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Jahrgang XXIX/2007, Heft 5 & 6 Gitarre & Laute O n l i n e Muscat Ud-Festival Der Guitarrefreund 1907 Glenn Gould John W. Duarte Harald Genzmer

Gitarre & Laute XXIX/2007/Heft 5-6

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Gitarre & Laute Jahrgang XXIX/2007/Heft 5-6

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Page 1: Gitarre & Laute XXIX/2007/Heft 5-6

Jahrgang XXIX/2007, Heft 5 & 6

G i t a r r e & L a u t e

O n l i n e

Muscat Ud-Festival

Der Guitarrefreund 1907

Glenn Gould

John W. Duarte >

Harald Genzmer >

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2 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6

PRIM - Musikverlag : EditionEN Tilman Hoppstock

Dietrich Buxtehude

PASSACAGLIA

BUXWV 161

orig. für Orgel

original for organ

für 2 Gitarren

for 2 guitars

Bearbeitung von/

transcription by

Tilman Hoppstock

PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 074

Gitarrenkammermusik

2 Gitarren

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Franz Schubert

LIEDER MIT GITARRE - Vol. 5

6 Lieder aus

„Schwanengesang”

6 songs from

“Schwanengesang”

für Tenorstimme

for tenor voice

Bearbeitung und Fingersätze von/

transcription and fingerings by

Tilman Hoppstock

PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 705

Johann Seb. Bach

FRANZÖSISCHE SUITENR. 2 D-MOLL BWV 813

French Suite No. 2

d minor BWV 813

orig. für Cembalo in c-mollorig. for harpsichord in c minor

Bearbeitung und Fingersätze von/transcription and fingerings by

Tilman Hoppstock

PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 062

Transkriptionenfür Gitarre solotranscriptions for solo guitar

Franz Schubert

LIEDER MIT GITARRE - Vol. 3

12 Lieder aus

„Winterreise”

12 songs from

“Winterreise”

für hohe/mittlere Stimme

for high/medium voice

Bearbeitung und Fingersätze von/

transcription and fingerings by

Tilman Hoppstock

PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 703

Johann Seb. Bach

Cellosuite Nr.2a-moll BWV 1008

2 Fassungen

Cello suite no.2

a minor BWV 1008

2 versions

Bearbeitung und Fingersätze von/transcription and fingerings by

Tilman Hoppstock

PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 079

Transkriptionen

für Gitarre solo

transcriptions for solo guitar

Neuerscheinungen 2006-2007

Bearbeitung und Fingersätze von/transcription and fingerings by

Tilman Hoppstock

PRim -Musikverlag Darmstadt

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Nr. 99 077

Transkriptionen

für Gitarre solo

transcriptions for solo guitar

Isaac Albéniz

TANGO

EL POLO

orig. für Klavier

orig. for piano

Für Gitarre solo:Joh. Seb. Bach: Cellosuite Nr. 2 a-moll (2 Fassungen)PRIM 99 079 Preis: 11,90Joh. Seb. Bach: Franz. Suite Nr. 2 (orig. für Cembalo)PRIM 99 062 Preis: 10,50Dietr. Buxtehude: Suite Nr. 10 BuxWV 236 (orig. für Cemb.)PRIM 99 061 Preis: 8,50Isaac Albéniz: Tango + El Polo (orig. für Klavier)PRIM 99 077 Preis: 9,95

Schubert: 110 Lieder für Gesang und GitarreBand 3:12 Lieder aus “Winterreise” PRIM 99 703 Preis: 16,90Band 4:17 Lieder nach versch. Dichtern PRIM 99 704 Preis: 15,50Band 5:6 Lieder aus “Schwanengesang” PRIM 99 705 Preis: 13,90Band 6:12 Lieder nach Schiller/Klopstock PRIM 99 706 Preis: 14,50

Aus der bekannten Serie “GroßeKomponisten für junge Gitarristen”Gaspar Sanz:3 Suiten für 2 GitarrenPRIM 99 074 Preis: 10,50

Enrique Granados:Valses Poeticos f. Gitarre soloPRIM 22 100 Preis: 8,50

Isaac Albéniz:Asturias + Malagueña f. Git. soloPRIM 99 039 Preis: 8,50

Für 2 Gitarren:Dietrich Buxtehude: Passacaglia

PRIM 99 074 Preis: 10,50

bearbeitet f r 2 Gitarren/arranged for 2 guitars byTilman Hoppstock

G r o ! e Komponisten f r junge G i t a r r i s t e n

PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 99 065

Gaspar Sanz3 Su i t e n

bearbeitet f!r Gitarre solo von/arranged for guitar so lo byTilman Hoppstock

G r o " e Komponisten f!r junge G i t a r r i s t e n

PRim -Musikverlag DarmstadtNr. 22 100

Enrique GranadosValses Poet i c os

PRIM-MusikverlagPostfach 10 11 20 . 64 211 DarmstadtInfos und Bestellung: www.prim-verlag.de

Vertr ieb weltweit / d i s t r i b u t i o n wo r l dw i d e :Chanterelle . Postf. 103909 . 69029 HeidelbergTel: ++49-6221-784105 / Fax: ++49-6221-784106online ordering: http://www.chanterelle.com

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Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6 3

Liebe Leserinnen, liebe Leser

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

mit dieser Ausgabe 5/6 wird der JahrgangXXIX/2007 komplettiert, der erste Jahr-gang der ONLINE-Zeitschrift. Immer nochkönnen Sie die Zeitschriften kostenlos her-unterladen oder – ebenso kostenlos – alsePaper einsehen. Darf ich Sie bitten, mirals Gegenleistung Ihre Meinung zu sagen?Ich wüsste gern, was Sie zu der neuenForm der Zeitschrift Gitarre & Laute sagen!Wie stehen Sie generell zu Online-Zeit-schriften? Waren Sie Abonnent/in der Zeit-schrift Gitarre & Laute (in Papierform)?usw. Bitte schreiben Sie mir unter:[email protected] paar Änderungen sind wieder einmalangesagt. Zum Beispiel wird die Reprint-Reihe „Der Guitarrefreund“ nicht weiterge-führt. Lesen Sie hierzu mehr auf Seite 14!Es ist keineswegs so, dass ich meine Mei-nung zu dieser Idee geändert hätte – le-diglich gibt es mittlerweile einfachere undbessere Methoden, wie Sie an den „Guitar-refreund“ kommen und da nutze ich dieSeiten hier natürlich für andere Veröffentli-chungen.Was die Dates angeht, die Ankündigungenvon Wettbewerben, Kursen und Seminaren,ist das ideale Verfahren auch noch nichtgefunden. Das kann natürlich nur funktio-nieren, wenn Sie mir Ihre Meldungen undTermine rechtzeitig mitteilen! Noch ein-mal: [email protected]. Eingroßes Portal wird in diesen Tagen und Wo-chen eröffnet, in dem möglichst alle Gitar-ren- und Lauten-Veranstaltungen angekün-digt werden, und zwar mit Fotos und denentsprechenden Links und allen möglichenInformationen. Ich bitte Sie also auch inIhrem eigenen Interesse: Schicken Sie mirdie Informationen so früh wie möglich.

Das Veröffentlichen von Dates ist immernoch kostenlos … wie seit fast dreißig Jah-ren! Und wenn sich Änderungen ergeben:Auch das teilen Sie mir bitte sofort mit,damit ich die Interessenten in Kenntnissetzen kann.John W. Duarte ist am 23. Dezember 2004in London verstorben. Das Interview, dasich am 31. Mai 1982 in seiner Wohnung inder Brunswick Grove in London geführt ha-be, wiederhole ich hier (reichlich verspä-tet) in Erinnerung an den Gitarristen undKomponisten, und zwar zusammen mit ei-nem aktualisierten Werkverzeichnis. Vieleseiner Stücke haben ihren Weg ins Gitar-renrepertoire gefunden, dazu zahlreicheAusgaben und Bücher.Harald Genzmer ist am 16. Dezember 2007im stolzen Alter von 98 Jahren in Münchengestorben. Wäre da nicht das Konzert fürzwei Gitarren und Orchester, Genzmer wä-re in Gitarristenkreisen eine unbekannteGröße. Dieses Konzerte aber, initiiert unduraufgeführt durch Thomas Kirchhoffbzw., um genau zu sein, durch das Albé-niz-Guitar-Duo bestehend aus BurkhardWolk und Thomas Kirchhoff, ist auf CDaufgenommen und oft aufgeführt wordenund so ist Genzmer auch unter Gitarristenbekannt geworden. Seiner gedenken wir ineinem kurzen Nachruf.Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen mit Gi-tarre & Laute ONLINE und binmit freundlichen GrüßenIhr*

Peter PäffgenChefredakteur/Herausgeber

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4 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6

… was ich noch sagen wollte …

The Catalan Piano Album

Werke von Mompou, Viñes, Montsalvatge,

Granados, Blancafort, Albéniz, Gerhard

Jordi Masó, Klavier

Aufgenommen im Juli 2006, erschienen

2007

NAXOS 8.570457

zum Vergleich: The Catalan Piano Tradi-

tion

Cylinder and Disc Recordings from the

Collection of International Piano Ar-

chives

Originale Aufnahmen von Isaac Albéniz,

Joaquín Malats, Enrique Granados,

Frank Marshall und Alicia de Larrocha

IPA (International Piano Archives) 109

hier gebe ich Ihnen in lockerer FormBemerkungen mit auf den Weg,

von denen ich glaube, sie wären vonallgemeinem Interesse. Es wird sich dabeiwie heute um Bemerkungen über neu er-

schienene CDs drehen, die vielleicht auchmit der Gitarre oder der Laute überhaupt

nichts zu tun haben. Oder vielleicht gilt esauch, einen Geburtstag zu feiern oder aus

anderem Grund an einen Großen unsererZunft zu erinnern. Sollte ich Sie langwei-

len oder sollten Sie Vorschläge machenwollen, schreiben Sie doch einfach an:

mailto:[email protected]

Peter Päffgen

Liceo. Später hörte er Enrique Granados ineinem Konzert und beschloss, bei ihm Un-terricht zu nehmen und zu studierten. Erwurde Granados’ Protégé und darauf seinSekretär und Assistent an der „AcademiaGranados“. Nach Granados’ Tod übernahmer die Leitung dieser Akademie, die späterin „Academia Marshall“ umgetauft wurde.Auf der historischen Aufnahme (CatalanPiano Tradition) ist, von Marshall gespielt,der Norwegische Tanz op. 35/2 von EdwardGrieg (Aufnahme von 1907) mitgeteilt.Die NAXOS-CD ist voller Überraschungen!Wir hören die als Gitarrenstücke bekannten„Mallorca“ von Albéniz, das „Divertimento3“ von Xavier Montsalvatge und natürlichdie Serenata von Malats. Aber wir hörenauch Klavierminiaturen, die den Gitarristenoffenbar bisher entgangen sind. Daruntersind die „Tres Tonadas“ von Joaquim Nin-Culmell oder die „Polka de l’equilibrista“von Manuel Blanacafort.Jordi Masó ist auf spanische Klaviermusikdes 20. Jahrhunderts spezialisiert – dies isteine von etlichen Platten, die er bei NAXOSherausgebracht hat. Joaquín Turina ist dazu hören und Padre José Antonio Donostia.Wenn wir Albéniz und Granados als partespro toto für die katalanische Klaviertraditi-on der ersten Hälfte des 20. Jahrhundertsnehmen, übergehen wir den Einfluss derFranzosen, der Impressionisten und derGruppe „Les Six“ unter dem Einfluss vonErik Satie (1866—1925) und gerade dessenkompositorisches Genie ist in manchenStücken unüberhörbar!Das „Catalan Piano Album“ liefert eine Fül-le von Inspirationen und Einsicht in dieEntstehungsgeschichte des „modernen“ Gi-tarrenrepertoires. Ist es nicht so, dass dieEntstehungszeit der meisten hier präsen-tierten Stücke auch die des modernen Gi-tarrenrepertoires war? Haben nicht viel-leicht Tárrega und seine Schüler sowie Se-govia und andere den Pianisten und Kom-ponisten ihrer Zeit (neidisch) über dieSchulter geschaut?

Für uns, die wir mit Gitarrenmusik ver-traut sind, gehören Stücke dieser Kompo-nisten zum Standard-Repertoire: Albéniz,Malats, Granados … und sogar Mompouund Viñes. Sie alle waren Pianisten, wuss-ten von der Gitarre nichts und abgesehenvon Isaac Albéniz waren sie ausnahmslosSchüler von Juan Bautista Pujol (1835—1898) in Barcelona, der wiederum starkvon den künstlerischen Visionen von Feli-pe Pedrell (1841—1922) beeinflusst war.Die Pianisten und Komponisten, die sichum Pujol scharten, bildeten nicht nur die„katalanische Pianisten-Schule“, sie ent-wickelten auch einen neuen kompositori-schen Stil, der in ganz Spanien das zwan-zigste Jahrhundert beeinflussen bis be-stimmen sollte.Joaquín Malats (1872—1912) ist durch sei-ne Serenata Española berühmt geworden,ansonsten ist er heute völlig vergessen.Dabei war Malats wahrscheinlich der Vir-tuoseste unter den Schülern Pujols. MitIsaac Albéniz war er eng befreundet undihm stand auch die Ehre zu, die spani-schen Erstaufführungen von dessen vierBüchern „Iberia“ zu spielen, gegen dieseine Serenata schmalbrüstige Salonmusikwar. Sie, die Serenata, ist heute haupt-sächlich als Gitarrenstück bekannt. Einefrühe Transkription kam im Verlag UnionMusical Española in Madrid heraus, arran-giert von Daniel Fortea (1878—1953), vonFrancisco Tárrega (1852—1909) sind zweiBearbeitungen handschriftlich überliefert.Die Serenata ist auch Malats einzige Kom-position, von der eine eigene Klangauf-nahme auf Walzen erhalten ist – außerdemspielt er Chopin, Liszt und Richard Wag-ner.Die originalen Aufnahmen auf Walzen, dieauf der LP der International Piano Archi-ves neu herausgegeben worden sind, sindkein wahrer Kunstgenuss, eher Materialfür Untersuchungen zur Aufführungspraxisoder andere wissenschaftliche Forschun-gen. Rausch- und Geräuschpegel sindenorm, ebenso die Gleichlaufschwankun-gen. Aber für den erwähnten Zweck sindes kostbare Dokumente! Malats spielt denChopin-Walzer op. 64/2 und seine eigeneSerenade, aber die ist leider der amschlechtesten zu hörende Teil der LP. Manerlebt ein vergleichweise hohes Tempound weitaus weniger agogische Eigenwil-ligkeiten, als man vielleicht erwartet. DieWalzen sind aus Wachs und vielleicht istdie Serenata Española besonders oft ge-hört worden und daher besonders abge-nutzt.Der einzige uns unbekannte Name unterden Pianisten der katalanischen Schule istFrank Marshall (1883—1959). Er wurde alsSohn englischer Eltern in der Nähe vonBarcelona geboren und studierte dort am

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Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6 5

Die Lautenwerke von Santino Garsi da ParmaGesamtausgabe der handschriftlich überlieferten Quellen

Faksimile mit Übertragung und Kommentarvon Dieter Kirsch

Die Hauptquellen für die Werke des bedeutenden Lautenmeisters Santino Garsi da Parma,die Handschriften mus.ms.40032 und 40153 der ehemaligen Preußischen Staatsbibliothek,

galten seit dem zweiten Weltkrieg als verschollen.Lediglich in der Dissertation von Helmut Osthoff („Der Lautenist Santino Garsi da Parma“ 1926)waren sie den heutigen Musikern und Wissenschaftlern in Übertragungen für Klavier zugänglich.

Die neue Ausgabe sämtlicher Lautenwerke verbindet erstmalig Quellen in Faksimile(auch die der erst jüngst wiederentdeckten Berliner Handschriften)

mit Übertragungen im G- Schlüssel-System (für Gitarre)

Santino Garsi da Parma, Sämtliche Werke für Laute, 120 S.,Großformat, GL 148, EUR 30,--

MusiCologne Ltd., Kölnhttp://www.MusiCologne.eu

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6 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6

Nähere Infos:

040-611 400www.plan-deutschland.de

Werde Pate!

Öffne deine Augen

für meine Welt.

Plan International Deutschland e.V.Bramfelder Str. 70 · 22305 Hamburg

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Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6 7

Impressum:Verlag: MusiCologne Ltd., Registered in England & Wales No. 5752198; Niederlassung Deutschland: Mu-siCologne Ltd., Sielsdorfer Straße 1a, D-50 935 Köln (Briefanschrift: Redaktion Gitarre & Laute, Postfach 410 408,D-50 864 Köln). Telefon: ++49-221-346 16 23. FAX: ++49-1803-5 51 84 30 17. Aufbereitung des ePaper: CANTATGmbH, Wien, www.cantat.com. Internet: www.MusiCologne.eu, Kleinanzeigen: www.VerkaufeGitarre.de undwww.gitarre-und-laute.de. Email: [email protected] (weitere Email-Adressen sind im redaktionellen Zusammen-hang veröffentlicht). Erscheinungsweise: sechsmal jährlich, am Anfang der ungeraden Monate (Januar, März, Mai . . .). Erscheinungsweiseim Jahr 2007: 1. Juli 2007, danach jeweils am Anfang jedes Monats bis Dezember 2007. Kündigungsfrist: sechs Wo-chen vor Ablauf der Bezugsfrist. Preis: Einzelheft EUR 5,50, Abonnement für ein Jahr (sechs Ausgaben) 28,00 EURinklusive Porto (In- und Ausland) und der gesetzlichen Mehrwertsteuer (19 %). Chefredakteur: Dr. Peter Päffgen. Gül-tige Anzeigenpreisliste: Nr. 13. Die namentlich gekennzeichneten Beiträge in dieser Zeitschrift entsprechen nicht un-bedingt der Meinung der Redaktion. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos übernimmt der Verlag keineHaftung. Terminangaben, insbesondere in der Rubrik „Dates“ erfolgen prinzipiell ohne Gewähr. © Nachdruck in jed-weder Form und allen Medien, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags. Aboverwaltung:Verlag, Niederlassung Köln. [[email protected]], Bildnachweis für vorliegende Ausgabe: S. 1, 8-9, 10-11, 12 und 13: ENJA-Records; S. 32: CBS/SONY-Records; S. 66: Schott-Music, Mainz, alle anderen: Autoren oder Bild-archiv Gitarre & Laute-ONLINE

Gitarre & Laute

ONLINE

XXIX/2007, Heft 5-6

Inhalt

Editorial3

… was ich noch sagen wollte …4

Peter Päffgen„Reich mit des Orients Schätzen beladen“ …

Dokumentation zum Muscat-Ud-Festival erschienen 8

Vor hundert Jahren: Der Guitarrefreund VIII/1907/N° 5

Dr. Oskar Seyffert, Ueber das Gitarrespiel mit Ring und Nagelanschlag 1, 15

Generalversammlung des I.G.V. , 1907 17

Kritische Plaudereien, 18

Notenbeilagen zum Guitarrefreund VIII/1907/N° 5

Mauro Giuliani, Rondoletto op. 4, 23

… Gelesen …

31Markus Grohen

Exzentriker – Genie – Hypochonder: Glenn Gould 1932–198234

Kleinanzeigen38

Peter Päffgen

Zwei Gitarren oder zwei Lauten … Neue Platten39

Vor hundert Jahren: Der Guitarrefreund VIII/1907/N° 6

Dr. Oskar Seyffert, Ueber das Gitarrespiel mit Ring und Nagelanschlag 2, 45

Philipp Bone, Ferdinand Sor 47

N.N., „Gitarre“ und nicht Laute. Eine Erwiderung, 48

Notenbeilagen zum Guitarrefreund VIII/1907/N° 6

Ferdinand Sor, Sechs kleine Stücke, 53

Peter PäffgenMusikinstrument und nicht musikalischer Totempfahl

Interview mit John W. Duarte

60N.N., Harald Genzmer in memoriam

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Reich mit des Orients

Schätzen beladen …

Dokumentation zum Muscat Ud-Festival bei ENJA Von Peter Päffgen

Die arabische Laute hat unserer mitteleuropäischen Laute Gestalt und Namengegeben – so jedenfalls liest man in Büchern und Artikeln zum Thema: „Laute(von arabisch al-’ûd; span. laúd; ital liuto; frz. luth; engl. lute)“1 Sie ist von

den Arabern mitgebracht worden, die sich nach der Schlacht bei Jeréz de la Fronteraim Jahr 711, aufgemacht hatten, das heutige Europa in Besitz zu nehmen. Karl Martell(688/689–741), Sohn Pippins II. , wies sie zwar bei Tours und Poitiers in die Grenzendes späteren Spanien zurück, dort aber blieben sie fast achthundert Jahre. Sevilla,Granada und natürlich Córdoba wurden weltliche und kulturelle Zentren ihres Reichs,das sie El Andalus nannten – Andalusien. Hier sollten die berühmtesten Musiker, un-ter ihnen die besten Ud-Spieler, die beispielsweise aus Bagdad nachreisten, spielen.Die europäische Laute, die sich aus der Ûd2 entwickelte, wurde eines der wichtigstenKulturinstrumente Europas – das erste und lange einzige, für das Musik gedrucktwurde. Ihr arabisches Vorbild aber, die Ûd, geriet hier in Vergessenheit, als die Mau-ren sich zurückzogen … wobei die Begriffe „Mauren“ oder „Mauretanier“ nichts ande-res meinte und meint als „arabisch“ oder auch „arabisch-islamisch“. Die Erobererwurden von den Spaniern „moros“ genannt – daraus leiten sich die Begriffe Maurenund „maurische Belagerung“ und „maurische Kultur“ ab – und dieser Name lebt aufCuba und anderswo heute noch – aber das nur ganz am Rande! – in einer köstlichenSpeise namens „Ensalada de Moros y Cristianos“, die aus (schwarzen) Bohnen und(weißem) Reis [zusätzlich Olivenöl, Cilantro (frischem Koriander) und viel Limetten-saft] besteht.Spätestens 1479, als Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragon, die späteren„Reyes Católicos“, heirateten, war das Ende des arabischen Reichs auf spanischem Bo-den besiegelt. Die „Reconquista“, die Rückeroberung, die schon seit dem neuntenJahrhundert betrieben wurde, war erfolgreich, die „moros“ zogen sich zurück. Nichtnur Alhambra, Alcazar oder Mezquita zeugen heute von ihrer kulturellen Hinterlas-senschaft, auch weniger offensichtliche Spuren wie etwa im Cante Flamenco oder inForm verschiedener Musikinstrumente, darunter die Laute.Wie die europäische Laute sich weiter entwickelte, ist hinlänglich erforscht. Was mitder Ûd geschah, welche Musik auf ihr gespielt wurde, in welche Art von Ensembles sieeingebunden wurde und wird, ist auch gebildeten Mitteleuropäern weitgehend unbe-kannt. „Die arabische Musik ist – aus arabischer wie aus nicht-arabischer Sicht – mitder Ûd untrennbar verbunden. Der Grund für diese enge Verbindung liegt auf der mu-sikpraktischen Ebene in der traditionellen Ausbildung junger arabischer Musiker. Jeg-

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licher Instrumental- aber auch Gesangsunterricht bedient sich der Ûd als Hilfsinstru-ment“ schreibt Professor Dr. Issam El-Mallah, Professor für Musikwissenschaft an derUniversität in München und Herausgeber der Dokumentation, bestehend aus CD-Pro-duktionen und umfänglichem Informationsmaterial, um die es hier geht. Dokumen-tiert wird das Muscat Ud-Festival, das vom 29. November bis zum 1. Dezember 2005in Muscat in Oman stattgefunden hat. Das Sultanat Oman ist ein Land in Westasien,an der Südostküste der Arabischen Halbinsel, im Nordwesten an die Vereinigten Ara-bischen Emirate angrenzend, im Westen an Saudi-Arabien und im Südwesten an denJemen. Oman hat gut drei Millionen Einwohner und wird regiert von Sultan Qaboosbin Said Al Said, freundschaftlich kurz His Majesty genannt (oder HM). HM hat am18. November Geburtstag und das ist in Oman Feiertag. 2005 hat er mit dem Ûd-Fest-ival neben seinem Geburtstag noch sein 35. Thronjubiläum gefeiert. Dieses kulturelleEreignis ist jetzt dokumentiert. Ein Schuber enthält eine Mappe mit vier CDs und einopulentes Buch. Alles in vier Sprachen: Englisch, Französisch, Deutsch und Arabischund alles in orientalischer Pracht und Üppigkeit.Das Festival fand statt in Muscat, der Hauptstadt von Oman. Künstlerischer Leiterwar Issam El-Mallah, der auch die Dokumentation herausgegeben hat und der für dieerklärenden Texte verantwortlich zeichnet. Die Ud-Spieler stammten aus verschiede-nen arabischen Ländern zwischen (weit im Westen) Marokko bis (im Osten der arabi-schen Welt) Oman. Und mit ihnen stammte die Musik aus allen möglichen stilisti-schen Sphären arabischer Musik – zwischen weit verwestlichter Musik für Ûd undrecht traditioneller.Und es wurde natürlich auch die Üppigkeit des kulturellen Vermächtnisses des Omanvorgeführt und gefeiert und die Bemühungen des Landes um kulturelle Identität. DerSultan unterhält mehrere Musik-Ensembles, darunter das Royal Oman Symphony Or-chestra, das während des Festivals eine gewichtige Rolle spielen sollte. Es standennämlich, das vorwegnehmend, Uraufführungen von Werken für Ûd und Orchester aufdem Festival-Programm – ein Brückenschlag zur europäischen Musikkultur undgleichzeitig eine stolze Demonstration von Eigenständigkeit. „Dieses Festival zeich-net sich als das erste seiner Art durch eine rein arabische Orchesterphilosophie in al-len Bereichen aus: Komponist, Orchestermitglieder, Solist und Dirigent stammen ausarabischen Ländern.“Einige Eigenarten arabischer Musik bzw. traditioneller arabischer Musikausbildungund Musikausübung müssen berücksichtigt werden, wenn man die „Andersartigkeit“dieser Musik beschreiben und begreifen will. Issam El-Mallah betont das Ńarab-Prinzipals das „wesentliche strukturelle Prinzip“ … und schon bei der Definition dieses zen-tralen Begriffs müssen wir erkennen, dass wir die arabische Musik zwar konsumierenund schätzen, dass wir von einem tieferen Verständnis aber ziemlich weit entferntsind. „Für den Begriff Ńarab-Prinzip finden wir in keiner Musikkultur außerhalb derarabischen eine genaue Entsprechung. Auch eine Erklärung, die alle Bedeutungen die-ses Wortes umfasst, fällt nicht leicht.“ (Issam El-Mallah S. 119) Einig sind sich dieEthnomusikologen aber darin: „Der Begriff Ńarab bezieht sich auf die Wirkung vonMusik auf das Gefühl.“ (Amnon Ahiloah in: MGG2 Sachteil, Bd. I, Sp. 698) oder „Dieenorme Bedeutung des Ńarab ist der Grund dafür, dass sich arabische Musiker zuvor-derst durch hohe Leistungen im Bereich der gesanglichen, instrumentalen oder poeti-schen Improvisation auszeichnen. Ihre Kunst ist es, diejenigen musikalischen Aus-drucksmittel hervorzuheben, die einem traditionell arabisch-geprägten Zuhörer be-sonders nahe sind und die zur Mitte der arabischen Musik, dem Gesang, zurück-führen, der wichtigsten Quelle für die Entstehung von Ńarab.“ (Issam El-Mallah). Be-schrieben wird also eine Interaktion zwischen Musiker und einem „traditionell ara-bisch-geprägten“ Zuhörer … Mitteleuropäer müssen einen anderen Zugangsweg zurarabischen Musik finden.Ein Verständnis des arabischen Tonsystems (maqam), der „wichtigsten Marksteine inder reichen Welt der arabischen Musik“, das Issam El-Mallah zu vermitteln versucht,ist auch nicht leicht zu erringen. „Denn während jene [die Tongeschlechter und Ton-arten der europäische Musik] nur aus Ganztonschritten, Halbtonschritten und Einein-halbtonschritten (übermäßigen Sekunden) bestehen, hat das arabische Tonsystemzusätzlich zu den genannten Intervallen auch den Dreivierteltonschritt zur Verfü-gung. Daher übersteigt die Zahl der arabischen maqamat die der europäischen Ton-geschlechter bei weitem.“Die Musik der vorliegenden Dokumentation (4 CDs mit fast fünf Stunden Spielzeit)erscheint uns als Mitteleuropäern dabei mal exotischer und mal weniger fremd – jenachdem, wie weitgehend die Komponisten oder Improvisatoren mit europäischenVorbildern geliebäugelt haben oder nicht. Das „1st Concerto for Ûd and Orchestra“von Atiyya Sharara zum Beispiel wirkt regelrecht vertraut, und das liegt einerseitsdaran, dass sein Komponist, 1923 in Kairo geboren, in beiden musikalischen Weltenzuhause ist und offenbar vermitteln möchte. „Atiyya Shararas zwei Schwerpunkte so-

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wohl in der klassischen westlichen als auch in der orientalischenMusik wurden bereits in seiner westlichen und orientalischenGrundausbildung angelegt.“ Dazu kommt natürlich, dass das Or-chester ein traditionell europäisches Sinfonieorchester in klassi-scher Besetzung und so auch dem europäischen Tonsystem ver-pflichtet ist.Allaa Hussein Saber aus Ägypten spielt den Solo-Part des insge-samt eher konventi0nellen Konzerts mit der „klassischen“ Satz-folge Allegro–Andante–Allegro. Besonders der langsame Satz(ver)führt mich mitunter in den Film „Laurence of Arabia“ – einZeichen dafür, wie genau Oscar-Preisträger Maurice Jarre Elemen-te der arabischen Musik gekannt, nachempfunden und als Ver-satzstücke in seinen Film-Soundtrack eingebaut hat. Diese Ara-besken hat er so herausgestellt, dass sie seiner ganzen Filmmu-sik unverkennbar arabische Züge gegeben haben … jedenfalls fürdie schlicht denkenden Hollywood-Produzenten, für die damalsSchottland ohne Dudelsack und Deutschland ohne SS-Uniformfilmisch undenkbar waren … und oft heute noch sind. Auch CD 4 enthält Musiken für Ûd und Orchester: „Dialogue forÛd and Orchestra“ sowie „Variations on Arabic Melodies for Ûdand Orchestra“ von Ammar El-Sherie. Auch er, El-Sherie, istÄgypter und auch er scheint sich exzellent mit westlicher Musikund Musiktheorie auszukennen. Obwohl: Issam El-Mallahschreibt speziell über ihn: „In allen Bereichen seines musikali-schen Schaffens [. . .] beweist Ammar El-Sherei seine Zugehörig-keit zur traditionellen orientalischen Musik.“ Nehmen wir die So-lostellen und Kadenzen für Ûd aus dem Gesamtwerk heraus,stimmt diese Einschätzung sicher. Gerade, wenn der Komponist,der hier auch als Solist in Erscheinung tritt, in Kadenzen förm-lich ins Fabulieren kommt hört man den Orientalen – das Orche-ster hält sich während solcher Momente diskret zurück. Das Or-chester stellt unüberhörbar den westlichen Kontrapunkt dar. Dabeginnen Sätze mit vollem Blech wie Tschaikowski-Symphonien,andere mahnen an Beethoven … aber ich will hier keineswegs un-terstellen, man hätte sich hier mit fremden Adlerfedern ge-schmückt. Nein, aber vielleicht ist man auch mit Klischees um-gegangen wie Maurice Jarre – nur viel diskreter, kenntnisreicherund geschickter!Das knapp halbstündige Werk „Variations on Arabic Melodies forÛd and Orchestra“ am Ende des Programms, spricht schon einesehr eigene Sprache … obwohl … die eine oder andere arabischeMelodie erscheint mir irgendwie vertraut … alle anderen kom-men mir allerdings spanisch, pardon: arabisch vor!Wir betreten ganz anderen Boden, wenn wir nicht über die Werkefür Ûd und Orchester reden, bei denen eine gewisse musikalischeFraternisierung offenbar unvermeidbar ist, da alle Beteiligten –Komponist, Interpret und Orchester – einen erheblichen Teil ih-rer Ausbildung in Europa oder mindestens durch europäischeLehrer erfahren haben. Die Stücke für Ûd solo und die für Gesangmit Begleitung einer Ûd sprechen eine andere Sprache. Salim BinAli-Maqrashi aus dem Oman, mit seinen Soli beginnt die erstevon vier CDs, glänzt einerseits durch Virtuosität und Tempo desSpiels, andererseits durch sehr feines Ausarbeiten und Fortspin-nen von Melodien, das auch beim osmanischen Publikum gut an-gekommen ist (alle Aufnahmen sind Live-Aufnahmen aus denKonzerten).Gleich danach (auf CD 1) spielt der Marokkaner Saïd Chraibi, derin seinem Ringen um Ńarab, das heißt, um einen lebhaften musi-kalischen Dialog mit dem Publikum, sehr auf die Karte Virtuo-sität setzt – aber das kennen wir ja alle, die wir Konzerte für„klassische Gitarre“ oder für andere westliche Instrumente ge-wohnt sind. Und wir kennen auch das Publikum, das nicht unbe-dingt auf sportive Leistungen setzt. Vielleicht ist es aber SaïdChraibis Kokettieren mit Flamenco-Elementen in seinem Spiel(„Als erstes hat mich der Orient in die Schule genommen, da-nach Andalusien“ O-Ton Saïd Chraibi), welches das Publikumnicht in Ekstase versetzt hat.

Der Ägypter Mamdoh El Gebaly folgt mit seinem vergleichsweiseakkordischen und weit weniger auf Virtuosität setzenden Spiel.„Die Ûd soll den Menschen in Ńarab versetzen, nicht in Staunenüber das virtuose Spiel“, so des Künstlers Bekenntnis.CD 2 beginnt mit Stücken des Musikers Abadi Al-Johar aus Sau-di-Arabien. „Sein zunächst wie flüchtig erscheinendes Spiel undsein selbstgenügsamer Gesang mündeten in Tremolos und Ver-zierungen, die das Publikum vor Begeisterung aufstöhnenließen“ – so schrieb Ulrich Olshausen ein paar Tage nach demFestival in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung und beschriebdamit den höchsten ereichbaren Zustand, in den ein Musiker sei-ne Zuhörer versetzen kann: Ńarab. So bekommen auch wir, auf ei-

nem Umweg freilich, einen Eindruck davon, was Issam El-Mallahzu beschreiben versucht hat. An den Reaktionen der „traditionellarabisch-geprägten“ Zuhörer erfahren wir, was mit Ńarab gemeintist.Erstaunlich ist, dass Abadi Al-Johar seine Zuhörer und auch Is-sam El-Mallah in Verwunderung darüber versetzt hat, dass er sichselbst auf der Ûd begleitet hat. Er habe weit über die arabischeHalbinsel hinaus einen Ruf als hervorragender Sänger gehabt,„sein Können als Ûd-Virtuose aber ist für den Großteil des arabi-schen Publikums eine Überraschung“ heißt es, dabei ist sein Spielsehr ausgewogen und ausgefeilt – keineswegs so, dass er es hätteverstecken müssen.Der Yemenit Ahmad Fathi schließlich riss sein Publikum zu begei-sterten Beifallsbekundungen hin, wie keiner vor ihm. Sein Ûd-Spiel ist vielgestaltig und bis ins kleinste Detail ausgeziert undziseliert, klanglich feiner als das bisher Gehörte und auch in die-

His Majesty … Sultan Qaboos bin Said, der Herrscher Omans

und Schirmherr des Ûd-Festivals

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ser Hinsicht sehr vielgestaltig und varia-bel. Dass aber gerade er es war, der in Mu-scat während des Applauses laute Zurufe,Pfiffe und Jubelschreie einheimsen würde,das war dann die zweite Erfahrung mit Ńa-rab. Offenbar trafen sich die Seelen vonMusiker und Publikum besonders innigund intensiv.Das Ûd-Festival in Muscat war ein großes,internationales Ereignis, das eine Begeg-nung zwischen Kulturen ermöglichen soll-te. Die jetzt vorliegende, mit orientali-scher Üppigkeit ausgestatte Dokumentati-on, die übrigens von Enja im Direktverkauffür 46,40 Euro angeboten wird, gibt auchdenen, die nicht nach Oman fahren konn-ten, die Möglichkeit, dabei zu sein.Was hier vorliegt, ist eine Art Kongressbe-richt, es ist die Klangdokumentation vonrund fünf Stunden auserwählter arabischerMusik und es ist eine Produktion, die ei-nem den kulturellen Reichtum der arabi-schen Welt vor Augen (und vor Ohren)führt, ihre Jahrtausende alte Kultur ahnenlässt. Spätestens, seitdem wegen ihrer Öl-vorkommen gegen arabische Staaten Krie-ge heraufbeschworen wurden und geführtwerden, verliert man all das zu schnell ausden Augen!

Al þarab: Muscat Ûd-Festival, herausgegebenvon Issam El-Mallah, 4 CD,Dokumentationauf Englisch, Französisch, Deutsch undArabisch (über 220 Seiten) mit zahlreichenFotos und Notenbeispielen, ENJA-Records9504-2 (www.enjarecords.com)

Anmerkungen

1 Riemann Musik Lexikon, Sachteil, Auflage 1967, S.5062 Der Ûd oder die Ûd? Der Ethnomusikologe Issam El-Mallah, Professor an der Universität München, schreibt„die Ûd“, sein Kollege Ulrich Wegner (Art. „Ûd“ in:MGG/2, Sachteil, Bd. IX, Sp. 1087-1101) schreibtdurchgängig „der Ûd“. Die 24. Auflage des DUDEN gibtan: Ud, die, -, -2 (arab.) (Laute mit 4 bis 7 Saitenpaa-ren). Wir halten uns an Issam El-Mallah und den DU-DEN.

Fotos:Titelseite: Ammar El-ShereiS. 8: Miniatur aus den Cantigas de Santa MariaS. 8-9: Musikerinnen und Musiker des Royal OmanSymphony OrchestraS. 10-11: Atiyya ShararaS. 12: HM Sultan Qaboos bin Said al Said© für alle (außer S. 8 oben): ENJA-Records

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Vor hundertJahren …

Mit Heft 1 des Jahrgangs XXIX/2007 habenwir damit begonnen, die hundert Jahre altenHefte des Guitarrefreunds nachzudrucken …jetzt, nach gerade einmal einem Jahr, hörenwir wieder damit auf. Nicht, dass aus der Le-serschaft kein Interesse an diesen Nach-drucken bestünde, nein! Aber die Digitali-sierung der Bestände der Statens Musikbi-bliotek in Stockholm und da speziell derSammlung von Carl Oscar Boije af Gannäs(1849—1923) ist fertig gestellt worden undin dieser Sammlung befinden sich auch dieJahrgänge I/1900 bis bis XVIII/1919 desGuitarrefreund. Um genau zu sein istI/1900/Nº 5 die erste und XVIII/1919/Nº2 die letzte Ausgabe in dieser Sammlung.Alle Ausgaben, also auch die Zeitschriften-Jahrgänge, sind kostenlos in sehr hoherQualität im Internet einzusehen und mankann sie auch herunterladen. Hier für alle,die die URL der Boije-Sammlung noch nichtkennen:www.musiklib.se/ebibliotek/boije/inde-xeng.htm. Der Name der Seite „indexeng“belegt, dass Sie hier die englischsprachigeStartseite aufrufen, Sie haben also nicht ein-mal Probleme mit der schwedischen Sprachezu bewältigen!Carl Oscar Boije af Gannäs war von BerufVersicherungsagent, seine Leidenschaftgehörte aber offensichtlich der Gitarre undihrer Musik. Die Sammlung, die der Staatli-chen Musikbibliothek in Stockholm im Jahr1924, also ein Jahr nach Boijes Tod gestiftetwurde, ist eine der größten Spezialsamm-lungen der Welt. Viele Originalausgaben fin-den sich, auch etliche Autographen – zumBeispiel solche von Johann Kaspar (oderCaspar Joseph) Mertz, aber auch anderen. Carl Oscar Boje af Gannäs war Mitglied desInternationalen Guitarristen-Verbandes e.V.in München, und zwar trat er ihm offenbargleich nach dessen Gründung im Jahr 1900bei. Dies ist ein Grund dafür, dass er auf den„Guitarrefreund“ abonniert war.Die fehlenden Ausgaben des JahrgangsI/1900 werden wir Ihnen hier in GITARRE &LAUTE-ONLINE nachliefern – ebenso dieHefte nach XVIII/1919/Nr. 2 – alle anderenfinden Sie nun unter der angegebenenAdresse im Internet! Dann steht Ihnen allesErschienene dieser Zeitschrift zur Verfü-gung!

Die erste Ausgabe des „Guitarrefreund“ vom 1. Mai 1900. Das Exemplar, dessen Titelseite Sie

hier sehen, befindet sich auf der „Bibliotheca Regia Monacensis“, der heutigen Bayerischen

Staatsbibliothek, München. Mit den Faksimile-Nachdrucken der frühen Ausgaben (ab Ausgabe 5

des Jahrgang I/1900 erschienen die Heft in professionellem Schriftsatz) werden Ihnen natür-

lich die ältesten Ausgaben auch im Neusatz geliefert – zwecks besserer Lesbarkeit.

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30 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6

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Alexander Krause, Arcisstraße 12: Pa-

lais Pringsheim – Führerbau – Amerika

Haus – Hochschule für Musik und Thea-

ter, München 2005, Allitera Verlag, EUR

9,90

1969 war ich in München auf einem Gitar-renfestival. Jiři Knobloch war der Veran-stalter – Konzerte, Meisterkurse und derWettbewerb fanden in der Musikhochschu-le statt: Arcisstraße 12.Ich habe sehr lebhafte Erinnerungen andieses Festival: Franz Norden, mein Gitar-renlehrer, hatte mich dorthin geschickt,weil er herauszufinden versuchte, ob ichGitarre studieren wollte oder nicht – ichstand kurz vor dem Abitur. Neben JiřiKnobloch zeichneten Barbara Polášek fürdas Festival verantwortlich, GabrieleBraungart und Karl Scheit. Zu den anwe-senden Künstlern gehörten Dick Visser,Fernando Fernández-Lavie, Angel G. Pinie-ro, Oscar Cáceres, Leonhard Beck und …Siegfried Behrend. Letzterer, Siggi Beh-rend bzw. besser gesagt seine Präsenz undsein Auftreten, waren für mich letztlichdie Gründe, dass ich mich dagegen ent-schieden habe, Gitarre zu studieren … werweiß wofür’s gut war!Das Festival in München bot all das, washeutige Veranstaltungen ähnlicher Art

auch im Programm haben: Meisterkurse,Konzerte, eine Ausstellung, Angebote vonMusikalienhändlern und dazu viele Kon-takte und Begegnungen. Dabei war die Si-tuation der Gitarre damals eine andere.Jiři Knobloch schreibt in seinem Grußwortim Programmheft: „Neben [der] Entwick-lung und Anerkennung der Gitarre alsebenbürtiges Kunstinstrument besteht[…] bei einem großen Teil der Bevölke-rung immer noch Unwissenheit über ihreMöglichkeiten als Soloinstrument, ja so-gar eine Geringschätzung, die manchemjungen Talent den Weg zu einem ernsthaf-ten Studium der Gitarre versperrt.“ Das Gebäude in der Arcisstraße, in demdie Musikhochschule residierte und resi-diert, war etwas Besonderes. Entree undTreppenhaus kamen mir, was ihre archi-tektonische Gestaltung anging, bekanntvor. Ich erinnerte mich, ohne wirklich vieldarüber zu wissen, an Nazibauwerke, andie „Handschrift“ der Architekten um Al-bert Speer und Konsorten.

<Schnitt>

Mehr als dreißig Jahre später: Ich lese dasBuch „Frau Thomas Mann: Das Leben derKatharina Pringsheim“ von Inge und Wal-ter Jens und gleich anschließend „Meine

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ungeschriebenen Memoiren“ von KatiaMann. Gleich zu Beginn des ersten Kapi-tels ist der Text eines Briefes abgedruckt:„Ich, Katia Pringsheim, richte auf Grundder folgenden Mitteilungen das Gesuchum Zulassung zu der im Sommer 1901stattfindenden Absolutorialprüfung deshumanistischen Gymnasiums […] Einengefälligen Bescheid auf dieses Gesuch bit-te ich mir Arcisstr. 12 zustellen zu wol-len“. Arcisstraße 12?Bei weiterer Lektüre fand ich heraus, dassdas Haus Arcisstraße 12, ein Neo-Renais-sance-Palais, für Alfred Pringsheim (1850–1941), Katias Vater, und seine Frau Hed-wig geb. Dohm (1855–1942) gebaut wor-den ist und dass sie es 1889 bezogen ha-ben. Alfred Pringsheim war angesehenerMathematik-Professor an der MünchenerKöniglichen Universität, der stattlicheReichtum seiner Familie stammte aber vonseinem Vater Rudolf, einem sehr vermö-genden Unternehmer. Das Palais Pringsheim war enorm groß,über 24 Meter breit und über 25 Metertief, war mit Kunstsammlungen ausge-stattet und wurde um die Jahrhundert-wende zu einem der gesellschaftlichenund künstlerischen Zentren Münchens …bis es am 15. August 1933 von den Nazisgegen Zahlung von 700.000 RM enteignetund schließlich abgerissen wurde.

<Schnitt>

Nicht lange nachdem ich die Bücher überKatia Mann gelesen hatte, fiel mir dasBuch über die Arcisstraße 12 in die Hand,um das es hier eigentlich geht. Hier erfuhrich die ganze Geschichte des Hauses, dasmir 1969 eine Art Déjà-vu-Erlebnis be-schert hatte. Die Pringsheims waren Ju-den, außerdem in herausgehobener gesell-schaftlicher Position und sehr wohlhabend– es war klar, dass die neuen Machthabersehr schnell nach ihren Besitztümern grei-fen würden. Am 24. Juni 1933 schriebThomas Mann, der Schwiegersohn, in seinTagebuch: „Neue Nachrichten über dasSchicksal des Hauses in der Arcisstr., des-sen Enteignung mit oder ohne Entgelt be-vorsteht. Die alten Leute müssen hinaus,damit das Haus, das sie 40 Jahre bewohn-ten, einem weiteren der verschwenderi-schen Parteipaläste Platz mache, aus de-nen dieses ganze Viertel in kurzem beste-hen soll.“ Alfred Pringsheims bedeutendemathematische Fachbibliothek ging an ei-nen Antiquar, ein über 20 Meter langerFries, den der Maler Hans Thoma (1839–1924) für das Haus angefertigt hatte,

Gelesen!

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liegt noch heute im Depot der Staatsgale-rie in Stuttgart, eine bedeutende Majolika-Sammlung kam bei Sotheby’s unter demHammer – von dem Erlös musste Prings-heim 75% [!] an das Deutsche Reich abge-ben. Eine Silber- und Goldschmiedesamm-lung schließlich wurde 1938 beschla-gnahmt und im Bayerischen Nationalmu-seum eingelagert.Nachdem die Plünderungs-Aktion zu ei-nem Ende gekommen war, verließ das Ehe-paar Pringsheim buchstäblich in letzterMinute das Land. Das war 1939 und dieFlucht gelang auf Vermittlung und mit Hil-fe von Winifred Wagner.Damit ist die glamouröse Phase der Ge-schichte des Hauses Arcisstraße 12 erzählt… bzw., besser gesagt, der Adresse Arcis-straße 12, denn das Pringsheim’sche Palaiswar schon 1933 der nationalsozialistischenAbbruchbirne zum Opfer gefallen. Ein Re-präsentations- und Dienstgebäude für Hit-ler und seine (Partei-) Stellvertreter ent-stand als Hausnummer 12, als „Führer-bau“. Hitler selbst benutzte das Haus sehrselten. Sein bayrisches Domizil lag amObersalzberg.Der Führerbau in der Arcisstraße war vor-sorglich mit Luftschutzbunkern für 400Personen ausgestattet, die allerdings eineranderen Verwendung zugeführt wurden.Hitler, der durch alle Aufnahmeprüfungenan Kunstakademien gefallen war und da-nach ein paar Jahre in Wien als Postkarten-maler seinen Lebensunterhalt verdient hat-te, hielt sich nicht nur für einen großenStaatsmann und Feldherren, sondern auchfür einen Künstler. In der Stadt Linz, dieer selbst als seine Heimatstadt bezeichne-te, wollte er ein großes Kunstmuseum er-richten, hauptsächlich ausgestattet mitaus jüdischem Besitz beschlagnahmtenKunstwerken und genau die wurden in denLuftschutzbunkern des Führerbaus in Mün-chen nach 1938, also nach dem AnschlussÖsterreichs an das Deutsche Reich, „zwi-schengelagert“. Bellotto, Boucher, Breug-hel, Rembrandt, Rubens, Ruisdael, Ver-meer … 1943 verzeichnete die Inventarli-ste über 3000 Kunstwerke. Weitere Depotswurden eingerichtet, darunter das StiftKremsmünster. 1944: Der Krieg kam in seine Endphase,die Welt brannte. Die Nazis entschlossensich, unersetzliche Kunstwerke auszu-lagern, um sie zu sichern. Da das LinzerFührermuseum nie gebaut worden war,wurden die dafür vorgesehenen Gemäldeund Skulpturen in einem Salzbergwerk beiBad Aussee untergebracht, um sie vorKriegseinwirkung zu schützen.

Am 29. April 1945 flohen die letzten NS-Wachmannschaften aus dem Führerbau –zwei Tage später wurden amerikanischeTruppen erwartet. Es begann „der größteBilderraub der Kunstgeschichte“. NachdemLebensmittel, Alkoholika und Zigarettenweggetragen waren, machten sich Münch-ner Bürger über die über 700 noch im Bauverbliebenen Kunstwerke her … von Cana-letto bis Rembrandt. „Nicht Bombenkonnten diesen unersetzlichen Schatz ver-nichten, nein, nur der Pöbel, der oft nichtkannte, was er wegnahm, raubte, vernich-tete und verschleppte … Es war der größ-te, aber auch unsystematischste Bilder-diebstahl der Kunstgeschichte.“1945 benutzten die Amerikaner den„Führerbau“ zur Rückführung der geraub-ten und enteigneten Kunst … die Bücherund Skulpturen aus dem Salzbergwerk BadAussee kamen zurück in die Arcisstraße.Bis 1949 wurden rund 250000 Kunstwerkeaus Auslagerungsdepots, Galerien und Pri-vathäusern wieder nach München ge-bracht. In der Zwischenzeit war aus demHaus in der Arcisstraße das MünchnerAmerika-Haus geworden. 1957 schließlich bezog die Musikhochschu-le das Gebäude. „Die Bar und das Rauch-zimmer dienen heute als Bibliothek, derRektor residiert in Martin Bormanns Zim-mer und in Hitlers Arbeitszimmer findenneben Ensemble-Unterricht und Vorlesun-gen auch kleinere Empfänge und Seminarestatt.“ Die Adresse Arcisstraße 12 spiegelt einemehr als bewegte Geschichte wider. Jetzt,rund hundert Jahre nachdem AlfredPringsheim und seine Familie hier einStück Münchner Kultur repräsentierten, istmit der Musikhochschule wieder ein „be-deutender kultureller Treffpunkt“ entstan-den. Architektonisch erinnert das Haus aneine sehr dunkle Zeit unserer Geschichte –der „Exorzismus durch Musik“, den dieLehrenden und Studierenden der Hoch-schule seit 1957 betreiben, trägt dazu bei,dass man das blühende kulturelle Leben,das sich hier entfaltet, genießen kann oh-ne die Lehren zu vergessen, die wir aus derGeschichte ziehen müssen – auch die übri-gens, wie Kunst politisch instrumentali-siert werden kann. Das Buch von AlexanderKrause ist sauber recherchiert, reich bebil-dert und spannend zu lesen!Peter Päffgen

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Gelesen!

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Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6 33

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Glenn Goulds fünfundsiebzigster Geburts-tag wurde im gerade vergangenen Jahr ge-feiert … oder war es die fünfundzwanzigsteWiederkehr seines Todestags? Der Pianistwurde jedenfalls am 25. September 1932 inToronto geboren und starb ebendort am 4.Oktober 1982. Dass die ohnehin erkleckli-che Anzahl an Büchern über den Musikerund seine Interpretationen in diesem Ge-denkjahr noch einmal vergrößert würde,

bensweg chronologisch vor: Das Wunder-kind 1932—1947, Nationalheiligtum/Derjunge Profi 1947—1954,Varietékünstler/Auf Tournee 1955—1964,Der Renaissance-Mensch/Eine höhere Beru-fung 1964—1975, Ein Portrait des Künst-lers, Der letzte Puritaner/Übergangsphase1975—1982. Dass er bei seinem RundgangNeues entdecken konnte, war kaum zu ver-muten – zu viele Autoren vor ihm haben

Exzentriker – Genie –

Hypochonder

Glenn Gould (1932—1982)Von Markus Grohen

zerte und 1947, mit fünfzehn Jahren, be-gann er seine Karriere als professionellerPianist … „Als ich dann sozusagen Profiwurde, legte ich alles Kindliche endgültigab“. Eigene Vorlieben, was das Repertoireangeht, entwickelte er in der nächsten Zeitund er vertrat diese Vorlieben auch vehe-ment. Er begann konventionell mit Scarlat-ti, Czerny, Mendelssohn, Chopin und Liszt– das waren die Komponisten seiner erstenbezahlten Konzerte nach 1947. Wenige Jah-re später kam Musik von Johann SebastianBach hinzu, für deren Interpretationen erschließlich berühmt wurde, aber auch Gib-bons und Sweelinck. Und die Komponistender Zweiten Wiener Schule: „Man bringtGould meistens mit Bach in Verbindung,doch waren es die Musik und die Gedan-kenwelt von Schönberg und seiner Schule –vor allem die Zwölftontechnik –, die wäh-rend seiner prägenden Jahre den entschei-denden Einfluss auf seine Sicht der Musikhatten […] die Leidenschaft für Vernunftund Ordnung, für Sparsamkeit und Einheit-lichkeit in dieser Musik musste einem Puri-taner wie Gould einfach gefallen.“ (S. 80)Bei Musik von Verdi und Puccini fühle ersich „äußerst unbehaglich“ (77), hat er ge-sagt, aber auch, dass seine Lieblingsoper„Hänsel und Gretel“ von Engelbert Hum-perdinck war. Artur Schnabel verehrte er,den intellektuellen Pianisten, der es als sei-ne Aufgabe sah: „großer Musik zu dienenund sich nicht zur Schau zu stellen und Pu-blikum einzuschmeicheln; Applaus sei dieQuittung, nicht die Rechnung“, sagte ereinmal. (S. 85) Und doch warfen Gould sei-ne ersten professionellen Kritiker „roman-tische Exzesse“ vor, „zu viel Pedal und zuviel Legato“. Portamenti, die eigentlich aufdem Klavier nicht möglich sind, wurdenvon „romantischen“ Pianisten durch eineleichte Vorwegnahme der linken Hand si-muliert – das tat Paderewski und, wie Kri-tiken zu entnehmen ist, auch Glenn Gould.„In vielen seiner Konzerte als Profi, beson-ders den frühen, kritisierte man ihn wegendes übertrieben exaltierten romantischernSpiels, und tatsächlich hört man davon aufseinen späten Einspielungen mehr, als sei-ne erklärten Worte in der Angelegenheitglauben machen wollen.“ (Bazzana)Und dann seine exzentrischen Eigenarten:„Es war ein heißer Junitag, aber Gould er-schien mit Mantel, Mütze, Schal und Hand-schuhen. Seine »Ausrüstung« bestand ausder üblichen Notenmappe, außerdem hatteer einen Stapel Handtücher dabei, zweigroße Flaschen Mineralwasser; fünf kleineFläschchen mit Tabletten (alle in verschie-denen Farben und mit verschiedenen Ein-nahmevorschriften) und seinen eigenen,ganz besonderen Klavierhocker.Die Handtücher wurden, wie sich heraus-stellte, in großen Mengen benötigt, weil

war vorauszusehen. Auch, dass neue CD-Sammlungen erscheinen würden. Drei inte-ressante Neuerscheinungen sollen hierexemplarisch gewürdigt werden – einBuch, eine Einzel-CD und eine CD-Edition.

Kevin Bazzana, Glenn Gould – die Biogra-

phie, Mainz 2006, Schott, BSS 52169 (ent-

halten ist eine Audio-CD mit Kompositio-

nen Glenn Goulds und einem Vortrag des

Künstlers über Johann Sebastian Bach),

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Glenn Gould: the young maverick / le jeu-

ne original, Werke von Bach, Beethoven,

Schönberg, Berg und Webern, Aufnahmen

aus den Jahren 1951—1955, PSCD2030-6, 6

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www.naxos.de)

Bach, Goldberg Variations BWV 988, Par-

tita Nr. 5 BWV 829, Glenn Gould, Piano,

Aufnahmen von 1954—1955, NAXOS-Histo-

rical (www.naxos.de) 8.111247, 2007

Kevin Bazzana ist Herausgeber einer Zeit-schrift namens Glenn Gould, die, wie kannes anders sein, in Toronto herauskommt(www.glenngould.ca). Seit etlichen Jahrenbefasst er sich mit dem Ausnahme-Pianis-ten, ein weiteres Buch zum Thema hat ervor der Biographie veröffentlicht: GlennGould. Oder die Kunst der Interpretation,Stuttgart, 2002. Hier nun aber sein OpusMaximum, für das er zehn Jahre recher-chiert hat, viele Menschen befragt und vie-le Quellen konsultiert.Im Wesentlichen geht Kevin Bazzana inseiner Beschreibung von Glenn Goulds Le-

sich mit dem Künstler befasst. Aber dieSchlüsse, die er aus seinen Beobachtungengezogen hat, weichen zum Teil wesentlichvon dem ab, was wir über Glenn Gould zudenken gelernt haben.Zum Beispiel des Künstlers Aussage ab Mit-te der fünfziger Jahre, er sei im Wesentli-chen Autodidakt, was das Klavierspiel an-gehe – Antonio Alberto García Guerrerohieß der Lehrer, der ihn geprägt hat, dernicht nur seine makellose Spieltechnik be-gründet, sondern ihn auch mit der Musikvon Bach, Schönberg und Anton Webernbekannt gemacht hat. Das war auch bisherunbestritten. Im Gegenteil, man hörte so-gar die Behauptung, Gould sei ein KlonGuerreros gewesen – das Mitsummen vonMelodien hat er ihm nachgemacht undauch die skurrile Sitzhaltung, für die er be-kannt geworden ist, hat vor ihm Geurrerobenutzt. Bazzana meint: „Gould fehltenGuerreros Großzügigkeit und sein All-roundtalent als Musiker. Gould übernahmeiniges von Guerreros Repertoire, von sei-ner Art zu spielen und von seinen Prämis-sen, allerdings im Laufe der Zeit immer se-lektiver: er eignete sich eine engere, zen-triertere, verbissen aufrecht erhaltene Äs-thetik an und lehnte viel von dem ab, wasGuerrero liebte. Guerrero missfielen GouldsManierismen am Klavier und Gould wolltenichts davon wissen, wenn Guerrero daraufbeharrte, dass die Vorschriften des Kompo-nisten in der Partitur zu respektierenseien.“ (S. 65)Mit zwölf Jahren bestand Glenn Gould dieKlavierprüfung am Konservatorium in To-ronto „mit den besten Zensuren, die je einPrüfling erzielte“, spielte die ersten Kon-

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Glenn Hände und Arme zwanzig Minutenlang in heißes Wasser tauchte, eher er sichans Klavier setzte, eine Prozedur, dieschnell zum geselligen Gruppenritual wur-de; alle saßen zusammen, unterhieltensich, machten Witze, diskutierten über Mu-sik, Literatur und so weiter, während dasTauchbad weiterging.Das Mineralwasser war nötig, weil Glenndas New Yorker Leitungswasser nicht aus-stehen kann“.Gut, das New Yorker Wasser ist nicht wirk-lich empfehlenswert … aber die anderen Ei-genarten? Die Schilderung, die Kevin Baz-zana hier zitiert hat und die er „die Bibel-version der Gould-Legende“ nennt, stam-men aus einer Pressemitteilung, die Colum-bia-Records nach der Aufnahme der Gold-berg-Variationen herausgegeben hat, umzu beweisen, dass nicht nur ein Weltklasse-musiker sondern auch ein Weltklasseex-zentriker am Start war. So verkaufte manGould … und vieles, was in der Pressemit-teilung stand, stimmte! Der Deal zwischenColumbia-Records und dem Musiker wurdeam Tag nach seinem New Yorker Debut (11.Januar 1955) vorgeschlagen und der Ver-trag im Februar des gleichen Jahres unter-zeichnet. Gould konnte aufnehmen, was erwollte, man machte Vorschläge … blockier-te aber keine Projekte, die der Künstler sichausgesucht hatte. Die erste Schallplatte, dieGlenn Gould vorschlug, sollte die „Gold-berg-Variationen“ von Johann SebastianBach enthalten. „Das Zögern der Plattenfir-ma ist verständlich: Es handelt sich um einmonumentales, nur Eingeweihten zugäng-liches Werk, das er in der Öffentlichkeit nureinige wenige Male gespielt hatte, zudemein Stück für Cembalo und kaum eine dertragenden Säulen des Klavierrepertoiresoder des Plattenschranks“ (Bazzana). „Sei-ne Studiotermine an vier Tagen im Juniwurden ein Medienereignis. »Es geht etwasvor im Aufnahmestudio in der 30thStreet«, schwärmte die Publizistin Debo-rah Ishlon. »Wir haben da diesen Spinner,aber jeder redet davon, wie absolut fantas-tisch er ist.« … »Er verstand eine Mengevon Markting … und er vermarktete sichselbst auf perfekte Weise.«“ (Norman Le-brecht, Ausgespielt – Aufstieg und Fall derKlassikindustrie, Mainz 2007, S. 71-72).Die Zeit der großen Konzerttouneen schlosssich an. Gould genoss seinen Erfolg, be-gann aber das Reisen, den Aufenthalt inimmer wieder anderen Hotels und das Spielmit immer wieder anderen Orchestern undDirigenten zu hassen. „Pianist zu seinmacht mir keinen Spaß“ sagte er 1955, alsseine Karriere gerade einmal begonnen hat-te. Und er kränkelte immer häufiger. Kon-zerte und ganze Tourneen wurden sehrkurzfristig abgesagt … Glenn war ein„hochgradiger Hypochonder“. Oder hat er

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seine Wehwehchen vorgeschoben, weil erpartout keine Lust hatte, über Monate voneinem Konzertsaal zum anderen zu fahren.Sein unwiderruflich letztes Konzert fandam 17. April 1964 in Minneapolis statt. Aufdem Programm stand das c-Moll-Konzertvon Wolfgang Amadeus Mozart … falsch!Das wäre Glenn Goulds letztes Konzert ge-wesen, aber er sagte es ab! Glenn Gouldsunwiderruflich letztes Konzert fand am 10.April 1964 in Los Angeles statt. Auf demProgramm standen vier Fugen aus der„Kunst der Fuge“, Bachs Partita 4 D-Dur,Beethoven Sonate op. 109 und Hindemithsdritte Sonate. Der Künstler war 32 Jahrealt: „Die letzte Hälfte meines Lebens hätteich nun wirklich gerne für mich.“„Gould hat in seinem ganzen Leben nichteinmal dreihundert Konzerte gegeben – soviele Auftritte absolvierten Van Cliburnund Swjatoslaw Richter in nur drei Jahren– und noch nicht einmal vierzig Auftritteim europäischen Ausland.“ Davon zu re-den, Gould sei körperlich „verbraucht“ ge-wesen, hätte also niemand geglaubt. Undseine Animositäten und Mätzchen … einTeil des Publikums hatte begonnen, seineEskapaden nicht mehr wohlwollend lä-chelnd zu quittieren. Überhaupt haben sichan Glenn Gould während seiner ganzenKarriere die Meinungen polarisiert, und dastun sie heute noch. Entweder hielt man ihnfür ein Genie – oder für einen spinnertenScharlatan. Gould zog sich zurück vom öffentlichenKonzertieren und hielt 1964 auch seinenletzten Vortrag: „Musik in derSowjetunion“. Das war das Ende seines Le-bens als öffentliche Person, aber er widme-te sich mit aller Energie der Arbeit im Stu-dio: „Als Musiker, der Platten einspielte,sah Gould seine Aufgabe darin, mehr zu

tun als nur »ein Stück zu spielen«. Für ihnwar das Spielen ein Diskurs mit dem Werk,eine Chance, es zu analysieren und etwasüber seine Form, sein Genre, seinen Kom-ponisten auszusagen.“ Und er wusste, dasser, um sich von zahllosen Einspielungen,die schon vorhanden waren, abzusetzen,grundsätzlich anders an die Musik herange-hen musste. „Und er bediente sich derÜbertreibung, der Ironie, des Scherzes, derÜberraschung, der Schwülstigkeit – kurzaller Mittel, die eventuell neues Licht aufvertraute Werke werfen konnten.“Kevin Bazzana hat Glenn Goulds Leben undSeelenleben studiert wie bisher wohl keinanderer. Seine Biographie ist viel mehr alsdie Schilderung eines Lebensweges, sie istder Versuch einer Psychoanalyse; sie istauch die Betrachtung von Glenn Goulds Le-bensweg aus der Perspektive seiner Zeitge-nossen, Freunde und Kritiker; sie ist dieEinschätzung und Würdigung seines Le-benswerks und: Sie ist ein Bekenntnis ganzprivater, beinahe intimer Art, und zwardas Bekenntnis der Achtung und … ja, Be-wunderung für diesen skurrilen, exzentri-schen, berechenbar unberechenbaren undgenialen Musiker!Das umfangreiche Buch (über 400 Seiten)hat, vor allem in den Kapiteln über die Zeitnach 1964, Längen, aber das war eigentlichzu erwarten. So konsequent hat sich GlennGould aus dem öffentlichen Leben zurück-gezogen, dass für seine Biographen kaumnoch verwertbare Informationen übrig ge-blieben sind. Was bleibt ist das kontempla-tive Beschreiben, Paraphrasieren und Be-werten von Goulds Leistungen … und dasverleitet zum Ausschweifen.P

Etliche CD-Sammlungen sind im Gould-Jahr2007 auf den Markt gekommen – eine da-von mit 80 CDs und dem gesamten Œuvredes Pianisten (Die Zeit) für knapp zweihun-dert Euro. Die hier vorliegende ist eine Be-sonderheit, weil sie Aufnahmen enthält,die Gould zwischen 1951 und 1955 für diekanadische Rundfunkanstalt CBC (Canadian

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Broadcasting Corporation) gemacht hat,also bevor er im Jahr 1955 den Vertrag mitseiner lebenslangen Schallplattengesell-schaft Columbia Records unterschriebenhatte. Mehr noch: Alle Aufnahmen auf die-sen sechs CDs sind Live-Aufnahmen ohnejegliche Reparaturen und Schnitte – dasunterscheidet sie wesentlich von den spä-teren kommerziellen Aufnahmen.Die Sammlung beginnt mit der ältestenAufnahme der „Goldberg-Variationen“ vonGlenn Gould. Bekannt sind uns die legendä-re Aufnahme von 1955 (10. und 12—14. Ju-ni 1955), von der gleich auch noch die Redesein wird, und die spätere (auch bei Colum-bia-Records) von 1981. Hier nun seine (al-ler)erste Aufnahme, entstanden am 21. Juni1954 – der Musiker war gerade einmal 21Jahre alt.Die CRC-Einspielung entstand ziemlich ge-nau ein Jahr vor der ersten Columbia-Versi-on – es ist also nicht weiter erstaunlich,dass die beiden Versionen nicht grundsätz-lich voneinander abweichen … obwohl …die Tempi sind in der älteren Einspielungdurchgehend verhaltener, ruhiger, schon inder „Aria“, also nicht nur in den auf Vir-tuosität angelegten Variationen, die derPianist in der späteren „kommerziellen“Version oft „auf die Spitze treibt“. „AlsGould […] die beiden [Columbia-] Einspie-lungen der Goldberg-Variationen miteinan-der verglich, räumte er ein, er finde dieVersion aus dem Jahr 1955 zu pianistisch,was für ihn ein Schimpfwort war […] Undeinen großen Teil der Aufnahme fand er»einfach zu schnell, um angenehm zusein«“. [Bazzana S. 367].Ansonsten finden wir in der CRC-Samm-lung neben zwei CDs Bach drei Beethoven-CDs (auch aus den Jahren 1952-1954) mitdessen ersten drei Konzerten für Klavierund Orchester, dem Klaviertrio op. 70 Nr. 1(„Geistertrio“) zusammen mit AlexanderSchneider und Zara Nelsova ýýý, einigen frü-heren Klaviersonaten, den Bagatellen op.126, den „Eroica-Variationen“ op. 35 undden Variati0nen op. 34.Am Schluss dann (CD 6) einige von GlennGoulds großen musikalischen Favoriten:Werke der „Zweiten Wiener Schule“, alsletztes Anton Weberns Variationen op. 27.Gerade einmal viereinhalb Minuten lang,der zweite Satz 32 Sekunden, ist diese Mu-sik der Inbegriff von Abstraktion, Kom-pression und Reduktion – die kürzeste undeine absolut kompromisslose Art, etwasmusikalisch auszudrücken und vielleichtzusammengefasst, was Glenn über Musikgedacht und gefühlt hat. Die große Emoti-on, in romantischer Klaviermusik zum Bei-spiel, hat ihn nie interessiert und er hatauch nie Musik gespielt, die aus diesem ge-fühlsmäßigen Umfeld stammt. Seine Musikwar „Musik, die er auch für moralisch erhe-

DieBach-Gesamtausgabefür GitarreSämtliche Lautenwerke vonJohann Sebastian Bach für Gitarreeingerichtet von Ansgar Krause

Ansgar Krause hat in den letzten Jahren alleLautenwerke Bachs kompetent für sein In-strument eingerichtet und dabei vielfachneue Wege beschritten, nicht zuletzt in derWahl der Tonarten. Die Bearbeitungen Krau-ses klingen überzeugend und unverbraucht – sie sind im Konzert erprobt und auf CDdokumentiert. Durch die Erwähnung derAbweichungen vom Lauten-Original liegentextkritische Editionen vor.

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In seinem Vorwort begründet Krause dieWahl der Tonart g-moll, mit der sich seineVersion von den gängigen a-moll-Einrich-tungen unterscheidet. Die Bearbeitungnähert sich so Bachs Violoncello-Satz, der derLautenfassung eigentlich zu Grunde liegt.

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Krause lehnt bei BWV 997 den üblichen Titel„Suite“ als stilistisch und das gängige a-mollals satztechnisch problematisch ab, lässt dasüberzeugendere h-moll greifen bzw. (mitKapodaster) das originale c-moll erklingen.

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bend hielt, weil sie rational, abstrakt undintrospektiv war und zu ruhiger Betrach-tung und Muße anhielt“ [Bazzana S. 77].Die CD-Sammlung der CBC ist mehr als ei-ne Zusammenstellung musikalischer Doku-mente, mehr als eine Art Album, in demman blättert um zu sehen und zu hören,wie der junge Glenn denn als Teenager ge-spielt und musikalisch gedacht hat. Sieenthält klare Statements, von denen er seinganzes Leben lang nicht abgewichen ist.

Der Klassiker, wenn es um Glenn Gouldgeht, ist die 1955er Einspielung der „Gold-berg-Variationen“ von Johann SebastianBach, und die hat NAXOS in digitalisierterForm im Gould-Jahr neu herausgebracht.Die Klangqualität ist deutlich besser als dieder CRC-Aufnahmen. Kristallklar wie GlennGoulds Spiel!Über eine CD sind jetzt noch ein paar Wor-te fällig, die CD nämlich die Kevin Bazza-nas Buch beiliegt. Vestard Shimkus spieltKlavierkompositionen von Glenn Gould,darunter seine Bearbeitung des Siegfried-Idylls von Wagner und am Schluss auchGoulds Vortrag über Johann SebastianBach, von dem im Buch die Rede ist. Glenn Gould war ein genialer Pianist … alsKomponist aber Autodidakt. Was seine Kla-vierstücke angeht, lehnte er sich an Werkeseiner meistgeschätzten Vorbilder – aberohne letzte Konsequenz und schließlichauch ohne zündende eigene Kreativität.Sein Streichquartett, das er im Jahr 1955fertigstellte, trug kühn die eigene Nume-rierung op. 1 … ein opus 2 ist nie fertigge-stellt worden. Von etlichen Plänen und Pro-jekten war die Rede, Skizzen sind bekannt„manchmal auf Briefpapier von Hotels oderLuftfahrtgesellschaften“ aber keine ferti-gen (nicht einmal halbfertige) Stücke. DieCD in Bazzanas Buch belegt das.

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38 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6

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Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6 39

Beinamen „The Tempest“ trägt, aber dasnur nebenbei, stört mich, auch wenn imBooklet wortreich vom „HeiligenstädterTestament“ und von [Anton Felix] Schind-ler (1795—1864) die Rede ist, auf den dieBenennung „Sturm“ zurückgeht. Schindlerwar Beethovens Faktotum der späten Jahreund einer seiner ersten Biographen … under soll nach des Meisters Tod 1827 hie unddort an dessen Vermächtnis gefeilt undDinge gefälscht haben … aber „The Tem-pest“? Was hätte man geschrieben, wennop. 27/2 auf der CD zu hören wär’? Na ja!Wolff & Göritz! Gleich mit den ersten Tö-nen der CD wird übermittelt, dass die bei-den Dres. es ernst meinen. Das ist eineAnnäherung an Beethoven und keine gitar-ristische Nabelschau, wie man sie oft beiausgefallenen Transkriptionen aufgetischtbekommt. Hier ist das, was in der (origina-len) Partitur steht, bis hin zu Verzierungs-anweisungen und Details der Dynamikberücksichtigt worden – das ist man alsreproduzierender Musiker dem jeweiligenKomponisten und den Zuhörern schließlichschuldig! Und wenn das aus Gründen derSpieltechnik nicht geht, ist das Werk ebenfür eine Transkription nicht geeignet!Mehr noch: Die beiden Musiker haben auchnoch vitale und berührende Musik ge-macht … in zwei hinreißend schön präsen-tierten Walzern von Frédéric Chopin (op.64/2 und op. 18) zum Beispiel. In beidenhören wir ihren tänzerischen Hintergrundund daneben tiefe Melancholie (op. 64) aufder einen und sprühende Lebenslust aufder anderen (op. 18) Seite.Schuberts „Moments Musicaux“ D780 –auch hier haben die Gitarristen sehr be-kannte Klavierwerke für Ihre Transkriptio-nen ausgewählt! – sind ausgewogene, insich geschlossene Charakterstücke, bei de-nen eher der romantisch auslotende als derauf Virtuosität erpichte Interpret gefragtist, auch wenn die Nummer III (AllegrettoModerato), die gern in Transkription dar-geboten wird, einen anderen Eindruck na-helegt. Aber auch hier kommen Wolff undGöritz meinen Vorstellungen sehr nah’ …wenngleich ich mit ihrer Tempowahl nichtganz übereinstimme!Grundsätzlich andere Wege zu ihrem Pu-blikum haben Dirks & Wirtz gesucht. BeideMusiker haben bei Thomas Fellow studiert.Dort haben sie sich kennen gelernt. Ken-nen Sie nicht? Thomas Fellow ist „Profes-sor für Gitarre/Worldmusic“ in Dresden.Und das hört man auf dieser CD:

Dirks und Wirtz [dirks-und-wirtz.com]:

Danza non Danza

Werke von Piazzolla, Dirks, Colombo, To-

wner, Sting, Charlie Parker und anderen

Aufgenommen im November 2006 und Mai

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Über Beethoven, Chopin und Schubertmuss man nicht viele Worte verlieren –auch hier in einer Zeitschrift nicht, die sichhauptsächlich an Gitarristen und Lauteni-sten wendet. Weniger werden Sie über diebeiden Daniels wissen, die sich hier alsDuo vorstellen: Wolff und Göritz. Undglauben Sie nicht, es wäre so einfach, et-was über sie in Erfahrung zu bringen! ZweiURL liefert das Booklet, von denen eine(noch) nicht funktioniert (Göritz) und dieandere reichlich Informationen liefert undzwar solche, die man partout nicht erwar-tet hätte. Daniel Wolff ist nämlich keines-wegs Deutscher, Schweizer oder Österrei-cher, er ist Brasilianer und dort, in PortoAllegre, um genau zu sein, lebt und arbei-tet er auch. Wolff und Göritz haben sich inNew York kennengelernt, wo beide bei Ma-nuel Barrueco die höheren gitarristischenWeihen erhalten und schließlich auch indieser Disziplin promoviert haben … ja,das geht in der Neuen Welt, man nenntden Titel „Doctor of Musical Arts“.Aber warum, werden Sie fragen, befasseich mich mit den Biographien der beidenAkteure, wo es doch eigentlich um die Mu-sik geht, die sie anbieten. Richtig! WertenSie das als Zeichen dafür, dass mich dieMusik der vorliegenden Platte angerührthat:

Daniel Wolff & Daniel Göritz, guitar

duo

New Transcriptions for 2 guitars

Werke von Beethoven, Chopin, Schubert

Aufgenommen (Beethoven) 1998 und im

März 2002, erschienen 2007

Kreuzberg-Records (bei AMA, Brühl)

10099

… Aber auch hier kommen Wolff und

Göritz meinen Vorstellungen sehr nah’!

PPPPP

Dass Ludwig van Beethovens Sonate op.31/2 hier auf der Plattenhülle (nur) den

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40 Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6

2007

classic concert records (in Deutschland

bei SunnyMoon [sunny-moon.com], Köln)

CCR62034

… herzerfrischend …

PPPPP

Auch, wenn Sie mich jetzt steinigen …das, was Dirks und Wirtz auf dieser CDspielen, möchte jeder Klassik-Gitarristkönnen und nur sehr wenige können’sdann auch. Die beiden jazzen und swingenso herzerfrischend vital und scheinbar im-provisierend, dass es eine Freude ist. Zwi-schendurch findet man sich im Flamencowieder oder auch im Tango Nuevo wiegleich am Anfang mit einem „Prologue“von Astor Piazzolla. Zwischendurch„Eleanor Rigby“ von John Lennon und PaulMcCartney, alles harmonisch verfremdet,dramatisiert und, tja, spannend! Gespieltwird auf „Klassik-Gitarren“ und eine klas-sische Ausbildung haben die beiden Musi-ker auch genossen. „Klassisch“ im Sinnevon „gediegen“ und „gut“, „klassisch“ als„normativer Wertbegriff“.Reemtko Dirks und Daniel Wirtz spielenmit der Musik und sie spielen mit ihrenZuhörern, führen sie unversehens von ei-ner Sphäre in eine andere … und immer so,als zeigten sie ihre eigenen vier Wände, alswäre sie da jeweils zuhause. Mir gefällt„Noites Carioças“ von Jacob do Bandolim

(1918—1969). Da wird man nach Rio ent-führt und findet sich umgeben von Jazz-musikern, die den Chôro entdeckt haben;gleich danach kommt Stings ruhige, senti-mentale Flaschenpost („Message in a Bott-le“), die einem eine völlig andere Stim-mungswelt präsentiert; zurück nach Brasi-lien bringt Egberto Gismontis „Lôro“; da-zwischen Kompositionen der beiden Ak-teure und zum Abschluss „Billie’s Bounce“von Charlie Parker, ein abschließendes Be-kenntnis zum Jazz.„Eine Aufsehen erregende spielfreudigeMacht. Ein wundervolles Duo!“ hat RalphTowner, von dem übrigens auch eine Kom-position auf der CD enthalten ist(„Anthem“), über die beiden gesagt. Demkann man sich nur anschließen!

Giuliani: Complete works for Gutar Duo

Duo Maccari/Pugliese [mac-

caripugliese.com] on period instruments

Aufgenommen im September 2006

Brillant Classics [brillantclassics.com]

(3 CD) 93381

… Lust und Liebe zu dieser Musik …

PPPP

Gitarrenmusik des frühen 19. Jahrhun-derts, besonders solche für zwei Gitarren,das hat sich in den letzten Jahren immermehr eingebürgert, spielt man auf „periodinstruments“, auf Instrumenten der Zeitbzw. auf modernen Nachbauten solcher In-strumente, und das ist gut so! BesondersStücke des in’s Virtuose vernarrten MauroGiuliani, der eigentlich, wenn man genauist, nur sein Wiener Publikum mit seinenKunststückchen bediente, lassen sich aufden kleineren Gitarren von Guadagnini, Fa-bricatore oder Joseph Pons – solche ver-wenden Claudio Maccari und Paolo Puglie-se – leichter, eleganter und damit „aut-hentischer“ darbieten. Zugegeben, an die-ser Leichtigkeit des Spiels und an dieserfast beiläufigen Virtuosität ist die Gitarrenoch zu Giulianis Zeiten eingegangen, weildie kleinen Gitarren zu leise waren undden Erfordernissen des damals modernenKonzertlebens nicht entsprachen, aber dashat sich grundsätzlich geändert. Nichtdass die Säle, in denen Gitarre gespieltwird, heute kleiner wären, als zu GiulianisZeit, nein, aber die moderne Elektronikmacht es möglich, die Musik, gespielt auf„Biedermeier-Gitarren“, heute so laut zuhören, dass sie selbst Beethoven in seinenspäten Jahren hätte goutieren können …oder auch nicht! Eines sollten wir bei allerHochachtung für Giuliani und seine Musiknicht vergessen: Beethoven und er warendirekte Zeitgenossen am gleichen Ort abersie spielten in unterschiedlichen Ligen!Nicht weil der eine große Symphonien und

der andere für ein kleines Instrument na-mens Gitarre geschrieben hat! Mauro Giu-liani war ein geschickter „Gebrauchsmusi-ker“, der sein Instrument, die Gitarre, gutin Szene setzen konnte und dem auch einpaar gute Kompositionen geglückt sind,der aber, hätte er nicht ausgerechnet Gi-tarre gespielt und für dieses Instrumentkomponiert, heute unbekannt und verges-sen wäre. Neben den guten Stücken hat ernämlich auch im Akkord Plattitüden ge-schrieben.Und doch … wer würde leugnen, dass mandem Charme der besseren Stücke Giulianisleicht erliegt, wie es auch den Wienern vorzweihundert Jahren geschehen ist! Hierunter den Duos für zwei Gitarren zum Bei-spiel sind manche Perlen … wie eigentlichalle auf CD-1: Opernouvertüren von Rossi-ni, Bellini und Mozart und dann das „GranPot-Pourri“ op. 67, in dem Giuliani selbstdem Kollegen Beethoven huldigt, indem erden ersten Satz aus dessen siebter Sym-phonie op. 92, die „Apotheose des Tan-zes“, bei deren Uraufführung er übrigensCello im Orchester gespielt haben soll,mehr als ausgiebig zitiert. Aber auch unterden Stücken, die ganz auf Giuliani zurück-gehen: Mit welcher Treffsicherheit er dieLändler-Seligkeit seiner Wahl-Heimat auf-genommen und umgesetzt hat, zeigenopp. 16a, 55, 75, 80, 92 und 94 auf CD-2 –man hat Anton Karas förmlich vor sich,wenn man dieser schlichten, ursprüngli-chen Musik lauscht. Gut, das ist keine zu-kunftweisende, visionäre Kunst, aber dasgibt sie auch nicht vor. Wie gesagt: Giulia-ni war ein guter Gebrauchsmusiker!Maccari und Pugliese spielen mit unüber-hörbarer Lust und Liebe zu dieser Musik.Sie haben die nötige Distanz, das Roman-tische nicht in Kitsch ausufern zu lassenoder das Virtuose in Leichtathletik … aberdazu verleiten die kleinen Biedermeier-Gi-tarren auch nicht unbedingt.

Sándor Szabó & Véronique Gillet

Strings without Borders – Borders with-

out Strings

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Gitarre & Laute-ONLINE XXIX/2007 Nº 5-6 41

Aufgenommen zwischen Mai 2006 und Ju-

li 2007

Wonderland Records WR 9054

… Fabulieren und mit den Gedanken um-

herschweifen …

PPP

Stücke im eigentlichen Sinn des Worteshört man hier weniger. Stücke, die einenAnfang und ein Ende haben und die aufge-schrieben sind oder die man aufschreibenmöchte. Ich habe beim Hören den Ein-druck, einem Gespräch beizuwohnen, ei-nem Gespräch zwischen zwei Musikern, dieim Prinzip einer Meinung sind. Also: keinStreit, nicht einmal Differenzen. Und ob-wohl der eine Gesprächspartner Ungar unddie andere Belgierin ist, sprechen beide so-gar die gleiche Sprache.Ich habe mich gefragt, ob ich solchen Ge-sprächen zuhören möchte, ob es nichtvielleicht sogar indiskret ist, ihnen zu lau-schen. Es geht nur selten um Konkretes.Und Gespräche des Gespräches willen, die-ses Fabulieren und mit den Gedanken um-herschweifen, vom Hölzchen auf’sStöckchen zu kommen, das ist für einenAußenstehenden nicht wirklich fesselnd,wenn für ihn ein Gespräch eine Conclusiohaben muss, etwas, das man in einem Satzzusammenfassen könnte.Dabei sind Motto und Titelfoto dieser CDso konkret: Da sieht man eine Grenze mitverrostendem Stacheldraht, eine Grenze,die keine ist. Und man sieht weit in’s Land.Das ist die Idee! Zwei Musiker spielen sichBälle zu, balancieren mit ihnen, lassen siekreisen und springen. Ohne Ziel und ohneGewinner oder Verlierer … ohne Grenzen.

Sylvius Leopold Weiss – Johann Sebasti-

an Bach

Gitarrenduos des Barock

Niehusmann Gitarren Duo

[niehusmann.com]

Aufgenommen im Juli und Oktober 2006,

erschienen 2008

NAXOS [naxos.de] 8.551264

… Protokoll eines sehr interessanten

Versuchs …

PPP

Johann Sebastians Bachs Suite A-Dur fürVioline und Klavier hat viele Jahre Wissen-schaftlern und Musikern Rätsel aufgege-ben. Schon Wolfgang Schmieder schrieb1950 in seinem „Thematisch-Systemati-schen Verzeichnis der Musikalischen Werkevon Johann Sebastian Bach“ (BWV) „Echt-heit angezweifelt“, als es um dieses Werkging. Die Zweifel waren berechtigt, darü-ber besteht heute Gewissheit: Der Cemba-lopart ist von Silvius Leopold Weiss undBach hat die Violinstimme dazukompo-

niert, wie dessen Sohn Carl Philipp Ema-nuel schon durch den Eintrag „Trio fürsobligate Clavier und eine Violine von J. S.Bach“ auf der Handschrift angedeutet hat-te.Dies ist das eine Werk dieser CD. Das an-dere ist eine Suite, über deren Urheber-schaft es nie einen Zweifel gegeben hat.Sie steht in Tabulatur in der monumenta-len Handschrift Add. 30 387 der British Li-brary in London, bekannt als das „Londo-ner Weiss-Manuskript“, einer der wichtig-sten Quellen für die Musik dieses Kompo-nisten. Zu dieser Suite hat nicht JohannSebastian Bach sondern Volker Niehus-mann eine Stimme hinzukomponiert.Die Frage, ob die Weiss-Suiten durch dasHinzukomponieren zweiter Stimmen ge-wonnen haben, oder ob es sich nur umLaunen handelt, die aus Liebe zum Spielund zum improvisatorischen Umspielenentstanden sind, verbietet sich alleindurch die Tatsache, dass in einem Fall dergroße Johann Sebastian Bach an demkompositorischen Prozess beteiligt gewe-sen ist. Und doch ist sie erlaubt, hat dochBach ein Streichinstrument hinzukompo-niert und nicht ein weiteres Zupfinstru-ment mit einem punktuellen Ton. DasKombinieren zweier solcher Instrumenteist ein Problem – das weiß jeder, der sicheinmal in einem Gitarrenduo oder gar ei-nem Zupforchester versucht hat. In derWeiss/Bach-Suite hat das Niehusmann-Duo dabei auf einer Seite eine Oktavgitar-re eingesetzt und das erweist sich als sehrgeschickte Besetzungsalternative, denn sowird das Klangspektrum weiter und vor al-lem füllt die hinzugekommene, umspie-lende Gitarre auf diese Art die klanglicheRolle der Violine als „Kommentar vonaußen“ besser aus. Sie ist Teil des musika-lischen Geschehens und doch unverkenn-bar etwas Eigenes und hinzukomponiert.Bei der Suite für zwei gleiche Gitarren ver-mischt sich der Klang, man kann das einenicht vom anderen trennen.Bei aller Faszination, welche der Versuch

der Weiss/Niehusmann-Suite auf michausübt – ich muss gestehen, dass ichnicht mit allem und überall glücklich odereinverstanden bin. Parallele Stimmführun-gen wie zum Beispiel gleich zu Beginn desPréludes, sind überflüssige Beigaben, da-gegen gefällt mir das Perpetuum Mobileals Impulsgeber in der Courante. Mankann über vieles disputieren und auchstreiten, aber insgesamt ist mit dieser CDdas Protokoll eines interessanten undästhetisch befriedigenden Versuchs vorge-legt worden, der, so spekulativ er auchsein mag, sehr wohl mit den Forschungenzum Thema Aufführungspraxis überein-stimmt … wie das Beispiel Johann Seba-stians Bachs belegt.

Silvius Leopold Weiss

Concerto fort wo Lutes, Suites

Bernhard Hofstötter, Dolores Costoyas,

Lauten

Aufgenommen im Juli 2006, erschienen

2007

ATMA Classique [in Deutschland bei Mu-

sikWelt, Münster] ACD 2 2538

… ein perfecter Musicus …

PPPP

Nicht nur bedienen sich die Musiker dieserCD zweier (13-chöriger Barock-) Lauten,sie bemühen sich auch um das, was manals „Authentizität“ bezeichnet. DiesesStreben nach „Echtheit“ ist, das beweistauch diese CD wieder einmal, keineswegsmit einem Verlust an sinnlichem Vergnü-gen verbunden, wie man es immer nochhie und dort hört, und wie es auch Ador-no seinerzeit gebuht hat.Bernhard Hofstötter und Dolores Costoyasspielen Kompositionen aus den vor einpaar Jahren auf Schloss Rohrau in Nie-derösterreich entdeckten Tabulatur-Hand-schriften. Die Entdeckung dieser Manus-kripte aus dem Besitz der gräflichen Fami-lie Harrach schloss ein paar schmerzlicheLücken, was die Überlieferung der Werke

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vold und Martin Haug. Vorher war er sogut wie vergessen. Es ist also durchaus po-sitiv zu sehen, dass ein junges, aufstre-bendes Duo seine erste CD ganz diesemKomponisten widmet. Und dass es immerunterschiedliche Methoden gibt, sich ei-nem musikalischen Kunstwerk zu nähernund es für sich zu gewinnen, muss ichnicht erläutern. Da gibt es die Analytiker,die ein Stück erst sezieren und dann spie-len; da gibt es die „Vollblutmusiker“, diedas Stück schon beim Studium der Partiturhören und es dann prima vista spielen;und es gibt die Kopisten, die ein Stück erstvon Kollegen gehört haben müssen, bevorsie selbst wagen, es einzustudieren. Zudieser letzteren Gruppe sollen auch einigeGitarristen gehören, heißt es.Matteo Mela und Lorenzo Micheli gehörennicht zu denen, die auf Gitarren der Zeitvorsichtig und auf Authentizität bedachtspielen. Sie geben Gas und kosten die Vir-tuositäten dieser Musik auf ihren Bolidendes modernen Instrumentenbaus aus; sielassen singen und klingen und habendurchaus ihre eigenen interpretatorischenMarotten, die nicht mehr bei Segovia ab-geguckt sind; in jugendlicher Prahlerei ge-hen sie Sätze, über denen „Poco vivace“steht in überhöhter Geschwindigkeit anum zu beweisen, dass sie unterwegs nichtaus der Kurve getragen werden … und siekommen ohne Blessuren ans Ziel, klang-schön und nicht hinter Atem! Diese Artdes Spiels ist nicht jedermanns Sache, fin-det aber in der Gitarrenwelt viele Bewun-derer. Mir gefällt’s nicht, das bedarf wahr-scheinlich kaum einer Erwähnung! Gibt esübrigens Dopingkontrollen bei Gitarristen?

Suite Latino: Latin American Music for

two Guitars

duo guitardando [guitardando.de]

Werke von Piazzolla, Morel und Gnátta-

li

Aufgenommen und erschienen 2006

Animato, Tonstudio Bauer (in Deutsch-

land bei SunnyMoon [sunny-moon.com],

Köln), ACD 6092

… hinreißend schön eingefangen …

PPP

Kein anderes Werk des Repertoires für zweiGitarren ist so unmittelbar und untrennbarverbunden mit den Namen ihrer ersten In-terpreten wie die „Tango-Suite“ von AstorPiazzolla mit dem Namen der Brüder As-sad. Für sie ist die Suite geschrieben, siehaben die Uraufführung gespielt und dieerste Einspielung auf Schallplatte. Und siewaren lange die Einzigen, die mit demStück auftraten. Seit einigen Jahren abergehört die „Tango-Suite“ zum Standard-Repertoire professioneller Gitarrenduosund solcher, die sich dafür halten. Aber im-mer noch misst man Interpretationen andenen von Sérgio und Odair Assad. „Besserals von den Assdas“ liest und hört man da… aber meistens das Gegenteil.Was haben Sérgio und Odair denn so ein-zigartig gemacht mit der Musik von Piaz-zolla, dass sie für so lange Zeit Maßstabgeblieben sind? Die erste Plattenaufnahmeist 1984 entstanden und sie ging durch dieGitarrenwelt wie eine Art Revolution. Alleswar anders! Nicht nur spielten die Brüdertechnisch und vom Tempo her alles an dieWand, was man vorher gehört hatte, sietaten das auch noch vollkommen syn-chron, und das ohne an einem Metronomzu kleben. Der musikalische Pulsschwamm, bewegte sich … und zwar syn-chron. Auf meine Frage, ob man Brüdersein müsse, um so Gitarre spielen zu kön-nen, antwortete mir Sérgio: „Man mussnicht … aber es hilft!“. Und er erzähltemir, dass er mitunter mit seinem BruderRücken an Rücken übe oder spiele und sietrotzdem noch synchron wären. Nicht nurrhythmisch und metrisch synchron –auchmusikalisch!Man begibt sich also freiwillig in den Ringmit den Assdads, wenn man die „Tango-Suite“ aufnimmt. Martin Hegel und FabianSpindler, so heißen die Musiker des DuoGuitardando mit bürgerlichen Namen, wa-

von Silvius Leopold Weiss angeht. Sie ent-halten nicht nur Konkordanzen zu ohnehinbekanten und nachgewiesenen Stücken,sondern unbekannte Werke und zum erstenMal vollständige Kammermusikwerke. Esist bekanntlich so, dass von sämtlichenbisher bekannten Lautenduetten von Weissnur eine Stimme nachgewiesen werdenkonnte … ich erinnere in diesem Zusam-menhang an die CD „Silvius LeopoldWeiss: Sonate per 2 Liuti“ von Robert Bar-to und Karl-Ernst Schröder, die 1989 her-ausgekommen ist und hier in AusgabeXXI/1999/Nr. 5, S. 47-48 besprochen wur-de (SMPHONIA SY 98159). Für diese CDhat Robert Barto jeweils eine Stimme derDuette „komplettiert“, das heißt, er hatdie fehlenden Stimmen rekonstruiert bisdazukomponiert. Jetzt muss abgewartetwerden, welche Duette durch die Ent-deckung der Rohrauer Handschriften (wie-der) vollständig vorliegen.Die CD von Dolores Costayas und BernhardHofstötter ist mehr als die akustische Do-kumentation einer in Fachkreisen als sen-sationell gewerteten wissenschaftlichenEntdeckung! Sie belegt erneut, warum Jo-han Mattheson, der die Laute am liebstenin den Orkus der Musikgeschichte ver-bannt hätte, Silvius Leopold Weiss nichtohne lobende Bemerkung übergehen konn-te. „Nebst einem / qui a son Logis à l’Aig-le, sagt man von einem Weisen Lauteni-sten / daß er ein perfecter Musicus sey.“Freilich aber musste er seine wohlwollen-den Worte einschränken: „Nicht destowe-niger aber wird man solche Virtù nicht sowol dem / an sich mangelhafften / Instru-ment, als dem grossen Fleiß / dem Juge-ment und der Fertigkeit derjenigen Perso-nen zuschreiben müssen / die so was ex-traordinaires darauff hervorbringen. Dennwäre das Instrument vollenkommen /welch Wunder / daß man vollenkommeneSachen darauf spielte? nun es aber man-gelhafft / wird eine solche Capacité hochgehalten.“ („Das Neu=Eröffnete Orchest-re“, Hamburg 1713, S. 278-279)

Antoine de L’Hoyer: Duos Concertants

Matteo Mely and Lorenzo Micheli, Gui-

tars

Aufgenommen m Januar 2005, erschienen

2007

NAXOS [Naxos.de] 8.570146

… Dopingkontrollen bei Gitarristen?

PP

Dass Antoine de L’Hoyer seit einigen Jah-ren wieder gespielt wird, verdankt erhauptsächlich einigen Wissenschaftlern, al-len voran wieder einmal Matanya Ophee,und ein paar auf Wiederentdeckungen spe-zialisierten Gitarristen wie Erik Stenstad-

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ren sich dessen bewusst, das steht außerZweifel! Sie sind kein Fallobst, sie habeneine Aussage zu machen zum Thema„Tango-Suite“ … halten dem direkten Ver-gleich aber nicht stand. Was ihnen fehlt?Eine gewisse Leichtigkeit im Umgang mitdiesem doch recht monumentalen Stück;die traumwandlerische Sicherheit, mit dersich musikalische Partner scheinbar verlie-ren und doch untrennbar miteinander ver-bunden und immer wieder einer Meinungsind; und schließlich die Fertigkeit, diesesStück präzise und akkurat nach der Parti-tur zu spielen und doch dem Hörer denEindruck zu vermitteln, alles sei improvi-siert und den Musikern gerade in diesemMoment eingefallen. Tango eben!In der berühmten „Suite Retratos“ von Ra-damès Gnattali (1906—1988) gelingt demDuo Guitardando der Spagat zwischenLeichtigkeit und Klassik, zwischen dem aufTraditionen fokussierten Europa und demleichteren Leben Lateinamerikas viel bes-ser. Diese Stücke changieren zwischen ele-ganter Bar- und salonfähiger Unterhal-tungsmusik und die leicht dekadent-mar-ode Stimmung, die sie verbreiten, die ha-ben die beiden Gitarristen hinreißendschön eingefangen. Dazwischen, zwischen Piazzolla und Gnat-tali, hört man “Tres Piezas“ von JorgeMorel, auch Barmusik, aber nicht mehr so lasziv und raffiniert, auchSalonmusik, aber dafür zu plakativ undlaut … so haben sich eben die Zeiten geän-dert.Auch, wenn das Duo Guitardando mit der„Tango-Suite“ gegen den falschen „Geg-ner“ angetreten ist, der nach Punkten sei-nen Titel verteidigen konnte, hat es einemehr als interessante CD als Visitenkartehinterlassen!

20th Anniversary: Dúo Montes Kircher:

Mágico

Alfonso Montes und Irina Kircher [mon-

tes-kircher.de]

Werke von Dowland, Giuliani, Wedlich,

Montes, Piazzolla, Lauro, Gershwin und

Mozart

Aufgenommen im April 2005

… I got rhythm … Stimmt!

PPP

Irgendwie ist die Werkauswahl auf dieserCD ein Bild des bunten Lebens, das IrinaKircher und Alfonso Montes bisher gelebthaben. Erst einmal gibt es sechs Dowland-Lieder in Bearbeitungen (von Irina Kir-cher) für zwei Gitarren, dann Giuliani und„Small Duos“ von Ulrich Wedlich, demSchwaben, dessen Musik sich überhauptnicht schwäbisch anhört. Natürlich gehtes nach Venezuela mit „Young“ von Alfon-so Montes sowie „Cuatro Guayanesas“und „Angostura“ von Antonio Lauro,dann Piazzolla und Gershwin und schließ-lich Mozart. Bunt!Wenn Sie mich nach meinen Favoriten aufdieser CD fragen, dann sind es nicht dieLauro-Liedsätze, auch nicht das zarte Ada-gio aus KV 332 von Mozart. Nicht einmaldie Vier Jahreszeiten von Astor Piazzolla,die mir, um ehrlich zu sein, streckenweisedurchhuscht vorkommen. Nein, es sind dieSongs von George Gershwin: „I got plentyo’ nuttin“, „Someone to watch over me“und schließlich „I got rhythm” … Stimmt!Seit ein paar Jahren lebt das Ehepaar Mon-tes-Kircher (wieder) in Stuttgart … nachJahren des Wanderns und Erfahrens. Wiesich dieser Rückzug in’s alte Europakünstlerisch ausgewirkt hat, muss nochabgewartet werden – mit dieser CD jeden-falls haben sie Flagge gezeigt. Offenbarsetzen sie, was eine weitere Karriere an-geht, auf Vielseitigkeit … keine wirklichoriginelle Strategie, wenn man bedenkt,dass fast alle Gitarrenduos und auch Gi-tarre-Solisten auf dieses Pferd setzen, weilihnen nichts Besseres einfällt. Aber Mon-tes/Kircher haben einen Namen, und zwarfür neue Venezolanische Musik. Den habensie mit der ein paar Jahre älteren CD-Pro-duktion „Concertino“ (von der im näch-sten Heft die Rede sein wird) auch nochunterstrichen! Vielleicht sollten sie sichdessen besinnen?

Groningen Guitar Duo

The Crimson King Fantasy

Aufgenommen im Juni 2006, erschienen

2007

GG-Records [groningenguitarduo.com]

0703

… Ein klassisches Vergnügen besonderer

Art!

PPPPP

1980, als Remco de Haan und Erik Wester-hof noch studierten, haben sie das Gronin-

gen Guitar Duo gegründet und danach dasRepertoire für zwei Gitarren durchforstetund gespielt. Von Bach bis Rodrigo. Origi-nale und Transkriptionen. Eine CD mitdem Titel „The John McLaughlin Suites“hat es danach gegeben … und jetzt „TheCrimson King Fantasy“. Die beiden Musi-ker haben auf allen Kontinenten Konzertegegeben, haben ihre festen Positionen alsLehrer am Prins Claus Conservatorium inGroningen, haben bislang zehn CD her-ausgebracht und alles an Wettbewerbengewonnen, was es für Gitarrenduos gibt …und jetzt? Brechen sie jetzt aus dem klas-sischen Käfig aus? Fühlen sie sich zu ge-bunden, stranguliert durch Ansprüche undAnforderungen?Seit Jahren hat es sich eingebürgert, dasssich „klassische Gitarristen“, wenn sie ei-nen gewissen Status erreicht haben, inmusikalische Gefilde begeben, die (aus ih-rer Sicht) jenseits der imaginären Grenzezwischen „E“ und „U“ liegen. Dabei wa-gen sie sich vornehmlich an solche Musi-ken heran, die inoffiziell ohnehin längstgeadelt worden sind. „Klassisches Bei-spiel“ sind John Lennon und Paul MacCart-ney … die Beatles. An ihren Songs versu-chen sich viele, der eine hinter vorgehalte-ner Hand als Zugabe, der andere mit kom-plettem CD-Programm.Progressiver gerieren sich Musiker wie dasDuo Sonare mit Thomas Offermann undJens Wagner. Sie haben eine sensationelleCD mit Musik von Mike Oldfield herausge-bracht (Tubular Bells, MDG 630 0628-2).Oder vor vielen Jahren Ansgar Krause undThomas Müller Pering mit Focus (Jan Ak-kerman, Thijs van Leer) … und jetzt dieGroninger?Gemein haben die letztgenannten Gitar-renduos, dass sie sich an Rockmusik mitbesonderem Status herangemacht haben.Nichts zum Mitsingen oder gar Mitschun-keln. Die späten 60er Jahre waren es, indenen die Bands des „Progressive Rock“sich gründeten und ihre Erfolge feierten,

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PlattentippChristian Rivet – Guitarebaroque et moderneWerke von Robert de Viséeund André JolivetAufgenommen im Mai 2003Zig Zag Territoires ZZT0405202PPPPP... sensibel und stilsicher ...

Die meisten der Leser von Gitarre &Laute werden, so sie Gitarre gelernthaben und spielen, an Robert de Visée durch die Ausgabe seiner d-Moll-Suite durch Karl Scheitherangeführt worden sein, die bis vor zwanzig Jahren die Standardausgabe war. Erschienen istsie bei der Wiener UE im Jahr 1944. Andrés Segovia hat dann 1952 die Suite eingespielt undbekannt gemacht, danach erschienen etliche weitere Ausgaben. Ein Faksimile der originalen Ta-bulatur gab es noch nicht, und hätte es das gegeben, hätte es, man verzeihe mir diese Unter-stellung, für viele Herausgeber nichts geändert. Scheit beherzigte das Motto der Humanisten„ad fontes!“ – viele seiner Nachfolger benutzten aber nicht Robert de Visées Bücher als Quel-len, sondern Karl Scheit oder gar die Schallplatte von Maestro Segovia.Nun waren schon in der Ausgabe Scheits einige obskure Zeichen in der Tabulatur mangels plau-sibler Erklärung ignoriert worden. Aufgeklärt hat sich das alles viele Jahre später, als nämlichMusiker die Stücke des großen Robert de Visée auf Barockgitarren spielten, auf Instrumentenalso, für die sie „eigentlich“ geschrieben waren. Und da Musiker, die sich historischer Instru-mente bedienen, insgesamt um aufführungspraktische Erkenntnisse bemüht sind, wurden jetztdie obskuren Zeichen wahr- und ernst genommen. Verzierungen waren es zum Teil und Spielan-weisungen, die mit Rasgueado zu umschreiben sind. Diese Anschlagstechniken, die bei Flamen-co-Gitarristen bestens bekannt sind, gehörten im 17. und 18. Jahrhundert zum Standard für Gi-tarristen – zum Teil bestanden ganze Stücke und Musikbücher aus nichts anderem, und nur Ak-kordsymbole wurden vorgegeben. Robert de Visée hat im Prinzip französische Tabulatur fürseine Stücke verwendet, es stehen aber zwischen und über den Zeichen Noten, die nicht nurden ryhthmischen Verlauf des Stücks bestimmen, sondern auch vorschreiben, wie die angege-benen Akkorde anzuschlagen sind, nämlich abwärts oder aufwärts. Diese Spielanweisungensind in der Ausgabe, die Segovias Einspielung zugrunde gelegen hat, und auch in der von KarlScheit nicht berücksichtigt, obwohl sie im Vorwort der originalen Druckausgaben unmissver-ständlich erklärt sind.Scheit merkt im Vorwort seiner Ausgabe an: „Die zur Zeit de Visées übliche Rasgado-Spielwei-se blieb unberücksichtigt, da unsere heutigen Instrumente ein kraftvolleres, zusammenklin-gendes Anschlagen erlauben, das ständige Durchstreichen daher keine unbedingt Notwendig-keit hat.“ [UE 11322, S. 2]Hören wir nun Christian Rivet mit de Visée, gespielt auf der Barockgitarre, betreten wir schein-bar eine „neue“ musikalische Welt. Die Rasgueados wirken nicht, wie Scheit fortschrittsgläubigargumentierte, als klanglicher Füllstoff. Alles wirkt leicht, luftig, grazil . . . galant vielleicht?Christian Thomasius meinte 1687: „[Der Franzosen] ohnerzwungene ehrerbietige Freyheit istgeschickter sich in die Gemüther der Menschen einzuschleichen als eine affectirte bauerstoltzegravität“ und damit beschrieb er den Umbruch, der sich für die Musikwelt ankündigte. Der„bauerstolze[n]“ Gravität der barocken Komponisten stand ein neuer Stil gegenüber, den dieMusiker am Hofe des Sonnenkönigs, unter ihnen Robert de Visée, stilistisch schon sehr weitgebracht hatten, und der immer weitere Kreise ziehen sollte.Christian Rivet führt den Zuhörer sehr einfühlend in diese Welt . . . und in eine ganz andere. EineSuite „Tombeau de Robert de Visée“ von André Jolivet (1905-1974) steht in der Mitte der CD.Sie ist, so Jean-Baptiste Apéré im Booklet, in Zusammenarbeit mit Andrés Segovia entstanden,der damals die d-Moll-Suite von de Visée in seinem Programm hatte, und der sich schließlichweigerte, das Tombeau von Jolivet zu spielen. Das wundert nicht wirklich, wenn man die Re-pertoire-Gewohnheiten des Meisters in Erinnerung hat. Jolivets Neigung zu atonalen Struktu-ren, sein Liebäugeln mit seriellen Techniken konnten Segovia nicht zusagen. Dass in JolivetsTombeau auf Robert de Visée auch dessen Geist und Charakteristika der Barockgitarre immerwieder durchschimmern, war Segovia sicher eine zu diskrete Reminiszenz an seine Größe alsGitarrist.Christian Rivet hat hier eine CD vorgelegt, die nicht nur durch ein außergewöhnliches Reper-toire und eine kühne Werkzusammenstellung auffällt. Er führt seine Zuhörer sensibel und stilsi-cher durch sehr unterschiedliche musikalische Sphären und wartet dabei mit überraschendenHöhepunkten wie der knapp vier Minuten langen Sarabande G-Dur von de Visée fast am Endedes Programms auf.

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die späten 60er, als man sich aufmachte,die politisch-gesellschaftliche Lethargieder Nachkriegszeit aufzubrechen undkämpferisch zu überwinden. Es war einegesellschaftliche Revolution, die damalsstattfand, und die hat natürlich auch dieKünste beeinflusst. Robert Fripp hat am15. November 1968 Crimson King gegrün-det, ungefähr zur gleichen Zeit entstandbeispielsweise „Monty Python’s FlyingCircus“, „Tubular Bells“ von Mike Oldfielddann ein paar Jahre später, 1972.Mit dem Attribut „progressiv“ ist die Mu-sik dieser Zeit und dieser Musiker natür-lich nur höchst unzureichend beschrieben,denn „progressiv“, also nach vorne ge-richtet, „fortschrittlich“ sollte alles sein –gegen das Starre und Festgefahrene richte-te sich ja die Bewegung. Neu war zum Bei-spiel das Verwenden und Verarbeiten un-gewohnter und fremder musikalischer Ele-mente … unter anderem von Technikenwie dem „phase-shifting“ aus der „Mini-mal Music“. Sie, die „Minimal Music“,gehörte und gehört in die „E“-Musik …aber ist es nicht so, dass schließlich daskleinliche Unterscheiden in „U“ und „E“durch künstlerische Aktionen wie die vonRobert Fripp ad absurdum geführt wur-den, wie schon die „Minimal Music“ selbstdieses Kategorisieren verbietet, weil sie inkeine der angebotenen Schubladen passt?Und heute ist es das Groningen GuitarDuo, das die Diskussion wieder provo-ziert. Denn wieder wird die Frage gestellt,ob ein „klassisches“ Duo mit dieser Musikdie richtige Wahl getroffen hat. Wenn wirso weit gehen die Frage zu stellen „Dürfendie das?“, hat die 68er-Revolution nichtsbewirkt … und das wollen wir doch nicht!Remco de Haan und Erik Westerhof habensich mit dieser CD offenbar einen altenTraum erfüllt. Das hört man, das fühltman beim Anhören. Und sie haben die Mu-sik von Robert Fripp und seinen Partnern,die ihrer Zeit zweifellos weit voraus wa-ren, geadelt! Ein klassisches Vergnügenbesonderer Art!

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Gitarre-und-Laute.de

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Übrigens betätige ich mich auch heute nochals Jazzer, zumindest während der Abendebei meinen Seminaren. 1936 habe ich dannauch noch mit der Trompete begonnen undkurz darauf auf Kontrabass. Alles natürlichmit der Intention, Jazz zu spielen. Späterhabe ich auch die Instrumente in anderenArten von Musik eingesetzt.P.P.: Und wie kamen Sie dann an die „klassi-sche Gitarre“?J.W.D.: Nun, ich hatte in meinem Leben nureinen Lehrer, das war Terrence Usher. Beiihm bekam ich etwa 18 Monate Unterricht,sehr sporadisch zwar, aber immerhin. Daswar zwischen 1934 und 1936. Er war sehr ander „klassischen Gitarre“ interessiert. Tat-sächlich wurde er auch der erste Professorfür Gitarre am „Royal College of Music“. Erwar es, der mich für klassische Gitarre inte-ressierte – mehr aber, um für sie zu kompo-nieren, als sie zu spielen. Daraus hat sich al-les entwickelt.P.P.: Und was waren die Aktivitäten der„frühen Jahre“?J.W.D.: Nun, Segovia war der Einzige, denman dem Namen nach kannte. Er hat auch inden frühen 30er Jahren hier gespielt, wo ichihn nicht sehen konnte, und dann gab eskeine Konzerte, bis er wieder im Jahre 1948England bereiste. Die klassische Gitarre hat-te keine regelrechte Szene, es gab zwar ein

Peter Päffgen: John, die Gitarrenwelt kenntSie als Komponisten, als Lehrer, Herausge-ber von Gitarrenmusik, Buchautor, als Jury-Mitglied in zahlreichen Wettbewerben. Wasist eigentlich Ihr Hauptberuf?John W. Duarte: Musik!P.P.: Aber was ist das Ziel, das hinter all die-sen unterschiedlichen Aktivitäten steckt?J.W.D.: Nun, ich liebe tatsächlich nur dieMusik, und zwar alle denkbaren Arten vonMusik. Was Sie übrigens ausgelassen haben,sind meine Tätigkeiten als Rezensent. Ichschreibe Berichte über Schallplatten, Bücherund Konzerte, und das nicht nur auf demGebiet der Gitarrenmusik. Seit 1968 rezen-siere ich Schallplatten für „Grammophone“,„Records and Recordings“ und „ClassicalMusic“, die alle zwei Wochen herauskommt.Von den Konzertkritiken, die ich in den letz-ten fünf Jahren geschrieben habe, bezogensich vielleicht nur zwanzig Prozent auf Gi-tarrenkonzerte . . .P.P.: Gibt es denn Schwerpunkte in der Mu-sik, die Sie rezensieren?J.W.D.: Es ist ganz eigenartig, wie sich dieSache entwickelt hat – übrigens wenigermein Interesse, als vielmehr meine Tätig-keit als Autor von Besprechungen. Als ich1968 für „Records and Recordings“ ange-fangen habe, habe ich zunächst nur Schall-platten mit Gitarren-, Lauten- und Mandoli-

nenmusik besprochen. Oder sagen wir lie-ber: Zupfinstrumente, denn die Harfe wareingeschlossen. 1969/1970 kam dann derHerausgeber auf mich zu und sagte, er habeniemanden, der auf Cembalo-Musik speziali-siert sei . . .P.P.: ... auch ein Zupfinstrument ...J.W.D.: . . . ja, so wurde ich also der Rezen-sent für Cembalo-Musik. Das Cembalo istaber nicht immer als Soloinstrument zu hö-ren. ich kam also mit Kammermusik allermöglichen Arten zusammen, mit Konzerten,kurz: mit fast dem gesamten Repertoire derRenaissance und des Barock. Die nächsteseltsame Anknüpfung war die, dass die Gi-tarre ein spanisches Instrument ist. Mannahm mich also als Spezialist für spanischeMusik in Anspruch. Villa-Lobos und Castel-nuovo-Tedesco, um nur zwei zu nennen,schrieben Kompositionen für Gitarre, ichbesprach also auch deren Stücke, die nichtsmit der Gitarre zu tun hatten. So wurde dasFeld immer größer und größer.P.P.: Steht denn die Musik in einem direktenVerhältnis zu Ihren eigenen musikprakti-schen Übungen? Spielen Sie zum BeispielCembalo?J.W.D.: Nein, ich habe nie ein Tasteninstru-ment gelernt. Das erste Instrument, das ichspielte, was die Ukulele. Das war 1934. Dannhabe ich Jazz-Gitarre gespielt, so bis 1953.

... Musikinstrumentund nicht

musikalischerTotempfahl …

I nterview mit John W. Duarte

London, 31. Mai 1982

Das Gespräch führte Peter Päffgen

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paar Amateure, aber Nichts ernst zu neh-mendes. P.P.: So konnten Sie also auch keine Lehrerfinden?J.W.D.: Oh nein, für mich habe ich aber sehrfrüh festgestellt, dass ich keine Chance hat-te, ein sehr guter Spieler zu werden. Daran,ein zweit-, dritt- oder vielleicht sogarzehntklassiger Gitarrist zu werden, war ichaber nicht interessiert. Viel wichtiger fürmich war, die Gitarre als Musikinstrumentzu behandeln und nicht als musikalischenTotempfahl. Ich wollte die Gitarre wie jedesandere Musikinstrument betrachten, wolltesehen, was für sie komponiert worden istund wie man sie spielt, und das ohne beson-dere Privilegien anderen Musikgattungengegenüber. Man darf nämlich nicht niedrige-re Maßstäbe anlegen, nur weil es sich umdie Gitarre handelt. Ich betrachte die Gitar-re also eher als musikalische Quelle. Wäh-rend dieser Zeit unterrichtete ich auch Jazz-Gitarre, und zwar auf eine sehr eigene Art.Ich habe nie damit begonnen, dass meineSchüler Stücke spielen sollten. Sie solltenerst einmal wissen, was Musik ist. Es vergin-gen oft Monate, bevor sie zwei zusammenhängende Töne auf dem Instrument spielendurften. Ich betrachtete die Gitarre als „De-monstrationsapparat“ für musikalische Zu-sammenhänge.P.P.: Und wann haben Sie begonnen, für Gi-tarre zu komponieren?J.W.D.: Das muss irgendwann in den 40erngewesen sein. Zunächst aber nahm ich dieSache gar nicht ernst. 1946 hat dann meinehemaliger Lehrer, Terry Usher, der immereine höhere Meinung von meinen Fähigkei-ten hatte, als ich selbst, ein paar meinerStücke an den Verlag Schott geschickt. Siebrachten sie auch tatsächlich heraus. Terren-ce hat all die Verträge mit dem Verlag ge-macht und alles. Er hat mich gedrängt.P.P.: Welche Stücke waren das?J.W.D.: Es waren zunächst die „MiniatureSuite“ op. 5 und dann noch zwei weitere.1948 kam dann Andrés Segovia nach Eng-land. Ich reiste mit einer ganzen Gruppevon Manchester nach Leeds, um ihn zu hö-ren. Nach dem Konzert haben wir mit ihmgesprochen und einen Kaffee miteinandergetrunken. Dabei zeigte ihm mein Lehrer ei-ne Sonate, die ich gerade geschrieben hatte,und die sehr von der Musik von Sor undBeethoven beeinflusst war – Komponisten,die ich besonders verehrte. Damals betrach-tete man Sor als den „Beethoven der armenLeute“. Terrence gab Segovia also eine Kopieder Noten – ich wusste nicht einmal, dass erein Exemplar davon besaß – und der Maes-tro zeigte sich sehr interessiert und fragte,ob er die Abschrift behalten könne. Er sagte,ich solle weiter komponieren und ihn wei-terhin informieren, was ich so mache. Imnächsten Jahr kam dann Segovia wiedernach England und besuchte mich – er waralso wirklich interessiert. Übrigens war der

Kompositionen von John W. Duarte

Alfabetische ReihenfolgeIn den Titeln sind Artikel und Kardinalzahlen nicht berücksichtigt.

Besetzung: Gitarre (wenn nicht anders angegeben)[IP] = in preparation/in Vorbereitung

** = auf professionellen Tonträgern veröffentlichtWoO = Werke ohne Opusnummer

Opus/Jahr Titel/Besetzung Verlag/Nr.

23b/1957 Airly Beacon (high voice/guitar) Unpublished21/1955 Alla gavotta Columbia CO15351/1973 All in a row (of Webern’s) Berben 197196/1982 Americana** Universal 2918596a/1992 Americana (four guitars)** Gendai Guitar G109121/1995 Appalachian dreams** Schirmer ED 4112111/1992 Arctic Suite** Norsk Musik [IP]53/1973 Ballade (four guitars)** Broekmans 1375114/1993 Bath Water Music (five guitars/drums) Corda Music

CMP 27366/1977 Birds** Tuscany TPS-046

117/1994 Canción y Danza (Homage to A. Ruiz-Pipó) Les Cahiers de laGuitare No72

110/1992 Cannington Collage (six guitars) Corda MusicCMP 271

106/1989 Cannington Suite (flute/guitar) Unpublished33/1967 Carillon (two guitars)

became part of Op.61, q.v.67/1975-77 Centone di Sonate (Paganini) I, II**, IV**

(Violin/guitar) Unpublished14/1950 Chanson (two guitars) also became part of

“Six Friendships for two guitars), q.v. Guitar ReviewNo.1122/1956 Concertante Quartet (guitar/violin/viola/cello Unpublished108/1990 Concerto democratico (four guitars)** Lemoine 25386101/1986 Concerto alegre (two guitars/orchestra) Unpublished-WoO.2/1984 Corazón (Vals)** Berben 254616/1950 Cradle song (high voice/guitar)** Guitar ReviewNo.1242/1971 Danse joyeuse (flute/guitar) Broekmans 101071/1977 Danserie No,1 (two guitars) Unpublished87/1980 Danserie No.2** Gitarre & Laute113/1993 Danserie No.3 Lemoine 2662540b/1997 Danserie No.4 (three guitars)

=4 Transatlantic Dances Op40, q.v. Corda CMP 97138/2000 Danza eccentrica Tuscany TPS-06576/1979 Diana Poulton, her Impromptu (lute) Unpublished80/1979 Diptych No.1 (four guitars) Columbia CO 31886/1980 Diptych No.2 (flute/guitar)** Unpublished91/1982 Dreams (three guitars)** Unpublished56/19736 Easy pictures** Novello31/1963-65 English Suite (No.1)** Novello77/1979 English Suite No.2** (two guitars) Universal 2916978/1979 English Suite No.3** (four guitars) Hampton Music82/1979 English Suite No.4 (flute or recorder/guitar) Chester 55714112/1991 English Suite No.5 (six guitars)** Lemoine 26269116/1994 English Suite No.6 (panflute or flute/guitar)** Unpublished136/1999 English Suite No.7 (Zupforchester) Vogt & Fritz 12857/1949 Epitaph for Manuel Ponce Guitar Review No.849/1969 Étude diabolique Berben 197230/1960 Fantasia &Fugue on Torre bermeja Berben 1717

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Tag, an dem Segovia im letzten Novemberhier bei uns zum Essen war, der 32. Jahres-tag seines ersten Besuches. Er war immer be-müht, mich, und nicht nur mich, zu ermuti-gen. 1950 spielte er dann erstmals ein Stückvon mir. So war ich plötzlich mitten in derSzene. Es ging nicht, wie bei den kleinenJungs, die immer Lokomotivführer werdenwollen, oder Lastwagenfahrer. Ich wurdeTeil der Szene, weil andere von mit anneh-men, dass ich dazu fähig wäre.Ich habe es nie als schwierig angesehen, zukomponieren. Da ich Jazz-Musiker war, warich daran gewöhnt zu improvisieren. Ich be-trachtete Musik oder die Improvisation alseine Art der Konversation. Es machte mireinfach Spaß, zu komponieren.P.P.: Ich glaube, es sind schon viele Stückevon Ihnen auf Schallplatte eingespielt wor-den ...J.W.D.: . . . oh ja, eine ganze Menge. AchtzehnStücke sind aufgenommen worden, einigedavon mehrmals. Ich glaube, von mir sindmehr Stücke für die Schallplatte eingespieltworden, als andere Komponisten überhauptgeschrieben haben.P.P.: Sie haben also für Gitarre komponiert,bevor Sie Lehrer oder Gitarrist wurden.J.W.D.: Ja. Die Jahre zwischen 1936 und1940 verbrachte ich an der Universität. Ichwurde Chemiker. Ich arbeitete auch als Che-miker bis 1969. Musik war also nur so etwaswie ein Hobby. Wir haben hier eine seltsameEinteilung in Amateure, Professionelle undSemi-Professionelle, wobei es den Semi-Pro-fessionellen eigentlich gar nicht gibt. EinSemi-Professioneller ist jemand, mit zweiBerufen, denn er wird für zwei Tätigkeitenbezahlt. Lange vor 1969 hängte ich alsomeinen Beruf als Chemiker an den Nagel, ei-nerseits, weil ich dieses Berufes müde war,und andererseits, weil ich einsah, dass ichmusikalisch viel mehr tun konnte, wenn ichden „Erst-„ oder „Zweitberuf“ aufgab. Es istimmer schwierig, zwei Tätigkeiten, vor al-lem, wenn es sich um verantwortungsvolleTätigkeiten handelt, miteinander zu verbin-den. So wurde also mein Hobby zu meinemBeruf.P.P.: Seit 1969 leben Sie also von der Musik.Was heißt das, von der Musik zu leben? Ga-ben Sie Unterricht? Ich nehme an, dass Sievon den Kompositionen nicht leben konn-ten.J.W.D.: Ich glaube eigentlich, dass es Leutegibt, die von weniger leben müssen, als derSumme, die meine Kompositionen abwer-fen. Wenn Sie an die Tantiemen denken, dieaus Schallplatteneinspielungen und Auffüh-rungen kommen, dann an den Verkauf dergedruckten Noten etc. Ja, ich glaube, es gibtLeute, die von weniger leben müssen. Da-mals war es aber noch nicht so.P.P.: Was haben Sie also gemacht?J.W.D.: Wir kauften ein kleines Geschäft.P.P.: Ein Musikgeschäft?J.W.D.: Nein, einen Tabakladen. Das Prinzip

90/1981 First five frets Ricordi LD 67644/1970 [A] Flight of fugues (1 or 2 guitars) Broekmans 101599/1985 Friends & lovers (high voice/guitar)** Columbia CO319WoO.1 [6] Friendships for two guitars Novello123/1996 Geteran jiwa (Var. on a Malay popularsong) Unpublished36/1968 Going Dutch (four guitars)** Broekmans 86839/1968 Greek Suite (No.1) (two guitars)** Berben 141089/1981 Greek Suite No.2 Berben 234620/1955 Grown up (high voice/guitar) Guitar ReviewNo.17 124/1996 Gubahanku (Var. on an Indonesian pop. song) Unpublished74/1978 Guitar duets without tears Ricordi LD63185/1980 Guitar Quintet No.1 (guitar/string quartet)** Vogt & Fritz 1082132/1998 Guitar Quintet No.2 “Echoes” (guitar/string quartet)

Vogt & Fritz 1247103/1987 Hark, hark, the Ark (high voice/guitar) Columbia CO320118/1994 Henry’s purple parcel (six guitars/drums) Corda [IP]83/1979 Homage to Antonio Lauro** Universal 2917693/1982 Idyll pour Ida (Homage to Ida Presti)** Universal 291768/1951 Impromptu in Es Guitar Review No.897/1984 In honorem Ioanni Dulandi** NovaScribe 10772/1978 Insieme (harpsichord or piano/guitar)** Berben 2366144/2002 Joan Baez Suite Unpublished130/1998 Joplinesque (two guitars) Mel Bay MB98183WoO.4/1996 Karen (two guitars) UnpublishedWoO.5/1996 Kilclone Unpublished68/1977 Little Suite (No.1) (four guitars)** Novello79/1979 Little Suite No.2 (three guitars) Hampton Music

HG30381/1979 Little Suite No.3 (three guitars) Joachim Trekel 509

95/1983 Little Suite No.4 (three guitars)** Berben 2711134/1998 Little Suite No.5 (melody instrument/five guitars)

Corda CMP 2765/1947 Meditation on a ground bass Schott SCS564/1976 [The] Memory of a dance (flute/guitar)** Zimmermann 22666/1946 Miniature Suite Schott SCS69/1951 [3] Modern miniatures Schott SCS12145/2002 Five moods (flute/guitar) Unpublished143/2000-1 Moraviana** Gendai Guitar (IP)143a/2000 Moraviana (guitar/string orchestra or quintet) Unpublished146/2003 Moraviana (four-part guitar orchestra) Unpublished107/1989 Musikones** Berben 333958/1973-4 Mutations on the Dies irae Berben 204265/1976 Night-music** Chanterelle18/1954 Nocturne & Toccata** Broekmans 936102/1986 Nuages passants (Homage to Django Reinhardt)**

UnpublishedWoO.2/1995 Para un feliz matrimonio Unpublished59/1974 Partita (No.1) Columbia CO215104/1987-8 Partita No.2 “Relazione” Unpublished147/2006 Partita III “Dieci cori” op. 135 for mandolin & guitar

Edition Corvus141/2000 Pequeña Suite venezolana Tuscany TPS-04960/1974 Petite Suite française Eschig 8214122/1996 Popscotch (melody instrument/five guitars/drums)

Unpublished13/1952 Prelude in a** Guitar Review 1229/1958 Prelude in a Columbia CO1833/1945 Prelude in C** Columbia CO18338/1968 Prelude, Canto & Toccata Berben 141962/1974 Prélude en arpèges Eschig 821337/1968 [5] Quiet songs** (German texts) Berben 1520

Berben 332694/1983 Riverboat Suite (three guitars) Schott Mainz 7171

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war eigentlich sehr schlicht. Wenn man dieHälfte seines Einkommens abgibt, brauchtman eine Brücke, bis die Musik das ganzeEinkommen bestreiten kann. Ein Geschäft istdabei eine ganz gute Möglichkeit. Ich warimmer in der Lage, stunden- oder tageweiseabwesend zu sein, da andere die Arbeit ma-chen konnten. Nach drei Jahren hatte der La-den seine Funktion erfüllt, und wir habenihn verkauft.P.P.: Der normale Weg für Musiker, ihren Le-bensunterhalt zu verdienen, ist, Stunden zugeben. Das haben Sie aber nicht gemacht,oder?J.W.D.: Doch, ich habe Jazz-Gitarre unter-richtet, ein wenige klassische Gitarre undsogar etwas Trompete. Aber das war noch inManchester in den 50er Jahren. In Londonwollte ich eigentlich keinen Unterricht ge-ben, habe es aber dann doch getan, u. a. fürJohn Williams. Ich glaube, das ist gar nichtbekannt. Ich habe John auf die Aufnahme-prüfung an der Musikhochschule vorberei-tet. Insgesamt habe ich aber wirklich sehrwenig unterrichtet. Irgendwie war eineWeltverschwörung im Gange, als ich frei warfür Unterricht und Seminare etc. : Vorher hatsich kaum jemand an mich gewandt, als ichaber die Zeit hatte, kamen plötzlich Anfra-gen aus allen Teilen der Welt.P.P.: Nun haben Sie in sehr vielen Wettbe-werben als Juror teilgenommen, Sie reistenum die Welt in Sachen Gitarre. John Wil-liams war Ihr Schüler, wie Sie eben sagten ...J.W.D.: . . . ja, aber daraus möchte ich eigent-lich nichts konstruieren . . .P.P.: . . . nun, John Williams ist, wie ich glau-be, ein Indikator für die Entwicklung desGitarrenspiels in den letzten Jahren ...J.W.D.: . . . hmm, ja, aber da hat es noch an-dere Höhepunkte gegeben. Nehmen Sie IdaPresti. Ich glaube eigentlich, sie war derwichtigste Interpret, ja, eigentlich in derGeschichte des Instruments. Ich meine jetztnicht das, was sie für das Instrument getanhat, sondern ich meine sie als Gitarristin.Williams und Bream fingen zu einer Zeit an,als Segovia schon die Welt bereiste. Es gabdie Langspielplatte, es gab alle Möglichkei-ten der Popularisierung. Bitte verstehen Siemich: Ich will die Leistung keines Musikershier abwerten. Segovia war in seiner Positi-on als Gitarrist Nº 1 absolut ungefährdet. Erwar so erfolgreich. Das heißt, er konnte sichzurücklehnen und die weitere Entwicklungbeobachten. Er hat sich sicherlich die Fragegestellt, wer seine Nachfolger auf demThron sein sollten. Bream war einer der ers-ten, die er gesehen hat, aber es hat eigent-lich nie eine feste Beziehung zwischen denbeiden bestanden. Bream war immer weitdavon entfernt, ein Protégé von Segovia zusein. 1952 kam John Williams nach Englandund traf Segovia; übrigens hier in meinerWohnung! Segovia war sehr an John interes-siert und gab ihm eine enorme Hilfe. Dassoll übrigens nicht heißen, dass er den Er-

119/1995 Russiana Margaux 105734/1967 Sans cesse (two guitars)** Guitar Review 31115/1994 Shades of blue (two guitars/double-bass)** Pan Music P803127/1997 Shades of green (two guitars) Mel Bay MB9818319/1955 Simple Prelude Guitar Review 1741/1971 Simple songs without words (recorder/guitar or piano)

Broekmans 101610/1951 Simple variations on Ls Folias Columbia CO152105/1988 Simply blues Ricordi LD81123a/1957 Sister, awake! (High voice/guitar) Unpublished55/1973 Some of Noah’s Ark** Ricordi LD583146/2006 Somerset Suite op. 106 for flute & guitar Lathkill Music

(LMP111)4/1946-7 Sonata in d (only Larghetto published) Columbia CO15315/1956 Sonatina (flute/guitar)** Guitar Review 12

Broekmans 93727/1958 Sonatina Casa de la Guitarra27a/1999 Sonatina di primavera (four guitars)** Unpublished98/1984 Sonatina dl sur** Editions Yolotl g1248 / 1971 Sonatina lirica** Berben 197235/1968 Sonatinette** NovelloWoO.3 1996 Stella (two guitars) Unpublished88/1979 Studies Gendai Guitar

No.342 (12/1993)140/2000 [12] Studies Tuscany TPS-04052/1972 Sua cosa (Wes Montgomery memorial)** Berben 204347/1969 Suite ancienne Berben 220361/1974 Suite française** Berben 225646/1970 Suite piemontese** Berben 1514109/1991 Summerset Follies (six guitars) Lemoine 2604457/1973-4 Tout en ronde** Universal 2915340/1969 [4] Transatlantic dances

(two recorders/guitar or piano) Corda CMP 15140a/1997 [4] Transatlantic dances

(melody instrument/five guitars) Unpublished40b/1997 See Danserie No.469/1997 Trio for three (three guitars)** Lemoine 2508750/1971-2 [A] Tudor Fancy (guitar/orchestra) Unpublished126/1996 Tunes for Tracey

(melody instrument/five guitars/drums) Corda [IP]92a/1991 Un petit bis (recorder or flute/guitar)** Unpublished92/1982 Un petit jazz (recorder or flute/guitar)** Chester 55715128/1997 Valse en rondeau** Tuscany TPS-065137/2000 Valse lyrique Tuscany TPS-06525/1956 Variations on a Catalan folk song** Novello32/1965-6 Variations on a French nursery song** Berben 1442129/1997 Variations on an Andante of Nikita Koshkin ** Lemoine 2703426/1957 Variations on “Selengers round”.

Some used in Six Friendships. , WoO. Unpublished139/2000 Variations on an Italian folk song Tuscany TPS-03984/1980 Variations on a Swedish folk song** Lemoine 2514528/1958 Variations on “The Colorado Trail” ** Guitar Review No.23

120/1995 Variations on a theme of Nikita Koshkin** Unpublished

100/1985 Variations on a theme of Štepán Rak** Lemoine 2499524/1958 Variations on”Three blind mice” Guitar Review 25123/1996 Varieties of Scotch (two guitars) Mel Bay MB9818370/1977 When the twain meet (high voice/lute) Unpublished70a/1992 When the twain meet (highvoice/guitar) Unpublished73/1978 Within easy reach (for small hands) Ricordi LD62475/1978 Youth at the strings Ricordi LD630

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folg ohne diese Hilfe nicht gehabt hätte. Ju-lian Bream hat ja auch seinen Weg gefunden.Es gab andere Musiker zu dieser Zeit, keinenaber, der die Fähigkeit gehabt hätte, sehenwir von Ida Presti ab. Andere hatten die Zeitverpast wie Anido oder Luise Walker. Daswaren Namen, die nur unter Gitarren-Enthu-siasten bekannt waren, und auch da nichtüberall. Es gab also zwei sehr gute Spieler,Bream und Williams, und die saßen bei demenormen Aufschwung, den die Gitarre erleb-te, sofort „on the driving-seat“. Sie mussteneinfach Karriere machen. Bream ist eine au-ßergewöhnliche Person, nicht als Gitarrist,sondern als Musiker. Bream ist ein sehr au-ßergewöhnlicher Musiker. Heute sind dieChance für Gitarristen aber ganz anders. Bre-am und Williams erschienen aus dem Nichts.Heute gibt es so viele erstklassige Gitarris-ten.P.P.: Ich glaube auch, dass Williams nichtden absoluten Höhepunkt der Gitarrentech-nik darstellt, aber zu seiner Zeit war er dochziemlich einzigartig.J.W.D.: Ja, aber auch zu seiner Zeit hat es Gi-tarristen gegeben, die ihm gleichkamen. IdaPresti war ihm weit überlegen. Haben Sieeinmal Platten gehört, die sie mit 13 Jahrenaufgenommen hat?P.P.: Solo-Platten?J.W.D.: Ja, ich habe einige hier. Sie war weitüberlegen. Sie war allem, was John machenkann, weit überlegen. Ich habe auch Anidound Walker genannt, die beide enorme Tech-nik hatten, Keiner hat sie gekannt. Heutegibt es überall Super-Gitarristen, die abernie das erreichen können, was Williams undBream erreicht haben. Die Konkurrenz isteinfach zu groß. Die beiden haben das ver-dient, was sie geschaffen haben, heute wärees aber fast unmöglich, die Bedeutung zu er-reichen, dien sie erworben haben. Als sie ka-men, schien die Welt leer zu sein. Die Zeitder Weltstars ist aber vorbei.P.P.: Haben Sie eine Erklärung für die Tatsa-che, dass John Williams mehr oder wenigerdie klassische Gitarre an den Nagel gehängthat? Ich sehe immer den Parallelfall des Pia-nisten Friedrich Gulda, der irgendwann ge-sagt hat, er mache keine „klassischen“ Kon-zerte mehr und keine Schallplatten. Ist esso, dass John einfach das ganze Repertoirekennt und gelangweilt ist?J.W.D.: Ich kann natürlich nicht sagen, wa-rum John aufgehört hat, klassische Gitarrezu spielen. Sicher habe ich meine Meinungdazu.P.P.: Ist es die Liebe zur Musik, die ihn be-wegt hat, aufzuhören? Das große Problemder Gitarre, kein Mozart-Beethoven-Brahms-Repertoire zu haben, war das vielleichtJohns Grund aufzuhören?J.W.D.: Liebt Andrés Segovia die Musik weni-ger als John Williams?P.P.: Sicher nicht, denke ich!J.W.D.: Nun, der hat auch nicht aufgehört!P.P.: Er hat aber überall Anregungen gege-

ben, das Repertoire zu erweitern!J.W.D.: Lassen Sie uns doch Klartext reden.John Williams ist nie so ins 20. Jahrhunderteingedrungen, wie Julian zum Beispiel. Mitdem Brouwer-Konzert ist er unserer Zeit si-cher am nächsten gekommen. Dieses Patrick-Gouwer-Konzert, das er gespielt hat, hatmehr mit Technologie zu tun als mit Musik.Hätte er nur die Hälfte Interesse an zeitge-nössischer Musik gezeigt, wie zum BeispielSigi Behrend, wäre vielleicht alles anders ab-gelaufen. Es gibt irgendwann den Punkt, andem man vom Geschehen abgeschnittenwird, dann nämlich, wenn man morgens auf-wacht und zu sich sagt: Zeitgenössische Mu-sik, das ist keine Musik! Das ist der Punkt,an dem man aufhört, in Bewegung zu sein.Segovia hat sich vor 50 Jahren entschieden,was Musik ist und was nicht. Das merkt manan den Stücken, die er abgelehnt hat. Er hatzum Beispiel das Stück „Segoviana“ von Da-rius Milhaud nie gespielt, ebenso lehnte erdie „Quatre pièces brèves“ von Frank Martinab. Das sind nur Beispiele. Segovia hat eineklare Linie gezogen zwischen in seinem Sin-ne Musik und Nicht-Musik. Stücke dieser Artlagen eben jenseits dieser Linie. Williams hatnicht das ganze Repertoire gespielt. KennenSie eine Platte oder eine Konzertaufführungdes „Nocturnal“ von Benjamin Britten mitihm?P.P.: Ich glaube nicht ...J.W.D.: . . . und es gibt etliche andere Stücke.Williams ist nicht an der Grenze angekom-men. Technisch vielleicht, obwohl ich auchda ein paar höchst erstaunliche Dinge ghörthabe. Ich wehre mich dagegen anzunehmen,dass John aus Liebe zur Musik aufgehört hat.Das hieße, dass all anderen Gitarristen dieMusik nicht liebten.P.P.: Das Gitarrenrepertoire ist sehr be-grenzt, oder nicht? Es werden Ausgaben vonverschollenen Stücken gemacht, es werdenTranskriptionen angefertigt, um es zu ver-größern.J.W.D.: Es ist viel weniger begrenzt als manannimmt, wenn man das hört, was Gitarris-ten in Konzerten spielen. Die übliche Be-schwerde Londoner Presse-Kritiker ist die,dass das Repertoire aus 25 bis 30 Stückenbesteht, wovon einige nicht einmal gut sind.Dieser Eindruck wird aber von den Gitarris-ten erweckt. Die Situation ist recht schwie-rig. Vor 25 bis 30 Jahren spielte jeder dieStücke, die auch Segovia spielte. Das wardas Repertoire. Wie alles andere, wurde auchdas Repertoire mit ihm identifiziert. Man be-wegte sich dann von diesem Standard wei-ter. Aber nicht weit, denn man führte andereStücke von Sor, andere Stücke von Bach etc.dem Repertoire zu. Das Spektrum ändertesich aber eigentlich nicht. Heute ist die Be-wegung weit schneller geworden. Vor Jahrenhatte jeder Gitarrist sein Publikum, aber nurweil er Gitarre spielte. Es kam nicht daraufan, was oder wie er spielte. Resultat dieserSituation war, dass es gar nicht notwendig

war, gründliche musikalische Ausbildung an-zustreben. Man spielte das gängige Reper-toire, und alle Stücke gab es auf Schallplat-ten von irgendeinem der großen Spieler.Man konnte sich also ein Bild davon machen,wie die Stücke sich anhören. Mit einemgänzlich neuen Stück hätten diese Leute,oder zumindest viele von ihnen, nichts an-fangen können. Das hat sich geändert. Gitar-risten sind heute viel besser ausgebildet. Siebrauchen heute keine Woche mehr, um he-rauszufinden, wie ein Stück geht oder ob siees mögen oder nicht.P.P.: Es haben sich aber die Tätigkeiten derVerlage gewandelt. Alice Artzt spielte inKöln die Suite von Bach/Weiss/Ponce, beider erst vor ein paar Jahren bekannt wurde,wer dieses Stück wirklich geschrieben hat.Wäre so etwas heute noch möglich? Ichglaube und hoffe nicht!J.W.D.: Man sollte es annehmen. Ich würdeaber vielleicht nicht ganz so weit gehen. An-gelo Gilardino brachte mich einmal auf denGedanken, eine Scarlatti-Sonate K 556 zuschreiben. Von Scarlatti sind nur 555 Sonatenbekannt. Angelo hat das Stück in Italien ge-spielt. Ich habe es zwei sehr bekannten Gi-tarristen vorgelegt, deren Namen hier nichtgenannt werden sollten: Beide haben dasStück als Scarlatti anerkannt. Sachen wie diePonce-Suite sind durch den Zeitgeist zu er-klären.P.P.: Sie glauben also nicht, dass die Gitar-risten mittlerweile so wissend und kritischgeworden sind, dass Späßchen wie derBach/Weiss/Ponce nicht mehr möglich sind?J.W.D.: Es ist sicherlich sehr schwierig gewor-den.P.P.: Eine der Standardfragen, ein solches In-terview abzuschließen, ist die nach der Zu-kunft. Wie geht es weiter mit der Gitarre?J.W.D.: Ich glaube, dass sich die Technikjetzt sehr sehr entwickelt hat. Ich rede jetztnicht von den zwei oder drei Top-Stars, son-dern von den Gitarristen etwas weiter untenin der Popularitätsskala. Vor Jahren habe ichdie Variationen über ein französisches Kin-derlied für zwei Gitarren komponiert („Va-riations on a French Nursery Song“ op. 32).Ich schrieb sie für Preti/Lagoya, und beidesagten, das Stück sei das schwerste, das siejemals gespielt hätten. Trotzdem spielten siedie Variationen nach zwei Wochen öffent-lich, was die unglaublichen spielerischen Fä-higkeiten der beiden zeigt. Als Ida Prestistarb, habe ich gedacht, ich würde das Stückniemals mehr hören, weil es zu schwer ist.Leider haben die beiden das Stück nichtmehr für die Schallplpatte aufnehmen kön-nen. Er wurden etwa 50 bis 70 Ausgaben vonden Noten pro Jahr verkaut, was nicht vielist – angesichts der technischen Schwierig-keit des Stücks aber wieder vergleichsweiseeine Menge. Dann hat das Frankfurter Gitar-renduo das Stück aufgenommen, und ich ha-be dieses Duo auch live gehört, wo es aufdem Programm stand. Gerade ist eine neue

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Aufnahme herausgekommen von zweiSchweden, die kaum die Musikhochschuleabsolviert haben. Presti/Lagoya wären si-cherlich erstaunt gewesen, wie sich dertechnische Standard entwickelt hat.Ein Problem ist allerdings offensichtlich ge-worden. Ein Konzertsaal wie die WigmoreHall war vor Jahren voll, nur weil Gitarre ge-spielt worden ist. Diese Zeiten sind vorbei.In London hat die Gitarre kein tragfähigesPublikum mehr. Die Gitarre hat keine Ge-folgschaft mehr, nur weil es die Gitarre ist.Einzelne Spieler haben Gefolgschaft, aberdas ist bei allen Instrumenten so. Heute hatdie Gitarre zu überleben, und zwar durchdie Qualität dessen, was man mit ihr macht,durch die Qualität der Darbietungen und dieAuswahl des Repertoires. Sie hat sich dengleichen Maßstäben zu unterwerfen wie jedeandere Musikgattung. Sie ist kein Ausnah-mefall mehr, bei dem man Entschuldigun-gen gelten lässt. Außerdem ist die so vielvoller mit sehr guten Spielern, dass es im-mer schwerer wird, seinen Lebensunterhaltmit der Gitarre zu verdienen. Es wird immerein Bedarf an guten Lehrern bestehen, unddie Gitarristen haben es etwa gegenüber denGeigern schwerer, die sich am dritten Pulteines zweiklassigen Orchesters verdingenkönnen.P.P.: Die Zeiten haben sich aber grundlegendgeändert.J.W.D.: Es gibt immer noch Gitarristen, diedas nicht erkannt haben. Vor ein paar Wo-chen war ein Konzert hier in London. Ich ha-be es abgelehnt, einen Bericht darüber zuschreiben. Hier das Programm: Variationenüber „Guardame las Vacas“ von Narváez,Mudarra, Fantasía . . . raten Sie welche!P.P.: ... que contrahaze la harpa ...J.W.D. : … Gaspar Sanz, Three pieces …P.P.: … Españoletas, Canarios und Paradetas…J.W.D. : … nicht ganz richtig: Fuga, Pavan,Españoletas. Fernando Sor, Variationen überein Thema von . . .P.P.: oh, mein Gott!J.W.D.: Torroba, Madroños. Albéniz …P.P.: … Asturias …J.W.D.: … ja, und Flamenco nach der Pause.Die Gitarre ist an einem Punkt angelangt,was nicht heißen soll, dass sie auf dem Wegnach unten ist. Sie hat aber die Aufmerk-samkeit mit all den anderen Instrumentenzu teilen. Sie ist kein Fetisch mehr.P.P.: John, vielen Dank für das Gespräch!

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Detlef Altenburg (Hrsg.), ARS MUSICA – MUSICA SCIENTIA,Festschrift Heinrich Hüschen zum fünfundsechzigsten Geburtstagam 2. März 1980, Köln 1980(474 S., zahlreiche Notenbeispiele und Abbildungen, Ganzleinen,Fadenheftung) G&L 125, ISBN 3-88583-002-7, € 75,–

Detlef Altenburg, Vom poetisch Schönen. Franz Liszts Auseinandersetzung mit der Musikäs-thetik Eduard Hanslicks; Konrad Ameln, „Herzlich tut mich erfeuen“ … Wandlungen einerMelodie; Denis Arnold, Pasquale Anfossi’s Motets for the Ospedaletto in Venice; Maria Augus-

ta Barbosa, Einführung in die Musikgeschichte Portugals bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts;Heinz Becker, Massenets „Werther“: Oper oder vertonter Roman?; Oswald Bill, J. S. BachsMesse in A-Dur: Beobachtungen am Autograph; Wolfgang Boetticher, Zum Problem der äl-testen handschriftlich überlieferten Lautentabulaturen; Dimiter Christoff, Kompositionstech-nische Analyse des bulgarischen Liedes „Swirtschiza Swiri“ auf der Grundlage einer verallgemein-ernden Theorie der Melodik; Georg von Dadelsen, De confusione articulandi; Carl

Dahlhaus, Über das System der muskitheoretischen Disziplinen im klassisch-romantischenZeitalter; Joachim Dorfmüller, Orgelsonate zwischen Historismus und Avantgarde: Anmerkun-gen zu Kompositionen aus der Zeit zwischen 1960 und 1979; Ursula Eckert-Bäcker, DiePariser Schola Cantorum in den Jahren um 1900: Eine Skizze unter besonderer Berücksichtigunghistorischer und pädagogischer Aspekte; Georg Feder, Über Haydns Skizzen zu nicht identi-fizierten Werken; Hellmut Federhofer, Stylus Antiquus und modernus im Verhältnis zumstrengen und freien Satz; Renate Federhofer-Königs, „Der Merker“ (1909–1922) – ein Spiegelösterreichischen Musiklebens; Karl Gustav Fellerer, Agostino Agazzaris „Musica ecclesiastica“1638; Kurt von Fischer, Die Musik des italienischen Trecento als Gegenstand historischerÜberlieferung und musikwissenschaftlicher Forschung; Constantin Floros, Richard Strauss unddie Programmusik; Arno Forchert, Zur Satztechnik von Beethovens Streichquartetten; Jobst

Peter Fricke, Hindemiths theoretische Grundlegung der Kompositionstechnik in seiner „Unter-weisung im Tonsatz“; Walter Gerstenberg, Das Allegretto in Beethovens VII. Symphonie;Walter Gieseler, Quid est Musica? – Quid sit Musica?: Anmerkungen zu Heinrich Hüschen,Artikel Musik. Begriffs- und geistesgeschichtlich, in: MGG IV, Sp. 970-1000; Theodor Göllner,Beethovens Ouvertüre „Die Weihe des Hauses“ und Händels Trauermarsch aus „Saul“; Kurt

Gudewill, Vom Lobe Gottes oder der Musica: Zu Lorentz Schröders Kopenhagener Traktat von1639; Robert Günther, Abbild oder Zeichen: Bemerkungen zur Darstellung von Musikinstru-menten an indischen Skulpturen im Rautenstrauch-Joest Museum zu Köln; Dieter Gutknecht,Schleifer oder Vorschläge in der Arie „Erbarme dich“ aus der Matthäus-Passion von J. S. Bach;Willibrord Heckenbach, Responsoriale Communio-Antiphonen; Gerhard Heldt, … aus derTradition gestaltet: Der „Rosenkavalier und seine Quellen; Siegmund Helms, Musikpädagogikund Musikgeschichte; Lothar Hoffmann-Erbrecht, Der Lautenist Silvius Leopold Weiss undJohann Sebastian Bach; Heinrich Husmann, Ein Missale von Assisi, Baltimore, Walters GalleryW.75; Hans-Josef Irmen, Engelbert Humperdinck und sein transzendental-ästhetisches Systemder Plastik; Roland Jackson, Mercadente’s Résumé of Opera Reform; Dietrich Kämper, Lastangetta – eine Instrumentalkomposition Gaspars van Weerbeke?; Hans Klotz, Über den origi-nalen Aufbau eines Scharf von 1637; Ernst Klusen, Singen als soziales Handeln: Einzelfallstudie:„Das Singen liegt mir im Sinn“; Siegfried Kross, von „roten“ und anderen Brahms-Festen;Josef Kuckertz, Der südindische Raga Kharmas; Harald Kümmerling, Ut a corporeis ad in-corporea transeamus; Helmut Moog, Zum Stande der Erforschung des Musikerlebens zwischendem sechsten und zehnten Lebensjahr; Klaus Wolfgang Niemöller, Zur Qualifizierung undDifferenzierung der Intervalle in der deutschen Musiktheorie des 16. Jahrhunderts; Frits Noske,Verdi’s ’Macbeth’: Romanticism or Realism?; Walter Piel, Der Bau von Musikinstrumenten mitSchulkindern: Bemerkungen zur Quellenlage in Deutschland; Nancy B. Reich, Louise Reichardt;Rudolf Reuter, Zur Baugeschichte der Orgeln des Escorial; Martin Ruhnke, Musikalisch-rhetorische Figuren und ihre musikalische Qualität; Hans Schmidt, Gregorianik – Legende oderWahrheit?; Udo Sirker, Joseph Sauveurs musikakustische Untersuchungen: Ein Beitrag zu experi-mentellen Forschungen um 1700; Joseph Smits van Waesberghe, „Wer so himmlisch mehrstim-mig singen will …“; Martin Staehelin, Bemerkungen zum geistigen Umkreis und zu denQuellen des Sebastian Virdung; Günter Thomas, Haydn-Anekdoten; Hubert Unverricht, DieDasia-Notation und ihre Interpretation; Horst Walter, Haydns Schüler am Esterházyschen Hof;Grete Wehmeyer, Die Kunst der Fingerfertigkeit und die kapitalistische Arbeitsideologie

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Klassiker der Moderne – Nachruf auf Harald GenzmerDer Komponist Harald Genzmer ist am 16.12.2007 im Alter von 98Jahren in München gestorben. Die Musikwelt und der Verlag SchottMusic verlieren damit einen bei Publikum und Interpreten gleicher-maßen geschätzten Komponisten, einen bedeutenden Lehrer und ei-nen überaus liebenswürdigen Mitmenschen.

Genzmer gehörte zu jenen Komponisten, die mit ihrer Kunst verstan-den werden wollen: „Musik soll vital, kunstvoll und verständlich sein.Als praktikabel möge sie den Interpreten für sich gewinnen, als erfas-sbar sodann den Hörer.“ Eine Kunst um ihrer selbst oder um abstrak-ter Prinzipien willen lehnte er ab. Neben großen Konzertwerken fürinternational renommierte Orchester komponierte Genzmer immerwieder Stücke für Laien, so dass seine Musik nicht nur auf den großenKonzertbühnen gespielt wurde, sondern sich bei Schul- und Studen-tenorchestern großer Popularität erfreute und weithin bekannt wurde.

Als Professor für Komposition fand der gebürtige Bremer ab 1946zunächst in Freiburg, dann ab 1957 in München seine eigentliche Be-rufung. Er war Lehrer aus Leidenschaft und vermittelte Generationenvon jungen Komponisten seine in einem umfangreichen eigenenSchaffen dokumentierte Fähigkeiten und seine enormen Kenntnisseder Musikgeschichte. Dabei galt ihm die Musik als eine Kunst unteranderen; sein glänzendes Wissen in Schwestergebieten wie der Litera-tur, der bildenden Kunst, aber auch in den Naturwissenschaften er-gänzte seinen Unterricht über Jahrzehnte.

Das Schaffen, das Genzmer hinterlässt, ist von erstaunlicher Vielfalt.Es umfasst alle Gattungen von der Klaviermusik bis zur Sinfonik (dar-unter fünf Sinfonien) mit einer signifikanten Ausnahme: Der Kompo-nist schrieb keine Oper. Einen deutlichen Schwerpunkt bilden in sei-nem Werk das Konzert bzw. Werke, die einem konzertierenden Prinzipfolgen. Er schrieb zahlreiche Solokonzerte und ließ sich von renom-mierten Interpreten immer wieder dazu inspirieren, auch Konzertefür außergewöhnliche Instrumente, etwa für Mixtur-Trautonium, zukomponieren. Genzmer begeisterte durch künstlerische Inspiration,durch seine Einfühlungsvermögen in die Interpreten, denen er dank-bare instrumentale Aufgaben geben wollte, sowie durch seinen Sinnfür den Klang eines Instruments, einer Melodie, einer harmonischenWendung. Er, der unter anderem bei Paul Hindemith studiert hatteund von so unterschiedlichen Komponisten wie Igor Stravinsky, Clau-de Debussy und Bela Bartok Anregungen empfing, fand früh seinenvon unerschöpflicher Phantasie, Verständlichkeit und souveräner Be-herrschung des Handwerks bestimmten Personalstil. Noch seine letz-ten Kompositionen, von denen viele für befreundete Musiker entstan-den, zeigen eindrucksvoll seine unvergleichliche geistige und künstle-rische Produktivität. Nur wenige Wochen vor seinem 99. Geburtstagist der Komponist in seiner Wahlheimat München verstorben.

© 2008 by SCHOTT MUSIC, Mainz

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Notenausgaben von Gitarre & Laute

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Danserie No. 2 für Gitarre solo€ 7,50 G&L 142Eduardo Falú

Gavota para Guitarra, Mit Fingersätzen versehen von Hubert Käppel, 2-3€ 5,00 G&L 112Eduardo Falú

Preludio del pastor€ 6,50 G&L 111Santino Garsi da Parma

Sämtliche Lautenwerke, Gesamtausgabe der handschriftlichen Quellen,Faksimile mit Übertragungen und Kommentar von Dieter Kirsch€ 30,00 G&L 148Jana Obrovská

Hommage à Choral Gothique f. Gitarre Solo, Revidiert von Milan Zelenka€ 8,50 G&L 122Jana Obrovská

Due Musici für zwei Gitarren€ 8,50 G&L 123

John W. Duarte

Danserie No. 2 für Gitarre solo€ 8,50 G&L 142Adrian Patino

Nevando Está, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú€ 6,50 G&L 120A. Robles und Jorge Milchberg

El Condor pasa, Für Gitarre bearbeitet von Eduardo Falú€ 6,50 G&L 116Ignace Strasfogel

Prélude, Elegie und Rondo für Gitarre, Herausgegeben von Volker Höh € 13,00 G&L 168Heinrich Marschner

Lieder mit Begleitung der Gitarre (Zwölf Lieder op. 5, Zwei Lieder vonGoethe), Herausgegeben von Oliver Huck€ 15,00 G&L 169

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