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Giordano Bruno: Zur Erinnerung 17 feb 1600

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Giordano Bruno : zurErinnerung an den 17.

Februar 1600 (2te neuhearbeitete Auflage)Alois Riehl

 

Source gallica.bnf.fr / Bibliothèque nationale de France

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Riehl, Alois (1844-1924). Giordano Bruno : zur Erinnerung an den 17. Februar 1600 (2te neu hearbeitete Auflage) Alois Riehl. 1900.

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ALOIS RIEHL

GÏORDANO BRUNO

ZUR ERïNNERUN GAN DEN

t7.FEBRUARt600

ZWE!TE, NEU BEARBEtTETB AUFLAOE

LEIPZIG

VERLAG VON WILHELM ENGELMANN

1900.

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ALOIS RIEHL

GIORDANO BRUNO

)Z U RER!NNERUNG

C: AN DENANDHN

'l'"!7.FEBRUAR t600

ZWEITE, NEU BEARBE!TETE AUFLAGE

LEIPZIG

VERLAG VON WILHELM ENGELMANN

1900.

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nannte sich mit Vorliebe den Notaner; ein starker Zug

der AnhangHchkeit an die Heimat war ihm gleich seinen

Mitbürgern e!gen.Zur Ze!t, in der G. Bruno geboren wurde, hatte dte

Kunst der Renaissance in Italien ihre hüchste Blüte bereits

uberschrttten. Der Glanz jenes halb heidnischen Lebens

am Hofe des medicelschen Papstes war verblichen. Kirch-

Hche Interessen auf  der einen, die wissenschaftlichen auf 

der anderen Se!te hatten die Stelle der Mnstterisehen etn-

genommen. Es ist die Zeit der kathotischen Restauration

und der Schopfung der modernen Wissenschaft. Mit der

Bulle vom 21. Juti 1542 verfügt Paul III. auf  Anregung

des Ignatius von Loyola und über Betreiben vornehmHch

Caraffa's die Einrichtung der romischen Inquisition nach

dem Muster der spanischen; 1543 !m Frühjahr erscheint

das Werk des Nicolaus Copernikus: ,,0ber die Umwa!-

zungen der Himmelskreise". Unter der Konstellation

dteser betden Eretgntsse ist G. Bruno geboren 1548. Sie

bedingen durch !hr nitchmaliges Zusammenwirken das

tragtsche Geschick des Philosophen.Bruno's Vater Giovanni war Soldat, wir dürfen anneh-

men Offizier; dte Bruni von Nota, vielteicht ein Zweig des

g!e!chnamigen patrizischen Geschtechtes aus Asti, waren

keine unangesehene Famille der Stadt, und Giovanni

stand ln freundschaftlichem Verkehr mit dem aus vor-

nehmem Hause stammenden Dichter Tansillo. Die Mutter

des Philosophen hieOFrautissa, mit dem Famlliennamen:Savolina. Er selbst erhielt bel der Taufe den Namen

Philipp, nach dem Sohne seines Landesherrn. Ein in

der Kindheit unternommener Ausflug auf  den Vesuv~

machte auf  Bruno b!e!benden Eindruck. Der Berg, der

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beschaftigte ihn. AuOer Raymundus Lullus las er mit

Vorilebe die Werke des Thomas von Aquino, seines

Ordensgenossen, der 300 Jahre zuvor ln dem namiichen

Kloster gelebt und gelehrt hatte, in welchem er selbst sein

Noviziat verbrachte. !m Kloster erwachte aber auch seinkraftvoiter Gelst unter dem Drucke der Umgebung zur

Seibstandigkeit.

Hatte Bruno vom Leben als Monch fur seine Studien,

denen er sich mit frischer Seele hingab, ungcstôrte Mufle

erhofft, so muOte er bald zu seiner Enttausehung erfahren:

,,wie ihn seine Censoren von würdigeren und hoheren

Beschaftigungen abzuziehen, seinen Geist in Fesseln zuiegen und ihn aus einem Frelen !m Dienste der Tugendzum Sktaven einer elenden und thorichten Heuchelei zu

machen suchten". Auch die Schwachen und Wundertieh-

keiten einiger seiner Ordensbrüder entgingen seinem

scharfen BUcke und seiner satirischen Laune nicht. Mit

schlagender Charakteristik hat er uns spater in dem me-

lancholischen Hortensio, demmageren

SeraRno, dem

aufgeblasenen Bonifacio Typen vorgeführt, wie sie sich

wohi auch sonst in ktosteriichen Konventen zusammen-

finden. Schon baid mag er sich mit OberdruO von Ge-

nossen abgewendet haben, denen sein gahrender, offen

sich aussprechender Geist anRng verdachtig zu werden.

Man drohte ihm schon wahrend seines Noviziates mit

einer Anklage in Glaubenssachen. Er hatte Helligenbilderaus seiner Zelie entfernt und nur ein Kruzifix zurück-

behalten, und ats er eines Tages einen seiner Mitbrüder

über der Lektüre eines Poems von den sieben Freuden

Mariens traf, forderte er ihn auf, lieber ein vernunftigeres

Buchzutesen. Doch blieb es diesmal noch bei der Drohung.

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Mit 18 Jahren, wie er selbst angiebt, begann er an der

kirchlichen Lehre der Trinitat zu zwelfeln. Er faSte die

Personen ais Attribute der Gottheit auf  und berief  sich

dabe! auf Augustinus, der den Ausdruck: Person noch a!s

Neuerung empfand und nur mit Zurückhaltung gebrauchte.Entscheidend aber für seine gelstige Entwickelung, )a für

die Schicksale seines Lebens sollte die Bekanntschaft mit

dem Werke des Copernikus werden. Er muO dieselbe

verhattntsmaStg friih gemacht haben (.an die Pforte der

JûngHngsseete pochte des Copernikus mahnendes Wort"),

aber noch nach zwanzig Jahren ist der Eindruck davon

ln thmganz lebendig.

Er ftthhe sichptotztteh

wie von

Banden befreit. Die Wahrheit, die er jetzt zu sehen, )a

wie mit Handen zu grelfen glaubte, schien ihm bisher in

den erdtchteten Spharen des Himmels gieichsam einge-

kerkert gewesen zu sein. Wie bewundert er die Seeten-

groOe Jenes Deutschen, der unbekümmert um die Thorheit

der Menge standhaft geblieben sei gegen die mSchtige

Stromung eines entgegengesetzten Glaubens. Er etgnete

sich die neue Lehre wie etwas seinem Geiste innerlichst

Verwandtes, wie eine ihm eingeborne Wahrheit an. Da-

her vermochte er auch sogleich fret über sic zu gebieten

und sie fortzubilden. Mit kühner Konsequenz beseitigte

er die tetzte Schranke, die bei Copernikus selbst noch

stehen geblieben war: die Fixsternsphare, "die Schale

und konvexe Obernache" des Firmaments. Sein Geist

erhebt sich zum Fluge durch die ero<Pneten Himmels-

raume, seiner Anschauung erschtieOt sich die Unendlich-

keit des Universums, und .heH aufgianzte ihm nun die

Schonheit derWeit* So ergriff Bruno von der neuen

Lehre nicht b!o0 mit dem Verstande Besitz, er ergab sieh

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ihr auch mit seinen Sinnen, seiner maehtigen Einbildungs-

kraft, der Bege!sterung seines Wesens. Aber die mittel-

atterHch-~irchtieht: Weltanschauung zerging !hm darüber

wie ein Truggebilde. Die neue Kosmologie forderte, wie

er sogleich sah, eine neue Metaphysik, etne neue Theo-

togie, und diese zu schaffen und zu verkUnden erfaOt er

ats setnen Beruf, ats seine Mission. Aus dem Neuptato-

nismus, aus den tiefsinnigen Schriften des Nicolaus von

Cues schopfte er hauptsach)!ch die Elemente für seine

Philosophie. ln Nicolaus von Cues insbesondere erkannte

er einen Getstesverwandten, den nur das Priesterkteid an

freierer Bewegung gehindert habe.Aber nicht b)on tiefen philosophischen Studien und

Entwurfen, auch der Beschafttgung mit der heiteren und

der ernsten Dichtkunst tst die MuOe seines Klosterlebens

gewidmet. Das Lustspiet: ~i! candetato", gewtO aber auch

viete iener welhevollen Gesange, die er spater ln die

Gesprache: "de gl' heroici furori" eingefügt hat, relchen

ihrer Entstehung nach in diese Zeit zurück. Eine sati-rische Dichtung: "die Arche Noë", dem Papste zugeeignet,

erscheint 1570. Sie selbst ist nicht mehr aufzufinden,

ihren Gegenstand aber kennen wir aus einem spateren

Dialoge. Der Esel streitet um seinen Vorrang unter den

Tieren, den zu verlieren er in Gefahr !st.

!nzw)schen hatte das auOere Leben Bruno's den her-

hommtichen Gang genommen. Bruno empfângt die Weihen,liest 1572 mit 24 Jahren seine erste Messe ln der Stadt

Campagna, verweilt dort eine Zeit iang im Kloster des

hell. Barthotomaus, hierauf  in anderen Ktostern der Pro-

vinz, zu priestertichen Funktionen: Messelesen, Predigt-

hatten u.s.w. herangezogen. Nach dre! Jahren kehrte er ln

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verheene, wütete ln der Stadt. Die Hatfte der Einwoh-

nerschaft ne! der Seuche zum Opfer; auch Titian er!agfast hundertjâhrig der Ansteckung. Um ein wenig Geld

zu gewinnen, lied Bruno eine Schrift: "Die Zeichen der

Zeit" !m Druck erschetnen, nachdem er dieselbe zuvor

dem Pater Remigius aus Florenz zur Prüfung übergeben

hatte. Das kielne Werk, vielleicht ein Vortaufer der Lui-

lischen Schriften, tst verloren gegangen. Nach kurzem

Aufenthalte wanderte Bruno aus der entvôtkerten Stadt.

ln Bergamo HeO er sich nach dem Rat von Ordensgenos-

sen, die er in Padua getroffen hatte, wieder ais Monch

kleiden und setzte seine Irrfahrt fort. Endlich vertteR er,dre! Jahre nach seiner Flucht aus Rom, Italien. !n Cham-

béry, wo er im Kloster seines Ordens Herberge nahm,

aber mit M!0trauen empfangen wurde, beschtoC er den

Weg naeh Genf  zu nehmen. Hier traf er auf   eine ganzeKolonie !ta!)enischer F!ueh<Hnge, Bekenner der reforinier-

ten Lehre, deren Haupt der Marchese Galeazzo Carra-

c!o!t, ein Neffe Paul IV. war. Der Marchese nahm denVerfolgten der Inquisition nicht unfreundlich auf. Bruno

muOte vor allem das Ordenskteid mit weitticher Tracht

vertauschen. Er hat den Habit nicht wieder getragen.Seinen Unterhalt erwarb er slch durch die Korrektur von

Druckbogen. Den Predigten seiner reformierten Lands-

leute wohnte er von Zeit zu Zeit bei, sein fôrmiicher

Ûbertritt zurreformierten Kirche aber, den er selbst nicht

zugegeben hat, erscheint, auch durch die von Dufour ver-

onenttichten Dokumente, noch keineswegs ausgemacht.!n dem Album des Rektors der Akademie findet sich

zum 22. Mai 1579 sein Name ats: .Phitippus Brunus

Nolanus sacrœ theotogiœ professer" eigenhandig einge-

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tragen, und bald sollte ihn setn unkluger Eifer mit einem

Mitgliede der Akademie in Handet verwlckcln. Er tieR

sich durch sein Temperament verteiten, in etner Flug-

schrift demPhitosophte-Professor

Antoine de laFaye

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von diesem in einer einztgen Vorlesung begangene Fehler

anzustrekhen. Dieser Ausfall gegen eine der einHuOrefeh-

sten PersonUchkehen Genfs. trug !hm (und dem Drucker)

GeRtngn!s ein, aus dem er sich nur durch Wlderrufung

sëiner Schrift befrelen konnte. Bald darauf, naeh einem

Aufenthalte von etwas mehr ats drei Monaten, vertieO er

die unduidsame Stadt Catvins, !n der 26 Jahre zuvor

Servet den Scheiterhaufen bestiegen hatte. Über Lyon

wendet er sich nach Toulouse. Die Stadt \\ar zu jener

Zcit der Sitz einer überaus blühenden, von tOÔOO Studen-

ten besuchten Untversttat. Bodin, der berühmte Staats-

rechtslehrer, ging aus ihr hervor, und bald nach Bruno

lehrte an thr Francois Sanchez, einer der Erneuerer des

Skeptlclsmus. Bruno macht sich bald durch Privatvor-

lesungen über die ~Sphare" oder Astronomie bekannt,

und erlangt den Grad eines Doktors der romischen Theo-

logie, um s!eh an der Bewerbung um eine ordentHche

Lehrstelle der Philosophie betelligen zu kënnen. Er er-

hielt die Professur, die er nach seiner eigenen Angabe zwei

Jahre ~schreibend und tehrend" bekleidete, bis er sich

durch den Bürgerkrleg, den Heinrich von Navarra erregt

hatte, gezwungen sah, sie wieder aufzugeben. Er richtetsein Augenmerk auf  Paris, wo er etwa Mitte 1581 etntrifft.

Sogleich machte er von seinem Rechte ats graduierter

Doktor Gebrauch und kündigte eine auBerordentHche Vor-

lesung an, für welche er ein scho!ast)sches Thema wiihlte.

Er fand groBen Beifat!. Man bewunderte seine Beredt-

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samkeit und besonders die Kraft seines Gediichtnisses.

Eine ordentliche Professur, die ihm angeboten wurde,

muflte er ablehnen. Es war Ihm ats Exkotnmunizierten

nicht mogtich, der VerpHichtung, die ln Paris mit diesem

Amte verbunden war, zu genügen, nam!ieh: die Messe

anzuhôren. Allein der Ruf von seiner wunderbaren Be-

gabung war bis zum Konige gedrungen. Heinrich

zum Aberglauben genetgt, tieR den Philosôphen vor sich

rufen, um zu erfahren: ob es bel dem Gedachtnts des-

selben mit natdrHchen Dingen zugehe, und nicht was

der Verdacht des Künigs \ar Magie dabei im Spiele

sel. Es gelang Bruno die Naturttchkett seines Gedâcht-

nisses zu erweisen, und um das Geheimnis seiner Ge-

dachtntskunst zu zeigen, wtdmete er dem Konige eine

Schrift: "Die Schatten der Ideen". E)ne auBerordentt!che

'Professur war der Lohn für diese Widmung.Die Schatten der Ideen etoffnen die Relhe der Schriften

Bruno's über die Lullische Kunst, von we)ehen in Paris

selbst noch zwei weitere erscheinen. Wie ein leichterSchwarm begleiten diese Schriften die Hauptwerke des

Philosophen. Er fuhrt sich mit ihnen bei den Universi-

tuten ein, oder uberreicht sie vornehmen Gënnern. Da-

mit aber ist ihr Wert ln seinen Augen wenigstens nicht

erschopft. Man weiS, welche ubertriebenen Erwartungen

Raymundus Lullus, der spanische Scholastiker des 13. Jahr-

hunderts, in seine Erflndung einer logischen Rechen-maschine gesetzt hatte, durch die es ermôglicht war, auf 

rein mechanische Weise aile bellebigen Kombinationen

der Begriffe herzustetten. Bruno erblickte in dieser so-

genannten wgroOen Kunst" hauptsSchiich ein Mittel der

Gedachtntsubung und Beredtsamkeit. Seine settene Fahig-

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keit, das Enttegenste zu verbinden, die an Beziehungenreiche Darstellung, die BttderfuUe, die ihm zustrômt,

Eigenschaften, die sich in seinem Sti!e auspragen, sind

durch seineBeschSftigung

mit der Lullischen 'Kunstge-wiG nicht erzeugt, aber doch welter entwickelt und ver-

starkt wbrden.

Die Schatten der Ideen enthalten übrigens mehr ats

eine Anweisung zur Gedachtntskunst naeh der Methode

des Lullus. Der erste Tell der Schrift ist die früheste

Urkunde der Philosophie Bruno's, eine Art erkenntnis-

theoretiseher Grundlegung derselben. ïn symbolischer,dem Gleichnis von der Hôhle in Ptato's Staat entiehnter

Einkleidung, !m Biide von Licht und Schatten, \vobei

Glelchnls und Begrift' hin und wieder spielen, wird das

Verhattnis der Vorstellungen in unserem Geiste zu den

Dingen, der Dinge zu ihrem schopferischen Grunde be-

trachtet. Die innerliche wesentliche Einheit des Univer-

sums wird stark betont; ebenso das Princip der Ent-

wicketung. Wie die Natur Innerhalb ihrer Grenzen Alles

aus Allem hervorbrtnge und Niederes stufenweise in

Hoheres verwandle, so vermoge der Verstand Alles aus

Allem zu erkennen. Doch erfaGt die Erkenntnis des Men-

schen die Wahrheit nur im Abbilde, daher der Aus-

druck Schatten der Ideen.

!n Paris gab Bruno noch eine weitere Probe von der

Vieiseltigkeit seines Talentes. !n dem namiichen Jahrewie "die Schatten der Ideen" (t582) erscheint daseibst

auch das früher erwihnte Lustspiel: ~it eande!a!o",

etnes der besten seiner Gattung, die Gattung aber nicht

von den besten; der fnhait !m Geschmacke der !taHen!-

schen Komodie der Renaissance unsauber wie in der

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die drei ersten seiner itaiienischen Dialoge. Man darf 

übrigens aus den Dedikations-Episteln zu diesen Sehrif-

ten nicht allzu viel persônli'che Freundschaft zwischen

dem franzoslschen Edelmann und Katholiken und demabtrünnigen Münch herauslesen. Cbertreibungen gehor-ten bei Widmungsschreiben zum Stil.

Von den sonstigen Erlebnissen Bruno's in Englandwtssen wir aus dessen in London veroH'enttichten Schrif-

ten. Bruno begab sich zunSchst nach Oxford, wo er sich

mit einer Lullischen Schrift: ~ErktSrung von dretDig Sie-

geh"ln sehr setbstbewuBtem Tone bel der

Universttateinführte. Er las über die Unsterb!ichkeit der Seele,

pythagoretsche Mythen der Wiederverkorperung auf seine

We!se verkündend. Er tas über das neue Weltsystem

des Copernikus. Naturttch verfeindete er s tch aisbald

mit den Professoren. Namentlich die bis dahin unerhorte

Behauptung der Zahliosigkeit der Sonnensysteme fm un-

endttchen Universum erregte AnstoB und tarmenden Wi-

derspruch. !n ôffentttcher Disputation (zur Feler der An-

wesenhett des potntscHen Fürsten Johann a Lasco ln

Oxford Junt 1583) verteidigte er seine kosmotogtschen

Neuerungen gegen e!n!ge Doktoren der Theologie. Er

schreibt sich den Sieg in diesem Redekampfe zu; das

wirkliche Ergebnis desseiben für thn war aber das Verbot,

seine Voriesungen fortzusetzen.

Noch im Sommer des genannten Jahres kehrte er nach

London zurück. Und hier im Hause Castelnau's verfaOte

er unter dem frischen Eindruck der in Oxford gemach-ten Erfahrungen seine italienischen Gesprache. Wie-

derholt kommt er mit dem franzoslschen Gesandten oder

allein an den Hof. Elisabeth, die es liebte, ihre Fertig-

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keit im !ta!)en!schen zu zeigen, fand an seiner Unterhal-

tung Gefatten. Er setnersehs feiert die Kônigin ln dem

prunkenden StHe der Zeit ais die groOe Amphitrite, auf 

die Insellage ihres Relches ansptetend, ernennt sie auch

die einzige Diana und eine Gottheit der Erde. Fttr die

Schônhett der englischen Frauen ist Bruno nicht unem-

pfangUch. Er prelst sie ats die Musen und schwarmen-

den Nymphen Englands, ruhmt )hre blonden Haare, die

Anmut der Gestalt, den Ausdruck der Blicke. Von den

Persëntkhhehen, die er am Hofe sah, tritt ihm besonders

Philipp Sidneynaher, der

gtanzende

Staatsmann und

Dichter, der kurz darauf, erst 32 Jahre ait, bei Zutphen

für die UnabhSngigkeit der Niedertande kampfend sein

Leben lieD. !hm widmete Bruno: "die Vertrelbung der

triumphierenden Bestie", das Buch, über welches sich

soglelch nachdem es erschtenen war e!ne Fabel gebttdet

hat, und die Gesprache über "den heroischen Enthuslas-

mus", das "hohe Lied" setner Philosophie, wie er es selbst

genannt hat. Für die politische Bedeutung Englands hane

Bruno ein richtiges Auge; er steht die Vereinigung der

britischen Inseln zu einem Relche voraus. Vleles aber,

was er ln London sah, erregt sein auOerstes MiOfaHen.

!n seiner heftigen unbesonnenen Art schilt er auf die

verwllderten ZustSnde der Menge und ihre durch Nichts

herausgeforderte Gewaltthâtigkeit gegen Fremde. An den

frostigen Himmel Englands kann er sich nicht gewohnen,

und selbst die Sprache des Landes klingt !hm fremd und

mtCtonend. Er verschmiiht es, sie zu lernen. Ats er die

Schrift, die seine scharfen AusfaHe gegen die Pedanten

Oxfords und den Pôbe! Londons brachte: "das Mahl am

Aschermittwochsabend", derôn'enttichkeh ùbergab, muCte

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er sieh setbst in Verborgenheit hatten. Man fand, er

habe nicht b!o0 eine Stadt und eine Provinz, sondern ein

ganzes Reich beleidigt. Nicht weniger ais Atie, klagt er,

seien ihm feindlich gesinnt. Und doch sind die paarJahre, die er !n England verbrachte, die gtûcktichste, die

schaffensfreudigste Zeit seines Lebens. Alle seine itaHe.

nischen Schriften, die uns erhalten sind, mit Ausnahme

des Cande!aio, stnd in London verfaOt und veron'enttkht

worden. Auch das lateinische Hauptwerk, das Gedtcht:

"De )mmenso", wurde ln London begonnen.

Bruno ist etner der ersten Philosophen der neueren

Zeit, welche wissenschaft!iche Fragen ln einer lebenden

Sprache behandehen wie die Alten. Montaigne mit seinen

"Essais" !st ihm hierin nur um ein paar Jahre voran-

gegangenund Ga!e< ahmte

spaterseinem Be!spie!e nach.

Doch ist das Vorgehen Bruno's noch ketneswegs sicher

und entschieden. Er beruft sich fur seine Lehre aus-

sch!!eOHch ouf  die latelnischen Werke. Auch die Form,

die er für die iralienischen Schriften wahhe, scheint zu

beweisen, daG er mit denselben eher eine popuiare ais eine

wissenschaftliche Darstellung seinerPhilosophie bezweckte.

Sehon die Humanisten ahmten die Gesprâche Cicero's

nach, der selbst nur ein Nachahmer ist, und Bruno kannte

die Dialoge Piato's, obgleich er nur wenig griechisch

verstand. Seine Gesprache aber sind unabhangig von

diesen gelehrten Mustern entstanden, als Nachbildung

einer wirktichen Unterredung wie in den Diaiogen: "la

cena de le ceneri", oder weil die Gesprachsform dem

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genannten D'atoge. Das Copernikanische System, aber

in det universellen, lebensvolien Auffassung Bruno's zu

einer neuen Anschauung der Welt erweitert, ist ihr eigent-licher

Gegenstand,alles

übrlge Einrahmungoder

Episode.Schon ais Vortaufer des Dialogs GaHtei's "über die beiden

hauptsifchlichsten Weltsysteme" ist Bruno's Schrift über-

aus merkwfirdig. Eine Vergleichung der belden Werke

weist auch manche Ûbereinstimmung im Einzelnen auf.

So beseitigt schon Bruno den Einwand: die Rotation der

Erde muOte eine scheinbare Bewegung der Luft !m ent-

gegengeseMtcn Sinne zur Folge haben, mit der Bemerkung,daG auch die Luft zum Erdkorper gehore und mit diesem

rotiere. Zwar kann sich das Werk des Philosophen in

wissenschaftlicher Strenge mit dem Werke des groBen

Physikers nicht messen, daFur hat es aber die Hohe des

Standpunktes voraus, von welchem aus stch die Betrach-

tung nicht auf  das Sonnensystem atïein, sondern auf das

Universum erstreckt. Zusammen mit den Dialogen: "über

das Unendliche, das Att und die Wetten" enthalten die

Gesprache am Asehermittwochabend Bruno's Kosmo-

logie das lateinisch geschriebene Werk: "de immense

et innumerabfiibus" erganzt und verbessert das Weltblld

des Phi!osophen nur in einzelnen Zügen.Es giebt, lehrt Bruno, in Wahrheit nur Einen Himmel,

Einen unermeCiiehen Raum und SchoG, der aile Dinge be-

faOt, Ein atherisches Reich, darin Alles im Umiaufe sich

bewegt. tn diesem Weltraume leuchten zahllose Gestirne,

lauter Sonnen, vielmehr Sonnensysteme, da jedes Gestirn

gleich unserer Sonne von Planeten, oder wie Bruno ein-

drucksvoller sagt: von Erden umkreist werde. Es giebt nur

zwe! Klassen von Himme!skorpern: selbstleuchtende oder

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~Sonnen" und beteuchteie oder "Erden". Der Grund,

warum wir von den anderen Systemen nur die Sonnen

sehen, ist die GroOe ihrer Entfernung und die Kieinheit

ihrer Planeten. Aus ahniicher Entfernung gesehen, würde

auch unsere Sonne nur ats funkelnder Fixstern erschei-

nen. A!te Ortsbestimmung im Universum ist nur eine

relative; keines jener Gestirne befindet sich tm Mittel-

punkte des Weltalls. Ein (edes aber !st Mlttelpunkt seiner

Welt, seines Himmels. !n dlesem Sinne giebt es daher

zahllose Hlmmel, so viele ais es Sterne giebt. Wie der

Mond zum Himmel der Erde gehort, nicht anders ge-

hort die Erde zum Himmel des Mondes; wie wir zum

Monde, so blicken die Bewohner des Mondes, unsere

~Gegenhauptter", zur Erde empor. Ein Oben und Unten

ln anderem ais retattvem Sinne kann es )m Weltall nicht

geben. Und wie die Ortsbestimmungen )m Universum,

sind auch Schwere oder Leichtigkeit relativ zu verstehen;

kein Kôrper ist an sich schwer, er ist schwer nur in

Beziehung auf setnen Anziehungsmhtetpunkt. Wie. eine

Ahnung der aligemeinen Gravitation berührt es uns, wenn

Bruno erktart: frel schweben die Himmetskôrper im

Raume und hatten sich gegenseitig durch ihre Zugkraft.

Die Sonne dreht sich um ihre Achse, wie auch jeder

andere Fixstern sich um sein Centrum bewegt; Bruno

will daraus das Funkeln der Fixsterne erkiaren. AuQer

der Rotation um die Achse besitzt die Sonne noch eineFortbewegung im Raume; dies scheint schon Bruno zu

wissen, weil er den Abstand der Fixsterne von der Sonne

ais mit der Zeit veranderiich betrachtet. Aus Nicoiaus

von Cues kennt Bruno die Flecken der Sonne; er sucht

sie aus der allerdings irrtumtichen Annahme zu erkiaren,

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daB der Korper der Sonne dunkel und nur seine luft-

artige UmhiiUung leuchtend sel. Zutreffender und wie

eine Voraussage lautet die Behauptung, daG es mehr Pta-

neten unserer Sonne gebe, ats zur Zeit bekannt seien.

Die Kometen, auCert slch Bruno vor Tycho de Brahe,

durchschneiden, ohne Widerstand zu finden, die vermeint-

lichen Spharen, an die man damals noch die Planeten

geheftet glaubte, zum augenscheinHehen Beweise, daO es

nichts sei mit jenen krystallenen Schalen.

Bruno's Weit ist, wie wir heute wissen, die wirkttche

Welt. Es so!!te nie vergessen werden, daO slch seinem

Gelste zuerst die wahre Verfassung des Kosmos gezeigthat. Wenn Columbus so hoch gefeiert werde, weil er,

die VerheiCung alter Zeiten erfullend, einen neuen Weh-

tell entdeckte, welcher Ruhm, fragt der Philosoph mit

berechtigtem Se!bstgefûh!, gebuhre dann Ihm, der in den

Himmet selbst eingedrungen set und dort Welten ohne

Zahl entdeckt habe. Bruno hat sieh in die neue Art, die

Welt anzuschauen, vo!g eingelebr. Kônnten wir unsimmer weiter und weiter von der Erde entfernen, so

wurde sich diese vor unseren Augen mehr und mehr ln

einen Stern verwandeln. Diese Kuge!, dieser Stern l

Schaue hinauf zu den leuchtenden Funken und wisse,

daO )eder eine Welt wie diese ist. Alle, prophezeit er,

werden einst sehen, was er sehe.

Diese Umrisse seines Weltblides füllt Bruno mit Farbeund Leben aus. Oberall im Universum !st die stoffliche

Natur die gteiche, uberatt dieselbe schopferische Kraft

am Werke; Elne Ordnung, Ein Gesetz herrscht im gan-

zen Weltali. Daher zweifeh Bruno nicht, daS uberaH

auch organisches Leben zur Entwicketung gelange, in

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zahllosen Abstufungen und Formen, Shniich den irdischen,

oder auch hôher ats diese. Nur ein Thor künne glauben,!m unendlichen Raume auf  jenen so gewaltigen und über-

aus herrlichen Welten gebe es nichts anderes ats das

Licht, das sie uns zusenden. jede von diesen Welten

set vielmehr von lebenden Wesen bewohnt, ja jede ats

Ganzes selbst cin groBes Lebewesen, ein Organismus.!n den verschiedenen Teilen der materlellen Welt ge-

langen aile Formen ins Dasetn, aile Gattungen von

Organismen se!en in der Natur !m Ganzen verwirklicht,darin bestehe die Vottkommenheit des Universums. !n

dieser lebensvollen Gesamtanschauung der Dinge besee-ligt sieh Bruno's Gelst, aus ihr schëpft er Versühnungmit den Ûbetn des Daseins, mit IJntergang und Zersto-

rung im Einzelnen. Wie Alles aus dem Guten stammt,so ist aueh Alles gut und wird durch das Gute zum

Guten geführt. Wer den Blick nur auf   das Etnzetne

heftet, kann fre!!ich die Sehonheit des Ganzen nicht er-

fassen, wie demjenigen die Sehonheit elnes Gebaudesentgeht, der nur einen Tell desselben, einen Stein, einen

Anputz ins Auge faOt.

Dies ist )enc Philosophie, ruft Bruno aus, welche die

Sinne aufthut, den Gelst befriedigt, den Verstand ver-

herrlicht und den Menschen auf   die wahre Glückselig-

keit, die er ats Mensch erlangen kann, hinweist, indem

sic thn von der mühevoilen Sorge um Vergnügungen undder blinden Furcht vor Schmerzen befreit. Es war ein

neues universelles Leben, das sich dem Geiste Bruno's

uberwgtttgend offenbarte und die TeHnahme an allem

Sein erweckte. Wie k)ein!ich erschien jetzt die Ge-

wohnheit des Menschen, alles auf sich zu beziehen.

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Kraft, die ihre innere Unendtichkeit !n der Hervorbringungvon Wetten ohne Zaht zur Erscheinung bringt, ist zugleichin jedem Individuum Quettpunkt einer !ns Unendliche

gehenden Entwickeiung. Nichts wird zu nichts, alles wirdzu attem. "Wir setbst und die Dinge, die wir unser nennen,kommen und schwinden und kehren wieder, und es tst

kein Ding, das uns nicht fremd wird, kein fremdes, das

nicht unser eigen wird." Man empfindet den Gegen-satz zu Nietzsche's ewigem Elneriei der ,,ewtgen Wieder-

kehr des G)e!chen".

In seiner metaphysischen Hauptschrift, den Dialogen:~uber die Ursache, das Prinzip und das Etne" suchte

Bruno Satze, die nur als philosophische Gtaubenssatze

festzuhahen sind, zu beweisen. Die Schrift tst unmittel-

bar vor den Gespraehen über das Unendliche erschienen

und steht zu diesen in e!nem inneren Zusammenhange.Was am Schlusse des metaphyslschen Werkes ausgesaet

wird, bemerktBruno, bringt

ln demkosmotogischen

seine

Frucht. Mit anderen Worten heiDt dies: die Meiaphysik

Bruno's ist die Grundlegung seiner Kosmotogie, jene das

Mitte!, diese der Zweck. Die Diatoge: "de !a causa,

principio et uno", von Lasson vortrefflich ins Deutsche

ubersetzt, tragen die dramatische Form nicht btoO auBer-

lich an sich, die Gedanken selbst sind gieichsam ln

dramatischer Fortbewegung begriffen. Der Gegensatz

zwisehen Materie und Form, von dem die Unterredung

ausgeht, wird zum Schlusse derselben in die Einheit des

Wehgrundes aufgehoben.

Prinzip und Ursache sind bei endtichen Dingen ver-

schieden, das Prinzip bleibt in der Wirkung erhaiten,

wie der Punkt in der Linie, die Ursache steht der

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ist unzerstoriich wie d!e Materte. Auch die Form oder

Kraft ist Substanz. Auch von ihr gilt der Satz: nichts

geht unter, attes wechseft. Materie und Form sind dem-

nach die beiden beharrlichen, von einander untrenn-

baren Prinzipien alles Wirklichen, )ene ats das Substrat,worauf  gewirkt wird, diese a)s die Kraft zu wirken. Der

spekulative Gedanke des Philosophen b!e!bt aber bel

dleser Zweiheit der Prtnzfpten nicht stehen. Auch die

Materle tst an slch inte!gibet, sie wird nicht von den

Sinnen wahrgenommen, sondern durch die Vernunft er-

faOt, gehort also zu derselben Art wie die Form. Nur

endliche Dinge werden aus etwas zu etwas, nur für sie

sind Mogiichkeit und Wirktichkeit verschieden, die im

Absoluten in Eins zusammenfallen. So ist der Unter-

schied von Materie und Form nur ein soicher der

Auffassungs- und Erscheinungsweise, nicht des Wesens.

Absolut genommen gtebt es nur Elne Substanz; der Substanz

nach ist Alles Eins.

Nicht dem Sein nach, nur in ihrer Art zu sein, unter-scheiden sich die Dinge im Universum von dem Uni-

versum selbst, wie es an sich ist. Die Dinge sind

"nicht besondere Substanzen, sondern die Substanz !m

Besonderen". Die Natur, im Einzeinen tinendliche Ent-

wickelung, ist ais Ganzes ins Unendliche entwickelt, ein

unerschopfiiches Reich von Lebensformen und Stufen der

Dinge. Ihrer auSeren râumlichen und zeittichen Unend-lichkeit entspricht die innere wesentliche Unendiichkeit

ihres Prinzipes. Was in der Natur entfahet erscheint,ist in threm Prinzipe vollkommen vereinigt zu denken.

Darum umfaGt das hochste Sein aile Gegensatze in unter-

schiedsloser Einheit. Ais Grund für aile Bestimmungen

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und ofters selbst Gieichnisse von Nicoiaus de Cues. Ihm

ganz eigen aber ist die Verbindung dieser Ideen mit der

durch ihn erweiterten Naturanschauung. Bruno ist der

Philosoph der Astronomie. Das Copernikanische Sy-stem in der Veraligemeinerung, die er ihm gegeben, phi-

iosophisch erhiart, richtiger: gedeutet, das ist in wenigenWorten seine Philosophie. Ihr Hauptbegrlff ist der der

Unendtichkeit der Wett. Eine unendiiche Welt muR ein

anderes Verhattnis zu Gott haben, ais eine endliche.

Dièse kann sein Gesehëpf, }ene nur seine Wirkung sein.

Und wie Wirkung und Ursaehe notwendig zusammenge-

horen, wie die Ursaehe in der Wirkung sich erhait und

nlcht ohne diese zu denken ist, so kann auch Gott nlcht

ohne die Welt, nicht ohne die Natur sein. Das Univer-

sum ist das erhabene Ebenbild und Abbiid der gottiichen

Substanz. Die schaffende Kraft ln der Natur, die Wett-

seele, ist ein Attribut Gottes, daher von Gottes Wesen

nicht zu trennen. Wie Rruno uberati den Himmel sieht,

so findet er auch in )ed~;m Dinge die Spur der gotttichenKraft. Wir sind im Himmel und der Himmel ist in uns.

.Zugegeben, daO es unendlich viele Individuen giebt,

zuletzt ist Alles dem Wesen nach Eins und die Erkennt-

nis dieser Einheit das Zie! aller Philosophie und Natur-

betrachtung."u

Damit war das Thema angeschlagen, das die spekula-

tive Philosophie der Foigezeit von Spinoza bis Hegelaufgenommen und weltergebildet hat. Wir stehen heute

allen diesen Versuchen metaphysischer Art kritisch gegen-

über. Sie sind uns Glaubenssysteme, nieht Erkenntnis-

systeme. Wir haben aus der gesamten Entwickeiung des

wissenschaftlichen und philosophischen Denkens gelernt,

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daO dem Erkennen Grenzen gesetzt sind. "Der Mensch

ist nicht geboren, die Probleme der Welt zu tosen, wohi

aber zu suchen, wo das Problem angeht und sich sodann

in der Grenze des Begrefflichen zu halten," sagt Goethe,

der doch den Glauben Bruno's an Gott-Natur teihe.

Bruno steht auf der Grenzschetde xwe!er Zeitalter. Die

wissenschaftlichen und die philosophischen Bestrebungen,die nach !hm getrennte Wege einschlagen, vermischten

sieh noch in seinem Geiste. Spehu!ation und Forschung,

Poesie und Erkenntnis hatten sich tn thm noch nicht

geschieden. Und daC er sich dem Schwunge seiner feu-

rigen Phantasie ubertieQ, um Ideen auszuspreehen, diesicher die Grenzen des Erkennbaren ubersteigen, ist !m

Vergtekh zu der schelnbar methodischen Darstellung der

nâmlichen Ideen bel spateren Philosophen beinahe ats e!n

Vorzug seines Verfahrens zu betrachten.

Bruno's moralphilosophische Dialoge stehen seinen

kosmotogisehen und selbst seinen metaphysischen an Be-

deutung nach; sie tassen uns dafür einen Blick in denCharakter des Philosophen thun. Die Austreibungder triumphierenden Bestie", die Schrift, die um dieses

Titels willen unbesehen für eine Verhëhnung des Papstes

gehaiten wurde, entwirft vieimehr die Umrisse einer

Ethik und Religionskritik tm Rahmen einer sinnreichen

Allegorie. Das Niedrige, Boshafte und SchwachHche,

mit einem Wort: das Tierische in der menschlichen Na-tur soit auf  BeschïuO der Gotter, die sich übrigens selber

zu reformieren haben, aus dem Himmel, wohin es unter

den Tiernamen der Sternbilder verpttanzt wurde, aus-

getrieben und durch die entgegengesetzten sittlichen

Charaktereigenschaften ersetzt werden. Wie sich die

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Anschauung des Kosmos erneuert hat, so soll slch auch

die Ordnung der sittlichen Weit erneuern, und wie }ene

Anschauung zur Wahrheit von dem Einen, unendlichen

Universum durchgedrungen ist, so hat die Wahrheit den

Angetpunkt auch der neuen moralischen Ordnung zu bH-

den. Sie tst die Einheit, welche attes beherrscht, das

hôehste Gut, welches den Vorrang vor alien Dingen hat.

Daher tritt sie an die Stelle des Sternblides des Baren,in dessen Nahe der Punkt des Nordpoles fS!tt. Der

Wahrheit folgt Welsheit und Klugheit, der Welshelt thre

Tochter (la legge) das Gesetz, durch diese w!)! sie wir-

ken. Zutreffend ist die Bemerkung: "man Rndet Ein-tracht und Freundschaft nicht dort, wo es bequem glft,

dasselbe zu glauben, sondern nur da, wo man stch auf  

Grund gte)chma0!ger Einsichten zu derselben Thattgkett

veretntgt." tm Obrtgen geschieht dte AufzShtung der

weheren sittlichen Eigenschaften ohne System, und es

versteht sich auch, daC die Kritik der positiven Ret!-

gionen ein geschiehtHches Verstandnis dersetben nochvermissen taCt.

Die Gesprache "über den heroischen Enthusiasmus"

erganzen die sociale Ethik Bruno's mit dem Ideal der

persontkhen Lebensfuhrung. Sie sfnd Bt'uno's ~vornehme

Mora! dte Moral für die hôheren Menschen, die Weni-

gen, welche sich selbst Gesetz sind und das Gute tun

ohne SuOeres Gesetz. Die heroische Erhebung des Ge-mütes macht dasselbe Eins mit dem Gegenstande seines

begeisterten Strebens, seiner Liebe: dem Guten und Gott-

lichen im Grunde der Dinge. Man wird selber gott-

lich durch die Berührung mit dem GottUchen. Es !st

dieser Enthusiasmus ~e!n Seelenbrand, entzündet an der

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Sonne aHes Denkens, eine gotttiche Leidenschaft, die uns

Schwingen wachsen laOt, mit denen wir uns der Sonne

der Erkenntnis nahern, von uns werfend die Last mensch-

lich niedriger Sorgen". Es g!ebt zwei Gattungen von

Begeisterten, d:e eine, die der Schwarmer, beweist nur

Blindheit und Unverstand. Die andere besteht ln einer

gewissen gontichen En<rucktheit, zufotge deren Elnzeine

stch uber das gewohnUehe MaG veredeln. Und diese

Gattung hat wieder zwe! Arten: die eine besteht aus

Solchen, die nur Werkzeuge einer hoheren tntettigenz

sind, die andere aber aus Jenen, "die zu tiefer Betrach-

tung veranlagt, aus innerllchstem elgenen Antriebe und

natur!)eher Inbrunst von der Liebe zur Gottheit, zur Ge-

rechtigkeit, zur Wahrheit und in bewufltem Streben nach

der Idee entnammt werden zu hellerer Einsicht und

hoherer Denkkraft, diese sprechen und handeln nicht

ais b!oCe Werkzeuge des Gottitchen, sondern ais selbst-

schëpferische Künstler und Helden. Die ersten haben

den Geist der Gottheit, die anderen aber s i nd gottiichenGelstes". Wir denken an Goethe's Wort: Gott ist fort-

wahrend in hoheren Naturen wirksam, um die geringerenheranzuziehen."

!n der Philosophie Bruno's nimmt auch die Ethik die

Wendungauf  das Universelle, Ûbermenschiiche; durch die

Idee der Gleichartigkeit alles Lebens im Universum er-

halten die sittiiehen Gesetze eine wahrhaft kosmischeTragweite. Nicht btoB die physische, auch die moralische

Weit besteht aus gleichen Elementen.

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denken zu wotten, b!o0 weil sie die Menge ist. Durch

die Meinungen noch so vieter Menschen werde die Wahr-

heit keine andere, ats sie !st. Man môge sich {edoch

nicht dem Feuer seiner Rede, sondern dem Gewicht seiner

Gründe ergeben und vor der Ma{estat der Wahrheit beu-

gen. Unmittelbar nach diesem felerlichen Akte trat Bruno

dte Reise nach Deutschland an. ln Marburg wurde Ihm 1

die Erlaubnis, Vortesungen zu hatten, gegen die akade-

tr''St.he Gepnogenheit jener Zeit verweigert; in Wittenberg

dagegen, "dem deutschen Athen", fand er entgegenkom-mende Aufnahme. Hier tehrte Alberich Gentilis, sein

Landsmann, einer der Begründer der Wissenschaft des

Vôtkerrechts, den er von Oxford her kannte. Aber auch

die (ibrigen Professoren behandetten ihn ats Kollegen und

otfneten ihm ihr Haus; obgleich er ihnen, wie er setbst

sich auBerte, bisher unbekannt gewesen set, von Nie-

mandem empfohien, tn ihrem Glauben nicht geprüft und

Gegner der Philosophie, der sie anhingen. Nur die cal-

vinistische Parte! an der Universitat bt!eb thm fe!nd!tchgesinnt. Und ais diese nach dem Tode des Kurftirsten

August unter dessen Nachfolger Christian die Oberhand

gewann, muCte er weichen, nachdem er fast zwei Jahre

(iber verschiedene Zweige der Philosophie Vorlesungen

gehalten und eine Anzahl Lullischer Schriften heraus-

gegeben batte. !n der Abschiedsrede an den Sénat und

die Universitat (8. Marz 1588) feiert er die geistige GroCeDeutschiands, das er früher fast nur ais das Land gekannt

hatte, wo man zu vie! trinke (Alemagna bibace). Die Füh-

rung in den Wissenschaften, so verkündet er jetzt mit

Seherblicke, werde zu den Deutschen übergehen. Hierher

habe aus Griechenland und Italien die Weisheit ihren

R~cht.G.Brunn. O.Ant.

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Sitz verpnanzt, hier bereite sie den Boden für ihr neues

Reich. "Gebe Jupiter, daG die Deutschen Ihre KrSfte

erkennen und auf   hohere Ziele richtcn, und sie werden

U!chtlanger Menschen,

sondern Gotterngleichen.

Denn

güttlich furwahr !st ihr Gente, das nur ln Jenen Wissen-

sehafteh noch nicht voranteuchtet, dte zu pftegen es bis-

her verschmiiht hat." Auch Luther wird von !hm hoch

gepriesen. Er nennt thn den neuen Alkiden, der gr60er

als Herkules das verderblichste Ungetüm: den mit der

drelfachen Ttara gekronten Cerberus bezwungen habe.

Und seine Keule, fügt er hlnzu, war die Feder.

Von Wittenberg begab sich Bruno nach Prag, wo er

umsonst nach Stellung und Unterhalt suchte. Er widmete

dem Kaiser Rudolf Il. eine Schrift: "Gegen die Mathe-

matiker und Philosophen dieses Zehatters", in deren De-

dlkationsschrelben er sich zur Religion der allgemeinen

Menschenitebe bekennt, der Religion, welche über alle

Kontroversen crhaben sel. Die Widmung brachte ihm

aber nur e!n Gnadengeschenk des Kaisers ein, und so

faOte er nach mchrmonattichem Aufenthatte den Ent-

sch!u0, sich nach He!mstadt zu wenden, wo Herzog

Ju!tus von Braunschweig eine neue aufbiuhende Uni-

versitat gegründet hatte. Bruno's Aufenthalt in Hetmstadt

dauerte etn Jahr. !n dieser Zeit starb der Herzog, und

die Universitat, die Academia JuHa, ehrte das Gedacht-

nis ihres Stifters durch solenne Trauerakte, an denenauch Bruno mit einer .Oratio consotatoria" stch be-

telligte. Nicht durch Zufatl, sondern wie durch eine

Fügung des Geschickes se! er nach so vielen Trubsaten

und Gefahren in diese Gegend getrieben worden. Aus

seinem Vaterlande um der Wahrhett wttten verbannt,

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erschtenen, !st besonders die zusammengehërtge, dem

Herzog Heinrich Jutius von Braunschweig gewidmete

Schriftengruppe: über "das dreifach Kleinste", .d!e Mo-

nade, Zahi und F!gur", .das UnermeGHche und die un-

zahtigen Welten" hervorzuheben. Dk namHche Kraft,die sich zur Unendt!chke!t des Untversums entwickelt,lehrt Bruno tn der erstgenannten Schrift, lebt auch in

den kleinsten Tellen, ln jedem Elemente, dessen Substanz

sie bildet. Sie tst sonach Eines im GroOten und im

Kteinsten. Man würde das Universum aufheben, konnte

man das Element seiner Zusammensetzung: das Kleinste

vernichten. Die Natur tst etne lebendige Einheit vonlebendigen Einhetten, in {eder von diesen die Kraft des

Ganzen gegenwartig, Gedanken, die sich ahnUch bel

Leibniz wiederfinden. Sogar der Ausdruck: Monade der

Monaden zur Bezeichnung des schopferlschen Urquellsder Dinge wird schon von Bruno gebraucht, aber <m

Zusammenhange seiner Philosophie mit tieferem Sinn.

Auch ein Werk über die sieben fre!en Künste, vondem noch die Rede sein sott, !st in dieser Zeit entstan-

den und zum Absch!uD gebracht worden. Bruno hat es

im Manuskript nach Venedlg mitgenommen; aber zur

VerôifentHchung desse!ben sollte er nicht mehr gelangen.Die Messe in Frankfurt wurde auch von austSndi-

schen Verlegern, namentlich den italienischen, vie! be-

sucht. Be! einem solchen Anlasse machteBruno

die

Bekanntschaft der venetianfschen Buchhand!er Bertano

und Ciotto, und der letztere brachte Schriften von !hm

nach Venedig. Dort im Laden C!o«o's ne!en dieselben

einem jungen Nobile Giovanni Mocenigo ins Auge, der

sich sogleich mit auffa!gem Eifer nach dem Aufenthaits-

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orte !hres Verfassers erkundigte und den Wunsch auCerte,

von diesem ln die Gedachtniskunst und andere gehelme

Wissenschaften, ln deren Besitz er Bruno wohnte, ein-

geführtzu werden. G.

Mocenigo,damals 32

Jahreait,

gehône durch Geburt etner der vornehmsten Famillen

Venedigs an; sein Geschlecht natte der Repubnk bereits

vier Dogen gegeben. Von Natur scheu und unentschiossen,

argwohn!sch und htnterh2!t!g, gab er sich zu e!nem Werk-

zeug ln der Hand seiner gelstlichen Führer her. Er war

schon e!nma! .sav!o ail' eresla" (Ste)tvertreter des hohen

Rates bei den Prozessen vor dem hett. Ofnctum) gewesen

und von daher mit den Praktiken der Inquisition ver-

traut. Dieser Elende drangte slch nun in das Leben

Bruno's. Er !ud ihn wiederholt ein, nach Venedig zu

kommen, und versprach, ihn so zu haiten, daG er zufrie-

den sein soïïe. Ciotto ubermittette die beiden Einladungs.

schreiben. Bruno fand dieselben nach seiner Rückkehr

von Zurich vor und faute in der bedrangten Lage, in der

er sich befand, den verhangnisvotten EntschluB, der Ein-

tadung zu folgen. Was ihn zu diesem Schritte bewog,der sein Schicksa! besiegeln soilte, war nicht Sehnsucht

nach der Heimat allein, jenem vom Himmet begnadigten

Lande", dessen Zauber er mit so tebhaften Farben zu

schildern weiO. Dem Sohn der Sonne und der Mutter

Erde, wie er sich einmat nannte, dessen Geist in der

Anschauung der Unendiichkeit sich erging, .verwandeitesich selbst der engste Verbannungsort in das welteste

Vateriand". Aber durfte er sich nicht sicher glaubenunter dem Schutze der machtigen Republik und eines

ihrer angesehensten Hauser? Und konnte er ein Aner-

bieten ausschlagen, das ihn wenigstens auf  einige Zeit

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39 J*

zufrieden gesteiït, er hatte vergeblich auf  die Einweihungln die magischen Kunste und Wissenschaften gewartet,

deren Kenntnis er bei Bruno voraussetzte und nach denen

er ein heimliches, mit Grauen gemischtes Getusten em-

pfand, gerade weil seine Gtaubigkeit sie mit Verbot und

Schrecken umgab. Er weigerte sich daher, die Erlaubnis

zu geben, und tteG die Drohung fatten: er wisse das Mitte!,

ihn wenn er nicht frelwillig bliebe zum Bleiben zu zwingen.In welcher Tauschung über seine Lage muB sich Bruno

befunden haben, da er entgegnen konnte: er fürchte sich

ntcht vor der Inquisition, denn er habe Niemanden ab-

gehatten, nach seinem Glauben zu leben. Wie seirsamuns dies erscheinen mag, Bruno sah seinen Bruch mit

der Kirche nicht fur unheitbar an. Er ha«e wiederhott,in Toulouse und in Paris, den Versuch gemacht, sich

mit der Kirche auszusôhnen, und setzte gerade augen-bjicktich groCe Hoffnungen in sein Werk über die sieben

freien Kunste. Er wollte dasselbe dem neuen Papste

Clemens VIII., den er den Wissenschaften geneigt glaubte,uberretchen und meinte damit Lossprechung und Wieder-

aufnahme in den Verband der Klrche erwirken zu konnen,

ohne genôttgt zu sein, auch in den Orden zuruckzutreten.

Allein die Ereignisse soliten sich für ihn anders ent-

wickein, ais er vorhersah. Er beharrte bel seinem Ent-

schlusse abzureisen und bestet!te sein Gepaek nach Frank-

furt. Mocenigo durfte also keinen Augenblick mehr ver-lieren, sein verrSterisches Vorhaben ins Werk zu setzen.

Gefotgt von einem Diener und fünf  bis sechs Gondetteren,die in der Nahe seines Palastes zur Hand waren, dranger in der Nacht des 22. Mai 1592 unter einem Vorwande

in das Schiafgemach seines Lehrers, zwang diesen vom

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menschHche Leben gehe aus einem Fautntsprozesse her-

vor, !st woh! nur eine sch!ePe Auffassung seiner kühnen

Hypothese der natürlichen Entstehung aller Organismen.Der Phllosoph, der sogar einen mehrfachen Ursprung des

Menschengeschlechtes annahm, kannte auch zwischen der

menschHchen und der ttertschen Seele nur einen Unter-

schied der Entwlcketung, keinen des Wesens. Der Leug-

nung der Menschwerdung des Sohnes Gottes wird Bruno

gewfG mit Recht beschutdigt. Wlr wtssen, daO er schon

Fruh am tdrchHchen Dogma der Trinhat gezwetfett hat.

Gegen dte unehrerb[et!gen AuCerungen aber (iber die

Person und die Wunder Christi, die ihm Mocenigo lnden Mund legt, hat er sich auf  das Felerlichste verwahrt,

und Mocenigo ware ntcht der erste Frommter, der aus

vermeintlich ret!g!8sem Eifer zur Lüge gegriffen hat. tn

das Gebtet tugnerischer ErHndungen, die sich selbst als

solche verraten, gehort auch der abenteuerHche, Bruno

zugeschriebene Plan, ln Verbindung mit Heinrich von

Navarra eine allgemeine Revolution hervorzurufen, slchzum Hauptmann aufzuwerfen und bei der Gelegen-

heit der Relchtümer Anderer zu bemacht!gen. Woffir

muO Mocenigo die Richter gehalten haben, da er es wagte,thnen mit solchen Dingen zu kommen. Sehr boshaft und

auf  die Stimmung der Richter, von denen wenigstens

einer ein Monch war, berechnet, !st die Anzelge, Bruno

habe seine Verwunderung darüber ausgesprochen, wtee!ne sonst doch so weise Republik dteMoncheim Genusse

Ihrer üppigen Einkünfte lassen konne, statt dieselben,

wie es !n Frankreich geschehen se!, e!nzuz!ehen. Und

gegen solche Anschuldlgungen eines so niedrig gesinnten

Gegners natte der ernste Denker sich zu verantworten.

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Das Verhôr begann am 29. Ma! und wird am 30. fort-

gesetzt. Der Angeklagte g!ebt Auskunft über seine Person

und erzahtt sein Leben. Erst bel der folgenden Ver-

nehmung am 2. juni wird auf die Materie der Anklage

eingegangen. Bruno legt ein vot!stand!ges Verzeichnisseiner gedruckten Schriften vor; einige derselben billige

er noch jetzt, andere nicht mehr. Ihr Inhait set aus-

schUeGttch philosophisch und nach den Prinzipien der

natürlichen Erkenntnis behandelt. Mit der kathotischen

Religion habe derselbe direkt wenigstens nichts zu schaf-

fen, greife daher auch nicht der Wahrheit nach dem

Glauben vor. Dies habe auch die Untvers!t8t von Parisanerkannt, ais sie die Drucklegung setner Thesen erlaubte.

Bruno entwickelte hierauf in summarischer Darstellung

seine ph!!osoph!sche Doktrin, keinen wesentlichen Zug

derselben verdeckend oder abschwachend, mit einer Offen-

heit, ats stünde er am Katheder und nicht vor dem Rich-

terstuhle der Inquisition. Er lehre ein unendliches Uni-

versum, weil er es der güttlichen Güte und Allmachtunwürdig erachte zu glauben, daO sie etne endliche Welt

geschaffen habe, da sie doch Welten ohne Zaht hervor-

bringen kann. So habe er denn erktart, daO es unend-

lich viele Welten gebe ShnHch dieser unserer Erde, dte

er gleich den übrigen Planeten für etn Gestirn betrachte.

In dieses Universum seize er eine allgemeine Vorsehung,

kraft welcher jedes Ding lebt, wachst und ln seiner Vo!t-kommenheit besteht, und zwar denke er stch dieselbe auf 

doppelte Art: einmat so wie die See!e im Kôrper gegen-

wartig set, was er Natur, Schatten und Spur der Gott-

heit nenne, dann aber in der unaussprechlichen Weise,

!n welcher Gott zugteich ln Allem und über Allem Ist.

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für Stücke zur Setigkeit notwendig seien? Glaube,

HoH'nung und Liebe." Und Shntich über das Sakrament

der BuOe, die Verwandlung beim MeOopfer, die Abstinenz-

gebote der Kirche. Kurz, Bruno antwortet, ais wieder-

hole er eine Lektion aus dem romischen Katechismus.

Aber so, teichten Kaufes !ie0 die Inquisition keinen ent-

kommen, der einmai in ihre Gewatt gefa!ien. Am Schlusse

des langen Vcrhors wendet sieh der Inquisitor in ein-

dringiteher Ansprache an den Angeklagten, ihm Punkt

für Punkt die Anklage vorhaltend, ais natte er Nichts ge-

than, sie zu entkraften. Wolle er hartnactdg leugnen,

worin er nachher überführt werden konne, so dürfe er

skh auch nlcht wundern, wenn das hei!. Officlum mit

den)entgen Rechtsmitteln gegen thn vorgehen werde,

welche es gegen Verstockte anzuwenden die Gepflogen-

heit und die Macht habe, gegen tene, welche die Barm-

herzigkeit Gottes und die christliche Liebe des hett. OHi-

ciums nicht erkennen wollen, womit sich dieses angetegen

sein lasse, die, so in der Finsternis wandeln, zum Lichte,

die, welche vom rechten Wege abgeirrt, zum Pfade des

ewigen Lebens zuruckzufûhren.

Bruno ha«e die Drohung, die in diesen Worten lag,

verstanden. Am folgenden Tage (am 3. Juni) zeigte er

sich noch gefüglger, )a zerknirscht. Er wird über seine

Beziehungen zu Heinrich von Navarra vernommen

man sieht: die Verleumdung Mocenigo's hatte gewirkt.Bruno bestreitet den Konig von Navarra zu kennen. Auch

über sein Lob der ketzertschen Konigin von England muO

er sich rechtfertigen. Er entschuldigt dasselbe ats Rede-

weise im Geschmacke des Altertums. Endlich giebt er

eine Erktarung ab, die einem vottigen Widerrufe gteich

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kommt. Alle Irrtümer, die er bis auf  den heuttgen Tag

gegen das katholische Leben und gegen seine Ordens-

profession begangen, alle Ketzereien, deren er sieh schu!-

dig gemacht, verwerfe und verabscheue er jetzt; er be-

reue etwas gethan, gehalten, gesagt, geg!aubt oder gezweifelt

xu haben, was nicht katholisch sei, und bitte: das heiï.

Tribunal mage Ihn, seine Schwaehe berucksichttgend, mit

den geelgneten Mitteln versehen, um wieder fn den SchoC

der Kirche aufgenommen zu werden, und Gnade walten

lassen. Tags darauf folgt noeh ein kurzes Verhor,

dann tritt eine Pause von 8 Wochen ein, Zett genug

für das examen rigorosum und die Foiter, die man bel

den}en!gen anzuwenden pHegte, welche sich zu schneil

bekehrt zeigten. Erst am 30. Jutt wird Bruno von neuem

vorgefuhrt. Er erktart, es sei mogtich, thm aber durch-

aus nicht ertnnerttch, daC er ln der langen Zett se!t seiner

Trennung von der Kirche noch in andere Irrtumer ats

die von ihm bekannten geraten sel, und auf  die Kniee

fallend bricht er ln die Hehcnttichen Worte aus: ~!chbitte demütig Gott und Euere HerrHchkeiten um Ver-

zelhung aller Irrtümer, die ich begangen, und ich bin

hier, bereit zu thun, was von Euerer Weisheit beschlossen

und ats heilsam für me!ne Seele befunden wird. Und

wenn Gott und Euere HerrHchketten mir die Barmherzig-

keit erwelsen und mir das Leben schenken, so verspreche

ieh mein Leben sichtbarlich zu andern und das Argern!s,das ich früher gegeben, wieder gut zu machen." Da-

mit endet der ProzeO ln Venedtg, ohne daO eine Urteils-

sprechung erfolgt ware. Die Akten wanderten nach Rom

und schon am t7. September beschHeG! man dort, die

AusHeferung Bruno's zu fordern. Bruno sei kein

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gewohnticher Ketzer, sondern ein Ketzerhaupt, ein Hare-

siarch er habe verschiedene Bûcher verfaOt, !n welchen

er der Kontgtn von England und anderen ketzertschen

Fürsten ungemeines Lob spende: er se: Dominikaner

gewesen und habe sich dann ln Genf  und ln Englandviele Jahre herumgetrieben; man habe ihn schon ln Ne-

apel und anderswo vor die Inquisition gefordert, und so

sotte er mit der ersten sicheren Gelegenheit nach Ancona

und von da nach Rom gebracht werden. Die Barke nach

Ancona stand zur Abfahrt berett, der !nquis!tor drangteauf  Entscheldung. Der hohe Rat aber konnte nicht so-

gleich zu einem Beschiusse gelangen und die BarkemuOte ohne den Gefangenen austaufen. Mit Schretben

vom 3. Oktober an den Gesandten tn Rom verweigertder Senat die Auslleferung. Er besorgt, seinen Rechten

zu vergeben, wenn er dem Wunsche der Kurie wilifahre.

Allein Rom wiederholte nur um so dringender sein Be-

gehren. Schon ats Münch falle Bruno unter die juris-

diktion des Papstes. Enduch am 7. JSnner gtebt der hoheRat dem Verlangen Seiner HeHigkett nach. Das Gut-

achten Contarini's, das diesen BesehtuG herbelführt, wie-

derholt die von der Kurie geltend gemachten Gründe

und fügt hinzu: Bruno habe stch lange ln ketzerischen

LSndern aufgehalten und wahrend dieser ganzen Zeit ein

lockeres und teuflisches Leben gefuhrt. Er set der Hare-

sie !n schwerstem Gradeschuldig, übrigens

aber einer

der ausgezelchnetsten Geister, die man sich denken

kônne, von auserlesener Getehrsamkeit und umfassendem

Wissen.

Wie seltsam, aber doch ganz lm Sinne der Zeit, kreuzen

sich ln diesen Worten die Bewunderung für die gelstige

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groOten Theologen seiner !rnumer uberfuhrt worden und

habe zu widerrufen versprochen, immer aber, so oft er

dieses Versprechen gegeben, se! er wieder auf die Ver-

teidigungseiner

nichtigenEin~Ue"

zurûchgekommenund

so habe er sich eine Frist nach der anderen zu verschaffen

gewu3t,d!eVerurtei!unghinauszusehieben. Was Schoppius

hier in zeitHcher Verkürzung sah er glaubte Bruno

erst seit 1598 in Haft hat sich in Wirklichkeit über

die ganze Reihe der Jahre der Gefangenschaft ln Rom

erstreckt. Auch die Behauptung: Bruno sei widertegt

worden, bedarf der Berichtigung. Schon daf! er seine

Lehre immer von neuem verteidigt, beweist das Gegen-

tell. !n Wahrheit sind eben die Versuche ihn zu wider-

tegen der Grund, der ihn zu einer Unter~'erfung, wie sie

das heit. OMcium forderte, nicht gelangen taOt, zu

einer Unterwerfung ohne Vorbehalt, ohne Schwanken,

ohne verlangendcn Ruckbiiek nach seinen fruheren wiss~n-

schafttichen Oberzeugungen, nach der Herrtichkeit der

unendlichen Welt, wie sie sein Geist erschaut hatte. Man

wollte ihn nicht einfach zum Widerruf  bewegen, er

hatte widerrufen und ist bereit, den Widerruf zu wieder-

holen. Man wollte seinen Sinn wenden, diese gewattige

Geisteskraft gewinnen, seinen Namen, seine Getehrsam-

keit, seine Feder dem kirchlichen Glaubenssysteme dienst-

bar machen. Deshaib griff  man ihn bel seiner Philosophie

an. Wie aber so!!te sein Geist von den Sonnenwelten,zu denen er sich aufgeschwungen hatte, zurückfinden in

die Enge der aristotetisch-mittetaitertichen Weit. Indem

man ihn zu widerlegen sucht, bestarkt man ihn in seiner

Oberzeugung. Jedesma! schwindet dann seine Unsicher-

heit, der Zwelfel an sich setbst, der Keinem erspart bteibt,

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der allein gegen die Strômung seiner Zeit und Umgebung

ankampft.

Bruno ist nicht ais Held in den Kerker gekommen, er

ist ais Held erst aus dem Kerker hervorgegangen. Von

der demütigen, seiner selbst unwürdigen Stellung in den

ersten Zeiten der Gefangensehaft hat er sich erst all-

tnahUch aufgerichtet, nus dem Widerstrett, der ihn anfangs

befangen macht, erst nach und nach zur inneren Einheit

erhoben und damit die ausdauernde Kraft gewonnen, die

er schtieOtich bewahrte. DaO er sich menschlich schwach

gezeigt, bringt ihn uns nur menschlich naher. Das Opfer

seines Lebens erscheint dadurch groOer. Das Recht derfreien Überzeugung und der neuen Anschauung der DingemuOte sieh ln ihm selbst erst gegen eine Macht empor-

ringen, mit der sein Gemut verwachsen ist, weii an lhr

die Eindrueke seiner Kindheit haften. Sein Verhaitnis

zur katholischen Kirche ist nicht einfach Verneinung.Er verneint das Giaubenssystem der Kirche; ihrem Ein-

HuO aufSinne und Gemüt aber kann er sich nur schwerentziehen. Er nimmt ln seine neue Weltanschauung vie!

von der retigiësen EmpHndungsweise der atten h!nuber.

Was immer er an der kittholischen Religion auszusetzen

hat, sie ist ihm, wie selbst Mocenigo bezeugen muOte,

,,doch noch die !iebste". Nun ihm diese Kirche als

Richterin gegenubertritt, wird er unsicher und von ent-

gegengesetzten Antrieben bewegt. Von dieser Unsicher-heit muB er sich erst befreien in Jahrelangem Kampfe,ehe er slch enrschlossen auf  die Seite jener Macht stellen

konnte, für welche sein leiblicher Tod den geistigen Sieg

bedeutet. Wie oft mag er sich in diesen inneren Kampfenan seinem elgenen Worte aufgerichtet haben: "wer noch

R~eht.G.Bruno.O.AuX.

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fur seinen Leib fürchtet, hat sieh noch nicht Eins ge-fuhh mit der Gotthett."

Erst zu Beginn des Jahres 1599 erfahren \vir wteder

von dem Gefangenen, der so lange fur die Welt ver-

schoiten \var. Zur ~Congrégation des heil. OMctums

der romtsehen und aUgemetnen Inquisition" gehorte eine

Anzaht von Kardinaten, darunter vor aïïem Ludovico

Madruzzi und der Kardinal von San Severina, letzterer

ein undutdsamer, ehrgeiziger Mann, der die Pariser Blut-

hochzeit einen herrlichen und den Katholiken (iberaus

angenehmen Tag nannte. Von den Konsultoren !st be-

sonders Robert BeHarmtn hervorzuheben. Er war be-

auftragt, die Lehren Bruno's zu prüfen, und hat das meiste

zu dessen Verurteilung gethan. !n !hm verkorpert sich

uberhaupt 20 Jahre hindurch die Opposition der Kurie

gegen die Wissenschaft, in dem ersten ProzeO gegen

Galilei hat er nachmats die Hauprrolle übernommen. Am

14. Janner legte Bellarmin der Kongregation acht hare-

tische Satze vor, die er aus den Schriften Bruno's aus-gezogen hatte. Die Kongregatlon beschtieOt, Bruno zur

Absehworung dieser Satze aufzufordern, und ordnet zu-

gleich an, dieselben zu vervottstandigen. Und ln der

That mtissen wlr uns auch aber ihre geringe Ànzah!

verwundern. Dre! Woehen spâter verfugt der Papst nach

Vernehmung der Kongregation, jene Satze sotlen dem

Angeklagten ats haretisch bezelchnet werden, .erkenneer sie ais solche an gut, wenn nicht, so sotte !hm ein

Termin von 40 Tagen gesetzt werden". Der Termin tauft

ab ohne Entscheidung. Erst am 21. Dezember wird Bruno

bel e!ner allgemeinen Besichtigung der Gefangenen vor-

gefUhrt und in seiner Sache vernommen. Seine teste

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Schopplus richtete seine hohnenden Blicke auf ihn. Er

muB sich tn die vorderste Rethe der Zuschauer gedrangt

heben, so genau wetO er von den !etzten Augenblicken

Bruno's zu berichten. Bruno wlrd an den Pfahl gebunden,

um welchen der HotzstoO aufgeschtchtet lag. Die Flammen

umzlngeln ihn; aber nicht ein Seufzer entringt sich in

der graQHchen Quai seiner Brust, und lebend und sehend

wird er tangsam verbrannt. Ais man thm, wâhrend er

schon tm Sterben war, ein Kruzinx zeigte, sot! er sich

abgewandt haben.

Was uns als Heldentod erscheint, war tn den Augen

der Zeitgenossen schmachvolle Hinrichtung. "Und solst er denn, schreibt Schoppius vergnügt, elend tm Peuer

umgekommen und mag in jenen anderen Wetten, die er

sich eingebildet hat, erzahten, wie es bel den Rômern

Brauch tst, mit gottes!aster!fchen und ruchlosen Leuten

seiner Art umzugehen."

Die Asche Bruno's wurde !n die Winde zerstreut und

seibst sein Name wargeachtet. Campanella

nennt ihn

nur e!nmat, aber nicht on'en, nur ais elnen ,,gew!ssen

Notaner". Kepler in Deutschland attein, der Bruno in

so v!e!em verwandt ist, führt ihn wiederholr nn. Galilei

aber schweigt von thm, um seine eigene Sache nicht

noch mehr zu verdachtigen. So konnte es geschchen,

dass der erste Philosoph von modernem Gelste, der

Prophet der naturwissenschaftlichen Weltanschauung, zu-

nachst fast unbekannt blieb. Seine Schriften fingen bald

an zu den grëOten Seltenhelten zu zah!en. Man muf!

daher mit dem Vorwurf von Entlehnungen aus densetben

sehr vorsichtig sein. Auch sind die Wege, welche die

nachfolgende Philosophie und Wissenschaft einschlugen,

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andere ais jene, auf  denen Bruno's dichterischer Geist

vordrang; mogen sie sich auch am Zieie nahern.

 j'

Bruno ist fur die gleiche Wahrheit in den Tod ge-gangen, fur welche auch Galilei leiden so!!te. Sein Pro-

zeO enthait schon denjenigen Ga!i!ei's !m Keime. Unter

den Ketzereten, deren er schutdig erkannt wurde, steht

die Lehre von der Mehrheit der Wetten obenan. Dies

hat auch Schoppius richtig gesehen. Nteht die Erd-

bewegung, die Mehrheit der Wetten )st mit dem wërt-

lich verstandenen Glauben der Kirche schlechthin un-vereinbar. SoHen auch die Bewohner der ubrtgen Wetten

von Adam abstammen wandte man triumphierend gegenGaitte! ein sot! auch fur ste Christus gekreuzigt wor-

den sein? Man konnte meinen, Bruno's Sache ware auch

ohne diese Ketzerel eine verlorene gewesen. War er

nicht Apostat, rückfâllig, ein aus dem Orden entwichener

Monch?Gründe genug, !hn wenigstens zu tmmer-

wahrendem Kerker zu verdammen. Alleln, seine kosmo-

logischen Anschauungen waren es )a, die seinen Abfall

von der Kirche herbelgeführr hatten; sie waren es auch,worüber weder er se!bst noch seine Richter hinweg-kommen konnten. Sein Festhalten an thnen machte den

schon geleisteten Widerruf in den Augen der Inquisitionwertios und hinderte ihn, den

Widerruf,wie diese ihn for-

derte, zu leisten. Und so hat Bruno in der That ats Opferseiner wissenschaftlichen Überzeugungen, ais Martyrer der

neuen Weitanschauung den Scheiterhaufen bestiegen.Ein begiaubigtes Biidnis Bruno's ist nicht erhalten.

Doch weiC man, daO er ktein von Statur, von zartem

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Gliederbau und btetcher Gesichtsfarbe war. Sein brauner

Ban war spârllch, das Haupthaar dunkler; die tiefliegen-

den Augen blickten metanchottsch. Er war von groGer

Lebhafttgkeit der Bewegungen, und man kann seine Dta-

loge nicht tesen, ohne sich ihn gesttkutierend zu denken.Vietes vom Temperamente des Sudtta!!eners war !hm

eigen. Er war relzbar, heftig, eine impulsive Natur, die

sich ëfters von den Eindrücken des Augenbtiekes leiten

tieO. Man vermiGt darum )m Einzelnen die Konsequenz,

die er !m Ganzen seines Lebens so groOartig bewahrt

hat. Er konnte leicht ÛberdruO empnnden. fasti-

dito" tst der Name, den er sich beigelegt hat. ~In tr!s-t!tta hilaris, ln hilaritate tristis", so kennzeiehnet er selbst

die Grundstimmung seines Gemtites. Frellich durch-

schaute er auch bis auf  den Grund die n!edr!gen Be-

weggründe und klelnlfchen Ranke, die Eitetkett und Ver-

folgungssuchr der Zunft, ~d!e aus der Philosophie eln

Ge~erbe macht". Schon fruh !m Leben sehnte er sich

nach "dem Ende der an Sturmen relchen Arbeiten, nach

dem Bett, der stillen Rast und sicheren Ruhe" des Todes.

Doch bleibt sein Gemüt von Pessimismus fret. Er sch!!t

auf  das Gemetne, oder getOett es mit satirischem Spott;

seinen Blick aber hatt er auf   das Ganze gerichtet, worin

er die Unvollkommenhellen des Einzelnen verschwlnden

steht. Eben aus Verschiedenheit und Gegensatz entsteht

ihm der voile Einklang der Dinge. Die Betrachtung der

Harmonie des Universums hebt thn über attes Leid hinaus.

Der Sinn für die WirkHchkcit )st ihm angeboren. Er

crfaBt ihren Charakter unmittelbar, durch Anschauung und

indem sein Ge!st sich in ihn versenkt. DaO er zu seiner

Zeit das Copernikanisehe System für eine ausgemachte

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Wahrheit nahm, ist gewiO vorellig. Aber dte Natur on'en-

barte sich, wie seine Kosmoiogte beweist, selbst seinen

Spekutattonen. DaO er mit VorHebe zur Poesie gretft,um seinen Lehren Gestalt und Ausdruck zu geben, !st

bezekhnend. Seine Gedanken entstehen thm schon ur-

sprünglich ln dichterischer Form.

Bruno war kein btoOer Denker; !m Leben etn Dtchter,

ein Seher und Apostet, wurde er !m Tode ein Martyrerund Held. Kein hanfttges Jahrhundert, prophezeit er

von sich, werde ihm das Zeugnts versagen kënnen, er

habe den Tod nicht gefürchtet, wie ein Sieger, und mit

einer Standhaftigkett, die der keines Hetden welcht, ein

mutvolles Sterben einem unmannHchen Leben vorgezogen.Von setnem Berufe hatte Bruno das erhebendste Be-

wuOtsein. Gott hat thn zum Diener einer besseren Zeit

auserwahh; Gott die ewigen Ptammen ln selner sterb-

lichen Brust entzündet, seinen Geist mit so hellem L!chte,

seine Seele mit so hetOer Glut erfuHt.

~Denn von der Gottheit bertihrt, wirst Du zu lohen-dem Feuer." G

Die Zeit hat dem Andenken Bruno's Gerechdgkettwiderfahren lassen. Sie hat das Urteil der !nqu!sttton

kasstert. Vor dret Jahrhunderten starb Bruno von

der Kirche verHucht, vor den Menschen mit Schmach

bedeckt.

Seit t880 erhebt sich auf  dem Campo di Flora seinDenkmal, an der Stelle errichtet, wo am 17. Februar i600

der Scheiterhaufen nammte. UnvergangUcher aber ais

dieses sichtbare Denkmat !8t (enes unsichtbare, das Bruno

selbst seiner Geistes- und CharaktergrëOe gesetzt hat, den

kommenden Zetten eine Mahnung un~etn' Vdfbttd.

 j' tIA tIA

Druck von Brdthopf & Hiirtet In Le)p!t~.

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Verlag von Wilhelm Enge!mann in Leipzig.

Dannemann, Friedrich, O~ndHss einer Oesehiehte der

NaturwtssenBthaften, xngtcich fine

Htnfdhn'ng in das Stndium der n&tur~i'isenschnftHchcn IJtter~mr. 2 )t:tndt;.

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kunet. M)t 42; Ah~Udunucn, i'Hm gru}sten Tci) in  \edcr(;abt: n~ch

dm Orit;)nahfer)<cn. <!r. S (.eh..<' t4. geb. t7.

Herrtnann Paul, Deutaehe Mythoto~e in );emcin\erst!tnd)[cher

DarateHnn~. ~~it t) AbbUdungen im Tcxt.

Ur. 8. <eh. S.– geb. 9.20.

MaU August, ~~cr dureh Pompeji. Auf  Verantassnng des

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Verlag voa Withetm Engetmannin Leipzig.

Elsenhans Theodor, Wesen und Entstehun: dea Oewtssena.

Rinc t'sycho)og~dctE<Mk. <ir. 8. 8–.

LutOStaWSki, Wincenty, Seetenmaeht. Abri~ ciner zctt.

gcmitssen WdtMschauung. (;r. 8.

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RasÏUS C. E.Rcehte und PBtehten der Kritik. Phttosoph~chc

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tteaatnia. E)ne von)fte)Mre)e \e)t*

Mischattong. Cr. 8. Ceh..<7 tt. ~eb. <

Wundt Wtih. Ueber Aufgabe der Phitoaephie te derOegenwait. Atttdpmtsche Antrittsrede !n ZUrtch.

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Uebet den EinSuaa der PhitoaepUe anf die Erfahrungswiasenscbnften.

Akadembche Antr)ttsrede tn Leipzig. 8. –.60.

Der Spiritiantua, eine sogenanote wtsseMchaMIche Frtge. Offener

Brief an Herm Prof. Herm. Utrict in Hdle. t.-4. Abdruck. 8. -.50.

––EMaya. Gr.a. Geh.~7.gtb.~9.tnhtttt: Philosophle undWi~MMehaft. HieThtorie dtrMtttWf. Dkt. 'n<n'<-

[~th~ti~ der Wctt. Gthtm und Scele. Die Aufgnbtn der e'ptrimtntcn~aP<ycho)o)t)e. Die MtMum ptychttcher Vorgittat. Die Thierpsychologic.

GttBht und VoMttHuff:. Der Autdmdt der Gt~n~btWt~u~e~). Die Spraehcuod das Denhen. Die KntwtcUttng des Wilkn:. Der Aberghttbe in f'trW)Me"!rhaft. Der SptfiOsmu!. Lessing und dfe kritische Méthode.

Syatem der Philoaophie. Gf. 8. Zwe!te mngearbeitete Anf-

tage. Geh..4 ta. geb. t4.so.

OtundtOge der phyatcto~eehen Psychologie. Vierte umge-

arbettetcAaftage. 9 Bande. Mt 937 Hobschnttten. Gr. 8. Geh.

M. geb. a6.

––OruaddaadefPaychote~e. Dritte Auflage. 8. Geh.6.

geb. y.

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