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Bundesverband Pflegemanagement Gesellschaft braucht Pflege

Gesellschaft · zunehmenden geografi schen Distanzen zwischen Familienangehörigen, erfordern neue Konzepte. Eine chronische Krankheit, eine Behinderung oder andere gesundheitliche

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1Bundesverband Pflegemanagement

Gesellschaft braucht Pflege

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Bundesverband Pfl egemanagement I Gesellschaft braucht Pfl ege

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Nutzen und Notwendigkeit der berufl ichen Pfl ege werden in Deutschland trotz der langsam zunehmen-den öffentlichen Diskussion leider immer noch deutlich unterschätzt. Ihre Unverzichtbarkeit wird gesell-schaftlich nicht oder erst im eigenen Bedarfsfall wahrgenommen. Dagegen erhalten Pfl egemängel umso mehr Aufmerksamkeit. Diese sind jedoch zumeist der personellen Situation in den Einrichtungen geschuldet.

So beklagen wir bereits heute einen grundsätzlichen Mangel an Pfl egefachkräften. Die Konsequenzen wird die Gesellschaft erst dann erkennen, wenn es zu spät ist. Denn Ursachen und Auswirkungen des Personalmangels werden noch immer verdrängt. Warum ist das so? Ein möglicher Grund liegt darin, dass kaum jemand der Tatsache ins Auge blicken möchte, dass er oder sie selbst auch einmal pfl egebedürftig werden könnte. Oder zumindest jemand aus dem engsten familiären Umfeld ganz sicher früher oder später ein Pfl egefall sein wird.

Zudem sind viele Menschen heute verunsichert. Sie sollen zusätzlich in private Pfl ege- und Altersvorsorge investieren, werden mit günstigen Pfl egeangeboten im europäischen und sogar nicht-europäischen Aus-land gelockt und immer häufi ger öffentlich mit Pfl egenotständen in Kliniken oder Altersheimen konfrontiert.

Mit dieser Broschüre wollen wir der Gesellschaft und damit allen potenziell Betroffenen einen Einblick in die aktuelle Pfl egesituation geben. Zugleich wollen wir die professionell Pfl egenden und die in der Gesundheitswirtschaft Tätigen dazu motivieren, sich weiter aktiv für eine Kehrtwende im Pfl egesystem einzusetzen.

Klar nachvollziehbar, an einigen Stellen auch plakativ, zeigen wir auf, welche Folgen es haben wird, wenn es uns nicht gelingt, rechtzeitig ausreichend Pfl egefachkräfte verschiedenster Qualifi kationsstufen bereitzustellen.

Berlin, Oktober 2013

Peter BechtelVorsitzender Bundesverband Pfl egemanagement

Impressum.Bundesverband Pfl egemanagement e.V.Alt-Moabit 9110559 Berlin

Tel. 030 44 03 76 93Fax 030 44 03 76 96 info@bv-pfl egemanagement.dewww.bv-pfl egemanagement.de

Inhalte: Ludger Risse, stellvertretender. Vorsitzender, Irene Hößl, Vorstandsmitglied und Sabine Girts, MBA, Geschäftsführerin.Bundesverband Pfl egemanagement e.V. Konzeption und Text: Sabine Arnold-Althoff, auftritt + absatz Grafi k: Silke Schmelzer, Designbüro; Fotos: ShutterstockOktober 2013

Vorwort

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Die pfl egerische Versorgung unserer Gesellschaft. Heute und morgen.Im Jahr 2012 haben das Statistische Bundesamt, die Pfl egewissenschaft sowie Wirtschafts- und Beratungsgesellschaften in ihren Studien überein-stimmend ermittelt: Für den Krankenhaussektor fehlen bereits heute allein 140.000 Vollzeitstellen in der Pfl ege. Laut Schätzungen der Bertelsmann Stiftung werden es 2050 rund 500.000 Vollzeitkräfte zu wenig sein.

Dem Statistischen Bundesamt zufolge gab es im Jahr 2011 in Deutschland 2,5 Millionen Pfl egebe-dürftige. Bis 2030 wird ihre Zahl auf 3,4 Millionen steigen. Fast zwei Drittel von ihnen werden dann mindestens 80 Jahre alt sein. 2007 gehörte nur gut jeder Zweite Pfl egebedürftige dieser Altersgruppe an.

Und die Deutschen werden immer älter. Die Zahl der 80-Jährigen und Älteren steigt von 4,1 Millio-nen im Jahr 2009 auf voraussichtlich 6,4 Millionen im Jahr 2030. Für das Jahr 2050 wird bereits mit 10,2 Millionen 80-Jährigen gerechnet. Das heißt, wenn sich der derzeitig erkennbare Trend fortsetzt, könnte nach den 2060 geltenden Verhältnissen jeder zweite neugeborene Junge mindestens 87 Jahre alt werden, jedes zweite neugeborene Mädchen mindestens 91 Jahre. Ältere Menschen werden das Bild der künfti-gen Gesellschaft also entscheidend mitprägen. Mit zunehmendem Alter nimmt der Anteil, der sich gesundheitlich beeinträchtigt

fühlt, erwartungsgemäß zu: Bei den 65- bis 69-Jäh-rigen waren es 17%, die sich als krank oder unfall-verletzt bezeichneten, bei den 70- bis 74-Jährigen 21% und in der Altersgruppe der ab 75-Jährigen 29%. Entsprechend wird für 2050 mit rund 4,5 Milli-onen Pfl egebedürftigen gerechnet.

Doch wie steht es um die fi nanzielle Ausstattung des Gesundheitssystems? Schon heute lastet ein hoher wirtschaftlicher Druck auf den Einrichtun-gen. Damit verbunden ist ein enormer Leistungs-druck für alle Mitarbeiter in den gesundheitswirt-schaftlichen Einrichtungen. Insbesondere aber in den Pfl egeberufen, da ihnen das geringere, öffentliche und politische Augenmerk gilt. Ver-stärkt sich die bereits bestehende Überlastung des Pfl egepersonals weiter, wird dies katastrophale Folgen für die Versorgungssituation in Deutschland haben. Der gesellschaftliche Wert einer menschen-würdigen Gesundheitsversorung würde dadurch grundlegend in Frage gestellt.

Der Begriff Pfl ege. Eine babylonische Sprachverwirrung und die Folgen.„Pfl egen kann jeder!“ Dieses Zitat von Norbert Blüm Ende der neunziger Jahre kennzeichnet seitdem in treffender Weise die Misere der berufl ich Pfl egenden. Über „Pfl ege“ zu reden bedeutet längst nicht, mit unterschiedlichen Gesprächspartnern über die gleiche Sache zu reden:

Wenn Politiker über Pfl ege sprechen, denken sie häufi g an die Pfl egeversicherung. Beim Laien ist der Begriff Pfl ege oft einfach nur ein Synonym für Körperpfl ege. Wenn die berufl ich Pfl egenden von Pfl ege reden, meinen sie den pfl egerischen Versor-gungsprozess.

Die Begriffsverwirrung geht bei den Berufsbezeich-nungen weiter. So gibt es keine eindeutige Unter-scheidung in der Bezeichnung von Laienpfl egenden, pfl egerischen Hilfskräften und qualifi zierten Fachkräften. Weder im deutschen Sprachgebrauch noch im Verständnis von Politik und Gesellschaft. Vielmehr behelfen wir uns mit der Umschreibung „Examinierte Pfl egekraft“. Es scheint nicht auszu-reichen, sich als Gesundheits- und Krankenpfl eger oder als Altenpfl eger auszuweisen, obwohl diese Berufsbezeichnungen sogar gesetzlich geschützt sind. Noch immer werden auf Dienst- oder Stellen-plänen die „Examinierten“ gezählt. Scheinbar be-nötigen wir diese „Wortkrücke“, um auszudrücken was eigentlich gemeint ist.

Um die Verwirrung zu vervollständigen, bedienen wir uns zudem immer mehr der Anglizismen. So wird durch Weiterbildung aus einem „examinierten Gesundheits- und Krankenpfl eger“ beispielsweise eine „Pain-Nurse“. Die Gesellschaft und unsere Patienten werden es schon verstehen…

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Qualitativ hochwertige Versorgung. Die Sicherheit der Pfl egeempfänger und die Förde-rung der Fähigkeiten zur Selbstpfl ege sind oberste Ziele der Pfl ege. Dabei sind größtmögliche Selb-ständigkeit, Zufriedenheit und Wohlbefi nden in Einklang zu bringen. Die Balance zwischen wirt-schaftlichen Überlegungen in einem sich ständig ändernden politischen Umfeld und der optimalen ganzheitlichen Betreuung des gesundheitlich beeinträchtigten und pfl egebedürftigen Menschen ist ein hoher Anspruch an die tägliche Arbeit in der Pfl ege.

Es geht darum, eine kontinuierliche Versorgung, Beratung und Begleitung über alle Einrichtungs- und Sektorgrenzen hinweg sicherzustellen. So muss beispielsweise die Verkürzung der Krankenhaus-verweildauer durch eine Pfl egekette von ambulan-ter, teilstationärer und vollstationärer Betreuung kompensiert werden. Nur so wird es gelingen, eine moderne, dem Pfl egeempfänger gerechte Versor-gung zu gewährleisten.

Gesundheitsförderung im Fokus. Prävention stellt einen wichtigen Baustein für ein ge-sundes Leben und damit für unsere Gesellschaft dar. Und sie kann dabei helfen, künftige Belastungen der Sozialsysteme zu verringern. Professionell Pfl e-gende können dazu einen wichtigen Beitrag leisten. Sie setzen wissenschaftlich fundierte Instrumente und differenzierte Bewertungen zielgerichtet ein, um pfl egerische Risiken zu erkennen und präventi-ve Maßnahmen einzuleiten. Durch die zunehmen-de Qualifi zierung von Pfl egeexperten auf akademi-schem Niveau wächst hier eine Expertise heran, die es ermöglicht, präventive Ansätze weiterzuentwickeln und in die Pfl egepraxis zu integrieren.

Die Förderung der Unterstützungs- und Pfl ege-potenziale von Familien und die Kooperation mit pfl egenden Angehörigen rücken dabei zunehmend in den Vordergrund. Präventive Hausbesuche durch Pfl egeexperten wie in den Niederlanden sind nur ein Modell, das auch für Deutschland durchaus nachahmenswert wäre.

Familiäres und bürgerschaftliches Engagement.Veränderungen in den familiären Strukturen, wie der Anstieg von Single-Haushalten oder die zunehmenden geografi schen Distanzen zwischen Familienangehörigen, erfordern neue Konzepte.

Eine chronische Krankheit, eine Behinderung oder andere gesundheitliche Einschränkungen können ganz unerwartet oder auch allmählich in einer Pfl e-gesituation münden. Für den Betroffenen bedeutet dies, dass er plötzlich auf ein tragfähiges Netzwerk angewiesen ist.

Schon heute ergänzen sich hier die Profession Pfl e-ge, das bürgerschaftliche Engagement zum Beispiel in Form von ehrenamtlichen Seniorenbegleitern oder Hospizhelfern und die pfl egenden Angehöri-gen sehr effektiv. Aufgabe der Profession Pfl ege ist es dabei, die organisatorischen Voraussetzungen zu schaffen und tragfähige Netzwerke zu gestalten. Sie koordiniert und strukturiert mit pfl egenden Angehörigen die notwendigen Schritte und sichert somit die Pfl egesituation.

Lebensqualität und Teilhabe am öffentlichen Leben. Die Profession Pfl ege trägt dazu bei, dass auch pfl egebedürftige Menschen am öffentlichen und kulturellen Leben teilhaben können.

Dabei greifen die professionell Pfl egenden auf die Infrastruktur entsprechender Trägerorganisationen zurück und entwickeln darauf basierende Konzepte zur bedarfsgerechten Integration in das öffentli-che Leben. Die zunehmende Zahl der durch Pfl ege begleiteten Wohngemeinschaften oder generati-onsübergreifende Wohnquartiere sind zukunfts-weisende Beispiele hierfür.

Wahrung menschlicher und ethischer Verantwortung.Der demografi sche Wandel ist eine der großen Herausforderungen unserer Zeit. Es gilt einen wachsenden Pfl egebedarf bei gleichzeitig zuneh-mendem wirtschaftlichen Druck so zu bewerk-stelligen, dass die menschlichen und ethischen Aspekte dennoch höchste Priorität behalten. Den Pfl egefachkräften kommt hier eine besondere Rolle zu. Zunehmend steuern sie den gesamtheitlichen

Versorgungsprozess und sind damit für den Patien-ten verantwortlicher Ansprechpartner und Vertrau-ensperson zugleich. Nur durch eine entsprechende Qualifi kation können die professionell Pfl egenden Strukturen entwickeln und etablieren, die diesem hohen Anspruch auch gerecht werden.

Gleichzeitig gilt es aber auch, Menschen mit ande-ren Qualifi kationen oder aus anderen Kulturkreisen für die Pfl ege zu begeistern und zu integrieren, um die künftigen Herausforderungen zu meistern.

Medizinische Versorgung und Gesundheitsökonomie. Die demografi ebedingte Zunahme der älteren und damit auch behandlungs- und pfl egebedürftigen Menschen bei gleichzeitig immer knapper werden-den Mitteln in der Gesundheitswirtschaft erfordert zweifelsohne auch eine effi ziente Gestaltung der Versorgungsprozesse. Für die berufl ich Pfl egenden ergibt sich dadurch die Möglichkeit einer erwei-terten Pfl egepraxis (Advanced Nursing Practice). Das bedeutet, dass es vor dem Hintergrund einer optimalen und gleichzeitig effi zienten Versorgung durchaus sinnvoll ist, künftig für bestimmte Patien-tengruppen, insbesondere chronisch Kranke, hoch spezialisierte Pfl egefachkräfte (Nurse Practitioners) einzusetzen.

In anderen Ländern, wie beispielsweise Großbritan-nien und den Niederlanden, sind Modelle einer er-weiterten Pfl egepraxis bereits erfolgreich etabliert. Dort steuern und organisieren Nurse Practitioners selbständig nach der Ersteinschätzung die weitere Versorgung. Und sind so häufi g erste Anlaufstelle für Patienten.

Aufgrund ihrer autonomen Tätigkeit können sie mehr leisten als die traditionelle Pfl ege. Beispiels-weise klinische Assessments, körperliche Untersu-chungen oder Familieninterventionen.

In der Gesamtbetrachtung kann dies dazu führen, Krankheitskosten auf einem vertretbaren Niveau zu halten, ohne Qualitätsverluste im Versorgungs-prozess in Kauf nehmen zu müssen. Auch die dich-tere Vernetzung zwischen Pfl ege- und Arztdienst bietet in Regionen mit geringer Arztdichte bisher noch unterbewertete Möglichkeiten zur Versor-gung der Bevölkerung.

Die Bedeutung der berufl ichen Pfl ege für die Gesellschaft. Die pfl egerische Versorgung wird immer mehr zur gesellschaftspolitischen Langzeitaufgabe. Denn die steigende Pfl egebedürftigkeit ist klar zu einem Gesundheitsrisiko geworden. Entsprechend nehmen die Vermeidung und Verzögerung von Pfl egebedürftigkeit sowie der Ausbau einer altersspezifi schen Prävention und Gesundheitsförderung an Bedeutung zu. Auch die Beratung und Anleitung von pfl egenden Laien rücken weiter in den Vordergrund.

Der Pfl egesektor hat sich in den letzten Jahren zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt. Allein in den Jahren 2005 bis 2007 wurden 50.000 Stellen geschaffen, vorwiegend im Bereich der ambulanten Pfl ege und stationären Altenhilfe. 2011 waren rund 3,7 Millionen Vollzeitkräfte in der Pfl ege beschäftigt. Gegenüber 2010 waren dies 59.000 mehr Pfl egekräfte in Vollzeit. Dies entspricht einem Anstieg – wie bereits im Vorjahr – von 1,6%.

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Gesellschaft Laie Assistent Fachkraft Akademische Fachkraft (Bachelor)

Forschung / Wissenschaft(Dipl. / Master / N. Pract.)

Pfl egepädagoge(Diplom / Master / Promotion / Habilitation)

Pfl egemanager(Diplom / Master)

Qualitativ hochwertige Versorgung und Sicherheit der Pfl egeempfänger

Erfüllung anerkannter Standards Evidenzbasiertes Planen und Handeln

Defi nition von Standards und Leitlinien, Evaluation der Wirkung von Pfl ege, qualitative Weiterwicklung und Verbesserung der Pfl egergebnisse

Gestaltung der Ausbil-dung, Fort- und Weiter-bildung, Entwicklung von Lehrplänen und Ausbil-dungskonzepten, Wissens-vermittlung Vermittlung und Beglei-tung sowie Entwicklung der Persönlichkeit und Befähigung zum Beruf

Schaffung der Ressourcen und Defi nition von Angeboten

Prävention erhöhten Pfl ege-bedarfs und gesundheitliche Förderung der Bevölkerung

Durchführung prophylak-tischer Maßnahmen nach Weisung der Fachkraft (RbP)

Beobachtet und erkennt Risiken, plant präventive Maßnahmen und führt diese durch

Assessment, Schulung und Beratung, Case-Management

Forschung, Beratung, Gesundheitsförderung, Berichterstattung

Berichterstattung, Umsetzung präventi-ver Konzepte (z.B. Beratungszentren)

Fachliche Unterstützung von pfl egenden Angehörigen und bürgerschaftlichem Engagement

Anleitung, Beratung, Unterstüt-zung sowie fachliche Aufsicht

Planung, Evaluation, Control-ling, Zusammenwirken beruf-licher Pfl ege mit bürgerschaft-lichem Engagement, Nutzung und Pfl ege von Netzwerken

Datenerhebung und Auswertung, Erarbeitung von Zukunftskonzepten zum Zusammenwirken berufl icher Pfl ege mit bürgerschaftli-chem Engagement

Schaffung der Ressour-cen, Defi nition und vertragliche Ausgestal-tung von Angeboten, Aufbau und Pfl ege von Netzwerken

Lebensqualität und Teilhabe am öffentlichen Leben

Unterstützt Lebensqualität des Einzelnen

Unterstützt Lebensquali-tät des Einzelnen und von Gruppen

Schafft Voraussetzungen zur Teilnahme am öffentlichen Leben

Adaptiert wissenschaftliche Konzepte zur bedürfnisgerech-ten Einbindung Pfl egebedürf-tiger in das öffentliche Leben

Erarbeitet und evaluiert wissenschaftliche Konzep-te zur bedürfnisgerechten Einbindung Pfl egebedürfti-ger in das öffentliche Leben, Forschung

Schaffung von insti-tutionellen Vorausset-zungen durch Orga-nisation, Fachlichkeit und Personalentwick-lung

Bewältigung des wachsenden Pfl egebedarfs der Bevölkerung unter Wahrung menschlicher und ethischer Verantwortung

Erfährt zunehmende Bedeutung

Wird notwendig durch demografi sche Entwicklung

Sicherstellung der fachlich gebotenen Erfordernisse, Vertrauensperson und Ansprechpartner

Assessment und Evaluation der fachlich gebotenen Erfordernisse unter Betrach-tung von Möglichkeiten zur Einbindung von Assistenz und Laienpfl ege

Erarbeitung und Umsetzung von Konzepten zur bedarfs-gerechten Versorgung der Bevölkerungsgruppen, Öffent-lichkeitsarbeit, Aufklärung

Bereitstellung von Ressourcen und Aus-schöpfen der Möglich-keiten zur Personalge-winnung, Aufklärung, Öffentlichkeitsarbeit

Medizinische Versorgung und Gesundheitsökonomie

Sicherstellung der medizinisch-pfl egerischen Versorgung

Erweiterte Pfl egepraxis, z.B. Advanced Nursing

Erweiterte Pfl egepraxis, Datenerhebung sowie Auswertung und darauf basierende Weiterentwick-lung fachlicher Konzepte

Strategieentwicklung für Gesundheitsange-bote im ökonomischen, fachlichen und perso-nellen Kontext

Pfl egepraxis ManagementBerufl ich Pfl egende (Registrierung berufl ich Pfl egender, RbP)

Aufgaben und Verantwortlichkeiten beruflich Pflegender im gesellschaftlichen Kontext.

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Ausgehend von den gesellschaftlichen Anforderungen sind in dieser Tabelle die Qualifi kations- und Verantwortungs-bereiche mit entsprechenden Grundinformationen über pfl egerische Handlungsfelder, Berufsbilder und Ausbildungs-gänge dargestellt.

Bildung

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Pfl egestreik in Deutschland. Intensivstationen rufen Sanitätsdienst der Bundeswehr zu Hilfe. Zehntausende Krankenhauspatienten und Heimbewohner bangen um ihr Leben.Deutschland, Freitag, den 13. Juli 2014: 1,3 Millionen berufl ich Pfl egende haben heute ihre Arbeit nieder-gelegt. 2,5 Millionen Berufstätige sehen sich gezwungen, ihrer Arbeit fern zu bleiben. Sie wurden von der Bundesregierung dringend aufgerufen, die Notversorgung ihrer Angehörigen zu Hause und in den Heimen sicherzustellen. Weitere 500.000 Angehörige versuchen in den Krankenhäusern das Schlimmste zu verhin-dern. Der gesellschaftliche Schaden allein durch den Produktivitätsverlust beträgt ca. eine halbe Milliarde Euro.

Trotz des unermüdlichen Einsatzes der Angehörigen sind wahre Schreckensszenarien zu verzeichnen. Not-fall-Operationen können nicht durchgeführt werden. Ärzte tun ihr Möglichstes und stehen dennoch hilfl os neben sterbenden Patienten. Sanitäter und Ärzte können Intensivpatienten nicht retten, weil kaum jemand die lebenswichtigen Geräte fachgerecht bedienen kann. Die Gesundheitsämter erwarten einen explosions-artigen Anstieg von offenen Liegegeschwüren, Thrombosen und Infektionen mit langwierigem Leid und exorbitanten Folgekosten. Angehörige in Heimen erleben hilfl os wie die Atemwege vieler Bewohner immer mehr verschleimen und niemand zu helfen versteht. …

Fazit.Die Gesundheitswirtschaft befi ndet sich in einem permanenten Wandel. Veränderte Marktstrukturen, ständige Gesetzesnovellen, die soziodemografi sche Entwicklung und ein neues Krankheitsverständnis. Damit verbunden sind veränderte berufl iche An-forderungen an das Pfl egepersonal. Künftig werden sich, bedingt durch die demografi schen und gesell-schaftlichen Veränderungen, professionelle Pfl ege und pfl egende Angehörigen in ihren Kompetenzen unterstützen und ergänzen müssen.

Der demografi sche Wandel kann aber auch als ein-malige Chance verstanden werden: Er zwingt uns, die staatlichen Aufgaben und Funktionen grundle-gend zu überdenken und neue Formen der Solida-rität zu entwickeln. Die stärkere Einbindung von Pfl egebedürftigen bei Entscheidungen die sie betref-fen, gehört dazu. Dies setzt jedoch patientengerechte und transparente Informationen sowie eine ent-sprechende Aufklärung voraus. Wichtig ist hierbei allerdings, dass nicht nur betriebswirtschaftlich gedacht und agiert wird, sondern dass strukturelle und inhaltliche Verbesserungen durch Synergien über interdisziplinäre Arbeitsformen erreicht werden.

Die Situation der Pfl egeberufe wird sich in den nächsten Jahren weiter dramatisch zuspitzen. Die Ursachen sind komplex: Sinkende Bewerberzahlen sowohl in den Ausbildungsbereichen als auch bei den Arbeitsplätzen, unattraktive Arbeitsbedingun-gen und ein verbesserungswürdiges Image der Pfl egeberufe. Schon heute besteht ein hoher Bedarf an qualifi ziertem Personal und ein damit verbunde-ner scharfer Wettbewerb der Einrichtungen unterei-nander. Daher ist es dringend erforderlich, dass der Gesetzesgeber endlich eine Rechtsgrundlage schafft, um auf einer gesicherten Datenbasis den künftigen Bedarf von Pfl egefachkräften in Deutschland über-haupt ermitteln zu können.

Gleichzeitig muss der Pfl egeberuf attraktiver werden. Durch verbesserte Arbeitsbedingungen, moderne Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten, fl exible Arbeitszeitmodelle, ein erweitertes Aufgaben-spektrum mit angemessener Entlohnung und die Wahrnehmung und Anerkennung der Leistung im Versorgungsprozess. Nur so können zusätzliche Pfl e-gefachkräfte gewonnen und die drohende Unterver-sorgung der Betroffenen aufgehalten werden.

Ein Tag ohne berufl iche Pfl ege. Selbstverständliche Dinge werden uns erst dann richtig bewusst, wenn es sie plötzlich nicht mehr gibt oder ein großer Mangel herrscht.

Stellen wir uns nur einmal folgende Schlagzeile vor:

Ein durchaus realistisches Szenario. Wären die berufl ich Pfl egenden nicht trotz ihrer massiven Belastungen von einem so hohen Maß an ethischer Verantwortung geprägt. Nur deshalb haben sie in Deutschland noch nie ernsthaft gestreikt. Aber gerade darum fällt es ihnen auch so schwer, berechtigte Forderungen durchzu-setzen. Andere Berufsgruppen haben eindrucksvoll gezeigt, was sich mit Ausständen erreichen lässt, wenn sie nur einen empfi ndlichen Nerv der Bevölkerung treffen.

Berufl ich Pfl egende würden einen Ausstand aufgrund ihrer gesellschaftlichen Verantwortung nicht riskie-ren. Zumindest bis dato. Doch fühlt sich die Gesellschaft im gleichen Maße auch für die Pfl egenden verant-wortlich?

Quellen.– Deutscher Bundestag, Berlin (www.bundestag.de): Bericht der Enquete-Kommission: Bürgerliches Engagement: auf dem Weg in eine zukunftsfähige Bürgergesellschaft. 14. Wahlperiode, Bundestags-drucksache 14/8900, 2002.

– Koalitionsvertrag der Regierungsparteien 2009, 17. Wahlperiode: Wachstum, Bildung, Zusammen-arbeit.

– Deutsches Institut für angewandte Pfl egefor-schung e.V., Köln (www.dip.de): Pfl ege-Thermometer 2009.

– Gerhard Igl: Weitere öffentliche Regulierung der Pfl egeberufe und ihre Tätigkeit – Voraussetzung und Anforderung, Urban & Vogel, Berlin, 2008.

– Picker Institut Deutschland gGmbH, Hamburg (www.pickerinstitut.de): Befragungen im Gesund-heitswesen.

– Pricewaterhouse Coopers AG Wirtschaftsprü-fungsgesellschaft, Frankfurt am Main (www.pwc.de): Fachkräftemangel – Stationärer und ambulanter Bereich bis zum Jahr 2030.

– Sachverständigenrat zur Begutachtung der Ent-wicklung im Gesundheitswesen, Bonn (www.svr-gesundheit.de): Sondergutachten 2009: Koordination und Integration Gesundheitsversor-gung in eine Gesellschaft des längeren Lebens.

– Statistisches Bundesamt Deutschland, Wiesbaden (www.destatis.de)

Links.:Deutscher Pfl egerat e.V. (DPR): www.deutscher-pfl egerat.deRegistrierung berufl icher Pfl egender: www.regbp.de

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Kontakt. Weitere Informationen zum Bundesverband Pflegemanagement finden Sie unter www.bv-pflegemanagement.de.

Gerne stehen wir telefonisch oder per E-Mail für Ihre Fragen und Anregungen zur Verfügung.

Bundesverband Pflegemanagement e.V.Geschäftsstelle Berlin

Alt-Moabit 9110559 Berlin

Tel. 030 · 44 03 76 93Fax 030 · 44 03 76 96

[email protected]

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