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Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Gesundheit im Alter Bericht zur Senioren- gesundheit in Bayern

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Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pflege

Gesundheit im Alter Bericht zur Senioren- gesundheit in Bayern

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Vorwort

Es ist eine gute Nachricht: Nie zuvor war die Lebenserwartung in Bayern so hoch wie heute. Wer mit 65 Jahren in den Ruhestand geht, hat im Durchschnitt noch 20 Lebens-jahre vor sich. Unsere Gesellschaft des lan-gen Lebens bringt besondere Herausforde-rungen mit sich. Wir wollen nicht nur älter werden, sondern auch die gewonnene Lebenszeit möglichst lange in möglichst guter Gesundheit und Selbstständigkeit ver-bringen. Dafür setzen wir uns im Freistaat mit vereinten Kräften ein – mit Angeboten der Prävention und Gesundheits förderung, mit medizinischer Betreuung und Behand-lung auf hohem Niveau, mit vielfachen Mög-lichkeiten der Begleitung und Unterstützung für Menschen im Alter. Einige ausgewählte Aspekte zeigt dieser Bericht auf, mit dem zugleich erstmals eine umfangreiche Daten-sammlung zur Gesundheit von Seniorinnen und Senioren in Bayern vorliegt.

Das gesunde Altern ist eines von vier zentra-len Handlungsfeldern im Bayerischen Prä-ventionsplan, den ich gemeinsam mit den Partnern in Politik, Gesundheitswesen und Gesellschaft auf den Weg gebracht habe. Wir nehmen damit die gesundheitspolitische Herausforderung des demografischen Wan-dels an und setzen zugleich ein Zeichen: Maßnahmen der Prävention und Gesund-heitsförderung, angepasst an die persönliche Situation, bedeuten in jeder Lebensphase einen Gewinn. Sie stärken Wohlbefinden und Lebensqualität.

Gleichwohl werden mit dem Alter Krankhei-ten häufiger. Die Multimorbidität ist eines der wichtigen Versorgungsthemen, sie erfordert eine vernetzte, abgestimmte Behandlung und die gelingende Zusammenarbeit aller Beteilig-ten, in der ärztlichen Behandlung ebenso wie

in der Pflege. Von hoher Bedeutung ist auch die gute Versorgung psychischer Störungen im Alter; wir haben bereits im Rahmen der Kampagne „Bitte stör mich! – Aktiv gegen Depression“ darauf aufmerksam gemacht.

Ein besonderes Anliegen ist es mir, wie wir mit Menschen am Ende des Lebens umge-hen. Entschieden setze ich mich dafür ein, sterbenden Menschen und ihren Familien in dieser letzten, oft so schweren Lebensphase beizustehen, sie zu begleiten und sie nicht allein zu lassen. Mein Ziel ist es, allen Men-schen im Freistaat Zugang zu einer wohnort-nahen Hospiz- und Palliativversorgung zu ermöglichen.

Herausforderungen annehmen, Chancen sichtbar machen: Diese beiden Seiten des demografischen Wandels gilt es zu gestalten. Nicht das Weniger-Werden ist es, was das Altern in erster Linie ausmacht, sondern der Gewinn: ein Gewinn an Jahren, an Lebenser-fahrung und auch an Freiraum, den wir gestalten können. Darauf zielt unsere Kam-pagne zum Schwerpunkt Seniorengesund-heit ab. „Mein Freiraum. Meine Gesundheit.“ heißt sie – mit dem Zusatz: „In jedem Alter“. Denn wir alle, ob jung oder alt, können dazu beitragen, dass die Freiräume trotz manch gesundheitlicher Einschränkung gewinnbrin-gend genutzt und erlebt werden. Das Erfah-ren von Gemeinschaft und soziales Einge-bundensein gehören zu den besten Wegen, die Gesundheit zu stärken.

Ihre

Melanie Huml MdL Staatsministerin für Gesundheit und Pflege

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort 5

1. Gesundheit und Krankheit im Alter 91.1 Die Lebenserwartung in Bayern 101.2 Die Altersstruktur: gestern, heute und morgen 131.3 Altern und Gesundheit 16

2. Leben im Alter in Bayern 172.1 Altersbilder 182.2 Lebensverhältnisse im Alter 202.3 Lebenszufriedenheit und subjektive Gesundheit 25

3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern 293.1 Herz-Kreislauf- Erkrankungen 303.2 Krebserkrankungen 363.3 Muskel-Skelett-Erkrankungen 433.4 Unfälle und Stürze 493.5 Diabetes mellitus 533.6 Psychische Störungen 57

Im Fokus: Demenz 633.7 Erkrankungen und Störungen der Mundgesundheit 683.8 Multimorbidität 723.9 Funktionale Gesundheit und Funktionseinschränkungen 75

4. Versorgung 814.1 Medizinische Versorgung 824.2 Rehabilitation 874.3 Pflege 914.4 Pflegehilfsmittel, technische Assistenzsysteme und Wohnraumanpassung 984.5 Arzneimittelversorgung 1044.6 Am Lebensende 1094.7 Gesundheitsausgaben 114

5. Gesund und selbst bestimmt leben 1175.1 Prävention und Gesundheitsförderung 1185.2 Teilhabe älterer Menschen: Aktivität und freiwilliges Engagement 1355.3 Bürgerschaftliches Engagement für ältere Menschen 140

6. Information, Beratung und Begleitung 145

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1. Gesundheit und Krankheit im Alter

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• In Bayern leben heute rund 2,6 Millionen Menschen im Alter von 65 Jahren und älter. 2035 werden es etwa 3,6 Millionen sein.

•DieLebenserwartungbeiGeburthatsichindenvergangenen100Jahrennahezuver-doppelt. Sie liegt derzeit bei 83,5 Jahren für neugeborene Mädchen und bei 78,9 Jah-ren für neugeborene Buben.

•DiehoheLebenserwartungundder langfristigeRückgangderGeburtenrate führendazu, dass ältere Menschen die Einwohnerschaft Bayerns zukünftig stärker prägen werden.

•BevölkerungsvorausberechnungenzufolgewerdenimJahr2032auf100PersonenimAlter zwischen 20 und 64 Jahren ca. 47 Personen im Alter von 65 Jahren oder älter kommen.

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1.1 Die Lebenserwartung in Bayern

12,8 Millionen Menschen leben in Bayern. Rund 20 Prozent von ihnen sind 65 Jahre oder älter, insgesamt 2,6 Millionen Männer und

Frauen. Unter diesen sind fast 700.000 über 80 Jahre alt und gut 2.000 Menschen sogar älter als 100 Jahre.

Bevölkerung in Bayern, 31.12.2015

Beide Geschlechter Männlich WeiblichAlle Altersgruppen 12.843.514 6.352.172 6.491.34265 und älter 2.571.336 1.127.130 1.444.20680 und älter 691.231 249.517 441.714100 und älter 2.161 378 1.783

Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Berechnungen LGL

Noch nie konnten die Menschen im Freistaat auf ein so langes Leben hoffen wie heute. Innerhalb eines Jahrhunderts hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung mehr als verdoppelt; 83,5 Jahre beträgt sie derzeit für neugeborene Mädchen, 78,9 Jahre für neu-geborene Buben in Bayern. Im Bundesdurch-schnitt sind es 83,1 bzw. 78,2 Jahre.

Eine glückliche Entwicklung, die vielfältige Gründe hat – kurz gefasst: das Leben in Frie-den, soziale Errungenschaften und den tech-nologischen Fortschritt. Die Verbesserungen von Ernährungs-, Wohn- und Arbeitsbedin-gungen gehören dazu, ebenso technische Erfindungen, die Entwicklungen in Hygiene und Medizin, vor allem die Bekämpfung von Infektions- und Mangelkrankheiten und die bessere gesundheitliche Versorgung. Dadurch ist es gelungen, die Säuglings- und Kindersterblichkeit ganz erheblich zu senken und älteren Menschen einen Gewinn an Lebensjahren und Lebensqualität zu er- möglichen. Wie groß dieser Gewinn ist, wird deutlich beim vergleichenden Blick auf die

Lebenserwartung am Ende des 19. Jahrhun-derts in Deutschland: 1896 geborene Männer erreichten damals ein durchschnittliches Alter von knapp 40 Jahren, Frauen etwas dar-über.

Dass Frauen seit Langem im Durchschnitt einige Jahre älter werden als Männer, hat mehrere Ursachen. Im Vordergrund stehen die Lebensumstände; genetische Faktoren spielen eine nachrangige Rolle.1 Nach einem vorübergehenden Anstieg ist der Unter-schied in der Lebenserwartung zwischen den Geschlechtern in den letzten Jahren wieder geringer geworden; auch dies eine positive Entwicklung. Dazu beigetragen haben unter anderem der Rückgang gesundheitlich belas-tender Arbeitsbedingungen in vielen typi-schen Männerberufen, aber auch die zunächst gestiegenen, jetzt wieder rückläufigen Rau-cherraten bei Frauen, die mit einem Anstieg tabakbedingter Sterbefälle einhergehen. Das unterstreicht die Bedeutung präventiver Ansätze für ein gesundes Altern.

1 Luy, M. (2002): Warum Frauen länger leben – Erkenntnisse aus einem Vergleich von Kloster- und Allgemeinbevölkerung. Materialien zur Bevölkerungswissenschaft 106. Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung. Wiesbaden.

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1. Gesundheit und Krankheit im Alter

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Lebenserwartung der Neugeborenen in Bayern von 1895 bis 2014, in Jahren

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

Für Menschen nach der Erwerbsphase bedeuten diese Entwicklungen, dass sie ihren Ruhestand länger genießen können, wenn es die Gesundheit und andere Lebensumstände zulassen. Denn nicht nur die Lebenserwar-tung ab Geburt ist so hoch wie nie zuvor, sondern auch die sogenannte fernere Lebens-erwartung. Sie gibt die durchschnittlich ver-bleibende Lebenszeit ab einem bestimmten

Alter an. Noch in den 1980er Jahren hatte die fernere Lebenserwartung beim Eintritt in den Ruhestand für Männer 14 Jahre betragen, für Frauen 18 Jahre, schon das eine lange Zeit. Heute haben Männer im Alter von 65 Jahren noch 18 Lebensjahre vor sich, Frauen 21 – ein Lebensabschnitt, der viele Gestaltungsmög-lichkeiten, Chancen und Erfahrungen bereit-hält.

Fernere Lebenserwartung in Bayern von 1895 bis 2014 mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres, in Jahren

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

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Die Entwicklung der Lebenserwartung ver-läuft jedoch nicht für alle Bevölkerungsgrup-pen gleich. Studien zeigen immer wieder, dass sie in Abhängigkeit von der sozialen Lage unterschiedlich erfolgt: Je besser diese ist, unter anderem gemessen an Bildung und Einkommen, desto höher sind Lebenserwar-tung und auch fernere Lebenserwartung.2 Nach Berechnungen des Robert Koch- Instituts beträgt der Unterschied in der Lebenserwartung zwischen Menschen aus dem oberen und dem unteren Fünftel der

Einkommensskala in Deutschland etwa zehn Jahre. Bei Männern sind die Unterschiede etwas deutlicher als bei Frauen. Dies betrifft insbesondere auch die gesunde Lebenser-wartung, also die Lebenszeit, die frei von gesundheitlichen Einschränkungen verbracht werden kann.3 Vor diesem Hintergrund ist eines der vier Handlungsfelder im Bayeri-schen Präventionsplan (vgl. Kap. 5.1) der gesundheitlichen Chancengleichheit gewid-met.

Bestmögliche Gesundheit für Bayerns Bürgerinnen und Bürger, in allen Regionen, in jeder Altersgruppe und in allen Lebenslagen: Das ist das Ziel des Bayerischen Präventionsplans, den Staats-ministerin Melanie Huml in ihrer Regierungserklärung vorgelegt hat. Die Unterstützung der Bürger bei ihrer Entscheidung für eine gesundheitsförderliche Lebensweise, die Gestaltung gesunder Lebenswelten und die Stärkung der gesundheitlichen Chancen-gleichheit stehen im Mittelpunkt.

Mehr als 100 Organisationen, Einrichtungen und Verbände, unter ihnen alle Ressorts der Staatsregierung, haben sich in einer frei-

willigen Selbstverpflichtung bereits zu den Zielen des Plans bekannt. Gemeinsam tragen sie im Bündnis für Prävention dazu bei, die gesundheitsbezogene Lebensqualität im Frei- staat weiter zu stärken. Mehr dazu in Kap. 5.1

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pflege

Bayerischer Präventionsplan

www.stmgp.bayern.de

2 Van Baal, P., Peters, F., Mackenbach, J., Nussfelder, W. (2016): Forecasting differences in life expectancy by education. Population Studies 70 (2): S. 201–216.

3 Lampert T., Kroll, L.E. (2014): Soziale Unterschiede in der Mortalität und Lebenserwartung. Hrsg. Robert Koch-Institut, Berlin. GBE kompakt 5(2) www.rki.de/gbe-kompakt (Stand: 16.06.2016).

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1. Gesundheit und Krankheit im Alter

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1.2 Die Altersstruktur: gestern, heute und morgen

Der Begriff des demografischen Wandels ist in aller Munde: In Zukunft wird es mehr ältere Menschen geben, auch die Zahl der Hochbe-tagten wird weiter zunehmen. Neu ist diese Entwicklung jedoch nicht. Im Jahr 1900 hatte der Anteil der Menschen, die 65 Jahre und älter sind, noch 5,6 Prozent der Bevölkerung betragen, 1950 waren es bereits 9,1 Prozent und im Jahr 2000 16,2 Prozent. 2035 werden es rund 26 Prozent sein. Dann werden knapp 3,6 Millionen Menschen in Bayern leben, die 65 Jahre oder älter sind. Einerseits werden also die Älteren die Gesellschaft stärker prä-gen als heute, andererseits aber liegt ein erheblicher Teil der Alterung der Gesellschaft bereits hinter uns und wir haben ihn gut bewältigt.

Bevölkerungsaufbau in Bayern, 2015–2035

Datenquelle: Bayerisches Landeamt für Statistik; Grafik: LGL

AB WANN IST MAN ALT?

Über Immanuel Kant ist die Anekdote überliefert, dass der damals 50-Jährige zur Verlei-hung der Ehrendoktorwürde an der Universität Frankfurt mit den Worten „ Werter Greis“ begrüßt wurde. Heute 50-Jährige wären wohl zumindest irritiert über diese Anrede. Ab wann also ist man alt? Diese Frage ist nicht nur individuell höchst unterschiedlich zu beantworten, es gibt auch keinen Konsens in der Literatur. Die Statistik in Europa spricht heute mehrheitlich ab einem Lebensalter von 60 oder 65  Jahren von Älteren oder Alten. Für die Gruppe der Menschen ab 80 oder 85 Jahre wird auch der Begriff Hochbetagte verwendet; eine Bezeichnung, in der Respekt vor dem Alter und den Leistungen eines langen Lebens mitschwingt.

Der vorliegende Bericht betrachtet hauptsächlich Personen ab dem 65. Lebensjahr und spricht in diesem Zusammenhang synonym von Älteren oder Senioren. Je nach den verfügbaren Datenquellen mussten jedoch in einigen Fällen auch andere Altersabgren-zungen vorgenommen werden.

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Anteil der Menschen im Alter 65 und älter an der Bevölkerung Bayern, 1900 bis 2035

1900 1925 1950 1970 1980 1990 2000 2010 2020 2030 2035

5,6 % 5,8 % 9,1 % 12,9 % 15,2 % 15,1 % 16,2 % 19,5 % 20,5 % 24,4 % 26,4 %

Datenquellen: Bayerisches Landesamt für Statistik, Statistisches Bundesamt. Berechnungen LGL

Bevölkerungsentwicklung in Bayern von 1995 bis 2035 nach ausgewählten Altersgruppen, in Tsd. Personen

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

Die Veränderungen in der Altersstruktur fal-len in verschiedenen Regionen unterschied-lich aus. Im Freistaat zeigen sich in der Met-ropolregion München andere Entwicklungen als in Teilen Nord- und Ostbayerns. Land-kreise mit höheren Anteilen älterer Men-schen finden sich heute vor allem im Süden und im Norden des Landes. Im Norden trägt dazu vor allem die Abwanderung Jüngerer bei, im Süden neben der dort hohen Lebens-erwartung auch die Zuwanderung von Men-schen im Ruhestand.

Künftig wird mit den stärksten Zuwächsen beim Anteil der ab 65-Jährigen im Norden und in der Mitte Bayerns gerechnet, in den größeren Städten vollzieht sich die Alterung dabei abgeschwächt.4

4 Bayerisches Landesamt für Statistik (2016): Regionalisierte Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern bis 2035. Beiträge zur Statistik Bayerns, Heft 548, München.

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1. Gesundheit und Krankheit im Alter

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Anteil der Personen über 65 Jahre an der Gesamtbevölkerung Bayerns nach Kreisen, 31.12.2015, in Prozent

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

Die Einwohnerzahl Bayerns insgesamt wird in den nächsten Jahren noch etwas zuneh-men. Dabei steigt die Zahl der Menschen im Alter ab 65 Jahren den Vorausberechnungen der amtlichen Statistik zufolge um ca. 40 Pro-zent, von jetzt 2,6 auf dann 3,6 Millionen. Damit einher geht ein Anstieg des Durch-schnittsalters der Bevölkerung von derzeit 43,6 Jahren auf dann 46,1 Jahre. In Bayern wird es infolge des demografischen Wandels langfristig also weniger junge und mehr alte Menschen geben sowie durch Zuwanderung mehr Menschen, die nicht in Bayern bzw. in Deutschland geboren wurden.

ALT WERDEN IN DER NEUEN HEIMAT

Besondere Herausforderungen sind mit der wachsenden Zahl älterer Menschen mit Migrationshintergrund verbunden. Viele Männer und Frauen, die in den 1960er und 70er Jahren als erste Gene-ration der damaligen Gastarbeiter nach Deutschland kamen, sind heute im Ren-tenalter.

Auch nach vielen Jahren kann es dabei noch Verständnisprobleme im deutschen Gesundheits- und Sozialsystem und Verständigungsprobleme bei Ärzten geben. Andere Rituale und Normen zum Beispiel bei der Pflege bringen mitunter spezifische Herausfor-derungen in der Versorgung mit sich.

Mehrsprachige Wegweiser zu sozialen und gesundheitlichen Themen sollen für eine bessere Information über Angebote und Möglichkeiten sorgen. Im Projekt MiMi – Mit Migranten für Migranten informieren muttersprachliche Gesundheitsmediatoren ihre Landsleute über verschiedene gesundheitliche Themen, ein beispielhafter Ansatz der interkulturellen Gesundheitsförderung. Und auch in der Aus- und Weiterbildung von Fachkräften in sozialen Berufen ist die Arbeit mit älteren Migranten heute ein Thema, kultursensible Altenpflege ist dabei nur eines der Stichworte. In Bayern wird im Rahmen verschiedener Initiativen und Projekte erprobt, wie das Altwerden in der neuen Heimat gut gestaltet werden kann. Ein Beispiel ist INA, das Interkulturelle Netzwerk Altenhilfe in Augsburg. Hier werden in Kooperation mit den sozialen Fachberatungsstellen für Senioren der Stadt ältere Migranten auf vielfältige Weise unterstützt, etwa mit regelmä-ßigen Frühstückstreffs, Betreuungsgruppen und Besuchsdiensten; auch die Schulung ehrenamtlicher Helferinnen und Helfer gehört dazu. Das Projekt war von 2010 bis 2015 ein Modellprojekt des bayerischen Gesundheitsministeriums, seit Abschluss der Modell-phase wird es als Sorgenetzwerk nach § 45d SGB XI gefördert. INA war 2016 für den Deutschen Engagementpreis nominiert.www.ina-sic.de www.ethno-medizinisches-zentrum.de, Projekt MiMi Bayern

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Veränderung der Anteile der Personen über 65 Jahre an der Gesamtbevölkerung Bayerns nach Kreisen 2015 zu 2035, in Prozent

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

1.3 Altern und Gesundheit

Im Mittelpunkt dieses Berichts steht der Zusammenhang von Alter und Gesundheit. Einen einfachen Zusammenhang gibt es dabei nicht. Die Zunahme der Lebens-erwartung und die damit in Zusammenhang stehende, in vielen Studien gezeigte Ver-besserung der Gesundheit der Älteren ist das bestimmende Bild. Heute 60-Jährige sind körperlich und geistig deutlich gesünder als die 60-Jährigen früherer Generationen.5 Gleichwohl treten statistisch gesehen mit steigendem Alter verschiedene Krankheiten

häufiger auf und immer öfter bestehen mehrere Krankheiten gleichzeitig (Multi-morbidität, vgl. Kap. 3.8). Eine Folge der hohen Lebenserwartung ist auch, dass sich im Alter Krankheiten entwickeln können, die man früher vielleicht gar nicht mehr erlebt hätte. Beispielsweise leiden heute mehr Menschen an Demenz, Krebs oder Herz-Kreislauf- Erkrankungen als vor 100 Jahren, weil diese im höheren Alter sehr viel häufiger auftreten als im mittleren Erwachsenenalter.

Multimorbidität ist jedoch nicht immer gleichzusetzen mit schwerem Leiden. Men-schen, die akute Gesundheitsstörungen bewältigen oder mit chronischen körperli-chen und seelischen Beeinträchtigungen leben, sind nicht ausschließlich krank. Sie haben im Umgang mit diesen Belastungen und in ihrer Alltagsgestaltung immer auch gesunde Anteile (Ressourcen), Fachleute sprechen von relativer oder bedingter Gesundheit. Letztere wird beschrieben als „die Fähigkeit zur aktiven Lebensgestaltung, Leistungsfähigkeit in Beruf und Alltag auch mit chronischer Krankheit“.6 Dies trifft für viele Seniorinnen und Senioren zu und er- öffnet erfolgversprechende Ansätze für die Förderung der Gesundheit im Alter.

Menschen altern unterschiedlich, auch in gesundheitlicher Hinsicht, unter anderem abhängig von genetischen, familiären und sozialen Bedingungen mit entsprechenden Folgen für die Prävention und die Versorgung im Krankheitsfall. Einige wichtige Aspekte dieses Themas will dieser Bericht vorstellen. Er greift dazu auf unterschiedliche Daten-quellen zurück; ein systematisches Public Health-Monitoring zur Gesundheit der Älte-ren ist in Deutschland erst im Aufbau.7

5 vgl. Flor, W. (2015): Alter(n) und Gesundheit. In: Leitbegriffe der Gesundheitsförderung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. www.leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/altern-und-gesundheitsfoerderung.

6 Hurrelmann, K., Franzkowiak, P. (2015): Gesundheit. In: Leitbegriffe der Gesundheitsförderung. Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. www.leitbegriffe.bzga.de/alphabetisches-verzeichnis/gesundheit.

7 vgl. Grube, M. et al. (2017): Entwicklung eines Rahmenkonzepts für ein Public-Health-Monitoring der Bevölkerung ab 65 Jahren. Bundesgesundheitsblatt 60: S. 879–882.

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2. Leben im Alter in Bayern

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DiepositiveVorstellungvomAlterwächst.73ProzentderMenschenzwischen40und85 Jahren in Deutschland haben ein überwiegend gewinnorientiertes Altersbild.

•Mit zunehmendemAlter steigtderAnteil anPersonen,diealleine leben;dieMehr- zahl von ihnen sind Frauen.

•Der Großteil derMenschen in Bayern hat denWunsch, möglichst selbstbestimmt in vertrauter Umgebung alt zu werden. Neue, alternative Wohnformen können dazu beitragen.

•DiematerielleLageältererMenschenistheterogen.VieleSeniorinnenundSeniorenkönnen den Lebensabend relativ unbeschwert genießen. 2,8 Prozent der Älteren sind jedoch auf Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII angewiesen; Frauen etwas häufiger als Männer.

• InderLebenszufriedenheitunterscheidensichältereMenschenkaumvonjüngeren.Einige Untersuchungen zeigen sogar eine Zunahme der Lebenszufriedenheit im Alter, die erst mit erheblichen alters- und krankheitsbedingten Beeinträchtigungen am Lebensende wieder geringer wird.

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2.1 Altersbilder

Vorstellungen vom Älterwerden und Altsein werden mit dem Begriff Altersbilder beschrie-ben. Individuelle Altersbilder bezeichnen das ganz persönliche Bild von Altern und Alter; sie beeinflussen die eigene Lebensfüh-rung und Pläne für und in Lebensphasen, wenn man selbst älter ist. Kollektive Altersbil-der hingegen transportieren kulturelle Sicht-

weisen, es sind gesellschaftlich geprägte Stereotype über das Alter. Sie zeigen sich beispielsweise darin, wie ältere Menschen in den Medien, etwa in Filmen oder der Werbung, dargestellt werden.8 Kollektive Altersbilder ändern sich im Zeitverlauf und variieren zwischen Kulturen.

EIN BLICK ZURÜCK

Vom Alter als Belastung in Athen …„Im attischen Staat galten die ‚Alten‘ als gesellschaftliche Randerscheinung und wurden von den jüngeren Generationen primär als eine Belastung wahrgenommen, da diese für ihre Betreuung und Versorgung verantwortlich waren. Die Erfahrung und das Wissen der Alten galten hier als wertlos und unnütz, sodass alte Athener im politischen und gesellschaftlichen Leben kaum eine Rolle spielten. Darüber hinaus wurden sie sowohl in der Tragödie als auch in der Komödie mit Hohn und Spott überzogen und selbst von philosophischen Größen wie Aristoteles diffamiert.“

… und den „weisen Alten“ in SpartaSparta dagegen, „das in der Antike vor allem aufgrund seiner Militärmacht Berühmtheit erlangte, besaß eine ganz besondere Einstellung zum Alter: Alte Spartaner waren in dieser Gesellschaft hoch angesehen und wurden von den jüngeren Generationen ver-ehrt. Ihre Erfahrung und ihr Wissen hatten den höchsten Stellenwert, ob in den politischen Gremien wie dem ‚Rat der 500’ oder in kriegerischen Auseinandersetzungen.“9

Altersbilder können gewinn- oder verlust-orientiert sein. Orientieren sie sich am Verlust, wird das Alter vor allem negativ bewertet und durch die Vorstellung geprägt, dass eine hohe Zahl an Lebensjahren mit kör-perlichen Einschränkungen, Vereinsamung oder mit einem Funktionsverlust für die Gemeinschaft gleichzusetzen ist, auch asso-ziiert mit der Nähe zum Tod. Gewinn-

orientierte Altersbilder hingegen betonen positive Einstellungen gegenüber dem Älter-werden, etwa, dass ein höheres Lebensalter mit Lebenserfahrung, einer produktiven Lebensführung oder Entfaltungsfreiheit zu-sammenhängt. Die Lebensphase des höhe-ren Alters ist kein Zustand, der passiv zu erleiden ist, sondern wird vielmehr als Gestaltungsraum gesehen. Bemerkenswert

8 Westerhof, G., Wurm, S. (2015): Longitudinal research on subjective aging, health, and longevity: Current evidence and new directions for research. In: Diehl, M., Wahl, H.-W. (Hrsg.) Annual Review of Gerontology and Geriatrics (ARGG). New York; 35: S. 145–165.

9 Miglanz, M. (2014): Alter(n) in der griechischen Antike: ein Vergleich zwischen Sparta und Athen. In: Pelizäus-Hoffmeister, H. (Hrsg.): Der ungewisse Lebensabend? Alter(n) und Altersbilder aus der Perspektive von (Un-)Sicherheit im historischen und kulturellen Vergleich. Wiesbaden: S. 59–72.

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2. Leben im Alter in Bayern

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ist, dass Altersbilder offenbar auch Gesund-heit und Langlebigkeit beeinflussen: Men-schen mit positiven Altersbildern sind länger gesund und leben länger.

Die unterschiedlichen Altersbilder schließen einander nicht aus, vielmehr können Men-schen gleichzeitig positive wie negative Altersbilder haben. Mit zunehmendem Alter steigt der Anteil von Menschen mit verlust-orientiertem Altersbild, wohl beeinflusst durch Veränderungen und Begleiterschei-nungen des höheren Alters. Einen Einfluss haben aber auch die Lebensumstände, etwa der Bildungsstand, die sozioökonomische Lage und die gegenwärtige Gesundheit: Geringere Einkommen, Arbeitslosigkeit oder Vorruhestand, schlechte Gesundheit und

eine geringere Lebenszufriedenheit gehen oftmals mit kritischeren Altersbildern ein-her,10 während Menschen mit höherer Bil-dung ein deutlich gewinnorientierteres Altersbild haben.

Insgesamt betrachtet, wächst die positive Vor-stellung vom Alter seit den 1970er-Jahren.11 Wie der Deutsche Alterssurvey (DEAS) zeigt, war der Anteil von Männern und Frauen ab dem vierzigsten Lebensjahr, die ein verlust-orientiertes Altersbild haben, im Jahr 2014 unter 65 Prozent gesunken; 1996 hatte er noch bei knapp 70 Prozent gelegen. Im glei-chen Zeitraum stieg der Anteil von Menschen im Alter zwischen 40 und 85 Jahren mit gewinnorientiertem Altersbild von 65 auf 73 Prozent.

Anteil der Älteren mit verlust- oder gewinnorientierten Altersbildern in Deutschland 1996 bis 2014, in Prozent

Datenquelle: DEAS 2014, aus: Beyer/Wurm/Wolff (2017); beide Altersbilder schließen einander nicht aus, sind daher nicht addierbar.

10 Beyer, A. K., Wurm, S., Wolff, J. K. (2017): Älter werden – Gewinn oder Verlust? Individuelle Altersbilder und Altersdiskriminie-rung. In: Mahne, K., Wolff, J. K., Simonson, J., Tesch-Römer, C. (Hrsg.): Altern im Wandel: Zwei Jahrzehnte Deutscher Alters-survey (DEAS). Wiesbaden: S. 329–343.

11 Höpflinger, F. (2012): Altersbilder existenziell zweideutig – früher und heute. Schweizer Zeitschrift für Psychiatrie und Neurologie; 12: S. 17–19.

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Altersbilder beeinflussen das gesundheits-bezogene Verhalten ebenso wie die Gestal-tung gesundheitlicher Versorgung älterer Menschen und damit die Lebensqualität im Alter. Einerseits wirken Altersbilder der älte-ren Menschen selbst auf ihr Gesundheits-verhalten; eine positive Einstellung zum Älterwerden geht oftmals mit einem gesund-

heitsförderlichen Lebensstil einher. Anderer-seits basieren auch die die Gestaltung der Lebenswelten für ältere Menschen, die An-gebote von Prävention und Gesundheits-förderung und soziale Maßnahmen auf Altersbildern.12 Beide Bereiche bergen große Entwicklungschancen.

2.2 Lebensverhältnisse im Alter

Materielle Lebensbedingungen sind wichtige Einflussfaktoren auf die Gesundheit und bestimmen auch in vielerlei Hinsicht über die Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben. Bayern hat in den vergangenen Jahr-zehnten ein hohes Maß an Wohlstand erreicht. Nach dem Vierten Bericht der Baye-rischen Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern verfügen die Menschen hier im Bun-desvergleich über das höchste durchschnitt-liche Nettovermögen. Auch einem Großteil der älteren Menschen geht es materiell gut; das durchschnittliche Nettoeinkommen der Rentnerhaushalte in Bayern liegt mit 2.493 Euro um 148 Euro über dem westdeutschen Vergleichswert (bundesweit 2.232 Euro).13 Daneben gibt es aber auch Menschen, die mit niedrigen Einkommen auskommen müs-

sen. Zum Jahresende 2015 bezogen 2,8 Pro-zent der älteren Personen jenseits der Regel-altersgrenze Leistungen der Grundsicherung im Alter nach dem SGB XII (Bundesdurch-schnitt: 3,2 Prozent). Im westdeutschen Vergleich weist Bayern zusammen mit Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz den geringsten Anteil an Empfängerinnen und Empfängern von Grundsicherung im Alter auf. Ältere Frauen bezogen diese staat-liche Leistung mit 2,9 Prozent häufiger als ihre männlichen Altersgenossen mit 2,6 Pro-zent, oft bedingt durch unterbrochene Erwerbsbiographien und niedrigere Einkom-men in der Erwerbsphase.14 Weitere Ausfüh-rungen dazu finden sich im Vierten Bericht der Bayerischen Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern.

„Aktuelle politische und mediale Altersdiskurse fordern die Aktivierung der Älteren nicht nur hinsichtlich gesundheitsförderlicher Lebensweisen, sondern auch bezogen auf ein ziviles Engagement und die Übernahme von Mitverantwortung ... Große Teile der derzeit Alten verfügen über ausreichende Ressourcen, um Verwirklichungschancen wahrzunehmen, das Leben im Alter selbstbestimmt zu gestalten und zivilgesellschaft-liche Mitverantwortung zu übernehmen. Dennoch kann ein so vermitteltes Bild des „aktiven Alterns“ nicht verallgemeinert werden … Für verschiedene soziale Gruppen Älterer sind die Zugangschancen zu sozialer Teilhabe, gesundheitlicher Versorgung und Formen des Engagements ungleich verteilt.“15

Aus dem Siebten Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben vom Deutschen Bundestag 2016

12 Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (Hrsg.): Eine neue Kultur des Alterns. Altersbilder in der Gesellschaft. Erkenntnisse und Empfehlungen des Sechsten Altenberichts. Berlin, 2014, S. 16.

13 Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (2017): Vierter Bericht der Bayerischen Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern. Kurzfassung. München: S. 44.

14 Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (2017): Vierter Bericht der Bayerischen Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern. München: S. 356.

15 Deutscher Bundestag (2016): Siebter Bericht zur Lage der älteren Generation in der Bundesrepublik Deutschland. Berlin: S. 54.

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2. Leben im Alter in Bayern

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Die Lebenslage ist in ihren sozialen Bestim-mungsfaktoren über gesundheitspolitische Maßnahmen zwar nur sehr eingeschränkt veränderbar, aber der Zusammenhang zwi-schen sozialer Lage und Gesundheit nimmt seit einigen Jahren bundesweit und auch in Bayern einen wichtigen Platz auf der gesund-heitspolitischen Agenda ein. Die gesundheit-liche Chancengleichheit zu stärken, ist ein erklärtes Anliegen der Bayerischen Staatsre-gierung. Als Querschnittsthema steht es für bestmögliche Bedingungen für Gesundheit in jedem Lebensalter – unabhängig von sozia-ler Lage, Herkunft oder Bildungsgrad. Der Bayerische Präventionsplan legt die gesund-heitliche Chancengleichheit als eines von vier zentralen Handlungsfeldern fest. Auch die im Juni 2017 unterzeichnete Landesrah-menvereinbarung für Bayern zur Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie setzt einen Schwerpunkt auf dieses Thema; die Koordinierungsstelle gesundheitliche Chan-cengleichheit Bayern unterstützt entspre-chende Praxisprojekte. Das Zentrum für Prä-vention und Gesundheitsförderung am LGL macht sich in diesem Rahmen besonders für den Ausbau und die regionale Vernetzung von Präventionsangeboten für Menschen in schwierigen Lebenslagen stark. Auch das 2015 in Kraft getretene Präventionsgesetz des Bundes setzt hier einen Schwer - punkt. Präventionsmaßnahmen nach diesem Gesetz sollen zur Verringerung sozialer

und geschlechterbezogener Ungleichheit der Gesundheit beitragen.

Einen bedeutenden Einfluss auf die Lebens-qualität haben die Wohnverhältnisse. „Wohn-raum gehört zu den menschlichen Grundbe-dürfnissen und sollte mehr sein als das sprichwörtliche ‚Dach über dem Kopf‘“, heißt es bei der OECD, der Organisation für inter-nationale Zusammenarbeit und Entwicklung: „Die Wohnung ist der Ort, an dem man schläft, sich erholt, wo man sich sicher fühlt und Platz für sich hat – und sie ist auch ein Ort, an dem man mit der Familie leben kann. All diese Aspekte sorgen dafür, dass man sich in einem Haus zuhause fühlt. Außerdem stellt sich natürlich die Frage, wie erschwing-lich Wohnraum ist.“16 Die Wohnverhältnisse im Alter hängen zum einen sehr davon ab, ob (noch) ein Lebenspartner mit im Haushalt wohnt, zum anderen von der gesundheitli-chen Verfassung. In Bayern leben zwei Drittel der Menschen zwischen 65 und 79 Jahren in einem Mehrpersonen-Haushalt, ähnlich viele wie bundesweit. Dieser Anteil sinkt mit den Jahren: Unter den Hochaltrigen, über 80-Jäh-rigen lebt nur noch knapp die Hälfte mit einer oder mehreren anderen Person(en) zusam-men. Aufgrund der höheren Lebenserwar-tung sind der Großteil der Alleinlebenden Frauen, bei den über 80-Jährigen liegt ihr Anteil bei rund 80 Prozent.

Zusammensetzung von Privathaushalten in Bayern nach Altersklassen 2015, in Prozent

Einpersonen-Haushalte Mehrpersonen-Haushalte

Bayerndarunter

Frauenanteil45 bis 64 14,1 44,7 85,965 bis 79 27,5 70,2 72,580 und älter 48,2 79,0 51,8

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, Mikrozensus

16 The Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD): How’s Life? 2015. Measuring well-being.

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Den Wunsch, möglichst lange in den eigenen vier Wänden zu leben, hat der Großteil der Seniorinnen und Senioren. Wohnraum-gestaltung und vor allem die Versorgung spielen hier eine wichtige Rolle (siehe dazu auch Kap. 4.3 und 4.4). Besteht Pflegebedarf, werden mehrheitlich Angebote und Leistun-gen in Anspruch genommen, die eine Versor-gung zu Hause ermöglichen; zwei Drittel aller

Pflegebedürftigen werden daheim betreut. Sehr häufig sind es Familienangehörige, die diese Pflege leisten, oft unterstützt durch einen ambulanten Pflegedienst. Mit steigen-dem Lebensalter und damit häufiger werden-den Erkrankungen nimmt der Anteil der Men-schen zu, die stationär versorgt werden müs-sen, zum Beispiel in einem Pflegeheim (vgl. Kap. 4.3).

ALT WERDEN IN DER VERTRAUTEN UMGEBUNG UND ALTERNATIVE WOHNFORMEN IM ALTER

Fragt man danach, wie die Menschen in Bayern im höheren Alter leben wollen, dann wünscht sich ein Großteil, möglichst selbstbestimmt in der gewohnten Umgebung und mit der Hilfe vertrauter Personen alt zu werden, eventuell unterstützt durch einen Pflege-dienst;17 die Wissenschaft spricht von Ageing in Place. Dafür sind auch neue Formen des Seniorenwohnens und der Ausbau neuer Pflegeformen wichtig. Wohnberatung und Wohnungsanpassung, Seniorenhausgemeinschaften und Seniorengenossenschaften, Wohnen für Hilfe, generationenübergreifende Wohnformen, ambulant betreute Wohn-formen und Quartierskonzepte sind Konzepte, die sich nach den Bedürfnissen älterer Menschen richten. Sie etablieren sich zunehmend in vielen Regionen Bayerns; das Bay-erische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration fördert ver-schiedene Ansätze. Informationen dazu und zum Aufbau neuer Unterstützungs- und Wohnformen gibt die

Koordinationsstelle Wohnen im AlterTelefon 089 20 18 98 57, www.wohnen-alter-bayern.de

„Zu Hause daheim. Neue Wohnkonzepte im Alter.“

Die Initiative der Bayerischen Staatsregierung informiert im Rahmen von Aktionswochen mit einer Vielzahl von Veranstaltungen über neue Wohnkonzepte im Alter. Dabei geht es um Möglichkeiten, möglichst lange selbstbestimmt zu Hause leben zu können, aber auch um Ideen und Konzepte, um den Lebensabend wie zu Hause zu verbringen. Im Rahmen der Aktionswoche 2017 fanden bayern-weit über 350 Veranstaltungen zum Wohnen im Alter statt. www.stmas.bayern.de/wohnen-im-alter/kampagne/index.php

17 vgl. die Umfrage „Wohnen im Alter“ durch das StMAS unter www.stmas.bayern.de/imperia/md/content/stmas/stmas_internet/senioren/ergebnisse_zur_umfrage_wohnen_im_alter.pdf.

Zu Hause daheim.

Beispiele für ein selbstbestimmtes Wohnen im Alter

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2. Leben im Alter in Bayern

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Mehrgenerationenhäuser

Eine Möglichkeit für Jung und Alt, voneinander zu profitieren, stellen Mehrgenerationen-häuser dar. Sie sind soziale Anlaufstellen für alle Generationen in insgesamt 91 Städten und Gemeinden Bayerns. www.bayern-ist-ganz-ohr.de/mgh/bayern/index.php

Über die Mehrgenerationenhäuser in Bayern informiert eine Wanderausstellung, die deren Sprecherrat mit Unterstützung des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration erarbeitet hat. Sie zeigt die Gemeinsamkeiten der Häu-ser ebenso wie die große Vielfalt in den Regionen Bayerns und in den Angeboten.

Selbstbestimmtes Leben im Alter – SeLA

„Selbstbestimmtes Leben im Alter – SeLA“ ist ein Programm zur Förderung von neuen Wohn- und Unterstützungsformen. Gefördert werden zum Beispiel bürgerschaftlich engagierte Nachbarschaftshilfen, betreutes Wohnen zu Hause, Quartierskonzepte, Wohn-beratungsstellen, Seniorenhausgemeinschaften oder generationenübergreifende Wohn-formen. Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integra-tion unterstützt hier mit einer Anschubfinanzierung.www.stmas.bayern.de/senioren/recht/index.php#sec2

Förderrichtlinie Pflege – WoLeRaF

Mit der zum 1. Januar 2016 in Kraft gesetzten Richtlinie zur Förderung neuer ambulant betreuter Wohngemeinschaften sowie zur Förderung von Vorhaben zur Verbesserung der Lebensqualität und der Rahmenbedingungen in der Pflege (Förderrichtlinie Pflege – WoLeRaF) unterstützt das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege drei voneinander unabhängige Bereiche:

•den Aufbau neuer ambulant betreuter Wohngemeinschaften,• die demenzgerechte Innen- und Außenraumgestaltung von

Kurzzeit-, Tages- und Nachtpflegeeinrichtungen, • Einzelprojekte zur Verbesserung der Rahmenbedingungen in der Pflege.

www.stmgp.bayern.de/service/foerderprogramme/foerderung-ambulant-betreuter-wohngemeinschaften/

Ambulant betreute Wohngemeinschaften (abWG)

Ambulant betreute Wohngemeinschaften, die zum Zweck der Pflege gegründet werden, bieten die Möglichkeit, in Gemeinschaft alt zu werden und dabei möglichst lange ein weitgehend selbstständiges und eigenverantwortliches Leben zu führen. Sie stellen eine Alternative zu stationären Pflegeeinrichtungen dar und gewinnen immer mehr an Bedeu-tung. Ende des Jahres 2016 gab es bayernweit 300 ambulant betreute Wohngemeinschaf-ten, eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um 12 Prozent. Die vom Bayerischen Staats-

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ministerium für Gesundheit und Pflege beauftragte Koordinationsstelle ambulant betreu-ten Wohngemeinschaften in Bayern berät rund um das Thema telefonisch, per Mail oder vor Ort.

Koordinationsstelle ambulant betreute Wohngemeinschaften in BayernTelefon 089 20 18 98 57, www.ambulant-betreute-wohngemeinschaften.dewww.stmgp.bayern.de/pflege/ambulant-betreute-wohngemeinschaften

Wissenschaftlich sind die Strukturen und Auswirkungen unterschiedlicher Wohn-, Pflege- und Versorgungsformen auf Menschen mit Pflege- und Unterstützungsbedarf bislang wenig untersucht. Das bayerische Gesundheitsministerium hat daher die Universität Bremen mit einer Studie beauftragt, um die Erkenntnislücken zu schließen.www.public-health.uni-bremen.de/forschung/abteilung-6-gesundheit-&-gesellschaft/ promotionsprojekte/?proj=721&page=1

Pflegeoasen: Wohngruppen für demenziell Erkrankte

Das Konzept einer Pflegeoase zielt auf eine Betreuung und Pflege von an Demenz erkrank-ten Personen in einer kleinen Wohngruppe ab. Wichtigstes Merkmal ist ein zentraler, gemeinsam zu nutzender Raum, die Oase. Sie ist in der Regel so groß, dass die Pflegebe-dürftigen mit ihren Betten und Pflegerollstühlen dort Platz finden. Dadurch wird ein Gefühl von Gemeinschaft vermittelt und den Bewohnern ein Raum geboten, der nicht stress- oder angsterzeugend wirkt.

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat den Nutzen dieser besonderen Wohnform durch das Berliner Institut für sozialpolitische und geronto-psychiatrische Studien (ISGOS) untersuchen lassen. Das Ergebnis zeigt, dass sich das persönliche Wohlbefinden von Senioren in Pflege oasen auch dann verbessert, wenn sich die demenzielle Erkrankung verschlechtert. Auch bildet sich in den baulich und pflege-risch spezialisierten Pflegeoasen eine starke soziale Gemeinschaft heraus, die einer Ver-einsamung entgegenwirkt.

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2. Leben im Alter in Bayern

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2.3 Lebenszufriedenheit und subjektive Gesundheit

Ältere Menschen sind mit ihrem Leben ebenso zufrieden wie jüngere. Einige Unter-suchungen zeigen sogar eine Zunahme der Lebenszufriedenheit im Alter. Der Deutsche Alterssurvey etwa belegt für das Jahr 2014, dass bundesweit 63 Prozent der 70- bis 85-Jährigen hoch zufrieden sind mit ihrem Leben – bei den 55- bis 69-Jährigen sind es 60 Prozent, bei den 40- bis 54-Jährigen 58

Prozent.18 In diesem Zusammenhang wird häufig vom Paradox der Lebenszufrieden-heit im Alter gesprochen, der Zufriedenheit trotz vielfältiger altersbedingter Einschrän-kungen. Ein Grund ist möglicherweise, dass sich mit dem Alter die Bewertungsmaßstäbe für die Zufriedenheit mit sich und mit dem eigenen Leben ändern.19

Lebenszufriedenheit, Entwicklung 1996 bis 2014, Deutschland, in Prozent

Altersgruppe Lebenszufriedenheit 1996 2002 2008 2014

40 bis 54 Jahre

eher gering 6,2 7,1 5,4 6,5

mittel 38,0 35,2 38,9 35,1

eher hoch 55,9 57,7 55,7 58,4

55 bis 69 Jahre

eher gering 7,2 3,4 4,2 4,7

mittel 36,0 30,2 35,9 35,1

eher hoch 56,8 66,3 59,9 60,2

70 bis 85 Jahre

eher gering 4,8 6,5 3,7 1,7

mittel 37,0 34,5 33,7 35,4

eher hoch 58,3 59,0 62,6 63,0

Datenquelle: DEAS 2002–2014

Verschiedene Studien zeigen übereinstim-mend, dass das Alter selbst keinen relevan-ten Effekt auf die Lebenszufriedenheit hat. Es sind vielmehr mit dem höheren Alter einher-gehende Beeinträchtigungen, die die Lebens-zufriedenheit beeinflussen.20 So werden im Alter von über 80 Jahren die Bereiche Schlaf, Gesundheit und die eigene Tätigkeit im Haus-halt etwas kritischer betrachtet – in Bayern wie auch bundesweit. Die Lebenszufrieden-

heit verringert sich insbesondere, wenn die eigene Autonomie und die Möglichkeit der persönlichen Lebensgestaltung beeinträch-tigt sind (siehe dazu auch Kap. 3.8). Je besser das subjektive Erleben von belasteter Gesundheit oder Funktionsverlusten abgefe-dert werden kann, desto länger erleben alte und hochbetagte Menschen ihr Leben als zufriedenstellend.

18 Hoffmann, E.et al. (2017): Lebenssituation älterer Menschen in Deutschland. DZA-Fact Sheet. 3. aktualisierte und überarbeitete Auflage: S. 8.

19 vgl. Wolff, J. K., Tesch-Römer, C. (2017): Glücklich bis ins hohe Alter? Lebenszufriedenheit und depressive Symptome in der zweiten Lebenshälfte. In: Mahne, K., Wolff, J. K., Simonson, J. (Hrsg.): Altern im Wandel: zwei Jahrzehnte Deutscher Alterssurvey (DEAS). Wiesbaden: S. 172.

20 Heidl, C. M., Landenberger, M., Jahn, P. (2012): Lebenszufriedenheit in Westdeutschland: eine Querschnittsanalyse mit den Daten des Sozio-oekonomischen Panels, Ausgabe 521, DIW: The German Socio-Economic Panel (SOEP). Berlin.

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Zufriedenheit mit verschiedenen Lebensbereichen und Lebenszufriedenheit insgesamt bei Älteren, Bayern 2015, Mittelwertdarstellung

Mittelwerte einer Skala von 0 (ganz und gar unzufrieden) bis 10 (ganz und gar zufrieden). Datenquelle: SOEP 2015, Berechnungen INIFES

Gesundheit, Lebensqualität und Lebenszu-friedenheit hängen zusammen und beein-flussen einander gegenseitig. Wissenschaft-liche Untersuchungen fragen oft nach der gesundheitsbezogenen Lebensqualität. Sie stellt nicht auf ärztliche Diagnosen ab, son-dern betont das persönliche, subjektive Erle-ben von Gesundheit und Krankheit, wobei physische, psychische und soziale Dimensio-nen Berücksichtigung finden. Die subjektiv empfundene Gesundheit gilt als gutes Maß, von der aus auch auf die objektive Gesund-heit geschlossen werden kann.

Der Studie Gesundheit in Deutschland aktu-ell (GEDA) zufolge, die vom Robert Koch-Ins-titut durchgeführt wird, bewerteten in Bayern im Jahr 2012 rund 77 Prozent aller Männer und 72 Prozent aller Frauen ihre Gesundheit als „gut“ oder „sehr gut“. Über die Lebens-zeit betrachtet, nimmt die positive Einschät-zung der eigenen Gesundheit ab: Während unter den bis zu 30-jährigen Befragten 95 Prozent der Männer und 92 Prozent der Frauen ihre Gesundheit als „gut“ oder „sehr gut“ bewerten, sind es bei den ab 65-Jähri-gen nur noch 54 Prozent der Männer und knapp 50 Prozent der Frauen.

Welchen Einfluss die Gesundheit auf die Lebenszufriedenheit im Alter hat, zeigt sich bei der Betrachtung der Zufriedenheitswerte nach unterschiedlichen Dimensionen der Gesundheit und Folgeerscheinungen wie Einschränkungen im Alltag oder dem Grad der Behinderung. Demnach sinkt die durch-schnittliche Lebenszufriedenheit deutlich, wenn die Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheit gering ist oder wenn der gegen-wärtige Gesundheitszustand als schlecht oder sehr schlecht empfunden wird. Auch bei einer Zunahme gesundheitsbezogener Einschränkungen im Alltag sind ältere Men-schen weniger zufrieden. Dennoch kann da -raus nicht pauschal geschlossen werden, dass bei einer oder mehreren Erkrankungen im Alter eine niedrige Lebenszufriedenheit besteht – im Gegenteil. Seniorinnen und Senioren, die an chronischen Erkrankungen wie Asthma oder Bluthochdruck leiden, sind fast ebenso zufrieden im Leben wie Gleich-altrige ohne festgestellte Erkrankung. Anders sieht es dagegen bei Älteren aus, die an einer Demenz oder Depression leiden. Sofern sie noch an der Befragung teilnehmen konnten, berichteten sie von einer deutlich geringeren Lebenszufriedenheit.

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2. Leben im Alter in Bayern

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Durchschnittliche Lebenszufriedenheit von Personen im Alter ab 65 Jahren nach ausge-wählten gesundheitsrelevanten Merkmalen, Bayern 2015, Mittelwertdarstellung

Zufriedenheit mit der eigenen Gesundheitnicht zufrieden 4,8teils/teils 7,1sehr zufrieden 8,4

Gegenwärtiger Gesundheitszustand(sehr) schlecht 5,7zufriedenstellend 7,6(sehr) gut 8,2

Grad der Behinderung80 bis 100 % 5,950 bis 70 % 6,21 bis 49 % 6,40 % 7,5

Einschränkungen im Alltag aufgrund von Gesundheitstark eingeschränkt 5,9etwas eingeschränkt 7,2nicht eingeschränkt 8,0

Jemals von einem Arzt diagnostizierte KrankheitenDemenzerkrankung 5,2Depressive Erkrankung 5,6Migräne 5,7Schlaganfall 5,9Schlafstörung 6,1Herzkrankheit 6,7Krebserkrankung 6,7Diabetes 6,8Chron. Rückenbeschwerden 6,8Gelenkerkrankung 6,9Bluthochdruck 7,0Asthma 7,2Keine Krankheit 8,1

Abfrage der Lebenszufriedenheit über eine Skala von 0 „ganz und gar unzufrieden“ bis 10 „vollkommen zufrieden“. Datenquelle: SOEP 2015, Berechnungen INIFES

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Ü100 – WIE SCHAUT EIN LEBEN MIT 100 JAHREN AUS?

Eine Gesellschaft des langen Lebens braucht realistische Bilder, die zeigen, dass die steigende Zahl älterer Menschen in unserer Gesellschaft nicht nur eine Herausforderung, sondern auch eine Chance ist. Die Ergebnisse der sogenannten Hundertjährigen studie der Universität Heidelberg machen deutlich, wie sehr das Älterwerden auch von der persönlichen Einstellung geprägt wird: Obwohl die meisten über 100-Jährigen gesund-heitliche Beschwerden haben, sind mehr als 80 Prozent mit ihrem Leben zufrieden.

Der Dokumentarfilm „Ü100 – Wie schaut ein Leben mit 100 Jahren aus?“ gibt auf eindrucksvolle Weise einen Einblick in das Leben sehr alter Menschen und zugleich einen ermutigenden Ausblick auf die späte Lebensphase – eine Inspiration auch für die Ausein-andersetzung mit dem eigenen Älterwerden. Ein kurzer Filmclip „Ü100“ ist auf der Webseite des Bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Integration abrufbar, ebenso die Begleitbroschüre zum Film.www.stmas.bayern.de/senioren/aktives-altern/index.php

Ü100Wie sieht ein Leben mit

hundert Jahren aus?

Bayerisches Staatsministerium fürArbeit und Soziales, Familie und Integration

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

Krankheitsbilder unter der Lupe

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DerMehrzahlderÄlterengehtesgesundheitlichgut.Heute60-Jährigesindkörperlichund geistig deutlich gesünder als 60-Jährige früherer Generationen.

•DennochtretenmitdemAlterverschiedeneBeschwerdenundKrankheitsbilderhäufi-ger auf. Die Zahl der Senioren, die unter mehreren Erkrankungen gleichzeitig leiden (Multimorbidität), steigt an; im Alter von 80 bis 85 Jahren sind 65 Prozent der Frauen und 53 Prozent der Männer betroffen.

• Zu den häufigsten Krankheitsbildern zählen Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Muskel- Skelett-Erkrankungen, Diabetes mellitus, Krebserkrankungen, Depressionen und Demenz; rund ein Drittel der Älteren musste innerhalb eines Jahres verletzungs-bedingt zum Arzt – häufig aufgrund eines Sturzes.

• FunktionaleEinschränkungenbeiAlltagstätigkeitensindvorallemabeinemAltervon80 Jahren festzustellen.

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3.1 Herz-Kreislauf- Erkrankungen

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• 85Prozentderüber65-jährigenFrauenundMännerinBayernhattenimJahr2015eineDiagnose aus dem Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die hohe Zahl erklärt sich durch die Breite unterschiedlicher Krankheitsbilder.

•DielebensbedrohlichenErkrankungenHerzinfarktundSchlaganfallbetreffeninjünge-ren Jahren Männer etwas häufiger als Frauen. Ab dem 85. Lebensjahr gleichen sich die Unterschiede an.

•Die Zahl der älteren Menschen, die einen Herzinfarkt oder Schlaganfall erleiden, ist im Verlauf der letzten zehn Jahre in Bayern weitgehend stabil geblieben.

•DieÜberlebenswahrscheinlichkeitbeiHerzinfarktoderSchlaganfallistdurchdiebes-sere medizinische Versorgung bundesweit deutlich gestiegen.

Unter dem Begriff „Herz-Kreislauf-Erkrankun-gen“ werden alle Erkrankungen zusammen-gefasst, die das Herz oder das Blutgefäß-system betreffen; in der Internationalen Klassi fikation der Krankheiten (ICD) gruppiert unter den Ziffern I00–I99. Dazu zählen unter anderem Bluthochdruck, die koronare Herz-erkrankung, also die Mangeldurchblutung des Herzens aufgrund arteriosklerotisch ver-engter Herzkranzgefäße, Herzinfarkt und Schlaganfall sowie Herzinsuffizienz (Herz-schwäche). Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weit verbreitet und in Deutschland wie auch weltweit die häufigste Todesursache bei Männern und Frauen.21 Die Risikofaktoren sind gut bekannt und häufig: Neben dem Alter und in einigen Fällen einer gewissen erblichen Veranlagung sind es vor allem das Rauchen, Bewegungsmangel, Übergewicht,

Fettstoffwechselstörungen, die Zuckerkrank-heit (Diabetes mellitus) und belastender Stress.

In Bayern wurde die Diagnose einer Herz-Kreislauf-Erkrankung im Jahr 2015 den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) zufolge bei fast 1,9 Millionen Menschen gestellt, in der Altersgruppe ab 65 Jahren sind dies rund 85 Prozent der gesetzlich Versicherten. Mit steigendem Alter nimmt der Anteil der Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankung zu: Während bei den 55- bis 64-Jährigen etwas mehr als die Hälfte der Personen eine solche Diagnose aufweist (61,3 Prozent), sind es bei den über 85-Jährigen neun von zehn Personen (91,9 Prozent). Männer und Frauen sind unge-fähr gleich häufig betroffen.

Anzahl und Anteil der Personen ab 65 Jahren mit Diagnose Herz-Kreislauf-Erkrankung, nach Alter und Geschlecht, Bayern 2015

Insgesamt Frauen MännerAltersgruppen Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil65 bis 74 797.723 79,4 % 451.830 79,1 % 345.893 79,8 %75 bis 84 786.936 88,9 % 475.623 89,2 % 311.313 88,4 %85 oder mehr 306.444 91,9 % 219.124 92,2 % 87.320 91,2 %

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

21 Statistisches Bundesamt (2017): Gesundheit. Todesursachen in Deutschland 2015. Wiesbaden: Statistisches Bundesamt.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Die Häufigkeit von Herz-Kreislauf-Diagnosen ist in den zehn Jahren zwischen 2006 und 2015 weitgehend stabil geblieben. Bei den Männern ab 65 Jahren ist ein leichter Anstieg von 80,1 auf 83,0 Prozent zu verzeichnen, bei den gleichaltrigen Frauen hat sich die Erkran-kungsrate nicht nennenswert verändert. Die hohe Verbreitung von Herz-Kreislauf-

Erkrankungen lässt sich durch die Breite an unterschiedlichen Krankheitsbildern er klären, die unter dem Oberbegriff zusammengefasst werden. Sehr häufig ist vor allem die Diagnose Bluthochdruck. Der GEDA-Studie 2014/15 zufolge berichteten 63,2 Prozent der Personen ab 65 Jahren in Bayern von einem bekannten Bluthochdruck in den letzten zwölf Monaten.

Anteil an Personen ab 65 Jahre mit Diagnose einer Herz-Kreislauf-Erkrankung von 2006 bis 2015 in Bayern, altersstandardisiert, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

PRÄVENTION VON HERZ-KREISLAUF-ERKRANKUNGEN

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind Krankheiten, die ganz entscheidend durch den Lebens-stil beeinflusst werden. Eine gesunde und ausgewogene Ernährung, ausreichend Bewegung ebenso wie Entspannung und das Nichtrauchen gehören zu den wichtigsten Maßnahmen, Erkrankungen vorzubeugen oder ein Fortschreiten zu verhindern. Zahl-reiche Verbände und Organisationen setzen sich für einen gesunden Lebensstil ein, viele von ihnen auch als Partner des Bündnisses für Prävention in Bayern. Dazu gehört auch die Herz-LAG-Bayern e. V., die unter anderem den Rehabilitationssport in den bay-erischen Herzgruppen koordiniert.

Landes-Arbeitsgemeinschaft für kardiologische Prävention und Rehabilitation in Bayern e. V. (Herz-LAG-Bayern e. V.)Höhenried 2, 82347 Bernried am Starnberger SeeTelefon 08158 90 33 73, www.herzgruppen-lag-bayern.de

Zu den Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehö-ren mit dem Herzinfarkt und dem Schlag-anfall zwei akute und lebensbedrohliche Erkrankungsbilder, die im Folgenden näher betrachtet werden.

HerzinfarktEin Herzinfarkt tritt auf, wenn die Durchblu-tung in einem Teil des Herzmuskels vermin-dert oder unterbrochen ist. In den meisten Fällen geschieht dies durch ein Blutgerinnsel,

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welches eines oder mehrere Herzkranz-gefäße verschließt. Ohne rasche Behandlung führt dies zum Absterben des betroffenen Herzmuskelgewebes und damit – je nach Größe des Infarkts – zu einer lebensbedrohli-chen Funktionsstörung des Herzens. Die Erkrankung gehört zu den häufigsten Todes-ursachen in Deutschland. Bei Verdacht auf einen Herzinfarkt ist daher Eile geboten: Der Notruf 112 ist europaweit gültig! Je schneller mit der Behandlung begonnen wird, desto größer ist die Chance, die Durchblutung des Herzmuskels wiederherzustellen.

Im Jahr 2015 gab es der Krankenhausstatistik zufolge bei Menschen ab 65 Jahren deutsch-landweit rund 143.000 Herzinfarkte (ICD I21 und I22), was 833 Fällen pro 100.000 Einwoh-ner entspricht. In Bayern ist diese Zahl mit 785 Fällen pro 100.000 Einwohner etwas

niedriger. Hier gab es im Jahr 2015 rund 20.000 Herzinfarkte.

Das Risiko für einen Herzinfarkt steigt mit dem Alter: Während es in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen in Bayern 2015 ledig- lich 343 Fälle je 100.000 Einwohner gab, lag die Fallzahl bei 85-Jährigen und Älteren fast viermal so hoch (1.277 Herzinfarkte je 100.000 Einwohner). Männer sind dabei doppelt so häufig betroffen wie Frauen, wobei sich dieser Unterschied mit den Jah-ren abschwächt und im hohen Alter ab 85 Jahren nur noch vergleichsweise gering ist. Im zeitlichen Verlauf zwischen 2006 und 2015 ist in Bayern die Zahl der Herzinfarkte bei Menschen ab 65 Jahren in etwa stabil geblieben. Dies entspricht den Befunden für Gesamtdeutschland.

Herzinfarkt, Krankenhausfälle ab 65 Jahren, Bayern 2015

Herzinfarkt Männer Frauen

Altersgruppen Anzahl je 100.000 Anzahl je 100.00065 bis 74 5.035 835 1.993 30175 bis 84 5.321 1.280 3.597 65385 oder mehr 1.726 1.244 2.392 1.070

Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Krankenhausstatistik

DAS AUGSBURGER HERZINFARKTREGISTER

Stellvertretend für Deutschland wählte die Weltgesundheitsorganisation in den 1980er Jahren Stadt und Landkreis Augsburg sowie den Landkreis Aichach-Friedberg als Modellregion für die weltweite Studie „Monitoring of Trends and Determinants in Cardiovascular Disease“ („MONICA-Projekt“). Zwischen 1984 und 1995 wurden hier Erkrankungs- und Todesfälle durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen erfasst und analysiert. Dabei wurde auch ein Herzinfarktregister aufgebaut, das seither die Herzinfarkte in der Region nahezu vollständig erfasst, von 1996 an fortgesetzt im Rahmen der Kooperativen Gesundheitsforschung in der Region Augsburg (KORA). Diese Forschungsplattform des Helmholtz Zentrums München bietet mit ihrer umfangreichen Datenbasis eine Grundlage für bevölkerungsbasierte Studien zu verschiedenen Themenbereichen – neben Herz- Kreislauf-Erkrankungen sind dies heute auch Diabetes mellitus, Lungenerkrankungen und Fragestellungen aus dem Umweltbereich.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Die Akutbehandlung eines Herzinfarktes erfolgt in einem Krankenhaus und zielt auf die Wiederherstellung der Durchblutung am Herzen innerhalb der ersten sechs Stunden ab. Im Anschluss an den Krankenhausaufent-halt folgt oftmals eine Rehabilitation, bei der die Förderung von körperlicher Aktivität (z. B. Sportarten wie Wandern, Nordic Walking,

Radfahren und Schwimmen), gesunder Er -nährung und Rauchverzicht im Mittelpunkt stehen, um das Risiko eines weiteren Infark-tes zu senken. Im Jahr 2015 waren in Bayern rund 2.300 Personen ab 65 Jahren mit der Diagnose Herzinfarkt in einer Reha-Einrich-tung.

HERZINFARKT: WIE HOCH IST DAS PERSÖNLICHE RISIKO?

Eine Einschätzung des eigenen Risikos für einen Herzinfarkt bietet die Deutsche Herz-stiftung kostenlos auf ihrer Internetseite an. Unter

www.herzstiftung.de/Herzinfarkt-Risiko-Test.php

kann die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarktes online mit Hilfe weniger Fragen ermittelt werden. Das Ergebnis gibt eine gute Orientierung anhand statistischer Vergleichswerte, eine ärztliche Beratung kann es nicht ersetzen.

SchlaganfallSchlaganfälle sind die Hauptursache von Behinderungen im Erwachsenenalter und zäh-len auch zu den häufigsten Todesursachen. Unter dem Begriff werden Erkrankungen zusammengefasst, deren Gemeinsamkeit eine Durchblutungsstörung von Teilen des Gehirns ist, hervorgerufen durch eine Hirn-blutung oder – deutlich häufiger – durch einen Gefäßverschluss, ausgelöst durch ein Blutgerinnsel. Je nachdem, welcher Bereich des Gehirns betroffen ist, führt dies inner-

halb kürzester Zeit zu neurologischen Ausfäl-len: Lähmungen, Gefühlsstörungen, Sprach-, Seh- oder Gleichgewichtsstörungen bis hin zu Bewusstlosigkeit können die Folge sein, es besteht Lebensgefahr. Im Gegensatz zu einem Herzinfarkt ist ein Schlaganfall oft nicht mit Schmerzen verbunden. Dennoch ist auch hier höchste Eile geboten und bei Ver-dacht sofort der Notarzt zu rufen. Je früher mit der Behandlung begonnen wird, desto größer sind die Chancen, dass nur wenige Schäden zurückbleiben („time is brain“).

SCHLAGANFALL: WIE HOCH IST DAS PERSÖNLICHE RISIKO?

Die Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe hat einen Online-Test entwickelt, in dem anhand von 13 Fragen das eigene Schlaganfall-Risiko innerhalb weniger Minuten ermittelt wer-den kann. Der Test ist kostenlos und frei zugänglich unter

www.schlaganfall-test.de

Auch hier gilt: Das Ergebnis gibt eine Orientierung anhand statistischer Vergleichs werte, eine ärztliche Beratung kann es nicht ersetzen.

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Die Krankenhausstatistik weist für das Jahr 2015 in Bayern rund 36.000 Schlaganfälle (ICD I60–I64) bei Menschen ab 65 Jahren aus.

Dies entspricht 1.392 Fällen pro 100.000 Ein-wohnern (1,4 Prozent der Bevölkerung ab 65 Jahren).

Schlaganfall, Krankenhausfälle, ab 65 Jahren, Bayern 2015

Schlaganfall Männer Frauen

Altersgruppen Anzahl je 100.000 Anzahl je 100.00065 bis 74 6.082 1.016 4.070 62075 bis 84 8.374 1.960 8.351 1.48485 oder mehr 2.860 2.819 6.052 2.697

Datenquelle: Statistisches Bundesamt, Krankenhausstatistik

DAS ERLANGER SCHLAGANFALL-REGISTER

Als in den 1990er Jahren in Deutschland die ersten Stroke Units zur Akutbehandlung von Schlaganfällen eingerichtet wurden, gab es noch keine belastbaren Angaben über die Gesamtzahl der zu versorgenden Patienten. Dies war die Geburtsstunde des Erlan-ger Schlaganfall-Registers. Mit einer staatlichen Anschubfinanzierung nahm es am 1. April 1994 seine Arbeit auf und ist heute nicht nur eines der größten bevölkerungsba-sierten Schlaganfall-Register, sondern mit einer Datenerhebung über derzeit 23 Jahre (1994–2017) auch eines der ältesten Register weltweit. Die hier zusammengetragenen und ausgewerteten Daten gehen in die Weiterentwicklung von Prävention und Behand-lung von Schlaganfällen und die Versorgungsplanung ein.22

Wie beim Herzinfarkt steigt auch die Wahr-scheinlichkeit für einen Schlaganfall mit dem Alter an: Während es in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen in Bayern im Jahr 2015 lediglich 359 Krankenhausfälle je 100.000 Einwohnern infolge von Schlaganfällen gab, lag die Fall-zahl bei Menschen ab 85 Jahren fast achtmal so hoch (2.735 Fälle pro 100.000 Einwohner). Männer sind vor allem in jüngeren Jahren etwas häufiger betroffen als Frauen. Im zeitli-chen Verlauf zwischen 2006 und 2015 sind die Fallzahlen bei den 65-Jährigen und Älteren in Bayern weitgehend stabil. Dies entspricht der bundesweiten Entwicklung.

Die Versorgung eines Schlaganfalls erfolgt notfallmäßig im Krankenhaus. Ziel ist es, die lebensbedrohliche Situation des Patienten zu stabilisieren und die Durchblutung der betroffenen Bereiche des Gehirns schnellst-möglich wieder herzustellen. Im Anschluss an den Krankenhausaufenthalt erfolgt oft-mals eine Rehabilitation, um das Risiko für nachfolgende Pflegebedürftigkeit und Sterb-lichkeit zu senken. Im Jahr 2015 waren in Bayern rund 7.500 Menschen ab 65 Jahren mit der Diagnose Schlaganfall in einer Reha-Einrichtung.

22 Das Erlanger Schlaganfall Register – ESPro. Ein regionales, bevölkerungs-basiertes Register für umfassende und repräsentative Informationen zur Epidemiologie, Prognose und Kosten der Volkskrankheit Schlaganfall; www.izph.fau.de/projekte/erlanger-schlaganfall-register/.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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VERSORGUNG BEI SCHLAGANFALL

Stroke Units: Spezialisierte Organisationseinheiten in überregionalen Zentren

Für die intensivmedizinische Erstbehandlung von Schlaganfallpatienten gibt es heute in großen Kliniken speziell dafür eingerichtete Bereiche. Die nach angelsächsischem Vor-bild „Stroke Units“ genannten Stationen haben alle Voraussetzungen, um Betroffene bestmöglich zu versorgen – mit interdisziplinären Behandlungsteams, standardisierten Behandlungsabläufen und einem stringenten Qualitätsmanagement.

Notfallversorgung über telemedizinische Netzwerke

Um eine optimale Versorgung auch abseits der überregionalen Zentren zu ermöglichen und Schlaganfallpatienten im Notfall lange Transportwege zu ersparen, setzt der Frei-staat in der akutstationären Schlaganfallversorgung auf telemedizinbasierte Netzwerk-strukturen. In ganz Bayern wurden im Rahmen der Krankenhausplanung telemedizini-sche Schlaganfall-Netzwerke eingerichtet, wodurch Patienten auch in regionalen Klini-ken ohne überregionale Stroke Unit qualifiziert versorgt werden können. Im Netzwerk zur Schlaganfallversorgung mit Telemedizin in Nordbayern (STENO) beispielsweise sind 18 Kooperationskliniken im Wesentlichen aus Mittel- und Oberfranken mit den drei überregionalen Zentren in Erlangen, Nürnberg und Bayreuth verbunden. Weitere Bei-spiele sind das Telemedizinische Projekt zur integrierten Schlaganfallversorgung in der Region Süd-Ost-Bayern (TEMPIS), das Neurovaskuläre Versorgungsnetzwerk Südwest-bayern (NEVAS) im südwestlichen Oberbayern und Schwaben sowie das Transregio-nale Netzwerk für Schlaganfallintervention mit Telemedizin (TRANSIT-Stroke), das im Wesentlichen Unterfranken abdeckt. Sie alle leisten einen wichtigen Beitrag zur Verbes-serung der Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum.

Unterstützung für Betroffene und Angehörige

Nach einem Schlaganfall ziehen sich Betroffene oftmals in die Isolation zurück. Der Bayerische Verband Schlaganfallbetroffener e. V. will ihnen und ihren pflegenden Ange-hörigen durch gemeinsame Treffen, Gespräche und Veranstaltungen Mut machen, wie-der in die Öffentlichkeit zu gehen. Er unterstützt mit Information, Beratung und in Selbst-hilfegruppen.

Bayerischer Verband Schlaganfallbetroffener e. V.Leopoldstraße 153, 80804 MünchenTelefon 089 330 35 30-0www.schlaganfall-in-bayern.de

Als Anlaufstelle vor Ort stehen auch regionale Schlaganfallbüros der Stiftung Deutsche Schlaganfall-Hilfe offen, in Bayern unter anderem in Ingolstadt, Deggendorf, München, Würzburg und Landshut. Ein Verzeichnis findet sich unter www.schlaganfall-hilfe.de, Stichwort „Regionales Netzwerk“

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3.2 Krebserkrankungen

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• 11 Prozent aller ambulant behandelten Männer und Frauen in der Altersgruppe65 Jahre und älter hatten im Jahr 2015 eine Krebsdiagnose.

•Mehr als 60 Prozent aller Krebsneuerkrankungen betrafen im Jahr 2014Menschen in der Altersgruppe 65 Jahre und älter.

•BeiFrauenistBrustkrebs,beiMännernProstatakrebsdiehäufigsteKrebserkrankung.An zweiter Stelle steht bei beiden Geschlechtern Darmkrebs, gefolgt von Lungenkrebs.

•DieZahlderKrebs-NeuerkrankungenbeiälterenMenschenlag2014etwasniedrigerals 2006. Angestiegen ist sie jedoch bei Lungenkrebs, bedingt durch die Zunahme der Fälle bei Frauen.

•DurchdenmedizinischenFortschrittsinddieChancen,eineKrebserkrankunggutzuüberstehen, deutlich gestiegen: Heute überleben rund 60 Prozent aller Krebspatienten in Deutschland die Erkrankung um mindestens zehn Jahre. Die Überlebensraten sind jedoch je nach Art des Tumors sehr unterschiedlich.

Unter dem Begriff „Krebs“ wird eine Vielzahl bösartiger Neubildungen von Körperzellen zusammengefasst, die in jedem Gewebe oder Organ des Körpers entstehen können. Neben einer erblichen Veranlagung spielen dabei Risikofaktoren wie Tabak- und Alkoholkonsum, unausgewogene Ernährung, Übergewicht und Bewegungsmangel, aber auch krebserzeu-gende Stoffe in der Umwelt, Strahlenbelastun-gen oder bestimmte Infektionen eine wichtige Rolle.

Den Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zufolge hatten in Bayern im Jahr 2015 rund 11 Prozent der ab 65-Jähri-gen eine Krebsdiagnose (ICD C00–C97, ohne C44), das waren 233.679 Personen.

Das bayerische Krebsregister verzeichnet für 2014 in der Altersgruppe 65 Jahre und älter insgesamt 40.512 Neuerkrankungen

(22.444 Männer und 18.066 Frauen), dies ent-spricht etwa 60 Prozent aller Neuerkrankun-gen.23 Im Jahr 2006 waren es noch rund 5.000 Fälle mehr gewesen, allerdings stehen die Zahlen für 2014 bisher nicht abschließend fest; es wird noch mit einigen Nachmeldungen gerechnet.

Die häufigsten Krebserkrankungen in Bayern – wie auch deutschlandweit – sind bei Frauen Brustkrebs, gefolgt von Darm- und Lungen-krebs. Bei Männern tritt am häufigsten Prosta-takrebs auf, an zweiter und dritter Stelle folgen Darm- und Lungenkrebs.24

23 Zugrunde gelegt wurde die Zahl der bösartigen Tumoren ohne sonstige Hauttumoren (ICD-Ziffern C00–C43,C45–C97,D09.0,D41.4).

24 Jahresbericht 2014 des bevölkerungsbezogenen Krebsregisters Bayern. Krebs in Bayern in den Jahren 2011 und 2012.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Anteil der Frauen ab 65 Jahren mit einer ambulanten Diagnose Brustkrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs, Bayern 2015, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

Anteil der Männer ab 65 Jahren mit einer ambulanten Diagnose Prostatakrebs, Darmkrebs und Lungenkrebs, Bayern 2015, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

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BrustkrebsDer Begriff Brustkrebs (Mammakarzinom; ICD C50) bezeichnet eine bösartige Gewebs-neubildung der Brust. Während Männer ext-rem selten daran erkranken (ein Prozent aller Betroffenen), ist Brustkrebs bei Frauen die häufigste Krebserkrankung, in Bayern wie bundesweit. Statistisch gesehen erkrankt in Deutschland etwa jede achte Frau im Laufe ihres Lebens daran.

Warum Brustkrebs entsteht, ist in der Mehr-zahl der Fälle nicht bekannt. Ein vergleichs-weise kleiner Teil der Patientinnen hat eine erbliche Veranlagung; als weitere Risikofak-toren gelten Übergewicht, oft verbunden mit fettreicher Ernährung und Bewegungs-mangel, Rauchen und übermäßiger Alkohol-konsum. Auch hormonelle Einflüsse, der Zeitpunkt der ersten Regelblutung und der Beginn der Wechseljahre beeinflussen das Erkrankungsrisiko.

In Bayern lebten im Jahr 2015 nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung 68.570 Frauen über 65 Jahren mit der Diag-nose Brustkrebs, dies entspricht 5,2 Prozent aller Frauen dieser Altersgruppe. Unter-gliedert man die Altersstufen weiter, so ist die Diagnose Brustkrebs bei den 65- bis 74-Jährigen mit 5,6 Prozent und den 75- bis 84-Jährigen mit 5,4 Prozent etwas höher als bei Frauen ab 85 Jahren (3,8 Prozent).

Neuerkrankungen an Brustkrebs betrafen dem Krebsregister zufolge im Jahr 2014 in Bayern 4.793 Frauen im Alter von 65 Jahren und mehr. Das ist knapp die Hälfte aller Neuerkrankungen an Brustkrebs insgesamt. 2006 hatte die Zahl um rund 300 Fälle höher gelegen.

FRÜHERKENNUNG VON BRUSTKREBS: DAS MAMMOGRAPHIE-SCREENING

Wird Brustkrebs in einem frühen Stadium entdeckt, sind die Heilungschancen besser und schonendere Behandlungen möglich. Daher werden bundesweit alle Frauen im Alter zwischen 50 und 69 Jahren im Turnus von zwei Jahren persönlich zum Mammo-graphie-Screening eingeladen, einer Röntgen-Untersuchung der Brust. Die Kosten für diese Untersuchungen tragen die Krankenkassen, durchgeführt werden sie in Mammo-graphie-Zentren (Screening-Einheiten), die von speziell ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten geleitet werden. In vier ländlichen Regionen Bayerns gibt es auch mobile Screening-Einheiten („Mammobile“), die verschiedene Orte anfahren.

Wie bei allen Früherkennungsuntersuchungen gilt es auch beim Mammographie- Screening, Nutzen und Risiken, zum Beispiel die Möglichkeit eines falschen Verdachts mit unnötigen Folgeuntersuchungen, abzuwägen. Jede Frau sollte für sich eine infor-mierte Entscheidung über die Teilnahme treffen. Unterstützung dafür bieten die Daten und Fakten, die von der Kooperationsgemeinschaft Mammographie zusammen gestellt wurden: www.mammo-programm.de.

Über das Vorsorgeangebot im Freistaat informiert die Zentrale Stelle Mammographie- Screening Bayern: www.zentralestelle-bayern.deService-Telefon 089 57 09 34 02 00

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ProstatakrebsProstatakrebs, eine bösartige Neubildung im Gewebe der Vorsteherdrüse, ist die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Bisher ist nicht sicher bekannt, was sie auslöst. Fest steht jedoch, dass das Krebsrisiko mit zuneh-mendem Alter sowie bei der Erkrankung naher Verwandter wie Vater oder Bruder steigt. Auch hormonelle Faktoren sowie der Lebensstil allgemein scheinen einen Einfluss zu haben.

Den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung zufolge lebten in Bayern im Jahr 2015 insge-samt 71.951 Männer ab 65 Jahren mit der Diagnose Prostatakrebs, das sind 8,2 Prozent

aller Männer dieser Altersgruppe. Mit stei-gendem Alter nimmt die Erkrankungsrate zu. Während bei den 65- bis 74-Jährigen 5,8 Pro-zent aller Männer betroffen sind, sind es in der Gruppe der über 85-Jährigen rund dop-pelt so viele (11,9 Prozent).

Neu an Prostatakrebs erkrankten in Bayern dem Krebsregister zufolge im Jahr 2014 ins-gesamt 5.861 Männer im Alter von 65 Jahren und darüber, dies entspricht ca. 75 Prozent aller Neuerkrankungen an Prostatakrebs. Hier ist die Zahl der gemeldeten Neuerkran-kungen gegenüber dem Jahr 2006 deutlich zurückgegangen, um ca. 1.600 Fälle.

FRÜHERKENNUNG VON PROSTATAKREBS

Für Prostatakrebs gibt es eine gute Chance auf Heilung, wenn die Erkrankung noch auf das Organ begrenzt ist, der Krebs also noch nicht in die Umgebung hineingewachsen ist oder Absiedlungen an anderen Körperstellen gebildet hat. Die Krebsfrüherkennung, auf die alle Männer ab 45 Jahren in Deutschland einmal jährlich Anspruch haben, ist des-halb besonders wichtig. Nach den Richtlinien zur gesetzlichen Krebsfrüherkennung gehören dazu eine Untersuchung der Geschlechtsorgane und der Lymphknoten in der Leiste sowie eine Tastuntersuchung der Prostata (digital-rektale Untersuchung). Allge-meinmediziner und hausärztlich tätige Internisten führen die Vorsorgeuntersuchung entweder selbst durch oder überweisen zu einem Urologen. Die Krankenkassen tragen die Kosten für ihre Versicherten.

Der sogenannte PSA-Test, die Bestimmung des prostataspezifischen Antigens im Blut, gehört bei der Früherkennung nicht zum Leistungsumfang der Gesetzlichen Kranken-versicherung. In bestimmten Situationen kann eine Bestimmung jedoch sinnvoll sein. Dies sollte individuell mit dem Arzt besprochen werden, um eine informierte Entschei-dung zu treffen. Fragen zur Früherkennung von Prostatakrebs beantwortet auch der Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg.

KrebsinformationsdienstTelefon 0800 420 30 40 (Anrufe sind kostenfrei)www.krebsinformationsdienst.de, Stichwort „Prostatakrebs“

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DarmkrebsDarmkrebs ist eine bösartige Veränderung der Schleimhaut des Darms (ICD C18–C21). Bedeutsame Risikofaktoren für die Erkran-kung sind unter anderem Tabakkonsum, Bewegungsmangel und Übergewicht sowie eine ballaststoffarme Ernährung und der häufige Konsum von rotem Fleisch. Daneben gehen Fachleute davon aus, dass in 20 bis 25 Prozent der Fälle familiäre Häufungen vor-liegen.

Darmkrebs ist in Bayern bei Frauen wie Män-nern die zweithäufigste Krebserkrankung. Im Jahr 2015 hatten der Kassenärztlichen Ver-einigung Bayerns zufolge 23.175 Männer (2,5 Prozent) und 19.758 Frauen (1,5 Prozent) die Diagnose Darmkrebs. Mit zunehmendem Alter steigt auch die Wahrscheinlichkeit für Darmkrebs an: In der Gruppe der 65- bis

74-Jährigen ist eine von 100 Frauen von Darmkrebs betroffen, bei den 85-Jährigen und Älteren sind es zwei von 100 Frauen. Bei den Männern liegen die Zahlen etwas höher: hier haben bereits zwei von 100 Männern in der Gruppe der 65- bis 74-Jährigen die Dia-gnose Darmkrebs, in der Gruppe der 85-Jäh-rigen und Älteren sind es drei bis vier von 100 Männern. Diese höheren Zahlen bei Männern werden teilweise auf die Ernährung sowie den höheren Tabak- und Alkohol-konsum zurückgeführt.

Im Jahr 2014 erkrankten dem Krebsregister zufolge in Bayern 3.301 Männer und 2.639 Frauen ab 65 Jahren neu an Darm-krebs, dies sind rund 1.600 Fälle weniger als 2006. Insgesamt entfallen damit ca. 70 Pro-zent aller Darmkrebsfälle auf ältere Men-schen.

FRÜHERKENNUNG VON DARMKREBS

Nach den Richtlinien zur gesetzlichen Krebsfrüherkennung haben Männer und Frauen in Deutschland ab dem Alter von 50 Jahren Anspruch auf Maßnahmen zur Darmkrebs-früherkennung, deren Kosten die Krankenversicherungen tragen. Einmal jährlich – ab dem Alter von 55 Jahren als Alternative zur Darmspiegelung alle zwei Jahre – sollte ein Test auf Blut im Stuhl erfolgen, bei dem eine kleine Stuhlprobe auf nicht sichtbares (okkultes) Blut untersucht wird. Die größte Sicherheit bietet eine Darmspiegelung (Koloskopie), die ab dem Alter von 55 Jahren maximal zwei Mal im Abstand innerhalb von zehn Jahren empfohlen wird. Denn bei dieser Untersuchung können Polypen, aus denen sich Krebs entwickeln kann, beseitigt werden.

Eine ganz besondere Bedeutung kommt der Krebsfrüherkennung zu, wenn in der nahen Verwandtschaft bereits Darmkrebs aufgetreten ist. Patienten mit einem familiär beding-ten Darmkrebsrisiko sollten sich unabhängig vom Alter beim Arzt über geeignete Vor-sorgemaßnahmen beraten lassen.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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VORSORGE RETTET LEBEN: BAYERN GEGEN DARMKREBS

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat gemeinsam mit verschiedenen Partnern die Information „Bayern gegen Darmkrebs“ mit Hinweisen zur Vorsorge herausgegeben, kosten frei zu beziehen unter:www.bestellen.bayern.de

Bisher nehmen noch längst nicht alle Männer und Frauen, die anspruchsberechtigt wären, die Darmkrebsfrüherkennung in An-spruch. Ob die Teilnahmerate durch persönliche Einladung und Bera-tung gesteigert werden kann, erprobt die Techniker Krankenkasse gemeinsam mit der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) in einem Pilotprojekt. Die wissenschaftliche Begleitung dieses Projekts

wird unterstützt durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege im Rahmen der Initiative Gesund.Leben.Bayern.

Eine breit angelegte Aufklärungskampagne zur Stärkung der Darmkrebsfrüherkennung hat die Felix Burda-Stiftung ins Leben gerufen, Partner im Bündnis für Prävention in Bayern. Seit 2001 wirbt sie auf verschiedenen Wegen dafür, dass möglichst viele Men-schen die Vorsorgeangebote in Anspruch nehmen.www.felix-burda-stiftung.de

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pflege

Vorsorge rettet Leben.Machen Sie mit!

Bayern gegenDarmkrebs

Gesund.Leben.Bayern.

www.stmgp.bayern.de

LungenkrebsDie Diagnose „Lungenkrebs“ umfasst bösar-tige Geschwüre von Lunge, Bronchien und Luftröhre (ICD C33–C34). Der mit Abstand wichtigste Risikofaktor für Lungenkrebs ist das Rauchen. Auch Umweltbelastungen wie Feinstaub, Asbest, Passivrauch oder Radon, erhöhen das Erkrankungsrisiko.

Lungenkrebs ist in Bayern wie auch bundes-weit bei Frauen und Männern die dritthäu-figste Krebserkrankung. Im Jahr 2015 lag den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bay-erns zufolge bei 7.733 Männern (0,8 Prozent) und 4.941 Frauen (0,4 Prozent) ab 65 Jahren die Diagnose Lungenkrebs vor. Männer sind doppelt so häufig betroffen wie Frauen, was vor allem auf die höhere Raucherquote bei Männern zurückgeführt wird. Auch die Zahl der Sterbefälle ist bei Männern höher.

Im Jahr 2014 hat das Krebsregister in Bayern bei 2.555 Männern und 1.380 Frauen ab 65 Jahren eine neue Krebserkrankung von Lunge, Bronchien und Luftröhre dokumen-tiert. Auf die Älteren entfielen damit zwei Drittel aller Neuerkrankungen an Lungen-krebs.

In den letzten Jahren geht die Zahl der Neuer-krankungen an Lungenkrebs bei den Män-nern leicht zurück, während sie bei den Frauen etwas zugenommen hat, Gleiches gilt für die Sterberaten – eine Entwicklung, die auch bundesweit und in vielen anderen ent-wickelten Staaten zu beobachten ist. Die Ursache sind geschlechtsspezifische Ände-rungen im Rauchverhalten bis etwa zur Jahr-tausendwende. Bei den Männern ging die Häufigkeit des Rauchens bereits früher zurück als bei den Frauen.

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HILFE BEI KREBS FÜR BETROFFENE UND IHRE ANGEHÖRIGEN

Eine Krebserkrankung wirft viele Fragen auf. Nicht jede kann und mag man im Arztge-spräch klären, oft ergeben sie sich auch erst im Lauf der Zeit. Die Bayerische Krebs-gesellschaft unterstützt Betroffene und ihre Angehörigen im Umgang mit der Krankheit durch Information und Beratung, Selbsthilfegruppen, Foren und Veranstaltungen. In den psychosozialen Krebsberatungsstellen und in Außensprechstunden bieten qualifi-zierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fachliche wie seelische Unterstützung und infor-mieren bei sozialrechtlichen Fragen, vertraulich und kostenfrei. Das Bayerische Staats-ministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration und die bayerischen Bezirke fördern dieses Beratungsangebot seit vielen Jahren im Rahmen der Offenen Behinder-tenarbeit.

Bei der Suche nach der nächstgelegenen Beratungsstelle hilft die Landesgeschäfts-stelle der Bayerischen Krebsgesellschaft in München weiter. Auch eine telefonische Beratung ist möglich.

Bayerische Krebsgesellschaft e. V.Nymphenburger Straße 21a, 80335 München Telefon 089 54 88 40-0www.bayerische-krebsgesellschaft.de

Krebserkrankungen gehören zu den häufigs-ten Todesursachen in Bayern wie auch bun-desweit. Es ist eine positive Nachricht, dass aufgrund eines gesundheitsbewussteren Lebensstils vieler Menschen und besserer Möglichkeiten zur Früherkennung mit einem Rückgang der Neuerkrankungsraten bei den meisten Krebsarten zu rechnen ist, die modernen Therapieverfahren lassen auch eine Senkung der Sterberaten erwarten. Dennoch wird die absolute Zahl an Krebs-erkrankungen in Zukunft ansteigen. Grund dafür ist die demografische Entwicklung: Das Risiko für eine Krebserkrankung steigt mit dem Alter und die Zahl alter und hochaltriger Menschen wird in den kommenden Jahren weiter zunehmen.

Verschiedene Risikofaktoren für Krebs sind heute gut bekannt und erforscht. Aber nur bei einem Teil von ihnen haben wir es selbst in der Hand, sie zu vermeiden. Dazu zählen vor allem das Rauchen, Übergewicht, Bewe-gungsmangel und Alkoholkonsum. Schät-zungen zufolge könnten weltweit 30 bis 50 Prozent der Krebserkrankungen durch eine Verringerung dieser Risikofaktoren sowie die Nutzung präventiver Maßnahmen wie Früherkennungsuntersuchungen vermie-den werden.25 In der Umwelt kann eine Ver-ringerung der Feinstaubbelastung das Erkrankungsrisiko senken.

25 World Health Organization (2017): Cancer Fact Sheet Nr. 297 www.who.int/mediacentre/factsheets/fs297/en/ (Stand: 27.04.2017).

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ERSTER BAYERISCHER KREBSBERICHT VORSORGE – BEHANDLUNG – NACHSORGE

Weitergehende Informationen rund um das Thema sind im Bayeri-schen Krebsbericht zusammengestellt, den das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege 2013 im Rahmen der Jahreskampagne Aktiv gegen Krebs herausgegeben hat. Der Bericht ist online ver-fügbar unter www.lgl.bayern.de/gesundheit/gesundheitsberichterstattung/themen/index.htm#krebs

Informationen zur Krebsvorbeugung stehen zudem auf der Web-site www.stmgp.bayern.de/vorsorge/krebs/ bereit.

ERSTER BAYERISCHER

KREBSBERICHT

VORSORGE BEHANDLUNG

NACHSORGE

www.aktiv-gegen-krebs.bayern.de

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Bayerisches Staatsministerium fürUmwelt und Gesundheit

3.3 Muskel-Skelett-Erkrankungen

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DreivonvierinBayernlebendeMenschenab65JahrenhabeneineMuskel-Skelett-Erkrankung.

• Im Verlauf der letzten zehn Jahre ist die Zahl ältererMenschenmit einerMuskel- Skelett-Erkrankung angestiegen.

•Frauen ab 65 Jahren leiden fünfmal häufiger als gleichaltrige Männer an Osteoporose und doppelt so häufig an einer Arthritis. Bei der Arthrose sind die Unterschiede gerin-ger, auch wenn hier ebenfalls Frauen häufiger betroffen sind.

Erkrankungen des Muskel- und Skelettsystems (ICD M00–M99) gehören neben Herz-Kreis-lauf-Erkrankungen, Krebs und Diabetes melli-tus bundesweit zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Sie sind die Hauptursache für chronische Schmerzen, körperliche Funktions-beeinträchtigungen und für Einbußen in der Lebensqualität – nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit. Im höheren Alter sind unter den Muskel-Skelett-Erkrankungen vor allem Arthrose, Arthritis und Osteoporose von besonderer Bedeutung.

In Bayern wurde im Jahr 2015 die Diagnose einer muskuloskelettalen Erkrankung bei drei von vier Personen ab 65 Jahren gestellt. Frauen sind mit einer Erkrankungsrate von 78,2 Prozent häufiger betroffen als Männer (70,6 Prozent), was sich mit bundesweiten Daten deckt. Die höchsten Erkrankungsraten finden sich in der Gruppe der 75- bis 84-Jäh-rigen mit 80,3 Prozent der Frauen und 72,2 Prozent der Männer.

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Anzahl und Anteil der Personen ab 65 Jahren mit der Diagnose Muskel-Skelett-Erkrankung nach Alter und Geschlecht, Bayern 2015

Insgesamt Frauen MännerAltersgruppen Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil65 bis 74 738.806 73,4 % 426.927 76,2 % 311.877 69,6 %75 bis 84 683.336 77,0 % 419.644 80,3 % 263.692 72,2 %85 oder mehr 253.778 76,0 % 183.403 78,2 % 70.375 70,7 %

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

Im Zeitverlauf ist ein Anstieg der Erkran-kungsraten von Muskel-Skelett-Erkrankun-gen zu beobachten, nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit, insbesondere in Län-dern mit hohen Einkommen. Als Ursachen werden unter anderem Bewegungsmangel,

Übergewicht sowie die Alterung der Gesell-schaft diskutiert. In Bayern erhöhte sich der Anteil an Personen ab 65 Jahren mit einer Muskel-Skelett-Erkrankung zwischen 2006 und 2015 bei Frauen um 2,5 Prozent, bei Männern um 3,8 Prozent.

Anteil an Personen ab 65 Jahren mit Diagnose Muskel-Skelett-Erkrankung von 2006 bis 2015 in Bayern, altersstandardisiert, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

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Anteil an Personen ab 65 Jahren mit Diagnose Arthrose, Osteoporose und Arthritis nach Alter und Geschlecht, Bayern 2015

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

Schmerzen und Beeinträchtigungen in der Beweglichkeit aufgrund von Muskel- Skelett-Erkrankungen können die selbstständige Lebensführung teilweise erheblich ein-schränken. Da diese Erkrankungen vermehrt im höheren Lebensalter auftreten, ist an -gesichts des demografischen Wandels in Zukunft mit einer Zunahme zu rechnen.

Bewegungsmangel und Übergewicht be-günstigen die Entstehung von Muskel- Skelett- Erkrankungen, sodass zur Vorbeu-gung eine gesunde und ausgewogene Ernäh-rung, die Verringerung von Übergewicht und gelenkschonende Sportarten wie beispiels-weise Radfahren, Schwimmen oder Wandern empfohlen werden.

SCHMERZEN BEI MUSKEL-SKELETT-ERKRANKUNGEN

Viele Patientinnen und -patienten mit Muskel-Skelett-Erkrankungen leiden an Schmerzen, zum Beispiel an Wirbelsäule oder Gelenken. Nicht selten ist der Schmerz dauerhaft, also chronisch. Die Deutsche Schmerzliga e. V. bietet für Betroffene ein vielfältiges Informa-tionsangebot mit Tipps zu Arthrose-, Rheuma-, Tumor- und Rückenschmerzen. Am Schmerztelefon gibt es auch persönlichen Rat.www.schmerzliga.de

Schmerztelefon: Telefon 069 13 82 80 22 (montags, mittwochs, freitags von 9:00 – 11:00 Uhr)Telefon 06201 604 94 15 (montags von 18:00 – 20:00 Uhr)

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ArthroseArthrose (ICD M15–M19) ist die häufigste Gelenkerkrankung bei Erwachsenen. Im All-tagsgebrauch wird oft von Gelenkverschleiß gesprochen, denn es handelt sich um eine degenerative Gelenkerkrankung, bei der der Gelenkknorpel langsam abgebaut wird. Dadurch können Schmerzen, Einbußen in der Beweglichkeit und Beeinträchtigungen ent-stehen, zunächst nur gelegentlich und bei Belastung, bei Fortschreiten der Krankheit auch nachts und im Ruhezustand.

Laut der vom Robert Koch-Institut durchge-führten Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) wurde bei einem Fünftel der Menschen zwischen 18 und 79 Jahren jemals eine Arthrose diagnosti-ziert, das entspricht etwa 12,4 Millionen Men-schen. Auf Bayern übertragen wären dies rund zwei Millionen Betroffene. In der Alters-gruppe 65 und älter wurde die Diagnose „Arthrose“ den Daten der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zufolge im Jahr 2015 bei 929.192 Personen gestellt, dies entspricht 41,8 Prozent dieser Altersgruppe. Zum Ver-gleich: Unter den 55- bis 64-Jährigen lag die Quote bei lediglich 28,2 Prozent.

Mit dem höheren Alter nimmt die Zahl der Diagnose „Arthrose“ zu, von 37,6 Prozent bei den 65- bis 74-Jährigen auf 45,0 Prozent bei den 75- bis 85-Jährigen und 45,9 Prozent bei Menschen über 85 Jahre. Frauen sind dabei häufiger betroffen (45,6 Prozent) als Männer (35,9 Prozent).

Insgesamt sind Arthrose-Erkrankungen im vergangenen Jahrzehnt (2006–2015) häufiger geworden, der Anstieg beträgt bei Frauen 3,5 Prozent, bei Männern 3,8 Prozent. Be -trachtet man näher, welche Gelenke dabei besonders betroffen sind, zeigt sich, dass dies bei mehr als der Hälfte der Menschen im Alter von über 65 Jahren das Kniegelenk ist

(56,2 Prozent aller Fälle). Eine Arthrose im Hüftgelenk wurde bei 35,6 Prozent diagnosti-ziert. Bei fast jedem Fünften (18,2 Prozent) sind mehrere Gelenke gleichzeitig betroffen (Polyarthrose).

ArthritisIm Gegensatz zur Arthrose handelt es sich bei Arthritis nicht um einen Gelenkverschleiß, sondern um eine entzündliche Gelenkerkran-kung, die meist schubweise auftritt. Sie kann allerdings im Verlauf die Entstehung einer Arthrose fördern. Die Altersgruppe 65 Jahre und älter ist stärker betroffen als jüngere Menschen. Die am häufigsten vorkommende Form der entzündlichen Gelenkerkrankungen ist die rheumatoide Arthritis (ICD M05– M06), umgangssprachlich oft auch Rheuma genannt. Es handelt sich um eine Autoimmun-erkrankung, bei der sich das Immunsystem gegen Strukturen des eigenen Körpers rich-tet. Charakteristisch sind Gelenkschwellun-gen, Schmerzen und Bewegungseinschrän-kungen. Bundesweit sind laut der DEGS1-Stu-die 2,5 Prozent aller 18- bis 79-Jährigen von einer rheumatoiden Arthritis betroffen, was ungefähr 1,6 Millionen Menschen entspricht.

Unter den älteren Menschen in Bayern hat-ten den Abrechnungsdaten der Kassenärztli-chen Vereinigung zufolge im Jahr 2015 insge-samt 76.855 Personen ab 65 Jahren eine rheumatoide Arthritis (3,5 Prozent dieser Altersgruppe); die Häufigkeit steigt mit zu-nehmendem Alter jedoch nicht weiter an. Frauen sind mit einer Erkrankungsrate von 4,2 Prozent fast doppelt so häufig betroffen wie Männer im gleichen Alter mit 2,3 Prozent.

Im zeitlichen Verlauf zeigt sich wie bei der Arthrose auch bei Arthritis insgesamt ein leichter Anstieg der Häufigkeit zwischen 2006 und 2015 um 1,0 Prozent bei Frauen und 0,6 Prozent bei Männern.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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HILFE VOR ORT: RHEUMAZENTREN

Die Arbeitsgemeinschaft der Regionalen Kooperativen Rheumazentren (AGRZ) in der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie ist ein Netzwerk, das sich die gute Versor-gung Rheumakranker zum Ziel gesetzt hat. Die Rheumazentren sind jeweils um eine Universitätsklinik gruppiert und umfassen rheumatologische Krankenhäuser, Rehabili-tationskliniken und niedergelassene Rheumatologen der Region. Sie sind Ansprech-partner und Anlaufstelle für Betroffene und arbeiten eng mit Hausärzten, Internisten, Orthopäden, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten, Psychologen und Selbsthilfegrup-pen zusammen. Im Kompetenznetz Rheuma sind die Zentren untereinander und mit den Institutionen in Klinik und Forschung verknüpft.

In Bayern gibt es Rheumazentren in Würzburg, Erlangen, Regensburg/Bad Abbach und München; eine Übersicht ist abrufbar unter https://dgrh.de/Start/Versorgung/Landkarte-der-Rheumazentren.html

„GEMEINSCHAFT, DIE BEWEGT“

Aufklärung und Informationen zu rheumatischen Erkrankungen sowie Unterstützung für Betroffene und ihre Angehörigen hat sich der Landesverband Bayern e. V. der Deutschen Rheumaliga zur Aufgabe gemacht, ein Mitglied im Bündnis für Prävention in Bayern. Insgesamt 97 Arbeitsgemeinschaften bieten mit Hilfe von mehr als 900 Ehren-amtlichen eine wohnortnahe Beratung und Betreuung, zum Beispiel mit den bei rheu-matischen Erkrankungen so wichtigen Bewegungsangeboten.

Deutsche Rheuma-Liga, Landesverband Bayern e. V.Fürstenrieder Straße 90, 80686 MünchenTelefon 089 589 88 56 80, www.rheuma-liga-bayern.de

OsteoporoseOsteoporose ist eine systemische Er- krankung des Skeletts, die gekennzeichnet ist durch einen Abbau der Knochenmasse und eine Verschlechterung der Knochen-struktur. Dabei nimmt die Bruchfestigkeit des Knochens ab, sodass es leichter zu Knochen brüchen kommt, vor allem im Bereich von Hüfte bzw. Oberschenkel, Rückenwirbeln oder Handgelenk. Die Häufig-keit von Osteoporose nimmt mit dem Alter deutlich zu, bei Frauen wie bei Männern. Frauen sind jedoch deutlich häufiger betrof-fen. Ein Grund dafür liegt in der Abnahme des knochenschützenden Hormons Östrogen in den Wechsel jahren. Daten der GEDA-

Studie zufolge berichteten im Jahr 2014/15 in Deutschland rund 24 Prozent der Frauen im Alter von 65 Jahren oder älter die Diagnose „Osteo porose“, bei den gleichaltrigen Män-nern waren es etwa 6 Prozent.

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns verzeichnete 2015 bei 345.516 Personen ab 65 Jahren die Diagnose Osteoporose (ICD M80–M81), dies entspricht 15,5 Prozent der Altersgruppe. Auch hier zeigt sich der Geschlechtsunterschied deutlich: Während bei den Frauen mit 23,1 Prozent fast jede vierte Frau betroffen ist, sind es bei den Männern nur 4,6 Prozent.

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Betrachtet man die Häufigkeit von Osteo-porose in den unterschiedlichen Alters-gruppen der Senioren, zeigt sich, dass sich der Anteil Betroffener sowohl bei Frauen als auch bei Männern zwischen der Alters-gruppe 65 bis 74 Jahre und jener der 85-Jäh-rigen und Älteren verdoppelt. Bei den Männern vollzieht sich dieser Anstieg aller-dings auf insgesamt niedrigerem Niveau (von 3,3 auf 7,6 Prozent) als bei den Frauen (von 16,2 auf 32,3 Prozent).

Im Verlauf der vergangenen zehn Jahre (2006–2015) ist die Erkrankungsrate an Osteo-

porose bei Männern weitgehend stabil geblieben, während sie bei Frauen leicht um 1,5 Prozent angestiegen ist. Hier könnte eine Rolle spielen, dass sich der Stellenwert der Knochendichtemessung in der Osteo porose- Diagnostik in den letzten Jahren verändert hat und dadurch die Erkrankung häufiger festgestellt wird. Denn die Kosten für diese Untersuchung werden nun nicht mehr nur bei Verdacht auf einen osteoporose bedingten Knochenbruch, sondern auch im Falle medikamentöser Behandlungs ab sichten von der gesetzlichen Krankenversicherung über-nommen.

„STARKE KNOCHEN BAYERN“

Mit informativen Tipps und praktischen Anleitungen unterstützt das Bayerische Gesundheitsministerium die Vorbeugung von Osteoporose. Unter www.starke-knochen.bayern.de ist die Broschüre „Dem Knochenschwund vorbeugen!“ kostenfrei zu bestellen. Hier gibt es auch die sechs einfachen Gymnastik übungen aus der Broschüre zur Stärkung von Kraft, Gleich gewicht und Koordination als Videos zum Anschauen und Mit machen. Zusätz-lich ist der Informationsfilm „Dem Knochenschwund vorbeugen“ in Arabisch und Türkisch verfügbar.

Der Landesselbsthilfeverband für Osteoporose Bayern bietet Betroffenen und Angehörigen neben Informationen zur Erkrankung auch die Organisa-tion von Selbsthilfegruppen, Veranstaltungen zum Thema sowie Kontakt zu Ansprech-partnern vor Ort an. www.bayern.osteoporose-deutschland.de

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pflege

OsteoporoseDem Knochenschwund

aktiv vorbeugen!

www.starke-knochen.bayern.de

Gesund.Leben.Bayern.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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3.4 Unfälle und Stürze

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•WährendUnfälleinderGesamtbevölkerunginBayernnureinengeringenAnteilanallen Sterbefällen haben, gewinnen sie mit zunehmendem Alter erheblich an Gewicht.

• InBayernmusstenimJahr2015viervonzehnPersonenimAltervon85Jahrenoderälter ambulant ärztlich behandelt werden wegen einer Verletzung, Vergiftung oder infolge anderer äußerer Ursachen, die meist auf Unfälle oder Stürze zurückzuführen sind.

•DeutschlandweitberichtetmehralsjederDritteimAlterzwischen75und85Jahrenüber Angst vor Stürzen. Jede fünfte Person schränkt aufgrund von Angst ihre Aktivi-täten innerhalb oder außerhalb des Hauses ein.

Unfälle haben in der Gesamtbevölkerung in Bayern nur einen geringen Anteil an allen Sterbefällen, er lag im Jahr 2015 bei 2,2 Pro-zent. Mit zunehmendem Alter jedoch ge- winnen sie erheblich an Gewicht. Dies gilt besonders für häusliche Unfälle. Liegt die Rate der Sterbefälle aufgrund häuslicher Unfälle bei den 65- bis unter 75-Jährigen

noch bei 10 Todesfällen pro 100.000 Einwoh-ner, so ist sie bei den 75- bis unter 85- Jährigen bereits mehr als viermal so hoch (46 Fälle je 100.000 Einwohner) und beträgt bei den über 85-Jährigen 238 Fälle je 100.000 Einwohner. Ein Hauptgrund häus-licher Unfälle bei älteren Menschen sind Stürze.

Sterbefälle aufgrund häuslicher Unfälle (einschließlich deren Folgezustände) nach Alter, Bayern 2015, Gestorbene pro 100.000 Einwohner

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

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Im Vergleich der Geschlechter zeigt sich, dass das Risiko, an einem häuslichen Unfall zu sterben, bei Männern höher ist als bei Frauen. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass deutlich mehr Frauen als Männer ein hohes Alter erreichen. Dies erklärt, warum die absoluten Fallzahlen tödlicher häuslicher Unfälle bei Frauen höher liegen als bei Män-nern, trotz ihres niedrigeren Unfallrisikos. Im Jahr 2015 verstarben in Bayern 520 Frauen und 246 Männer im Alter ab 85 Jahren auf-grund häuslicher Unfälle, bundesweit waren es 3.314 Frauen und 1.586 Männer.

Die Mehrheit der Unfälle und Stürze geht glücklicherweise nicht tödlich aus. Oftmals können Verletzungsfolgen ambulant medizi-nisch behandelt werden und nicht jeder Unfall oder Sturz zieht überhaupt einen Behandlungsbedarf nach sich. Schwerere

Verletzungen, insbesondere Knochenbrüche in Oberschenkel oder Hüfte, sind im hohen Alter besonders belastend; Krankenhaus-aufenthalt und Immobilität können Abbau-prozesse merklich beschleunigen.

Bei der Diagnosegruppe „Verletzungen, Ver-giftungen und andere Folgen äußerer Ursa-chen“ (ICD S00–T98) handelt es sich überwie-gend um Unfälle (und in kleinerem Umfang z. B. um Selbstverletzungen). Im Jahr 2015 hatte rund jede dritte ambulant behandelte Person im Alter ab 65 Jahren eine Diagnose aus dieser Gruppe, im Alter ab 85 Jahren waren vier von zehn Personen betroffen. Eine Betrachtung der Daten im Zeitverlauf von 2006 bis 2015 zeigt, dass die Fallzahlen über die Jahre für Männer und Frauen gleicherma-ßen etwas angestiegen sind.26 Dabei sind Frauen in allen Altersgruppen häufiger betroffen als Männer.

Anzahl und Anteil von Personen ab 65 Jahren mit Verletzungen und anderen Folgen äußerer Ursachen nach Alter und Geschlecht, Bayern 2015

Insgesamt Frauen MännerAltersgruppen Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil65 bis 74 319.351 31,7 % 187.968 33,5 % 131.383 29,5 %75 bis 84 325.905 36,7 % 201.760 38,6 % 124.145 34,0 %85 oder mehr 142.741 42,7 % 103.095 44,0 % 396.46 39,8 %

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

Anteil an Personen ab 65 Jahre mit Diagnose Verletzungen, Vergiftungen und anderen Folgen äußerer Ursachen von 2006 bis 2015 in Bayern, altersstandardisiert, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

26 Der leichte Anstieg zeigt sich auch bei Altersstandardisierung der Daten. Dies könnte möglicherweise auf eine Verlagerung von Leistungen aus dem stationären in den ambulanten Versorgungsbereich zurückzuführen sein.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Im Deutschen Alterssurvey 2014 wurden Seniorinnen und Senioren unabhängig von einem Behandlungsbedarf danach gefragt, ob sie in den letzten 12 Monaten gestürzt oder gefallen waren. Diese Frage bejahte rund jede fünfte Person im Alter zwischen 65 und 85 Jahren, in der Gruppe der 75- bis 85-Jährigen berichtete jeder Vierte über ein Sturzereignis. Dem entsprechen auch die Befunde der regionalen ActiFE-Ulm-Studie,27 wonach mehr als 40 Prozent der über 80-Jäh-rigen einmal jährlich stürzen.28 Der Vergleich mit jüngeren Erwachsenen macht deutlich, dass Stürze mit steigendem Alter häufiger auftreten, denn nur etwa jede zehnte Person im Alter von 40 bis 54 Jahren berichtet von einem Sturz innerhalb des letzten Jahres.

Stürze können nicht nur körperliche Verlet-zungen verursachen, sondern auch zu einer Angst vor Stürzen führen, die sich auf das Verhalten auswirkt. Neben eigenen Sturzer-fahrungen und Krankheiten, die beispiels-weise das Gleichgewicht oder die Muskel-kraft beeinträchtigen, kann auch der Sturz einer vertrauten Person Auslöser für die Ent-wicklung einer Sturzangst sein. Während im jüngeren Alter zwischen 40 und 54 Jahren nur sieben von 100 Personen über Sturzangst berichten und nur drei von 100 deshalb ihre Aktivitäten einschränken, steigt dieser Anteil später deutlich an. Dem Deutschen Alters-survey zufolge berichten in der Altersgruppe 75 bis 85 Jahren fast 70 von 100 Menschen über die Angst vor Stürzen, 20 von 100 schränken aufgrund dieser Angst ihre Aktivitäten innerhalb oder außerhalb des Hauses ein.

Anteil von Personen in Deutschland, die gestürzt oder gefallen sind, Angst davor haben bzw. deshalb ihre Aktivitäten im Haus oder draußen einschränken nach Alter, in Prozent

Datenquelle: DEAS 2014, Berechnungen FAU 

27 Die Abkürzung „ActiFE-Ulm“ steht für „Aktivität und Funktion in Senioren in Ulm“, die Studie erhebt Daten zur körperlichen Aktivität und zu geriatrischen Symptomen bei älteren Menschen im Stadtgebiet Ulm, Neu-Ulm und im Alb-Donau-Kreis.

28 Rapp, K., Freiberger, E., Todd, C., Klenk, J., Becker, C., Denkinger, M., Fuchs, J. (2014): Fall incidence in Germany: results of two population-based studies, and comparison of retrospective and prospective falls data collection methods. BMC Geriatrics; 14, 105.

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Unterschiede in den Sturzerfahrungen und in der Sturzangst von Frauen und Männern zei-gen sich besonders im höheren Alter deut-lich. Etwa jede dritte Frau, aber nur jeder fünfte Mann zwischen 75 und 85 Jahren berichtet, in den vergangenen 12 Monaten gestürzt zu sein. Im Vergleich zu gleichaltri-

gen Männern haben Frauen doppelt so häu-fig Angst davor, zu stürzen. Dementspre-chend schränken auch doppelt so viele Frauen wie Männer aus diesem Grund ihre Aktivitäten ein. Diese deutlichen Geschlechts-unterschiede gilt es, auch bei Sturzpräven-tionsprogrammen mit zu berücksichtigen.

Anteil von 75- bis 85-jährigen Personen in Deutschland, die gestürzt oder gefallen sind, Angst davor haben bzw. deshalb ihre Aktivitäten im Haus oder draußen einschränken – Vergleich von Frauen und Männern, in Prozent

Datenquelle: DEAS 2014, Berechnungen FAU

SICHER ZU FUSS: STÜRZEN VORBEUGEN

Trainingsprogramme zur Sturzprophylaxe werden heute in vielfältiger Form angeboten. Eine breit angelegte Initiative ist das Programm Trittsicher durchs Leben der Sozialver-sicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG), für das Bayern eine der Pilotregionen ist und das hier in enger Zusammenarbeit mit dem Landfrauenverband und den Ortsbäuerinnen durchgeführt wird.www.trittsicher.org

Das Programm MoSi – Mobilität und Sicherheit im Alter wurde bereits 2008 mit dem Erlanger Medizinpreis ausgezeichnet. Mit Hilfe von MoSi lernen Seniorinnen und Seni-oren zweimal wöchentlich über einen Zeitraum von fünf Wochen, wie sie ihre Mobilität erhalten, ihre Gangsicherheit verbessern und Stürze vermeiden können.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Im Rahmen der Initiative Gesund.Leben.Bayern. hat auch das Bayerische Gesundheits-ministerium zwei Modellprojekte zur Sturzprävention gefördert, eines in München und Oberfranken in Zusammenarbeit mit der TU München, der Friedrich-Alexander- Universität Erlangen und niedergelassenen Ärzten, eines in Würzburg unter Nutzung kommunaler Strukturen in Zusammenarbeit mit der dortigen Universität und dem Bür-gerspital.

Unter dem Titel „Aktiv älter werden und selbstständig bleiben. Ehrenamtliche üben zu Hause mit Ihnen“ bietet das Zentrum für Altersmedizin am Klinikum Nürnberg eine auf-suchende Sturzvorsorge an. Daneben gibt es landesweit zahlreiche weitere Angebote zur Sturzvorbeugung von Krankenkassen, Sportvereinen, Volkshochschulen und ande-ren; auch in Senioreneinrichtungen. Das von der AOK Bayern entwickelte Projekt, das Stürzen in stationären Pflegeeinrichtungen gezielt vorbeugt, erhielt 2007 als beispiel-haftes Projekt den Bayerischen Gesundheitsförderungs- und Präventionspreis.

3.5 Diabetes mellitus

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• In Bayern ist ab dem Alter von 65 Jahren rund jede vierte Person an Diabetes mellitus erkrankt. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um einen Typ-2-Diabetes, der eng mit dem Lebensstil in Zusammenhang steht.

• In den vergangenen zehn Jahren ist der Anteil der Menschen ab 65 Jahren mit Diabetes gestiegen, dieser Anstieg ist bei Männern deutlicher als bei gleichaltrigen Frauen. Er ist nicht nur auf die Alterung der Gesellschaft zurückzuführen.

Die Zuckerkrankheit, Diabetes mellitus, zählt zu den weltweit häufigsten chronischen Erkrankungen. Charakteristisch für die Stoff-wechselerkrankung ist eine erhöhte Blut-zuckerkonzentration, weil das blutzucker-regulierende Hormon Insulin je nach zugrun-deliegender Erkrankungsform nicht aus- reichend zur Verfügung steht oder im Körper nicht ausreichend wirken kann. Die Folge sind Schädigungen von Gefäßen und Nerven; der anhaltend hohe Blutzucker spiegel kann unter

anderem zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Nierenerkrankungen, Schädigung der Augen, Durchblutungs störungen in den Beinen und Sensibilitätsstörungen führen.

Diabetes mellitus vom Typ 1 betrifft nur einen kleinen Teil der Erkrankten. Es handelt sich um eine Autoimmunerkrankung, die zu einer Zerstörung der insulinproduzierenden Zellen durch das eigene Immunsystem führt und meist bereits im Kindes- und Jugendalter

29 Goffrier, B., Schulz, M., Bätzing-Feigenbaum, J. (2017): Administrative Prävalenzen und Inzidenzen des Diabetes mellitus von 2009 bis 2015. Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung in Deutschland (ZI). Versorgungsatlas-Bericht Nr. 17/03. Berlin; StMGP (2014): Bayerischer Diabetesbericht. München.

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bemerkbar wird. Die weit überwiegende Zahl der Betroffenen (95 Prozent) ist an Diabetes mellitus Typ 2 erkrankt. Diese Form tritt besonders häufig im Alter auf, weshalb sie früher auch als Altersdiabetes bezeichnet wurde. Körperzellen werden dabei zuneh-mend insulinresistent, weshalb das Hormon nicht mehr ausreichend wirken kann. Zu den Risikofaktoren für die Entstehung von Diabe-tes mellitus zählen neben einer genetischen Veranlagung vor allem Bewegungsmangel, ungesunde Ernährung und Übergewicht sowie Rauchen.

Daten der DEGS1-Studie zeigen, dass bun-desweit insgesamt 4,6 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 79 Jahren die Diagnose „Diabetes“ haben. Dies entspricht 7,2 Pro-zent der Bevölkerung, wobei Personen ab

80 Jahren hier nicht berücksichtigt sind. In Bayern hatten den Abrechnungsdaten der Kassenärztlichen Vereinigung zufolge im Jahr 2015 rund 800.000 Personen ab 65 Jahre einen Behandlungsanlass mit der Diagnose Diabetes mellitus (28,2 Prozent). Dabei zeigt sich ein deutlicher Anstieg mit dem Alter: Während die Erkrankungsrate in der Gruppe der 55- bis 64-Jährigen noch bei 13,6 Prozent liegt, ist in der Gruppe der 65- bis 74-Jähri-gen rund jede vierte Person (24,8 Prozent) von Diabetes betroffen. Männer haben in allen hier betrachteten Altersgruppen eine etwas höhere Erkrankungsrate als Frauen. In der Gruppe der 75- bis 84-Jährigen liegt diese bei beiden Geschlechtern am höchsten: Hier ist etwa jeder Dritte an Diabetes mellitus erkrankt (33,4 Prozent der Männer und 30,1 Prozent der Frauen).

Anzahl und Anteil der Personen ab 65 Jahren mit Diagnose Diabetes mellitus nach Alter und Geschlecht, Bayern 2015

Insgesamt Frauen MännerAltersgruppen Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil65 bis 74 249.161 24,8 % 124.167 21,7 % 124.994 28,8 %75 bis 84 277.913 31,4 % 160.302 30,1 % 117.611 33,4 %85 oder mehr 98.956 29,7 % 70.031 29,5 % 28.925 30,2 %

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, M2Q-Kriterium: Diagnose in mindestens zwei Quartalen im Jahr, Sonderauswertung

Im zeitlichen Verlauf der letzten zehn Jahre zeigt sich ein Anstieg der Diabetesraten bei Personen über 65 Jahren um fünf Prozent von 23,6 (2006) auf 28,6 Prozent (2015). Dieser Anstieg entwickelte sich bei Männern stärker als bei Frauen. Während im Jahr 2006 Männer und Frauen ab 65 Jahren fast gleich häufig eine Diabetes-Diagnose hatten, sind im Jahr 2015 etwas mehr Männer (30,2 Prozent) als Frauen (27,0 Prozent) betroffen.

Die folgende Grafik zeigt den Verlauf der Diabetesraten in Bayern statistisch korrigiert für die Alterung der Gesellschaft („alters-standardisiert“). Sie macht deutlich, dass die Zunahme der Erkrankungen, die auch bun-desweit zu beobachten ist,30 nicht nur auf die demografische Entwicklung mit der Alterung der Gesellschaft zurückzuführen ist. Gründe sind vor allem eine höhere Verbreitung von Risikofaktoren für Diabetes mellitus Typ 2 sowie verbesserte Früherkennungs- und Behandlungsmöglichkeiten, die Betroffenen ein längeres Überleben ermöglichen.

30 www.versorgungsatlas.de/themen/alle-analysen-nach-datum-sortiert/?tab=6&uid=79, S. 11.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Anteil an Personen ab 65 Jahre mit Diagnose Diabetes mellitus von 2006 bis 2015 in Bayern, altersstandardisiert, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, M2Q-Kriterium: Diagnose in mindestens zwei Quartalen im Jahr, Sonderauswertung

Insbesondere Diabetes mellitus Typ 2 ist eine Erkrankung, die lange unentdeckt bleiben kann, weil sich Krankheitszeichen oder -folgen erst spät zeigen. Angenommen wird, dass bundesweit etwa 1,3 Millionen Menschen zwischen 18 und 79 Jahren einen unerkannten Diabetes haben,31 dies ent- spräche zwei Prozent der Bevölkerung. Am Robert Koch-Institut wird derzeit im Auftrag der Bundesregierung ein nationales System

zur Diabetes-Surveillance (Diabetes-Überwa-chung) aufgebaut, welches die vorliegenden Daten bündeln soll, um Aussagen zum Krank-heitsgeschehen, aber auch zu Präventions-maßnahmen und zur Versorgung von Men-schen mit Diabetes treffen zu können. Bayern unterstützt diese Initiative und arbeitet im Wissenschaftlichen Beirat der Nationalen Diabetessurveillance mit.

DIABETES BEWEGT UNS!

Vorbeugung und Früherkennung im Zentrum

Mit einem Themenschwerpunkt rückte das Bayerische Staats-ministerium für Gesundheit und Pflege die Zuckerkrankheit 2014 besonders in den Blickpunkt. Mehr als 500 Veranstaltungen, durchge-führt mit zahlreichen Partnern, informierten zu unterschiedlichen Aspekten der Erkrankung, zu Präventionsmöglichkeiten, Beratungs- und Hilfsangeboten:www.stmgp.bayern.de/vorsorge/diabeteswww.diabetes-bewegt-uns.de

Gesund.Leben.Bayern.

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pflege

31 Heidemann, C., Du, Y., Paprott, R., Haftenberger, M., Rathmann, W., Scheidt-Nave, C. (2016): Temporal changes in the prevalence of diagnosed diabetes, undiagnosed diabetes and prediabetes: findings from the German Health Interview and Examination Surveys in 1997–1999 and 2008–2011. Diabetic Medicine; 10: S. 1406–1414.

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DAS PERSÖNLICHE RISIKO TESTEN!

Wie hoch das persönliche Risiko für die Entwicklung eines Diabetes mellitus Typ 2 ist, lässt sich mit Hilfe eines einfachen Tests anhand weniger Fragen auch online abschätzen:www.stmgp.bayern.de/vorsorge/diabetes/risiko-test/

Ernährungs- und Bewegungstipps bietet die gemeinsam mit der Deutschen Diabetes- Stiftung entwickelte App „Gesundheit ohne Diabetes“, die auch die Früherkennung der Erkrankung unterstützt. Sie ist kostenlos herunterzuladen unter:www.gesund-ohne-diabetes.de/home/device.desktop

ZUM WEITERLESEN: BAYERISCHER DIABETESBERICHT

Daten zu Diabetes mellitus in Bayern, Informationen zu Risikofakto-ren, Behandlungsmöglichkeiten und aktuellen Forschungsthemen fasst der Bayerische Diabetesbericht zusammen, den das Staats-ministerium für Gesundheit und Pflege im Rahmen des The-menschwerpunktes herausgegeben hat. Er enthält auch ein umfas-sendes Verzeichnis weiterführender Adressen und Kontakte zu Information, Versorgung und Forschung:www.lgl.bayern.de/gesundheit/gesundheitsberichterstattung/themen/index.htm#diabetes

UNTERSTÜTZUNG BEIM LEBEN MIT DIABETES

Der Diabetikerbund Bayern, ein Landesverband des Deutschen Diabetiker Bundes, unterstützt Betroffene durch Information, Aufklärung und Erfahrungsaustausch mit anderen im Rahmen von Veranstaltungen und rund 160 Selbsthilfegruppen.

Diabetikerbund Bayern e. V., Geschäftsstelle NürnbergGut Maiach, Innstraße 47, 90451 NürnbergTelefon 0911 227715, www.diabetikerbund-bayern.de

Daneben gibt es als bundesweiten Selbsthilfeverband auch die Deutsche Diabetes- Hilfe – Menschen mit Diabetes (www.menschen-mit-diabetes.de). Neueste Forschungs-ergebnisse fasst der Diabetesinformationsdienst München regelmäßig zusammen. (www.diabetesinformationsdienst-muenchen.de)

Bayerischer Diabetesbericht

www.diabetes-bewegt-uns.de

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pflege

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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3.6 Psychische Störungen

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•MehralseineMillionMenschenimAltervon65Jahrenundälter,dieinambulanterBehandlung sind, haben eine Diagnose aus der Gruppe der psychischen Störungen.

• Im Versorgungssystem spielen psychische Störungen im Alter, darunter insbesondere die Demenz sowie Depressionen, eine immer größere Rolle.

•SuizidesteheninengemZusammenhangmitderpsychischenGesundheit. Hochbetagte Männer sind am stärksten davon betroffen.

Bereits 1946 definierte die Weltgesundheits-organisation (WHO) Gesundheit als einen „Zustand vollständigen körperlichen, geisti-gen und sozialen Wohlergehens“.32 Diese Definition macht deutlich, dass körperliche Gesundheit und psychisches Wohlbefinden

zusammengehören: Wer sich psychisch nicht wohl fühlt, ist nicht gesund und nicht leis-tungsfähig. Dagegen kann ein psychisch gesunder Mensch seine Fähigkeiten aus-schöpfen und die normalen Lebensbelastun-gen bewältigen.

WEGE AUS DER STIGMATISIERUNG

Der Weg hin zu einem rationalen und offenen Umgang der Gesellschaft mit psychischen Erkrankungen war weit und dauert bis heute an. Das Thema war ein Tabu; jahrhunderte-lang wurden Menschen, die unter psychischen Erkrankungen litten, stigmatisiert oder gar verfolgt. In den letzten einhundert Jahren konnten die medizinischen Behandlungs-methoden systematisch entwickelt und verbessert werden. Heute kann die Forschung auf große Erfolge zurückblicken und psychische Erkrankungen wie Depressionen sind auch häufiger ein Thema in den Medien. Dennoch bestehen bei vielen Menschen nach wie vor Unsicherheiten oder Vorbehalte. Mit einer breit angelegten Sensibilisierungs-kampagne will das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege dem ent-gegenwirken.

Die psychische Gesundheit war ein Schwerpunktthema der Jahre 2016/17, zunächst mit einem Fokus auf der jungen Generation unter dem Motto „Ganz schön gemein – Psychische Störungen bei Kindern und Jugend-lichen“ und anschließend mit einer Informationskampagne zu Depressionen bei Erwachsenen unter dem Titel „Bitte stör mich“.

www.stmgp.bayern.de/vorsorge/psychische-gesundheit/www.bitte-stoer-mich.de www.aktiv-schauen.de

32 Aus der Übersetzung der Verfassung der Weltgesundheitsorganisation vom 22. Juli 1946.

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Psychische Störungen werden in der Interna-tionalen Klassifikation der Krankheiten (ICD) in der Gruppe F00–F99 erfasst. Die Daten zur Häufigkeit psychischer Störungen im Alter sind nicht einheitlich. Der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns zufolge litt im Jahr 2014 rund eine Million gesetzlich Versicherter ab 60 Jahren an einer Störung aus dieser Dia-gnosegruppe; der Anteil der Seniorinnen und Senioren mit der Diagnose einer psychischen Störung bleibt bis ins hohe Alter recht hoch. Demgegenüber verzeichnet die DEGS1- Studie des Robert Koch-Instituts einen deut-lichen Rückgang psychischer Störungen mit dem Alter. Es wird vermutet, dass sowohl die Untererfassung psychischer Störungen bei Älteren in der DEGS1-Studie als auch die Fortschreibung früherer Diagnosen in der ärztlichen Dokumentation die Schätzzahlen verzerren können.

Affektive StörungenAffektive Störungen sind Stimmungsstörun-gen, die sich durch Zustände gedrückter und gehobener Gefühlslage bemerkbar machen. Dazu gehören unter anderem die Manie, ein Zustand intensiver, unbegründet gehobener bzw. gereizter Stimmung, oder die Depres-sion, mit Symptomen wie Niedergeschlagen-heit, unendlicher Trauer, fehlendem Antrieb und gefühlter Kraftlosigkeit. Von Fachleuten werden anhand der Symptomausprägung verschiedene Schweregrade unterschieden.

In Bayern ist der Anteil an Personen im Alter ab 65 Jahren, die an affektiven Störungen lei-den, im Verlauf der letzten zehn Jahre leicht gestiegen, Frauen sind mit 24 Prozent deut-lich häufiger betroffen als Männer mit 13 Pro-zent.

Anteil an Personen ab 65 Jahre mit der Diagnose affektive Störung von 2006 bis 2015 in Bayern, altersstandardisiert, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, M2Q-Kriterium, Sonderauswertung

Eine Auswertung nach Altersgruppen zeigt, dass affektive Störungen bei beiden Geschlechtern mit dem Lebensalter zuneh-men. Jede vierte Frau im Alter von 85 Jahren

oder älter ist davon betroffen (25 Prozent), bei den Männern in derselben Altersklasse sind es deutlich weniger (knapp 15 Prozent).

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Anzahl und Anteil von Personen ab 65 Jahren mit der Diagnose „Affektive Störung“ nach Alter und Geschlecht, Bayern 2015

Insgesamt Frauen MännerAltersgruppen Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil65 bis 74 181.939 18,1 % 127.416 22,3 % 54.523 12,6 %75 bis 84 176.624 20,0 % 131.014 24,6 % 45.610 13,0 %85 oder mehr 75.133 22,5 % 61.151 25,7 % 13.982 14,6 %

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

DepressionDie Depression ist die häufigste Form der affektiven Störung und eine psychische Erkrankung, die sich über zahlreiche Beschwerden ausdrücken kann. Eine uni-polare Depression ist dadurch gekennzeich-net, dass ausschließlich Phasen mit typi-schen Anzeichen wie Niedergeschlagenheit, Antriebsarmut, Interessensverlust, Grübel-

neigung bis hin zu Suizidgedanken und viel-fältigen körperlichen Symptomen – von Schlaflosigkeit über Appetitstörungen bis hin zu Schmerzzuständen – auftreten können. Kommen auch Phasen grundloser, übermä-ßig gehobener und distanzloser Stimmung (Manie) hinzu, liegt eine sogenannte bipolare Störung vor. Dies ist bei ca. 20 Prozent der Patienten mit Depression der Fall.

BERICHT „PSYCHISCHE GESUNDHEIT VON ERWACHSENEN IN BAYERN – SCHWERPUNKT DEPRESSION“

Begleitend zur Schwerpunktkampagne des Bayerischen Staatsministeriums für Gesund-heit und Pflege zur psychischen Gesundheit Erwachsener ist ein umfassender Bericht über die Häufigkeit und Ausprägung psychischer Störungen entstanden. Der Bericht geht insbesondere auf das Thema Depression ein. Er ist abrufbar unterwww.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2017/04/bayerischer_bericht_depression_06-04-2017.pdf

Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, eine Depression zu entwickeln; bei Patienten ab 65 Jahren spricht man auch von einer Alters depression. Während in der gesamten Bevölkerung durchschnittlich fünf Prozent erkrankt sind, leiden in der Altersgruppe ab 65 Jahren etwa 20 Prozent der Menschen an einer Depression. Studien zeigen, dass dieser Anteil bei Pflegebedürftigen in Senioren- oder Pflege heimen sogar auf 30 bis 40 Prozent ansteigt.

In Bayern ist der Anteil älterer Menschen mit der Diagnose Depression seit 2006 – nach einem leichten Rückgang zwischen 2009 und 2013 – wieder etwas gestiegen. Wie auch bei affektiven Störungen allgemein, fällt der geschlechtsspezifische Unterschied deutlich aus: 23 Prozent der Frauen sind betroffen, aber nur 12 Prozent der Männer.

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Anteil von Personen ab 65 Jahren mit der Diagnose Depression in Bayern, nach Geschlecht, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, M2Q-Kriterium: Diagnose in mindestens zwei Quartalen im Jahr, Sonderauswertung

Eine genauere Betrachtung der Altersgrup-pen zeigt, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Diagnose „Depression“ mit der Anzahl der Lebensjahre steigt: Unter den 65- bis 74-Jährigen waren 2015 rund 17 Prozent betroffen, bei Personen ab einem Alter von 85 Jahren knapp 22 Prozent. In allen Alters-gruppen liegt der Anteil der Frauen etwa 10 Prozent über dem der Männer.

Warum Frauen in allen Altersgruppen häufi-ger an einer Depression leiden als Männer, ist wissenschaftlich noch nicht eindeutig geklärt. Zwar gibt es Hinweise darauf, dass

biologische Ursachen wie zum Beispiel hor-monelle Einflüsse eine Rolle spielen könnten. Gleichzeitig aber mehren sich die Anzeichen dafür, dass die Diagnose Depression bei Männern einfach seltener gestellt wird. Ver-wiesen wird dabei auf unterschiedliche Ver-haltensmuster von Männern und Frauen beim Arzt (z. B. äußern Frauen häufiger emo-tionale Beschwerden) sowie auf unterschied-liche Rollenzuschreibungen von Seiten der Ärzte. So kann es vorkommen, dass von Männern und Frauen geschilderte Symp-tome von Ärzten unterschiedlich interpretiert und diagnostiziert werden.33

Anzahl und Anteil von Personen mit Diagnose Depression, nach Geschlecht und Alters-gruppen, Bayern 2015

Insgesamt Frauen MännerAltersgruppen Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil65 bis 74 171.743 17,1 % 120.741 21,1 % 51.002 11,8 %75 bis 84 167.552 18,9 % 124.856 23,4 % 42.696 12,1 %85 oder mehr 72.007 21,6 % 58.717 24,7 % 13.290 13,9 %

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

33 Müters S., Hoebel J., C. (2013): Diagnose Depression: Unterschiede bei Frauen und Männern, GBE kompakt: Zahlen und Trends aus der Gesundheitsberichterstattung des Bundes, 2/2013. Berlin.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Besonders besorgniserregende Symptome der Erkrankung sind das Entstehen von Suizid gedanken und -impulsen. Experten schätzen, dass zehn bis 15 Prozent der

Patienten mit wiederkehrenden, schwer aus-geprägten depressiven Phasen durch Suizid sterben.

BÜNDNISSE GEGEN DEPRESSION

Was im Jahr 2000 in Nürnberg als lokales Modellprojekt des Kompetenznetzes Depression, Suizidalität gestartet war, hat inzwischen Ausdehnung weit über Bayern hinaus bis auf europäische Ebene gefunden. Mit dem Ziel, die gesundheitliche Situation depressiver Menschen zu verbessern, das Wissen über die Krankheit in der Bevölkerung zu erweitern und Suiziden vorzubeugen, werden die Aktivitäten bundesweit koordiniert vom Deutschen Bündnis gegen Depression e. V. unter dem Dach der Stiftung Deutsche Depressionshilfe. In der Europäischen Union setzt sich die European Alliance Against Depression (EAAD) für die Gründung von lokalen und regionalen Bündnissen gegen Depression ein.

In Bayern gibt es Bündnisse gegen Depression in Cham, Dillingen, Erlangen, Fürth, Kempten, Ingolstadt, Memmingen-Unterallgäu, München, Nürnberg, Nürnberger Land, Regensburg, Rottal-Inn und Würzburg.www.buendnis-depression.de

SuizideTodesfälle durch Suizid nehmen mit steigen-dem Alter zu. Männer sind viel häufiger betrof-fen als Frauen. Neben Depressionen als eine der wichtigsten Ursachen von Suiziden kön-nen einer Selbsttötung auch andere schwer-wiegende Erkrankungen oder gesundheits-schädliche Verhaltensweisen – etwa der Konsum von Alkohol oder Drogen – voraus-gehen. Auch die Angst vor Abhängigkeit von der Hilfe anderer, Isolation und Krankheit im Alter werden mit dem Anstieg der Selbst-tötungen im Alter in Zusammenhang gebracht.

Für den Umstand, dass Männer im hohen Alter häufiger Suizid begehen als Frauen, gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Zwar sind es die Frauen, bei denen häufiger eine Depression diagnostiziert wird, aber dies bedeutet auch, dass Frauen mit dieser Erkrankung häufiger behandelt werden. Geht man davon aus, dass Männer nicht wesent-

lich seltener an einer Depression leiden, die Krankheit aber seltener diagnostiziert und professionell begleitet wird, könnte hier eine Erklärung für die höheren Selbsttötungs raten liegen. Allerdings unternehmen Frauen häu-figer einen Suizidversuch. Möglicherweise spielen auch die erwähnten Altersbilder eine Rolle, nach denen Männer schwerer mit der Veränderung ihrer Rolle im Alter zurecht-kommen und möglicherweise auch häufiger Probleme haben, mit kritischen Lebensereig-nissen wie Krankheit oder Tod des Partners umzugehen.

Langjährig betrachtet ging die Suizidrate in Bayern in den letzten 30 Jahren aber insge-samt um fast 40 Prozent zurück, bei den Frauen war der Rückgang mit 54 Prozent wiederum stärker als bei den Männern mit 35 Prozent (siehe vertiefend die bayeri-schen Gesundheitsberichte zur psychischen Gesundheit).

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Suizide, Bayern 2015 nach Altersgruppen und Geschlecht, Fälle je 100.000 Einwohner

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

HILFE IN KRISENSITUATIONEN

Eine wichtige Rolle in der Suizidprävention spielen – unabhängig vom Alter – psycho-soziale Beratungseinrichtungen und Krisendienste. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie die bayerischen Bezirke unterstützen den Ausbau von Krisendiensten in Bayern. Ziel ist eine flächendeckende Versorgung.

Krisendienst München und Krisendienst Mittelfranken

Die Krisendienste in München, Oberbayern und Mittelfranken sind bereits etablierte Angebote zur psychiatrischen Soforthilfe mit qualifizierter Beratung für Menschen in seelischen Krisen, für Mitbetroffene und Angehörige. Alle Angebote der Krisendienste sind grundsätzlich kostenfrei, auf Wunsch anonym und unterliegen der Schweigepflicht und dem Datenschutz. Ziel ist es, die Versorgungsangebote für Menschen in psychischen Krisen bayernweit verfügbar zu machen.

ww.krisendienst-psychiatrie.de, Telefon 0180 655 30 00www.krisendienst-mittelfranken.de/index.htm, Telefon 0911 42 48 55-0

Telefonseelsorge

Die Telefonseelsorge bietet Menschen in schwierigen Lebenssituationen in ganz Deutschland kostenlose, anonyme und kompetente Beratung rund um die Uhr an. Betroffene können sich telefonisch, per E-Mail, im Chat oder auch persönlich (in Bayern zweimal in München, einmal in Passau) beraten lassen.

Weitere Informationen unter: www.telefonseelsorge.deTelefon 0800 111 0 111 (Anrufe sind kostenfrei)Telefon 0800 111 0 222 (Anrufe sind kostenfrei)Telefon 11 61 23

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Im Fokus: Demenz

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•AchtProzentderMenschenab65JahreninBayernleidenaneinerDemenz,abdemAlter von 85 Jahren ist rund jeder Vierte betroffen.

• ImVerlaufderletztenzehnJahreistdieAnzahlderMenschenmitDemenzleichtan-gestiegen.

• Esistdavonauszugehen,dassaufgrunddesdemografischenWandelsundmiteinemsteigenden Anteil älterer und hochbetagter Menschen die Zahl von Demenzkranken in den kommenden Jahren ansteigen wird. Eine Reihe internationaler Studien gibt jedoch Anlass zur Hoffnung, dass die Neuerkrankungsrate an Demenzen auch zurückgehen könnte.

Unter Demenz wird eine erworbene Beein-trächtigung der bisherigen geistigen Leis-tungsfähigkeit verstanden. Sie ist nicht allein durch Gedächtnisstörungen gekennzeichnet, sondern auch durch Beeinträchtigungen in Aufmerksamkeit, Sprache, Denkvermögen, Orientierungssinn und Urteilsvermögen. Menschen mit Demenz haben Schwierigkei-ten, sich neue Informationen zu merken, sich zu konzentrieren, sich sprachlich auszudrü-cken, sich zeitlich oder räumlich zurechtzufin-den sowie Dinge zu planen oder korrekt ein-zuschätzen. Dadurch können Alltagsaktivitä-ten nicht mehr wie bisher ausgeführt werden. Bei fortgeschrittener Demenz sind Betroffene nicht mehr in der Lage, ein selbstständiges Leben zu führen, sie sind hilfs- und pflegebe-dürftig. Oftmals verändern sich auch emotio-nale und soziale Fähigkeiten, was sich unter anderem durch Veränderungen in der Stim-mung, der Impulskontrolle oder im Wirklich-keitsbezug zeigen kann. Hinzu können Schlaf-störungen, Unruhezustände, Depressionen oder Persönlichkeitsveränderungen kom-men. Welche Symptome im Vordergrund ste-hen, hängt auch davon ab, welche Hirnregion wie stark betroffen ist. Man unterscheidet

daher verschiedene Demenzformen – die häufigste ist die Alzheimer-Demenz.

Die Mehrheit der Erkrankten – Experten schätzen etwa 60 bis 80 Prozent – leiden an einer Alzheimer-Demenz. Nach wie vor wird intensiv nach deren Ursachen geforscht. An zweiter Stelle der Häufigkeit stehen demenzi-elle Symptome aufgrund von Durchblutungs-störungen des Gehirns (vaskuläre Demenz), vor allem im hohen Alter können sie nicht selten gleichzeitig mit einer Alzheimer- Erkrankung vorliegen. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Ursachen für eine Demenz, die insgesamt jedoch seltener sind.

In Deutschland leben epidemiologischen Studien zufolge etwa 1,6 Millionen Menschen mit einer Demenz. In Bayern hatten im Jahr 2015 rund 8,4 Prozent der ambulant behan-delten gesetzlich Versicherten über 65 Jahre diese Diagnose (ICD F00–F03) in mindestens zwei Quartalen, dies sind rund 187.000 Män-ner und Frauen. Bezieht man auch Personen ein, bei denen die Diagnose „Demenz“ nur einmal gestellt wurde, waren rund 230.000 Menschen betroffen (10,3 Prozent).

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Damit bestätigen die Abrechnungsdaten die Schätzungen zur Zahl der Demenzkranken, die sich aus der Übertragung von Studienda-ten auf die bayerische Bevölkerung ergeben und nach denen von etwa 230.000 Betroffe-nen in der Altersgruppe 65 Jahre und älter in Bayern ausgegangen wird.34

Die Erkrankungsrate steigt mit dem Alter deutlich an. Während bei den 55- bis 64-

Jährigen nur eine von 200 Personen von einer Demenz betroffen ist (0,5 Prozent), ist es ab 85 Jahren fast jede vierte von 100 Personen (24,3 Prozent). In dieser hohen Altersgruppe zeigen sich auch deutliche Geschlechtsunterschiede; eine Demenz betrifft dann mehr als jede vierte Frau (26,2 Prozent), aber nur jeden fünften Mann (19,5 Prozent). Auffällige regionale Unter-schiede gibt es in Bayern nicht.

Anzahl und Anteil der Personen ab 65 Jahren mit Diagnose Demenz, nach Alter und Geschlecht, Bayern 2015

Insgesamt Frauen MännerAltersgruppen Anzahl Anteil Anzahl Anteil Anzahl Anteil65 bis 74 23.566 2,3 % 12.397 2,2 % 11.169 2,6 %75 bis 84 82.116 9,3 % 50.999 9,6 % 31.117 8,8 %85 oder mehr 80.956 24,3 % 62.263 26,2 % 18.693 19,5 %

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, M2Q-Kriterium: Diagnose in mindestens zwei Quartalen im Jahr, Sonderauswertung

Die Häufigkeit von Demenz hat sich in den vergangenen zehn Jahren kaum verändert. Während im Jahr 2006 bei insgesamt 6,8 Pro-zent der Männer und 8,7 Prozent der Frauen die Diagnose einer Demenz gestellt wurde, waren es im Jahr 2015 7,6 (Männer) bzw. 8,8 Prozent (Frauen), jeweils altersstandardi-siert, d. h. bereinigt um den steigenden Anteil älterer Menschen in der Bevölkerung.

Für die Versorgungskapazitäten sind jedoch die absoluten Fallzahlen ohne solche Korrek-turen wichtig. Hier ist durch die Alterung der Bevölkerung mit einer Zunahme zu rechnen. Da immer mehr Menschen ein hohes oder sogar sehr hohes Alter erreichen,35 würde bei gleichbleibendem Erkrankungsrisiko inner-halb der nächsten 15 Jahre die Zahl der an Demenz erkrankten Personen auf etwa 340.000 Betroffene steigen können.

34 LGL (2014): Gesundheitsreport Bayern 3/2014 – Demenzerkrankungen. Erlangen; Deutsche Alzheimer-Gesellschaft e. V. (2016): Die Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Berlin.

35 LGL (2014): Demenzerkrankungen – Update 2014. Gesundheitsreport Bayern 3/2014. Erlangen.

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Anteil an Personen ab 65 Jahre mit Diagnose Demenz von 2006 bis 2015 in Bayern, altersstandardisiert, in Prozent

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, M2Q-Kriterium: Diagnose in mindestens zwei Quartalen im Jahr, Sonderauswertung

Eine Reihe internationaler Studien gibt jedoch Grund zur Annahme, dass die Zahl von Erkrankten weniger stark ansteigen wird, als dies bisher aufgrund von Vorausberechnun-gen erwartet worden war.36 Dies wird auf ver-besserte Schutzfaktoren zurückgeführt: auf eine höhere Bildung und mehr kognitive Reserven, Verbesserungen im Gesundheits-verhalten, zum Beispiel bei Ernährung und Bewegung, sowie auf den Rückgang von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Aktuelle Befunde der international bekannten US- amerikanischen Framingham Heart Study

weisen darauf hin, dass die Neuerkrankungs-rate an Demenzen seit den 1990er Jahren sogar zurückgegangen ist.37 Vergleichbare Untersuchungen stehen für Deutschland noch aus. Eine Studie basierend auf AOK- Abrechnungsdaten gibt jedoch Anlass zur Hoffnung, dass sich auch für Deutschland ein Rückgang demenzieller Erkrankungen zeigt.38 Dies deutet darauf hin, dass Maßnahmen der Prävention dazu beitragen können, den auf-grund der Alterung der Gesellschaft erwarte-ten Anstieg von demenziellen Erkrankungen zu reduzieren.

36 z. B. Qiu, C., von Strauss, E., Backman, L. et al. (2013): Twenty-year changes in dementia occurrence suggest decreasing incidence in central Stockholm, Sweden, Neurology; 80: 1888–1894; Matthews, F. E., Arthur A., Barnes, L.E. et al. (2013). A two-decade comparison of prevalence of dementia in individuals aged 65 years and older from three geographical areas of England: results of the Cognitive Function and Ageing Study I and II. Lancet; 382: S. 1405–1412.

37 Satizabal, C. L., Beiser, A. S., Chouraki, V., Chene, G., Dufouil, C., Seshadri, S. (2016): Incidence of Dementia over Three Decades in the Framingham Heart Study. New England Journal of Medicine; 374: S. 523–532.

38 Doblhammer, G., Fink, A., Fritze, T. (2015): Short-term trends in dementia prevalence in Germany between the years 2007 and 2009. Alzheimer’s & Dementia, 11 (3): S. 291–299.

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DIE BAYERISCHE DEMENZSTRATEGIE

Mit der zunehmenden Zahl an demenziell Erkrankten sind gesell-schaftliche und politische Herausforderungen verbunden. Diesen begegnet die Bayerische Staatsregierung mit der 2013 beschlosse-nen ressortübergreifenden Bayerischen Demenzstrategie. Ziel ist es, den Bewusstseinswandel in der Gesellschaft im Umgang mit dem Thema Demenz voranzutreiben, Lebensbedingungen und Lebensqualität der Betroffenen und ihrer Angehörigen zu verbes-sern und deren Teilhabemöglichkeiten am gesellschaftlichen Leben zu fördern. Darüber hinaus geht es um die Sicherstellung der an den Bedarfen orientierten Betreuung, Pflege und medizinischen Versor-gung und um die Bewahrung der Selbstbestimmung und Würde der Betroffenen in allen Phasen der Erkrankung. Diese umfassen-den Zielsetzungen konkretisieren sich in zehn Handlungsfeldern, in denen eine Vielzahl von Projekten gefördert wird.www.leben-mit-demenz.bayern.de

„Gehen, Spielen, Tanzen Als Lebenslange Tätigkeiten“: Das Projekt GESTALT

Wer sich regelmäßig bewegt, wer aktiv am Leben teilnimmt und andere Menschen trifft, wer vielseitig interessiert ist und Neues erlernt, ist weniger gefährdet, im höheren Lebensalter an einer Demenz zu erkranken. Diese Erkenntnisse waren Ausgangspunkt für die Entwicklung des Programms GESTALT am Institut für Sportwissenschaft und Sport der Universität Erlangen-Nürnberg. Angesprochen sind Männer und Frauen im Alter von über 60 Jahren, insbesondere jene, die körperlich nur wenig oder gar nicht aktiv sind. Zu dem mehrfach ausgezeichneten Programm, das einen aktiven Lebensstil unterstützt, gehören Bewegungsangebote, Gruppentreffen und eine persönliche Bera-tung. Das bayerische Gesundheitsministerium gab im Rahmen der Initiative Gesund.Leben.Bayern. einen Anschub für das Modellprojekt, das heute in Kooperation mit der BARMER weiter ausgedehnt wird..www.sport.uni-erlangen.de, Stichwort „GESTALT“

„Sport und Bewegung trotz(t) Demenz“

Sport- und Bewegungsangebote, an denen Menschen mit Demenz in unterschiedlichen Phasen der Erkrankung teilnehmen können, werden im Rahmen dieser breit angelegten Initiative des Landesverbandes Bayern der Deutschen Alzheimer Gesellschaft entwi-ckelt. In Zusammenarbeit mit Verbänden, Vereinen und Organisationen aus dem Bereich Sport und Bewegung sowie mit regionalen Demenznetzwerken sollen die Angebote in ganz Bayern von speziell geschulten Kursleitern umgesetzt werden.www.alzheimer-bayern.de/hauptseiten/projekte_sport_demenz.htm

3

Die Bayerische Demenzstrategie

www.stmgp.bayern.de

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pfl ege

Aufklärung und Öffentlichkeit sarbeit

Prävention und Früherkennung

Aus-, Fort- und Weiterbildung

Häusliche Versorgung – Entlastung pfl egender

Angehöriger

Stationäre Versorgung im Krankenhaus und in

Einrichtungen der geria trischen Rehabilitation

Stationäre Versorgung und Betreuung

in Pfl egeeinrichtungen

Sterbebegleitung

Vernetzung und kommunale

Strukturen

Grundlagen- und Versorgungs

forschung -

Rechtliche Betreuung

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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„Was geht. Was bleibt. Leben mit Demenz“

Seit ihrer Eröffnung am 14. April 2016 ist die Wanderausstellung „Was geht. Was bleibt. Leben mit Demenz“ ohne Unterbrechung im Frei-staat unterwegs. Das Kooperations projekt des Bayerischen Staatsmi-nisteriums für Gesundheit und Pflege mit dem Landesverband Bayern der Deutschen Alzheimer Gesellschaft hat zum Ziel, eine breite Öffent-lichkeit für das Thema Demenz zu sensibilisieren, auf Informations- und Hilfsangebote für Betroffene und ihre pflegenden Angehörigen hinzu-weisen und weitere ehrenamtliche Helferinnen und Helfer zu gewin-nen. Wegen des großen Anklangs wurde eine zweite identische Aus-stellung produziert, die seit Juli 2017 im Einsatz unterwegs ist. Die Ausstellung kann kostenfrei ausgeliehen werden.

www.stmgp.bayern.de/ministerium/oeffentlichkeitsarbeit/#Leben-mit-Demenz

Projekte im Rahmen der Bayerischen Demenzstrategie

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege fördert eine Reihe weiterer Projekte für demenziell erkrankte Menschen und ihre Angehörigen und zeichnet jedes Jahr herausragende innovative Beispiele mit dem Bayerischen Demenzpreis aus. Alle Projekte sind einzusehen unter www.stmgp.bayern.de/meine-themen/fuer-fach-und-pflegekraefte/demenzprojekte

INFORMATION UND UNTERSTÜTZUNG

Der Landesverband Bayern der Deutschen Alzheimer Gesellschaft hilft Betroffenen und Angehörigen von Menschen mit Demenz bei Fragen weiter und informiert gemeinsam mit seinen 28 regionalen AlzheimerGesellschaften und Selbsthilfegruppen unter ande-rem über Beratungs- und Betreuungsmöglichkeiten, Angebote für Angehörige oder Gedächtnissprechstunden zur Abklärung einer Demenzerkrankung.

Deutsche Alzheimer Gesellschaft, Landesverband Bayern e. V.Selbsthilfe Demenz, Frauentorgraben 73, 90443 NürnbergTelefon 0911 446 67 84, www.alzheimer-bayern.de

Zur Unterstützung Betroffener und pflegender Angehöriger entstehen im Rahmen des Programms Lokale Allianz für Menschen mit Demenz nach und nach Anlaufstellen vor Ort. 500 sind es bereits bundesweit; eine Standortkarte für Bayern ist abrufbar unter www.lokale-allianzen.de, Stichwort „Projektkarte“

Das Programm ist ein Teil der bundesweiten Allianz für Demenz, die gemeinsam von Bundesgesundheits- und Bundesfamilienministerium ins Leben gerufen wurde.

Was geht. Was bleibt. Leben mit Demenz.

www.leben-mit-demenz.bayern.de

Jugend.

„Mut terweiß noch viel

Von ges ternaus ihrer

noch etwas.“weiß

sie kaum

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Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege informiert zum Thema Demenz unter www.stmgp.bayern.de/pflege/demenz.

Das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit gibt seit 2006 wiederholt Berichte speziell zu den Themen Demenzerkrankungen und Gesundheit im Alter heraus, zuletzt den Gesundheitsreport 3/2014 mit Regionaldaten zu Demenzerkrankungen in Bayern. Alle Berichte können kostenfrei abgerufen werden unter www.lgl.bayern.de/publikationen/index.htm

3.7 Erkrankungen und Störungen der Mundgesundheit

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DieMundgesundheitältererMenschenhatsich inden letztenzehnJahrendeutlichverbessert.

•Als ein wesentlicher Grund für diese positive Entwicklung gilt eine stärkere Inanspruch-nahme von Zahnvorsorgeuntersuchungen. Dem Robert Koch-Institut zufolge nehmen mehr als 70 Prozent der Senioren jährlich dieses Vorsorgeangebot in Anspruch.

• PflegebedürftigehabeneinevergleichsweiseschlechteMundgesundheit.

Mundgesundheit spielt auch im höheren Lebensalter eine wichtige Rolle. Sie ist ein „integraler Bestandteil von Allgemein-gesundheit und Wohlbefinden“, heißt es in der Definition, die der Weltzahnärzteverband (FDI) 2016 verabschiedet hat. Mundgesund-heit umfasse die Fähigkeit zu sprechen, zu lächeln, zu riechen, zu schmecken, zu berüh-ren, zu kauen, zu schlucken und Emotionen über Gesichtsausdrücke mit Selbstvertrauen und ohne Schmerz oder Unbehagen zu übermitteln.39 Darüber hinaus bestehen zwischen Mundgesundheit und allgemei - ner Gesundheit vielfältige Zusammenhänge und Wechsel wirkungen; beispielsweise kön-

nen Entzündungen des Zahnhalteapparates (Paro dontitis) die Entwicklung von einigen Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder von Dia-betes mellitus beeinflussen.

Die Mundgesundheit von Senioren hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten sehr verbessert. Allerdings ist sie noch immer nicht so gut wie jene von jüngeren Erwachse-nen und vor allem bei pflegebedürftigen älte-ren Menschen ist sie mit großen Heraus-forderungen verbunden.

Im Jahr 2014 waren in Deutschland der Fünf-ten Deutschen Mundgesundheitsstudie des

39 Fédération Dentaire Internationale (FDI), www.fdiworlddental.org

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Instituts der Deutschen Zahnärzte zufolge bei Erwachsenen zwischen 65 und 74 Jahren durchschnittlich noch 17 eigene Zähne vor-handen. Im Jahr 1997 waren es nur zehn gewesen. Der sogenannte DMFT-Index, die Summe der kariösen, fehlenden und gefüll-ten Zähne, sank im selben Zeitraum von 24 auf 18, ebenfalls eine positive Entwick-lung. Eine schwere Parodontitis, der Haupt-risikofaktor für Zahnverlust, lag im Jahr 2014

bei etwa jedem Fünften in dieser Alters-gruppe vor, zehn Jahre zuvor war es noch bei fast jedem Zweiten der Fall gewesen. Auch bei der Mundgesundheit ist demnach eine Morbiditätskompression zu beobachten, also das Zurückdrängen von gesundheitlichen Beeinträchtigungen ins höhere Lebensalter. Daten aus Bayern liegen aus der Mundge-sundheitsstudie nicht vor.

Zentrale Mundgesundheitsmarker aus der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie, 2014

65 bis 74 Jahre 75 bis 84 Jahre 85 bis 100 Jahre

DMFT-Index (Summe der kariösen, fehlenden oder gefüllten Zähne)Gesamt 17,7 20,8 23,8Männlich 17,5 20,6 22,0Weiblich 17,9 21,0 24,6Zahnlosigkeit, in Prozent der ÄlterenGesamt 12,4 28,9 44,8Männlich 11,9 26,2 38,1Weiblich 12,8 30,9 47,7Parodontitis1, in Prozent der Älteren

moderat schwer moderat schwer moderat schwerGesamt 44,8 19,8 45,7 43,9 45,5 46,0Männlich 45,2 25,3 39,3 51,4 50,8 42,7Weiblich 44,5 14,8 50,8 37,9 42,4 47,9

Datenquelle: Institut der Deutschen Zahnärzte; 1 nur bezahnte Personen

Als ein wesentlicher Grund für die positive Entwicklung der Mundgesundheit älterer Menschen gilt eine im Vergleich zur Vergan-genheit bessere Inanspruchnahme von Zahn-vorsorgeuntersuchungen. Der GEDA-Studie 2012 des Robert Koch-Instituts zufolge haben 72 Prozent der Menschen ab 65 Jahren in den letzten zwölf Monaten eine zahnprophylakti-sche Untersuchung in Anspruch genommen, die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie berichtet sogar von 90 Prozent in der Alters-

gruppe der 65- bis 74-Jährigen. Die Abwei-chung der Werte ist vermutlich auf methodi-sche Unterschiede der Studien zurückzufüh-ren. In beiden Untersuchungen zeigt sich jedoch, dass Zahnvorsorgeuntersuchungen bei geringer Bildung im Durchschnitt deut-lich seltener in Anspruch genommen werden als bei hoher Bildung. Und auch diese Vor-sorgeangebote werden – wie viele andere auch – von Frauen häufiger genutzt als von Männern.

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Inanspruchnahme von Zahnvorsorgeuntersuchungen in den letzten zwölf Monaten bei Erwachsenen ab 65 Jahren, in Prozent

Region Gesamt Männlich WeiblichBildungsgruppe

Untere Mittlere ObereBayern 72,5 67,8 76,1 62,5 77,8 81,6Deutschland 72,0 72,9 71,4 61,4 75,3 81,3

Datenquelle: GEDA-Studie 2012, Robert Koch-Institut

Mit einer Pflegebedürftigkeit gehen beson-dere Herausforderungen für die zahnmedi-zinische Versorgung im Alter einher. Die Fünfte Deutsche Mundgesundheitsstudie hat Daten dazu erhoben. Sie zeigen, dass körper-liche oder kognitive Einschränkungen einen Zahnarztbesuch erschweren; 60 Prozent der Betroffenen sind nicht in der Lage, selbst-ständig einen Zahnarzttermin zu organisie-ren und wahrzunehmen. Pflegebedürftige ältere Menschen gehen also deutlich seltener zum Zahnarzt. Häufig ist auch die Fähigkeit, sich um die eigene Mundhygiene zu küm-mern, vermindert; fast ein Drittel aller Pflege-bedürftigen ist dazu nicht selbst imstande. Sie benötigen deshalb Hilfe bei der Reinigung von Zähnen und Zahnprothesen. Bei psychi-

schen Störungen und vor allem bei demen-ziellen Erkrankungen kann dies besonders schwierig sein, zum Beispiel wenn eine Behandlung vom Erkrankten als bedrohlich eingeschätzt und verweigert wird.

Die Mundgesundheit pflegebedürftiger Senio - ren ist daher im Durchschnitt schlechter als die Gleichaltriger ohne Pflegebedarf. Wäh-rend unter allen 75- bis 100-Jährigen der DMFT-Index im Jahr 2014 bei 21 lag, d. h. durchschnittlich 21 Zähne kariös, gefüllt oder gar nicht mehr vorhanden waren, betrug er bei 75- bis 100-Jährigen Pflegebedürftigen 25. Ältere Menschen mit Pflegebedarf hatten im Durchschnitt vier eigene Zähne weniger als der Mittelwert in dieser Altersgruppe.

Mundgesundheit von 75- bis 100-Jährigen in Deutschland, Anteil unter den Älteren, in Prozent

Datenquelle: DEAS 2014; Berechnungen INIFES

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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FÖRDERUNG DER MUNDGESUNDHEIT IM ALTER

Die Bayerische Landeszahnärztekammer hält verschiedene Infomaterialien bereit, die Seniorinnen und Senioren, aber auch aber auch Angehörige und Pflegepersonal über die Mundgesundheit und ihre Pflege im Alter informieren, darunter die Broschüre „Prophylaxe in der zweiten Lebenshälfte“ und ein Infoblatt „Tipps für die Mund-gesundheit im Alter“, das auch als Audiodatei zur Verfügung steht. www.blzk.de, Rubrik „Mundgesundheit und Patienten“

Um die Mundgesundheit in der Risikogruppe der pflegebedürftigen Senioren zu erhö-hen, sind nach Ansicht von Fachleuten drei Ansatzpunkte von besonderer Relevanz: Unterstützung bei der Mundhygiene, sofern diese nicht mehr eigenständig durchgeführt werden kann, Hilfe bei der Organisation sowie Verwirklichung einer zahnärztlichen Untersuchung und Strategien zur Verbesserung der Therapiefähigkeit, etwa durch einen zahnärztlichen Hausbesuch.

Die Bayerische Landeszahnärztekammer organsiert Patenzahnärzte, die ehrenamtlich ein Seniorenheim betreuen. Zusätzlich sind Pflegeheime seit kurzem grundsätzlich ver-pflichtet, einen Kooperationsvertrag mit einem Zahnarzt zu schließen, der pflege- und hilfebedürftige Patienten im Heim behandelt und auch das Pflegepersonal schult. In Bayern gibt es bereits mehr als 400 derartige Kooperationsverträge. In der Gesund-heitsregionplus Passauer Land hatten Zahnärzte vor Ort bereits im Jahr 2014 erfolg-reich Fortbildungsveranstaltungen zur Mundhygiene für Bewohnerinnen von Pflegeein-richtungen und für Pflegepersonal ins Leben gerufen.

Die vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege geförderte wissen-schaftliche Studie zum Projekt „Zahnarzt auf Rädern – ZahnRad“ zeigt, dass die Zahnge-sundheit von Pflegebedürftigen durch Zahnarzt-Hausbesuche verbessert werden kann. In dem Projekt waren Möglichkeiten der ambulanten zahnärztlichen Versorgung pflege-bedürftiger Menschen in Unterfranken untersucht worden. Kommt der Zahnarzt ins Haus, kann dies die Lebensqualität deutlich steigern; Schmerzen werden vermieden, das Essen fällt mit gesunden Zähnen leichter. Außerdem bedeutet eine häusliche zahnärztli-che Behandlung für die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen weniger Stress. Diese Ergebnisse können Impulse für ganz Bayern geben.40

40 Abschlussbericht „Mundgesundheit und Lebensqualität mobilitätsbeeinträchtigter betreuungsbedürftiger Menschen in häuslicher und stationärer Versorgung – Konzept der aufsuchenden ambulanten zahnärztliche Versorgung“, www.isgos.de/cms/images/stories/PDFs-2017/ZahnRAD-Abschluss-2016-2.pdf

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3.8 Multimorbidität

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DieZahlderSeniorinnenundSenioren,dieuntermehrerenKrankheitengleichzeitigleiden, steigt mit dem Alter stark an; bei den 80- bis 85-Jährigen sind es 65 Prozent der Frauen und 53 Prozent der Männer.

•DiesubjektiveLebenszufriedenheitsinktmitderZahlderKrankheiten,unterdenendieBetroffenen leiden.

•DieMultimorbidität stellt hoheAnforderungen andieVersorgungderBetroffenen,insbesondere auch mit Blick auf die medikamentöse Behandlung.

Bestehen bei einer Person mehrere Erkran-kungen gleichzeitig, spricht man von Multi-morbidität (Vielfacherkrankung). Häufig und insbesondere bei älteren Menschen handelt sich dabei um chronische Krankheiten, die eine gleichzeitige Behandlung mit mehreren Medikamenten erforderlich machen. Multi-morbidität ist sowohl für Betroffene als auch für ihre Versorgung eine große Herausforde-rung.

Die Wahrscheinlichkeit, an mehr als einer Krankheit zu leiden, steigt mit zunehmendem Alter stark an. Während in der Altersgruppe der 55- bis 64-Jährigen etwa 35 Prozent min-

destens drei Erkrankungen haben, sind es zwischen 80 und 85 Jahren rund 60 Prozent. Frauen sind mit zunehmendem Alter häufi-ger von Multimorbidität betroffen als Män-ner, nach den Daten des Deutschen Alters-surveys zu 48 Prozent in der Altersgruppe 65 bis 79 Jahre (Männer: 44 Prozent) und zu 65 Prozent in der Altersgruppe 80 bis 85 Jahre (Männer: 53 Prozent). Untersuchungen des Robert Koch-Instituts weisen noch höhere Werte aus,41 was zum einen daran liegt, dass hier Multimorbidität bereits beim Auftreten von mindestens zwei Erkrankungen definiert wird und zum anderen an unterschiedlichen Fragestellungen in den Studien.

Anzahl diagnostizierter chronischer Krankheiten nach Alter und Geschlecht, Deutschland, in Prozent

Datenquelle: DEAS 2014; Berechnungen INIFES

41 Fuchs J., Busch M., Lange C., Scheidt-Nave C. (2012): Prevalence and patterns of morbidity among adults in Germany. Results of the German telephone health interview survey German Health Update (GEDA) 2009, Bundesgesundheitsblatt 55: S. 576–586.

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Eine einheitliche Definition des Begriffs „Multi morbidität“ gibt es bislang nicht. Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Klinisch- Geriatrischen Einrichtungen, die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie und die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie haben jedoch bestimmte Abgrenzungs-kriterien festgelegt. Demnach besteht eine geriatrie typische Multimorbidität, wenn mindestens zwei der folgenden Merkmals-komplexe vorliegen:

• Immobilität•SturzneigungundSchwindel•KognitiveDefizite• Inkontinenz•Dekubitalulcera(Durchliegegeschwüre)• Fehl-undMangelernährung•Störungen im Flüssigkeits- und

Elektrolyt haushalt•Depression,Angststörung•Schmerz•Sensibilitätsstörungen•Herabgesetzte Belastbarkeit,

Gebrechlichkeit•StarkeSeh-oderHörbehinderung•Medikationsprobleme•HohesKomplikationsrisiko•VerzögerteRekonvaleszenz

Die Krankheitsbilder bei Multimorbidität können abhängig oder unabhängig vonein-ander sein. Häufig begünstigt eine Erkran-kung die Entwicklung einer weiteren, zum Beispiel, wenn in Folge von Diabetes mellitus ein Nierenleiden oder eine Augenerkrankung entstehen. Häufig geht Multimorbidität mit

Pflegebedürftigkeit einher. Die Vielfältigkeit der gesundheitlichen Einschränkungen zeigt deutlich, welch große Herausforderung für Betreuung, Behandlung und Pflege damit verbunden sind. Bei der medikamentösen Behandlung muss vor allem darauf geachtet werden, dass sich die verschiedenen not-wendigen Präparate untereinander vertragen und durch Nebenwirkungen keine weiteren Krankheiten oder Beschwerden hervorrufen. Weitere Informationen dazu gibt die neue S3-Leitlinie Multimorbidität.42

Multimorbidität im Alter führt zu einem Anstieg von Krankenhausaufenthalten und Arztbesuchen und somit zu höheren Kosten für das Gesundheitswesen.43 Dem Kranken-hausreport 2017 der Barmer GEK zufolge hat die Zahl multimorbider älterer Patienten im Krankenhaus in Deutschland in den letzten zehn Jahren um ca. 80 Prozent zugenom-men.44 Für die Betroffenen selbst stellt Multi-morbidität eine große psychische und physi-sche Belastung dar. Die subjektive Lebenszu-friedenheit sinkt mit der Anzahl chronischer Erkrankungen. Bereits bei einer diagnosti-zierten Krankheit geht der Anteil von Perso-nen, die „sehr zufrieden“ mit ihrem Leben sind, von 52 auf 39 Prozent zurück. Seniorin-nen und Senioren mit fünf oder mehr Erkran-kungen äußern dies nur noch zu 26 Prozent. „Eher zufrieden“ bleibt aber über die unter-schiedliche Anzahl der Krankheiten hinweg mehr als die Hälfte aller Menschen; selbst bei hoher Krankheitslast mit fünf oder mehr Krankheiten äußern dies noch 55 Prozent.

42 Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin e. V. (Hrsg.) (2017): Multimorbidität. S3-Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 053-047. DEGAM-Leitlinie Nr.20, Berlin.

43 Scheidt-Nave ,C. et al. (2010): Herausforderungen an die Gesundheitsforschung für eine alternde Gesellschaft am Beispiel „Multimorbidität“. Bundesgesundheitsblatt 53: S. 441–450.

44 Augurzky, B., Hentschker, C., Pilny, A., Wübker, A. (2017): Krankenhausreport 2017. Wuppertal.

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Subjektive Lebenszufriedenheit in Abhängigkeit von der Anzahl diagnostizierter Krankheiten bei Personen im Alter ab 65 Jahren, Deutschland, in Prozent

Datenquelle: DEAS 2014; Berechnungen INIFES

MULTIMORBIDITÄT: EIN THEMA AUCH DER GESUNDHEITSMINISTERKONFERENZ 2017

Die 90. Gesundheitsministerkonferenz hat im Juni 2017 den Handlungsbedarf bei der Versorgung älterer und hochaltriger multimorbid erkrankter Menschen bekräftigt. Die Ministerinnen und Minister, Senatorinnen und Senatoren für Gesundheit der Länder weisen unter anderem auf die Bedeutung von Prävention und Gesundheitsförderung auch für diese Personengruppe hin und mahnen die Erstellung von Leitlinien zur Versor-gung bei Multimorbidität speziell für Ältere sowie ein strukturiertes Versorgungsma-nagement an.www.gmkonline.de/Beschluesse.html?id=543&jahr

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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3.9 Funktionale Gesundheit und Funktionseinschränkungen

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•Hinsichtlich funktionaler EinschränkungenbeiAlltagstätigkeiten unterscheiden sich65- bis 79-Jährige kaum von 55- bis 64-Jährigen.

•DeutlichereingeschränktsindÄltereab80Jahren,wobeiselbstindieserAltersgruppedie Hälfte der Seniorinnen und Senioren auch bei anstrengenden Tätigkeiten keine starken Einschränkungen berichtet.

•Starke Einschränkungen treten vor allem bei körperlich anstrengenden Alltags-tätigkeiten oder Aktivitäten außer Haus auf – insbesondere in hohem Alter oder bei einem hohen Behinderungsgrad.

• Im Alter von über 65 Jahren hat mehr als jeder Dritte leichte oder schwerere Beeinträchtigungen beim Hören, jeder Vierte Schwierigkeiten beim Sehen.

Die Gesundheit hat einen erheblichen Ein-fluss auf die Ausübung gesellschaftlicher Aktivitäten und auf die soziale Einbindung. Aber mehr noch ist die Fähigkeit zur Erledi-gung ganz alltäglicher Aufgaben eine Vor-aussetzung für eine selbstbestimmte Lebens-führung. Vor allem Menschen im Alter von über 80 Jahren fällt es zu einem größeren Teil schwerer als jüngeren, anstrengende Tätig-keiten auszuüben (54 Prozent), mehrere Treppen absätze zu steigen (34 Prozent), mehr als einen Kilometer zu Fuß zu gehen (31 Pro-zent), sich zu beugen, zu knien oder zu stre-cken (28 Prozent), mehrere Straßenkreuzun-gen zu gehen (28 Prozent) oder Einkaufs-taschen zu tragen (26 Prozent). Die Unterschiede zwischen 55- bis 65-Jährigen und 65- bis 79-Jährigen sind in dieser Hin-

sicht hingegen gering ausgeprägt. Umge-kehrt bedeutet dies, dass bei fast der Hälfte der ab 80-Jährigen selbst bei anstrengenden Tätigkeiten keine starken Einschränkungen auftreten.

Noch sehr viel deutlicher als mit zunehmen-dem Alter steigen Alltagseinschränkungen mit dem Grad der amtlich festgestellten Behinderung an. So haben etwas mehr als drei Viertel (76 Prozent) der Personen mit einem Grad der Behinderung ab 80 – unab-hängig von ihrem Alter – starke Einschrän-kungen beim Ausüben anstrengender Tätig-keiten und auf mehr als die Hälfte (je 52 Pro-zent) trifft dies zu beim Steigen mehrerer Treppenabsätze oder der Anforderung zu knien, sich zu beugen oder sich zu strecken.

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Alltagseinschränkungen aufgrund gesundheitlicher Probleme in Deutschland nach Alter und Grad der Behinderung – Anteile „stark eingeschränkt“, in Prozent

Tätigkeit AltersgruppeGrad amtlich festgestellter

Behinderung55

bis 6465

bis 7980 und älter

kein1 bis 49 %

50 bis 79 %

80 % +

anstrengende Tätigkeiten

29 32 54 27 52 60 76

mehrere Treppen-absätze steigen

11 13 34 11 15 23 52

sich beugen, knien, bücken

16 16 28 12 24 33 52

mehr als 1 Kilometer zu Fuß gehen

10 13 31 10 12 28 49

mehrere Straßenkreu-zungen zu Fuß gehen

12 13 28 11 13 22 49

mittelschwere Tätigkeiten

7 9 22 7 10 18 42

Einkaufstaschen heben oder tragen

8 10 26 9 13 20 40

eine Straßenkreuzung zu Fuß gehen

5 6 16 5 3 9 33

einen Treppenabsatz steigen

3 5 15 4 3 8 33

Fortbewegung außer-halb der Wohnung

3 5 20 5 4 10 30

sich baden oder anziehen

3 5 12 3 2 7 25

Zubettgehen oder aufstehen

1 3 4 1 2 3 14

in der Wohnung umhergehen

1 2 4 1 0 3 11

Mahlzeiten/Getränke zu sich nehmen

1 1 1 0 1 2 2

Medikamente einnehmen

0 0 1 0 0 1 1

Datenquelle: DEAS 2014; Berechnungen INIFES

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3. Die gesundheitliche Lage älterer Menschen in Bayern

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Insgesamt treten starke Einschränkungen eher bei der Fortbewegung außerhalb der Wohnung auf, wodurch die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erschwert wird – bei 20 Prozent der ab 80-Jährigen und bei 30 Prozent der Personen mit einem Behinde-rungsgrad von 80 oder mehr. Viele Tätigkei-ten innerhalb der Wohnung (sofern sie nicht anstrengend sind oder erfordern zu knien, sich zu beugen oder sich zu strecken) sind

hingegen eher möglich, zum Beispiel das Zubettgehen oder Aufstehen, in der Woh-nung umhergehen, Mahlzeiten oder Getränke zu sich nehmen oder die Einnahme von Medi-kamenten. Häufiger treten hingegen starke Einschränkungen beim Baden oder Anziehen auf, dies betrifft 12 Prozent der Menschen ab 80 Jahren und 25 Prozent der Menschen mit einem Grad der Behinderung ab 80.

HILFEN IM ALLTAG

Haushalts- und Einkaufshilfen und Essen auf Rädern

Zur Aufrechterhaltung der Selbstständigkeit und der eigenen Versorgung können Ange-bote wie das Essen auf Rädern und haushaltsnahe Dienstleistungen beitragen. Letztere sind kleine und niedrigschwellige Hilfen im Alltag wie etwa das Einkaufen oder die Rei-nigung der Wohnung. Die von Wohlfahrtsverbänden und privaten Anbietern getrage-nen Angebote werden gern als Unterstützung in Anspruch genommen, wenn der Ein-satz von ambulanten Pflegediensten noch nicht notwendig ist. Ein Teil der Kosten für diese Hilfen kann steuerlich geltend gemacht werden.45

Informationen zu entsprechenden Angeboten finden sich vor Ort beispielsweise in Mehrgenerationenhäusern oder Senioreneinrichtungen, auch die Wohlfahrtsverbände und kommunale Bürgerberatungsstellen helfen weiter. Das Bayerische Staatsministe-rium für Gesundheit und Pflege hält ein Verzeichnis „Entlastungsangebote und haus-haltsnahe Dienstleitungen“ bereit unter:www.stmgp.bayern.de/service/ansprechpartner-und-fachstellen

Fahrdienste, Besuchs- und Begleitdienste

Besuchs- und Begleitdienste richten sich an Personen mit geringen sozialen Kontakten. Ehrenamtliche Mitarbeiter besuchen die betroffenen Seniorinnen oder Senioren für kleine Unternehmungen oder einfach nur zum Plaudern. Bei eingeschränkter Alltags-mobilität können Fahrdienste beauftragt werden, die bedarfsgerecht Personen beför-dern. Sie sind in der Regel so ausgestattet, dass Hilfsmittel wie ein Rollator oder ein Rollstuhl problemlos mitgenommen werden können. Fahrdienste werden von den gro-ßen Wohlfahrtsverbänden, Besuchs- und Begleitdienste darüber hinaus von den Kir-chen angeboten. Informationen dazu gibt es unter anderem über das Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement (siehe dazu Kap. 5.3).

45 www.familien-wegweiser.de/wegweiser/stichwortverzeichnis,did=108788.html

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Hausnotrufservice

Für Menschen, die gesundheitlich eingeschränkt oder oft allein sind, bietet ein Haus-notruf eine zusätzliche Sicherheit. Über einen kleinen Alarmknopf am Handgelenk kann Kontakt zu einem Bereitschaftsdienst hergestellt und bei Bedarf sofort Hilfe gerufen werden. Angeboten werden die Systeme von Wohlfahrtsverbänden und privaten Unter-nehmen.

Pflegebedarf

Sind die gesundheitlichen Einschränkungen so stark, dass der Alltag nicht mehr allein bewältigt werden kann und die Unterstützung durch andere unverzichtbar ist, besteht Pflegebedarf. Hier setzt die soziale Pflegeversicherung ein. Wie hoch der Pflegebedarf ist und welche Hilfen erforderlich sind, wird durch ein Pflegegutachten festgelegt. Aus-führliche Informationen dazu gibt Kap. 4.4.

Zwei für die Bewältigung des Alltags beson-ders wichtige Sinne sind das Sehen und das Hören. Einschränkung oder gar der Verlust dieser Sinne führt oft zu erheblichen Ein-

schränkungen. Auch steigt die Wahrschein-lichkeit von Unfällen und Stürzen stark an. Dies betrifft insbesondere Hochbetagte.

Alltagseinschränkungen aufgrund verminderter Seh- oder Hörfähigkeit: Anteile „große Schwierigkeiten“ und „nicht möglich“ (Angaben in Prozent)

Frauen Männer

Altersklassen55 bis

6465 bis

7980 bis

8555 bis

6465 bis

7980 bis

85

Schwierigkeiten beim Lesen der Zeitung

1,2 2,7 6,8 2,4 3,9 13,9

Schwierigkeiten, Bekannte auf der Straße zu erkennen

0,9 2,1 4,1 1,7 2,1 10,3

Schwierigkeiten beim Telefonieren

2,2 2,4 8,3 1,8 2,7 4,4

Schwierigkeiten mit dem Hören bei Gruppentreffen von vier und mehr Personen

5,7 9,0 21,6 3,9 6,4 12,9

Datenquelle: DEAS 2014; gefragt wird nach Einschränkungen unabhängig vom Benutzen einer Seh- oder Hörhilfe; Berechnungen INIFES

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In der GEDA-Studie 2014/15 des Robert Koch-Instituts wurde nach Beeinträchtigun-gen der Hör- und Sehfähigkeit gefragt, unab-hängig von der Verwendung eines Hörgerä-tes oder einer Brille bzw. Kontaktlinsen.

Dabei gaben in Bayern in der Altersgruppe 65 Jahre und älter 21,1 Prozent der Befragten an, Schwierigkeiten bereits beim Hören in einem ruhigen Raum zu haben. Leichtere Beeinträchtigungen mit Schwierigkeiten beim Hören in einem lauten Raum berichte-ten 42,7 Prozent. Etwa 13 Prozent der über

65-Jährigen tragen nach eigenen Angaben ein Hörgerät.

Über ein beeinträchtigtes Sehvermögen berichteten 23,1 Prozent der Älteren. Bei jün-geren Erwachsenen unter 65 Jahren liegt die-ser Anteil mit rund 14 Prozent deutlich niedri-ger – erwartungsgemäß sind die Sinnesleis-tungen in jüngeren Jahren im Durchschnitt besser. 0,2 Prozent der Befragten ab 65 Jahre leiden nach eigenen Angaben an einem völli-gen Verlust des Sehvermögens.

DAS PRÄVENTIONSPROGRAMM „GUTES SEHEN“

Gutes Sehen fördert die Mobilität und verhindert Stürze, ermög-licht mehr Teilhabe am Leben, fördert die Selbstständigkeit im All-tag, stärkt die kognitiven Ressourcen und erhält die psychische Gesundheit: Etliche gute Gründe sprechen für das Präventionspro-gramm „Gutes Sehen“, das die Blindeninstitutsstiftung seit dem Frühjahr 2017 durchführt und an dem die Pflegekassen der AOK Bayern, des BKK Landesverbandes Bayern, der IKK classic, der Knappschaft, der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau – SVLFG als Landwirtschaftliche Pflegekasse und der Kaufmännischen Krankenkasse KKH beteiligt sind.

Es richtet sich an Bewohnerinnen und Bewohner von vollstationären Pflegeeinrichtungen in Bayern und ihre Angehörigen. Das Programm bietet eine kostenfreie Überprüfung der Sehfähigkeit und anschließende Beratung, zum Beispiel die Erprobung von Seh-hilfen oder die Weitervermittlung an Augenoptiker oder Ärzte. Ziel ist es, in Pflege-einrichtungen das Bewusstsein für gutes Sehen zu schärfen, dort regelmäßige Vor-sorgemaßnahmen zu etablieren und Hindernisse im Alltag sehbeeinträchtigter und blin-der Senioren abzubauen.

Die Teilnahme an dem Programm, dessen Start das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege als Modellprojekt unterstützt hatte, ist für stationäre Pflege-einrichtungen kostenfrei; die Kosten werden von den beteiligten Pflegekassen getra-gen. Einrichtungsleitungen finden das Bewerbungsformular und einen Leitfaden „Sehen im Alter“ unter: www.blindeninstitut.de/gutes-sehen

Sehen im Alter

Leitfaden für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiterin der stationären Altenpflege

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Älteren Menschen die Bewältigung des All-tags zu erleichtern, ihnen einen möglichst langen Verbleib in den eigenen vier Wänden und ein möglichst langes selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, sind wichtige Ziele der Gesundheitspolitik. Erreicht werden kann dies im persönlichen Bereich – neben der unverzichtbaren Unterstützung und Hilfe durch andere – unter anderem durch den Ein-

satz von Pflegehilfsmitteln und technischen Assistenzsystemen sowie Maßnahmen der Wohnraumanpassung (Kap. 4.4). Darüber hinaus engagieren sich auch zahlreiche Kom-munen für ein möglichst barrierefreies, zumindest aber barrierearmes Umfeld, das nicht nur Hochbetagte in ihrer Alltagsmobili-tät unterstützt (siehe dazu Kap. 5.1).

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4. Versorgung

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•ÄltereMenschenwerdenüberwiegendambulantversorgt. InBayernsindmehrals25.000 Ärzte und knapp 5.000 Psychologische Psychotherapeuten ambulant tätig.

•KrankenhausaufenthaltewerdenmitdemAlterhäufiger.ImJahr2015betrafen44Pro-zent aller im Krankenhaus behandelten Fälle Patienten im Alter von 65 Jahren und darüber.

•Die tägliche Einnahme mehrerer unterschiedlicher Arzneimittel (Polymedikation)nimmt mit dem Alter zu.

•Rund290.000Menschenüber65JahrewarenimJahr2015pflegebedürftig.Einesta-tionäre Pflege wird überwiegend erst im hohen Alter von über 80 Jahren notwendig.

•AngeboteundMaßnahmenderRehabilitation,derWohnraumanpassung,technischeAssistenzsysteme und die altersgerechte Regionalplanung stärken ein selbstständi-ges Leben im Alter. Digitale Entwicklungen eröffnen neue Möglichkeiten.

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4.1 Medizinische Versorgung

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•ÄltereMenschenwerdenüberwiegendambulantversorgt.InBayernsindimkassen-und privatärztlichen System zusammen mehr als 25.000 Ärzte und knapp 5.000 Psychologische Psychotherapeuten ambulant tätig.

• 45 Prozent aller in Bayern aus einem Krankenhaus entlassenen Patientinnen und Patienten waren 65 Jahre oder älter. Am häufigsten wurden sie in den Fach-abteilungen für Innere Medizin und allgemeine Chirurgie behandelt.

•MenschenabeinemAltervon75JahrenverbringendurchschnittlichlängereZeitimKrankenhaus als jüngere Personen

•AnnäherndeinViertelderKliniken inBayernverfügtheuteüberAkutgeriatrien,dieeinen umfassenden altersmedizinischen Behandlungsansatz verfolgen.

Die medizinische Versorgung älterer Men-schen wird zu großen Teilen vom ambulan-ten haus- und fachärztlichen System geleis-tet. Im Jahr 2016 standen in Bayern mehr als 25.000 Ärzte (ohne Kinder- und Jugendärzte und Kinder- und Jugendpsychiater), sowie knapp 5.000 Psychologische Psychothera-peuten für die Versorgung älterer Patienten zur Verfügung.

Hausärzte sind zentrale Ansprechpartner für ältere Menschen und betreuen einen Groß-teil der älteren Bevölkerung. Durch ihre oft jahrelange Betreuung und Kenntnisse des sozialen Umfeldes haben sie ein besonderes Vertrauensverhältnis und nehmen eine Schlüsselfunktion in der Versorgung ein. Für die hausärztliche Versorgung von geriatri-schen Patienten stehen Leitlinien der Arbeits-gemeinschaft der Wissenschaftlichen Medi-

zinischen Fachgesellschaften (AWMF) zur Verfügung. Insbesondere die Beachtung von Besonderheiten in der medikamentösen Be -handlung kann unnötige Krankenhausbe-handlung ersparen (vgl. Kap. 4.5).

Für ältere Menschen ist es besonders wich-tig, dass eine wohnortnahe ärztliche Versor-gung gewährleistet ist. Das gilt in gleicher Weise für Apotheken und andere relevante Versorgungssegmente, zum Beispiel in der Diätberatung, Physiotherapie oder Podolo-gie. Bei einer im Bundesvergleich insgesamt guten, überdurchschnittlichen Versorgung bestehen aber auch in Bayern regionale Unterschiede. Vor allem in einigen Planungs-bereichen im ländlichen Raum kann es sekto-rale Unterschiede bei einzelnen Arztgruppen geben.

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4. Versorgung

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WOHNORTNAHE VERSORGUNG IM LÄNDLICHEN RAUM

Eine qualitativ hochwertige, flächendeckende und möglichst wohnortnahe medizinische Versorgung ist der Bayerischen Staatsregierung ein wichtiges Anliegen. Derzeit ist die medizinische Versorgung im Freistaat auf einem hohen Niveau. Allerdings bringen die älter werdende Gesellschaft und der Strukturwandel Herausforderungen für das Gesundheitssystem mit sich. So fällt es heute immer schwerer, Hausärzte für eine Tätig-keit in kleineren Gemeinden auf dem Land zu gewinnen. Für die Sicherstellung der ver-tragsärztlichen Versorgung im Freistaat ist zwar grundsätzlich die Kassenärztliche Vereini-gung Bayerns (KVB) zuständig. Um gerade in ländlichen Regionen ausreichend Praxis-nachfolger zu gewinnen, hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege ein Förderprogramm zum Erhalt und zur Verbesserung der ärztlichen Ver sorgung aufgelegt. Im Rahmen des Programms wird unter anderem die Niederlassung von Haus- und Fachärzten sowie Psychotherapeuten unterstützt. Bisher wurden über 360 Nieder-lassungen und Filialen gefördert.

Eine weitere Säule des Förderprogramms ist die Vergabe von Stipendien an Medizin-studierende, die sich verpflichten, ihre Weiterbildung im ländlichen Raum zu absolvieren und danach weitere fünf Jahre dort ärztlich tätig zu sein. Bisher konnten schon 117 Stu-dierende dazu bewegt werden, sich für eine künftige Tätigkeit im ländlichen Raum zu entscheiden.

Zudem hat das Staatsministerium für Gesundheit und Pflege das Kommunalbüro für ärztliche Versorgung am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittel-sicherheit eingerichtet, welches gezielt Hilfestellungen für Kommunenanbietet, wenn vor Ort ein Engpass in der ärztlichen Versorgung besteht. www.stmgp.bayern.de/service/foerderprogramme/niederlassung-von-hausaerztinnen-und-aerzten

Daneben fördert auch die KVB die Niederlassung von Ärztinnen und Ärzten sowie Psy-chotherapeutinnen und Psychotherapeuten in unterversorgten und von Unterversor-gung bedrohten Planungsbereichen oder in Planungsbereichen mit einem zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarf.

Krankenhausaufenthalte werden mit dem Alter häufiger und aufwändiger. Im Jahr 2015 wurden in Bayern insgesamt knapp drei Mil-lionen Fälle im Krankenhaus behandelt, 44 Prozent davon – ca. 1,3 Millionen Fälle – betrafen Patientinnen und Patienten im Alter von 65 Jahren und älter. Betrachtet man diese Zahlen unter Berücksichtigung der Altersstruktur der Bevölkerung, kamen in Bayern im Jahr 2015 auf 100.000 Personen im Alter von 55 bis 64 Jahren ca. 25.000 Behand-

lungsfälle im Krankenhaus, bei Personen im Alter über 85 Jahren knapp 80.000. Über die letzten Jahre haben sich diese Zahlen bei jüngeren Altersgruppen bis 74 Jahren kaum verändert, in höheren sind sie zwischen 2000 und 2015 um fünf Prozent (75 bis 84-Jährige) bzw. 20 Prozent (85-Jährige und älter) gestie-gen. Durch den demografischen Wandel wer-den die Kosten im Krankenhausbereich ab-sehbar steigen.

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Krankenhausfälle, Bayern, je 100.000 Einwohner

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Von den aus vollstationärer Behandlung ent-lassenen Patientinnen und Patienten im Alter über 65 Jahre war 2015 in Deutschland jeder zweite im Bereich der Inneren Medizin behan-delt worden, jeder fünfte (20 Prozent) in einer Fachabteilung der allgemeinen Chirurgie. In

allen Fachabteilungen (mit Ausnahme der Augenheilkunde) ist ein Trend zur Zunahme von Behandlungsfällen älterer Patienten zu beobachten, besonders stark in den Berei-chen Neurologie (+168 Prozent) und Orthopä-die (+66 Prozent).

Krankenhausfälle, Altersgruppe ab 65 Jahren, nach häufigsten Fachabteilungen 2005 bis 2015, Deutschland, in Tausend

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Die längste Verweildauer im Krankenhaus haben ältere Patientinnen und Patienten in der Geriatrie mit durchschnittlich 19 Tagen. Länger als durchschnittlich 10 Tage verbrin-gen über 65-Jährige auch in den Abteilungen der Herzchirurgie, der Strahlenheilkunde, der Neurochirurgie und der Neurologie. Insge-samt verbleiben ältere Menschen durch-schnittlich etwas länger im Krankenhaus als jüngere Patienten.

Jedes Krankenhaus, das in den Krankenhaus-plan des Freistaates Bayern aufgenommen ist, kann nach dem Bayerischen Fach-programm „Akutgeriatrie“ akutgeriatrische Strukturen einrichten. In diesen auf Altersme-dizin spezialisierten Einrichtungen eines Kran-kenhauses werden ältere multimorbide Pati-entinnen und Patienten anhand eines umfas-senden Behandlungsansatzes versorgt und dabei auch ihre Angehörigen einbezogen.

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4. Versorgung

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Durchschnittliche Verweildauer nach ausgewählten Fachabteilungen, Deutschland 2015, in Tagen

FachabteilungenFälle ab 65 Jahren

insgesamt

Verweildauer in Tagen

ab 65 Jahrenunter 65 Jahren

Geriatrie 292.259 18,8 14,9Herzchirurgie 62.740 14,9 14,2Strahlentherapie 36.640 11,9 9,2Neurochirurgie 92.604 10,9 8,6Neurologie 469.527 9,8 7,0Orthopädie 338.068 9,6 6,0Chirurgie 1.745.277 9,2 5,3Plastische Chirurgie 18.546 9,0 5,7Innere Medizin 4.260.594 7,4 5,2Haut- und Geschlechts-krankheiten

109.956 6,4 6,0

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Zur Einschätzung, inwieweit eine akutgeria-trische Behandlung notwendig ist, wird in den betreffenden Kliniken bereits bei der Aufnahme von über 70-jährigen Patientenin-nen und Patienten das sogenannte Geriatri-sche Screening46 durchgeführt, das von der Arbeitsgruppe Akutgeriatrien der Ärztlichen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Geri-atrie in Bayern e. V. (AFGiB) entwickelt wurde.

Der medizinische, psychosoziale und funktio-nelle Allgemeinzustand eines Patienten wird durch ein standardisiertes geriatrisches Assessment dokumentiert. Hierdurch werden einerseits individuelle Probleme und Ein-schränkungen aufgedeckt, andererseits Stär-ken beschrieben, um eine altersmedizinische Behandlung mit umfassendem Ansatz zu ermöglichen.

In der Akutgeriatrie können zudem im Bedarfsfall ältere Patientinnen und Patienten bereits im Krankenhaus frührehabilitativ behandelt werden.

Rund ein Viertel aller Kliniken im Freistaat verfügt heute über eine Akutgeriatrie; für die akutstationäre geriatrische Versorgung ste-hen insgesamt etwa 2.200 Betten zur Ver-fügung.

Die Einrichtung einer Akutgeriatrie ist für die Krankenhäuser mit der Erfüllung umfang-reicher Qualitätskriterien verbunden. Diese betreffen das Personal, die spezifisch geria-trische Behandlung, Kooperationen und bau-liche Vorgaben. Die ärztliche Behandlungs-leitung muss durch eine Spezialistin oder einen Spezialisten für Altersmedizin ( Geriater) erfolgen. Neben einem speziell geschulten Behandlungsteam soll zur besseren Behand-lung komplexer psychischer und neurologi-scher Begleiterkrankungen älterer Patienten entsprechendes Wissen z. B. durch einen Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie vor-gehalten werden.

46 http://afgib.de/Service___Downloads/GSK_ohne_Text.pdf

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IM ALTER SELBSTBESTIMMT LEBEN.Grundsätze zur geriatrischen Versorgung in Bayern

Altersmedizin ist eine zentrale Zukunftsaufgabe. Das bayerische Gesundheitsministe-rium hat ein umfassendes Versorgungskonzept für ältere Menschen erarbeitet, dessen Kernanliegen es ist, möglichst lange selbstbestimmt zu leben.

Es umfasst vier Säulen:1. Möglichst lange gesund bleiben (Gesundheitsförderung und Prävention)2. Ansprechpartner auf Landesebene (Patientenbeauftragter)3. Auch im Krankheitsfall möglichst lange Selbstständigkeit behalten (Altersmedizin)4. Bis zuletzt in Würde leben (Palliativmedizin und Hospizarbeit)

Eine wesentliche Grundlage der Versorgung bildet das Bayerische Geriatriekonzept („Grundsätze zur geriatrischen Versorgung in Bayern“) als Teil des umfassenden Ver-sorgungskonzeptes „Im Alter selbstbestimmt leben“. Nach dem Grundsatz „Rehabilita-tion vor Pflege“ legte es den Schwerpunkt zunächst auf die Rehabilitation und den Aus-bau geriatrischer Rehabilitationsangebote. In Erweiterung wurde mit der mobilen geri-atrischen Rehabilitation (MoGeRe) eine neue Form der ambulanten Versorgung geschaffen. Ergänzend folgte das Fachprogramm Akutgeriatrie, um die Versorgung älterer Patientinnen und Patienten flächendeckend bereits im Krankenhaus zu verbes-sern und schon dort bei Bedarf erste Maßnahmen der Rehabilitation einzuleiten (Früh-rehabilitation).

Ziel der Bayerischen Staatsregierung ist es, älteren Menschen eigene Strukturen für eine medizinische adäquate, ganzheitliche und an ihre Bedürfnisse angepasste Versor-gung zur Verfügung zu stellen. Patientinnen und Patienten sollen wieder dazu befähigt werden, zu Hause bzw. in ihrer gewohnten Umgebung bleiben zu können und ein selbst-bestimmtes Leben zu führen. Pflegebedürftigkeit soll vermieden werden. www.stmgp.bayern.de/gesundheitsversorgung/krankenhaeuser/altersmedizin

REHA WIRKT! DATENBANK„GIB-DAT“ UND AKUT-STUDIE

Wie erfolgreich die geriatrische Rehabilitation ist, zeigen Auswertungen der eigens ein-gerichteten Datenbank „GiB-DAT“ („Geriatrie in Bayern-Datenbank“): 88 Prozent aller dort erfassten älteren Patientinnen und Patienten in Bayern konnten nach der Rehabili-tation in ihre Privatwohnung zurückkehren, ein Umzug in ein Pflegeheim wurde vermie-den. Die GiB-DAT, die mit Mitteln des Freistaats aufgebaut wurde, stellt heute die größte europäische Datenbank für geriatrische Rehabilitation dar und leistet einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung der geriatrischen Versorgung in Bayern.www.stmgp.bayern.de/wp-content/uploads/2016/02/studienbericht_gib_dat_nachfolgestudie.pdf

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4. Versorgung

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Um Doppelstrukturen zwischen Akutgeriatrie und geriatrischer Rehabilitation zu ver-meiden, wurde der Aufbau der Akutgeriatrie in Bayern mit der Studie „Aus wirkungen des Fachprogramms Akutgeriatrie auf die geriatrische Rehabilitation“ (AKUT-Studie) begleitet. Die Studie wurde mit Unterstützung des bayerischen Gesundheitsministeri-ums von der Ärztlichen Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Geriatrie in Bayern e. V. (AFGiB) durchgeführt. Die Auswertung von 180.000 Falldaten der GiB-DAT zeigte deut-liche Unterschiede zwischen Akut- und Rehapatienten und lieferte den Beleg dafür, dass Akutgeriatrie und geriatrische Rehabilitationseinrichtungen unabhängig voneinander bestehen können und sich ergänzen. Beide Behandlungs formen führen zu einer Verbes-serung der Selbsthilfefähigkeit geriatrischer Patientinnen und Patienten.http://afgib.de/Aktuelles/AKUT_Befragung03g.pdf

4.2 Rehabilitation

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DiehäufigstenDiagnosen,dieeineRehabilitationsmaßnahmenotwendigmachen,sind in der Altersgruppe 65 bis 75 Jahre Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebserkrankungen, im Alter ab 75 Jahren auch Verletzungen der Hüfte und des Oberschenkels.

• InBayernstehenrund250Vorsorge-undRehabilitationseinrichtungenmitknapp30.000 Betten zur Verfügung. Etwa ein Viertel dieser Einrichtungen sind stationäre geriatrische Rehabilitationseinrichtungen; sie verfügen insgesamt über annähernd 2.800 Betten.

Um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, soll eine Rehabilitation ältere Menschen nach einer schweren Erkrankung oder einem Unfall dazu befähigen, weiterhin möglichst selbstständig leben zu können. Die rund 250 Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtun-gen in Bayern stellen insgesamt knapp 30.000 Betten, also Rehabilitationsplätze, zur Verfügung. 63 dieser Einrichtungen sind spezialisierte stationäre, geriatrische Reha-bilitationseinrichtungen, sie verfügen über 2.750 Betten.

Im Jahr 2015 nahmen landesweit etwas mehr als 350.000 Patienten aller Altersgruppen an einer stationären Rehabilitationsmaßnahme teil, jede Patientin und jeder Patient im Durch-schnitt 24 Tage lang.

Ambulante und stationäre geriatrische Reha-bilitationseinrichtungen mit einem Versor-gungsvertrag nach § 111 oder § 111c SGB V sind gesetzlich verpflichtet, sich an Maß-nahmen der externen Qualitätssicherung zu beteiligen sowie einrichtungsintern ein

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Qualitätsmanagement einzuführen. Ziel der externen Qualitätssicherung ist es, die Quali-tät der Leistungserbringung transparent und vergleichbar zu machen. In der externen Qualitätssicherung werden die Dimensionen

der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität sowie die Patientenzufriedenheit gemessen und führen somit zu einer effektiven und effi-zienten Versorgung sowie einer qualitätsge-sicherten Behandlung der Versicherten.

DIE GERIATRISCHE REHABILITATION

„Reha vor Pflege“ ist der Gedanke, der der geriatrischen Rehabilitation zugrunde liegt. Diese spezielle Form der medizinischen Rehabilitation richtet sich an ältere, multimor-bide Menschen, in der Regel ab 70 Jahren, nach einer Akutbehandlung. Häufig kommt sie zum Beispiel nach einem Schlaganfall, einem Herzinfarkt, bei chronischen Schmer-zen, nach einem Knochenbruch oder einer Gelenkoperation zum Einsatz. Ziel ist es, die Selbstständigkeit zu erhalten oder wiederzugewinnen, um Lebensqualität und Lebens-zufriedenheit möglichst lange zu erhalten. Daher werden nicht ausschließlich Krank-heitsfolgen behandelt, sondern die Patientinnen und Patienten auch gezielt geschult, teilweise unter Einbindung der Angehörigen.

Die mobile geriatrische Rehabilitation (MoGeRe) ist eine im Jahr 2007 eingerichtete Versorgungsstruktur und eine Besonderheit im ambulanten Bereich der Geriatrie. Sie richtet sich an multimorbide ältere Patienten mit erheblichen funktionellen Beeinträch-tigungen und einem komplexen Hilfebedarf, zum Beispiel bei starken kognitiven Ein-schränkungen. Eine positive Prognose für die Rehabilitation besteht für Betroffenen vor allem in der vertrauten Umgebung. Ein interdisziplinäres Team sucht daher die Patien-tinnen und Patienten in ihrer gewohnten häuslichen Umgebung in Wohnung oder Seni-orenheim auf und erbringt dort die Leistung zur medizinischen Rehabilitation.

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege fördert den Aufbau dieses Angebots von Beginn an. Die erste MoGeRe konnte am Klinikum Coburg gemeinsam mit Krankenkassenverbänden entwickelt und umgesetzt werden.

Im Bereich der geriatrischen Rehabilitation gibt es staatlicherseits keine Planungskom-petenz. Leistungen und Vergütung sind zwischen den Partnern der Selbstverwaltung frei verhandelbar, basierend auf einheitlichen Qualitätsstandards.

Einen Überblick über geriatrische Einrichtungen in Bayern gibt die Arbeits gemeinschaft Geriatrie Bayern e. V., ein Mitglied des Bündnisses für Prävention:www.geriatrie-bayern.de

Die häufigsten Diagnosen, die eine Rehabili-tationsmaßnahme notwendig machen, sind bei Personen im Alter von 65 bis 75 Jahren in Bayern Erkrankungen des Muskel- Skelett-Systems, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und

insbesondere Krebserkrankungen. Der Anteil von Frauen ist dabei im Bereich der Mus-kel-Skelett-Erkrankungen vor allem aufgrund von Gelenkerkrankungen höher, Männer dage-gen nehmen eine Rehabili tationsmaßnahme

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4. Versorgung

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häufiger aufgrund einer ischämischen Herz-krankheit (Herzinfarkt) in Anspruch. Im Alter über 75 Jahren sind es häufiger Verletzungen der Hüfte und des Oberschenkels (Verletzun-gen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen), die einen statio-nären Rehabili tationsaufenthalt erfordern; auch hier sind häufiger Frauen betroffen.

Bei beiden Altersgruppen steht die Diagnose-gruppe (ICD-Gruppe) der „Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitssystems führen“, an vierthäufigster Stelle. Unter diesen Begriff fallen im höheren Alter vor allem Reha-Maßnahmen nach dem Einsetzen eines Herzschrittmachers oder eines funktio-nellen Implantats wie z. B. einer Hüftgelenk-prothese.

Vollstationäre Patienten in Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtungen (Einrichtungen mit mehr als 100 Betten) nach den häufigsten Hauptdiagnosen und Altersgruppen, Bayern 2015, Fälle je 100.000 Einwohner, altersstandardisiert

Diagnosegruppe

65 bis unter 75 Jahre Diagnosegruppe

75 Jahre und älter

Männer Frauen Männer Frauen

M00–M99 Krankheiten des Muskel-Skelett- Systems und des Binde-gewebes

1.088 1.553

M00–M99 Krankheiten des Muskel-Skelett- Systems und des Binde-gewebes

1.042 1.432

I00–I99 Krankheiten des Kreislaufsystems

818 401 I00–I99 Krankheiten des Kreislaufsystems

960 645

C00–D48 Neubildungen 523 428

S00–T98 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen

437 766

Z00–Z99 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen

505 433

Z00–Z99 Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen

498 475

S00–T98 Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere Folgen äußerer Ursachen

260 376 C00–D48 Neubildungen 317 291

J00–J99 Krankheiten des Atmungssystems

134 96 J00–J99 Krankheiten des Atmungssystems

112 70

G00–G99 Krankheiten des Nervensystems

92 69

R00–R99 Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die ander-norts nicht klassifiziert sind

76 82

F00–F99 Psychische und Verhaltensstörungen

31 53 G00–G99 Krankheiten des Nervensystems

100 64

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

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KOMPETENZZENTREN FÜR KUR, REHA, PRÄVENTION: DIE BAYERISCHEN KURORTE UND HEILBÄDER

Die geologische Vielfalt Bayerns hat Thermal- und Heilwasserquellen, Mineralquellen, Solequellen und Moore geschaffen, die mit modernen Therapieformen Antworten auf verschiedene Gesundheitsfragen bieten. 47 hochprädikatisierte Kurorte und Heilbäder im Freistaat bieten Unterstützung für Menschen, die gesund bleiben oder wieder gesund werden wollen – auch im Alter. Der Bayerische Heilbäderverband e. V., Partner im Bünd-nis für Prävention, stellt die vielfältigen Möglichkeiten vor:

www.gesundes-bayern.deService-Telefon 0800 587 67 83 (Anrufe sind kostenfrei)

Das Gesundheitsprofil der Heilbäder und Kurorte weiter zu schärfen, besonders im Bereich Früherkennung, Prävention und Rehabilitation, ist Ziel des Förderprogrammes zur Steigerung der medizinischen Qualität in den bayerischen hochprädikatisierten Kur-orten und Heilbädern sowie anerkannten Heilquellen- und Moorkurbetrieben (KuHeMo). Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege unterstützt damit die Umsetzung moderner Konzepte und die Ausrichtung auf Zukunftsthemen. Das Institut für Kurortmedizin und Gesundheitsförderung am neu gegründeten Standort des Baye-rischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Bad Kissingen berät Gemeinden in allen Fragen rund um das Thema. Kontakt und weitere Informationen:

www.stmgp.bayern.de/service/foerderprogramme/foerderprogramm-fuer-die-bayerischen-kurorte- und-heilbaeder

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4.3 Pflege

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• PflegebedürftigkeitbetrifftüberwiegendalteundhochbetagteMenschen;Männerinder Regel früher als Frauen.

•VonderAnzahlhersindwesentlichmehrFrauenalsMännerpflegebedürftig.

•DerGroßteil der Pflegewird inBayern –wie auchbundesweit – vonAngehörigengeleistet, teilweise mit Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes.

• EsgibtwesentlichmehrPflegeheimefürältereMenscheninländlichenRegionenalsin städtischen Gebieten.

Im Jahr 2015 waren in Bayern rund 290.000 Menschen im Alter von über 65 Jah-ren pflegebedürftig. Dies entspricht 83 Pro-zent aller Pflegebedürftigen. Die Pflegebe-dürftigkeit nimmt mit der Zahl der Lebens-jahre zu und betrifft je nach Alter Männer und Frauen in unterschiedlichem Maße. So sind von den älteren Männern mit Pflegebedarf bereits 43 Prozent vor dem 80. Lebensjahr

pflegebedürftig, bei Frauen nur 24 Prozent. Über die Hälfte aller pflegebedürftigen älte-ren Frauen ist mindestens 85 Jahre alt. Da sie in der Gruppe der Hochaltrigen in der Über-zahl sind, überwiegt der Frauenanteil unter den pflegebedürftigen über 80-Jährigen deutlich: Von den insgesamt ca. 200.000 Menschen mit Pflegebedarf dieses Alters sind nahezu 146.000 weiblich.

Anteile an allen pflegebedürftigen Personen ab 65 Jahren in Bayern 2015, in Prozent

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

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WANN BESTEHT PFLEGEBEDARF?

Eine Person ist pflegebedürftig im Sinne der sozialen Pflegeversicherung, wenn sie gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweist und deshalb der Hilfe durch andere bedarf. Es muss sich um eine Person han-deln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheit-lich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen kann. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer vorliegen, voraussichtlich für mindestens sechs Monate.

Maßgeblich für das Vorliegen von gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten sind die in den folgenden sechs Bereichen genannten pflegefachlich begründeten Kriterien:

•Mobilität(z.B.FortbewegeninnerhalbdesWohnbereichs,Treppensteigen)•KognitiveundkommunikativeFähigkeiten(z.B.ErkennenvonPersonenausdemnähe-

ren Umfeld, örtliche und zeitliche Orientierung, Beteiligen an einem Gespräch)•VerhaltensweisenundpsychischeProblemlagen(z.B.nächtlicheUnruhe,selbstschä-

digendes und autoaggressives Verhalten, verbale Aggression, Abwehr pflegerischer und anderer unterstützender Maßnahmen)

•Selbstversorgung (z.B.Waschen,Duschen,Baden,An- undAuskleiden, EssenundTrinken)

•BewältigungvonundselbstständigerUmgangmitkrankheits-odertherapiebedingtenAnforderungen und Belastungen (z. B. in Bezug auf Medikation, körpernahe Hilfs mittel, Verbandswechsel und Wundversorgung, Arztbesuche, Einhalten einer Diät)

•GestaltungdesAlltagslebensundsozialerKontakte(z.B.GestaltungdesTagesablaufsund Anpassung an Veränderungen, Ruhen und Schlafen, Sichbeschäftigen)

Pflegebedürftige haben Anspruch auf Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung und gegebenenfalls – soweit sie die notwendigen Hilfen nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen finanzieren können – der Sozialhilfe. Die Pflegeversicherung gewährt Dienst-, Sach- und Geldleistungen für den Bedarf an körperbezogenen Pflegemaßnah-men, pflegerischen Betreuungsmaßnahmen, Hilfen bei der Haushaltsführung und zur Entlastung pflegender Angehöriger. Art und Umfang richten sich nach der Schwere der Pflegebedürftigkeit und danach, ob häusliche, teilstationäre oder vollstationäre Pflege in Anspruch genommen wird. Solche Hilfen können z. B. Hilfsmittel sein, wie etwa ein Rollator zur Unterstützung der Alltagsmobilität oder finanzielle Mittel zur Beauftragung eines Pflegedienstes.

Wie hoch der Anspruch auf Unterstützung ist, wird seit 1. Januar 2017 anhand der Pfle-gegrade bestimmt. Die Pflegegrade 1 bis 5 geben an, wie hoch die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten im Alltag ist. Bis zum 31. Dezember 2016 wurde der Umfang der Pflegebedürftigkeit in den Pflegestufen I bis III sowie ggf. einer erheb-lich eingeschränkten Alltagskompetenz (Pflegestufe 0) ausgedrückt. Die Einstufung erfolgt durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) oder andere unabhängige Gutachter.

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Mit zunehmendem Alter wächst die Anzahl der Personen, die auf Pflegeleistungen ange-wiesen sind. Die Schwere der Pflegebedürf-tigkeit wird in diesem Bericht noch nach der Einteilung in Pflegestufen dargestellt, die zum Zeitpunkt der Datenerhebung 2015 gül-tig war. Die Einstufung nach Pflegegraden, die unter anderem die Belange von Men-schen mit Demenz stärker berücksichtigen, erfolgt erst seit Anfang 2017.

Im Altersverlauf nimmt besonders die Anzahl der Personen mit schwerster Pflegebedürf-tigkeit (Pflegestufe III) zu. Betroffen sind vor allem Frauen: Rund 20.000 Frauen, aber nur 6.000 Männer ab 80 Jahren erhielten im Jahr 2015 in Bayern Leistungen nach der Pflege-stufe III. Diese Differenz spiegelt sowohl die höhere Lebenserwartung von Frauen als auch den Frauenüberschuss der Kriegs-generation wider.

Leistungsempfänger nach Pflegestufen, Alter und Geschlecht in Bayern am 15.12.2015

Männer Frauen

Altersklassen55 bis

6465 bis

7980+

55 bis 64

65 bis 79

80+

Pflegebedürftige mit Pflegestufe insgesamt

9.902 40.990 54.196 9.139 48.019 145.696

darunter Pflegestufe I 5.409 22.519 30.160 4.882 27.853 80.024

darunter Pflegestufe II 3.103 13.518 18.064 2.876 14.189 45.514

darunter Pflegestufe III 1.390 4.953 5.972 1.381 5.977 20.158

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Angehörige haben einen entscheidenden Anteil an der pflegerischen Versorgung alter Menschen. Überwiegend sind es Frauen, die diese oft schwere Aufgabe übernehmen. Wie bei der Kindererziehung stellt sich auch hier die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Eine Pflege durch berufstätige Angehörige erfolgt umso seltener, je höher das Einkom-men ist. Ein Grund dafür ist, dass die Kosten eines Erwerbsverzichts zugunsten der Pflege besonders hoch wären, weshalb häufig wei-ter gearbeitet und eine professionelle Pflege organisiert wird. Umgekehrt ist bei geringem Einkommen das Pflegegeld teilweise attrakti-ver als das Arbeiten im Niedriglohnbereich.47

Etwa 70 Prozent aller Pflegebedürftigen in Bayern wurden im Jahr 2015 zu Hause gepflegt, fast die Hälfte von ihnen ausschließ-lich durch Angehörige. 24 Prozent nahmen zusätzlich einen ambulanten Pflegedienst in Anspruch. Übersteigt der Pflegebedarf die häuslichen Möglichkeiten, übernehmen statio näre Einrichtungen die Pflege. Aber auch bei stationärer Pflege sollten die Fähig-keiten alter Menschen zur selbstständigen Lebensführung so gut wie möglich unter-stützt werden. Dazu gehören unter anderem Bewegungsangebote.

47 Hielscher, V., Kirchen-Peters, S., Nock, L. (2017): Pflege in den eigenen vier Wänden: Zeitaufwand und Kosten. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen geben Auskunft. Düsseldorf.

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Pflegebedürftige in Bayern zum Jahresende 2015 nach Art der Versorgung, in Prozent

Gesamtvollstationär

in Heimen

darunter voll-stationäre

Dauerpflegezu Hause

davon versorgt …

allein durch Angehörige

zusammen mit ambulanten

Pflegediensten

100 30,7 29,8 69,3 45,5 23,8

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Insgesamt werden etwa 30 Prozent aller Pflege bedürftigen in Bayern stationär ver-sorgt; ihr Anteil nimmt mit ansteigendem Lebens alter zu. Während nur jeder fünfte Pflegebedürftige zwischen 45 und 65 Jahren stationär betreut wird, sind es bei den Hoch-altrigen ab 80 Jahren knapp 38 Prozent. Dif-ferenziert man weiter nach Altersklassen, steigt dieser Wert bei den 95-Jährigen und Älteren auf über 50 Prozent. Unabhängig vom Alter werden Frauen im Vergleich zu

den Männern eher stationär als zu Hause gepflegt. Ein Grund hierfür liegt wieder in der höheren Lebenserwartung der Frauen, die selbst den Lebenspartner länger pflegen können, bei eigener Pflegebedürftigkeit aber häufig nicht mehr auf ihn zurückgreifen können. Auch der durchschnittliche Alters-unterschied zwischen den Geschlechtern in Paarbeziehungen spielt dabei eine Rolle, ebenso wie traditionelle Geschlechterrollen.

Anteil der stationär Pflegebedürftigen an allen Pflegebedürftigen, Bayern am 15.12.2015 nach Alter und Geschlecht, in Prozent

Altersgruppen Insgesamt Frauen Männer45 bis 64 20,6 17,8 23,265 bis 79 27,5 29,2 25,780 oder mehr 37,6 41,1 28,3

darunter:80 bis 84 31,2 34,3 25,485 bis 89 36,4 39,6 28,090 bis 94 44,1 46,8 33,395 oder mehr 50,8 53,2 38,6

Datenquelle: KVB; Basis: GKV-Versicherte mit Arztkontakt, Sonderauswertung

In Bayern gibt es etwa 1.800 Pflegeheime für ältere Menschen, wobei im Durchschnitt jedes Pflegeheim 75 Plätze bereitstellt (Stand Dezember 2015). Die meisten Pflegeheime finden sich mit 480 Einrichtungen in Ober-bayern, die wenigsten – jeweils weniger als 200 – in Niederbayern und der Oberpfalz. Die überwiegende Anzahl der Heime liegt in eher ländlichen Regionen: etwa 1.400 in Land-kreisen, 400 in kreisfreien Städten.

Regional zeigen sich auch bei der Pflege-bedürftigkeit Unterschiede; in den nordöst-lichen Landesteilen sind tendenziell mehr Menschen pflegebedürftig als im Süden. Oberfranken und die Oberpfalz weisen die höchste Rate stationär Versorgter auf. Hier kommen auf 1.000 Personen ab 65 Jahren 53 (Oberfranken) bzw. 49 Pflegebedürftige (Oberpfalz), die in Pflegeheimen versorgt werden. In Oberbayern sind dies nur 35, in

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Schwaben durchschnittlich 40 Personen pro 1.000 Personen ab 65 Jahren. Im Norden und im Osten Bayerns ist zudem die Rate von älteren Pflegebedürftigen in städtischen Regionen höher als in den anderen Regio-nen. Eine ähnliche Verteilung zeigt sich bei ambulant versorgten Menschen mit Pflege-

bedarf. In Niederbayern kommen durch-schnittlich auf 1.000 Ältere 41 Pflegebedürf-tige in ambulanter Versorgung, in Oberfran-ken sind es 34. Diese Anteile sind in Oberbayern mit 25 und in Schwaben mit 26 ambulant versorgten Pflegebedürftigen pro 1.000 Personen wiederum deutlich niedriger.

Pflegebedürftige ab 65 Jahren in stationärer Versorgung (links) und in ambulanter Versorgung (rechts) 2015 nach Kreisen je 1.000 Einwohner ab 65 Jahren

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik

Bei den stationären Pflegefällen in Oberbayern und Mittelfranken zeigt sich eine Konzentra-tion in den großen Städten: 21 Prozent aller stationär Versorgten in Oberbayern werden in der Landeshauptstadt München gepflegt, im Landkreis München dagegen nur 9 Prozent. Ähnlich ist es in und um Nürnberg: In der Stadt Nürnberg selbst leben knapp 30 Prozent aller stationär Pflegebedürftigen Mittelfrankens, in den Landkreisen Nürnberg und Ansbach nur 10 Prozent. In Oberfranken werden die meis-ten Menschen mit stationärem Pflegebedarf in Heimen in den Landkreisen Hof, Bamberg oder Bayreuth betreut.

Mit Blick auf die zunehmende Lebenserwar-tung ist die Frage bedeutsam, ob damit ein Anstieg der Jahre in Pflegebedürftigkeit ver-bunden ist. Dies ist einer neueren Regional-studie des Rostocker Zentrums zur Erfor-schung des demografischen Wandels zufolge in Deutschland insgesamt der Fall. In vielen bayerischen Landkreisen aber sinkt der Anteil der in Pflege verbrachten Jahre, vor allem bei Menschen in den Pflegestufen II und III.48 Zugleich steigt die Anzahl gesunder Lebens-jahre an.

48 Kreft, D., Doblhammer, G. (2016): Expansion or compression of long-term care in Germany between 2001 and 2009? A small-area decomposition study based on administrative health data. Population Health Metrics 14: S. 24.

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UNTERSTÜTZUNG FÜR PFLEGEKRÄFTE

Die Pflege ist ein Beruf, der durch die Hilfe für andere Menschen sehr erfüllend sein kann, der aber zugleich hohe körperliche und psychische Belastungen mit sich bringt. Mit diesen Belastungen gut umgehen zu können, ist auch für die Pflegequalität von gro-ßer Bedeutung. In einem Modellprojekt entwickelt das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Ludwig-Maximilians-Universität München gemeinsam mit dem Caritas Landesverband Bayern und der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege ein Trainingsprogramm für Pflegekräfte in der ambulanten (Alten-) Pflege. Unter dem Titel „PerKuTam: Perspektivwechsel und Kultursensibilität – Trainings zur Verbesserung der Arbeits- und Betreuungssituation in der ambulanten (Alten-)Pflege“ geht es – gefördert durch das Bayerische Staatsministerium für Gesund-heit und Pflege – um die Stärkung der Kommunikations- und Interaktionsfähigkeiten der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in ambulanten Pflegesituationen. Ziel ist es, psycho-soziale Belastungen, Beanspruchung und Erschöpfungserleben zu verringern und dadurch Wohlbefinden und Motivation im Beruf zu steigern.

UNTERSTÜTZUNG FÜR PFLEGEBEDÜRFTIGE UND FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE

Angebote zur Unterstützung im Alltag

Alltagsbegleitung und Pflegebegleitung, haushaltsnahe Dienstleistungen, Betreuungs-gruppen, ehrenamtliche Helferkreise und Angehörigengruppen sind Angebote zur Unterstützung im Alltag, die Hilfe für pflegebedürftige Menschen bieten und zugleich pflegende Angehörige entlasten. Derzeit werden rund 590 Angebote gefördert. Eine Übersicht ist abrufbar unter www.stmgp.bayern.de/service/ansprechpartner-und-fachstellen.

Um die Möglichkeiten zur Unterstützung im Alltag weiterzuentwickeln, wurde die Agen-tur zum Auf- und Ausbau von Angeboten zur Unterstützung im Alltag (ehemals: Agentur zum Auf- und Ausbau von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten) ins Leben gerufen. Seit März 2012 fungiert sie als Ansprechpartner für Angebotsträger und Angebotsnutzer bzw. deren Angehörige. Zu ihren Aufgaben zählen unter anderem die Vernetzung der verschiedenen Akteure, Beratung, Öffentlichkeitsarbeit, Bedarfs analyse und aktive Mit-arbeit bei der Gründung neuer Angebote. Die Förderung erfolgt zu gleichen Teilen durch den Freistaat Bayern und die soziale und private Pflegeversicherung. www.niedrigschwellig-betreuung-bayern.de

Fachstellen für pflegende AngehörigeDurch psychosoziale Beratung, begleitende Unterstützung und Entlastung der pflegen-den Angehörigen von älteren pflegebedürftigen Menschen sollen die Fachstellen für pflegende Angehörige verhindern, dass Angehörige durch die oft lang andauernde Pflege selbst erkranken. In Bayern werden rund 100 Fachstellen für pflegende Angehö-rige gefördert:www.stmgp.bayern.de/service/ansprechpartner-und-fachstellen

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Pflegestützpunkte

Pflegestützpunkte sind zentrale Anlaufstellen, in denen sich Be - troffene, Angehörige und andere kostenlos Rat zum Thema Pflege holen können. Bisher gibt es in Bayern neun Pflegestützpunkte (Coburg, Haßberge, Neuburg-Schrobenhausen, Nürnberg, Rhön- Grabfeld, Roth, Schwabach, Schweinfurt und Würzburg). Häufig in Anspruch genommene Hilfsangebote betreffen Fragen rund um die Organisation von Pflege, die Erledigung von Formalitäten im Aus-tausch mit der Kranken- und Pflegeversicherung und die Unterstüt-zung bei der Suche externer Hilfen. Eine Übersicht aller Pflegestützpunkte in Bayern ist abrufbar unter www.stmgp.bayern.de/pflege/pflegestuetzpunkte.

BETRIEBLICHE PFLEGELOTSEN

Sind pflegende Angehörige berufstätig, können Unternehmen mit Beratung zum Thema Pflege unterstützen. Ein Beispiel dafür sind betriebliche Pflegelotsen. Sie fungieren als Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner und üben dabei die Funktion eines Weg-weisers aus, der Kontaktmöglichkeiten bietet und/oder auf nützliche Ansprechpartner vor Ort verweist. Die Evangelische Hochschule Nürnberg hat ganz aktuell im Auftrag des Staatsministerium für Gesundheit und Pflege ein entsprechendes Fortbildungs-konzept entwickelt:www.evhn.de/bin/file/Infoblatt%20Pflegelotsen%20EVHN-%20N%20u%20M.pdf

Projekt „Arbeitsplatznahe Tagespflege“

Ziel des Vorhabens ist, dass Betriebsangehörige ihre pflegebedürftigen Angehörigen, vor allem jene mit eingeschränkter Alltagskompetenz, zur Arbeitsstelle mitbringen bzw. arbeitsplatznah unterbringen können. Die Betreuung und Versorgung während der Arbeitszeit soll dabei in einer Tagespflegeeinrichtung gewährleistet werden. Die contec Gesellschaft für Organisationsentwicklung mbH entwickelt zusammen mit der Katho-lischen Stiftungsfachhochschule München und boskop architekten + ingenieure bis November 2019 einen Leitfaden für interessierte Arbeitgeber.

Weitere Anlaufstellen, die über Leistungen der sozialen Pflegeversicherung informieren, sind die gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen, die privaten Pflegeversicherungsunter-nehmen mit der COMPASS Private Pflegeberatung GmbH sowie Gemeinden, Städte und Landkreise mit ihren Seniorenbeauftragten und verschiedenen Beratungsangeboten.

Die im Auftrag der gesetzlichen Pflegekassen eingerichtete Leitstelle Pflegeservice Bayern berät telefonisch unter Telefon 0800 772 11 11 (Anrufe sind kostenfrei)www.pflegeservice-bayern.de

Hilfen für häuslich Pfl egende

Angebote zur Unterstützung im Alltag

Agentur zum Auf- und Ausbau niedrigschwelliger Betreuungsangebote (Freie Wohlfahrtspfl ege Bayern)Telefon: 0911-37775326Web: www.niedrigschwellig-betreuung-bayern.de

Tel. 089 12 22 20

Wollen Sie mehr über die Arbeit der Bayerischen Staatsregierung erfahren? BAYERN DIREKT ist Ihr direkter Draht zur Bayerischen Staatsregierung. Unter Telefon 089 12 22 20 oder per E-Mail unter [email protected] erhalten Sie Informations material und Broschüren, Auskunft zu ak tuel len Themen und Inter-netquellen sowie Hinweise zu Behörden, zuständigen Stellen und Ansprechpartnern bei der Bayerischen Staatsregierung.

Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pfl ege

Haidenauplatz 1, 81667 MünchenE-Mail: [email protected]: CMS – Cross Media Solutions GmbHBildnachweis: Stefan ErnstDruck: Druckerei Schmerbeck GmbHGedruckt auf umweltzertifi ziertem PapierStand: Januar 2017Artikelnummer: stmgp_pfl ege_037

Hinweis: Diese Druckschrift wird im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Staatsregierung herausgegeben. Sie darf weder von Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern im Zeitraum von fünf Monaten vor einer Wahl zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags-, Kommunal- und Europawahlen. Missbräuchlich ist während dieser Zeit insbesondere die Ver-teilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien, sowie das Einlegen, Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Staatsregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden.

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pfl ege

Sehr geehrte Damen und Herren,

in Deutschland werden zwei von drei Pfl egebedürftigen zu Hause gepfl egt. Dabei tragen vor allem nahestehende Pfl egepersonen und von ihnen insbesondere die Frauen die Hauptlast der Pfl ege. Sie leisten einen unschätzbar wert-vollen Beitrag für die Gesellschaft.

Damit wird der Wunsch vieler älterer Menschen, mög-lichst lange zu Hause leben zu können, ermöglicht.

Gerade auch bei einer Erkrankung, die die Alltagskompe-tenz einschränkt, gelangen häuslich Pfl egende oft an die Grenzen ihrer Belastbarkeit. Ihre aufopferungsvolle Pfl ege wird häufi g zu einem Vollzeitjob und zu einer enormen seelischen und körperlichen Belastung.

Es ist mir daher ein wichtiges Anliegen, dass häuslich Pfl egende im Alltag Entlastung und Unterstützung be-kommen. In Bayern fördern wir bereits rund 100 Fach-stellen für pfl egende Angehörige sowie 560 Betreuung-sangebote zur Unterstützung im Alltag. Seit dem 01.01.2016 können zusätzlich Entlastungsangebote auf-gebaut werden. Dadurch wird das Spektrum der Unter-stützungsmöglichkeiten noch einmal erweitert. Die „Agentur zum Auf- und Ausbau von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten“, die wir zusammen mit der Arbeitsgemeinschaft der Pfl egekassen in Bayern und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e. V. fördern, berät Betroffene, Angehörige sowie Träger von Angeboten.

Ich danke Ihnen als häuslich Pfl egende oder häuslich Pfl egender für Ihren enormen Einsatz und wünsche Ihnen und Ihrer Familie alles Gute.

Melanie Huml MdLStaatsministerin

Welche Angebote gibt es sonst für pfl egende Angehörige?

Viele pfl egende Angehörige empfi nden es als entlastend, sich mit anderen über den Pfl egealltag auszutauschen. Auch hierfür gibt es passende Angebote.

Angehörigengruppen

Bei monatlich stattfi ndenden Treffen können Sie sich mit Menschen in einer ähnlichen Lebenssituation austau-schen und Rat erhalten. Fachkräfte leiten die Gruppen an.

Fachstellen für pfl egende Angehörige

Bei Fachstellen für pfl egende Angehörige erhalten Sie kostenlos Information und Beratung, insbesondere zu Hilfsangeboten und deren Finanzierung. Häufi g bieten die Fachstellen auch Betreuungsangebote an. Eine Liste der Fachstellen fi nden Sie unter:

https://www.stmgp.bayern.de/service/ansprechpartner-

und-fachstellen/.

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Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Bayern informiert zum Pflegegut-achten und allgemeinen Fragen der Pflege unterTelefon 0911 650 68-555www.mdk-bayern.de

STANDORTANALYSE VON BERATUNGS- UND UNTERSTÜTZUNGSANGEBOTEN FÜR PFLEGENDE ANGEHÖRIGE

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege hat eine Standortanalyse von Beratungs- und Unterstützungsangeboten für pflegende Angehörige in Auftrag gegeben, die in enger Abstimmung mit den Kommunen erfolgt. Es soll insbesondere definiert werden, wo Angebote fehlen, um ein flächendeckendes Netz an wohnortnaher Beratung und Unterstützung sicherzustellen. Zudem soll ein Konzept entwickelt werden, wie die Erkenntnisse aus der Analyse hinsichtlich des Aufbaus neuer Angebote und der Strukturierung vorhandener Angebote umgesetzt werden können. Die Ergebnisse wer-den voraussichtlich 2018 vorliegen.

4.4 Pflegehilfsmittel, technische Assistenzsysteme und Wohnraumanpassung

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DieAusgabenfürHilfsmittelundWohnumfeld-Verbesserungensindseit2015leichtgestiegen – ein Hinweis darauf, dass Hilfe zur Selbsthilfe und Unterstützung für eine selbstständige Lebensführung zunehmend in Anspruch genommen werden.

•ModerneTechnologieneröffnenneuePerspektivenbeiAssistenzsystemenundWohn-raumanpassung.

•Wichtig sindabernachwievorauchpräventive,ganzheitlicheAnsätze imLebens-raum Kommune.

Eine wichtige Voraussetzung, um pflegebe-dürftigen Menschen möglichst lange ein möglichst selbstständiges und selbstbe-stimmtes Leben in ihrem gewohnten Zuhause

zu ermöglichen, sind Pflegesachleistungen und -hilfsmittel bzw. technische Assistenz-systeme, die im Rahmen der häuslichen Pflege zum Einsatz kommen.

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WAS SIND PFLEGESACHLEISTUNGEN UND HILFSMITTEL?

Pflegesachleistungen sowie Hilfsmittel und technische Assistenzsysteme sind Leistun-gen der sozialen Pflegeversicherung für pflegebedürftige Menschen in häuslicher Pflege.

Unter Pflegesachleistungen werden (häusliche) Grundpflegeleistungen verstanden, die von Pflegediensten (oder in Pflegeheimen) erbracht werden, die einen Versorgungs-vertrag mit den Pflegekassen haben. Im Unterschied zum Pflegegeld, das Pflegebedürf-tige erhalten, um zum Beispiel den Aufwand und den Einsatz von pflegenden Angehöri-gen, Bekannten, Freunden oder Ehrenamtlichen abzugelten, werden Pflege sach-leistungen durch ambulante Pflegedienste erbracht. Die Pflegekasse finanziert diese Pflegeleistung bis zu einer bestimmten monatlichen Höchstgrenze, die vom Grad der Pflegebedürftigkeit abhängt.

Nach den neuen, seit dem 1. Januar 2017 geltenden Pflegegraden haben im häuslichen Umfeld gepflegte Pflegebedürftige ab Pflegegrad 2 beispielsweise einen Anspruch auf 689 Euro Pflegesachleistung. Im Unterschied zu den bis Ende 2016 gültigen Pflegestufen erhalten Personen mit geringem Pflegebedarf und insbesondere Demenzkranke mit der früheren Pflegestufe 0 durch die neue Regelung höhere Pflegesachleistungen. Bis 2016 standen Demenzkranken mit Pflegestufe 0 231 Euro Pflegesachleistungen zu, nach der neuen Regelung werden ihnen Pflegegrad 2 und 689 Euro Pflegesachleistungen zuerkannt.

Hilfsmittel und technische Assistenzsysteme sind Sachmittel, die im Rahmen einer pflegerischen Behandlung eingesetzt werden. Auch Versicherte im neuen Pflegegrad 1 haben Anspruch auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln. Hierzu zählen vor allem soge-nannte Verbrauchsmittel wie beispielsweise Schuheinlagen, Bandagen, Inkontinenz-hilfen oder Inhalations- oder Atemhilfen. Technische Hilfsmittel umfassen unter ande-rem Pflegebetten, Rollstühle, Waschsysteme oder technische Zusatzeinrichtungen wie Hausnotrufsysteme. Aber auch Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfeldes, zum Beispiel für den Einbau eines Treppenlifts oder eines barrierefreien Badezimmers, zählen dazu.

Pflegesachleistungen nehmen mit 3,7 Milliar-den Euro bundesweit den drittgrößten Anteil aller Ausgaben der sozialen Pflegeversiche-rung ein. Ihr Niveau hat sich – wie die Ausga-ben der Pflegeversicherung insgesamt (vgl. Kap. 4.7) – seit 2008 stetig erhöht. Auf Hilfs-mittel und Wohnumfeldverbesserungen ent-fiel dabei zunächst nur ein vergleichsweise geringer Teil. Ein deutlicher Anstieg auf 0,8 Milliarden Euro ist für diese Ausgaben erst zum Jahr 2015 zu verzeichnen – ein Hinweis darauf, dass sich in diesem Leistungsbereich

erst allmählich das Primat der Hilfe zur Selbst-hilfe niederschlägt, das in der Charta der Rechte hilfe- und pflegebedürftiger Men-schen festgelegt ist. In Artikel 1 dieses vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen gemeinsam mit dem Bundesgesund-heitsministerium herausgegebenen Doku-ments heißt es: „Jeder hilfe- und pflegebe-dürftige Mensch hat das Recht auf Hilfe zur Selbsthilfe und auf Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes und selbst-ständiges Leben führen zu können“.49

49 www.pflege-charta.de.

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WOHNBERATUNG UND WOHNRAUMANPASSUNG

Um auch bei altersbedingten Einschränkungen möglichst lange in der eigenen Wohnung bleiben zu können, ist nicht selten eine Anpassung an die speziellen Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren notwendig. Wohnberatung und Wohnungsanpassung können helfen, das selbstständige Leben zu erhalten oder wiederherzustellen und Unfällen oder Verletzungen vorzubeugen. Oft zeigen schon kleine Maßnahmen, wie beispielsweise die Entfernung von Stolperfallen bei Teppichen oder Türschwellen, eine bessere Beleuch-tung oder die Befestigung von Haltegriffen im Bad, große Wirkung. Auf Wunsch leistet die Wohnberatung Unterstützung und begleitet die Umbaumaßnahmen.

Landesweit gibt es derzeit rund 70 Wohnberatungsangebote, ein Verzeichnis ist abzu-rufen unter www.wohnungsanpassung-bag.de/seite/259749/wohnberatungstellen.html#Bayern

Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration unterstützt den Aufbau weiterer Beratungsstellen mit einer Anschubfinanzierung nach der Förderrichtlinie „Selbstbestimmt Leben im Alter – SeLA“. Die Koordinationsstelle Wohnen im Alter berät Initiatorinnen und Initiatoren beim Aufbau von Wohnberatungs-stelle.wohnen-alter-bayern.de/wohnberatung.htmlwww.stmas.bayern.de/wohnen-im-alter/beratung/index.php#sec3

Die Landesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung Bayern (LAG Bayern) bietet ein Forum für Kooperation, fachlichen Austausch und Fortbildung der haupt- und ehren-amtlichen Wohnberater im Freistaat.www.wohnungsanpassung-bag.de/seite/259739/bayern.html

Ebenfalls staatliche gefördert wird die Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer an insgesamt 18 Standorten im Freistaat. Das Beratungsangebot richtet sich an alle Menschen in Bayern; die Erstberatung erfolgt kostenlos.

Beratungsstelle BarrierefreiheitTelefon 089 13 98 80-80www.byak.de/start/beratungsstellen/beratungsstelle-barrierefreiheit

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Ausgaben der sozialen Pflegeversicherung für Hilfsmittel, Wohnumfeldverbesserung und Pflegesachleistungen in Deutschland, in Mrd. Euro

Datenquelle: Bundesministerium für Gesundheit

TECHNISCHE ASSISTENZSYSTEME: MODERNE TECHNIK UND DIGITALISIERUNG HALTEN EINZUG

Das erklärte Ziel der Pflege und der Wunsch vieler älterer Menschen ist der möglichst lange Verbleib in der Selbstständigkeit im eigenen Zuhause. Dies wird zunehmend von einem Phänomen des sozialen Wandels beschränkt: Immer weniger Menschen sind im Alter von Angehörigen umgeben, die tägliche Aufgaben und Pflege übernehmen kön-nen. Das macht es in immer größerem Maße notwendig, pflegebedürftige Menschen unterstützend mit technischen Systemen auszustatten, die sich in ihr Lebensumfeld integrieren und über klassische, eindimensionale Hilfsmittel wie Rollstühle oder Rolla-toren hinausgehen.

Viele Menschen mit Pflegebedarf, die zu Hause betreut werden, sind bereits heute mit Assistenzsystemen einer neueren Generation ausgestattet. Dazu gehören etwa Haus-notruf- oder Telemonitoring-Systeme, die Daten an externe Dienstleister übertragen und bei Bedarf alarmieren. Bisher noch nicht in den Leistungskatalog der Pflegeversi-cherungen aufgenommen, aber angesichts der kommenden Herausforderungen an häusliche Pflege zunehmend diskutiert, sind vernetzte Assistenzsysteme, die direkt in die Lebensumgebung der Pflegebedürftigen integriert sind und somit in höchstem Maße personalisiert unterstützen können.

CHANCEN FÜR DIE PFLEGE

Technik und Digitalisierung bergen Chancen für die Pflege in mehrfacher Hinsicht.

Zum einen ist es die direkte Unterstützung für Pflegebedürftige selbst, etwa durch einen automatischen Alarm bei Stürzen oder intelligente Kleidung, die in Notfällen Hilfe ruft. Sensormatten könnten auch weitere Funktionen abdecken, zum Beispiel bei der

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Beleuchtungssteuerung oder bei der Dekubitusprophylaxe. Für Demenzkranke kann die digitale Vernetzung besonders hilfreich sein: Innovative Ortungssysteme können deso-rientierten Menschen helfen, sich zurechtzufinden, intelligente Rollatoren zeigen den Weg nach Hause.

Entlastungsmöglichkeiten ergeben sich aber auch für Pflegekräfte und pflegende Angehörige. Bereits nutzbar ist zum Beispiel ein elektronisches Pflegetagebuch mit Erinnerungsfunktionen für Termine, Rezepte, Medikamentenbestellung und anderes mehr. Pflegeroboter sind zwar noch ein Nischenprodukt, werden aber sicher eine immer wichtigere Rolle spielen. 83 Prozent der Bundesbürger können sich vorstellen, Ser-vice-Roboter zu Hause zu nutzen – vor allem, wenn sie dadurch möglichst lange in ihrem gewohnten Umfeld bleiben können (BMBF/forsa 2016).

Berührungsängste gibt es dennoch. Wichtig ist deshalb der direkte Austausch zwischen intelligenter Technik und fürsorgender Pflege: Was sind die konkreten Bedarfe in der Pflege? Wie steht es um die Bedienbarkeit digitaler Technik und Robotik durch die Pflege-kräfte und durch die Pflegebedürftigen selbst? Bürgerinnen und Bürger müssen sich vom Mehrwert der digitalen Anwendungen überzeugen können. High-Tech darf nicht bedeuten, dass technische und digitale Anwendungen die Menschlichkeit verdrängen – im Gegenteil: High-Tech soll Freiräume für mehr menschliche Zuwendung schaffen. Ziel ist es, marktreife Produkte zu entwickeln und in den Pflegealltag zu bringen. Pflege-kassen müssen sich hier fragen, ob sie sich nicht aktiver an der Entwicklung und Erfor-schung digitaler Technik für den Pflegealltag beteiligen wollen. Zugleich wäre es sinn-voll, digitale Kompetenz zum Bestandteil der Pflegeausbildung zu machen. Denn nur wer deren Nutzen erfahren hat, wird aufgeschlossener gegenüber der Technik sein und sie auch verwenden.

In diesem Zusammenhang ist auch eine offene Debatte über den Umgang mit den großen Datenmengen notwendig, die in Gesundheit und Pflege bereits heute entstehen. Ob es die immer beliebteren Gesundheits-Apps, elektronische Patientenakten oder Big-Data-Anwendungen sind: Immer geht es um hochsensible persönliche Daten. Ihr Schutz muss absoluten Vorrang haben.

Die Bayerische Staatsregierung sieht in der Gestaltung von Digitalisierung und Technik in der Pflege ein wichtiges Handlungsfeld. Das neue Netzwerk Pflege Digital Bayern,

das sich im Nachgang zu den bislang drei einschlägigen Fachtagun-gen des StMGP „Pflege Digital“ 2015, 2016 und 2017 in Kooperation mit dem MDK Bayern und dem Verband der Elektrotechnik, Elektro-nik und Informationstechnik e. V. (VDE) Bayern gegründet hat, soll dabei helfen, innovative Förderprojekte zur Digitalisierung und Technik in der häuslichen Pflege weiterzubringen. Außerdem wer-den Modellvorhaben unterstützt, die auf diesem Gebiet forschen und Lösungen entwickeln. Beim Zentrum Digitalisierung Bayern (ZD.B) ist eine Plattform Digitale Gesundheit/Medizin eingerichtet, in der die Vorstellungen im Bereich Gesundheit und Pflege eingebracht werden können. Im Rahmen des Investitionsprogramms „Master-plan BAYERN DIGITAL II“ wird auch die Digitalisierung in Gesund-heit und Pflege weiter vorangebracht.

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Mit dem Altern der Gesellschaft werden Kon-zepte der Unterstützung eines selbstständi-gen Lebens und darauf ausgerichteter Dienst-leistungen weit über technische Assistenz-systeme und die Wohnraumanpassung hinaus wichtig. Es geht um neue Sichtweisen in Behörden und Unternehmen, die Mobili-sierung von Bildungschancen, die Erschlie-

ßung von sinnvollen Tätigkeiten für Ältere und vieles mehr. Die Suche nach solchen gesellschaftlichen Entwicklungsformen ist inzwischen auch zu einem multidisziplinären Forschungsfeld geworden. Ein großes Pro-jekt dieser Art, FISnet, läuft derzeit in der Region Augsburg.

FISNET: INDIVIDUALISIERTE UNTERSTÜTZUNG IM ALTERSÜBERGANG IN DER REGION AUGSBURG/SCHWABEN

Mit den Herausforderungen im Altersübergang zwischen 55 und 75 Jahren beschäftigt sich das Projekt „Flexible individualisierte Service-Netzwerke“, kurz FISnet. Es wird über das Programm „Gesundheits- und Dienstleistungsregionen von morgen“ (GeDiReMo) des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert.

Im Rahmen des Projekts wird gemeinsam mit 27 Forschungs- und Praxispartnern nach regionalen Strategien und innovativen, vernetzten Dienstleistungsangeboten gesucht, die auf die vielfältigen Veränderungen des Alters und des Älterwerdens und damit ver-bundene individuelle Bedürfnisse eingehen. Die entwickelten Angebote reichen von (betrieblichen) Gesundheitsdienstleistungen über Bildungsangebote und Möglichkeiten des bürgerschaftlichen Engagements bis hin zu Beratungen in Finanzfragen und richten sich sowohl an Betriebe im Sinne eines ganzheitlichen betrieblichen Altersübergangs-managements als auch an Privatpersonen.

Zur Etablierung eines engmaschigen Netzwerkes kann das Projekt, das 2014 gestartet wurde, auf eine Reihe wichtiger regionaler Praxispartner zurückgreifen, darunter die Universität Augsburg, die Volkshochschulen Augsburg und Aichach-Friedberg, die AOK Bayern, die Caritas, die Stadt Augsburg, den Landkreis Augsburg sowie das Freiwilli-gen-Zentrum Augsburg.www.fisnet.info

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4.5 Arzneimittelversorgung

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• Eine flächendeckende und wohnortnahe Arzneimittelversorgung ist essenziellerBestandteil einer hochwertigen und sicheren Gesundheitsversorgung und wird in einer älter werdenden Gesellschaft immer wichtiger.

•AuchinBayernhatdieZahlderApothekenseit2009abgenommen.FürdieArznei-mittelversorgung steht aber weiterhin ein flächendeckendes Netz zur Verfügung. Ein weiterer gravierender Rückgang in ländlichen Gebieten könnte jedoch die wohnort-nahe Arzneimittelversorgung gefährden.

•Die Anzahl an Tagesdosen der häufigsten verschriebenen Fertigarzneimittel sind im vergangenen Jahrzehnt bei gesetzlich Krankenversicherten deutlich angestiegen, auch bei Senioren.

•Die tägliche Einnahme mehrerer unterschiedlicher Arzneimittel (Polymedikation)nimmt mit dem Alter deutlich zu.

•NebenärztlichverordnetenArzneimittelnnehmenvieleältereundhochbetagteMen-schen regelmäßig auch nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel ein.

ApothekenEine flächendeckende und wohnortnahe Arz-neimittelversorgung ist essenzieller Bestand-teil einer hochwertigen und sicheren Gesund-heitsversorgung und wird in einer älter wer-denden Gesellschaft immer wichtiger. Neben Ärztinnen und Ärzten sind auch die Apothe-ken vor Ort leicht zugängliche Anlaufstellen

für Informationen zu Gesundheitsfragen. Die mit dem Versorgungsauftrag verbundenen Dienstleistungen sind unverzichtbar. Persön-liche Beratung, Heimversorgung, Nacht- und Notdienste, kurzfristige und Notfallver-sorgung, Arzneimittelherstellung auch in Not fällen – all das können nur öffentliche Apotheken vor Ort leisten.

Entwicklung der Apothekenzahlen in Bayern

Datenquelle: Bayerische Landesapothekerkammer

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Seit 2009 war bundesweit ein kontinuier-licher Rückgang von zuvor rund 21.600 auf 20.023 Apotheken Ende 2016 zu verzeich-nen.50 Im ersten Quartal 2017 ist die Zahl unter 20.000 gesunken, auf 19.898 Apothe-ken – den niedrigsten Stand seit 1990. Auch in Bayern hat die Zahl der Apotheken seit 2009 um ca. 200 abgenommen; Ende 2016 bestanden 3.205 Apotheken.

Für diese Entwicklung gibt es vielfältige Ursachen, zum Beispiel den Wettbewerb der Apotheken untereinander oder die Auf-gabe von Apotheken ohne Nachfolge. Für die Arzneimittelversorgung steht in Bayern aber weiterhin ein flächendeckendes Netz an Apotheken zur Verfügung. Ein weiterer gravierender Rückgang in ländlichen Gebieten könnte jedoch die wohnortnahe Arzneimittelver sorgung gefährden.

Aussagekräftiger als die absolute Zahl der Apotheken ist die Apothekendichte, d. h. das Verhältnis von Einwohnern und Apotheken. Dieses wird aufgrund der Niederlassungs-freiheit letztlich marktwirtschaftlich be-stimmt. In der Apothekendichte zeigen sich bei regionaler Betrachtung deshalb Unter-

schiede. Je nach Einwohnerzahl, Ausdeh-nung und Struktur von Städten und Landkrei-sen kann sie variieren. Im innerdeutschen Vergleich liegt Bayern bei der Apotheken-dichte im Durchschnitt, im europäischen Vergleich im unteren Mittelfeld.

Einwohner je Apotheke in Bayern 2015, nach Landkreisen

Datenquelle: LGL, Gesundheitsatlas Bayern

Besonderheiten der Arzneimittel-einnahme im AlterFür viele Seniorinnen und Senioren ist die Einnahme von Arzneimitteln ein fester Bestandteil des täglichen Lebens. Nicht jedes Arzneimittel ist jedoch für den Einsatz im Alter oder bei bestimmten Vorerkrankungen geeignet. Auch kann eine Substanz nicht nur die gewünschte Wirkung, sondern auch schwerwiegende Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Arzneimit-

teln haben. Denn häufig wird nicht nur ein Arzneimittel eingenommen: Mit zunehmen-dem Alter steigt die Wahrscheinlichkeit des gleichzeitigen Vorliegens mehrerer, vorwie-gend chronischer Erkrankungen (vgl. Kap 3.5) und damit auch die Anzahl der Arzneimittel, die zur Behandlung erforderlich sind. Die dauerhafte und gleichzeitige Einnahme mehrerer, auch nicht verschreibungspflichti-ger Arzneimittel wird als „Polymedikation“ bezeichnet.

50 Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände, www.abda.de.

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MEHR SICHERHEIT BEI DER VERORDNUNG VON ARZNEIMITTELN IM ALTER DIE PRISCUS-LISTE

„Priscus“ (lat.: alt, ehrwürdig) ist der Titel eines großen, vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojektes zur Gesundheit und Gesund-heitsversorgung alter Menschen. Ein Teilprojekt galt der Sicherheit bei der Verordnung von Arzneimitteln zur Behandlung älterer Menschen. Erarbeitet wurde eine Liste mit all jenen Arzneimitteln, die für ältere Menschen nicht geeignet sind oder deren Dosierung im Alter angepasst werden muss. Diese „PRISCUS-Liste potenziell inadäquater Medika-tion für ältere Menschen“ soll die Arzneimitteltherapie von älteren Patienten sicherer machen, indem sie hilft, möglicherweise ungeeignete Arzneimittel, Wechsel- oder Nebenwirkungen zu vermeiden.51

Über das Thema informiert auch die Broschüre „Medikamente im Alter“, zu beziehen über den

Publikationsversand der BundesregierungPostfach 48 10 09, 18132 RostockE-Mail: [email protected] unter www.bmbf.de/pub/Medikamente_im_Alter.pdf

DAS GIB-DAT-NETZWERK ZUR QUALITÄTSSICHERUNG

Auch in Bayern wird intensiv an der Verbesserung der Arzneimittelsicherheit für ältere Menschen gearbeitet. Grundlage dafür bildet die Geriatrie-in-Bayern-Datenbank (GiB-DAT), ein Netzwerk von rund 100 Abteilungen und Kliniken mit stationärer Behandlung älterer Patienten. Die Kliniken übermitteln unter anderem Daten zur Entlassungsmedika-tion ihrer Patienten. Mehrere 10.000 Datensätze wurden vom Lehrstuhl für Klinische Pharmakologie und Toxikologie der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg gemeinsam mit dem Geriatrie-Zentrum Erlangen im Waldkrankenhaus St. Marien unter-sucht. Das Projekt „Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit bei älteren Men-schen“ soll dazu beizutragen, langfristig die Qualität der Therapie zu sichern.

Der Arzneimittelverbrauch kann in Form defi-nierter Tagesdosen (Defined Daily Doses, DDD) gemessen werden. Dabei wird nicht die tatsächlich vom Arzt verordnete Tagesdosis betrachtet, sondern für jedes Arzneimittel eine berechnete, mittlere tägliche Dosis für einen Erwachsenen angenommen. Die

folgende Tabelle führt Tagesdosen der am häufigsten verschriebenen Arzneimittel auf; sie wird angeführt von blutdrucksenkenden Medikamenten, Mitteln zur Behandlung von Magen- und Zwölffingerdarmgeschwüren (Ulkustherapeutika) sowie ausschwemmen-den Mitteln (Diuretika).

51 Deutsche Seniorenliga e. V.: Medikamente im Alter, http://medikamente-im-alter.de/priscus.html.

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Anzahl der Tagesdosen der häufigsten verschriebenen Fertigarzneimittel je GKV-Versichertem, Deutschland, 2015

65 bis unter 70

Jahre

70 bis unter 75

Jahre

75 bis unter 80

Jahre

80 bis unter 85

Jahre

85 bis unter 90

Jahre

90 Jahre und älter

Gesamtmarkt GKV-Rezepte mit Fertigarzneimitteln

1.092 1.392 1.506 1.669 1.675 1.496

Angiotensinhemmstoffe 270 337 356 375 361 311Ulkustherapeutika 100 124 134 161 180 180Diuretika 47 70 93 131 162 176Calciumantagonisten 66 89 100 113 113 101Betarezeptorenblocker 73 94 100 104 97 76Antithrombotische Mittel 46 70 84 101 106 92Lipidsenker 73 95 98 95 76 44Antidiabetika 81 89 90 84 61 38Psychoanaleptika 27 33 38 48 55 51

Datenquelle: GKV-Arzneimittelindex

Definiert man Polymedikation als die tägliche Einnahme von mindestens fünf verschrei-bungspflichtigen Arzneimitteln, dann trifft dies auf 46 Prozent aller Personen ab dem 80. Lebensjahr zu. Unterschiede zwischen den Geschlechtern finden sich dabei nicht

(Männer: 45,8 Prozent, Frauen: 46,1 Prozent). Bei den 65- bis 70-Jährigen liegt der Anteil derjenigen mit Polymedikation bei etwa einem Drittel, bei jüngeren Personen im Alter zwischen 55 und 65 Jahren bei ca. 28 Prozent.

Anteil der Bevölkerung in Deutschland, der täglich eine bestimmte Anzahl an ärztlich ver-ordneten Arz neimitteln einnimmt, in Prozent

Anzahl an Arzneimitteln

Alle Personen ab dem 40. Lebensjahr

55–64 Jahre 65–79 Jahre 80+ Jahre

0–1 3,9 3,4 3,3 1,92–4 65,1 68,9 62,5 525–10 27,9 25,2 31,2 39,5

10 oder mehr 3,1 2,6 3 6,5

Datenquelle: DEAS 2014; Bezug: alle Befragten; Berechnungen INIFES

Neben verschreibungspflichtigen Arzneimit-teln werden häufig zusätzlich Arzneimittel eingenommen, die nicht direkt vom Arzt verschrieben wurden. Dabei handelt es sich hauptsächlich um sogenannte OTC-Arz-neimittel (Over The Counter Drugs), die rezeptfrei in Apotheken, in Drogerien oder Supermärkten erhältlich sind. Zu den um-

satzstärksten OTC-Arzneimitteln gehören Präparate gegen Husten oder Erkältung sowie Schmerzmittel. Im Vergleich zu ärztlich verordneten Arzneimitteln werden diese nicht-rezeptpflichtigen Arzneimittel in der Regel bei Bedarf und nicht regelmäßig einge-nommen. Dennoch findet sich auch hier die Tendenz, dass mit steigendem Alter die

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Bereitschaft steigt, zusätzliche Arzneimittel einzunehmen. So nehmen ca. zehn Prozent aller Personen ab 80 Jahren täglich zusätz-lich neben den ärztlich verordneten Arznei-mitteln mindestens ein nicht-rezeptpflichti-

ges Arzneimittel ein. Bei Personen im Alter zwischen 65 und 79 sind es ca. neun Prozent und bei Personen zwischen 55 und 64 Jahren ungefähr 5 Prozent.

Anteil der Bevölkerung in Deutschland, der täglich eine bestimmte Anzahl an OTC-Arzneimitteln einnimmt, in Prozent

Anzahl an OTC- Arzneimitteln

Alle Personen ab dem 40. Lebensjahr

55–64 Jahre 65–79 Jahre 80+ Jahre

0 94,1 94,8 91,4 89,71 4,6 4,3 6,6 7,52+ 1,2 0,9 2 2,8

Datenquelle: DEAS 2014; Bezug: alle Befragten; Berechnungen INIFES

DEN ÜBERBLICK BEHALTEN: DER MEDIKATIONSPLAN

Für das gemeinsame Medikationsmanagement zwischen Ärzten und Apothekern soll seit Oktober 2016 vor allem für Patienten mit mehreren Erkrankungen und Poly medi-kation ein Medikationsplan erstellt werden. In einem solchen Plan werden – für Patien-tinnen und Patienten verständlich formuliert – alle verschreibungspflichtigen und nicht verschreibungspflichtigen Arzneimittel mit Dosierungs- und Einnahmehinweisen doku-mentiert.

Der Medikationsplan wird vom (Haus-)Arzt erstellt und aktualisiert. Letzteres können auf Wunsch des Versicherten auch Apotheker vornehmen; 88 Prozent der Patienten, die regelmäßig drei oder mehr Arzneimittel einnehmen, haben nach Angaben der Bundes-vereinigung Deutscher Apothekerverbände eine Stammapotheke. Bislang wird der Medikationsplan nur in Papierform ausgegeben, mittelfristig soll er aber auch über die elektronische Gesundheitskarte abrufbar sein.

Gerade für ältere, chronisch und mehrfach erkrankte Menschen kann der Medikations-plan eine Hilfe sein. Er zeigt auf einen Blick, wann welches Arzneimittel in welcher Menge einzunehmen ist. Auch Arzt oder Apotheker sehen in der Übersicht, welche Arz-neimittel gerade anwendet werden. Diese zusätzliche pharmazeutische Betreuung soll die Therapietreue verbessern und Probleme verringern, die mit der Arzneimittelein-nahme verbunden sein können. Der Medikationsplan ist damit ein weiterer Baustein zum sicheren Umgang mit Arzneimitteln, der dazu beiträgt, Krankenhaus aufenthalte zu vermeiden und die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu verbessern.

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4.6 Am Lebensende

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DiehäufigstenTodesursachenbeiMenschenabdem65.LebensjahrwareninBayernim Jahr 2015 Erkrankungen des Herzens, Krebs und Demenz.

•DiehäufigstenTodesursachenvonMännernundFrauenunterscheidensich:Deutlichmehr Männer versterben an einem Herzinfarkt oder aufgrund von Lungen- oder Bronchial krebs, Frauen dagegen häufiger an einer Demenz oder einer Herzschwäche.

• Im Zeitverlauf hat die Todesursache „Demenz“ an Bedeutung gewonnen: Im Jahr 2000 lag sie in Bayern noch auf Platz 45 der häufigsten Todesursachen, im Jahr 2015 auf Platz 3.

•Bedeutung,AngebotunddieAkzeptanzvonHospiz-undPalliativversorgunghabeninden letzten Jahren zugenommen.

Todesursachen älterer MenschenAls Todesursache wird in der medizinischen Statistik die zum Tode führende Krankheit bzw. Unfallursache verstanden. Sie wird im Rahmen einer Leichenschau von einem Arzt, häufig dem Hausarzt, bestimmt. In bestimm-ten Fällen ist eine Obduktion notwendig, zum Beispiel wenn eine nicht natürliche Todesur-sache nicht ausgeschlossen werden kann. Die Bestimmung der Haupt-Todesursache ist gerade vor dem Hintergrund der Multimorbi-dität älterer Menschen schwierig. Häufig kann nicht eindeutig geklärt werden, welche von mehreren bestehenden Erkrankungen letztendlich zum Tod geführt hat. Da die Todesursachenstatistik in Deutschland bis-her für jeden Todesfall nur eine Krankheit dokumentiert, wird das sogenannte Grund-leiden ausgewiesen. Darunter wird die Krank-heit verstanden, die für Folgeerkrankungen als ursächlich angesehen wird. Wenn zum Beispiel eine Person an einer akuten Hirn-blutung stirbt, diese aber auf die Metastasen-bildung eines langjährigen Krebsleidens zurückzuführen ist, wird in der Statistik die-ses Krebsleiden als Todesursache ausge-wiesen. Künftig soll in Deutschland eine multikausale Todesursachenstatistik entste-hen, die die gesamte Kausalkette vom Grund-

leiden bis zur unmittelbaren Todesursache dokumentiert. Auch in Bayern laufen die dazu erforderlichen Vorarbeiten.

Die Todesursachen von Seniorinnen und Senioren unterscheiden sich von denen jün-gerer Menschen – eine Folge der altersspezi-fischen Krankheitsbilder. In Bayern waren im Jahr 2015 die häufigsten in der Todesursa-chenstatistik ausgewiesenen Grundleiden bei Menschen über 65 Jahren Erkrankungen des Herzens, Demenz, Krebs sowie Erkran-kungen der Lunge. Über 10.000 Seniorinnen und Senioren starben aufgrund einer chroni-schen Verengung der Herzkranzgefäße (chro-nische ischämische Herzkrankheit, ICD I25), ca. 6.500 aufgrund einer Herzinsuffizienz und weitere rund 5.600 aufgrund eines Herzin-farkts (akuter Myokardinfarkt, Diagnose I21).

An dritter Stelle der Todesursachen steht mit rund 6.000 Fällen eine Diagnose aus der Gruppe der Demenzen (ICD F03), bei Frauen deutlich häufiger als bei Männern. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass hoch-betagte Frauen häufiger als hochbetagte Männer an einer Demenz leiden, zum ande-ren darauf, dass Männer oft früher an ande-ren Krankheiten versterben.

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Im Gegensatz zur Demenz betrifft Krebs als Todesursache häufiger Männer. Das zeigt sich zum Beispiel darin, dass im Jahr 2015 mehr als doppelt so viele ältere Männer an Bronchial- oder Lungenkrebs (bösartige Neu-bildung der Bronchien und der Lunge) ver-storben sind als ältere Frauen. Auch Darm-krebs (bösartige Neubildung des Kolons) ist bei Männern eine häufigere Todesursache.

Die geschlechtsspezifischen Unterschiede beim Bronchial- und Lungenkrebs werden in der Regel auf das unterschiedliche Rauch-verhalten von Frauen und Männern zurück-geführt. Der Prostatakrebs ist bei Männern ab dem 65. Lebensjahr die sechsthäufigste Todesursache, vergleichbar mit dem Brust-krebs (bösartige Neubildung der Brustdrüse) bei Frauen.52

Häufigste Todesursachen bei Personen ab dem 65. Lebensjahr, Bayern 2015

Sterbefälle absolut

Altersstandardisierte Sterbeziffer je 100.000

Todesursachen Anzahl Insgesamt Männer FrauenI25 Chronische ischämische Herz-krankheit

10.330 311,8 434,1 226,7

I50 Herzinsuffizienz 6.529 189,6 185,0 187,8F03 Nicht näher bezeichnete Demenz 5.967 170,1 153,7 175,5I21 Akuter Myokardinfarkt 5.610 181,3 251,8 127,3C34 Bösartige Neubildung der Bronchien und der Lunge

3.751 143,0 211,7 90,3

J44 Sonstige chronische obstruktive Lungenkrankheit

3.746 124,4 174,1 90,3

I11 Hypertensive Herzkrankheit 3.740 108,3 83,4 119,1I48 Vorhofflattern und Vorhofflimmern 3.283 94,9 88,9 96,4J18 Pneumonie, Erreger nicht näher bezeichnet

2.663 79,3 108,4 61,3

E14 Nicht näher bezeichneter Diabetes mellitus

2.339 72,3 80,0 64,7

I64 Schlaganfall, nicht als Blutung oder Infarkt bezeichnet

2.301 67,4 68,5 64,4

Geschlechtsspezifische TodesursachenC50 Bösartige Neubildung der Brust-drüse [Mamma]

1.966 – – 117,2

C61 Bösartige Neubildung der Prostata 1.825 – 149,5 –

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

52 Auch Männer können von Brustkrebs betroffen sein, jedoch ist die Wahrscheinlichkeit bei Frauen in etwa um das 150-Fache höher.

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4. Versorgung

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Auch wenn Herz-Kreislauf-Erkrankungen nach wie vor eine hohe Bedeutung haben, ist ihr Anteil bei den Todesursachen im Zeitver-gleich zurückgegangen. Im Jahr 2000 entfie-len jeweils knapp 12 Prozent aller Todesfälle in Bayern von Menschen ab 65 Jahren auf eine chronische Herzkrankheit oder eine Herzinsuffizienz, im Jahr 2015 waren dies nur noch neun bzw. sechs Prozent. Auch der Herzinfarkt (akuter Myokardinfarkt) hat in sei-ner Bedeutung abgenommen, der Anteil ist

von sieben auf fünf Prozent gesunken. Deut-lich zugenommen hat dagegen die Demenz als Todesursache; ihr Anteil stieg von 0,4 Pro-zent im Jahr 2000 auf ca. fünf Prozent im Jahr 2015. Erklärt werden kann diese Entwicklung durch den medizinischen Fortschritt und gesündere Lebensstile, was einerseits die Lebenserwartung ansteigen ließ (und damit auch die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken) und andererseits andere Todes-ursachen zurückdrängte.

Anteil ausgewählter Todesursachen an allen Todesursachen ab dem 65. Lebensjahr in Bayern 2000 bis 2015, in Prozent

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Hospiz- und Palliativversorgung in BayernDie meisten Menschen wünschen sich, auch ihre letzten Tage zu Hause zu verbringen und dort zu sterben. Krankheit und Pflegebedürf-tigkeit verhindern das jedoch in den meisten Fällen. Ein Viertel der über 90-Jährigen in Bayern ist – wie auch in ganz Deutschland – auf stationäre Dauerpflege angewiesen. Zum

Lebensende wird aber häufig auch bei denje-nigen Menschen, die bislang noch zu Hause lebten, ein Krankenhausaufenthalt nötig. Sterbeort-Untersuchungen zeigen, dass etwa die Hälfte der Menschen im Krankenhaus stirbt, ein Fünftel im Heim, ein weiteres Fünf-tel zu Hause, die anderen z. B. in einem statio-nären Hospiz oder auf einer Palliativstation.

53 Dasch, B., Blum, K., Gude, Ph., Bausewein, C. (2015): Sterbeorte. Veränderung im Verlauf eines Jahrzehnts: Eine populations-basierte Studie anhand von Totenscheinen der Jahre 2001 und 2011. Dtsch Arztebl 2015; 112(29–30): S. 496–504.

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Anteil der Sterbefälle im Krankenhaus an allen Sterbefällen, 2015, in Prozent

Datenquelle: Statistisches Bundesamt; Berechnungen: LGL

Bedeutung, Angebot und die Akzeptanz von Hospiz- und Palliativversorgung haben in den letzten Jahren zugenommen. Ziel ist es, die Sterbenden durch eine qualitativ hochwertige und umfassende Versorgung medizinisch, pflegerisch, spirituell und seelisch zu beglei-ten und ihre Angehörigen zu unterstützen.

Die ambulante Hospizarbeit wird von den Hospizvereinen mit ihren vielen Tausend ehrenamtlichen Hospizhelferinnen und -hel-fern in Bayern getragen. Dem Bayerischen Hospiz- und Palliativverband zufolge gab es 2016 in Bayern ca. 140 ambulante Hospiz-dienste für Erwachsene. Diese begleiten die Sterbenden und ihre Angehörigen ambulant Zuhause, in Pflegeeinrichtungen, in Kranken-häusern und auch in stationären Hospizen. Sie sind in den Regionen gut vernetzt und arbeiten mit Pflegediensten, Ärzten und Seel-sorgern eng zusammen.

Ist eine Versorgung im gewohnten Umfeld nicht möglich und eine Krankenhausbehand-lung nicht nötig, besteht die Möglichkeit, Betroffene in stationären Hospizen unterzu-

bringen. Diese kleinen stationären Einrich-tungen mit familiärem Charakter gehen in der räumlichen Gestaltung und personellen Ausstattung auf die besonderen Bedürfnisse schwerkranker, sterbender Menschen und ihrer Angehörigen ein. Schwerstkranke und sterbende Menschen können hier in der letz-ten Lebensphase oft besser begleitet werden als andernorts, so dass ihnen, von Schmer-zen und anderen Symptomen befreit, ein Abschied in Würde ermöglicht werden kann. In Bayern gibt es derzeit 18 stationäre Hos-pize für Erwachsene mit 186 Betten.54 Mit acht bis 16 Betten je Hospiz erfüllen diese die Vorgaben der bundesweit geltenden Rah-menvereinbarung.55

Palliativmedizinische Abteilungen und palli-ativmedizinische Dienste sind anders als Hospize immer an ein Krankenhaus angeglie-dert. Das vorrangige Ziel der palliativen Ver-sorgung ist es, weitgehende Symptom- und Leidenslinderung zu bieten und die Stabili-sierung des Gesundheitszustandes von Pati-enten mit fortschreitender Erkrankung und begrenzter Lebenserwartung zu erreichen,

54 StMGP, Stand 01.09.2017.

55 § 39a Abs. 1 Satz 4 SGB V über Art und Umfang sowie Sicherung der Qualität der stationären Hospizversorgung vom 13.03.1998, i. d. F. vom 31.03.2017.

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4. Versorgung

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um sie nach Möglichkeit in die gewohnte Umgebung zu entlassen oder ein Sterben unter würdevollen Bedingungen im Kranken-haus zu ermöglichen. Deshalb versorgen pal-liativmedizinische Dienste auch außerhalb der Palliativstation schwerstkranke und ster-bende Patienten auf allen Stationen im Kran-kenhaus. Aktuell verfügt ein Viertel aller Krankenhäuser in Bayern über eine statio-näre Palliativversorgung. Die eine Hälfte davon sind Krankenhäuser mit Palliativsta-tion, die andere ausschließlich mit palliativ-medizinischem Dienst.

Nach Angaben der Bayerischen Landesärzte-kammer waren im Jahr 2016 insgesamt 841 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatz- Weiterbildung Palliativmedizin tätig, 313 von ihnen – und damit dreimal so viele wie im Jahr 2010 – im ambulanten Bereich. Weitere

469 Ärztinnen und Ärzte mit der Zusatz- Weiterbildung Palliativmedizin praktizierten im stationären Bereich. Auch ihre Anzahl hat sich im Vergleich zu 2010 erhöht, und zwar um das 2,5-Fache.

Der Großteil der ambulanten Palliativversor-gung wird durch die allgemeine ambulante Palliativversorgung (AAPV) erbracht. Als Teil der Regelversorgung leisten sie überwie-gend Hausärztinnen und -ärzte gemeinsam mit ambulanten Pflegediensten. Bei komple-xen Erkrankungen mit besonderem pflegeri-schen Bedarf kann die spezialisierte ambu-lante Palliativversorgung (SAPV) hinzuge-zogen werden, auf die es einen eigenen Anspruch gibt. Etwa zehn Prozent der Betrof-fenen benötigen diese besondere Form der Versorgung, für die eine ärztliche Verordnung notwendig ist.

CHARTA ZUR BETREUUNG SCHWERSTKRANKER UND STERBENDER MENSCHEN IN DEUTSCHLAND

Bayern ist als erstes Land 2012 der Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland beigetreten. Ziel der Charta ist ein verbessertes Betreuungsangebot. Dazu hat der Freistaat bereits 2011 ein eigenes Rahmenkonzept zur Hospiz- und Palliativversorgung verabschiedet, das zusammen mit der Charta eine wichtige Grundlage für den Aus- und Aufbau der Hospiz- und Palliativversorgung dar-stellt. Dabei sind ein umfassendes Betreuungsangebot vor Ort und eine einfühlsame Begleitung für schwerstkranke und sterbende Menschen und ihre Familien besonders wichtig. Dies kann gemeinsam durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen multiprofessioneller Palliativversorgung, qualifizierter ehrenamtlicher Hospiz arbeit und Rückhalt in der Gesellschaft gelingen.www.charta-zur-betreuung-sterbender.de

Die vom StMGP unterstützte Wanderausstellung „Gemeinsam Gehen. Wege der Ster-bebegleitung und Versorgung für Schwerkranke und Angehörige“ informiert über die Hospizbewegung in Bayern sowie über die Bayerische Stiftung Hospiz. In acht Themen-feldern greift sie unterschiedliche Bereiche der Hospizbewegung auf: Sterbebegleitung zu Hause, in stationären Pflegeeinrichtungen und in stationären Hospizen, Begleitung in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung, Hospizarbeit und Palliativversorgung im Krankenhaus, Ethik und Spiritualität in der Hospizarbeit, die Rolle der Angehörigen und das Thema Trauerarbeit. www.stmgp.bayern.de/ministerium/oeffentlichkeitsarbeit/#Wanderausstellungen

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4.7 Gesundheitsausgaben

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•DieKostenfürGesundheitsausgabensindinBayernzwischen2003und2014umfast50 Prozent gestiegen – dies entspricht auch der gesamtdeutschen Entwicklung.

•Der größte Teil der Gesundheitsausgaben entfällt auf ärztliche und pflegerische/ therapeutische Leistungen sowie Waren wie Hilfsmittel oder Arzneimittel.

Je älter die Menschen werden, desto wichti-ger wird für sie eine gute und spezialisierte gesundheitliche Versorgung. Dies hat Ein-fluss auf die Kostenentwicklung im Gesund-heitswesen. In Bayern sind die Gesundheits-ausgaben von ca. 35 Milliarden Euro im Jahr 2003 auf über 50 Milliarden Euro im Jahr 2014 gestiegen. Je Einwohner in Bayern entspricht dies 4.024 Euro (2014). In Deutschland ins-gesamt gibt es einen Anstieg in ähnlicher Größenordnung.

Der größte Anteil der Gesundheitsausgaben entfällt auf ärztliche und pflegerische/thera-peutische Leistungen sowie Waren (z. B. Hilfsmittel oder Arzneimittel). Stark angestie-gen sind die Ausgaben für Transporte, Unter-

kunft und Verpflegung (seit 2003 bundesweit um ca. 70 Prozent). Der Anteil dieser Ausga-bengruppe an den Gesundheitsausgaben insgesamt ist zwar gering, sie geht jedoch in erheblichem Maße auf ältere Patientinnen und Patienten zurück. Der Anstieg kann daher als Hinweis gesehen werden, dass sich die medizinischen Erfordernisse der Älteren zunehmend in der Ausgabenentwicklung des Gesundheitswesens bemerkbar machen und auch auf die Kostenstruktur im Gesundheits-wesen Einfluss nehmen. Mit dem Alter wer-den chronische Krankheiten und Multimorbi-dität häufiger. Zugleich erweitern sich die diagnostischen und therapeutischen Mög-lichkeiten des Gesundheitssystems, was in der Regel mit höheren Kosten verbunden ist.

Gesundheitsausgaben nach Leistungsarten 2015 (in Prozent) und Veränderung der Ausgaben zwischen 2003 und 2015, Deutschland, in Prozent

Anteile an den laufenden Kosten 2015

Veränderung zwischen 2003 und 2015

Insgesamt + 47,1LeistungsartenPrävention/Gesundheitsschutz 3,3 + 35,8Ärztliche Leistungen 27,5 + 49,4Pflegerische/therapeutische Leistungen 26,8 + 56,4Unterkunft und Verpflegung 7,9 + 38,0Waren 27,7 + 43,9Transporte 2,0 + 70,0Verwaltungsleistungen 4,7 + 23,8

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

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4. Versorgung

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Anteil an den Gesundheitsausgaben insgesamt, Bayern 2014, in Prozent

Insgesamt 100,0 davon Öffentliche Haushalte 4,6 Gesetzliche Krankenversicherung 55,3 Soziale Pflegeversicherung 6,5 Gesetzliche Rentenversicherung 1,3 Gesetzliche Unfallversicherung 1,6 Private Krankenversicherung 10,6 Arbeitgeber 4,5 Private Haushalte u. private Organisationen ohne Erwerbszweck 15,6

Datenquelle: Bayerisches Landesamt für Statistik, Gesundheitsökonomische Gesamtrechnungen der Länder

Die Ausgaben der sozialen Pflegeversiche-rung haben in den letzten Jahren in Deutsch-land insgesamt deutlich zugenommen. Während sie zwischen den Jahren 2000 und 2007 noch relativ konstant zwischen 15 und 17 Milliarden Euro lagen, ist seit 2008 ein steter Anstieg zu verzeichnen. Im Jahr 2015 be trugen die Gesamtausgaben der sozialen Pflegeversicherung 26,6 Milliarden Euro. Den weitaus größten Anteil nehmen dabei Ausga-ben für die vollstationäre Pflege ein (10,7 Mil-liarden Euro), gefolgt von Geldleistungen (6,5 Milliarden Euro).

Die Zukunftsszenarien für die Kostenentwick-lung im Gesundheitswesen in Folge des demografischen Wandels sind nicht einheit-lich, sie reichen von moderaten bis deut-lichen Kostensteigerungen56 – je nachdem, welche Annahmen für die Entwicklung zugrunde gelegt werden. Ausgangspunkt sind häufig die Krankheitskosten nach Alter. Pro Kopf steigen die Kosten, die das Gesund-heitssystem für die Behandlung von Krank-

heiten aufzubringen hat, mit dem Alter deut-lich an. Sie betragen in der Altersgruppe 65 bis 84 Jahre fast das Fünffache der Ausgaben bei jungen Erwachsenen, in der Altersgruppe 85 und älter etwa das 11-Fache. Dies legt nahe, dass mit der Zunahme der Zahl alter Menschen auch die Krankheitskosten stark ansteigen. Allerdings muss hier in Rechnung gestellt werden, dass der größte Teil der Krankheitskosten in den letzten Jahren vor dem Tod entsteht, weitgehend unabhängig vom Alter und möglicherweise auch etwas geringer als bisher angenommen.57 Darüber hinaus ist noch nicht abzusehen, wie sich der Gesundheitszustand der älteren Menschen in den nächsten Jahren entwickeln wird. Je gesünder Seniorinnen und Senioren sind und je stärker sich Krankheit und Pflegebe-dürftigkeit auf einen relativ kurzen Zeitraum am Lebensende verschieben lassen (Kom-pression der Morbidität), desto geringer wird sich der demografische Wandel auf die Kos-ten im Gesundheitswesen auswirken.

56 Siehe z. B. Böhm, K., Tesch-Römer, C., Ziese, Th. (Hrsg.) (2009): Gesundheit und Krankheit im Alter. Beiträge zur Gesundheitsbe-richterstattung des Bundes. Berlin: S. 216–296.

57 Felder, S. (2008): Im Alter krank und teuer? Gesundheitsausgaben am Lebensende. In: Gesundheit und Gesellschaft 8 (4): 23–30; French et al. (2017): End-of-Life Medical Spending In Last Twelfe Month Of Life Is Lower Than Previously Reported. Health Affairs 36: S. 1211–1217.

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Verhältnis der Gesundheitsausgaben der jeweiligen Altersgruppe zur Altersgruppe 18 bis unter 30 Jahre (= Basis), Deutschland

Datenquelle: Statistisches Bundesamt; Berechnungen: LGL

Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten gibt es zudem auch positive Effekte des demo-grafischen Wandels. Altersbedingt nimmt die Nachfrage nach Gesundheits-, Pflege- und weiteren sozialen altersspezifischen Dienstleistungen und Gütern zu. Dies hängt

unter anderem davon ab, welche Nachfrage die ältere Generation ökonomisch entfalten kann, d. h. wie die Lebenssituation von Älteren in sozialer, kultureller und monetärer Hinsicht beschaffen ist.

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5. Gesund und selbst-bestimmt leben

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• ZielvonMaßnahmenderPräventionundGesundheitsförderungistes,KrankheitundPflegebedürftigkeit hinauszuzögern, damit die gewonnenen Lebensjahre möglichst lange in Gesundheit und Selbständigkeit verbracht werden können.

• FrauenverhaltensichgesundheitsbewussteralsMänner,sienehmenauchhäufigerFrüherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen in Anspruch.

• EinerheblicherTeilderÄltereninBayernistbürgerschaftlichengagiert(32Prozent);umso mehr, je gesünder die Menschen sind.

•Die Ergebnisse der bayerischen Präventionserhebung zeigen, dass sich zahlreicheAkteure in der Prävention für ältere Menschen einsetzen. „Gesundes Altern im selbst-bestimmten Lebensumfeld“ bildet eines der vier zentralen Handlungsfelder im Baye-rischen Präventionsplan.

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5.1 Prävention und Gesundheitsförderung

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• FrauenverhaltensichinsgesamtgesundheitsbewussteralsMänner,sienehmenauchhäufiger an Früherkennungs- und Vorsorgeuntersuchungen teil.

•Die Ausübung gesundheitsfördernder körperlicher Aktivitäten hängt stark vomGesundheitszustand ab und wird mit steigendem Alter etwas seltener.

•MitzunehmendemAlterrauchenimmerwenigerMenschen.

•KnappeinFünftelderSeniorenhateinen–nachmedizinischenKriterien–riskantenAlkoholkonsum.

•Der Bayerischen Präventionsplan, das Bündnis für Prävention und die Landes-rahmenvereinbarung zur Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie gemäß § 20f SGB V bilden die Basis für Gesundheitsförderung und Prävention im Freistaat.

•BayernhatalsbishereinzigesLandeineflächendeckendeErhebungderPräventions-maßnahmen großer Träger durchgeführt. Die Erkenntnisse daraus fließen in die Weiter entwicklung des Bayerischen Präventionsplans ein.

Je besser es gelingt, schwere Krankheiten oder Invalidität zu vermeiden oder zumindest zeitlich aufzuschieben (Kompression der Morbidität), desto länger bleiben Selbststän-digkeit und eine hohe Lebenszufriedenheit im Alter erhalten. Maßnahmen der Präven-tion können dazu einen erheblichen Beitrag leisten, indem sie auf Verhalten oder Verhält-nisse einwirken. Die Verhaltensprävention nimmt Einfluss auf den individuellen Gesund-heitszustand oder das individuelle Gesund-heitsverhalten, etwa durch Bewegungsförde-rung oder Motivation zur Inanspruchnahme von Früherkennungsuntersuchungen. Dem-gegenüber geht es bei der Verhältnispräven-tion um eine gesundheitsförderliche Gestal-tung der Lebensverhältnisse, in Bezug auf das Alter beispielsweise durch eine senioren-gerechte Wohnraumgestaltung oder durch die Förderung der Mobilität älterer Menschen in der Kommune.

Der Bayerische Präventionsplan definiert das Älterwerden in Gesundheit und bei guter Lebensqualität, die Aufrechterhaltung eines

eigenständigen Lebens, die Unterstützung des sozialen Eingebundenseins und der gesellschaftlichen Teilhabe älterer Menschen als Ziele in seinem dritten Handlungsfeld. Präventive Angebote dürfen dabei vor pfle-gebedürftigen Seniorinnen und Senioren nicht Halt machen, sondern müssen – an die speziellen Bedürfnisse angepasst – fort-geführt werden. Dafür setzt sich die Staats-regierung gemeinsam mit den Partnern im Bündnis für Prävention ein, unter ihnen die LandesSeniorenVertretung Bayern e. V. (LSVB) und die Arbeitsgemeinschaft Geriat-rie Bayern e. V.

„Gesund älter werden“ ist auch ein nationa-les Gesundheitsziel, das die Länder im Rahmen des Gesundheitszieleprozesses ge-meinsam formuliert haben (www.gesund-heitsziele.de). Das Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention soll ebenfalls dazu beitragen, (unter ande-rem) die Gesundheit im Alter zu stärken. Die von der nationalen Präventionskonferenz nach § 20d Abs. 3 SGB V verabschiedeten

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5. Gesund und selbstbestimmt leben

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Bundesrahmenempfehlungen legen „gesund im Alter“ als ein Ziel fest und richten dabei den Blick besonders auf „Personen nach der Erwerbsphase in der Kommune“ und „Bewohnerinnen / Bewohner von stationären Pflegeeinrichtungen“.

Gesundheits- und RisikoverhaltenAusreichend Bewegung, eine gesunde und ausgewogene Ernährung, Nichtrauchen und ein verantwortungsbewusster Umgang mit Alkohol gehören auch im Alter zu den Verhal-tensweisen, mit denen man selbst viel für die eigene Gesundheit tun kann.

Wer dabei Unterstützung benötigt, kann auf eine Vielzahl von Präventionsangeboten zurückgreifen, organisiert von Sportver-einen, Krankenkassen, Volkshochschulen,

Senioreneinrichtungen und zahleichen ande-ren Verbänden oder Vereinen. Bei der Gestal-tung dieser Angebote ist zu bedenken, dass sich das Gesundheitsverhalten häufig nicht einfach durch die Einsicht in das Richtige ver-ändern lässt. Gerade bei Älteren haben sich manche Verhaltensweisen oder Gewohnhei-ten über Jahre entwickelt und verfestigt, sind nicht selten in soziale Beziehungen eingebet-tet und tragen mitunter auch zur Alltagsbe-wältigung bei. Dennoch zeigen landesweit zahlreiche Projekte, dass es gelingt, ältere Menschen zu einem aktiven, gesundheitsför-derlichen Lebensstil zu motivieren, Beispiele aus Bayern stellt das Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung (ZPG) in einer Projektdatenbank vor (www.zpg.bayern.de, Stichwort „Netzwerk Prävention“).

Häufigkeit von gesundheitsfördernder körperlicher Aktivität nach Altersgruppen und Geschlecht, Bayern 2014/15, in Prozent

insgesamt Männer FrauenAlter Alter Alter

18 bis 64

65 und mehr

18 bis 64

65 und mehr

18 bis 64

65 und mehr

Ausdaueraktivität min. 2,5 Std./Woche

48,8 42,1 51,0 48,0 46,6 37,3

Muskelkräftigungsaktivität min. 2 mal/Woche

30,8 28,6 33,4 34,2 28,1 24,0

Ausdauer- und Muskelkräfti-gungsaktivität entsprechend Empfehlung

24,0 20,6 26,5 24,9 21,5 17,0

Datenquelle: GEDA 2014/15; Summendifferenzen zu 100 % rundungsbedingt

Körperliche Aktivität spielt eine besonders wichtige Rolle für den Erhalt der körper- lichen Funktionsfähigkeit und damit auch des selbstbestimmten Lebens im Alter. Eine gut ausgebildete Motorik erleichtert die selbstständige Lebensführung, regelmäßige körperliche Aktivität beugt der Entwicklung oder Verschlimmerung zahlreicher Krank-heitsbilder vor. Bei Durchführung in der

Gruppe fördert Bewegung zudem soziale Kontakte, einen besonders wichtigen Ein-flussfaktor für die Gesundheit. Zwar kann bei gesundheitlichen Problemen eine sportliche Betätigung unter Umständen nur einge-schränkt möglich sein, dennoch gibt es in jeder Lebensphase und Lebenslage Möglich-keiten für körper liche Aktivität – angefangen bei Laufen, Wandern oder Walken für alle, die

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gut zu Fuß sind, bis hin zu Bewegungsübun-gen im Sitzen für Hochbetagte, denen das Gehen nicht mehr möglich ist.

Besondere Bedeutung kommt im Alter dem Training bestimmter Körperfunktionen zu, etwa der Stärkung von Kraft- und Gleich-gewicht zur Sturzprophylaxe (vgl. Kap. 3.4) oder der Beckenbodengymnastik, die für die Prävention und Behandlung einer Inkonti-

nenz sowohl für Männer als auch für Frauen eine hohe Bedeutung hat.

Den Daten der GEDA-Studie zufolge sinken die gesundheitsfördernden körperlichen Aktivitäten mit zunehmendem Alter etwas.58 Der Anteil der aktiven Männer ist dabei jeweils höher als der der Frauen, insbeson-dere ab dem 65. Lebensjahr.

NATIONALE EMPFEHLUNGEN FÜR BEWEGUNG UND BEWEGUNGSFÖRDERUNG

Die Friedrich-Alexander-Universität Nürnberg-Erlangen hat feder-führend in Zusammenarbeit mit anderen Universitäten, staatli-chen Stellen und Sportverbänden die „Nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung“ entwickelt. Für ältere Menschen ab 65 Jahren sind – in Übereinstimmung mit den Emp-fehlungen der Weltgesundheitsorganisation – die wichtigsten Rat-schläge:

• Mindestens 150 Minuten mäßige Aktivität oder 75 Minuten höhere körperliche Aktivität in der Woche, wobei die einzelnen Einheiten mindestens 10 Minuten lang sein sollten. Wer länger trainiert, kann noch mehr Nutzen für seine Gesundheit daraus ziehen. Als mäßige Aktivität gilt Bewegung, die als etwas anstrengend empfunden wird und bei der die Atemfrequenz leicht bis mittelgradig ansteigt, so dass man zwar noch reden, aber nicht mehr singen kann. Beispiele sind schnelles Gehen oder langsa-mes Laufen. Eine höhere Aktivität ist intensiver und stärker anstrengend, die Atem-frequenz steigt so, dass man nicht mehr durchgängig sprechen kann. Beispiele sind Laufen, schnelles Radfahren oder Schwimmen.

• An mindestens zwei Tagen in der Woche sollten auch muskelstärkende Übungen zum Bewegungsprogramm gehören.

• Ist die Mobilität eingeschränkt, sollten an mindestens drei Tagen der Woche Gleich-gewichtsübungen zur Sturzprävention durchgeführt werden.

58 Die Daten der GEDA-Studie lassen sich für Bayern hier bei den Älteren aufgrund zu kleiner Fallzahlen nicht weiter differenzieren. In den deutschlandweiten Daten zeigt sich ein weiterer Rückgang der körperlichen Aktivität mit dem Alter.

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Seniorinnen und Senioren, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen nicht so aktiv sein können, wie es die Empfehlungen vorgeben, sollen sich so viel bewegen, wie es ihr Zustand erlaubt: „Der größte gesundheitliche Nutzen entsteht bereits dann, wenn ältere Personen, die gänzlich körperlich inaktiv waren, in geringem Umfang aktiv wer-den. Das heißt, jede zusätzliche Bewegung ist mit gesundheitlichem Nutzen verbunden. Jeder auch noch so kleine Schritt weg vom Bewegungsmangel ist wichtig und fördert die Gesundheit.“59

www.sport.fau.de, Stichwort „Bewegungsempfehlungen“

Zur Umsetzung der Bewegungsempfehlungen gibt es zahlreiche Angebote. Als Mitglied des Bündnisses für Prävention in Bayern ist vor allem der Bayerische Landes-Sportverband zu nennen. Mit seinen mehr als 12.000 Vereinen bietet er eine Vielzahl von Aktivitäten, auch mit dem Schwerpunkt „Sport für Ältere“ oder dem Qualitätszertifikat „Sport pro Gesundheit“ des Deutschen Olympischen Sportbundes. www.blsv.de

Bündnispartner ist ebenfalls der Behinderten- und Rehabilitations-Sportverband e. V. (BVS Bayern e. V.), der sportliche Aktivitäten von Menschen mit Behinderung unter-stützt und über 450 Vereine landesweit verfügt. Diese bieten auch Sportangebote für Menschen mit Diabetes mellitus, für psychisch Erkrankte oder Patientinnen und Patien-ten nach einer Krebserkrankung. www.bvs-bayern.com

Ein deutschlandweites Programm zur Aufrechterhaltung und Stärkung der Gesundheit für Menschen ab 65 Jahren hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) ins Leben gerufen: „Älter werden in Balance“ informiert, warum Bewegung wichtig für die Gesundheit ist und stellt online entsprechende Übungsvideos bereit. In diesem Rahmen wurde auch das AlltagsTrainingsProgramm (ATP) entwickelt. Es zeigt Frauen und Männern ab 60 Jahren, wie sie mehr Bewegung in ihren Alltag bringen kön-nen, und eignet sich als Gesundheitstraining auch für Anfänger oder Wiedereinsteiger. Seit Frühjahr 2017 kann das Programm bundesweit von Sportvereinen angeboten wer-den, eine Übersicht findet sich unterwww.aelter-werden-in-balance.de

Eine ausgewogene, gesunde Ernährung ist der Gesundheit in jedem Lebensalter zuträg-lich. Nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) sollten häufig frisches Obst, Gemüse und Voll-korn-Getreideprodukte auf dem Speiseplan stehen, Fleisch, fett- und zuckerhaltige Lebensmittel dagegen nur in Maßen, See-fisch einmal wöchentlich. Auch der tägliche Verzehr von Milchprodukten wird empfohlen. Diese Ratschläge gelten im Alter unverän-

dert, allerdings vor dem Hintergrund, dass sich der Stoffwechsel in der zweiten Lebens-hälfte ein wenig verändert. Der Muskelanteil im Körper wird geringer, der Anteil an Fettge-webe nimmt zu und der Energiebedarf sinkt bei Männern wie bei Frauen. Dem gilt es Rechnung zu tragen, um langfristig die Ent-wicklung von Überwicht zu vermeiden, das Krankheiten wie Diabetes oder Gelenkbe-schwerden begünstigt.

59 Rütten, A., Pfeifer, K. (Hrsg.): Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. FAU Erlangen-Nürnberg, 2016, S. 41–42. www.sport.fau.de/files/2016/05/Nationale-Empfehlungen-f%C3%BCr-Bewegung-und-Bewegungsf%C3% B6rderung-2016.pdf.

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Eine Ausnahme bilden konsumierende (aus-zehrende) Erkrankungen sowie das Nachlas-sen des Appetits, das im hohen Alter nicht selten zu beobachten ist. In diesen Fällen, ebenso wie bei Schluckbeschwerden oder demenziellen Erkrankungen, dürfen die Mahl-zeiten auch reichhaltiger ausfallen, um aus-reichend Kalorien zuzuführen.

Ein Indikator für gesunde Ernährung ist der Verzehr von Obst und Gemüse, der in der GEDA-Studie des Robert Koch-Instituts 2014/15 erfragt wurde. Demnach kommt in Bayern – wie bundesweit auch – nur ein rela-

tiv kleiner Teil der älteren Menschen den Empfehlungen der DGE nach: 38 Prozent der Befragten ab 65 Jahren gaben an, täglich Gemüse zu essen, Frauen etwas häufiger als Männer. Insgesamt betrachtet ernähren sich Frauen gesünder; dies zeigt sich auch beim Verzehr von Obst: In der Altersgruppe ab 65 Jahren beträgt der Anteil derjenigen über 65-Jährigen, die täglich Obst essen, bei Frauen 67 Prozent, bei Männern nur 53 Pro-zent. Insgesamt nimmt aber in beiden Geschlechtern der Verzehr von Obst und Gemüse im Alter zu.

Häufigkeit von Obst- und Gemüseverzehr nach Altersgruppen und Geschlecht, Bayern 2014/15, in Prozent

Häufigkeit insgesamt Männer Frauen

18 bis 64 Jahre

65 und mehr Jahre

18 bis 64 Jahre

65 und mehr Jahre

18 bis 64 Jahre

65 und mehr Jahre

Gemüse-verzehr

Täglich oder mehrmals täglich

28,8 37,5 19,7 32,4 38,1 41,6

Mindestens einmal pro Woche

66,0 58,6 73,1 62,9 58,8 55,1

Weniger als einmal pro Woche

5,2 3,9 7,2 4,7 3,1 3,3

Obst-verzehr

Täglich oder mehrmals täglich

38,2 61,0 29,2 53,3 47,4 67,1

Mindestens einmal pro Woche

49,8 32,6 55,7 40,7 43,8 26,2

Weniger als einmal pro Woche

12,0 6,4 15,0 6,0 8,8 6,7

Datenquelle: GEDA 2014/15; Summendifferenzen zu 100 % rundungsbedingt

Wenig Bewegung und ein ungünstiges Ernäh-rungsverhalten sind zwei wichtige Risikofak-toren für die Entwicklung von Übergewicht. Ein Gesundheitsrisiko stellt vor allem das starke Übergewicht dar, die sogenannte Adi-positas, bei der ein Body-Mass-Index von 30 und mehr vorliegt60. Im höheren Alter nimmt der Anteil stark übergewichtiger Menschen zu, insgesamt betrachtet ist mehr als jeder

Fünfte über 65-Jährige adipös. Starkes Über-gewicht geht mit einem erhöhten Risiko für zahlreiche Erkrankungen einher, darunter Diabetes mellitus und Herz-Kreislauf-Erkran-kungen, degenerative Gelenkerkrankungen und einige Krebsformen. Ein leichtes Über-gewicht bei älteren Menschen wird hingegen von vielen Fachleuten gesundheitlich als kaum bedenklich angesehen.

60 Der Body-Mass-Index ist ein international gebräuchliches Maß zur Unterscheidung von Untergewicht, Normalgewicht, leichtem Übergewicht und Adipositas. Er wird berechnet, indem man das Körpergewicht (in kg) durch das Quadrat der Körpergröße (in Metern) teilt. Daten zu Übergewicht und Adipositas für Bayern liegen aktuell nur aus Befragungen vor, dabei wird die Häufigkeit von Übergewicht und Adipositas oft deutlich unterschätzt.

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Anteil der Bevölkerung mit leichtem Übergewicht und Adipositas, Bayern 2014/2015, in Prozent

Datenquelle: GEDA 2014/15; Berechnungen: LGL

GESUND ERNÄHREN IM ALTER

Anregungen und Unterstützung für eine gesunde Ernährung im Alter gibt es vielfach. Das Netzwerk „Generation 55plus“ wendet sich an Menschen ab der Lebensmitte und bietet zahlreiche Möglichkeiten, um den Alltag mit ausgewogener Ernährung und aus-reichend Bewegung zu gestalten. Die Angebote wie zum Beispiel „Ernährung für starke Knochen“ und „Ernährung für ein gesundes Herz“ vermitteln sowohl theoretisches als auch praktisches Wissen. Diese und weitere Angebote sind an den Ämtern für Ernäh-rung, Landwirtschaft und Forsten in Amberg, Deggendorf, Erding, Kaufbeuren, Kemp-ten (Allgäu), Pfarrkirchen, Regen, Rosenheim, Schwandorf und Uffenheim verfügbar. www.stmelf.bayern.de/generation55plus

Das Verbraucherportal VIS Bayern des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz hat Informationen zur Ernährung im Alter zusammengestellt, abrufbar unter www.vis.bayern.de, Stichwort „Ernährung Senioren“. Auch Mitglieder des Bündnisses für Prävention in Bayern engagieren sich in diesem Themenfeld, darun-ter die Verbraucherzentrale Bayern mit den Kursen „Fit im Alter mit richtiger Ernäh-rung“ in München und Nürnberg sowie der VerbraucherServiceBayern im Katholischen Deutschen Frauenbund e. V., dessen 15 Beratungsstellen unter anderem „Gesunde Ernährung für die zweite Lebenshälfte“ und „Ernährung für ältere Senioren“ in Vorträ-gen zum Thema machen. Vor Ort können kleine Initiativen viel bewirken. Ein gelunge-nes Beispiel ist der Kochkurs für Männer, der in der Gesundheitsregionplus Passauer Land eingerichtet wurde und dort neben gutem, gesunden Essen älteren Herren auch ein neues Gemeinschaftsgefühl vermittelt.

GESUNDE GEMEINSCHAFTSVERPFLEGUNG

Mit verschiedenen Projekten und Initiativen setzt sich das Bayerische Staatsministe-rium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten für die Qualität in der Gemeinschafts-verpflegung und damit auch in den Senioreneinrichtungen ein. 2018 erscheinen dazu die Bayerischen Leitlinien Seniorenverpflegung mit konkreten Umsetzungshilfen.

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Das Kompetenzzentrum für Ernährung (KErn) führt regelmäßig Symposien zur Seniorenverpflegung für Experten und Ver antwortliche durch. Mit dem Wett-bewerb „gesund.gekocht.gewinnt.“ werden beispiel-hafte Konzepte zur Etablierung einer gesunden und nachhaltigen Seniorenverpflegung prämiert.www.kern.bayern.de

Die Fachzentren Ernährung/Gemeinschaftsverpfle-gung an acht Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten organisieren in jedem Regierungsbezirk Workshops und Informationsveranstaltungen für Fach-

kräfte in stationären Senioreneinrichtungen. Die Themen reichen von der Speisepla-nung über Verpflegung bei Demenz oder bei Kau- und Schluckstörungen. Schwerpunkt-thema 2017 war die Mangelernährung.www.stmelf.bayern.de/ernaehrung/gemeinschaftsverpflegung

Auch die bundesweite Initiative in form für gesunde Ernährung und mehr Bewegung bietet unter anderem mit Rezepten und Speiseplänen Unterstützung für Fachkräfte in Seniorenarbeit und Seniorenverpflegung.www.fitimalter.de

Auch was den Konsum von Alkohol und das Tabakrauchen angeht, neigen Männer zu einem ungesünderen Verhalten. Während der Anteil der bayerischen Männer mit einem riskanten Alkoholkonsum – die GEDA-Studie wertet einen solchen ab dem Konsum von 20 g Reinalkohol pro Tag – im Alter von 65

und älter bei 23 Prozent liegt, ist er bei den Frauen geringer. Bei ihnen wurde der Grenz-wert für riskanten Alkoholkonsum in der GEDA-Studie bei 10 g Reinalkohol pro Tag angenommen; 16 Prozent der Frauen in Bayern konsumieren mehr als diese Menge.

Häufigkeit von Alkoholkonsum nach Altersgruppen und Geschlecht, Bayern 2014/15, in Prozent

insgesamt Männer Frauen

18 bis 64 Jahre

65 und mehr Jahre

18 bis 64 Jahre

65 und mehr Jahre

18 bis 64 Jahre

65 und mehr Jahre

Nie-Trinker 11,0 17,1 7,8 10,0 14,2 22,6Kein wöchentlicher Konsum

38,6 26,5 29,7 16,6 47,7 34,2

Kein Risikokonsum 34,7 37,7 46,3 50,5 22,8 27,6Risikokonsum 15,7 18,7 16,1 22,8 15,2 15,5

Datenquelle: GEDA 2014/15; Summendifferenzen zu 100 % rundungsbedingt.Die in der Befragung gewählten Grenzwerte für Risikokonsum sind 10 g Reinalkohol pro Tag für Frauen und 20 g Reinalkohol pro Tag für Männer.

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Während in den Medien Alkoholvergiftungen bei Jugendlichen immer wieder für Schlag-zeilen sorgten – der bis vor einiger Zeit zu beobachtende Anstieg der Krankenhausein-weisungen aufgrund akuter Alkoholver-giftungen scheint in dieser Altersgruppe glücklicherweise gestoppt – findet weitaus weniger Aufmerksamkeit, dass Alkoholver-

giftungen auch im Alter ein Problem sind. In der Altersgruppe ab 65 Jahren hat die Zahl derer, die aufgrund einer akuten Alkohol-vergiftung im Krankenhaus behandelt wer-den mussten, in den vergangenen 15 Jahren zugenommen, von 436 Fällen im Jahr 2000 auf 1.629 im Jahr 2015.

Krankenhausfälle aufgrund akuter Alkoholvergiftung, Altersgruppe 65 Jahre und älter, Bayern

Datenquelle: Statistisches Bundesamt

Der Anteil des (täglichen oder gelegentli-chen) Tabakrauchens nimmt sowohl bei Frauen als auch bei Männern im Alter deut-lich ab. Bei Frauen sinkt der Anteil der Rau-cherinnen von 22 Prozent in der Altersgruppe

unter 65 Jahren auf knapp 7 Prozent in der Altersgruppe über 65 Jahren. Bei den Männern sind unter den Jüngeren unter 65 Jahren 28 Prozent Raucher, bei den über 65-Jährigen nur noch neun Prozent.

Häufigkeit des Tabakrauchens nach Altersgruppen und Geschlecht, Bayern 2014/15, in Prozent

insgesamt Männer Frauen18 bis

64 Jahre65 und

mehr Jahre18 bis

64 Jahre65 und

mehr Jahre18 bis

64 Jahre65 und

mehr JahreRaucher (täglich oder gelegentlich)

24,9 7,8 27,8 9,4 22 6,5

ehemaliger Raucher 26,9 36,3 28,8 50,5 25 24,9Nieraucher 48,1 56 43,4 40,1 53 68,6

Datenquelle: GEDA 2014/15

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SUCHTPRÄVENTION IM ALTER

Die Koordinierungsstelle der bayerischen Suchthilfe (KBS) ist ein Zusammenschluss der Freien Wohlfahrtspflege Bayern, unterstützt auch durch das Bayerische Staats-ministerium für Gesundheit und Pflege. Die KBS vermittelt landesweit Beratungs- und Hilfsangebote, ein Verzeichnis findet sich unter:

www.kbs-bayern.deKoordinierungsstelle der bayerischen SuchthilfeLessingstraße 1, 80336 MünchenTelefon 089 53 65 15

Informationen und Rat zum Thema „Alkoholkonsum“ bietet die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in ihrem Internetportal „Kenn dein Limit“. Hier gibt es spezielle Informationsseiten für ältere Menschen.www.kenn-dein-limit.de/alkohol/im-alter

MODELLPROJEKTE

Hilfe für suchgefährdete alte Menschen (SAM)

Das ebenfalls vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege geför-derte dreijährige Modellprojekt „Hilfe für suchtgefährdete, alte Menschen“ (SAM) star-tete im März 2017. Es soll spezifische Hilfsangebote für alternde, alkohol- und medi-kamentenabhängige Menschen in der Metropolregion Nürnberg ausbauen. Durch Zusammenarbeit zwischen ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen sowie Seniorendiensten auf der einen und Fachleuten des Suchthilfezentrums der Stadtmis-sion Nürnberg (SHZ) auf der anderen Seite sollen individuelle Interventions- und Hilfe-programme für suchtmittelkranke Klienten entwickelt werden. Darüber hinaus bietet das Suchthilfezentrum eine offene Informations- und Selbsthilfegruppe an.www.stadtmission-nuernberg.de

Netzwerk 40+ zur Verbesserung der Versorgungssituation älterer Drogenabhängiger mit komplexem Hilfebedarf

Seit 2015 läuft das Modellprojekt „Netzwerk 40+“ in drei Regionen Bayerns, durchge-führt von den dort tätigen Suchthilfeträgern mudra e. V. (Nürnberg), Condrobs e. V. (München) und Drogenhilfe Schwaben gGmbH (Augsburg), koordiniert durch den Pari-tätischen Landesverband Bayern e. V. Ziel war die Verbesserung der Versorgungssitua-tion älterer Drogenabhängiger mit komplexem Hilfebedarf durch den Aufbau von Netz-werken vor Ort. Nun soll geprüft werden, inwieweit das Projekt, das ebenfalls durch das bayerische Gesundheitsministerium gefördert wurde, in die Angebote der Bayerischen Suchthilfe integriert werden kann.www.paritaet-bayern.de/netzwerk40plus/

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Vorsorge und FrüherkennungFrüherkennungsuntersuchungen sind Maß-nahmen der sekundären Prävention: gezielte medizinische Untersuchungen, die Krankhei-ten – im Kindesalter auch Entwicklungs-störungen – frühzeitig aufdecken sollen, um durch eine rechtzeitige Behandlung schlim-mere Folgen für die Gesundheit möglichst abzuwenden. Die gesetzlichen Krankenkas-sen in Deutschland übernehmen die Kosten

für eine Reihe von Früherkennungsunter-suchungen für ihre Versicherten, abhängig von Geschlecht und Alter. Daneben tragen die Krankenkassen auch die Kosten für ver-schiedene Impfungen, die zu den einfachsten und wirksamsten vorbeugenden Maßnah-men der Medizin überhaupt gehören. Die Angebote für Erwachsene sind in der folgen-den Übersicht zusammengestellt.

ANGEBOTE ZU VORSORGE UND FRÜHERKENNUNG IM RAHMEN DER GESETZ-LICHEN KRANKENVERSICHERUNG MIT RELEVANZ FÜR ÄLTERE MENSCHEN

Früherkennungsuntersuchungen61 Wann anspruchsberechtigt?Gesundheits-Check-Up für Männer und Frauen mit Schwerpunkt Früherkennung von Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen sowie von Diabetes

ab 35 Jahre, alle zwei Jahre

Hautkrebsscreening für Männer und Frauen ab 35 Jahre, jedes zweite JahrKrebsfrüherkennungsuntersuchung für Frauen: Gebärmutterhals und Geschlechtsorgane

ab 20 Jahre, jährlich

Krebsfrüherkennungsuntersuchung für Frauen: Brustkrebs

ab 30 Jahre, jährlich

Brustkrebsfrüherkennung für Frauen: Mammographie-Screening

Frauen zwischen 50 und 69 Jahren, alle zwei Jahre

Krebsfrüherkennungsuntersuchung für Männer: Genitalien und Prostata

ab 45 Jahre, jährlich

Darmkrebsfrüherkennung für Männer und Frauen: Untersuchung auf verborgenes Blut im Stuhl

zwischen 50 und 54 Jahren jährlich, ab 55 als Alternative zur Darmspiegelung alle zwei Jahre

Darmkrebsfrüherkennung für Männer und Frauen: Darmspiegelung

ab 55 Jahre, maximal zwei Mal im Abstand von zehn Jahren

Screening auf Bauchaortenaneurysma bei Männern ab 65 Jahre einmalig

Zahnärztliche Vorsorgeuntersuchung einmal jährlichImpfungen62

gegen Tetanus, Diphtherie und Keuchhusten (Pertussis) alle 10 Jahre

gegen Pneumokokkenab 60 Jahre, Auffrischung individuell, Mindestabstand: sechs Jahre

gegen Grippe ab 60 Jahre, jährlich

61 Lt. Gemeinsamem Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (G-BA), www.g-ba.de/institution/themenschwerpunkte/frueherkennung/ueberblick/

62 Lt. Impfkalender der Ständigen Impfkommission (STIKO), www.rki.de/DE/Content/Kommissionen/STIKO/Empfehlungen/Impfempfehlungen_node.html.

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Wie der Deutsche Alterssurvey von 2014 zeigt, nimmt die Bereitschaft zur Teilnahme an Krebsvorsorgeuntersuchungen im Alter ab, bei Frauen stärker als bei Männern. Ein Grund dafür kann sein, dass das Mammo-grafie-Screening auf die Altersgruppe der 50- bis 69-jährigen Frauen beschränkt ist. Auch die Teilnahme an einem Gesund-heits-Check-up sinkt bei Hochbetagten, un-abhängig vom Geschlecht. Hier ist jedoch davon auszugehen, dass der größte Teil der Seniorinnen und Senioren ohnehin regelmäßig ärztlich betreut wird, sodass sich die Untersuchungen mit denen des

Gesundheits-Check-ups in vielen Fällen über-schneiden.

Die regelmäßige Inanspruchnahme einer Grippeschutzimpfung hingegen steigt mit zunehmendem Alter. Rund 70 Prozent der Männer und Frauen im Alter zwischen 80 und 85 Jahren lassen sich gegen Grippe (Influ-enza) impfen – eine wichtige vorbeugende Maßnahme, denn vor allem ältere Menschen sind es, die an den Folgen einer Influenza sterben. Das Robert Koch-Institut schätzt, dass es in der Grippesaison 2014/15 zu insge-samt 21.300 Todesfällen gekommen ist.

Teilnahme an Präventionsangeboten der gesetzlichen Krankenkassen, Deutschland 2014, in Prozent

Datenquelle: DEAS 2014; Berechnungen INIFES

Wie stark Zahnvorsorgeuntersuchungen, Krebsfrüherkennungsuntersuchungen, Teta-nus- oder Grippeschutzimpfungen in An-spruch genommen werden, ist bundesweit auch abhängig vom sozialen Status. Der Studie „Gesundheit in Deutschland aktuell“ (GEDA) des Robert Koch-Instituts zufolge nehmen beispielsweise 83 Prozent der Frauen und 80 Prozent der Männer der höchsten Bildungsgruppe regelmäßig an einer zahnmedizinischen Vorsorgeunter-

suchung teil, während dieser Anteil bei niedrigem Bildungsgrad deutlich geringer ist (Frauen 62 Prozent, Männer 59 Prozent). Eine Darm spiegelung zur Früherkennung von Darmkrebs haben bereits 63 Prozent der Männer der oberen Bildungsgruppe ab dem Alter von 55 Jahren einmal in Anspruch genommen, bei Männern mit niedrigerer Bildung waren es nur 58 Prozent.63 Als Grund für eine Nicht-Teilnahme wurde häufig ange-geben, dass bisher keine Darmprobleme

63 Detaillierte Ergebnisse der Studien zur gruppenspezifischen Nutzung von Präventionsangeboten im Rahmen von Regelleistungen der Gesetzlichen Krankenversicherung sind beim Robert Koch-Institut einzusehen: www.rki.de/DE/Content/Gesundheits-monitoring/Gesundheitsberichterstattung/GesundAZ/Content/V/Versorgung/Versorgung.html.

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aufgetreten seien und folglich keine Not-wendigkeit für die Untersuchung bestünde – eine trügerische Annahme, da Darmkrebs oft lange Jahre unbemerkt entsteht.

Die Ergebnisse zur Inanspruchnahme der Vorsorgeangebote insgesamt machen deut-lich, dass eine breite Information über die Angebote und ihren Nutzen erfolgen muss, wenn alle Menschen gleichermaßen erreicht werden sollen.

Gesundes LebensumfeldAuch das Lebensumfeld kann entscheidende Hilfestellungen und Unterstützung für eine gesundheitsförderliche Lebensweise geben. Die Verhältnisprävention setzt auf die Ge stal-tung von Bedingungen, die sich direkt oder indirekt positiv auf die Gesundheit auswir-ken, angefangen in den eigenen vier Wänden über den täglichen Lebensraum in Stadt oder Gemeinde bis hin zur Landes- und Bundes-ebene, dort mit vorwiegend gesetzgeberi-schen Gestaltungsmöglichkeiten, und darü-ber hinaus.

Ein Beispiel für Verhältnisprävention in der ganz persönlichen Umgebung ist die Wohn-umfeldgestaltung für Seniorinnen und Senioren: Eine altersgerechte Anpassung der Wohnung etwa durch Beleuchtung, Mög-lichkeiten des Festhaltens an Griffen oder Ge länder und die Ausschaltung von Stolper-fallen leistet einen entscheidenden Beitrag dazu, den im Alter oft folgenschweren Stür-zen vorzubeugen (siehe dazu auch Kap 3.4).

Außerhalb der Wohnung wird der Aktions-radius im höheren Alter immer geringer. Einschränkungen der Beweglichkeit oder Un sicherheit im Gehen können selbst kür-zere Wege beschwerlich machen. Eine Hilfe-stellung bieten hier – neben der Nutzung individueller Gehhilfen – Elemente der Stadt-planung und -gestaltung: Abgesenkte Bord-steine, Sitzgelegenheiten, um unterwegs auszuruhen, Treppengeländer oder Aufzüge machen es Hochbetagten leichter, sich in ihrer Kommune zu bewegen. Auch die Erreichbarkeit öffentlicher Toiletten gehört dazu, denn nicht selten sind es auch Ein-schränkungen der Blasenfunktion (Inkonti-nenz), die älteren Menschen das Verlassen ihrer Wohnung erschweren. Fachleute gehen davon aus, dass etwa ein Drittel bis die Hälfte der älteren Menschen leichtere Beschwerden haben und bis zu 10 Prozent unter einer mitt-leren bis schwergradigen Inkontinenz lei-den.64 Wer sich nicht sicher ist, unterwegs rechtzeitig eine Toilette erreichen zu können, verzichtet auf einen Spaziergang – und damit auf Bewegung und oft auch auf soziale Kontakte.

UNTERSTÜTZUNG UNTERWEGS

In den vergangenen Jahren haben die Kommunen in Bayern erhebliche Anstrengungen unternommen, um den öffentlichen Raum auch für diejenigen zu gestalten, die nicht oder nicht mehr gut zu Fuß sind. Zwar ist längst nicht alles barrierefrei, aber Städte und Gemeinden sind auf einem guten Weg.

64 Niederstadt, C., Gaber, E., Füsgen, I. (2007): Harninkontinenz. Gesundheitsberichterstattung des Bundes, Heft 39, Berlin.

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Mit dem 2014 gestarteten Projekt „Die barrierefreie Gemeinde“ hat das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr modellhafte städtebauliche Planungen und Forschun-gen unterstützt. Die Erkenntnisse sind in einer Ausstellung der Obersten Baubehörde zusammengefasst, die kostenfrei auszu-leihen und als Wanderausstellung in ganz Bayern unterwegs ist:www.stmi.bayern.de/sug/barrierefreiheit/staedtebau/index.php

Eine Orientierungshilfe für die wohnortnahe Alltagsmobilität älterer Bürgerinnen und Bürger bieten Seniorenstadtpläne. Einer der ersten war der Seniorenstadtplan der Landeshaupt-stadt München für die Stadtteile Giesing und Harlaching, der

inzwischen in zweiter Auflage vorliegt. Er zeigt soziale Einrichtungen, Haltestellen, Standorte von Briefkästen, WCs und Sitzgelegenheiten an und verzeichnet auf der Rück-seite Adressen und Öffnungszeiten von Kirchen, Stadtteiltreffs und weiteren sozialen Anlaufstellen – in großer Schrift, mit einfachen Symbolen und mehrsprachiger Legende. An der Erarbeitung des Plans hatten sich in den Jahren 2009/2010 mehr als 300 Senio-rinnen und Senioren vor Ort beteiligt, unter anderem im Rahmen eines Bürgerforums.

Daneben tragen landesweit zahlreiche kleine Initiativen dazu bei, dass ältere Menschen gut unterwegs sind. Ein Beispiel sind Kurse „Mit dem Rollator unterwegs“, wie sie Seni-orenbeiräte etwa in Neusäß und Gersthofen bei Augsburg organisieren. In Mainleus hatten Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer Junior-Senior-Partnerschaft zwi-schen Mehrgenerationenhaus und Volksschule zusammen mit weiteren Partnern ähnli-che Übungsnachmittage für Senioren gestaltet.

Ein Leitfaden

Die barrierefreieGemeinde

Bayern barrierefrei 2023

Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr

Wenn Gesundheitsförderung und Prävention nachhaltig in den Lebenswelten verankert werden sollen, müssen Verhaltens- und Ver-hältnisprävention Hand in Hand gehen. Der Setting-Ansatz, der durch das Präventions-gesetz gestärkt wird, setzt genau auf diese Verknüpfung von Interventionen, die sowohl

auf die Rahmenbedingungen (Verhältnisse) im Setting als auch auf das gesundheitsbe-zogene Verhalten Einzelner gerichtet sind.65 Vor Ort, in Städten und Landkreisen, wird dies in Bayern beispielhaft im Rahmen der Gesundheitsregionenplus umgesetzt.

65 Leitfaden Prävention. Handlungsfelder und Kriterien des GKV-Spitzenverbandes zur Umsetzung der §§ 20, 20a und 20b SGB V, www.gkv-spitzenverband.de/media/dokumente/krankenversicherung_1/praevention__selbsthilfe__beratung/praevention/praevention_leitfaden/2017_3/Leitfaden_Praevention_Teilaktualisierung_P170009_02_IV.pdf

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GESUND ÄLTER WERDEN: EIN THEMA AUCH IN DEN GESUNDHEITSREGIONENPLUS

Mit dem Konzept Gesundheitsregionenplus unterstützt das Bayerische Gesundheitsminis-terium Netzwerke für Gesundheit vor Ort. Aus Politik, Gesundheitswesen und kommu-naler Verwaltung kommen inzwischen in 39 Regionen regelmäßig Beteiligte zusammen, um Fragen der medizinischen Versorgung, Gesundheitsförderung und Prävention zu bera-ten – ausgehend von den lokalen Bedingungen, ausgerichtet an den Bedürfnissen der Bürge-rinnen und Bürger.

Im Bereich der Gesundheitsförderung für ältere Menschen sind bereits viele der Gesundheits-regionenplus aktiv, beispielsweise in der Bewe-gungsförderung mit den „Dorfrunden“, barrie-refreien Rundwegen von zwei bis drei Kilo-

metern Länge in der Gesundheitsregion Haßberge, oder dem Projekt „Bewegtes Niederbayern“ mit der Einrichtung von Bewegungsparcours in den Gesundheitsregio-nen Passauer Land und Arberland (Landkreis Regen). Weitere häufige Themen sind Demenz, Fragen der Pflege und gemeinschaftliche Aktionen wie gemeinsames Kochen und Essen. Mehr zu den Gesundheitsregionenplus unter:www.stmgp.bayern.de/wirtschaft/gesundheitsregionen/index.htm

Gesundheitliche Vorbeugung und Gesundheitsförderung wei-ter zu stärken und innovative Ideen in Verhaltens- und Verhält-nisprävention voranzubringen, ist Ziel der Förder initiative Gesund.Leben.Bayern. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gibt auf diese Weise eine Starthilfe für

Projekte mit Leuchtturmcharakter, die das Potenzial haben, später auch bayernweit Anwendung zu finden.

Im Bereich der Seniorengesundheit gehörten dazu bisher etwa das Rödentaler Modell-projekt, in dem sich eine ganze Stadt mit unterschiedlichen Maßnahmen dafür einsetzt, dass ihre Senioren möglichst lange zu Hause leben können, oder das Programm „GESTALT“ in Erlangen, das sich der Bewegungsförderung und sozialen Einbindung von älteren Menschen widmet.

Geplant und durchgeführt werden die Projekte der Initiative Gesund.Leben.Bayern. von einer Vielzahl von Partnern: von Vereinen und Wohlfahrtsorganisationen, von Universi-täten, Einrichtungen des öffentlichen Gesundheitsdienstes und anderen. Das Bayeri-sche Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) berät wissenschaft-lich und übernimmt mit seiner Leitstelle Prävention die organisatorische Abwicklung der Förderung. Mehr dazu unter www.stmgp.bayern.de/service/foerderprogramme/gesund-leben-bayern

Gesund.Leben.Bayern.

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Präventionserhebung BayernIn den Jahren 2014/15 hat das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebens-mittelsicherheit eine trägerübergreifende Bestandsaufnahme zur Präventions- und Gesundheitsförderung in Bayern durchge-

führt. Knapp 600 Akteure wurden zu ihren Angeboten und Maßnahmen, Zielgruppen, Themen und anderem befragt, 135 antwor-teten. Ein Fokus der Erhebung lag auf dem Bereich „Gesundes Altern“ als drittem Hand-lungsfeld des Bayerischen Präventionsplans.

Aktivitäten der Prävention und Gesundheitsförderung in Bayern im Handlungsfeld „Gesundes Altern“ und über alle Handlungsfelder hinweg, in Prozent der Akteure

Datenquelle: IGES, LGL, Präventionserhebung Bayern; Hinweis: das Thema „altersgerechtes Wohnen und Wohnumfeld“ wurde nur im Handlungsfeld „Gesundes Altern“ abgefragt

Gut die Hälfte der Akteure, die geantwortet hatten (53 Prozent), engagieren sich im Bereich „Gesundes Altern“, etwas weniger als in den Handlungsfeldern „Gesundes Auf-wachsen“ und „Gesundes Erwachsenenalter und gesundes Arbeiten“. Als Themen wer-den am häufigsten „Sport/Bewegung/kör-perliche Aktivität“ (63 Prozent der Akteure im Bereich „Gesundes Altern“), „psychische Gesundheit“ (58 Prozent) und „Gesundheits-

kompetenzen“ (56 Prozent) genannt. Ange-sprochen werden zumeist „ältere Menschen allgemein“ (85 Prozent). Ein Viertel der Akteure richtet Maßnahmen spezifisch auch auf sozial benachteiligte Ältere aus, knapp ein Fünftel auf Ältere mit Migrationshinter-grund. Das mit 39 Prozent am häufigsten als Zugangsweg genutzte Setting war das (Senioren-)Heim.

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5. Gesund und selbstbestimmt leben

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Vorgehensweisen mit Blick auf ältere Men-schen sind vor allem die Öffentlichkeitsarbeit über Informationsmaterialien (Broschüren, Flyer) sowie Beratungen; beides wird jeweils von etwas mehr als der Hälfte der Akteure genutzt. Andere Ansätze wie Interventions-projekte, Ausstellungen, Tagungen oder Schulungen wurden im Handlungsfeld „Gesundes Altern“ vergleichsweise seltener genutzt als in beiden anderen Handlungsfel-dern. Eine Ausnahme ist die Stadtteil- und Gemeinwesenarbeit. 12 Prozent der Akteure im Handlungsfeld „Gesundes Altern“ nutzen diese Interventionsebene, etwas mehr als in den anderen beiden Handlungsfeldern.

Insgesamt zeigt sich, dass sich in Bayern zahlreiche Akteure mit vielen unterschiedli-chen Angeboten in der Prävention für ältere Menschen engagieren. Zumindest im enge-ren Umfeld des Gesundheitswesens scheint es jedoch etwas weniger Angebote zu geben als in den anderen beiden Handlungsfeldern. Möglicherweise wurden allerdings einschlä-gige Angebote z. B. der Altenhilfe in der Befragung nicht erfasst. Die Ergebnisse der Erhebung finden auch Eingang in die Weiter-entwicklung des Bayerischen Präventions-plans.

KERNELEMENTE VON GESUNDHEITSFÖRDERUNG UND PRÄVENTION IN BAYERN

Der Bayerische Präventionsplan

Die Unterstützung der Bürger bei ihrer Entscheidung für eine gesundheitsförderliche Lebensweise, die Gestaltung gesunder Lebenswelten und die Förderung der gesund-heitlichen Chancengleichheit in allen bayerischen Regionen und in jeder Lebenslage sind die zentralen Anliegen des Bayerischen Präventionsplans. Ressortübergreifend unter Beteiligung aller Ministerien im Freistaat erarbeitet und abgestimmt mit den nicht-staatlichen Trägern von Gesundheitsförderung und Prävention in Bayern legt er vier zentrale Handlungsfelder fest:• das gesunde Aufwachsen in Familie, Kindertageseinrichtungen und Schule,• die Gesundheitskompetenz in der Arbeitswelt und betriebliche Präventionskultur,• gesundes Altern im selbstbestimmten Lebensumfeld• und – als übergreifendes Thema – die gesundheitliche Chancengleichheit.Für all diese Bereiche zeigt der Bayerische Präventionsplan auf, was bereits erreicht wurde, wo Handlungsbedarf besteht und welche Ziele sich der Freistaat gesetzt hat.

Nachhaltige Strukturen

Zur Umsetzung des Präventionsplans wurden nachhaltige Strukturen geschaffen, dar-unter das Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung am Bayerischen Landes-amt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, die Einsetzung von Präven tions-managern in den sieben bayerischen Regierungsbezirken und das groß angelegte Kon-zept der Gesundheitsregionenplus, in denen Gesundheitsförderung und Prävention neben Fragen der medizinischen Versorgung einen verpflichtenden Schwerpunkt bil-den. Auch die Bearbeitung von besonders dringlichen Fragen aus Prävention und Gesundheitsförderung im Rahmen von Themenschwerpunkten – wie die Senioren-gesundheit – gehört dazu, ebenso wie die Förderung von Leuchtturmprojekten im Rahmen der Initiative Gesund.Leben.Bayern. www.praeventionsplan.bayern.de

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Bündnis für Prävention

124 Organisationen, Einrichtungen und Verbände haben sich im Bündnis für Prävention in einer freiwilligen Selbstverpflichtung zu den Zielen und Leitprinzipien des Bayeri-schen Präventionsplans bekannt. Gemeinsam tragen sie zu dessen Umsetzung bei, jeder in seinen Arbeitsbereichen. Damit setzen die Partner auch ein Zeichen: Gesund-heitsförderung und Prävention sind gesamtgesellschaftliche Aufgaben, die nur in einem kooperativen Netzwerk erfolgreich verwirklicht werden können. www.buendnis-praevention.bayern.de

Landesrahmenvereinbarung zur Umsetzung der Nationalen Präventionsstrategie

Der Bayerische Präventionsplan bildet auch eine Basis für das 2015 bundesweit in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Gesundheitsförderung und der Prävention, kurz Prä-ventionsgesetz. Die Landesrahmenvereinbarung, die der Freistaat mit den Sozialversi-cherungsträgern in Bayern zur Umsetzung der nationalen Präventionsstrategie gemäß § 20f SGB V geschlossen hat, wird Prävention und Gesundheitsförderung weiter stär-ken. Sie bietet einen Rahmen, bewährte Ansätze und Kooperationen fortzuführen, aus-zubauen und neue Aktivitäten in Lebenswelten gemeinsam voranzubringen, insbeson-dere mit dem Ziel der Förderung gesundheitlicher Chancengleichheit.www.stmgp.bayern.de/ministerium/staatsministerin/#Landesrahmenvereinbarung

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5. Gesund und selbstbestimmt leben

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5.2 Teilhabe älterer Menschen: Aktivität und freiwilliges Engagement

DAS WICHTIGSTE VORAB:

•MitdemAlterwerdendieAktivitätenderMenschenweniger–zumTeilausgesund-heitlichen Gründen, aber auch abhängig vom Interesse.

•DieGeselligkeitmitFreunden,VerwandtenoderNachbarnhingegennimmtkaumab,auch im höheren Alter ist sie mit Abstand die häufigste Aktivität.

•DieAusübungvonAktivitätenhängtstarkvomGesundheitszustandab,insbesonderebei körperlichen Aktivitäten wie Sport. Aber auch künstlerische Tätigkeiten werden bei schlechter Gesundheit seltener ausgeübt.

• Insgesamtwirddie sozialeTeilhabe imhohenAlterundbei schlechterGesundheitschwächer.

Das Altersbild ist einem Wandel unterwor-fen. Mehr und mehr setzt sich in unserer Gesellschaft ein positives, weniger defizitori-entiertes Bild des Älterwerdens durch (vgl. Kap. 2.1), Begriffe wie „aktives Altern“ oder „die jungen Alten“ verdeutlichen dies. Gesell-schaftlich und politisch sind damit auch gewisse Hoffnungen an die Älteren ver-knüpft, die womöglich länger arbeiten als früher, sich gesellschaftlich stärker engagie-ren oder zunehmend Betreuungs- oder Pfle-geaufgaben übernehmen, während die jün-gere Generationen zu einem steigenden Anteil erwerbstätig ist.

Passend zum Bild des aktiven Alter(n)s ist zu beobachten, dass viele Aktivitäten von Men-schen im Alter von 65 bis 79 Jahren in Bayern fast ebenso häufig ausgeübt werden wie von Jüngeren im Alter von 45 bis 64 Jahren. Kul-turelle Veranstaltungen wie Konzerte, Thea-ter und Vorträge werden von 65- bis 79-Jäh-rigen in Bayern sogar häufiger besucht als von 45- bis 64-Jährigen: Während Letztere zu 16 Prozent angeben, mindestens einmal im Monat eine solche Veranstaltung zu besu-chen, sind es bei 65- bis 79-Jährigen 24 Pro-zent. Eine Erklärung dafür ist einerseits mehr

Zeit im Ruhestand, andererseits das höhere Interesse von Älteren für diese kulturellen Angebote. Auch der Gesundheitszustand spielt eine Rolle für die Ausübung von Aktivi-täten. Darauf deutet insbesondere der mit dem Alter sinkende Anteil der Personen hin, die selbst Sport treiben oder die bei Freun-den, Verwandten oder Nachbarn aktiv mit-helfen, wenn etwas zu tun ist. Dennoch schafft es selbst noch jeder fünfte über 80-Jährige, mindestens einmal im Monat eine solche Unterstützung zu geben.

Die Besuchshäufigkeit von religiösen Veran-staltungen nimmt mit dem Alter ab, sie ist bei den 65- bis 79-Jährigen geringer als bei 45- bis 64-Jährigen. Künstlerische Tätigkei-ten werden erst im Alter ab 80 Jahren selte-ner. Nur wenig hingegen sinkt die Gesellig-keit mit Freunden, Verwandten oder Nach-barn in der zweiten Lebenshälfte: In allen betrachteten Altersgruppen genießen deut-lich mehr als 70 Prozent mindestens einmal monatlich ein solches Beisammensein. Die Daten zeigen aber auch: Fast jeder Vierte erlebt dies selten oder nie – ob ungewollt oder beabsichtigt, geht aus den Daten nicht hervor.

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Häufigkeit von Aktivitäten nach Altersgruppen, Bayern 2015, in Prozent

mindestens monatlich

seltener nie

(Hoch-)Kulturelle Veranstaltungen

45–64 Jahre 15,7 55,6 28,665–79 Jahre 24,2 42,2 33,680 Jahre und älter 18,3 28,0 53,6

Popkulturelle Veranstaltungen45–64 Jahre 18,1 53,9 28,065–79 Jahre 9,7 33,5 56,880 Jahre und älter 1,3 15,2 83,5

Aktiver Sport45–64 Jahre 48,0 16,1 35,865–79 Jahre 41,0 9,4 49,680 Jahre und älter 20,5 3,5 76,0

Mithelfen bei Freunden, Verwandten oder Nachbarn

45–64 Jahre 42,6 47,3 10,165–79 Jahre 33,4 46,9 19,780 Jahre und älter 21,9 31,7 46,5

Geselligkeit mit Freunden, Verwandten, Nachbarn

45–64 Jahre 78,2 18,9 2,965–79 Jahre 73,7 20,9 5,480 Jahre und älter 72,5 21,6 5,8

Künstlerische und musische Tätigkeiten

45–64 Jahre 19,6 24,3 56,165–79 Jahre 20,5 22,2 57,380 Jahre und älter 9,9 14,6 75,5

Besuch religiöser Veranstaltungen

45–64 Jahre 42,6 31,0 10,165–79 Jahre 33,4 28,7 19,780 Jahre und älter 21,9 23,0 46,5

Datenquelle: SOEP 2015; Berechnungen INIFES

Wird genauer betrachtet, welche Auswirkun-gen der Gesundheitszustand auf die Aus-übung all dieser Aktivitäten hat, so zeigt sich das erwartete Bild: Je schlechter der Gesund-heitszustand, desto geringer sind die Teil-nahme an kulturellen Veranstaltungen, akti-ver Sport, die Mithilfe bei Freunden, Ver-wandten oder Bekannten, Geselligkeit oder künstlerische Tätigkeit. Damit nimmt auch die soziale Einbindung ab.

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5. Gesund und selbstbestimmt leben

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Häufigkeit der Aktivitäten von Personen im Alter ab 65 Jahren nach Gesundheitszustand in Bayern 2015, in Prozent

mindestens monatlich

seltener nie

(Hoch-)Kulturelle Veranstaltungen

Gesundheit (sehr) gut 31,3 43,8 24,9Gesundheit zufriedenstellend 21,2 44,1 34,6Gesundheit (sehr) schlecht 13,6 30,9 55,5

Popkulturelle Veranstaltungen

Gesundheit (sehr) gut 11,7 41,7 46,6Gesundheit zufriedenstellend 8,0 30,7 61,2Gesundheit (sehr) schlecht 6,1 17,2 76,7

Aktiver SportGesundheit (sehr) gut 50,6 9,3 40,1Gesundheit zufriedenstellend 37,4 7,9 54,7Gesundheit (sehr) schlecht 22,2 7,1 70,6

Mithelfen bei Freun-den, Verwandten oder Nachbarn

Gesundheit (sehr) gut 37,1 46,7 16,2Gesundheit zufriedenstellend 32,1 48,1 19,8Gesundheit (sehr) schlecht 24,5 34,4 41,1

Geselligkeit mit Freunden, Ver-wandten, Nachbarn

Gesundheit (sehr) gut 80,6 17,0 2,4Gesundheit zufriedenstellend 76,8 18,8 4,4Gesundheit (sehr) schlecht 62,8 27,1 10,2

Künstlerische und musische Tätigkeiten

Gesundheit (sehr) gut 26,3 30,3 43,4Gesundheit zufriedenstellend 17,4 17,6 65,0Gesundheit (sehr) schlecht 10,7 15,4 73,9

Besuch religiöser Veranstaltungen

Gesundheit (sehr) gut 31,0 31,9 37,0Gesundheit zufriedenstellend 40,7 27,2 32,2Gesundheit (sehr) schlecht 27,3 23,2 49,4

Datenquelle: SOEP 2015; Berechnungen INIFES

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DAZULERNEN UND WISSEN WEITERGEBEN

Erfahrungswissen für Initiativen (EFI)

Das Engagement von älteren Bürgerinnen und Bürgern zu unterstützen und ihr in vielen Jahren erworbenes Wissen weiterzugeben, ist Ziel des Programms EFI-Erfahrungswis-sen für Initiativen. Als seniorTrainer und -Trainerinnen bera-ten sie bestehende Initiativen oder regen neue an und begleiten sie im Aufbau, mehr als 1.400 wurden landesweit

seit dem Programmstart 2002 dazu fortgebildet. Damit ist Bayern im bundesdeutschen Vergleich Spitzenreiter.

Die Landesarbeitsgemeinschaft EFI Bayern e. V. (www.efi-bayern.de) vertritt die Interes-sen der seniorTrainerinnen in Bayern sowie bei der Bundesarbeitsgemeinschaft und fördert die Teilnahme der Generation 50+ bei den ehrenamtlichen Tätigkeiten durch aktives Unterstützen der Anlaufstellen z.B.: bei der Netzwerkbildung (www.efi-wap.de).www.efi-bayern.de

Seniorenakademie Bayern

Mit dem Ziel des lebenslangen Lernens gestaltet die im August 2014 gegründete Seniorenakademie Bay-ern Schulungen und Fortbildungen für ältere bürger-schaftlich engagierte Menschen. Dazu gehören Seminare für die kommunalen Seniorenvertretun-

gen, für die bereits mehr als 1.400 seniorTrainerinnen und -Trainer im Programm „Erfah-rungswissen für Initiativen“ und für die ehrenamtliche Wohnberatung. Träger der Seni-orenakademie ist die gemeinnützige pme Familienservice GmbH im Auftrag des Baye-rischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration.

Seniorenakademie BayernTheresienhöhe 13a, 80339 MünchenE-Mail: [email protected] Tel: 089 54 47 94-0Internet: www.seniorenakademie.bayern www.stmas.bayern.de/senioren/akademie/index.php

Erwachsenenbildung

Neben der katholischen und der evangelischen Landes arbeitsgemeinschaft für Erwach-senenbildung ist es ins besondere der Bayerische Volkshochschulverband, der mit seinen Angeboten Männern und Frauen jeder Altersgruppe offensteht. Die 200 Volks-hochschulen mit insgesamt 1.000 Betriebsstätten in ganz Bayern fördern jährlich fast drei Millionen Menschen im Prozess des lebenslangen Lernens.www.vhs-bayern.de

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5. Gesund und selbstbestimmt leben

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Ehrenamtliches Engagement hat in Bayern eine lange Tradition. Diese ist bis heute unge-brochen und immer mehr Menschen enga-gieren sich freiwillig: Nach Daten des Freiwil-ligensurveys stieg ihr Anteil zwischen 1999 und 2014 von 37 auf 47 Prozent; bundesweit ist die Entwicklung ähnlich (Anstieg von 34 auf 44 Prozent). Im Durchschnitt setzt sich also fast jeder Zweite für das Gemeinwohl ein. Im Alter ab 65 Jahren ist dieser Anteil etwas geringer, was angesichts der im höhe-ren Alter zurückgehenden Kraft nicht ver-wundert, aber auch hier ist mit 32 Prozent durchschnittlich jeder Dritte in Bayern frei-

willig engagiert (bundesweit: 34 Prozent).66 Im Vergleich zu Personen unter 54 Jahren bringen sich ältere Menschen stärker im kirchlichen und religiösen Bereich sowie im sozialen Bereich ein. Ein hoher Anteil aller Altersgruppen ist im Freizeitbereich aktiv. Mit zunehmendem Alter sinkt der Anteil der Menschen, die freiwillig engagiert sind oder sich an öffentlich gemeinschaftlichen Aktivi-täten beteiligen, wozu beispielsweise die Teilnahme an Sport- und Bewegungsange-boten, das Singen im Chor oder die Mitarbeit in politischen Parteien gehören.

Öffentlich gemeinschaftliche Aktivität und freiwilliges Engagement nach Altersgruppen und gesellschaftlichen Bereichen, Bayern 2014, in Prozent (Mehrfachantworten möglich)

Öffentlich gemeinschaftliche Aktivität

Freiwilliges Engagement

unter

54 Jahre

55–64 Jahre

65–74 Jahre

75 Jahre und älter

unter 54

Jahre

55–64 Jahre

65–74 Jahre

75 Jahre und älter

In mindestens einem Bereich aktiv/enga-giert* (Mehrfachnen-nungen möglich)

75,2 74,2 66,3 56,4 51,4 52,7 39,4 23,6

Sport und Bewegung 51,7 41,1 37,6 26,3 23,0 19,9 13,4 4,2Kultur und Musik 19,8 20,2 23,5 16,4 9,5 11,6 8,8 5,0Freizeit und Geselligkeit

15,6 16,1 15,6 14,1 7,0 7,6 4,7 3,1

Sozialer Bereich 12,9 22,5 22,3 19,2 7,7 14,7 13,8 9,4Gesundheitsbereich 5,8 9,1 9,1 4,1 2,1 2,5 3,4 0,0Schule und Kinder-garten

16,6 7,0 4,5 3,2 12,0 3,1 3,1 0,8

Außerschul. Jugend-arbeit oder Bildungs-arbeit für Erwachsene

10,0 10,4 5,5 5,6 4,1 5,3 3,5 3,6

Umwelt, Naturschutz, Tierschutz

11,1 11,6 10,4 8,9 4,7 5,2 3,5 1,0

Politik und politische Interessenvertretung

7,0 10,6 7,4 7,1 4,2 7,2 2,5 1,2

Kirchlicher oder religiöser Bereich

12,4 13,9 11,6 18,6 8,4 11,0 7,6 8,3

* zzgl. hier nicht dargestellter Bereiche (Berufliche Interessenvertretung, Justiz, Rettungsdienste und Sonstige).Datenquelle: Freiwilligensurvey 2014; Berechnungen INIFES

66 Vgl. Simonson, J., Vogel, C., Tesch-Römer, C. (Hrsg.) (2017): Tabellenanhang. Freiwilliges Engagement in Deutschland – Der Deutsche Freiwilligensurvey 2014. Wiesbaden: Springer VS, S. 296.

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5.3 Bürgerschaftliches Engagement für ältere Menschen

DAS WICHTIGSTE VORAB:

• Freiwilliges Engagement inBayern gilt amhäufigsten denZielgruppenKinder undFamilien, gefolgt vom Einsatz für ältere Menschen.

• InhöherenAltersgruppenistdasfreiwilligeEngagementfürÄltereweiterverbreitet.

• EinGroßteildesEngagementsfürÄltereerfolgtfürÄltereimAllgemeinen,nichtfüreine bestimmte Altersgruppe. Rund sieben Prozent des freiwilligen Engagements für Ältere in Bayern richten sich an Demenzkranke.

Das ehrenamtliche Engagement in Bayern gilt besonders häufig Kindern (51 Prozent) und Familien (33 Prozent). An dritter Stelle folgt die Zielgruppe der älteren Menschen (27 Prozent). Die Daten zeigen, dass sich Menschen offenbar gerne für die Belange der eigenen soziodemografischen Gruppe ein-setzen: Seniorinnen und Senioren engagie-ren sich im Ehrenamt etwas weniger als der Durchschnitt für Kinder und Familien, dafür

aber deutlich häufiger für Menschen der eigenen Altersgruppe. Ihr Engagement ist zudem besonders sozial orientiert, denn zusätzlich unterstützen über 65-Jährige überdurchschnittlich oft Menschen mit Be -hinderung, Menschen mit Migrationshinter-grund, finanziell oder sozial schlechter g e-stellte Menschen sowie Hilfe- oder Pflegebe-dürftige.

Zielgruppe des freiwilligen Engagements nach Altersgruppen, Bayern 2014, in Prozent (Mehrfachantworten möglich)

InsgesamtAltersgruppen

unter 54 Jahre

55–64 Jahre65 Jahre und älter

Kinder und Jugendliche 50,7 60,7 30,3 28,2Familien 32,8 33,8 36,1 24,4Ältere Menschen 27,3 19,0 34,7 56,3Menschen mit Behinderung 9,2 7,1 9,1 19,2Menschen mit Migrations-hintergrund

10,1 9,8 7,8 14,5

Frauen 12,7 11,3 12,7 19,1Männer 11,5 12,1 10,3 10,2Finanziell oder sozial schlechter gestellte Menschen

12,6 10,5 11,0 23,8

Hilfe- oder Pflegebedürftige 13,1 11,4 15,2 18,8Andere Zielgruppe 25,2 22,8 29,7 31,3

Datenquelle: Freiwilligensurvey 2014; Berechnungen INIFES

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UNTERSTÜTZUNG GEBEN

Freiwilligenagenturen, Freiwilligenzentren und Koordinierungszentren Bürgerschaft-lichen Engagements

Vor Ort beraten Freiwilligenagenturen, Freiwilligenzentren oder Koordinierungszentren Bürgerschaftlichen Engagements. Sie bieten einen einfachen Einstieg in die Vielfalt von ehrenamtlichen Hilfsmöglichkeiten, unterstützen gemeinnützige Initiativen und Organi-sationen, die mit Freiwilligen und Ehrenamtlichen arbeiten, und fördern die Qualität des Engagements durch Fortbildungen und Erfahrungsaustausch. Die Landesarbeitsge-meinschaft umfasst 110 Mitgliedseinrichtungen; ihre Geschäftsstelle informiert über die nächstgelegenen Kontaktadressen.

Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenzentren, Freiwilligenagenturen, Koordinierungszentren Bürgerschaftlichen Engagements (lagfa bayern)Philippine-Welser-Straße 5a, 86150 AugsburgTelefon 0821 45 04 22-20www.lagfa-bayern.de

Hilfe in besonderen Situationen

Wer sich für ältere Menschen mit besonderem Bedarf einsetzen möchte, findet Informationen dazu in der Broschüre „Begleitung von Pflegebedürftigen – Ein Ehrenamt für mich?“, die das Bayeri-sche Staatsministerium für Gesundheit und Pflege herausgegeben hat.

Patientenfürsprecher sind die Ansprechpartner bei allen Anliegen rund um den Krankenhausaufenthalt. Sie vermitteln zwischen den Patienten und Klinikpersonal, setzen sich für Patienteninteressen ein und tragen damit zur Patientenzufriedenheit bei.www.patientenportal.bayern.de

Zu den sensibelsten ehrenamtlichen Aufgaben gehört die Beglei-tung und Betreuung Schwerstkranker und Sterbender. Hospizhelfe-

rinnen und -helfer leisten Besuchsdienste, kommen zum Zuhören und Trösten, bieten organisatorische Unterstützung und unterstützen durch ihre Anwesenheit auch die betroffenen Familien. Die Ausbildung zu diesem verantwortungsvollen Ehrenamt besteht aus mehreren Kurseinheiten und einem Praktikum. Von Anfang an und auch während der gesamten Zeit werden Hospizhelfer durch Gruppengespräche und Fortbil-dungen gestützt und gestärkt. Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege informiert dazu unter:www.stmgp.bayern.de/gesundheitsversorgung/sterbebegleitung/hospiz/

Bayerisches Staatsministerium fürGesundheit und Pflege

Begleitung von Pflegebedürftigen

Ein Ehrenamt für mich?

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Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern

Als Bildungs-, Lern- und Informationsnetzwerk versteht sich das 2003 gegründete, durch das Bayerische Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration geförderte Landes-netzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern. Die landes-weite Servicestelle unterstützt die Freiwilligenarbeit, berät Orga-

nisationen und Kommunen und bildet Multiplikatoren im ehrenamtlichen Bereich fort. Netzwerkpartner sind die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligen-Agenturen/Frei-willigen-Zentren (lagfa bayern), der Landesverband Mütter- und Familienzentren in Bay-ern, die Selbsthilfekoordination Bayern, die Arbeitsgemeinschaft der Ausländer-, Migranten- und Integrationsbeiräte Bayerns, die Initiative Bürgerstiftungen und die Lan-desSeniorenVertretung Bayern, die Landesarbeitsgemeinschaft der Seniorenbüros, die Mehrgenerationenhäuser Bayern und die Landesarbeitsgemeinschaft Soziokultur Bay-ern.

Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement Bayern e. V.Sandstraße 7, 90443 NürnbergTelefon 0911 81 01 29-0, Fax 0911 81 01 29-29E-Mail: [email protected] www.lbe-bayern.de

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Die Kampagne des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zur Seniorengesundheit

Männer und Frauen ab 65 Jahren, die selbstständig leben und im Sinne einer wirk-samen Prävention möglichst lange aktiv bleiben wollen, sind die Zielgruppe der Kampagne des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege zur Seniorengesundheit. Es geht darum, die Menschen davon zu überzeugen, dass Prävention und Gesundheitsförderung in jeder Lebensphase einen Gewinn bedeuten. Aufgezeigt werden soll, was mit Hilfe präventiver oder unterstützender Maßnahmen auch im Alter noch möglich ist oder wieder möglich werden kann. Es ist nie zu spät, damit anzufangen! Ziel ist es, die durch die lange Lebenserwartung gewonnenen Jahre möglichst lange bei möglichst guter Gesundheit zu verbringen.

Wo setzt die Kampagne an?

• Förderung von körperlicher Aktivität Regelmäßige körperliche Aktivität hat vielfache positive Wirkungen. Sie verringert das

Risiko für verschiedene Erkrankungen und kann auch den Verlust der kognitiven Leis-tungsfähigkeit hinauszögern, sie stärkt für eine selbstständige Lebensführung und för-dert bei Durchführung in der Gruppe zudem soziale Kontakte.

• Werbung für eine gesunde und ausgewogene Ernährung Eine angepasste, ausgewogene Ernährung ist auch im Alter ein wichtiger Bestandteil

eines gesunden Lebensstils. Bei starkem Übergewicht kann bereits eine moderate Gewichtsabnahme erhebliche gesundheitliche Vorteile bringen. Bei körperlichen oder kognitiven Einschränkungen hingegen gilt es, einer Mangelernährung vorzubeugen.

• Anregung zur Nutzung von Hilfsmitteln Um körperliche Einschränkungen zu kompensieren, gibt es zahlreiche wirkungsvolle

Hilfsmittel wie Sehhilfen, Hörgeräte, Rollatoren etc. Sie erweitern den Aktionsradius und damit auch die Möglichkeit, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

• Hilfe im Umgang mit kognitiven Einschränkungen Eine gesunde Lebensweise, eine gute soziale Einbindung und geistige Aktivitäten kön-

nen dazu beitragen, den kognitiven Abbau zu verzögern. Aufgezeigt werden soll aber auch, wie es gelingt, mit einer demenziellen Erkrankung umzugehen – sei es als Ange-höriger oder als Betroffener.

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• Soziale Einbindung Eingebundensein in Familie, Freundeskreis oder Gemeinde und Unterstützung durch

das soziale Umfeld fördern nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die psychische und physische Gesundheit. Im Alter zeigen sich unter anderem positive Wirkungen auf den Erhalt der kognitiven Fähigkeiten und der Selbstständigkeit sowie auf die Lebenserwartung.

Für die Freiraum-Kampagne konnten in den Gesundheitsregionenplus vier Seniorinnen und Senioren als Testimonials gewonnen werden. Sie stehen für mehr Raum für „Ener-giebündel“ (Bewegung), „Philosophen“ (psychische Gesundheit), „Junges Gemüse“ (Ernährung) und „Lieblingsmenschen“ (soziale Teilhabe). Ein Magazin zur Seniorenge-sundheit, das Anfang 2018 als Beilage bayerischer Tageszeitungen erschien, porträtiert ihre ganz persönlichen Lebensweisen und will dazu motivieren, den Freiraum des Ruhe-stands zur Stärkung der Gesundheit zu nutzen. Auch verschiedene Fernsehbeiträge werden diesem Thema gewidmet sein. Auf der Website der Kampagne unter

www.freiraum.bayern.de

sind Videoclips zur Kampagne und Filmporträts der Prota gonisten abrufbar, verbunden mit Informationen und Tipps zum gesunden Älterwerden.

Die Kampagne erfährt vielfache Unterstützung; insbesondere der Öffentliche Gesund-heitsdienst mit den Gesundheitsämtern vor Ort, die Gesundheitsregionenplus und die Partner im Bündnis für Prävention greifen das Thema in Aktionen und Veranstaltungen auf. Ein Fachtag zur Seniorengesundheit bringt im Frühjahr 2018 zudem Expertinnen und Experten aus allen Regierungsbezirken zusammen.

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6. Information, Beratung und Begleitung

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Es gibt in Bayern eine Vielzahl von Angeboten zur gesundheitsbezogenen Information, Beratung, Behandlung und weitergehenden Unterstützung im Alter. Eine kleine Aus-wahl ist im Folgenden aufgelistet, zahlreiche weitere Hinweise finden sich in diesem Bericht. Vor allem bei der Informationssuche im Internet ist auf die Vertrauenswürdig-keit des Absenders zu achten.

Medizinische Versorgung

Auskunft darüber, welche niedergelassenen Ärzte wohnortnah erreichbar sind, gibt der Arztsuchdienst der Bayerischen Landes-ärztekammer unter:

www.arzt-bayern.de

Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) führt ein Verzeichnis aller Ärztinnen und Ärzte mit Kassenzulassung in Bayern, erreichbar telefonisch und online unter

www.kvb.de Patienten-Infoline: Telefon 089 54 54 64 04 20 Terminservice-Stelle der KVB zur Vermitt-lung von eiligen Facharzt-Terminen: Telefon 0921 78 77 65-55 020

Ärztliche Hilfe außerhalb der Sprechstunden bietet der ärztliche Bereitschaftsdienst der KVB, der unter der kostenfreien Rufnummer 11 61 17 bundesweit erreichbar ist.

Die Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK) ermöglicht eine Zahnarztsuche unter

www.blzk.de Patientenberatung: Telefon 089 74 41 99 98 88

Bei der Suche nach einem Psychotherapie-platz hilft der Psychotherapeutensuchdienst der Bayerischen Landeskammer der Psycho-logischen Psychotherapeuten und der Kin-der- und Jugendlichenpsychotherapeuten:

www.ptk-bayern.de, Stichwort „Psychotherapeutensuche“

Auch die Koordinationsstelle der KVB unter-stützt bei der Suche nach einem Therapie-platz. Koordinationsstelle: Telefon 0921 78 77 65-404 10

Hilfe in akuten Krisen

Mit dem Notruf 112 erreicht man Rettungs-dienst, Notarzt und Feuerwehr europaweit ohne Vorwahl,mit dem Notruf 110 die Polizei in Deutsch-land. Es gibt Krisendienste in allen bayeri-schen Bezirken und den größeren Kliniken. Die Telefonseelsorge bietet ebenfalls Hilfe in Krisen an (0800 111 01 11 und 0800 111 02 22; Anrufe sind kostenfrei).

Für Termine zur psychotherapeutischen Sprechstunde oder zur psychotherapeu-tischen Akutbehandlung vermittelt die Servicestelle der KVB Termine unter der Telefonnummer: 0921 78 77 65-550 30

Pflege

Versicherte, die Leistungen der Pflegeversi-cherung erhalten oder beantragen, haben Anspruch auf kostenlose Pflegeberatung durch ihre Pflegekasse. Auf Wunsch erfolgt die Pflegeberatung auch gegenüber den Angehörigen eines Pflegebedürftigen, in der häuslichen Umgebung des Pflegebedürfti-gen oder in der Pflegeeinrichtung, in der der Pflegebedürftige lebt.

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6. Information, Beratung und Begleitung

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Die im Auftrag der gesetzlichen Pflegekassen eingerichtete Leitstelle Pflegeservice Bayern berät telefonisch unter

Telefon 0800 772 11 11 (Anrufe sind kostenfrei)www.pflegeservice-bayern.de

Der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) Bayern informiert zum Pflegegutach-ten und allgemeinen Fragen der Pflege unter

Telefon 0911 650 68-555www.mdk-bayern.de

Ein Verzeichnis der Fachstellen für pflegende Angehörige stellt das Bayerische Staatsmi-nisterium für Gesundheit und Pflege bereit unter:

www.stmgp.bayern.de/service/ ansprechpartner-und-fachstellen

Unterstützung für die Entwicklung und Ein-führung neuer technisch-digitaler Hilfsmittel in der Pflege und eine Plattform für den Aus-tausch zwischen Praxis, Wissenschaft, Indus-trie und Sozialleistungsträgern bietet das Netzwerk Pflege Digital BayernHochschule für angewandte Wissenschaften Kempten

Tel. 0831 25 23 -92 56www.careregio.de

Die Interessen der Patientinnen und Patien-ten, der Pflegebedürftigen und Pflegenden gegenüber allen Akteuren im Gesundheits-wesen und in der Pflege vertritt der Patien-ten- und Pflegebeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Hermann Imhof MdL. Auch dem Einzelnen steht er bei Fragen zum Gesundheitswesen und zur Pflege als Ansprechpartner zur Verfügung.

Patienten- und Pflegebeauftragter der Bayerischen StaatsregierungBayerisches Staatsministerium für Gesund-heit und PflegeHaidenauplatz 1, 81667 München

Tel. 089 54 02 33-951www.patientenportal.bayern.de/ patientenbeauftragter/

Allgemeine Informationen rund um das Thema Alter und Gesundheit

Das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege informiert über gesundheitsbezogene Themen im Alter unter

www.stmgp.bayern.de/meine-themen/fuer-senioren

Pflegende Angehörige finden Informations- und Hilfsangebote unter

www.stmgp.bayern.de/meine-themen/fuer-pflegende-angehoerige

Das Bayerische Staatsministerium für Arbeit, Soziales, Familie und Integration stellt Wissenswertes zu den Themen Teil-habe, bürgerschaftliches Engagement, altersgerechte Wohnformen und soziale Unterstützungsangebote auf:

www.stmas.bayern.de/senioren/index.php

Das Bundesministerium für Familie, Senio-ren, Frauen und Jugend bietet im Rahmen des Programms „Anlaufstellen für ältere Menschen“ eine Übersicht über bayernweit geförderte Projekte an, die Senioren dabei unterstützen, ihren Alltag eigenständig zu meistern. Dazu gehören z. B. Nachbarschafts-hilfen und Anlaufstellen für ältere Menschen sowie ehrenamtliche Fahr- und Besuchs-dienste.

www.serviceportal-zuhause-im-alter.de

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Das Zentrum für Prävention und Gesund-heitsförderung am Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit verzeichnet im Netzwerk Prävention mit dem Themenschwerpunkt „Gesund älter werden“ zahlreiche regionale Projekte und Initiativen. Abzurufen ist dort auch die Dokumentation „Älter werden in der Gesunden Gemeinde. Angebote gestalten, Potentiale nutzen“.

www.zpg-bayern.de/netzwerk-praevention.html

Selbsthilfegruppen können für Menschen in belastenden Situationen und ihre Angehöri-gen eine wichtige Stütze sein. In Bayern gibt es in jeder Region Selbsthilfegruppen auch zu Gesundheitsthemen, die Seniorinnen und Senioren betreffen. Bei der Suche nach einer Selbsthilfegruppe helfen z. B. die Selbsthilfe-kontaktstellen. In Bayern gibt es rund 30 die-ser Einrichtungen, die über die Selbsthil-fekoordination (SeKo) Bayern vernetzt sind.

Selbsthilfekoordination BayernScanzonistraße 4, 97080 WürzburgTelefon 0931 205 79 10www.seko-bayern.de und www.selbsthilfe-in-bayern.de

Die LAG SELBSTHILFE BAYERN e. V. vertritt als Spitzenorganisation der Selbsthilfe behin-derter und chronisch kranker Menschen 106 landesweit tätige Verbände.

Landesarbeitsgemeinschaft SELBSTHILFE von Menschen mit Behinderung und chroni-scher Erkrankung und ihrer Angehörigen in Bayern e. V. (LAG SELBSTHILFE Bayern e. V.)Orleansplatz 3, 81667 MünchenTelefon 089 45 99 24-0www.lag-selbsthilfe-bayern.de

Der Sozialverband VdK Bayern e. V. infor-miert mit seinem Ressort „Leben im Alter“ über viele Fragen rund um das Alter, bei-spielsweise über alternative Wohnformen und barrierefreies Umbauen, Vorsorgevoll-machten und Betreuungsverfügungen sowie Unterstützungsangebote für Pflegebedürf-tige und Angehörige.

Sozialverband VdK Bayern e. V.Schellingstraße 31, 80799 MünchenTelefon 089 21 17-133 oder -172Beratungstelefon „Pflege und Wohnen“: 089 21 17-112www.vdk.de/bayern

Auskünfte zur Gesundheit im Alter und zu Unterstützungsmöglichkeiten vor Ort geben zudem zahlreiche weitere Einrichtungen und Verbände, darunter Kranken- und Pflegever-sicherungen, Wohlfahrtsverbände sowie die Gesundheitsämter in Bayern, deren Kontakt-adressen abzurufen sind unter:

www.oegd-bayern.de/html/bayerische_gas.html

Altersmedizin

Die Geriatrie ist die Lehre von den Krankhei-ten des alternden Menschen. Nach der Defi-nition der Arbeitsgemeinschaft Geriatrie Bayern e. V. umfasst sie „Prävention, Diag-nose, Therapie und Rehabilitation körperli-cher und seelischer Erkrankungen im biolo-gisch fortgeschrittenen Lebensalter, die in besonderem Maße zu dauernden Behinde-rungen und dem Verlust der Selbstständig-keit führen.“67 In Abgrenzung dazu beschreibt der Begriff „Gerontologie“ die gesamte, interdisziplinär angelegte Wissenschaft des Alterns, die neben körperlichen, psychischen und sozialen beispielsweise auch historische und kulturelle Aspekte umfasst.

67 Arbeitsgemeinschaft Geriatrie Bayern e. V.: Was ist Geriatrie? www.geriatrie-bayern.de/geriatrie_altersmedizin_263.htm.

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6. Information, Beratung und Begleitung

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Die Geriatrie bildet in der Regel einen Teilbe-reich der Inneren Medizin; an den meisten Universitäten ist sie bisher nicht als eigener Lehrstuhl oder eigene Fakultät vertreten. In Bayern war der erste Lehrstuhl für Innere Medizin (Geriatrie) schon 1973 an der Fried-rich-Alexander-Universität Erlangen-Nürn-berg eingerichtet worden. Er ist angegliedert an das Institut für Biomedizin des Alterns (www.iba.med.uni-erlangen.de/index.shtml), das 1980 als erstes deutsches Institut für Gerontologie mit den Schwerpunkten Medi-zin und experimentelle Gerontologie gegrün-det wurde. Die 2008 eingerichtete Stiftungs-professur für klinische Ernährung im Alter durch die Nürnberger Theo und Friedl Schöl-ler-Stiftung ist bislang die einzige zu diesem Themenbereich in Deutschland.

Das Institut für Biomedizin des Alters ist heute Teil des Interdisziplinären Centrums für Alternsforschung (ICA) der Universität Erlangen-Nürnberg, an dem an biologischen, medizinischen, psychiatrischen, psychologi-schen, bewegungs-, sozial-, geistes- und wirtschaftswissenschaftlichen sowie medi-zintechnischen Fragen der Gerontologie ge-forscht wird. Derzeit arbeiten hier 29 Mitglie-der aus vier Fakultäten sowie die Vertreter von fünf assoziierten Einrichtungen zusam-men.

www.ica.fau.de

Informationen zur Altersmedizin in Bayern sowie Ansprechpartner und Fachstellen der geriatrischen Versorgung hat das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege zusammengestellt unter

www.stmgp.bayern.de/gesundheitsversor-gung/krankenhaeuser/altersmedizin

Die Arbeitsgemeinschaft Geriatrie in Bayern e. V. bildet ein Forum, das auf Landesebene die an der gesundheitlichen Versorgung älte-rer Menschen Beteiligten zusammenbringt, um Kooperation und Austausch zu fördern.

www.geriatrie-bayern.de

Die Ärztliche Arbeitsgemeinschaft zur För-derung der Geriatrie in Bayern e. V. (AFGiB) steht Ärztinnen und Ärzten im Freistaat offen, die überwiegend geriatrisch tätig sind. Sie setzt sich ein für die weitere Verbesserung der geriatrischen Versorgung, für Qualitäts-entwicklung, Fortbildung und Forschungs-förderung.

www.afgib.de

Auf Bundesebene ist die wissenschaftliche Fachgesellschaft für Ärztinnen und Ärzte, die sich auf die Medizin der späten Lebensphase spezialisieren, die Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e. V. (DGG). Sie fördert und koordi-niert Forschung, Praxis und Lehre sowie die Entwicklung und Verbreitung neuer Konzepte und Strategien (z. B. Geriatrisches Assess-ment, Ambulante Geriatrische Rehabilitation)

www.dggeriatrie.de Deutsche Gesellschaft für Geriatrie e. V. Geschäftsstelle Seumestraße 8, 10245 Berlin Telefon 030 52 13 72-75

Die Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e. V. (DGGG) unterstützt Geron-tologen und Geriater in der Alternsforschung und alle in diesem Arbeitsfeld beteiligten Berufsgruppen bei der praktischen Umset-zung der Ergebnisse.

www.dggg-online.de Deutsche Gesellschaft für Gerontologie und Geriatrie e. V. Seumestraße 8, 10245 Berlin Telefon 030 52 13 72-71

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Gesellschaftliche Teilhabe und Mitwirkung im Alter

Seniorenpolitisches Konzept Bayern herausgegeben von Bayerischen Staats-ministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration

www.stmas.bayern.de/senioren/index.php

Die Landkreise und kreisfreien Städte sind nach Art. 69 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) verpflichtet, integ-rative regionale seniorenpolitische Gesamt-konzepte zu entwickeln. Diese basieren jeweils auf einer Bestandsanalyse und auf Prognosen, welche Herausforderungen sich für die jeweilige Kommune in Zukunft erge-ben werden, um diesen aktiv zu begegnen. Alle 96 Landkreisen und kreisfreien Städten haben ein seniorenpolitisches Gesamtkon-zept oder arbeiten daran. Mehr dazu unter

www.stmas.bayern.de/senioren/kommunen/index.php

Die LandesSeniorenVertretung Bayern e. V. (LSVB) ist der Dachverband für Seniorenbei-räte, Seniorenbeauftragte und Seniorenver-tretungen von Städten, Gemeinden und Landkreisen im Freistaat, parteipolitisch neu-tral und ehrenamtlich getragen. Er setzt sich für die Belange aller älteren Menschen in Bayern ein und unterstützt den Aufbau und die Arbeit von Seniorenvertretungen in den Kommunen.

LandesSeniorenVertretung Bayern e. V.Schellingstraße 155, 80797 MünchenTelefon 089 954 75 69 90www.lsvb.info

Die Landesarbeitsgemeinschaft EFI Bayern e. V. vertritt die Interessen der seniorTraine-rinnen in Bayern sowie bei der Bundesar-beitsgemeinschaft und fördert die Teilnahme der Generation 50+ bei den ehrenamtlichen Tätigkeiten durch aktives Unterstützen der Anlaufstellen z. B.: bei der Netzwerkbildung.

Landesarbeitsgemeinschaft EFI Bayern e. V.c/o Michael SchmittBrunnensteige 1197318 KitzingenMobil 0173 844 8890www.efi-bayern.dewww.efi-wap.de

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6. Information, Beratung und Begleitung

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Verzeichnis der in den Abbildungen verwendeten Abkürzungen

DEAS Deutscher Alterssurvey (Deutsches Zentrum für Altersfragen, DZA)

DEGS IStudie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (Robert Koch-Institut, RKI)

GEDA Gesundheit in Deutschland aktuell (Robert Koch-Institut, RKI)GKV Gesetzliche Krankenversicherung

ICDInternational Classification of Diseases and Related Health Problems (WHO)

IGES Institut für Gesundheits- und Sozialforschung, BerlinINIFES Internationales Institut für empirische Sozialökonomie, StadtbergenIT-NRW Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-WestfalenKVB Kassenärztliche Vereinigung Bayerns LfStat Bayerisches Landesamt für StatistikLGL Bayerisches Landesamt für Gesundheit und LebensmittelsicherheitM2Q-Kriterium Diagnose in mindestens zwei Quartalen im JahrMDK Medizinischer Dienst der Krankenkassen

SOEPSozio-oekonomisches Panel (Deutsches Institut für Wirtschafts forschung, DIW)

StMASBayerisches Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration

StMGP Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und PflegeWHO Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation)

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Unter Telefon 089 12 22 20 oder per E-Mail unter direkt@Bay ern.de erhalten Sie Informationsmaterial und Broschüren, Auskunft zu aktu- ellen Themen und Internetquellen sowie Hinweise zu Behörden, zuständigen Stellen und Ansprechpartnern bei der Bayerischen Staatsregierung.

IMPRESSUM

Herausgeber: Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege Haidenauplatz 1, 81667 München Telefon: +49 89 54 02 33-0

Gewerbemuseumsplatz 2, 90403 Nürnberg Telefon: +49 911 215 42-0

www.stmgp.bayern.de

Redaktion: Dr. Joseph Kuhn, Benjamin Moritz, Franziska Poppe, Dr. Veronika Reisig, Sylvia Zollikofer, Dr. Anja Lüders, Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Dr. Martina Enke, Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege.

Gestaltung: CMS – Cross Media Solutions GmbH, WürzburgBildnachweis: istockphoto.com: FangXiaNuo (S. 11), tolgart (S. 29), HighwayStarz (S. 145);

gettyimages: Westend61/Uwe Umstätter (S. 17); fotolia.com: Kzenon (S. 81), Sabine Hürdler (S. 137)Druck: Druckerei Schmerbeck GmbH, TiefenbachStand: November 2017Artikelnummer: stmgp_sen_014 © Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege

Dem Bericht liegt eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr. Ernst Kistler und Dipl.-Soz. Constantin Wiegel (Internationales Institut für Empirische Sozialökonomie INIFES gGmbH, Stadtbergen) in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Susanne Wurm, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), Institut für Psychogerontologie, zugrunde.

Für die Bereitstellung von Daten danken wir insbesondere der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns, dem Bayerischen Landesamt für Statistik, dem Robert Koch-Institut und für Daten zur Mundgesundheit von Senioren dem Institut der Deutschen Zahnärzte.

In diesem Bericht wird zur besseren Lesbarkeit in der Regel die männliche Schreibweise verwendet. Gemeint sind, insofern es nicht explizit anders hervorgehoben wird, beide Geschlechter.

HINWEIS

Diese Druckschrift wird kostenlos im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit der Bayerischen Staatsregierung herausgegeben. Sie darf weder von den Parteien noch von Wahlwerbern oder Wahlhelfern im Zeitraum von fünf Monaten vor einer Wahl zum Zweck der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für Landtags-, Bundestags-, Kommunal- und Europawahlen. Missbräuchlich ist während dieser Zeit insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel. Untersagt ist gleichfalls die Weitergabe an Dritte zum Zweck der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug zu einer bevorstehenden Wahl darf die Druckschrift nicht in einer Weise verwendet werden, die als Parteinahme der Staatsregierung zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden könnte. Den Parteien ist es gestattet, die Druckschrift zur Unterrichtung ihrer eigenen Mitglieder zu verwenden. Bei publizistischer Verwertung – auch von Teilen – Angabe der Quelle und Übersendung eines Belegexemplars erbeten.

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