der Seenbildung eingesetzt haben, wobei

die äolisch mobilen Sande des vorangegangenen hochariden Klimaabschnitts durch

niedrige, aber dichte Vegetationsbildung gebremst wurden. Noch in ihrer aktiven

Akkumulationsphase wurden die Parabeldünen von prähistorischen Gruppen besiedelt.

Zum Klimaoptimum um 8000 a BP fixierte eine Pflanzendecke ihre Oberflächen, bevor

diese dann durch zunehmende Artefaktstreu ersetzt wurde (vgl. GABRIEL &

KRÖPELIN 1985:111; RICHTER 1989:434; BESLER 2002:397). Im Gegensatz zu den

Oberflächenfundplätzen weisen Siedeldünen zumindest im Plateaubereich eine bis zu

mehrere Dezimeter mächtige Kulturschicht auf, die neben menschlichen und tierischen

Knochen und Keramikfragmenten hauptsächlich aus unretuschierten Abschlägen und

Trümmerstücken, die aus der Produktion von Werkzeugen hervorgingen, sowie

Feuerstellen besteht (vgl. GABRIEL & KRÖPELIN 1985:107-108; KRÖPELIN

1993:87).

2.4.2. Steinartefakte Neben den eben genannten unretuschierten Abschlägen und Trümmern gibt es eine

Reihe weiterer Steinartefakte, die in großer Anzahl in weiten Bereichen des Unteren

Wadi Howar anzutreffen sind.

Zu den bemerkenswertesten gehören fein gearbeitete Beile unterschiedlicher Größe mit

spitzovalem Querschnitt, einer breiten Schäftungsrille, abgerundetem Nacken und

breiter, meist scharf zugeschliffener Schneide (vgl. NEWBOLD 1924:60ff./Pl.IV,

HINKEL 1979:133ff; KEDING 1997:195). Sie wurden von KUPER (1981:273) als

"Beile vom Darfur Typ" benannt und bestehen häufig aus einer besonderen, noch nicht

Page 57: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

50

lokalisierten Trachytvarietät (Sölvsbergit) oder aus Diorit (vgl. KEDING 1997: 191-

192). Eine Analogie zu der in altägyptischen Quellen erwähnten Nutzung von Beilen

mit scharfer Klinge zu Zwecken der Holzbearbeitung liegt nahe (vgl. KEDING

1997:195 nach KÜHNERT-EGGEBRECHT 1969:48), (s. Fototafel 02: "Stone

Artefacts" a, im Materialband).

Außer Reibschalen und Mahlsteinen unterschiedlicher Form und Größe (s. Fototafel 02:

"Stone Artefacts" b) sind rundlich ovale Artefakte mit glatter Arbeitsfläche und mittig

eingetieftem Narbenfeld häufig. Als mögliche Funktionen werden das Knacken von

Ziziphus-Kernen, das Zerreiben und Zerstoßen fester Stoffe, aber auch die Verwendung

als Paletten und als mit tierischem oder pflanzlichem Fett betriebene Lampen diskutiert

(vgl. KEDING 1997:196-197), (s. Fototafel 02: "Stone Artefacts" c).

Ferner findet man auf quasi allen Fundplätzen eine bemerkenswerte Anzahl von gut

gerundeten, etwa faustgroßen Kugeln aus harten Steinvarietäten, so genannte „Bola-

Kugeln“. Sie wurden wahrscheinlich zum Aufrauen der Reibschalen, möglicherweise

aber auch als Schleuderkugeln zum Jagen verwendet (s. Fototafel 02: "Stone Artefacts"

d).

Seltener sind dagegen Rillensteine zu finden. Dabei handelt es sich um Schleifgeräte

zum Glätten von Holz-, Horn- oder Knochengeräten und zum Abrunden und Normieren

von Straußeneiperlen (s. Fototafel 02: "Stone Artefacts" e).

Diverse Mikrolithe sowie Bohrer, Kratzer, Schaber, Klingen und Pfeilspitzen runden

das Spektrum der wichtigsten Steinartefakte ab (vgl. KEDING 1997:197-201), (s.

Fototafel 02: "Stone Artefacts" f).

Das Rohmaterial der Steinartefakte ist an lokale Ausbisse gebunden und besteht im

Unteren Wadi Howar zu einem großen Anteil aus Gangquarzen, Quarzit, Sandstein,

Chalcedon und manchmal fossilem Holz (vgl. KUPER 1981:238-239). Ausnahmen

bilden kleine Beile aus grünem Jaspis und die erwähnten "Darfur Beile" aus

Sölvsbergit.

Steinartefakte sind schwer zu datieren und mit Ausnahme der "Darfur Beile", welche in

einem konkreten Fundzusammenhang mit Knochen auf 5000 bis 4000 a BP datiert

wurden, durch die Persistenz ihrer Nutzung bestimmten Besiedlungsphasen nur schwer

zuzuordnen (vgl. KEDING 1997:195).

Page 58: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

51

2.4.3. Keramikchronologie und Subsistenzstrategien Die zweite große Fundgruppe bilden Keramikscherben. Sie sind in Bezug auf

chronologische Fragestellungen sehr aussagekräftig, da von den ersten bis zu den letzten

Bewohnern des Wadi Howar im Holozän jede neolithische Bevölkerungsgruppe eine ihr

eigene Keramikform nutzte (vgl. RICHTER 1989:440; KEDING 1995:91). Ein großer

Teil der Keramikgefäße wurde auf der Oberfläche in einer jeweils typischen Art und

Weise, die über Jahrhunderte, teilweise sogar über Jahrtausende über weite Gebiete

anhielt, verziert. Zu einer Veränderung des Keramikstils kam es in erster Linie durch

eine Veränderung der Bevölkerungsstruktur, die ihrerseits mit Wanderungsbewegungen

und der Ablösung unterschiedlicher Subsistenzstrategien zusammenfiel. Beziehungen

zwischen Keramikphasen und Wirtschaftsweisen lassen sich aus dem

Fundzusammenhang mit zoologischen und botanischen Resten, aber auch aus der Art

und geomorphologischen Lage der Siedelplätze erschließen (vgl. KEDING 2000:100,

JESSE & KEDING 2002:279). In diesem Kontext erhalten Keramikstile

paläoökologische Aussagekraft.

Auf der Siedeldüne "Conical Hill 84/24" gelang es vor 20 Jahren durch Anlage einer

110 cm tiefen Grabung im Plateaubereich eine chronologisch-stilistische Abfolge der

frühen Keramikentwicklung des Unteren Wadi Howar zu gewinnen. Sie bildete lange

die einzige vertikale archäologische Stratigraphie (vgl. GABRIEL & KRÖPELIN

1985:108-110; KEDING 1997:241). Mit Hilfe des Seriationsverfahrens der

Korrespondenzanalyse und durch regionale und überregionale Vergleiche absolut

datierter Fundinventare konnte diese zeitliche Abfolge um weitere Keramikstile

erweitert und verfeinert werden (vgl. KEDING 1995:94/ 1997:252). Spätere Grabungen

des Kölner Forschungsprojektes ACACIA bestätigten und ergänzten die erarbeitete

Keramikstratigraphie (vgl. KEDING 2000), (s. Abb. 12).

Page 59: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

52

(Quelle: JESSE & KEDING. 2002:280)

Abb. 12: "The cultural sequences of the Lower and Middle Wadi Howar and adjacent research areas. 'n'

shows the sum of find spots in each area. The percentages indicate the share of sites with each pottery

main group in the four areas." (JESSE & KEDING. 2002:280)

Die Keramikstratigraphie bildet für das Wadi Howar die Basis chronologischer und

kultureller Klassifikationen (KEDING 1998:4). Im Weiteren werden zusammenfassend

die drei wichtigsten Keramikkomplexe behandeln, die jeweils für eine bestimmte

Subsistenzwirtschaftsweise stehen und damit auch die paläoökologische Situation im

Unteren Wadi Howar widerspiegeln.

2.4.3.1. Keramik erster Jäger und Sammler Keramik ist seit dem Ende des 10. Jahrtausends BP in der Zentralsahara und dem Niltal

bekannt. Die als "Early Khartoum Typ" bezeichnete Keramik prägt den ältesten

Keramikhorizont der Sahara und erstreckt sich vom Niltal bis zum Atlantik (vgl.

KEDING 1998:4). Im Wadi Howar kommt dieser Keramikkomplex quasi

ausschließlich im unteren Wadilauf vor, wo im Jahre 2002 113 Fundplätze bekannt

waren (vgl. JESSE 2002:80,82).

Die Fundzusammenhänge zeugen von einer aneignenden Wirtschaftsform der

damaligen Talbewohner. Als wenig spezialisierte Fischer, Jäger und Sammler waren sie

Page 60: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

53

in großer Mehrheit auf Siedeldünen nahe Flussläufen und kleineren Süßwasserseen

sesshaft (vgl. KEDING 1998:4; JESSE & KEDING 2002:279-280; RICHTER

1989:438).

Die Keramik, von der nur Fragmente, nie ganze Gefäße erhalten sind, ist

flächendeckend in Wiegetechnik (rocker-stamp application) mit den Rückenflossen von

Welsen (Synodontis schall), in Wellen und Bögen ("Dotted Wavy Line") oder mit

gepunktetem Zickzack ("Packed Zig Zag") verziert (HINKEL 1979:IV nach ARKELL).

Sie ist relativ dickwandig, stark quarzgemagert, sehr hart und rotbraun bis grauschwarz

mit geglätteter Innen- und Außenwand (s. Fototafel 03: "Pottery Groups" a/b, im

Materialband). Eine zeitgleiche und die vorangehenden Stile ersetzende Entwicklung ist

der so genannte "Laqiya Typ", dessen auf eine NS-Achse beschränkte Verbreitung vom

Gebel Tageru im Süden über das Wadi Howar nach Laqiya im Norden auffällig ist (vgl.

JESSE 2002:85-87/ 2003:283).

2.4.3.2. Keramik rinderhaltender Pastoralisten

Der nächstjüngere Horizont wird durch Leiterbandkeramik geprägt und ist

charakteristisch für Siedelplätze zwischen 5200 und 4000 a BP. Die Verbreitung dieser

Keramik ist eng an das Wadi Howar gebunden und erfolgte in ostwestlicher Richtung.

Die Oase al-Atrun ist ihre nördliche Ausbreitungsgrenze (vgl. RICHTER 1989:438-

440). Die ältere Leiterbandkeramik weist Parallelen zu einem Keramikkomplex im

Niltal ("Khartoum Shaheinab" – 5000 bis 4000 a BP) auf, ihr Vorkommen ist aber auf

ein Gebiet bis 250 km westlich des Niltals begrenzt. Jüngere Stilentwicklungen breiten

sich nach Osten, vom Mittleren Wadi Howar über das Ennedi Gebirge, Borkou Plateau

und Djourab, bis nach Mali aus (vgl. KEDING 1998:10/ 2000:103).

Leiterbandkeramik ist mit Hinterlassenschaften rinderhaltender Pastoralisten

vergesellschaftet. Die Rinder wurden wohl ursprünglich vom Nil als Notreserve

("emergency food") in das Wadi Howar getrieben, wo sie gejagt wurden (A. GAUTIER

Königswinter, 20037) Die Nahrungsgrundlage rinderhaltender Pastoralisten bestand

zum Großteil aus Milch. In der Trockenzeit wurde zusätzlich durch "Anzapfen" der

Venen der Rinder nahrhaftes Blut konsumiert. Fischfang und pflanzliche Nahrung, auf

welche abgearbeitete Reibschalen und -mulden sowie Celtis-Kerne hinweisen, waren

Nahrungsergänzung, während der Verzehr von Fleisch wahrscheinlich auf kultische

7 Vortrag über "Animal Domestication in North Africa" im Rahmen der Konferenz "Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika" vom 01.-03.10.2003 in Königswinter.

Page 61: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

54

Gelegenheiten beschränkt war (vgl. KEDING 1995:101-102/ 1997:244-246/ 1998:9; N.

PÖLLATH & H. RIEMER Königswinter, 20038,). Der westliche Abschnitt des Unteren

Wadi Howar wies noch ganzjährig offene Wasserstellen auf, die Ufer waren mit

Akazien gesäumt und das Umland bestand aus grüner Savanne, in der die Rinder

weiden konnten. Erst mit zunehmender Aridität, die mit einer Beschränkung der

Weidemöglichkeiten, Abnahme der Vielfalt und Menge an Wildgräsern und einer

zunehmenden Knappheit an Holz einherging, musste zuerst saisonal in das Mittlere

Wadi Howar gewandert und schließlich ganz umgesiedelt werden (vgl. KEDING

1995:101-103/ 1998:5ff: JESSE & KEDING 2002:281).

Bei der Leiterbandkeramik handelt es sich um qualitativ hochwertige, sehr homogene,

dünnwandige, überwiegend rotbraune fast ausschließlich sandgemagerte Ware. Die

Oberfläche der häufig noch vollständig erhalten im Sediment steckenden rundbodigen

kugeligen Töpfe ohne Halsansatz ist überwiegend mit horizontal angeordneten

Bänderungen bedeckt, die in Wiegetechnik mit Spatel und Kämmen eingedrückt

wurden (vgl. KEDING 1995:91,94-95/ 1997:252/ 1998:7), (s. Fototafel 03: "Pottery

Groups" c/d). Der Keramikstil ist eine Entwicklung, die sich aus der Tradition der Zick-

Zack-Verzierungen im Wadi Howar vollzogen zu haben scheint (vgl. RICHTER

1989:437), (s. Abb. 13).

8 Vortrag über "Animals and the Desert: Evidence from Egypt and Sudan" im Rahmen der Konferenz "Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika" vom 01.-03.10.2003, in Königswinter)

Page 62: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

55

(Quelle: KEDING 1998: Abb.1)

Abb. 13: "Verschiedene Arten der Wiegetechnik" (KEDING 1998: Abb.1; JESSE 2003:45)

2.4.3.3. Keramik kleintierhaltender Pastoralisten und Jäger Der jüngste Horizont besteht aus Keramik mit geometrischen Mustern und

Mattenverzierung und wird zusammenfassend als Keramik vom "Handessi Typ"

bezeichnet (arabische Bezeichnung, mündl. Mitt. MUAWIYA, Wadi Howar 2003;

schriftl. Mitt. F. JESSE 2004). Sie kennzeichnet die letzte Phase dauerhafter

menschlicher Besiedlung des Wadi Howar bis 3000 a BP (vgl. KEDING 1998:10;

JESSE & KEDING 2002:281). Die Handessi-Keramik ist auf das westliche Untere

Wadi Howar und schwerpunktmäßig auf das Mittlere Wadi Howar beschränkt.

Überregional findet sich ähnliche Keramik auch in der Laqiya-Region im Norden, im

Gebel Tageru im Süden sowie dem Ennedi im Westen (vgl. KEDING 2000:99-100;

RICHTER 1989:440). Das Siedlungsmuster der damaligen Menschen bestand aus

kontrahierten kleinen Siedelplätzen in einem von früheren Hinterlassenschaften

diskontinuierlichen Fundzusammenhang, was auf eine neue Bevölkerungsgruppe

hinweist.

Page 63: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

56

Die Handessi-Siedler hielten neben vereinzelten Rindern kleine Herden von Schafen

und Ziegen, sammelten und lebten zunehmend von der Jagd (vgl. KEDING 1998:10-11;

JESSE & KEDING 2002:288,281).

Die Hypothese eines Eindringens einer neuen Bevölkerungsgruppe in dieser späten

Besiedlungsphase wird von der Verschiedenheit der Keramik zu vorangehenden

Stilrichtungen bestärkt, wenngleich auch für diese Annahme bislang von

anthropologischer Seite nur wenige Belege vorliegen (schrift. Mitt. F. JESSE 2004). Die

Keramik ist fast ausschließlich anorganisch gemagert, grauschwarz, häufig mit

braunroter Oberfläche, gröber als vorangehende und weist den größten Formenschatz

der Gefäße auf. Als Verzierungen treten in der frühen Phase geometrische, häufig

geritzte Formen auf, die später zunehmend von Mattenabdruck "Woven-Mat

Decoration" abgelöst werden (vgl. KEDING 1998:10-11), (s. Fototafel 03: "Pottery

Groups" e/f).

Aus den nachfolgenden Jahrtausenden sind nur wenige Fundorte bekannt, was darauf

schließen lässt, dass das Untere Wadi Howar für längere Aufenthalte größerer Gruppen

zu trocken geworden war. Als Verbindungsweg zwischen Nil und der Zentralsahara

wurde das Untere Wadi Howar wohl noch in geschichtlichen Zeiten genutzt, wie die

Lage der wahrscheinlich meroitischen (ca. 400 BC bis 350 AD) Festung "Qala'a Abu

Ahmad" im östlichen Talabschnitt unterstreicht, (vgl. KEDING 1989:35; KRÖPELIN

1999:480, JESSE & KEDING 2002:281). Als saisonale Weide nach starken

Niederschlägen wird der westliche Teil des Unteren Wadi Howar auch heute noch von

den Kababish Nomaden zum Grasen ihrer Kamelherden aufgesucht.

Page 64: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

57

3. BESCHREIBUNG DES SURVEYS IN DER REGION ABU

TABARI

Während des Geländeaufenthaltes im November 2003 erfolgte der erste systematische

geowissenschaftlich begleitete archäologische Survey regionalen Ausmaßes im Gebiet

von Abu Tabari.

Anfang des letzten Jahrhunderts wurde dieses Gebiet von G.R. CAREY, Capt.

CONINGHAM und Capt. WHITTINGHAM auf dem Weg nach al-Atrun auf Grund des

Brunnens "Bir Abu Tabari" aufgesucht (vgl. HINKEL 1979:11-21,141). Im gleichen

Jahr 1907 verdurstete jedoch ein Teil eines von dort aufgebrochenen vierzigköpfigen

Kamelkorps (Camel Corps Officers) nach erfolglosem Versuch, diesen erneut

aufzufinden (vgl. KRÖPELIN 1993:23 nach KEAYS, G.A.V. 19399; vgl. auch

NEWBOLD 1924:44).

Zwischen 1980 und 1993 wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) das

interdisziplinäre Forschungsprojekt "Besiedlungsgeschichte der östlichen Sahara"

(BOS) gefördert, welches in der Region von Abu Tabari die "Siedeldüne 84/50" näher

beschrieb.

Im Rahmen des Sonderforschungsbereichs 69, "Geowissenschaftliche Probleme in

ariden und semiariden Gebieten – Entwicklung und Potential kratonaler

Großstrukturen" wurden im Teilprojekt E1 "Quartärgeologie, Paläoklimatologie und

Südwanderung der Sahara" auch in dieser Region quartärgeologische Beobachtungen

angestellt. Insbesondere KRÖPELIN hat auf sieben Forschungsexpeditionen Daten

gesammelt und in seiner Doktorarbeit veröffentlicht. Er beschreibt das Gebiet als

"äußerst unübersichtliches Gelände" mit einem "in diesem Abschnitt besonders schwer

zu verfolgenden Wadilauf" (KRÖPELIN 1993:72).

Im Rahmen des im Jahre 1995 anschließenden, wiederum von der DFG getragenen

Sonderforschungsbereichs 389 "Arid Climate, Adaption and Cultural Innovation in

Africa" – ACACIA wurden im ersten Jahr diverse weitere Siedeldünen auf der

Fahrtstrecke Richtung "Conical Hill" registriert und schließlich vom 8.-10. Dezember

1995 begangen. Im Januar 1997 wurde das Gebiet um die Siedeldünengruppe "Abu

Tabari 97/01" bis "Abu Tabari 97/04" als Arbeitsgebiet ausgewählt und in einem 3 km x

4 km großen Areal an drei Tagen begangen. Ziel war es, eine Vorstellung von der

Einbettung der Siedeldünen in ihre unmittelbare Umgebung zu bekommen.

9 KEAYS, G.A.V. 1939: "Note on the history of the Camel Corps", in: Sudan Notes and Records: 103-123

Page 65: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

58

Anschließend wurde das Areal in einem Radius von ca. 5 km umfahren. Dieser nicht

gesondert publizierte Survey lag westlich vom nachfolgend beschriebenen

Untersuchungsgebiet und war bedeutend kleinräumiger angelegt.

Schließlich erfolgte im Herbst 2002 ein zwei Tage dauernder motorisierter Survey mit

einem Radius von 10 km um den Fundplatz "S02/01" Auch hierbei stand die Erfassung

der unmittelbaren Umgebung im Vordergrund (schriftl. Mitt. F. JESSE 2004, s. CD01:

Datensatz "abu_tabari_survey.qu3/survey sheets acacia").

Dieser Abriss der Forschungsgeschichte unterstreicht die besondere Ausgangslage für

die von Dr. M. LANGE geleitete archäologische Forschungsexpedition im Rahmen des

Teilprojektes A1 "Climate Change and Human Settlement between the Nile Valley and

the Central Sahara" von ACACIA. Mit 25 Tagen vor Ort wurde hier erstmalig eine

längere Zeitspanne in der Region von Abu Tabari verbracht und verschiedene

Grabungen durchgeführt. Dieser ortsgebundene Geländeaufenthalt wurde durch einen

systematischen regionalen Survey unter Verwendung des beschriebenen Navigations-

Informations-Systems begleitet.

In dem archäologisch nach wie vor weitgehend als Neuland zu betrachtenden Raum des

Unteren Wadi Howar wurden auf Grund der zeitlichen Begrenzung der

Geländeaufenthalte auf bisherigen Kampagnen möglichst direkt viel versprechende

Lokationen angesteuert. Während solcher Fahrten wurden mehr oder weniger zufällig

weitere Fundplätze entdeckt, beschrieben und gegebenenfalls in nachfolgenden

Geländekampagnen zwecks stationärer Grabungen wieder aufgesucht. Aus diesem recht

produktiven Vorgehen resultierten lineare, den Fahrtrouten folgende und zur Umgebung

überproportional dichte Verteilungsmuster von Fundplätzen.

In der Region von Abu Tabari sollte dieser Situation diesmal explizit entgegengewirkt

werden, indem ein ausgedehntes Areal systematisch und flächendeckend untersucht

wurde. Durch eine mit Hilfe des Navigations-Informations-Systems flexibel und

interaktiv erfolgende Projektion eines Kilometerrasters über die im Gelände

eingesetzten Satellitenbilder der Region konnte ein äquidistantes Netz an

Surveypunkten entwickelt werden. Die ausgewiesenen Punkte wurden sowohl

archäologisch als auch geowissenschaftlich beschrieben.

Der übergeordnete Forschungsgegenstand war die räumlich-zeitliche Verbreitung

neolithischer Siedelaktivitäten mit dem Ziel, neue Erkenntnisse über die Lage der

Page 66: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

59

archäologischen Fundplätze zueinander in ihrem naturräumlichen Umfeld zu gewinnen.

Um sie besser in die holozäne Landschaftsgeschichte einordnen zu können, erfolgte

zusätzlich zu den regulären Surveypunkten auch an allen archäologischen Fundplätzen

im Surveygebiet eine sedimentologische und geomorphologische Beschreibung.

3.1. Surveyparameter

Die Region Abu Tabari erscheint im Satellitenbild als Bereich zwischen einer

kanalartigen, von Westen nach Osten gerichteten, 2 km großen Verengung im Süden

und dem Wadi Howar im Norden. Das Wadi Howar umläuft in einem ca. 40 km weit

gespannten Halbkreis einen Schwellenbereich von etwa 13 km Ausdehnung. Die

erhöhte Grundgebirgsschwelle weist ein sich nach Osten öffnenden Beckenbereich auf.

Um diese Formenabfolge in dem Survey zu erfassen, ergibt sich eine 22 km lange NS-

Erstreckung: vom nördlichen Ufer des Wadi Howar über den Schwellenbereich bis zum

Südrand der kanalartigen Tiefenlinie. Die OW-Erstreckung umschließt den gesamten

Schwellenbereich und Teile der sich östlich anschließenden Gebiete, in denen

schwerpunktmäßig die stationären Grabungen stattfanden. So ergibt sich ein Areal von

über 600 km² (28 km x 22 km), das mit begrenzten Dieselvorräten in einem Zeitraum

von weniger als drei Wochen mit beständiger Genauigkeit flächendeckend

aufzunehmen war.

Ein Netz aus 180 Surveypunkten mit je 2 km Abstand voneinander erwies sich, den im

Vorfeld erstellten Berechnungen entsprechend, als praktikabel. Der Abstand zwischen

den Surveypunkten wurde, wenn möglich, auch bei der Entfernung zwischen den

gefahrenen Routen nicht überschritten, um keine zu großen Zwischenräume zu erzeugen

(s. Fototafel 10: "Survey Points and Tracks", im Materialband). In Anbetracht der

weiträumigen Ausdehnungen der archäologischen Fundplätze und der in diesem

Gelände vorherrschend unverstellten Sicht erschien der 2 km betragende Abstand

geeignet, um mit relativ großer Sicherheit die wichtigsten Zeugnisse neolithischer

Siedelaktivitäten aufzufinden. Für das geomorphologische und quartärgeologische

Gesamtbild wären auch größere Abstände möglich gewesen, um damit das erfasste

Areal zu erweitern.

Die Koordinaten der Surveypunkte entsprechen geraden UTM-Werten, sodass innerhalb

der gleichbleibenden UTM-Zone (vgl. Kapitel 1.2.2.1.) mit einer prägnanten Angabe

wie "1954/626" (Northing 1954000/Easting 35 626000) ein Geländepunkt auf den

Page 67: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

60

Meter genau bestimmt wird. In der weiteren Beschreibung erfolgen räumliche Angaben

in dieser Kurzform. Bei Bezugnahme auf ein Satellitenbild liegt, wenn nicht

abweichend angegeben, die Kanalkombination "TM7", "TM4", "TM1" (R, G, B) zu

Grunde. Surveypunkte sind mit ihren Koordinaten oder Namen in der Fototafel 10:

"Survey Points and Tracks" aufgeführt.

Alle Surveypunkte wurden mit einem den GPS-Empfänger vorgegebenen so genau wie

möglich angesteuert, und ein konstanter Katalog an Geländeparametern erfasst. Die

Parameter wurden in Hinblick auf die Forschungsfrage entwickelt und berücksichtigen

sowohl den eingeschränkten zeitlichen Rahmen als auch die zur Verfügung stehenden

Arbeitsmittel.

An erster Stelle steht eine detaillierte geomorphologische Ortsbeschreibung, die auch

das Vegetationsvorkommen umfasst (s. Fototafel 07: "Vegetation Distribution

(TM4/TM3/TM2)", im Materialband). Sie erfolgt in schriftlicher Form und wird durch

digitale Fotos, die vom Dach des Fahrzeuges in alle vier Himmelsrichtungen in gleich

bleibender Abfolge aufgenommen werden, ergänzt. Diese Fotos sind in der Datenbank

des Navigations-Informations-Systems mit den Surveystrecken (tracks) unter Angabe

der Himmelsrichtungen zu drei thematisch gegliederten Datensätzen verknüpft (s.

CD01: Datensätze "abu_tabari_survey.qu3/tracks - survey point photos", "…/tracks -

geoscientific photos" und "…/tracks – archaeological site photos" sowie DVD: "abu

tabari 2004 survey photos"). Auf diese Weise können das gesamte Surveygelände und

die archäologischen Fundplätze aus der Kartenansicht im Navigations-Informations-

System mit Raumbezug über Fotos visualisiert werden.

Als zweiter Parameter wird die absolute Höhe der Geländeoberfläche mit dem GPS-

Empfänger erfasst. Die Höhenangabe wird dabei über die gesamte Verweildauer

gemittelt (vgl. Kapitel 3.2.1.1.).

An jedem Surveypunkt erfolgt eine rasche bodenkundlich-sedimentologische

Feldansprache über Anlage einer Profilgrube. Die Tiefe dieser Aufschlüsse ist abhängig

von der Beschaffenheit des Untergrundes, der mit wenigen Spatenstichen erschlossen

werden muss, und geht selten über einen halben Meter hinaus. Am Profil werden die

Horizontabfolgen beschrieben. Neben den Horizontmächtigkeiten werden über

Fingerprobe deren Bodenarten bestimmt. In den meisten Fällen wird zudem mit

Salzsäure (HCl) der Carbonatgehalt sowie mit den "Munsell Soil Color Charts" die

Bodenfarbe ermittelt.

Page 68: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

61

Die benötigte Zeit für die Aufnahme dieser Parameter wird von dem jeweiligen, den

Tagessurvey begleitenden Archäologen dazu genutzt, die unmittelbare Umgebung

intensiv nach Artefakten abzusuchen. Zum Abschluss wird von diesem die Dichte der

Artefaktstreu eingeschätzt und vermerkt (s. CD01: "abu_tabari_survey.qu3/artefact

density - survey points" und Fototafeln 08 "Early Khartoum and Leiterband Type

Ceramics", 09: "Handessi Type Ceramics and Watering Places").

Dem archäologischen Schwerpunkt des Surveys wird insofern Rechnung getragen, als

dass alle potentiellen archäologischen Fundplätze beidseitig der Fahrtrouten angesteuert

werden. Diese Fundplätze werden gesondert und umfassend nach dem

Surveybogensystem von ACACIA inventarisiert. Für die vorliegende Arbeit wurde aus

diesem archäologischen Datensatz die Informationen über Keramikvorkommen und

Fundplatzausdehnung übernommen. Die Zuordnung der archäologischen Fundplätze zu

raumzeitlichen Besiedlungsmustern erfolgt über das Vorkommen unterschiedlicher

Keramiken und den mit ihnen korrelierenden Abfolgen der spezifischen

Subsistenzwirtschaftsformen und Besiedlungsphasen (vgl. Kapitel 2.4.3.).

3.2. Geomorphologische Datensätze

"Geomorphologie" ist die Wissenschaft von den Oberflächenformen der Erde. Neben

einer Reliefbeschreibung werden auch die Kräfte und gesetzmäßigen Abläufe, durch die

die verschiedenen Formen gestaltet werden, untersucht (vgl. FB Geoinformatik, Uni

Rostock10).

In dieser Arbeit wird unter "Geomorphologie" die Beschreibung des Aufbaus und der

Entwicklung rezenter Landschaftsformen verstanden. Dabei werden deren spezifische

Charakteristika herausgearbeitet und dargestellt. Die Lagebeziehungen der einzelnen

Geländeeinheiten werden durch eine topografische Beschreibung unter

Berücksichtigung der zu Grunde liegenden geologischen Strukturen festgehalten. Im

Gegensatz dazu ist die Darstellung der holozänen Genese der miteinander verzahnten

Ablagerungsräume nicht über eine ausschließliche Beschreibung der

Oberflächenformen möglich, sondern auf begleitende sedimentologische

Untersuchungen angewiesen.

10 http://www.geoinformatik.uni-rostock.de/einzel.asp?ID=-903710542

Page 69: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

62

Die Beschreibung der geomorphologischen Beobachtungen zu den einzelnen

Surveypunkten erfolgt in tabellarischer Form (s. Tabelle im Anhang und auf CD 01:

"abu_tabari_geosurvey.xls"). Überdies können die einzelnen Surveyeinträge aus dem

Navigations-Informations-System abgerufen und visualisiert werden. (s.CD01:

Datensatz "abu_tabari_survey.qu3/complete geoscientific survey"). Die Tabelle wird,

ebenso wie alle Datensätze des Navigations-Informations-Systems, in englischer

Sprache gehalten um den sudanesischen Partnern von ACACIA den Zugriff darauf zu

ermöglichen.

3.2.1. Zur Topografie des Surveygebietes "Topografie" wird nachfolgend, im Sinne der ursprünglichen Bedeutung des

griechischen Wortes, als "Ortsbeschreibung" verstanden. Dabei werden die

charakteristischen Landschaftselemente des Surveygebietes miteinander in Beziehung

gesetzt und ihre Lageverhältnisse, besonders bezüglich ihrer Geländehöhe, unter

Berücksichtigung der geologischen Basis beschrieben.

3.2.1.1. Höhenangaben aus GPS-Messungen und DEM Für die Beschreibung der Topografie sind vor allem im weitläufigen und flachen

Wadibett sehr genaue Höhenangaben erforderlich. Diese werden über GPS-Messungen

ermittelt. An den Surveypunkten wird während der gesamten Aufenthaltsdauer die

Höhe der Geländeoberfläche aufgezeichnet, schließlich gemittelt und zusammen mit

ihrer geschätzten Genauigkeit vermerkt. Dieser als "EPE" (estimated position error) mit

95%er Sicherheit und in Metern angegebene Genauigkeitswert ist abhängig von

folgenden Faktoren: der Lagegeometrie der Satelliten (DOP – dilusion of precision), der

Abschattung der Signale durch das Gelände (local terrain masking), den Verzögerungen

der Signale auf dem Weg vom Satelliten zum Empfänger (URE – user range errors) und

dem verwendeten Gerät (UEE – user equipment error). Der "EPE"-Wert beschreibt die

horizontale Genauigkeit, mit der eine gleiche Koordinate reproduziert werden kann

(precision). Die vertikale Genauigkeit ist der horizontalen mindestens um den Faktor

1,3 unterlegen (vgl. WORMLEY 2004). Die Höhenangaben der "Garmin 12"-Baureihe

weisen in Versuchsreihen Werte auf, die im Mittel 10 m höher liegen als die wirkliche

Position (accurate position) (vgl. WILSON 2000), (s. Abb. 14).

Page 70: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

63

(Quelle: WILSON 2000, abgeändert durch HABERLAH)

Abb. 14: "Garmin 12XL Vertical Error Histogram" (WILSON 2000).

Hieraus ergibt sich, dass Höhenwerte über die Ausdehnung des Surveygebietes nur

eingeschränkt miteinander verglichen werden können. Um die Qualität der

Höhenangaben in der Praxis zu prüfen wurden wiederholt Messungen in den

Basislagern und an bestimmten mehrfach angesteuerten Kontrollpunkten durchgeführt.

Aus diesen Beobachtungen folgt, dass Höhenangaben mit einem "EPE-Wert" von 3 m

zuverlässig in diesem Schwankungsbereich reproduziert werden können, Höhenangaben

mit einem "EPE-Wert" von 4 m hingegen aber schon als unzuverlässig eingestuft

werden müssen. In der Darstellung der Höhen im Navigations-Informations-System

wird dieser Beobachtung durch ihre, in Abhängigkeit vom "EPE-Wert" erfolgten

Farbgebung, Rechnung getragen (s. Fototafel 05: "GPS-Altitudes and (D)GPS-Tracks").

Während der Fahrt wurden zugleich mit den Trackaufzeichnungen die vom GPS-

Empfänger berechneten Höhen mitgeschrieben. Leider ermöglichte "TouraTech QV

3.0" zum Zeitpunkt der Geländearbeiten noch keine begleitende Aufzeichnung der

korrespondierenden Genauigkeitsangaben (EPE), so dass diese laufenden Höhendaten

nicht differenzierter evaluiert werden können und insgesamt als unzuverlässig eingestuft

werden müssen.

Neben der GPS-Messung wurde für die Beschreibung der Topografie das digitale

Höhenmodell (DEM) "GTOPO30" (Kachel "E020N40" –

http://edcdaac.usgs.gov/gtopo30/e020n40.asp) des dem "U.S. Geological Survey"

angegliederten "EROS-Data Center" (Earth Resources Observation Systems Data

Page 71: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

64

Center – http://edc.usgs.gov) verwendet, um die Plausibilität der erhobenen GPS-

Höhenangaben prüfen zu können. Das digitale Höhenmodell hat eine horizontale

geometrische Auflösung von 30 Arc-Sekunden, was im Gelände einer Fläche von 920

m x 920 m entspricht. Der gemittelte Höhenwert über dieser Ausdehnung wird auf den

Meter genau angegeben. "GTOPO30" wurde aus unterschiedlichen Datensätzen

kompiliert. Dem Gebiet der Surveyregion liegt das Rasterbild "DTED – Digital Terrain

Elevation Data" mit einer vertikalen absoluten Genauigkeit von 30 m (90%) zugrunde.

Die relative Genauigkeit der Höhenangaben zueinander wird als "besser" eingestuft

(vgl. LPDAAC 2004). Dennoch können über dieses Modell angegebene Höhenwerte

nur unter Vorbehalt für die Klärung topografischer Fragen verwendet werden.

3.2.1.2. Provisorische differenzielle GPS-Messung Gegen Ende des Geländeaufenthaltes blieben verschiedene wichtige topografische

Fragestellungen auf Grund mangelnder Genauigkeit und Dichte der stationären GPS-

Messungen ungeklärt. Besonders die Klarstellung folgender Sachverhalte erforderte

nähere Untersuchungen:

- die Lage der Tiefenlinie im weiten, als Ebene erscheinenden Wadibett sowohl

westlich als auch östlich der Grundgebirgsschwelle,

- das Neigungsgefälle der nordöstlichen Anbindung des Beckenbereiches dieser

Schwelle an das Wadi Howar sowie

- die Gefällerichtung der südlichen kanalartigen Tiefenlinie.

Diese Fragestellungen lassen sich nur durch kontinuierliche GPS-Messungen mit einer

relativen Genauigkeit im Einmeterbereich beantworten.

Diese Genauigkeit lässt sich mit einem differenziellen globalen Positionierungssystem

(DGPS) erreichen, mit dessen Hilfe sich die zwei größten Fehlerquellen einfacher GPS-

Messungen herausrechnen lassen: die mit dem Tagesverlauf zunehmende

ionosphärische und troposphärische Signalverzögerung und Ungenauigkeiten der

Ephemeris-Informationen (vgl. 1.1.1).

Hierfür werden durch eine GPS-Referenzstation (beacon) auf einer bekannten

Koordinate alle vom Gelände unabhängigen Fehlerquellen als Abweichungen zu der

Fixposition kontinuierlich kumulativ quantifiziert. Diese Differenzen (error correction

factor) können mit den Aufzeichnungen des mobilen GPS-Empfängers (roving receiver)

Page 72: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

65

verrechnet werden. Bei einem DGPS erfolgt dies entweder in der Nachbearbeitung mit

spezieller Software, oder während der laufenden Messungen über Funkübermittlung der

Werte an ein mit dem mobilen GPS-Empfänger in Verbindung stehendes Gerät (beacon

receiver).

Fehler, die auf Ungenauigkeiten des GPS-Empfängergerätes (receiver noise) und der

Verarbeitung der vom Gelände reflektierten und damit verfälschten Mischsignale

(multipath error) beruhen, werden nicht berücksichtigt.

Um die offenen topografischen Fragestellungen beantworten zu können, wurde

versuchsweise aus zwei baugleichen Garmin-Empfängern mit identischer Firmware ein

provisorisches DGPS aufgebaut.

Als stationäre Referenzstation wurde einer der beiden GPS-Empfänger auf das Dach

eines ungenutzten Wagens montiert, nach Süden ausgerichtet und mit einem Laptop

sowie der Autobatterie verbunden. Die laufenden, auch die Höhe umfassenden

Positionsbestimmungen wurden mit "TouraTech QV 3.0" im Sekundentakt

aufgezeichnet. Dafür wurde im "GPS-Online-Modus" das eigentlich nur über

Entfernungsangaben zu bestimmende Aufzeichnungsintervall auf den Wert "0 Meter"

eingestellt.

Im gleichen Sekundenintervall wurden parallel die mobilen Positionsbestimmungen mit

einem zweiten Laptop mitgeschrieben. Die fraglichen Geländeabschnitte wurden als

lineare Transekte mit möglichst gleich bleibender Geschwindigkeit abgefahren, wobei

der GPS-Empfänger auf dem Dach des Fahrzeuges immer nach Süden ausgerichtet

wurde um möglichst dieselben Satellitensignale wie der Empfänger der Basisstation in

die Positionsberechnungen mit einzubeziehen.

In der Nachbereitung wurden die beiden Datensätze "DGPS_base" und "DGPS_mobile"

in "Microsoft Office Excel" exportiert. Aus den 36073 über den Tag aufgezeichneten

Höheneinträgen der Basisstation wurde zuerst der Medianwert berechnet, bei dem im

Gegensatz zum arithmetischen Mittelwert der Einfluss von Extremwerten

ausgeschlossen wird. Das Resultat von 411 m wurde als Referenzwert festgelegt, zu

dem alle anderen Höhenangaben eine Differenz aufweisen können, die als kumulative

von beiden GPS-Geräten empfangene Fehlabweichungen betrachtet wurde. Über die

Excel-interne Berechnungsformel eines "Spaltenverweises" (VLOOKUP) wurden beide

Datensätze über ihre identische, sekundengenaue Zeitangabe miteinander verknüpft. Bei

den 28871 korrespondierenden Einträgen der mobilen Aufzeichnung wurden

Page 73: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

66

anschließend die Fehlabweichungen addiert und die ungefähre Wagenhöhe von 2 m

subtrahiert (s. CD01: Tabelle: "dgps_abu_tabari.xls"). Die überarbeiteten

"differenziellen" GPS-Höhenangaben werden schließlich zusammen mit ihren

korrespondierenden ursprünglichen Koordinaten wieder in "TouraTech QV 3.0"

importiert. Dort werden die Tracks in Transekte gegliedert, bereinigt und in

Abhängigkeit von ihrer Höhe farblich dargestellt (s. Fototafel 05: "GPS-Altitudes and

(D)GPS-Tracks" und CD01: Datensatz "abu_tabari_survey.qu3/(D)GPS-tracklogs").

Das Ergebnis ist eine kontinuierliche Darstellung der Höhenabfolge, die weitgehend mit

den Werten benachbarter GPS-Einzelmessungen mit einer geschätzten Genauigkeit

(EPE) von 3 m übereinstimmt. Im Vergleich zu der als unzuverlässig eingestuften, stark

schwankenden regulären Fahrtaufzeichnung erscheint die differenzielle Neuberechnung

des Tracks in sich konsistent. Allerdings weisen Fahrtabschnitte, die aus

Datenaufzeichnungen unterschiedlicher Fahrtrichtungen stammen, im von der

Basisstation am weitesten entfernten südwestlichen Abschnitt Schwankungen von bis zu

5 m auf.

Diese Abweichung resultiert aus einer Eigenschaft des provisorischen differenziellen

Positionierungssystems. Bei optimierten kommerziellen Systemen berechnet die

Basisstation die Fehlerkorrekturen für die Signale jedes zur Verfügung stehenden

Navigationssatelliten individuell, und der mobile Empfänger zeichnet die für die

Positionsermittlung verwendete Satellitenkonstellation und deren Gewichtung für die

Lageberechnung auf. Über so geartete Datensätze können die beiden Empfänger

miteinander synchronisiert werden. Eine korrekte Positionskorrektur ist somit nicht

darauf angewiesen, dass beide Empfänger zeitgleich dieselben Satellitensignale mit der

gleichen Gewichtung verarbeiten.

Zudem wird die "bekannte" Koordinate der Basisstation fixiert, während bei der

dargestellten provisorischen Basisstation die ihr zu Grunde liegende geografische Breite

und Länge schwanken und damit die Genauigkeit des Korrekturwertes der

Höhenangabe beeinflussen (vgl. U.S. COAST GUARD NAVIGATION CENTER

1996:chapter 10).

Die provisorischen DGPS-Aufzeichnungen sind folglich wie auch die regulär

ermittelten GPS-Werte der Surveypunkte und die Angaben aus dem digitalen

Höhenmodell mit Vorsicht zu interpretieren. Die Werte sind nicht als absolute Angaben

der Höhe in m über NN zu verstehen. Vielmehr handelt es sich um durch

Page 74: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

67

unterschiedliche Methoden gewonnene mathematische Höhen (s. Abb. 15). Sie beziehen

sich alle auf das globale Ellipsoid "WGS84" (vgl. U.S. COAST GUARD

NAVIGATION CENTER 1996:Annex B1; WILSON 2000).

(Quelle: Wilson 2000)

Abb. 15: "Ellipsoid Height" (Wilson 2000).

Aus einem kritischen, die Genauigkeit der erhobenen Daten differenzierenden und die

Besonderheiten der Datensätze berücksichtigenden Vergleich der Höhendaten

miteinander ergibt sich jedoch ein topografisches Gesamtbild der Surveyregion, das die

Lage der Geländeformen zueinander relativ zuverlässig widerspiegelt.

3.2.1.3. Beschreibung der Topografie Das nordwestlich des halbkreisartig verlaufenden Wadi Howar gelegene Gebiet besteht

aus einer schotterreichen, sandigen Ebene mit vereinzelten flachen Ausbissen an

graubraunem Sandstein mit roten, bunte Quarzkiesel führenden Konglomeratlagen. In

der russischen topografischen Karte "Abu Tabari, E-35-G" wird diese Ebene "Zalat al-

Mai" genannt, was auf Arabisch treffend "vom Wasser geschaffene Kiesebene" bedeutet

(vgl. WEHR 1976:345,830). Flache Fließrinnen, die in südliche bis südöstliche

Richtung ins Wadi Howar verlaufen, durchziehen die Ebene. Zwei größere, flache, mit

Sand verfüllte, etwa 10 m breite Gerinnebahnen lassen sich auf dem Satellitenbild nach

Norden bis in das Gebiet des "Gebel Issawi" verfolgen. Das Gelände fällt leicht in

Richtung SO auf eine Entfernung von wenigen Kilometern von ca. 430 m auf 420 m ab.

Eine klare Abgrenzung zum Wadi Howar in Form eines Ufers ist nicht gegebenen (s.

Foto 01).

Page 75: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

68

Foto 01: Surveypunkt "1954/632", Blick nach Westen

Die Geländesituation ist vielmehr dadurch gekennzeichnet, dass mit Ausnahme der

nordwestlichen Surveypunkte (bis "E 632") das Wadibett flach und weit nach Norden

ausholt und einen ausgedehnten Verzahnungsbereich mit den lokalen Tributären bildet.

Von der Mitte des Surveygebietes aus ("E 638") prägen nach Westen hin neben den

Sandstein- und Konglomeratrippen zunehmend flache Granitausbisse mit

"Wollsackverwitterung" das Landschaftsbild. Die Ebene wird steiniger und

kleinräumiger, fällt aber insgesamt weiter nach SO ab. Die im Satellitenbild als

dunkelblau erscheinende grusige Ebene ist nicht immer höher gelegen als das im Süden

anschließende Wadibett.

Im äußersten NO der Surveyregion bilden hohe Granitausbisse regelrechte

"Wollsackburgen" (s. Foto 02).

Page 76: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

69

Foto 02: Blick von einer "Wollsackburg" über die Ebene des Wadi Howar im Süden (1947458/651190)

Auf der Länge von "E 649" markiert eine 2 m eingetiefte, kies- und sandverfüllte, von

Norden nach Süden verlaufende Entwässerungslinie die Umkehr der bis dahin

vorherrschenden Gefällerichtung mit einem Anstieg des Geländes in nordöstliche

Richtung.

Die Tiefenlinie des Wadi Howar ist aus dem Vergleich der GPS-Höhenberechnungen

und dem digitalen Höhenmodell recht einfach zu bestimmen, während die nördliche

Begrenzung nicht ohne weiteres zu ermitteln ist. Von Westen kommend wird der bis

dahin zonale Wadiverlauf durch eine Grundgebirgsschwelle blockiert, die im äußersten

Osten von klastischen Sedimentit-Lagen bedeckt wird. Sie bildet in der Nordostspitze

bei Surveypunkt "1947/632" mit etwa 265 m den höchsten Geländepunkt des

Surveygebietes. Er ist in der Arbeitskarte "Jebel Rahib - NE35K" der TFH-Berlin mit

dem Namen "Umm Qussa" versehen, was ins Deutsche mit "Mutter der Fernsicht"

übersetzt werden kann (vgl. WEHR 1976:686), (s. Foto 03).

Page 77: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

70

Foto 03: Blick von "Umm Qussa" über das Wadi Howar im Norden (1947458/651190)

Etwa 50 m tiefer gelegen verläuft die weder im Gelände, noch im Satellitenbild

offensichtliche Tiefenlinie entlang der Schwelle Richtung Westen und SW bis in das

östliche Vorland. Dieses durch vereinzelte Wollsackgruppen geprägte Vorland der

Grundgebirgsschwelle östlich von "E 644" erscheint im Gelände als ausgedehnte Ebene

ohne erkennbare Gefällesituation. Aus einer Zusammenschau von "GTOPO30",

stationären GPS-Messwerten und provisorischen differenziellen GPS-Transekten kann

eine leichte Senkensituation nach Osten bis in ein ausgedehntes, durch

Wollsackverwitterung geprägtes Gebiet postuliert werden. Dabei erscheint die Region

um die Koordinaten "1946/650" und "1946/652" als maximale Vertiefung im

Surveygebiet, die sich mit leichtem Anstieg auf die dichten, nördlich und westlich

angrenzenden "Wollsackfelder" erstreckt. Die Tiefenlinie des eigentlichen Wadiverlaufs

kann über eine kaum wahrnehmbare Schwelle direkt südlich des Wollsackfeldes auf der

Breite von "N 1941" weiter in Richtung SO aus dem Surveygebiet heraus verfolgt

werden (s. Fototafel 04: "Flooding of DEM", im Materialband).

Das als Grundgebirgsschwelle bezeichnete Gebiet weist im Satellitenbild deutlich

erkennbare strukturgeologisch begründete Lineamente mit einem OSO-WNW-Verlauf

auf. Im sandigen Beckenbereich befindet sich ein derartiges Lineament in Form einer

Page 78: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

71

als "Härtling" erosiv herauspräparierten Rippe, die als quarzitreiche Breccie

angesprochen wurde. Lineamente mit gleicher Verlaufsrichtung bestehen im granitoiden

NO der Surveyregion, wobei hier die länglichen Strukturen aus Porphyr bestehen, der

sich durch eine geringere Verwitterungsanfälligkeit als Granit auszeichnet (s. Foto 04).

Foto 04: Dunkler Porphyr mit deutlichen Korrasionsformen (1955652/650600)

Die Grundgebirgsschwelle flacht nach Osten hin ab. Während im Westen eine

Schichtabfolge von oligomikten Konglomeratlagen, braunrot marmoriertem Sandstein

und stark verkieseltem grauen Sandstein auf dem Basement aufliegt und teilweise durch

granitoide Gänge zergliedert wird, ist diese Sedimentit-Auflage im Osten vollständig

abgetragen. Hier werden die Zwischenräume der zu einzelnen "Wollsackgruppen"

verwitterten granitoiden Ausbisse mit Flugsand verfüllt.

Der südliche Bereich der Schwelle wird weitgehend durch oligomikte

Konglomeratlagen geprägt, die durch dünnmächtige Pelit-Lagen untergliedert werden.

Als Verwitterungsresiduum

bilden gut gerundete Quarzkiesel regelrechte "Kiesbänke" und verlagern sich in Form

eines Pediments in das Vorland (s. Foto 05). Sie lassen sich im Satellitenbild als graue

Flächen (z.B. am Surveypunkt "1936/634") ausmachen.

Page 79: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

72

Foto 05: Oligomikte Konglomerate mit Quarzkiesen als Verwitterungsresiduum (1937954/632208)

Die Mitte der Grundgebirgsschwelle ist als sandausgekleideter Beckenbereich

ausgebildet. Mit Hilfe einer differenziellen GPS-Transektmessung konnte eine

postulierte potentielle Entwässerung durch die etwa 1 km breite Tiefenlinie zwischen

den Wollsackfeldern (ca. bei "1942500/642000") nach NO in das Wadi Howar

verifiziert werden. Aber auch im Gebiet um die Koordinate "1939/641" scheint eine

zonale Anbindung des Beckens an das weitläufige östliche Vorland zu bestehen.

Der Süden des Surveygebietes wird durch eine sowohl im Satellitenbild als auch im

Gelände deutlich erkennbare kanalartige Tiefenlinie geprägt. Sie ist auf der Länge "E

634" etwa 1,5 km weit, 10 bis 20 m eingetieft und erscheint mit ihrem

breitenkreisparallelen Verlauf als natürliche Fortsetzung des Wadi Howar. Die

Gefälleentwicklung und Anbindung dieser kanalartigen Entwässerungsbahn an das

östliche und westliche Vorland ist eine der zentralen topografischen Fragestellungen.

Aus den zur Verfügung stehenden Höhendaten, die drei provisorische differenzielle

GPS-Transektmessungen umfassen, lässt sich ein leichtes Gefälle Richtung Osten von

über 420 m ("E 624") auf unter 415 m ("E 638") ableiten. Die westliche Anbindung an

das Wadi Howar wird durch eine leichte, zumindest teilweise aus Flugsand aufgebaute

Schwelle unterbrochen. Der Kanal scheint östlich von "E 638" mit einer nach NO

Page 80: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

73

verlaufenden Tiefenlinie in das weitläufige Bett des Wadi Howar einzumünden. Diese

Richtungsänderung wird durch südöstlich angrenzende, parallel zum postulierten

Wadiverlauf gerichtete, dioritische Ausbisse ("1936/642") flankiert.

Das etwa 20 m höher gelegene, südlich an die kanalartige Tiefenlinie angrenzende

Gebiet ist aus einer weitgehend horizontal gelagerten Schichtabfolge aufgebaut, die am

westlichen Ende (1932293/625817) aufgeschlossen ist (s. Foto 06).

Foto 06: Westliche Begrenzung der kanalartigen Tiefenlinie, Blick nach Norden (1932292/625814)

Einer schräggeschichteten basalen Schicht aus rosabraunem, schlecht sortiertem,

grobkörnigen Sandstein mit Tonlinsen folgt diskordant auflagernd eine dünne Schicht

an rotem Pelit. Daran schließt sich mit scharfem konkordantem Übergang eine mehrere

Meter mächtige feinlaminierte Kaolinitschicht an. Abschließend liegt eine Lage stark

sesquioxidhaltigen schwarzen Sandsteins auf, der die Geländeoberfläche mit plattigen

Bruchstücken bedeckt (s. Foto 06 und 07).

Page 81: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

74

Foto 07: Geologischer Aufschluss an der südwestlichen Kante der kanalartigen Tiefenlinie

(1932292/625814)

Dieser Psammit mit stark eisenoxidhaltiger Matrix wird durch eingeschaltete

Konglomeratserien, die vorwiegend fein- bis mittelkiesige, weiße, gut gerundete Quarze

führen, gegliedert. Östlich von "E 632" ist diese Fazies weitgehend abgetragen. Hier

bilden mächtige Konglomeratlagen zwischen grauem und rotem Sandstein, in Analogie

zur südlichen Grundgebirgsschwelle, ausgedehnte Areale an "Kiesbänken". Die Fläche

fällt insgesamt nach Süden ab. Nur wenige hundert Meter von der Geländekante

entfernt schneiden sich sandverfüllte kurze Erosionsbahnen mit nördlichem Gefälle in

das klastische Sedimentgestein (s. Foto 08).

Page 82: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

75

Foto 08: Surveypunkt "1932/630", Blick nach Norden über die kanalartige Tiefenlinie

Der SO der Surveyregion ist eine teilweise mit mächtigen Flugsandschichten

überdeckte Ebene, die leicht nach Süden hin ansteigt, wie aus der Visualisierung der

Höhenwerte der longitudinalen provisorischen differenziellen GPS-Messreihe

hervorgeht (s. Fototafel 05: "GPS-Altitudes and (D)GPS-Tracks").

Die genaue Neigungssituation und Bestimmung des Verlaufes des Südufers des Wadi

Howar können in dieser Region genauso wenig aus den reinen Höhendaten abgeleitet

werden wie der Verlauf des Nordufers im zentralen nördlichen Surveygebiet. Zu diesem

Zweck müssen die topografischen Befunde um die sedimentologischen

Geländebeobachtungen erweitert werden.

3.2.2. Zur Sedimentologie des Surveygebietes An allen Surveypunkten erfolgt eine Bodenartenansprache. Dabei werden der

mineralische Feinboden der zumeist aus einer Flugsandauflage bestehenden Oberfläche

und die tiefer liegenden Horizonte über Fingerproben bestimmt. Die Mächtigkeiten der

Horizonte werden zusammen mit Merkmalen des Grobbodens und des Bodengefüges

beschrieben.

Page 83: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

76

Als weiterer sedimentologischer Parameter wird der Carbonatgehalt der Mineralböden

der einzelnen Horizonte mit zehnprozentiger Salzsäure (HCl) nach dem Vorgehen der

"Bodenkundlichen Kartieranleitung" geschätzt. Er wird nach optisch und akustisch

wahrnehmbaren Reaktionen in vier grobe Abstufungen unterteilt: carbonatfrei,

carbonatarm, carbonathaltig und carbonatreich (vgl. BGR 1996:109-110), (s. Fototafel

06: "Carbonate Concentration in Upper Soil Horizon" und CD01: Datensatz

"abu_tabari_survey.qu3/CaCO3 concentration survey points).

Ferner wird die Bodenfarbe, wenn möglich nach Horizonten differenziert, bestimmt.

Die Farbansprache erfolgt mit Hilfe der Munsell-Farbtafeln (Munsell Soil Color Charts)

am frischen Profilanschnitt. Die Bodenfarbe wird durch eine Reihenfolge aus

Buchstaben und Zahlen ausgedrückt, welche die Farbe (hue), Helligkeit (value) und

Intensität (chroma) angeben (vgl. BGR 1996:105-107; MUNSELL COLOR 1994), (s.

CD01: Datensatz "abu_tabari_survey.qu3/munsell soil colors – survey points"). Bei

Feuchtangaben der Bodenfarbe entspricht der Wassergehalt des Mineralbodens seiner

Feldkapazität.

Die vollständige Dokumentation dieser Daten ist in tabellarischer Form dem Anhang zu

entnehmen und in dem Navigations-Informations-System thematisch und grafisch

aufgearbeitet worden. Nachfolgend werden jene Aspekte ausführlicher dargestellt, die

für eine Charakterisierung der holozänen Landschaft unter dem Blickwinkel einer

möglichen menschlichen Besiedlung von besonderem Interesse sind. Dies sind in erster

Linie Sedimente, aus denen auf stehende oder fließende Gewässer geschlossen werden

kann.

3.2.2.1. Lakustrine Ablagerungen Sedimente, die ein Vorkommen permanenter offener Süßwasserflächen anzeigen, sind

sowohl für die holozäne Klimageschichte als auch für die neolithische

Besiedlungsgeschichte besonders aussagekräftig.

Im Surveygebiet sind im östlichen Vorland der Grundgebirgsschwelle carbonatische

Limnite an der Oberfläche aufgeschlossen. Sie bilden ausgeblasene wellige Oberflächen

mit harten weißen Gips- und Kalkkrusten. Ihr Vorkommen konzentriert sich auf drei

Bereiche:

- das unmittelbare östliche Vorland der Grundgebirgsschwelle um die Surveypunkte

"1940/642" und "1942/646",

Page 84: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

77

- zwei ausgedehnte Areale westlich des nordöstlichen "Wollsackfeldes", deren Zentren

etwa den Koordinaten "1944900/650300" und "1941400/653000" entsprechen und die

bis an die granitoiden Ausbisse heranreichen (s. Foto 09) sowie

- ein kleineres weniger ausgeprägtes Gebiet am südlichen Rand des Wadi Howar um

die Koordinate "1936000/651000"

Foto 09: Carbonatische Limnite um wollsackartig verwitterte granitoide Ausbisse (1941364/652967)

Die Limnitfazies besteht aus Seekreide (CaCO3-Gehalt > 50 Gew.-%) und Seemergel

(CaCO3-Gehalt < 50 Gew.-%) mit Farbwerten zwischen weiß (2.5Y8/1 – white) und

hellgelb (2.5Y8/2 bis 2.5Y7/4 – pale yellow), was mit dem jeweiligen Sandanteil

zusammenhängt.

Randbereiche lakustriner Sedimente werden teilweise von kalzifizierten Stängeln

eingenommen (s. Foto 10).

Page 85: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

78

Foto 10: Kalzifizierte Stängel im Randbereich lakustriner Sedimente (1939998/641992)

3.2.2.2. Playaartige Sedimente Der Begriff "Playaartige Sedimente" wird in dieser Arbeit als Sammelbegriff auf alle

sandig-siltig-tonigen Sedimente in Senken oder entlang der Tiefenlinie des Wadi Howar

angewendet. Sie sind in der Regel arm an Evaporiten. Damit wird sich an eine

Definition von SHAW und THOMAS (1989:186f) angelehnt, nach der Playas

endorheische topografische Tiefenlagen arider Zonen sind, die in der Regel über dem

Grundwasserspiegel liegen und ephemerisch Überschwemmungswasser führen. Durch

die stark variabel erfolgenden Überschwemmungen werden fast ausschließlich

feinkörnige Sedimente eingespült und abgelagert. PACHUR et al. unterscheiden

"Playas" zudem von "Sebkhas", wobei letztere eine Salzkruste aufweisen und als

quartäre Sedimente ausgewiesen sind: "Because of the lack of any other term "playa"

[…] refers to sandy-silty-clayey Quaternary sediments that occur in closed basins with

no visible link to a discharge channel. When salt crusts are present the term "sebkha" is

used" (PACHUR et al. 1987:336).

Nach dieser Definition befinden sich im Surveygebiet zwei ausgedehnte

zusammenhängende Gebiete mit playaartigen Sedimenten: im nördlichen Umlauf des

Wadi Howar westlich der lakustrinen Ablagerungen und im westlichen Vorland der

Page 86: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

79

Grundgebirgsschwelle. Überdies gibt es einzelne kleinere Vorkommen im östlichen

Vorland, vor allem am Südrand des Wadi Howar. In dem Becken der

Grundgebirgsschwelle und in der südlichen kanalartigen Tiefenlinie sind dagegen keine

derartigen Sedimente beobachtet worden.

Die gesamte Ausdehnung des nördlichen Wadiumlaufs von der Länge "E 638" bis zum

östlichen granitoiden Rand des Surveygebietes wird von playaartigen Sedimenten

eingenommen, die über weite Abschnitte allerdings von Flugsandauflagen maskiert

werden (s. CD01: Datensatz "abu_tabari_survey.qu3/drifting sand – survey points"). Im

äußersten Westen bestehen sie in der Regel aus lockerem siltigen Feinsand mit

eingelagerten Carbonatkonkretionen. Zur Grundgebirgsschwelle hin werden die

Sedimente sandiger, während zum Nordrand des Wadibettes der Anteil an Kies und

allgemein der Verfestigungsgrad zunehmen. An der Basis der Siedeldüne "S95BK27"

wurde stark verfestigter, Kies führender, olivgelber (2.5Y6/6 – olive yellow), rost- (7%)

und carbonatfleckiger (25%) Feinsand durch Anlage einer Profilgrube auf der Leeseite

aufgeschlossen.

Die playaartigen Sedimente setzen sich an die nördlichen lakustrinen Ablagerungen

angrenzend nach Osten fort (vgl. Kapitel 3.2.2.1.). Dabei führen sie zunehmend

verfestigten Granitgrus aus dem umliegenden Anstehenden. Alle drei Surveypunkte

"1946/650", "1946/652" und "1946/654" weisen im Untergrund eine verfestigte siltig-

sandige, hellgraue (2.5Y7/2 – light gray) bis hellgelbe (2.5Y7/3 – pale yellow)

rostfleckige Matrix auf und führen Carbonatkonkretionen.

Auf der gleichen Länge ("E 650" bis "E 654") treten playaartige Sedimente 12 km

weiter im Süden am Südrand des Wadi Howar auf. Als kleine Flächen zwischen den

zunehmend größere Mächtigkeiten erreichenden undulierenden Sandschilden, im

unmittelbaren Lee von Barchanen und an Granitausbissen, stehen insular, teilweise an

kleinräumige lakustrine Carbonatablagerungen angrenzend, siltig bis feinsandige, meist

carbonathaltige, verfestigte Sedimente an. Ihre Farbe variiert stark in Abhängigkeit vom

Sandgehalt zwischen grau (2.5Y6/1 und 2.5Y5/1 – gray) und hellgelb (2.5Y7/4 – pale

yellow).

Selbst im äußersten SO des Surveygebietes wurden playaartige Sedimente zwischen den

Dünen vorgefunden.

Page 87: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

80

Alle drei Fundplätze, an denen im östlichen Vorland stationäre archäologische

Grabungen erfolgten ("S02/28", "S02/02" und "S02/52"), wurden durch Anlage von

Bodenprofilen entlang von Transekten geowissenschaftlich untersucht. Sie gleichen sich

in ihrem sedimentologischen Befund darin, dass immer am Fuß einer aus unsortiertem

lockeren Sand bestehenden Siedelfläche playaartige Sedimente unter einer dünnen

Flugsandauflage anstehen (s. Foto 11).

Foto 11: Playaartiges Sediment mit prismenförmigem Gefüge und sandverfüllten Trockenrissen unter

einer Flugsanddecke. Stark verfestigtes, in der Tiefe zunehmend carbonathaltiges Kohärentgefüge

(1942810/647767)

Das westliche Vorland der Grundgebirgsschwelle wird über seine gesamte Breite von

über 10 km durch playaartige Sedimente eingenommen, die sich nach Westen über das

Surveygebiet hinaus fortsetzen. Die dunkelgrauen (10YR4/1 – dark gray), staubartigen,

carbonatfreien Tone und Silte werden nach Süden hin zunehmend heller (10YR6/1 und

2.5Y7/2 – light gray) und führen kleine Carbonatkonkretionen. Westlich vom

Surveypunkt "1936/626" bilden sie schließlich begrenzte Areale mit Kalkkrusten an der

Oberfläche. Südöstlich von diesen schließen sich ausgedehnte Areale mit

Goethitausfällungen an. In der Umgebung des Surveypunktes "1940/626" sind

Page 88: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

81

Molluskenschalen in das bräunlichgelbe (10YR6/8 – brownish yellow) bis graue

(10YR6/1 – gray) Sediment eingelagert (s. Foto 12).

Foto 12: Linksgewundene große aquatische Gastropoden (Lanistes carinatus ?) im playaartigen

Sediment (1941229/625953)

3.2.2.3. Goethitausfällungen Unterhalb der nördlichen Kante des westlichen Austritts der kanalartigen Tiefenlinie

befindet sich in Nachbarschaft zu kleinräumigen lakustrinen Sedimenten und

playaartigen Ablagerungen um die beiden Surveypunkte "1936/626" und "1936/628"

(vgl. Kapitel 3.2.2.2.) eine ausgedehnte, etwa 3 km² große Fläche, die von

Goethitausfällungen beherrscht wird (s. Foto 13).

Page 89: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

82

Foto 13: Weiträumige Goethitausfällungen im Gebiet der NW-Kante der kanalartigen Tiefenlinie

(1935687/626050)

Es handelt sich hierbei um braune, stark verfestigte, sandhaltige Konkretionen, die in

der Regel zu wenige Meter breiten linearen Bändern angeordnet sind. Sie sind einige cm

tief im anstehenden Sand verankert und weisen eine röhrenförmige vegetative Struktur

auf. Als größere Gebilde gleichen sie durch Eisenoxidausfällungen vererzten

Wurzelballen, als einzelne, senkrecht bis über 10 cm aufragende Röhren ähneln sie eher

Pflanzenhalmen.

Aus der Anlage verschiedener Bodenprofile ergibt

sich folgendes Gesamtbild:

Die stark sandhaltigen Goethitkonkretionen sind in

gut sortierten Feinsand eingebettet. Dieser kann in

der Kontaktzone stark rubifiziert sein (10YR6/8 –

brownish yellow). Das Liegende dagegen ist

gebleicht (2.5Y8/4 – pale yellow) (s. Foto 14).

Foto 14: Goethitkonkretionen im Profilanschnitt

(1935687/626050)

Page 90: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

83

Während auf der angrenzenden nordwestlichen Geländekante der kanalartigen

Tiefenlinie um die Surveypunkte "1938/628" und "1938/630" eine Schicht stark

eisenhaltigen Sandsteins ansteht, ist dies bei zwei weiteren Lokationen im Surveygebiet

mit Goethitausfällungen nicht der Fall. So befindet sich die Surveykoordinate

"1938/636" im südlichen Randbereich des Beckenbereiches der Grundgebirgsschwelle

zwischen Granitausbissen. Hier wird die Tiefenlinie einer sandigen Senke durch ein

etwa 1 m breites Band an Goethitausfällungen ausgekleidet. Zwischen den

Ausfällungen sind vereinzelte Artefakte eingebettet.

Im östlichen Vorland der Grundgebirgsschwelle wurde südlich des Surveypunktes

"1942/652" ein breites, zu mehreren Scharen untergliedertes Band mit WNW-OSO-

Verlauf ausgemacht. Es liegt südlich von den lakustrinen Ablagerungen (vgl. Kapitel

3.2.2.1.) in einem sandig-kiesigen Abschnitt der Ebene.

Zwei Kilometer weiter im Süden befindet sich die Surveykoordinate "1940/650" in

einem bis zu 10 m breiten gescharten Band sich über Kilometer hinweg mit gleich

bleibendem Verlauf erstreckender Goethitkonkretionen (s. Foto 15). Es liegt am

Nordrand der Ebene am Fuß der südlich anschließenden Dünen. Umliegende Sedimente

sind carbonatfrei.

Foto 15: Geschartes Band an Goethitausfällungen im östlichen Vorland der in diesem Abschnitt sandig-

kiesigen Ebene (1940/650)

Page 91: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

84

Alle Vorkommen an Goethitkonkretionen im Surveygebiet sind mit oberflächig

aufliegenden Kiesen vergesellschaftet (s. Fotos 13 und 15), während der gebleichte

Untergrund immer aus lockerem Sand besteht (s. Foto 14).

3.2.2.4. Talsande Unter dem Begriff "Talsande" werden alle schlecht sortierten, vereinzelt kantige Kiese

führenden Sande zusammengefasst, die über weite Strecken den Talboden ausfüllen. Es

handelt sich um carbonatfreie Fein- bis Mittelsande mit glänzenden Oberflächen, in

denen durchgehend vereinzelte, meist kantige Kiesstücke eingelagert sind. Diese Kiese

erreichen Größen bis zu 2 cm und bestehen überwiegend aus Quarzbruchstücken.

Die südliche kanalartige Tiefenlinie wird über ihre ganze Erstreckung bis in das östliche

Vorland von Talsanden ausgekleidet. Dabei verändert sich die Bodenfarbe von Westen

nach Osten von hellgelb (2.5Y8/4 – pale yellow) über gelb (10YR8/6 – yellow) zu sehr

hellem Braun (10YR8/4 – very pale brown). Profile mit einer leichten Braunfärbung

weisen häufig dünne Trockenrisse auf.

Das anschließende östliche Vorland wird im zentralen Bereich von dem gleichen

Sedimenttyp eingenommen. Es ist auffällig, dass alle weniger stark verbraunten

Talsande im östlichen Vorland der Grundgebirgsschwelle Glimmer führen.

Im nördlichen Umlauf des Wadi Howar stehen am Fuß der Schwelle ähnliche

Sedimente an. Sie weisen insgesamt aber einen höheren Siltanteil und andere

Farbnuancen auf und stehen in enger Verzahnung mit den playaartigen Sedimenten (vgl.

Kapitel 3.2.2.2.).

3.3. Archäologische Datensätze

Im Surveygebiet sind fast flächendeckend Spuren anthropogener Aktivitäten

anzutreffen. Damit unterscheidet sich die Region Abu Tabari nicht von dem weiteren

Lauf des Unteren Wadi Howar und angrenzenden Gebieten. Die archäologischen

Zeugnisse neolithischer Besiedlung bestehen in erster Linie aus Artefakten. Neben quasi

ubiquitär vorkommenden, zumeist unretuschierten Steinartefakten befinden sich in einst

dicht besiedelten Arealen Keramikfunde. Diese sind aber häufig durch erosive und

deflative Prozesse nur in Fragmenten erhalten geblieben. An bestimmten Stellen

Page 92: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

85

konnten jedoch vollständig erhaltene Keramikgefäße aus tiefer liegenden Horizonten

geborgen werden. In einigen Gebieten, besonders im SW der Surveyregion, sind weite

Flächen durch rezenten Flugsand überdeckt und erscheinen deswegen artefaktleer.

Ein Ziel des archäologischen Surveys ist es, eine zuverlässigere Aussage über die

flächenhafte Verteilung neolithischer Aktivitäten in der Region treffen zu können.

Hierfür wurde die Verbreitung von Steinartefakten, also von erosiven Prozessen am

wenigsten betroffenen Indikatoren, als Proxydaten verwendet. Sie können allerdings

ebenso wie Keramik von einer Flugsandauflage maskiert werden und sich der

Beobachtung entziehen. Aus diesem Grund wurde an allen Surveypunkten nicht nur die

Artefaktdichte der näheren Umgebung nach einem durchschnittlichen zehnminütigen

Fußsurvey eingeschätzt und einer von vier Kategorien zugeordnet ("keine Artefakte",

"vereinzelte Artefakte", "lockere Artefaktstreu" und "dichte Artefaktstreu"), sondern

gleichzeitig auch Vorkommen und Mächtigkeit einer Flugsandauflage bestimmt (s.

CD01: Datensätze "survey_abu_tabari.qu3/artefact density – survey points" und

"survey_abu_tabari.qu3/drifting sand – survey points").

Aus einer gemeinsamen Darstellung dieser beiden Informationen ergibt sich ein relativ

sicheres, wenn auch undifferenziertes Bild der Artefaktdichte aus neolithischer Zeit.

Demnach weisen alle Niederungen im Surveygebiet flächendeckend eine Artefaktstreu

auf, die sich in einigen Fällen, besonders auf leicht erhobenen Sandkörpern, so stark

verdichtet, dass sie als "Fundplätze" aufgenommen wurden.

Großräumige Artefaktkonzentrationen befinden sich im nordöstlichen Vorland der

Grundgebirgsschwelle in der Umgebung der lakustrinen Ablagerungen, in der Nähe der

playaartigen Sedimente im westlichen Vorland und im nördlichen Umlauf des Wadi

Howar. Im Norden des Surveygebietes sind lokale Konzentrationen von Artefakten so

hoch, dass die unterliegenden äolischen Sande seit dem Einsetzen der Aridifikation

effektiv gegenüber deflativen Ausräumungsprozessen geschützt worden sind. Im

Satellitenbild sind die Gruppierungen aus sechs bzw. zwei parabelförmigen Siedeldünen

deutlich zu erkennen (vgl. Kapitel 2.4.1.). Sie legen ein beeindruckendes Zeugnis des

Umfangs holozäner anthropogener Aktivitäten in dieser Region ab (s. Foto 16).

Page 93: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

86

Foto 16: Blick über den östlichen Schenkel der Siedeldüne "S95BK25" nach Norden

Auch der östliche granitoide Ausläufer der Grundgebirgsschwelle bis in das von der

südlichen kanalartigen Tiefenlinie eingenommene Gebiet weist eine hohe Dichte an

Artefakten auf. Dies wird besonders deutlich, wenn berücksichtigt wird, dass weite

Areale in diesem Abschnitt von Flugsand überdeckt sind. Aus dem gleichen Grund

lassen sich keine zuverlässigen quantitativen Aussagen über die Artefaktdichte im

westlichen Abschnitt der kanalartigen Tiefenlinie machen, wobei festzuhalten gilt, dass

die nördlich angrenzende Hangfläche teilweise eine dichte Artefaktstreu aufweist.

Auch der äußerste SW des Surveygebietes ist diesbezüglich problematisch. Zwischen

sich zu Barchanen formierenden mächtigen Sandschilden tritt die ehemalige

Geländeoberfläche nur insular hervor, hier jedoch mit dichter Artefaktstreu in teilweise

sehr gutem Erhaltungszustand.

Bei der über weite Gebiete herrschenden Omnipräsenz von Artefakten könnte es

aussagekräftiger sein zu beschreiben, in welchen Gebieten keine Artefakte vorkommen.

Ein solches Gebiet befindet sich im äußersten NO des Untersuchungsgebietes, der von

hohen granitoiden "Wollsackburgen" bestimmt wird. Auch die Serirfläche im NW der

Surveyregion erscheint weitgehend artefaktleer. Gleiches gilt für das unmittelbar

Page 94: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

87

südlich an die kanalartige Tiefenlinie angrenzende Gelände und den westlichen Bereich

der Grundgebirgsschwelle einschließlich ihres weiten Beckenbereiches.

Diese Aussagen müssen allerdings wieder eingeschränkt werden. So wurden in dem von

hohen Granitausbissen eingenommenen Gebiet zwar kaum Artefakte beobachtet,

dagegen aber viele in den anstehenden Granit gearbeitete Reibemulden (s. Foto 17).

Foto 17: Drei Reibemulden in einem flachen Granitrücken am Surveypunkt "1950/654"

In demselben Areal liegt in einem Windkanal zwischen hohen Granitausbissen der

Fundplatz "85/01" mit einer hohen Artefaktkonzentration. Mit seinem kompakten,

eventuell über Rutschungen der angrenzenden höher stehenden Dünen

zusammengetragenen Körper an Artefakten, ist er ein Beweis dafür, dass auch in diesem

Gebiet neolithische Aktivitäten stattfanden (Foto 18).

Page 95: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

88

Foto 18: Fundplatz "85/01". Kompakter Artefaktkörper zwischen Dünenzügen

In dem sich als weitgehend artefaktleer gestaltendem NW des Surveygebietes grenzen

in unmittelbarer Nachbarschaft bedeutende, auf vorangegangenen Kampagnen

beschriebene Siedeldünen an ("S95SG04", "S03BM04" und "S03BM05"), (vgl. Kapitel

3.). Auch am Südrand der kanalartigen Tiefenlinie befinden sich in eingeschnittenen

Erosionsbahnen lokal dichte Artefaktkonzentrationen ("S03ML61" und "S03ML70").

Auf dem ansonsten artefaktleer erscheinenden Nordrand der Grundgebirgsschwelle

stehen an verschiedenen Stellen Steinhaufen, die aus Sandsteinbrocken aufgeschichtet

sind (vgl. Kapitel 3.3.5.), sowie eine mehrkammerige Steinsetzung ("S03ML045").

Aus dieser rein quantitativen Beschreibung der Artefaktverbreitung über das

Surveygebiet können weder Aussagen über die Art der Aktivitäten noch über den

Zeitraum, in welchem sie stattfanden, getroffen werden. Diese Fragestellungen können

über die Keramikfunde, die sich je nach Art und Verzierung einer bestimmten

Besiedlungsphase und Wirtschaftsweise zuordnen lassen, besser beantwortet werden

(vgl. Kapitel 2.4.3.).

Alle während der Surveyfahrten angetroffenen Keramikfunde wurden von dem

begleitenden Archäologen bestimmt und in den archäologischen Surveybögen von

ACACIA protokolliert. Bei der Interpretation dieser Daten gilt es zu berücksichtigen,

Page 96: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

89

dass es sich hierbei um einen ersten Eindruck der oberflächlich aufliegenden und noch

nicht deflatierten Keramik handelt.

Die vollständigen archäologischen Datensätze können auf Grund der Sensibilität der

bislang ungeschützten neolithischen Fundstätten hier nicht veröffentlicht werden. Aus

gleichem Grund wird auf die Angabe von Koordinaten der in den folgenden Kapiteln

näher behandelten Fund- und Grabungsplätze verzichtet. Eine ungefähre, für das

Textverständnis ausreichende Lage kann aus den beiliegenden Fototafeln entnommen

werden. Auf der Fototafel 10 "Survey Points und Tracks" sind die archäologischen

Fundplätze, die während des Surveys erstmalig aufgenommen wurden, unter Angabe

ihres Namens rot dargestellt, während Fund- und Grabungsplätze vorangegangener

Kampagnen in grün abgebildet sind.

3.3.1. Fundplätze mit Keramik vom "Early Khartoum Typ" Funde dieses ältesten Keramiktyps wurden im nördlichen Randbereich des Umlaufes

des Wadi Howar, in dem östlichen Bereich der Grundgebirgsschwelle besonders um die

nordöstliche Anbindung des Beckenbereiches an das Wadi Howar und im SO des

Surveygebietes dokumentiert (s. Fototafel 08: "Early Khartoum and Leiterband Type

Ceramics", im Materialband). Mit Ausnahme des Bereiches der östlichen

Grundgebirgsschwelle befinden sich die Funde immer auf sandigen Anhöhen mit

ausgeprägtem Kulturhorizont und einer besonders dichten Artefaktstreu. Eine

Besonderheit stellen die eindrucksvollen nördlichen Siedeldünen dar, die aufgrund ihrer

hohen Artefaktdichte zum Erhalt der paläoklimatischen Reliktform der Parabeldünen

geführt haben (vgl. Kapitel 2.4.1.).

Alle Funde dieser Keramik vom "Early Khartoum Typ" liegen randlich von

topografischen Niederungen und dem Flussbett des Wadi Howar.

3.3.2. Fundplätze mit Keramik vom "Leiterband Typ" Im Vergleich zu den anderen Keramiktypen weist die Keramik vom "Leiterband Typ"

über das Surveygebiet die weiträumigste Verbreitung auf (s. Fototafel 08: "Early

Khartoum and Leiterband Type Ceramics"). Im Norden wurde sie auf und um

Siedeldünen erfasst. Als einzige Keramikvarietät ist sie im südwestlichen Bereich der

kanalartigen Tiefenlinie mit ausgedehnten Fundplätzen vertreten. Besonders dicht und

mit einer Vielfalt an unterschiedlichen Stilen von Leiterbandmotiven ist ihre

Page 97: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

90

Verbreitung jedoch im östlichen Vorland der Grundgebirgsschwelle, wobei besonders

die Region um den Grabungsplatz "S02/28" im Norden der Ebene hervorzuheben ist.

Insgesamt ergibt sich ein Bild der Persistenz der seit dem "Early Khartoum Typ"

besiedelten Areale, insbesondere der Siedeldünen. Zusätzlich wurden zur Zeit der

"Leiterband-Kultur" verstärkt auch die Niederungen, vorzugsweise die flachen sandigen

Anhöhen, aufgesucht. Gute Beispiele hierfür sind die ausgedehnten Fundplätze

"S03ML021" und "S03ML116", die beide in der Tiefenlinie des Wadi Howar südlich

der Siedeldünen an playaartigen Sedimenten angrenzend liegen.

3.3.3. Fundplätze mit Keramik vom "Handessi Typ" Vorkommen des jüngsten, mit geometrischen Motiven oder Mattenabdruck verzierten

Keramikstils vom "Handessi Typ" beschränken sich auf zwei Areale im Surveygebiet

(s. Fototafel 09: "Handessi Type Ceramics and Watering Places", im Materialband). Das

erste Gebiet befindet sich am Fuß der nördlichen Kante der Grundgebirgsschwelle

entlang der Tiefenlinie des Wadi Howar, das hier mit playaartigen Sedimenten

ausgekleidet ist. Der zweite Bereich liegt im südöstlichen Vorland und verläuft,

streckenweise von Sandschilden und Dünen überlagert, südlich der Tiefenlinie des

Wadilaufs. Beide Regionen erstrecken sich ungefähr über eine Fläche von 8 km Länge

und 2 km Breite, wobei jedoch im SO eine potentielle Ausdehnung über das

Surveygebiet hinaus nicht verfolgt wurde.

3.3.4. Fundplätze mit unverzierter organisch gemagerter Keramik Entsprechend der verzierten Keramik werden an dieser Stelle Funde unverzierter

organisch gemagerter Keramik meist minderwertiger Qualität versuchsweise als eine

thematische Gruppe zusammengefasst und in ihrer räumlichen Verteilung über das

Surveygebiet dargestellt (s. Fototafel 09: "Handessi Type Ceramics and Watering

Places").

Das resultierende Verbreitungsmuster weist Schwerpunkte im westlichen Vorland der

Grundgebirgsschwelle sowie in den Anbindungen des Beckenbereiches und der

kanalartigen Tiefenlinie an das östliche Vorland auf. Damit unterscheidet sich die

Verbreitung dieser Keramik deutlich von jener des "Handessi Typs" (vgl. Kapitel

3.3.3.).

Alle Funde an unverzierter organisch gemagerter Keramik befinden sich in

topografischen Senkenlagen des Surveygebietes.

Page 98: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

91

Organische Magerung ist im Unteren Wadi Howar per se ein Hinweis auf eine zeitlich

jünger einzuordnende Keramik (schriftl. Mitt. F. JESSE, 2004).

3.3.5. Brunnen und Viehtränken Auf das Surveygebiet verteilt wurden 12 Anordnungen spezifischer Steinsetzungen

beobachtet und durch eine stationäre, geowissenschaftlich begleitete Grabung als

Viehtränken um oder entlang von Brunnen identifiziert. Ähnliche Steinsetzungen

wurden im Vorjahr auf einer von Dr. F. JESSE geleiteten Kampagne südlich vom Gebel

Abyad (z.B. bei 1973200/698200) beobachtet, aber nicht näher untersucht. Auch im

Osten des Surveygebietes um den Brunnen "Bir Abu Tabari" und weiter im Unterlauf

wurden an verschiedenen Stellen ähnliche Gruppierungen an Tränken erfasst, so dass

von einer weiten Verbreitung dieser Form von Hinterlassenschaften menschlichen

Wirtschaftens im Unteren Wadi Howar und umliegender Gebiete auszugehen ist.

Die Anlage eines flachen, als "walk-in-well" bezeichneten Brunnens, der in

verschiedenen, mit Aushub verbundenen Reinigungs- und Vertiefungsphasen erweitert

wurde und randlich aus Steinplatten gesetzte Tränkbecken aufweist, wurde 1982 von

SCHUCK (1988:151/ 1989a:30f/ 1989b:427) im etwa 300 km nördlich liegenden Wadi

Shaw näher untersucht. Auch GABRIEL (2002:59-61) deutet ähnliche Steinsetzungen

in der Ostsahara als Tränken domestizierter Tiere, die mit einem Stück Leder

ausgekleidet wurden. Er weist darauf hin, dass der Fundzusammenhang arm an Keramik

ist und häufig in Vergesellschaftung mit so genannten "Steinplätzen" steht, welche er

als nomadische Feuerstellen interpretiert. Nach BERKE (2001:246) wurden diese

Brunnen und Tränkstellen im zweiten vorchristlichen Jahrtausend aufgegeben.

SANDFORD (1935:419) beschreibt eine Form von Grundwassergrabung, die von der

Bevölkerung als "Tumud" bezeichnet wird und in der ersten Hälfte des letzten

Jahrhunderts in Kordofan und Darfur noch weit verbreitet war; "The tumud is a hole

dug in the floor of a watercourse after the surface flow has disappeared. It taps that large

body of water that percolates through the alluvial sand and gravel. […] As the year

advances the tumud is dug deeper and deeper until it becomes impracticable as a source.

The sides tend to "slump". Moreover the hole usually fills with sand and gravel when

the wadi is next in spate and the process of excavation has to be repeated annually".

SANDFORD (1935:420,424) weist ferner darauf hin, dass "Tumud" auch an Hängen

Page 99: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

92

mit sporadischem Abflussaufkommen und in stehenden austrocknenden Wasserstellen

gegraben wurden (vgl. SANDFORD 1935:420,424).

Die Tränken im Surveygebiet haben zwei unterschiedliche Grundformen: kreisförmig

angelegte aus Sandsteinbrocken und längliche, von Granitplatten eingefasste.

Auf dem Fundplatz "S03ML030" befinden sich mindestens 23 kreisförmige

Steinsetzungen aus hochkant gestellten Sandsteinbrocken von ungefähr ein bis

eineinhalb Metern Durchmesser.

Die Tränken liegen zwischen dem Fuß der nördlichen Geländekante der

Grundgebirgsschwelle und einem größeren flachen Sandsteinausbiss im Vorland, in

einer Tiefenlinie (s. Foto 19 und Fototafel 09: "Handessi Type Ceramics and Watering

Places").

Foto 19: Fundplatz "S03ML030". Überblick über die Steinsetzungen aus zumeist hochkant gestellten

Sandsteinbrocken

Der Fundplatz "S03ML52" weist die größte Anzahl an Tränken auf und befindet sich in

einer Tiefenlinie, die den Beckenbereich der Grundgebirgsschwelle mit dem Wadi

Howar verbindet (vgl. Kapitel 3.2.1.3.). Zu den Rändern hin findet man ausgedehnte

Areale an wollsackartig verwitterten granitoiden Ausbissen. Bei den ungefähr 25

Tränkstellen handelt es sich um durchschnittlich 2,5 m lange und 1 m breite

Page 100: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

93

Steinsetzungen aus flachen, länglichen, in das Sediment eingearbeiteten Granitplatten.

Ein Ende der Steinsetzungen läuft spitz zu, während das andere einen breiteren

Abschluss bildet. Daraus ergibt sich eine charakteristische rautenförmige Form (s. Foto

20).

Foto 20: Fundplatz "S03ML52". Rautenförmige Steinsetzung aus flachen hochkant gestellten

Granitplatten

An dem Fundplatz "S03ML52" wurde eine stationäre archäologische Grabung

durchgeführt (S03/13) und durch die Anlage zweier Profilgruben geowissenschaftlich

ergänzt.

3.3.5.1. Brunnenprofil Die Hypothese, dass es sich bei den Steinsetzungen um Tränkstellen handelt, die um

Brunnenaushübe gruppiert sind, wurde durch Anlage einer Profilgrube überprüft. Diese

wurde in einer für einen "Tumud" prädestinierten Lage inmitten von 9 Steinsetzungen in

einer mit Flugsand ausgekleideten leichten Geländevertiefung gegraben. Die

Steinsetzungen weisen zueinander wie auch zur Vertiefung einen Abstand von ca. 10

bis 20 m auf und liegen auf einer leicht kiesigen wallartigen Erhebung, von der

Page 101: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

94

angenommen wird, dass es sich um den Aushub handelt. Die Erhebung wird im NNO

durch eine Spülrinne durchbrochen.

Das in Foto 21 dargestellte Profil (Profilzeichnung wird gesondert publiziert) weist in

den oberen 60 cm einen Horizont aus unsortiertem glimmerhaltigen Sand mit einem

hohen Anteil an Feinsand und vereinzelten Kiesstücken (< 2 cm) auf. In dem sehr

hellbraunen (10YR7/4 – very pale brown) Sediment ist keine Schichtung erkennbar.

Feine Wurzelbahnen und Krotowinen mit bis zu 5 cm Durchmesser erstrecken sich bis

zur Basis des Horizontes, wogegen dünne, etwa 10 cm auseinander stehende

Trockenrisse nur bis -30 cm unter die Oberfläche reichen.

Unterhalb von ca. -60 cm schließen konkordant wechsellagige, mit > 10˚

Neigungswinkel einfallende gelbe (10YR7/6 – yellow) lehmig-sandige Schichten an.

Die wenige Zentimeter mächtigen Lagen fallen konkav aus unterschiedlichen

Richtungen ein.

In ca. -150 cm Tiefe ist ein leicht kiesiger, ungeschichteter, bräunlichgelber (10YR6/6 –

brownish yellow) Sedimentkeil in das Profil eingeschaltet, der nach oben hin

weitgehend horizontal abschließt. In diesem Sedimentpaket wurden in -160 cm bis -165

cm gut erhaltene Holzkohlestücke in einer ca. 30 cm Durchmesser messenden

"Feuerstelle" gefunden. Sie ist in 4 cm mächtigen rötlichen (2.5YR6/6 – light red bis

2.5YR4/4 – reddish brown), gefritteten Sanden eingelagert. Oberhalb dieser streicht

eine dünne Aschelage in östliche Richtung aus. Direkt über der "Feuerstelle" (-157 cm)

wurde ein Knochenfragment (Bestimmung im Profil durch E. BECKER) geborgen.

Unterhalb des ungeschichteten Sedimentkeils schließen wieder konkordant, diesmal

regelmäßig mit einer Neigungsfläche von ca. 40˚ nach Osten und 5˚ bis 10˚ nach Süden

einfallende zentimetermächtige Lagen leicht lehmigen Sandes bis in die erschlossene

Tiefe von -250 cm an. Das ganze Bodenprofil ist bis auf das Vorkommen isolierter

Carbonatkonkretionen zwischen -190 cm und -230 cm carbonatfrei. In ca. -200 cm

Tiefe wurde zudem ein Artefakt aus Quarz (5 cm x 4 cm x 1,5 cm) und ein

quarzgemagertes Keramikfragment (2 cm x 1.5 cm x 0.7 cm) geborgen (Bestimmung

im Feld durch M. LANGE).

Page 102: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

95

Foto 21: Brunnenprofil (642118/1942800)

a) 250 cm tief ausgehobene Profilgrube b) Lage der Profilgrube in einer mit Flugsand ausgekleideten Vertiefung c) "Feuerstelle" in ca. -170 cm Tiefe mit Holzkohle auf gefrittetem rötlichem Sand mit heller Aschelage d) Wechsellagerung einfallender Schichten um den leicht kiesigen "Sedimentkeil", aus der die Holzkohleprobe entnommen wurde

Die Holzkohleprobe wurde botanisch im Labor von ACACIA als Tundubholz bestimmt

(schriftl. Mitt. M. LANGE 2004).

Bei Tundub (Capparis aphylla) handelt es sich

um einen stark verzweigten, häufig blattlosen

Baum mit rosa Blüten und Frucht. Er gilt als gute

Futterpflanze (vgl. BEBAWI & NEUGEBOHRN

1991:118f.). Nach NEWBOLD (1924:appendix

a) ist der Tundub die trockenheitsresistenteste

Baumspezies der Region. Einzelne Exemplare

wurden während des Surveys in Spalten von

Granitausbissen beobachtet (s. Foto 22 und

Fototafel 07: "Vegetation Distribution

(TM4/TM3/TM2)".

Foto 22: Capparis aphylla (1938060/631508)

Page 103: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

96

3.3.5.2. 14C-Datierung Die Holzkohleprobe (C-2365) wurde in einer ersten Messung von dem "Radiocarbon

Laboratorium am Institut für Ur- und Frühgeschichte der Universität zu Köln" (KN-

5652) datiert und ergab ein 14C-Alter von 2636 ± 54 BP.

Radiocarbondatierungen basieren auf radiometrischen Messungen des Verhältnisses der

Menge an dem radioaktiven Kohlenstoff-Isotop 14-C zum stabilen Isotop 12-C in

fossilen organischen Substanzen. Sie ergeben eine Wahrscheinlichkeitsaussage, die die

natürlichen Schwankungen der atmosphärischen 14C-Ausgangskonzentration

beinhaltet. Für eine insbesondere in der Archäologie erwünschten Altersangabe in

Kalenderjahren muss das radiologische Datum mit Hilfe einer absoluten

Datierungsmethodik wie der Dendrochronologie kalibriert werden.

Das 14C-Datum der Holzkohleprobe wurde mit dem probabilistisch verfahrenden

Rechenprogramm "CalPal" in der Online-Version (www.calpal-online.de) kalibriert

(vgl. WENINGER 1986). Dem Rechenprogramm "CalPal" liegt zurzeit der

dendrochronologische 14C-Eichdatensatz "INTCAL98" zu Grunde (vgl. STUIVER et

al. 1998). Für die Holzkohleprobe wurde mit diesem Verfahren ein Kalenderdatum von

824 ± 34 calBC berechnet (s. Abb. 16).

Abb. 16: Visualisierung der Berechnungsparameter mit "CalPal Calibration Curve Composer" (grün –

INTCAL98 Tree Data bars, blau – Calcurve CALPAL Jan 2004, rot – Error Lines), HABERLAH

Page 104: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

97

3.3.5.3. Tränkenprofil Bei diesem Bodenprofil handelt es sich um eine Vertiefung einer zuvor archäologisch

aufgenommenen und dabei im Innenbereich 20 cm abgetragenen Steinsetzung (s. Foto

20, Profilzeichnung wird gesondert publiziert).

Die Oberfläche besteht aus einem dünnen Siltfilm mit aufliegenden

Carbonatkonkretionen (< 5 cm).

Es folgt eine grusige carbonatfreie Lage bis -6,5 cm unter der Oberfläche. Dem schließt

sich eine vereinzelte Kiese führende Lage mit zwei Flächenprozent an

Carbonatkonkretionen bis in -19 cm Tiefe an.

Hier steht eine kompakte ca. 2 cm mächtige Lage an gerundeten Quarzen an.

Darunter folgen bis in ca. -30 cm carbonatfreie Feinsande mit vereinzelten

Carbonatkonkretionen. Bis in diese Tiefe wurde auch die flache, helle Granitplatte, die

den Rand der Steinsetzung bildet, eingelassen.

Darunter schließt eine 3 bis 6 cm mächtige, stark verfestigte schwach carbonathaltige

Lage aus Silt und Grobsand mit vereinzelten windgeschliffenen Quarzen und einem 5

cm langen Abschlag aus Chalcedon an. Während die hangenden Lagen durchweg eine

sehr hellbraune (10YR7/4 – very pale brown) Farbe aufweisen, hebt sich die verfestigte

Lage mit einem grauen Braunton (10YR5/2 – grayish brown) ab.

Unterhalb dieser Schicht folgen bis zur ausgehobenen Basis von -65 cm unsortierte,

verbraunte Sande (10YR6/6 – brownish yellow), die 25 cm lange, etwa 10 cm

auseinander liegende Trockenrisse aufweisen. Sie sind, wie das umliegende Sediment

der Steinsetzung, carbonatfrei.

Page 105: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

98

Foto 23: Arbeiten am Tränkenprofil (642111/1942796)

a) Archäologische Kartierung der oberen 20 cm

b) Randliche, flache Granitplatte (70 cm Länge, 9 cm Breite, 38 cm Höhe – davon 30 cm unter Top)

c) Obere Horizonte der Profilgrube mit Granitgrus und Carbonatkonkretionen

d) Carbonatkonkretionen aus der Auflage

3.3.6. Jüngere Besiedlungsspuren in der Region Um den sich durch kreisförmige Tränken auszeichnenden Fundplatz "S03ML030" (vgl.

Kapitel 3.3.5.) befindet sich auf den Geländekanten eine große Anzahl nicht näher

auskartierter Steinhaufen aus zusammengelesenen Sandsteinbrocken. Ähnliche

Vorkommen so genannter "Tumuli" existieren auf den Geländekanten in Umgebung der

Festung "Qala'a Abu Ahmad" weiter im Unterlauf des Wadi Howar (vgl. Kapitel

2.4.3.3.) und im Wadi Shaw (vgl. SCHUCK 1988:151). In der Arbeitskarte "NE35L -

Abu Tabari" der TFH Berlin werden diese als "Anag graves" ausgewiesen. Gleichartige

Tumuli sind nach NEWBOLD (1924:56) und eigenen Beobachtungen im südlich

gelegenen Darfur und Nordkordofan keine Seltenheit: "… 'Anag' graves, or stone

cairns, […] are familiar to all travellers in Northern Kordofan". Als "Anag" werden laut

HINKEL (1979:23) die nichtsemitischen Ureinwohner von den arabischen

Nordsudanesen bezeichnet. KRÖPELIN (1999:475) schlägt eine zeitliche Einordnung

Page 106: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

99

der "Grabhügel" entlang der Kanäle des Unteren Wadi Howar in das 3. und 2.

Jahrtausend BC vor.

Während einer Surveyfahrt wurde gezielt der ca. 7 km östlich vom Untersuchungsgebiet

gelegene Brunnen "Bir Abu Tabari" aufgesucht, dessen genaue Lage bisher unbekannt

war (mündl. Mitt. S. KRÖPELIN, Unteres Wadi Howar 2003).

Er liegt in einer von einem Leedünenzug vom Wadi Howar abgeriegelten, von Westen

nach Osten verlaufenden sandigen Senke zwischen wollsackartig verwitterten

Granitausbissen, die sich im Norden zu einer ca. 450 m hohen "Wollsackburg" erheben

(N 17° 34.709'/ E 28° 31.310'). Es handelt sich um einen versandeten Tiefbrunnen mit

einem zentralen Aushubkegel von etwa 50 m Durchmesser und 3 m Höhe. Auf dem

Aushub wurden zwei flache, mit Lehm ausgekleidete Tränkbecken angelegt (s. Foto 24

und 26b).

Foto 24: Versandeter Tiefbrunnen "Bir Abu Tabari" (1944200/661500)

a) Nördlicher Blick auf den Aushubkegel

b) Blick vom versandeten Brunnenschacht über ein Tränkbecken hinweg in die westliche Senke

Page 107: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

100

Foto 25: Tiefbrunnen "Umm Bayada" ca. 300 km südlich des Wadi Howar (1656912/491810)

In Nutzung befindliche große traditionelle Tiefbrunnen mit Aushubkegeln ähnlicher

Dimension kommen in der südlich anschließenden Sahelzone häufiger vor (s. Foto 25).

Auf dem Aushubkegel von "Bir Abu Tabari" wurden Kamelknochen und Dung, sowie

eine Vielzahl rezenter Artefakte wie ein aufgeschnittener Benzinkanister zum

Wasserschöpfen, Reste von Plastikkanistern, Konservendosen, Batterien, zu Sandalen

zerschnittene und noch immer biegsame Gummireifen, sowie eine kleine, in Ägypten

produzierte Phiole beobachtet (s. Foto 26a).

Page 108: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

101

Foto 26: Aushubkegel von "Bir Abu Tabari" (1944200/661500)

a) Rezentes Artefaktinventar

b) Aus Lehm geformtes Tränkbecken

In der etwa 2 km langen Senke wurden verschiedene weitere Gruppierungen von

Viehtränken erfasst. Die Becken sind teilweise von Granitplatten eingefasst (s. Foto

27d).

Neben offensichtlich rezenten Artefakten wie einem Flaschenhals mit durch

Kronkorken verschließbarer Öffnung, Patronenhülsen und Resten eines ledernen

Wasserschlauches (Qirba), besteht das Artefaktinventar auch aus Steinartefakten wie

Reibeschalenfragmenten, einem schwarzen Beil, Mahlsteinen, sowie Keramik (s. Foto

27a-c).

Page 109: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

102

Foto 27: Weitere Tränkbecken und Artefakte in der Senke von "Bir Abu Tabari" (1944567/660238)

a) Rezentes Artefaktinventar (Reste einer "Qirba", weißes Trinkglas, grünes Flaschenglas mit

Kronkorkenöffnung, Batterie, Patronenhülse, Gazellenhorn, Straußeneischalen, Brennholz

b) Organisch und anorganisch gemagerte Keramik

c) Schwarzes Steinbeil

d) Mit Lehm ausgekleidete und randlich mit Granitplatten eingefasste Tränke

Auch innerhalb des Surveygebietes wurden rezente Artefaktinventare aufgenommen.

Der ausgedehnte Fundplatz "S03ML107" befindet sich auf einem aktiven

Flugsandschild im südöstlichen Vorland der Grundgebirgsschwelle. Neben rezenten

Artefakten wie Trinkglasscherben, zum Teil zu Werkzeugen umgearbeiteten

Konservendosen, Patronenhülsen (8 mm), Gazellenknochen, Dattelkernen, einer

Kaurimuschel, Reste einer "Qirba" und Brennholz befinden sich auch Steinartefakte wie

ein kleines schwarzes Beil, Reibeschalen, Mahlsteine, "Bola-Kugeln", sowie

verschiedene überwiegend organisch- und sandgemagerte Keramikfragmente (s. Foto

28).

Page 110: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

103

Foto 28: Fundplatz "S03ML107". Körper aus Flugsand mit Artefaktinventar bestehend aus

Patronenhülsen, Konservendosen, Trinkglas, Beil aus Basalt, variantenreicher Keramik, Reibeschale,

Mahlsteinen, "Bola-Kugeln" und einer Kaurimuschel

Fundplatz "S03ML60" mitten in der westlichen kanalartigen Tiefenlinie ist dagegen ein

Beispiel für einen eng begrenzten Lagerplatz mit einer isoliert auf einer Flugsanddecke

befindlichen Feuerstelle aus drei Steinen mit Straußeneischalen, einer "Bola-Kugel" aus

weißem Quarz und grober pflanzengemagerter Keramik. Bei meinem Gespräch mit

einem Kababish Beduinen (Unteres Wadi Howar, 2002) gab dieser an, dass sein Stamm

immer Feuerstellen aus drei Steinen errichtet.

Das Gebiet der Survey Region gehört heute zum Kababish Land der Sippe "Umm

Metto". Sie suchen als Kamelnomaden dieses Gebiet nach Starkniederschlägen als

Weideland auf. Die räumlich am nächsten lebenden Kababish Familien siedeln ca. 115

km westlich des Surveygebietes an den "Rahib Wells" (s. Foto 26).

Page 111: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

104

Foto 29: Kababish Mädchen an den "Rahib Wells" ca. 115 km westlich vom Surveygebiet

Page 112: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

105

4. INTERPRETATION UND FOLGERUNGEN AUS DEM

SURVEY

Die geomorphologische Datenlage basiert auf einer mit Unsicherheiten behafteten

topografischen Beschreibung und oberflächennahen, ausschließlich durch

Geländeansprache sedimentologisch bestimmten Aufschlüssen. Paläozoologische Funde

werden in dieser sich auf die Geomorphologie und Archäologie beschränkenden Arbeit

nicht behandelt.

An Datierungen ist nur das 14C-datierte Holzkohlestück aus dem "Brunnenprofil"

aufgeführt (vgl. Kapitel 3.3.5.2.). Aus diesem Grund werden in der zusammenfassenden

Interpretation die verschiedenen Geländebeobachtungen zeitlich in die aus der Literatur

entnommene holozäne Klimageschichte der Region (vgl. Kapitel 2.3.) eingeordnet.

Die in der archäologischen Datenbank erfassten Funde basieren lediglich auf ersten

Geländeeindrücken. Es ist davon auszugehen, dass in vielen Fällen Keramikartefakte,

eventuell sogar weitere Keramiktypen, unter der Flugsandauflage in tieferen Schichten

vergraben liegen oder inmitten der ausgedehnten Fundstreu unbemerkt blieben. Ferner

muss bei den dargestellten Verbreitungsmustern berücksichtigt werden, dass Keramik in

Abhängigkeit von Alter, Fertigungsqualität sowie auf Grund ihrer und der allgemeinen

Exposition der Fundplätze bereits erodiert sein kann.

Die durchgeführte Zuordnung der verschiedenen Keramiktypen zu bestimmten

neolithischen Wirtschaftsformen basiert auf einem weitgehend linearen

Entwicklungsmodell (vgl. Kapitel 2.4.3.). Die einzelnen Keramikformen wurden dabei

in dieser Arbeit verallgemeinernd drei, sich in ihrer Wirtschaftsform unterscheidenden

"Kulturen" zugeordnet. Diese Keramikhaupttypen spiegeln in ihrer Funktion als

Proxydaten nicht notwendigerweise die gesamte Komplexität der ökonomischen und

kulturellen neolithischen Entwicklung in der Region zuverlässig wider.

Die als homogene Gruppe behandelte Keramik aus unverzierter organisch gemagerter

Ware wurde hier als eigener Typ zusammengefasst. Diesem Keramiktyp wurde bisher

sowohl bei Surveyaufzeichnungen als auch in Publikationen keine gesonderte

Aufmerksamkeit geschenkt. Er wurde in Verbindung mit den erstmalig in der Region

beschriebenen Tränkstellen beobachtet und dient hier vor allem als exemplarisches

Anwendungsbeispiel, wie sich das Navigations-Informations-System für raumbezogene

archäologische Arbeiten nutzen lässt.

Page 113: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

106

Trotz aufgeführter Einschränkungen sollen nach einer Deutung verschiedener

Einzelbeobachtungen diese in einen interpretativen Überblick über eine mögliche

regionale holozäne Landschafts- und Siedlungsgenese münden.

Schließlich folgt ein Fazit, das sowohl das Navigations-Informations-System, als auch

die geomorphologisch-archäologischen Datensätze evaluiert und in einem Ausblick auf

mögliche Verbesserungsvorschläge und weiterführende Anwendungen hinweist.

4.1. Deutungen einzelner geomorphologischer und archäologischer

Beobachtungen

Die erfolgten geomorphologischen und archäologischen Beobachtungen müssen, ehe sie

für eine zusammenfassende Interpretation weiterverwendet werden können, erst einmal

nachvollziehbar für sich gedeutet werden. Sie folgen dabei dem Ablauf, in welchem sie

vorangehend beschrieben worden sind.

4.1.1. Deutung der lakustrinen Ablagerungen Die beschriebenen lakustrinen Ablagerungen können als Sedimente perennierender

Süßwasserseen interpretiert werden. Die weitgehend homogenen gebankten Seekreiden

weisen auf einen hohen lokalen Grundwasserspiegel hin. Seespiegelstände, die

ausschließlich durch Niederschläge bedingt sind, wären hingegen starken

Schwankungen unterworfen und hätten kaum zu einer kontinuierlichen Sedimentation

geführt.

Sowohl das anstehende granitoide Gestein als auch die beobachteten wollsackartigen

Verwitterungsformen bestärken die Annahme, dass es sich um grundwassergestützte

Seen handelte. Das allerorts anstehende granitoide Grundgebirge ist entlang der

Klüftung grundwasserdurchlässig. Die wollsackartigen Verwitterungsformen sind

vermutlich auf eine anhaltende Durchfeuchtung des Verwitterungshorizontes

(weathering front) entlang struktureller, tektonisch und petrologisch angelegter und

Grundwasser führender Schwächezonen zurückzuführen (vgl. CAMPBELL

1997:101,108).

Page 114: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

107

Der hohe Carbonatgehalt von Seekreiden und Seemergel kann nicht allein durch die

chemische Verwitterung der Feldspate der granitoiden Gesteinsmasse erklärt werden,

bei der nur eingeschränkt Ca-Ionen gelöst werden.

Er dürfte in der Hauptsache auf biogene Ca-Anreicherung aus dem Grundwasser

zurückzuführen sein, vor allem auf kalkabscheidende Grünalgen (Charophyten) und

Detritus von Mollusken.

Allerdings ist auch die Matrix der im Süden beidseitig der kanalartigen Tiefenlinie

anstehenden Konglomeratlagen carbonathaltig. Der Carbonatgehalt in diesen erhöhten

und damit grundwasserfernen topografischen Lagen ließe sich mit dem

Verwitterungsresiduum erklären.

Im Umland liegen die südlichen Ausläufer des aus Carbonatgesteinen aufgebauten

Gebel Abyad Plateaus (vgl. Kapitel 2.2.) keine 100 km entfernt in NNO Richtung, was

der vorherrschenden Windrichtung entspricht. Somit könnte zusätzlich ein äolischer

Eintrag von alttertiärem Carbonatstaub in die Surveyregion stattgefunden haben.

Kalzifizierte Stängel in der Umgebung der lakustrinen Ablagerungen sind Hinweise

darauf, dass Schilfgürtel das Litoral der Paläoseen bildeten.

Seeablagerungen weisen darauf hin, dass in ihren Ausdehnungsbereichen während ihrer

Genese keine fluvialen Prozesse geherrscht haben können. Unter diesem Gesichtspunkt

ist bemerkenswert, dass südwestlich und nordöstlich der von lakustriner Sedimentation

eingenommenen Areale ein weitgehend carbonatfreier Bereich liegt. Es könnte sich

hierbei um die limnische Tiefenlinie des Wadi Howar im östlichen Vorland handeln,

auch wenn die rezente Topografie diese Schlussfolgerung nicht zwingend nahe legt. Die

Hypothese einer limnischen Entwässerungslinie in diesem Raum wird durch die

Ergebnisse des Bodenprofils am Surveypunkt "1944/648" unterstützt. Bei dem hier

beobachteten carbonathaltigen Sand und Silt könnte es sich um fluviale Umlagerungen

älterer lakustriner Sedimente handeln.

Dieser Interpretation zufolge wären die lakustrinen Sedimente eine Randfazies des

Wadi Howar, das in diesem Abschnitt zum Zeitpunkt der Seenbildung über eine große

Fläche von anstehendem Grundwasser eingenommen wurde. Das Wadi im östlichen

Vorland der Grundgebirgsschwelle wurde vielleicht nur nach

Starkniederschlagsereignissen mit hohem Oberflächenabflussaufkommen aus dem

Norden über die Serirfläche "Zalat al-Mai" durchflossen.

Mit dem Absinken des Grundwasserspiegels fielen die Seesedimente trocken und

wurden teilweise deflativ ausgeräumt.

Page 115: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

108

Die aufgeführten Beobachtungen und Deutungen über die Lage und Genese der

lakustrinen Ablagerungen stimmen gut mit denen aus der Literatur überein (vgl.

HOELZMANN 1992/1993a/1993b/2002; KRÖPELIN 1993/1999; PACHUR 1997).

4.1.2. Deutung der playaartigen Sedimente Die weiten, von lakustrinen carbonatischen Sedimenten eingenommenen Flächen im

östlichen Vorland werden vor allem im Westen und damit weiter aufwärts im Wadilauf

von einer vorwiegend alluvialen klastischen Fazies abgelöst. Mehrheitlich handelt es

sich um graue Siltmudden ohne eine erkennbare Schichtung.

Das homogene Gefüge, die Rostfleckigkeit und in einigen Fällen Carbonatkonkretionen

können als Indikatoren für eine längere und wiederkehrende Durchfeuchtung mit

einhergehender Pedogenese interpretiert werden. Die teilweise sehr dunkle Farbe mag

aus einem hohen Gehalt an organischem Kohlenstoff resultieren.

Als Interpretation für eine Genese so gearteter Sedimente können periodische, an starke

Niederschläge gebundene Überschwemmungen aus dem Norden über die Schotterfläche

"Zalat al-Mai" vorgeschlagen werden. Der Oberflächenabfluss erreichte das Untere

Wadi Howar als einzige potentielle Entwässerungslinie der Region. Dieses weist im

behandelten Abschnitt ein besonders niedriges Gefälle und weites Bett auf, so dass weit

reichende Rückstauungen vorstellbar sind.

Der postulierte hohe Gehalt an organischem Kohlenstoff kann durch die Ablagerung

suspendierter Partikel und deren Herausfiltern durch Pflanzenbewuchs erklärt werden.

Pedogene Prozesse und Bioturbation können hierbei eine Schichtung dieser Sedimente

verhindert haben.

Bei den Carbonatkonkretionen kann es sich um synsedimentär, im Kontakt mit dem

Grundwasser entstandene Evaporite handeln oder aber um detritisches, pedogenetisch

aufgearbeitetes Material älterer angrenzender oder überschwemmter Seekreiden.

In Folge einer zunehmenden Aridifikation reichten die nördlichen Überschwemmungen

immer weniger weit nach Osten, bis sie schließlich im Bereich des nördlichen Umlaufs

des Wadi Howar und im westlichen Vorland stagnierten. Hierbei und durch lokale

Niederschläge ist es denkbar, dass Evaporite aus den obersten Lagen teilweise wieder

gelöst und ausgewaschen wurden, weswegen manche playaartigen Sedimente dieser

Region in ihrer obersten Schicht carbonatfrei, besonders dunkel und gelegentlich

staubartig erscheinen.

Page 116: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

109

Die während des Surveys getroffenen Beobachtungen stimmen gut mit teilweise in

direkt angrenzenden Gebieten erfolgten und publizierten Darstellungen überein (vgl.

PACHUR et al. 1990; PACHUR 1999; KRÖPELIN 1993/1999). Die Basis der als

"potamogen" bezeichneten Sedimente wurde auf älter als 6400±250 a BP datiert

(PACHUR et al. 1990:225-227; 6400±90 a BP bei KRÖPELIN 1999:455-456). Einer

OSL-Datierung (optically stimulated luminescence) zufolge kam es zur Sedimentation

der obersten Lage, einer diesem Sedimenttyp aufsitzenden Siedeldüne ("S97/02") vor

3700 a BP (vgl. BESLER 2002:396).

Insgesamt ergibt sich daraus für den nördlichen Umlauf des Wadi Howar einschließlich

des Verzahnungsbereiches mit der Serirfläche und dem westlichen Vorland der

Grundgebirgsschwelle ein Bild von einer mehr oder weniger ausgedehnten

Überschwemmungslandschaft mit vorherrschendem Oberflächenzufluss aus dem

Norden.

4.1.3. Deutung der Goethitausfällungen Eine Entstehung von Goethitausfällungen setzt ein wassergesättigtes, konduktives,

reduktives Milieu voraus, in dem Eisen reduziert und im zweiwertigen Zustand (Fe²+)

mobilisiert werden kann. Diese Lösungen werden lateral in nur temporär

wassergesättigte Randzonen oder Horizonte verlagert, wo sie möglicherweise im

Kontakt mit pflanzlicher Biomasse aufoxidiert werden und als Goethit ausfällen. Die

Voraussetzungen hierfür wären in überschwemmten Dünensanden mit patinierten

Sandkörnern oder Wasserflächen mit einer hohen biologischen Aktivität anzutreffen.

Ein solches Szenario ist entlang von Wurzelhorizonten von Schilfbeständen vorstellbar,

die bei der Nährstoffaufnahme von Kationen äquivalente Mengen an Protonen

ausscheiden und gleichzeitig durch Wurzelatmung Kohlensäure bilden.

Eine Hypothese der Genese der beobachteten außergewöhnlichen Goethitkonkretionen

muss verschiedene Phänomene erklären können: Die Goethitkonkretionen weisen eine

vertikale, Stängeln gleichende Struktur auf. Dabei scharen sie sich entlang linearer

Bänder im Bereich der Tiefenlinie in Richtung des Hauptabflusses. Schließlich wurde in

allen Fällen eine Vergesellschaftung mit oberflächig aufliegenden Kiesen bei einem

ansonsten rein sandigen Untergrund festgestellt.

Ich schlage aus diesen Beobachtungen ein denudativ-fluviales Ereignis als möglichen

Erklärungsansatz vor. Demgemäß wären nach Starkniederschlägen mit einhergehenden

Schichtfluten die bewachsene Niederung am Fuß des Südwesthangs der

Page 117: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

110

Grundgebirgsschwelle sowie die Pflanzengürtel der von Dünen gesäumten Ufer

fluvialer Abschnitte im östlichen Vorland durch denudativ eingespülte Sande

zusedimentiert worden. Im Hangfußbereich könnte sich dabei durch einen starken

Zustrom an Hangwasser ein temporär wassergesättigtes Milieu gebildet haben. Auch die

Tiefenlinie im östlichen Vorland würde zeitweilig einen höheren Wasserspiegel mit

einhergehender Ausweitung des reduktiven Milieus auf die angrenzenden konduktiven

Dünensande im Uferbereich aufgewiesen haben.

Die vergesellschafteten, oberflächlich auflagernden Kiese lassen sich durch denudativen

und fluvialen, durch Starkniederschläge ausgelösten hochenergetischen Transport

erklären. Bei dem durch mikrobielle Aktivitäten begleiteten Abbau der zusedimentierten

Biomasse werden einfache organische Säuren gebildet. Diese Säuren könnten für eine

kleinräumig um die vegetativen Rückstände erfolgende Aufoxidierung und Ausfällung

der reduzierten Fe²+-Ionen verantwortlich sein (vgl. SCHEFFER &

SCHACHTSCHABEL 1998:105-106).

PACHUR (1990/ 1997/ 1999) beschreibt bedeutend mächtigere Krusten von

Goethitausfällungen, die mit hohen Grundwasserständen in sumpfartigen, durch Dünen

eingenommene Umgebungen von Paläoseen in Verbindung gebracht werden.

4.1.4. Deutung der "Talsande" Nach ihrer topografischen Lage zu urteilen scheinen die als "Talsande" bezeichneten

Sedimente potentiell fluvial geprägte Tiefenlinien auszukleiden. Die durchgehend in der

sandigen Matrix eingebetteten Feinkiese zeugen von fluvialen

Sedimentationsbedingungen. Sie bestehen in der Regel aus kantigen Quarzbruchstücken

und unterscheiden sich damit deutlich von den gut gerundeten größeren Quarzkieseln

der Konglomeratlagen. Als Möglichkeit ihres Ursprungs käme Granitgrus in Frage, aus

dem vereinzelte, feinkiesgroße, sich durch hohe Verwitterungsstabilität auszeichnende

Quarzkristalle herausgewittert wurden (vgl. SCHEFFER & SCHACHTSCHABEL

1998:34-41). Mit dieser Hypothese ließe sich der Befund von Glimmer in den

Talsanden des östlichen Vorlands und damit im Wadibett unterhalb der

Grundgebirgsschwelle und weiterer anstehender Granitausbisse erklären. Muskovit, als

Verwitterungsprodukt der granitoiden Ausbisse, kann als Schichtsilikat von

überwiegend siltiger Kornfraktion gut suspendiert und über kurze Strecken fluvial

mitgeführt werden.

Page 118: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

111

Eher klassische fluviale Sedimente wie Kiese wurden in nennenswerter Menge,

abgesehen von der Schotterebene "Zalat al-Mai", über das gesamte Surveygebiet nur in

Hanglagen und in räumlicher Nähe zu Konglomeratausbissen beobachtet. Demnach

scheint es sich bei den Talsanden um die wichtigsten oberflächennah zu erschließenden

fluvialen Sedimente der Surveyregion zu handeln.

Als Szenario für die Genese von Talsanden kann eine niederschlagsinduzierte

Ausräumung des granitoiden Regoliths vorgeschlagen werden, wobei von den Rändern

her gleichzeitig große Mengen äolisch angelieferten Materials eingespült wurden.

Während die südliche kanalartige Tiefenlinie durchgehend von Talsanden ausgekleidet

ist, die mit westlicher Richtung zunehmend Merkmale leichter Verbraunung aufzeigen,

weisen die talsandartigen Sedimente im nördlichen Umlauf des Wadi Howar einen

höheren Siltanteil auf. Letzteres kann entweder durch die umliegenden playaartigen

Sedimente beeinflusst worden sein oder mit direkt über die Serirfläche angespülter

Suspensionsfracht zusammenhängen. Sowohl in der kanalartigen Tiefenlinie als auch

im nördlichen Umlauf des Wadi Howar liegen die Talsande in oder nahe der rezenten

topografischen Tiefenlinie.

Eine zeitliche Einordnung als fluviale Sedimente interpretierter Talsande fällt schwer.

In der Literatur (PACHUR et al. 1984/1987; KRÖPELIN 1993, vgl. auch REID &

FROSTICK) werden "Talsande", beziehungsweise talsandähnliche Sedimente häufig

mit eingeschwemmtem Dünenmaterial in Verbindung gebracht. Es lässt sich nur eine

Publikation ausmachen (vgl. GABRIEL & KRÖPELIN 1983), die eine Datierung von

Talsanden im ca. 300 km nördlich des Wadi Howar gelegenen Wadi Shaw vornimmt.

Hier werden sie als Horizont zwischen einer "Unteren" und einer "Oberen Limnischen

Akkumulationsphase" auf ca. 7000 a BP datiert (GABRIEL & KRÖPELIN 1983).

Demnach würde die Genese der Talsande in den Zeitraum des frühen Holozäns fallen

und darauf hinweisen, dass sowohl im Wadi Howar als auch im Bereich der südlichen

kanalartigen Tiefenlinie fluviale Prozesse stattfanden.

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass alle größeren archäologischen

Fundplätze im östlichen Vorland einschließlich der stationären Grabungsplätze

"S02/01", "S02/28" und "S02/52" auf Anhöhen eines gleichartigen Sedimenttyps liegen.

Im Gegensatz zu den Talsanden weisen sie in den obersten 30 bis 40 cm eine hellgrau

bis braun (trocken: 10YR7/2 – light gray/ feucht: 10YR5/3 - brown) verfärbte, als

Kulturhorizont interpretierte Schicht auf. Hier können organische Reste, Asche und

Kulturabfälle durch Siedelaktivitäten in den Sand eingetragen und pedogenetisch

Page 119: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

112

umgesetzt worden sein. Das Liegende besteht, nach graduellem Übergang, aus dem

gleichen carbonatfreien, Feinkies führenden, glimmerhaltigen und leicht braun bis

braungelben (trocken: 10YR7/4 – very pale brown/ feucht: 10YR6/6 – brownish

yellow) Lockersediment. Morphogenetisch könnte es sich bei diesen im Wadibett

gelegenen "Siedelplätzen" um ehemalige Uferbänke handeln.

Die Grabungsplätze wurden mit einem GPS-Empfänger umlaufen, um die

Siedlungsfläche auszukartieren. In der Visualisierung dieser Trackaufzeichnungen in

"TouraTech QV 3.0" weisen alle drei Grabungsplätze eine ausgeprägte Längsachse in

Richtung NO auf, die der vorherrschenden Passatwindrichtung entspricht (s. Abb. 17).

Bei allen dreien liegt zudem der höchste Punkt am nordöstlichen Ende.

Abb. 17: Archäologische Grabungsflächen auf sandigen Anhöhen im östlichen Vorland der

Grundgebirgsschwelle

Aus dieser Beobachtung wird gefolgert, dass die Talsande vor ihrer Besiedlung durch

Menschen der "Leiterband-Kultur" äolisch überformt wurden.

4.1.5. Deutungen der Profile auf Grabungsplatz "SO3/13" Das Brunnenprofil inmitten der Steinsetzungen liegt randlich einer ehemaligen, durch

regelmäßige Einspülungen verfüllten tiefen Grube (vgl. Kapitel 3.3.5.1.). Eine einstige

Page 120: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

113

grundwassergesättigte Basis mit zu erwartenden redoximorphen Merkmalen wurde bis

in die Tiefe von -250 cm nicht ergraben.

In dem Kies führenden ungeschichteten Sedimentkeil, der konkordant auf den

regelmäßig mit gleich bleibend steilem Winkel einfallenden lehmig-sandigen Schichten

aufliegt, ist waagerecht eine "Feuerstelle" eingelagert. Er kann als ein anthropogen

geschaffener Absatz, der während Reinigungs- und Vertiefungsarbeiten des Brunnens

geschaffen wurde, interpretiert werden.

Die Frittungszone unterhalb und seitlich der "Feuerstelle", sowie die nach oben

anschließende Aschelage sind Indikatoren dafür, dass das Tundubholz in-situ in der

Grube verbrannte. Die enge Begrenzung der Feuerfläche sowie das mit ihr

vergesellschaftete Knochenfragment, können als Hinweise auf eine menschliche

Nutzung des Feuers gewertet werden. Als mögliches Szenario ist vorstellbar, dass

während der Reinigungsarbeiten diese windgeschützte Stelle für ein kleines Kochfeuer

genutzt wurde.

Die 14C-Datierung des großen unkontaminierten Holzkohlestücks in das erste

vorchristliche Jahrtausend (vgl. Kapitel 3.3.5.2.) ist jünger als alle bislang in der Region

datierten Besiedlungszeugnisse (schriftl. Mitt. M. LANGE 2004) und liegt zeitlich noch

vor der Einführung von Kamelen in die Ostsahara. Die konkav aus unterschiedlichen

Randlagen einfallende Schichtung im Hangenden dokumentiert eine sich über Jahre

oder Jahrzehnte hinweg durch sandige Einspülungen und Einwehungen verfüllende

Grube. Ein Fehlen von Diskordanzen weist darauf hin, dass die Brunnenanlage nicht

mehr gereinigt und damit in späterer Zeit endgültig aufgegeben wurde.

Das innerhalb einer Steinsetzung angelegte "Tränkenprofil" bestärkt die Hypothese,

dass es sich bei diesen um Viehtränken handelte (vgl. Kapitel 3.3.5.3.). So wurde an der

Basis der eingelassenen Granitplatten eine wasserundurchlässigere, kompakte Schicht

angetroffen, der eine zweite kompakte besonders kieshaltige Lage folgt. Die

Beobachtungen an subrezenten Tränkstellen in der Senke von "Bir Abu Tabari"

ergaben, dass ein ähnliches Material zur Auskleidung der Tränkbecken bis in das letzte

Jahrhundert verwendet wurde.

Die Carbonatkonkretionen, die sich auf den unmittelbaren Bereich der Steinsetzungen

beschränken, werden als Resultat alternierender Wasserzufuhr und Verdunstung

interpretiert und wurden gleichfalls in den subrezenten Viehtränken um "Bir Abu

Tabari" beobachtet.

Page 121: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

114

Eine kausale räumliche Verbindung zwischen dem Vorkommen organisch gemagerter

unverzierter Keramik und als Tränkstellen um Brunnen identifizierter Steinsetzungen

erscheint möglich (vgl. Fototafel 09: "Handessi Type Ceramics and Watering Places").

4.2. Zusammenfassende geomorphologisch-archäologische

Interpretation

In der folgenden Interpretation wird abschließend versucht, den geomorphologischen

Geländebefund mit den archäologischen Surveybeobachtungen in Beziehung zu setzen.

Mit dem abrupten Einsetzen der holozänen Feuchtphase um 11500 a calBP wurden

durch starke lokale Niederschläge die verbreiteten äolischen Sedimente und der

Regolith aus dem Bereich der Grundgebirgsschwelle und angrenzender granitoider

Ausbisse im NO des Surveygebietes in die reliktische Tiefenlinie des Wadi Howar

eingespült. Sie kleiden als Glimmer und Feinkies führende "Talsande" unter anderem

das weite östliche Vorland der Grundgebirgsschwelle aus. Zumindest anfänglich

müssen bei einem solchen Szenario auch größere Gesteine und Kiese fluvial mitgeführt

worden sein.

Die weitläufige Schotterebene "Zalat al-Mai" im Norden und NW der Surveyregion

wird mit ihren sandverfüllten, Richtung Süden und SO auf das Wadi zulaufenden

Erosionsbahnen als Haupteinzugsgebiet des Oberflächenabflusses in das Wadi Howar

während des Holozäns interpretiert. Die sedimentologischen Beobachtungen werden

durch das digitale Höhenmodell unterstützt.

In zunehmendem Maße wurde die Landschaft durch einen raschen Anstieg des lokalen

Grundwasserspiegels geprägt, der zu einer Ausbildung grundwassergestützter

Süßwasserseen führte.

Zwischen 10000 und 8000 a calBP wurde vorwiegend das östliche Vorland in seinen

topografisch tief liegenden, teilweise in die granitoiden Ausbisse hinein reichenden

Randlagen von perennierenden Seen eingenommen. Die Ausbreitung der Seenflächen

wird über die der rezent anstehenden lakustrinen Seekreiden hinausgegangen sein, da

diese durch deflative Prozesse bereits teilweise abgetragen worden waren.

Neben Grundwasseraustritten dürfte oberflächlicher Zufluss, zumindest zum Erhalt der

Süßwasserseen, eine Rolle gespielt haben. Die Paläoseen im östlichen Vorland liegen

Page 122: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

115

entweder im Zusammenlauf des Einzugsgebietes des Beckenbereichs der

Grundgebirgsschwelle oder im Zusammenlauf der nördlichen Einzugsgebiete um den

"Gebel Issawi", "Gebel Fadl al-Musa" und angrenzender höher gelegener Areale.

An allen Vorkommen lakustriner Ablagerungen im Surveygebiet (vgl. Kapitel 3.2.2.1.)

wurden im erhöht gelegenen unmittelbaren Umland Keramikfunde vom "Early

Khartoum Typ" beobachtet. Dieser räumliche Fundzusammenhang entspricht weiteren

in der Literatur beschriebenen archäologischen und paläozoologischen Untersuchungen,

nach denen die ersten holozänen Talbewohner des Unteren Wadi Howar überwiegend

vom Fischfang lebten (vgl. Kapitel 2.4.3.1.).

Ein periodisch auftretender großflächiger Rückstau des nördlichen Zuflusswassers wird

für die Sedimentation und Pedogenese der langfristig und wiederholt durchfeuchteten

playaartigen Sedimente in dem sumpfigen Environment im zentralen nördlichen

Surveygebiet verantwortlich gemacht.

Neben Vorkommen des ältesten Keramiktyps der Sahara in der näheren Umgebung von

Paläoseen wurde er auch auf den parabelförmigen Siedeldünen vorgefunden. Diese

wiesen als trockene Standorte in einem ansonsten sumpfigen Umland mit weit

reichendem Blick attraktive Standortfaktoren, besonders für auf Jagd ausgerichtete

Gruppen, auf.

Für den Fall, dass die Siedeldünen tatsächlich auf Sumpfsedimenten aufsitzen sollten,

und im östlichen Vorland anschließend äolisch überprägte fluviale Sandkörper besiedelt

wurden, muss diese Phase zumindest zeitweilig äolisch sehr aktiv und die Region

gleichzeitig nicht flächendeckend von Vegetation bewachsen gewesen sein.

Nach vorgeschlagener Deutung der Goethitausfällungen könnten diese, allerdings auch

zu einem späteren Zeitpunkt, als Hinweis für größere Überschwemmungsereignisse

gewertet werden, die aus lokalen Starkniederschlägen resultieren. Demzufolge würden

sie eine Erklärung dafür bieten, warum nicht näher an der Tiefenlinie des Wadi Howar

gesiedelt wurde.

Zwischen 8000 und 3500 a calBP bewirkten nachlassende Niederschläge ein

allmähliches Auslaufen der oberflächennahen Aquifere und ein damit verbundenes

sukzessives Absinken des Grundwasserspiegels. In der ökologisch begünstigten

Senkenlage des Wadi Howar dürften die Süßwasserseen noch um 3500 a calBP

bestanden haben.

Ab ca. 5200 a BP wurde die Region von rinderhaltenden Pastoralisten bevölkert (vgl.

Kapitel 2.4.3.2.), die ungefähr die gleichen Areale wie die vormalige Keramikkultur mit

Page 123: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

116

ausschließlich aneignenden Wirtschaftsformen besiedelten. Die Menschen mit Keramik

vom "Leiterband Typ" waren für ihre Rinder auf nahe gelegene offene Wasserstellen

angewiesen. Sie siedelten außerdem im nördlichen Wadibett, den weiten Ebenen des

östlichen Vorlandes und der südlichen kanalartigen Tiefenlinie. In der savannenartigen

Landschaft müssen diese Bereiche gute Weidemöglichkeiten für ihr Vieh geboten

haben. Es wurden dabei bevorzugt die beschriebenen sandigen Anhöhen als

Siedelplätze aufgesucht (vgl. Kapitel 4.1.4.).

Oberflächenabfluss aus dem Norden erreichte das östliche Vorland zunehmend seltener

und stagnierte in dem nördlichen Umlauf des Wadi Howar sowie in Niederungen im

westlichen Vorland. Dabei wurden überwiegend silikatische, playaartige Sedimente

abgelagert und vormalige Ablagerungen epigenetisch überprägt.

In diesen Gebieten sowie in der Anbindung des Beckenbereiches an das östliche

Vorland und in den Niederungen am Südrand des Wadi Howar im SO konzentrieren

sich auch die Vorkommen an Keramik vom "Handessi Typ", die mit kleintierhaltenden

Pastoralisten und Jägern in Verbindung gebracht wird (vgl. Kapitel 2.4.3.3.). Ebenso ist

hier die unverzierte organisch gemagerte Keramik anzutreffen. Damit befinden sich alle

jüngeren Keramikfunde in geomorphologischen Tiefenlagen, die zumeist an

Geländekanten angrenzen und bei lokalen Niederschlägen ein hohes Aufkommen an

Oberflächenabfluss erwarten lassen. Besonders im Umland der Grundgebirgsschwelle

stehen diese Keramikfunde in räumlicher Nähe zu den mit Steinen eingefassten

Viehtränken um Brunnengruben. Hieraus kann gefolgert werden, dass zu dem Zeitpunkt

ihrer Anlage offene Wasserflächen zumindest ganzjährig nicht mehr vorkamen und sich

damalige Bewohner der Region in der Art ihrer Siedelaktivitäten und Wirtschaftsweise

einer zunehmenden Aridifikation anpassen mussten.

Ungefähr 3500 a calBP, mit dem Ende der holozänen Feuchtphase, setzte im Gebiet des

Unteren Wadi Howar graduell eine bis heute anhaltende hyperaride Phase ein, die

Schwankungen und einer kurzen reversiblen Entwicklung um 2000 a calBP unterworfen

war. Deflations- und äolische Akkumulationsprozesse überformten die früh- und

mittelholozäne Landschaft zu ihrem gegenwärtigen Erscheinungsbild. Zumindest in

außergewöhnlich humiden Jahren wurde die Region durch Pastoralisten wenigstens

saisonal aufgesucht. Dem 14C-Datum des Holzkohlestücks aus dem Brunnenprofil

folgend können solche Aktivitäten noch im ersten Jahrtausend vor unserer Zeitrechnung

stattgefunden haben.

Page 124: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

117

4.3. Fazit und Ausblick

In dieser Arbeit wurde aufgezeigt, dass ein Navigations-Informations-System über die

eigentliche Navigation im Gelände hinaus vielseitig eingesetzt werden kann.

Im Vorfeld wurde die Navigationssoftware "TouraTech QV 3.0" dazu verwendet, das

Blattschnittsystem der Satellitenbildkacheln und Karten zu berechnen und zu

visualisieren.

In der Planungsphase der Expedition konnten relevante Geodaten und der Verlauf

ehemaliger Surveyfahrten aus verschiednen Datensätzen zusammengebracht und vor

dem Hintergrund verfügbarer Karten und Satellitenbilder unterschiedlicher

Kanalkombinationen visualisiert werden. Mit Hilfe eines digitalen Höhenmodells wurde

ein erster dreidimensionaler Eindruck von der Arbeitsregion gewonnen. Diese

Möglichkeiten erwiesen sich als sehr hilfreich, um bereits im Vorfeld wichtige

geomorphologische Fragestellungen zu erkennen und demnach die Grenzen des

Surveygebietes besser festlegen zu können. Mittels Entfernungsbestimmungen ließ sich

sowohl ein zeitlich realistischer Umfang des Surveys, als auch die benötigten

Dieselressourcen präzise einschätzen.

Beim Einsatz im Gelände arbeitete das Navigations-Informations-System stabil und

zeigte sich als praktikabel handhabbar. Während des eigentlichen Surveys stellte das

System eine vielseitige Hilfe dar. Interaktive Visualisierungen der aktuellen Position,

bereits erfasster Geodaten und der gefahrenen Streckenverläufe ermöglichten eine

effiziente Navigation und Arbeit im Feld, die in dieser Art allein mit einem GPS-

Empfänger und analogen Kartenblättern nicht möglich gewesen wäre.

Die während des Surveys vermissten Möglichkeiten, zusammen mit den

Trackaufzeichnungen auch die Genauigkeitsschätzwerte der Positionsberechnungen

(EPE) aufzeichnen zu lassen sowie eine optionale Bestimmung der Aufnahmedichte

automatisch generierter Trackpunkte auch über ein Zeitintervall einstellen zu können,

wurde mittlerweile von den Entwicklern der Navigationssoftware umgesetzt.

Die Beschreibungen zu den Surveypunkten und den archäologischen Fundplätzen

erfolgte im Gelände handschriftlich. In der Nachbereitung mussten diese

Niederschriften in aufwendiger Arbeit in das Navigations-Informations-System

eingearbeitet werden. Solche weitgehend gleich bleibenden Kataloge an Daten könnten

allerdings, beispielsweise über im Vorfeld erstellte Datenmasken, bereits während der

Geländearbeit digital eingegeben werden. Hierbei würden sich kleine Handgeräte wie

Page 125: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

118

PDAs (personal digital assistant) mit entsprechenden Modulen anbieten. Für eine

reibungslose Einbindung solcher Datensätze müsste allerdings die bisherige

Strukturierung der Datenbank der Navigationssoftware erweitert und verbessert werden.

Die Datensätze sollten sich gleichzeitig auch auf unterschiedlichen Ebenen mit

Metainformationen versehen lassen. An einer Umsetzung einfacher Metadatenfelder

wird seitens der Softwareentwickler bereits gearbeitet (schriftl. Mitt. J. BUNGERT

2004).

In der Nachbereitung ließen sich die erhobenen und in Form von Excel-Dateien

gespeicherten Daten als unterschiedliche thematische Datensätze in die geografische

Datenbank des Navigations-Informations-Systems importieren. Bei der

Datenverwaltung zeigten sich verschiedene Schwierigkeiten, die nur über zeit- und

speicherplatzaufwendige Umwege gelöst werden konnten. So ließen sich beispielsweise

die Spaltenüberschriften der ursprünglichen Datensätze nicht automatisch vor den

einzelnen zu ihnen gehörenden Einträgen in das kumulative Informationsfeld

importieren. Vielmehr musste vor jedem zugehörigen Eintrag die Spaltenüberschrift

über eine vorangestellte Spalte eingetragen werden. Außerdem lassen sich einem

physisch in der Datenbank abgespeicherten Track nicht mehrere, unabhängig

voneinander visualisierbare digitale Fotosätze zuordnen. Eine solche Zuordnung ist

allerdings für eine räumliche, thematische Visualisierung unterschiedlicher Fotos

(beispielsweise Fotos zu den Surveypunkten und Fotos zu den archäologischen

Fundplätzen) ausdrücklich erwünscht.

Auch im Bereich der Präsentation aufgearbeiteter und strukturierter Datensätze sind

Verbesserungen vorzuschlagen. So ließen sich die auf den Fototafeln (s. Materialband)

dargestellten Legenden zu bestimmten Datensätzen nur provisorisch, als eigene

Datensätze mit festen Koordinaten, umsetzen. Der Export größerer Karten oder

Satellitenbilder in externe Bildbearbeitungsprogramme ist zumindest bei den

verwendeten Dateiformaten nur eingeschränkt möglich. Auch bei den

Steuerungsfunktionen im dreidimensionalen Modus, besonders bei der Geländeflutung,

wäre eine Weiterentwicklung erstrebenswert. Hierbei muss allerdings ausdrücklich

darauf hingewiesen werden, dass sich das Modul erst in seiner Betaphase befindet und

die Flutungsoption, deren Notwendigkeit sich aus dieser Arbeit ergab,

freundlicherweise von den Softwareentwicklern sofort umgesetzt wurde.

Page 126: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

119

Insgesamt kann der Einsatz des konzipierten Navigations-Informations-Systems in allen

Bereichen als Erfolg gewertet werden. Die Archäologen von ACACIA nutzen das

erarbeitete System mit seiner geografischen Datenbank und Satellitenbildbasis in

unterschiedlichen Teilprojekten weiter. Die Datenbanken dienen hierbei als

übersichtliche Möglichkeit der Verwaltung archäologischer Datensätze mit Raumbezug.

Die Navigationssoftware lässt eine Vielzahl einfach zu bedienender Abfrage- und

Visualisierungsfunktionen zu, die ansonsten nur mit kostenintensiver und komplexer

GIS-Software umzusetzen wären. Eine solche ist jedoch nicht für Navigationszwecke

im Gelände konzipiert. Insbesondere in der archäologischen Arbeit nehmen die

Geländeaufenthalte jedoch einen wichtigen Platz ein.

Die analoge Satellitenbildkartenserie im Maßstab 1:250000, die gleichzeitig mit den

Satellitenbildkacheln für das Navigations-Informations-System erarbeitet wurde, wird

mittlerweile in wissenschaftlicher Kooperation mit der "Geological Research Authority

of the Sudan" auf den Gesamtsudan ausgeweitet. Im Auftrag von ACACIA wurden

zudem bereits weite Flächen im angrenzenden Tschad in entsprechender Weise

kartografisch umgesetzt.

Die während des Surveys erfolgten geomorphologischen Beobachtungen haben ihren

Wert vor allem in ihrer flächendeckenden Eigenschaft, aus der ein deskriptives

Gesamtbild der Region abgeleitet werden kann. Für eine detaillierte, vertiefende

geowissenschaftliche Untersuchung lassen sich die bestehenden Datensätze weiter

nutzen um gezielt Lokationen zu bestimmen, an denen mit Hilfe eines Baggers oder

geeignetem Grabungsgerät tiefe Aufschlüsse angelegt werden können. Eine

Beschreibung der Stratigraphie sollte dann durch Probenentnahmen und

Laborbestimmungen ergänzt werden.

Die erhobenen archäologischen Datensätze wurden in dieser Arbeit nur in aggregierter

Form unter den Gesichtspunkten ihrer Verbreitung, Fundplatzausdehnung und

geomorphologischen Lage behandelt. Damit wurden nur jene aus geowissenschaftlicher

Sicht interessanten Teilaspekte der Informationen dargestellt.

Der Ansatz, über eine größere Fläche hinweg systematisch entlang von festgelegten

Fahrtstrecken in bestimmten Abständen archäologische Fundplätze aufzuzeichnen,

erwies sich als erfolgreich. Durch diese Methode wurden in bisher als nicht besiedelt

angesehenen oder mit dem Wagen schwer zugänglichen Gebieten wie den ansetzenden

Barchan-Feldern im Süden des Wadi Howar dichte Artefaktkonzentrationen

Page 127: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

120

aufgefunden. Zudem wurde eine Vielzahl an bislang im Unteren Wadi Howar nicht

beschriebenen Brunnen- und Tränkplätzen entdeckt.

Die größte Leistung des durchgeführten Surveys besteht jedoch darin, dass mit ihm ein

differenziertes räumlich-zeitliches Verbreitungsmuster neolithischer Aktivitäten

gewonnen wurde. Ein solches zeitlich auflösendes Siedlungsmuster steht in enger

Relation zu holozänen Landschaftsgenese. Folglich können daraus durch

weiterführende Satellitenbildinterpretation unter Einbezug von digitalen

Höhenmodellen und thematisch relevanten geowissenschaftlichen Untersuchungen

deduktiv weitere Gebiete möglicher Siedlungsaktivitäten der verschiedenen

neolithischen Kulturen in und um das Untere Wadi Howar abgeleitet werden.

Um archäologische Fundplätze zukünftig besser in das holozäne Landschaftsbild

einordnen zu können, ist es erforderlich, dass neben einer genauen Koordinatenangabe

(dd,ddddd°/alt. m/EPE m) eine aussagekräftige geomorphologische Beschreibung

erfolgt. Ohne eine begleitende Anlage von Bodenprofilen können keine Aussagen

darüber getroffen werden, ob die zumeist von einer dünnen Flugsanddecke überwehten

Artefakte beispielsweise Seekreiden, playaartigen Sedimenten, einem fluvialen

Sandkörper oder Dünensanden aufliegen.

Neben der Erhebung einer punktuellen Koordinate ist es sinnvoll, für eine genauere

Bestimmung der Fundplatzausdehnung die Fläche mit einem aufzeichnenden GPS-

Empfänger zu umlaufen. Der resultierende "Tracklog" kann in das Navigations-

Informations-System übertragen werden und dient nicht nur einer genauen

Flächenberechnung sondern kann zudem als Umrissform visualisiert werden.

Bei der Gestaltung von Surveybögen sollte auch die Keramik als wichtigster zeitlicher

Indikator eines Fundinventars differenziert und gleichzeitig standardisiert erfasst

werden. Bei unverzierten Keramikfunden wäre vorzuschlagen, immer die Magerung mit

anzugeben.

Durch den Einsatz von Digitalkameras, die sowohl mit dem GPS als auch mit dem

Laptop zeitlich kalibriert sind, könnten alle relevanten Artefaktfunde in-situ fotografiert

werden, um sich in der Nachbearbeitung im Navigations-Informations-System

automatisiert den Fundplätzen zuweisen zu lassen. Auf zeitaufwendige und deswegen

weniger häufig eingesetzte Tafeln mit Fundplatznummern sowie Mitschriften in

Fotobüchern könnte hierbei verzichtet werden.

Die Aufzeichnungen der zurückgelegten Tracks im Abstand von wenigen Metern sind

eine Alternative zu analogen Fahrtenbüchern. Die Trackdatensätze sind nicht nur viel

Page 128: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

121

genauer und erfolgen weitgehend automatisiert sondern ermöglichen vor allem auch

jederzeit eine kontextorientierte interaktive Darstellung und können problemlos

weitergegeben werden. Die Datenaufzeichnung kann im *.TXT-Format gespeichert

werden und ist damit nicht über proprietäre Standards an bestimmte Software gebunden.

Datenverlust kann und sollte durch Sicherungskopien der Tagesaufzeichnungen auf

einem robusten Medium wie einer "CompactFlash"-Karte während des

Geländeaufenthalts oder in Zunkunft über ein "Satelliten-Tracking-System" auf einem

heimischen Server erfolgen.

Der Einsatz eines satellitendatengestützten Navigations-Informations-Systems mit einer

strukturierten geografischen Datenbank und einer breiten Visualisierungsbasis, die auch

Fernerkundungsdaten mit einbezieht, ermöglicht eine effektive und flexible

wissenschaftliche Arbeitsweise, vor allem dann, wenn eine digitale Einbindung der

Geländearbeit erfolgt.

Page 129: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

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Page 135: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

128

6. MATERIALBAND (VERZEICHNIS) 6.1. Fototafeln Tafel 01: Sheet Line System

Tafel 02: Stone Artefacts

Tafel 03: Pottery Groups

Tafel 04: Flooding of DEM

Tafel 05: GPS-Altitudes and (D)GPS-Tracks

Tafel 06: Carbonate Concentration in Upper Soil Horizon

Tafel 07: Vegetation Distribution (TM4/ TM3/ TM2)

Tafel 08: Early Khartoum and Leiterband Type Ceramics

Tafel 09: Handessi Type Ceramics and Watering Places

Tafel 10: Survey Points and Tracks

6.2. Datenträger CD 01: TouraTech QV- Datenbanken

CD 02: Software

DVD: Survey Photos

6.3. Arbeitskarte NE 35 K Gebel Rahib, Worksheet 1:250 000 (TM7/TM4/ TM1)

Page 136: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

129

7. ANHANG 7.1. Abkürzungsverzeichnis 7.2. Geowissenschaftliche Datensätze der Surveypunkte (Tabelle)

Page 137: Geomorphologisch-archäologischer Survey in Abu Tabari

130

7.1. Abkürzungsverzeichnis BP before present, Jahre vor 1950

calBP kalibrierte Kalenderjahre vor 1950

BC Before Christi

TM Landsat Thematic Mapper 5

Gc Coarse Gravel 16 – 64 mm

Gm Medium Gravel 8 – 16 mm

Gf Fine Gravel 2 – 8 mm

Sc Coarse Sand 0,5 – 2 mm

Sm Medium Sand 0,25 – 0,5 mm

Sf Fine Sand 0,063 – 0,25 mm

U Silt 0,004 – 0,063 mm

C Clay < 0,004 mm

(nach: "UDDEN-WENTWORTH-SCALE", 1922, vereinfacht)