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GLETSCHERMESSUNGEN AN DER PASTERZE UND IN DEREN
UMGEBUNG (GLOCKNERGRUPPE) IM JAHR 2015
von Gerhard Karl LIEB und Andreas KELLERER-PIRKLBAUER, beide Graz
(verantwortlicher Berichterstatter: G. K. LIEB)
Zusammenfassung
Das Haushaltsjahr 2014/2015 war allen Beobachtungen und Messdaten zu Folge wesentlich
gletscherabträglicher als die vorangegangenen Jahre und kann diesbezüglich durchaus mit
dem Haushaltsjahr 2002/03 verglichen werden.
Längenänderungen
Gletscher 2013/14 2014/15
Pasterze / moränenarmer Teil
(17.9.)
-56,0 m (3 Marken) -94,3 m (11 Strecken)
Pasterze / moränenbedeckter
Teil (17.9.)
-46,5 m (1 Marke) -42,2 m (36 Strecken)
Pasterze / gesamt (17.9.) -53,6 m (4 Marken) -54,4 m (47 Strecken)
Wasserfallwinkelkees (16.9.) -12,2 m (3 Marken) -32,6 m (3 Marken)
Freiwandkees (16.9.) . (sn) -30,3 m (2013/15,
3 Marken)
sn = schneebedeckt; der Begriff „Strecken“ bezieht sich auf die neue Messmethode der
Längenänderungen an der Pasterze (Kap. 2)
Höhenänderungen der Oberfläche der Pasterze
Profillinie Mittlere Höhe der
Punkte 2015
Änderung 2013/14 Änderung 2014/15
Seelandlinie (15.9.) 2172,0 m -5,7 m -7,4 m
Burgstalllinie (15.,
17.9.)
2321,1 m -6,1 m -6,5 m
Linie am Hohen
Burgstall (16.9.)
2798,9 m -0,3 m -4,1 m
Firnprofil (16.9.) 3002,4 m +1,2 m -2,6 m
Das Mittel des Einsinkens an allen auf der Pasterzenzunge gemessenen Punkten (Seeland-
und Burgstalllinie) betrug 6,9 m gegenüber 5,9 m von 2013 auf 2014.
Jahreswege an den Steinlinien
Profillinie Mittel 2013/14 Max. 2013/14 Mittel 2014/15 Max. 2014/15
Seelandlinie
(15.9.)
3,6 m
(8 Steine)
5,1 m
(Stein 7) 4,0 m
(7 Steine)
6,1 m
(Stein 6)
Burgstalllinie
(15., 17.9.)
13,2 m
(8 Steine)
17,2 m
(Stein 5) 11,3 m
(7 Steine)
14,6 m
(Stein 5)
Linie am Hohen
Burgstall (16.9.)
1,0 m
(3 Steine)
1,1 m
(Steine 2 und 3) 1,6 m
(3 Steine)
1,8 m
(Stein 1)
2
1 Vorbemerkungen und Danksagungen
Die Gletschermessungen fanden zwischen 15. und 17.9.2015 unter unserer Leitung und unter
Mitwirkung von Isabel EGARTNER, Christoph SCHITTER, Reinhold SCHÖNGRUNDNER und
Rupert SCHWARZL statt; unser besonderer Dank gilt Reinhold SCHÖNGRUNDNER, der Andreas
KELLERER-PIRKLBAUER bei der Durchführung der Profilmessungen mittels DGPS mit
unentbehrlichen technischen Hilfestellungen unterstützte. Am 15. und 16.9. wurden wir von
den folgenden Studierenden des Instituts für Geographie und Raumforschung der Universität
Graz im Rahmen einer von Gerhard K. LIEB geleiteten Hochgebirgs-Arbeitsexkursion
unterstützt: Anna GUTSCHI, Christian KUEHS, Philipp LEODOLTER, Matthias LICHTENEGGER,
Jürgen REINER und Bernd TRAAR. Allen genannten Personen möchten wir an dieser Stelle
herzlich für ihren vorbildlichen Einsatz danken. Weiters sprechen wir der Großglockner-
Hochalpenstraßen-A.G., Salzburg, der Sektion Klagenfurt des Österreichischen Alpenvereins
für finanzielle Unterstützungen, Roland ERTL und seinem Team für die gastliche Aufnahme
im Glocknerhaus sowie Wolfgang HACKEL, Wirt der Oberwalderhütte, für die großzügige
Einladung bei unserem Besuch am 16.9. Dank aus. Schließlich bedanken wir uns bei Herwig
WAKONIGG für die kritische Durchsicht des Manuskripts.
2 Anmerkungen zur Messmethodik
Wie im Kap. 7 des Gletscherberichts von 2014 ausgeführt, wurden alle Messungen mit
Ausnahme jener der Oberflächenbewegung an der Pasterze sowie der Längenänderungen an
Freiwand- und Wasserfallwinkelkees (worin weiterhin die „klassische“ Messung mit Laser-
Distanzmessgerät oder Maßband – heuer nur mit letzterem – zum Einsatz kommt) im
heurigen Jahr mit DGPS durchgeführt (Abb. 1). Hierzu kam ein System (HiPerV) der Fa.
Topcon Positioning Systems mit zwei GPS-Empfängern (Basisstation und Rover) zum
Einsatz. Am 15.9. wurde allerdings nach nur zwei Messungen an der Burgstalllinie die am
Fixpunkt der ehemaligen Freiwandlinie aufgestellte Basisstation von einer Sturmbö (zur
Witterung siehe Kap. 3) erfasst, über die gletscherseitige Felswand geschleudert und dabei so
beschädigt, dass sie nicht mehr benutzbar war. Die Korrektur der im Gelände gemessenen
Einzelmessungen erfolgte hierauf durch in Echtzeit übertragene Korrekturdaten des EPOSA
(Echtzeit Positionierung Austria)-Dienstes, welcher über das Handynetz verfügbar ist. Da im
Bereich der Pasterze zu den Messperioden überall ausreichend Handyempfang gegeben war,
konnten alle Messungen trotz des erwähnten Sturmschadens klaglos durchgeführt werden.
Abb. 1: Andreas KELLERER-PIRKLBAUER (re.) beim Einmessen des Punktes 4/15 und Christoph
SCHITTER (li.) beim Hinterlegen des markierten Steins an der Burgstalllinie (Foto: LIEB, 17.9.2015)
3
Die DGPS-Messmethodik hat sich erwartungsgemäß voll bewährt, zumal sie im Gegensatz zu
den analogen Theodolit-Messungen auch bei teilweise schlechter Sicht und starkem Wind
ohne Einschränkungen anwendbar ist. Die im Kap. 7 des Gletscherberichts von 2014
formulierten Erwartungen an die Methodik wurden also vollinhaltlich erfüllt. In Bezug auf die
Kontinuität der langen Datenreihe an der Pasterze, die durch Wechsel der Messmethodik
einen Bruch erhält, sind bei der Interpretation der Daten folgende Punkte zu beachten.
Die Angaben der Höhenänderungen an den Profilpunkten beziehen sich auf die im
Vorjahr mit DGPS (mit Basis-Rover Konfiguration) gemessenen Höhen. Diese waren
im Mittel aus 24 Punkten um 0,88 m höher als die im Vorjahr gleichzeitig mit der
„traditionellen“ Methode (analoge Diagrammtachymeter-Messung) gemessenen
Werte. Diese Diskrepanz hat für den glaziologisch relevanten Betrag der
Höhenänderung als eines der zentralen Ergebnisse des vorliegenden Berichts keine
Bedeutung, wäre jedoch bei Verwendung der absoluten Höhen der einzelnen Punkte
zu beachten.
Die Angaben zur Oberflächenbewegung der an den Profilpunkten hinterlegten Steine
(Kap. 7) beruhen weiterhin auf Maßbandmessungen. Ergänzend dazu wurden die
Steine aus 2014 und 2013 (an einem Punkt der Linie am Hohen Burgstall auch ältere)
ebenfalls mit DGPS eingemessen, sodass nun auch Bewegungsvektoren verfügbar
sind, jedoch in diesem Bericht nicht mitgeteilt werden. In Bezug auf die mitgeteilten
Beträge der Gletscherbewegung besteht also kein Bruch in der Kontinuität der Reihe.
Abb. 2: Mit GPS (2014) und DGPS (2015) eingemessene Lagen der Stirn der Pasterze und die zur
Bestimmung der Längenänderung verwendeten Strecken (Auswertung: A. KELLERER-PIRKLBAUER)
4
Wie in Kap. 4 des Gletscherberichts 2014 ausgeführt, ist die Ermittlung der
Längenänderungen an der Pasterze nicht mehr mit der herkömmlichen Methode
möglich, weil im proglazialen Bereich keine neuen Messmarken angelegt werden
können. Daher wird bis auf weiteres die Bestimmung der Rückzugswerte an der
Pasterze wie folgt vollzogen: Den ersten Schritt bildet die Vermessung des Eisrandes,
soweit dieser zugänglich ist, mittels DGPS – dies geschah, wie im letzten Bericht
mitgeteilt, bereits 2014 und heuer wieder. Somit kann die zwischen 2014 und 2015
entgletscherte Fläche zwischen den beiden DGPS-Tracks in einem GIS ausgewiesen
werden (Abb. 2). Es zeigte sich, dass ca. 24.000 m² zwischen den beiden
Messterminen eisfrei wurden. Im zweiten Schritt wurde alle 10 m (konstanter Versatz
um jeweils 10 m) der Rückzug des Gletschers entlang von Strecken, welche ein
Azimut von 320° aufwiesen, bestimmt. Dieses Azimut ergab sich aus der
arithmetischen Mittelung der Azimute der sechs, in den beiden letzten Messjahren
2013 und 2014 verwendeten Messpunkte, und zwar I/08, II/12, III/93, IV/95 (nur
2013), VI/90 und VII/96 (nur 2013). Bedingt durch die Geometrie der Rückzugsfläche
ergaben sich in Summe 47 für die weitere Auswertung gültige Strecken, wobei die
Strecken 1-36 dem schuttbedeckten und 37-47 (n=11) dem schuttarmen Teil der
Gletscherzunge zuzurechnen waren. Aus den jeweiligen Streckenlängen wurden die
Längenänderungen für die zwei Teilbereiche der Gletscherzunge sowie für die
gesamte Gletscherzunge bestimmt. Das Ergebnis der Längenänderung ist in Tab. 1
dargestellt, woraus zu entnehmen ist, dass die mit der neuen Methode ermittelten
Werte durchaus mit denen der Vorjahre vergleichbar sind, was für die neue
entwickelte Methode spricht.
3 Witterungsablauf und Schneeverhältnisse
Nach dem Ende des Haushaltsjahres 2013/14 blieb der Spätherbst überwiegend antizyklonal
und sehr mild. Auch der Dezember brachte nur bescheidene Schneefälle südlicher Provenienz,
und erst im Jänner gewann der Aufbau der Winterschneedecke in den Hochlagen etwas an
Dynamik. Allerdings fehlten den ganzen Winter über herausragende Schneefallereignisse –
mit Ausnahme einer in den niedrigeren Gebirgslagen als Winterrückfall erlebten Episode an
der Monatswende März-April. April und Mai blieben in der Folge thermisch eher unauffällig
und niederschlagsarm, bevor in der letzten Mai-Dekade eine zyklonale Wetterlage mit Zufuhr
feuchtkalter Luftmassen der Glocknergruppe bedeutende Neuschneemengen brachte. Nach
einer ersten Hitzewelle in der ersten Junihälfte, die für einen starken Ablationsschub sorgte,
erfolgten die letzten nennenswerten Schneefälle vor dem Hochsommer in der zweiten und zu
Beginn der dritten Juni-Dekade. Darauf folgte ein von antizyklonaler Witterung mit beinahe
durchgehend überdurchschnittlichem Temperaturniveau geprägter Hochsommer, in dem die
Ablation wenn überhaupt, so nur in den allerhöchsten Lagen kurzzeitig unterbrochen war
(Wetterstürze mit Bildung dünner Schneedecken meist nur über 3000 m am 8.7., um den 30.7.
und am 17.8.). Die Ausaperung war daher bereits um Mitte August ähnlich weit
fortgeschritten wie 2014 bei unserem Besuch im September. Die hochsommerliche
Hauptablationsperiode endete am 4./5.9. mit einem Wettersturz, der bis nahe zur Waldgrenze
herab eine Schneedecke entstehen ließ.
Bei der Messkampagne trafen wir auf der Pasterze und ihren Nachbargletschern oberhalb von
etwa 2700 m noch Reste dieses „Septemberschnees“ an. Bis in etwa 3000-3100 m waren
diese jedoch so fleckenhaft und geringmächtig, dass sie den Zustand der bis in diese
Höhenlagen so gut wie vollständigen Ausaperung nicht kaschieren konnten. Aufgrund der
Situation am Wasserfallwinkelkees (Fotos im Anhang, S. 13 f.) und aus vor dem Wettersturz
5
aufgenommenen Fotos kann die allerdings nur sehr vage Abschätzung getroffen werden, dass
die mittlere Höhe der Altschneelinie kaum weniger als 3100-3200 m betragen haben dürfte.
Auch an den hoch gelegenen Profilpunkten lag durchwegs unter wenigen cm
Septemberschnee Blankeis. In dieselbe Richtung weisen auch die gegenüber dem Vorjahr
deutlich kleineren Schneefelder außerhalb der Gletscher, die durchwegs aus Firn bestanden.
Dies ist auf den Fotos im Anhang (S. 14) besonders deutlich in den Gletschervorfeldern des
Wasserfallwinkelkeeses und der Gletscherzunge zwischen den Burgställen zu erkennen.
Die Messkampagne startete nach der Anreise am 14.9. und war bis zu ihrem Ende durch
ausgesprochen stürmische Witterung geprägt. Nach einem schwachen Frontdurchgang vom
13. auf den 14.9. (mit etwas Schnee oberhalb von ca. 3400 m) drehte die Strömung noch in
der Nacht zum 15.9. von WNW auf S, wodurch es zur Zufuhr sehr milder, zuletzt sogar
ausgesprochen warmer und feuchter Luft kam. Die Folge davon waren zwar angenehme
Temperaturen, aber starke Bewölkung mit besonders am Glocknerkamm meist nur wenig
über 3000 m liegender Wolkenbasis und vor allem ununterbrochen starker Wind, dessen
Geschwindigkeiten sich von Tag zu Tag steigerten und am 17.9., dem letzten Messtag, im
Vorfeld der Pasterze für regelrechte Staub- bzw. Sandsturmböen sorgten. Zu Mittag dieses
Tages wurde sogar die Glocknerstraße für Motorräder, Busse und Wohnmobile gesperrt –
eine Maßnahme, die noch nie während eines unserer zahlreichen Aufenthalte gesetzt worden
war! Nach unserer Abreise am 17.9. dauerte diese Witterungsepisode noch einen weiteren
Tag an und endete mit dem Kaltfrontdurchgang vom 19./20.9.
Der astronomische Herbst begann mit einem Schneefallereignis bis zur Waldgrenze herab und
war in der Folge von vorherrschend zyklonaler Witterung geprägt, wobei es zuletzt in der
zweiten und zu Beginn der dritten Oktober-Dekade zu nennenswerten Schneefällen kam. Das
Ende des Haushaltsjahres ist somit wohl mit Beginn der letzten Septemberdekade
festzusetzen, obwohl ab dem 25.10. bis weit in den November hinein wieder antizyklonale
Witterung mit übernormal hohen Temperaturen folgte.
Abb. 3: Der orographisch linke Rand der Pasterzenzunge mit massiven Zerfallserscheinungen, auch
auf dem moränenbedeckten Gletscherteil; die weißen Eintragungen beziehen sich auf Kap.4
(Blick vom Gamsgrubenweg nach W; Foto: LIEB, 16.9.2015).
Abb.5
Ovale Senke
inverse Gletschertore
6
4 Physiognomische Beobachtungen an den Gletschern und ihrem Umfeld
Der Eiszerfall an der Stirn der Pasterze hat sich am moränenarmen Gletscherteil fortgesetzt
(Abb. 3), was sich auch in einem zum Vorjahr sehr ähnlichen Rückzugsbetrag widerspiegelt.
Die Gesamtsituation wird in Abb. 4 in Form einer Übersichtsskizze dargestellt, worin im
Vergleich mit der entsprechenden Darstellung im Vorjahresbericht (auch dort Abb. 4)
erkennbar ist, dass sich die wesentlichsten physiognomischen Veränderungen im vordersten,
orographisch linken Teil des moränenarmen Gletscherteils vollzogen haben. Hier war der
linke Eisrand vor allem seitlich stark zurückgeschmolzen, was bei den aktuellen Werten der
Längenänderung (Tab. 1) noch nicht zum Ausdruck kommt. Am Fuß einer mehreren Meter
hohen Eiswand entstand eine geräumige Senke mit ovalem Umriss, die vom weiter oben
entspringenden Gletscherbach durchflossen wurde. Dieser wiederum verschwand unter der
Eiswand in zwei inversen Gletschertoren und trat etwa 250 m talab an der Sanderfläche in
diffuser Form wieder aus. Am oberen Ende der ovalen Senke lag das Eis einem im Mittel
zumindest 5 m mächtigen fluvioglazialen Sedimentpaket auf, in das der Gletscherbach einen
kastenförmigen Einschnitt mit senkrechten Talhängen erodiert hatte (Abb. 5; zur Lage siehe
Abb. 3).
Abb. 4: Skizze zur topographischen Situation an der Stirn der Pasterze 2015
(eigener Entwurf; Zeichnung: V. DAMM), Erläuterungen im Text
7
Abb. 5: Orographisch linker Eisrand am oberen Ende der ovalen Senke; links mit Blick nach W und
gut sichtbarer Unterlagerung des Eises durch Sedimente, rechts Blick nach NW entlang der Talachse
Richtung Johannisberg mit markantem Kastental in Sedimenten (Fotos: LIEB, 17.9.2015).
Auch taleinwärts von der in Abb. 5 gezeigten Situation haben sich der Zerfall und die
fortschreitende Spaltenbildung am orographisch linken Eisrand weiter fortgesetzt (Abb. 3),
weshalb auch Punkt 10 an der Seelandlinie nicht mehr erreicht werden konnte. Weiters ist in
Abb. 3 zu erkennen, dass sich die seit 2011 beobachteten Einbruchs-Prozesse in der Mitte der
Gletscherzunge fortgesetzt haben. Am Eisrand des moränenbedeckten Gletscherteils ist der im
Vorjahresbericht erwähnte Rundhöcker weiter freigeschmolzen und bildete bei unserem
Besuch einen relativ unscheinbaren Felsbereich zwischen dem schuttbedeckten Gletscherteil
und der überschwemmter Sanderfläche.
Wie die Vergleiche der Fotos im Anhang mit denen des Vorjahres klar zeigen, sind die
Aperstellen im Hufeisenbruch gegenüber dem letzten Jahr geringfügig größer geworden.
5 Die Längenmessungen an der Pasterze und den benachbarten Gletschern
Die Längenänderungen an der Pasterze wurden mit der in Kap. 2 erläuterten Methode
bestimmt, die Messungen an den beiden anderen Gletschern erfolgten mit Maßband. Die
Längenangaben erfolgen in Metern, negative Vorzeichen stehen für Gletscherrückzug. Die
Richtungen sind in rechtsweisenden Altgraden angegeben.
Pasterze (Messung am 17.9.2015)
Gletscherteil moränenarm mor.bedeckt gesamte Stirn
Rückzug 2014/2015 -94,3 (11 Strecken) -42,2 (36 Strecken) -54,4 (47 Strecken)
Rückzug 2013/2014 -56,0 (3 Marken) -46,5 (1 Marke) -53,6 (4 Marken)
Tab. 1: Mittelwerte der Längenänderung der Pasterze
Wasserfallwinkelkees (Messung am 16.9.2015)
Marke I/10 II/10 III/10 Mittel
Richtung 0 345 349
Distanz 2015 71,2 119,5 57,0
Distanz 2014 41,0 64,6 44,2
Differenz 14/15 -30,2 -54,9 -12,8 -32,6
Tab. 2: Messdaten der Längenänderungen am Wasserfallwinkelkees
8
Der erneut starke Rückgang am Wasserfallwinkelkees an allen Punkten sowie im Mittel ist
weiterhin mit dem über flachem Felsgelände dünn auskeilenden Eiskörper zu erklären, bei
dem das im letzten Sommer starke Einsinken der Oberfläche einen sehr hohen Längenverlust
nach sich zieht. In Reaktion darauf wurden alle Marken in den bestehenden Messrichtungen
neu angelegt (Abb. 6, 7), nur bei Punkt III/15 erfolgte eine geringfügige Korrektur von 349
auf 350°. Die Distanzen der neuen zu den alten Punkten betragen bei I: 56,1 m, bei II:
102,0 m und bei III: 49,6 m, die Distanzen zum Eisrand in derselben Reihenfolge 15,1 m,
17,5 m und 7,4 m.
Abb. 6: Skizze zur topographischen Situation und Lage der Messmarken
an der Stirn des Wasserfallwinkelkeeses 2015 (eigener Entwurf; Zeichnung: J. REINER)
Abb. 7: Neuanlage der Messmarke II/15 und Distanzmessung
an der Stirn des Wasserfallwinkelkeeses (Foto: LIEB, 16.9.2015)
Freiwandkees (Messung am 16.9.2015)
Marke A 09 B 09 C 09 Mittel
Richtung 300 318 320
Distanz 2015 81,6 88,8 66,7
Distanz 2014 sn (27,3) sn (28,0) sn (17,6)
Distanz 2013 38,9 58,3 49,0
Differenz 13/15 -42,7 -30,5 -17,7 -30,3
Tab. 3: Messdaten der Längenänderungen am Freiwandkees (sn = schneebedeckt)
9
Da die Gletscherstirn des Freiwandkeeses beim Besuch 2014 zur Gänze unter einem breiten
Saum aus Altschnee lag und der Eisrand in diesem Jahr daher nicht lokalisiert werden konnte,
können als Rückzugswerte nur jene gegenüber 2013 angegeben werden. Die für 2014
angegebenen Werte sind Distanzangaben zum Rand der Schneeschürze in der jeweiligen
Messrichtung. Die aus diesem Grund für zwei Jahre gültigen Rückzugswerte sind in ihrem
Zustandekommen allerdings zum weitaus überwiegenden Teil dem letzten Haushaltsjahr
zuzuschreiben. Die Marke B 15 wurde in 51,1 m Abstand von B 09 neu angelegt und die
Messrichtung mit 330° den aktuellen Bedingungen angepasst (Abb. 8); die Distanz von der
neuen Marke zum Eisrand beträgt 37,7 m.
Abb. 8: Skizze zur topographischen Situation und Lage der Messmarken
an der Stirn des Freiwandkeeses 2015 (eigener Entwurf; Zeichnung: J. REINER)
6 Höhenänderungen an den Profilen
Für die gesamte Gletscherzunge errechnet sich der Einsinkbetrag als Mittel aus 15 Punkten
(7 an der Seeland- und 8 an der Burgstalllinie) zu 6,9 m (gegenüber 5,9 m von 2013 auf 2014,
berechnet aus 16 Punkten). Dies entspricht bei einer angenommenen Gültigkeit für eine 4 km2
große Fläche einem Volumen von 27,6 Millionen m3 Eis (24,8 Millionen m
3 Wasser). Alle
Angaben erfolgen in Metern, in Klammern gesetzte Zahlen werden zur Mittelbildung nicht
verwendet. Die in den Tab. 4-7 angegebenen Distanzen beziehen sich auf die Fixpunkte, von
denen aus bis 2014 die tachymetrischen Messungen der Profile erfolgten.
Seelandlinie (Messung am 15.9.2015)
Punkt 9 8 7 6 5 4 3
Distanz 400 500 600 700 800 900 1000
Höhe 2144,29 2155,59 2156,36 2164,05 2186,21 2198,53 2198,91
Änderg.
14/15
-10,78 -9,68 -9,15 -6,19 -6,83 -4,54 -4,59
Tab. 4: Profilmessungen an der Seelandlinie (mittl. Höhe der Messpunkte: 2171,99 m)
10
Das Mittel des Einsinkens wurde aus allen 7 Punkten (3-9) errechnet und betrug 7,4 m
gegenüber 5,7 m von 2013 auf 2014 (Mittel aus den 8 Punkten 3-10). Punkt 10 war im
zerfallenden Randbereich des Gletschers, wie schon in Kap. 4 ausgeführt, nicht mehr
erreichbar; entsprechend konnte auch der Eisrand nicht eingemessen werden. Die Punkte 3 bis
6 lagen auf dem moränenbedeckten, die Punkte 7 bis 10 auf dem moränenarmen Gletscherteil.
Burgstalllinie (Messung am 15. und 17.9.2015)
Punkt 2 3 4 5
Distanz 200 300 400 500
Höhe 2333,32 2319,62 2323,41 2324,62
Änderung 14/15 -4,07 -5,74 -8,13 -7,85
Punkt 6 7 8 9
Distanz 600 700 800 900
Höhe 2320,73 2314,09 2315,12 2318,28
Änderung 14/15 -7,46 -7,75 -6,36 -4,71
Tab. 5: Profilmessungen an der Burgstalllinie (mittl. Höhe der Messpunkte: 2321,14 m)
Das Mittel des Einsinkens errechnet sich aus allen 8 Punkten zu 6,5 m gegenüber 6,1 m von
2013 auf 2014. Die Messung der Punkte 1 und 2 fand am 15., die der übrigen am 17.9. statt.
Der Eisrand war wie in den vorangegangenen Jahren im Kontakt zu randlichem,
schuttbedecktem Toteis sehr undeutlich und wird nahe Punkt 2 vermutet. Zur speziellen Lage
dieses Punktes 2 wird auf den Vorjahresbericht verwiesen. Die Punkte 3 bis 7 befanden sich
auf dem moränenarmen, 8 und 9 auf dem moränenbedeckten Gletscherteil.
Linie am Hohen Burgstall (Messung am 16.9.2015)
Punkt 1 2 3
Distanz 100 200 300
Höhe 2795,20 2793,27 2808,10
Änderung 2014/15 -3,66 -3,38 -5,18
Tab. 6: Profilmessungen an der Linie am Hohen Burgstall (mittl. Höhe der Messpunkte: 2798,86 m)
Als Mittel der Höhenänderung aus allen 3 Punkten errechnete sich ein Einsinken von 4,1 m
gegenüber 0,3 m von 2013 auf 2014. Alle Punkte lagen auf Blankeis.
Firnprofil (Messung am 16.9.2015)
Punkt 1 2 3 4 5
Distanz 100 200 300 400 500
Höhe 3034,44 3020,94 3007,18 2988,18 2961,30 Änderg.14/15 -2,54 -2,53 -2,44 -2,50 -2,84
Tab. 7: Profilmessungen am Firnprofil (mittl. Höhe der Messpunkte: 3002,41 m)
Als Mittel der Höhenänderung aus den 5 gemessenen Punkten (1-5) ergab sich ein Einsinken
von 2,6 m gegenüber einer Aufhöhung von 1,2 m von 2013 auf 2014 (berechnet aus
denselben 5 Punkten). An allen Punkten war das Blankeis nur von einer dünnen Schicht
Septemberschnee bedeckt.
11
7 Bewegungsmessungen an den Steinreihen
Alle Angaben erfolgen in Metern, die jeweiligen Maxima sind kursiv gesetzt, Werte in
Klammern bleiben bei der Mittelbildung unberücksichtigt.
Seelandlinie (Messung am 15.9.2015)
Stein 9 8 7 6 5 4 3 Mittel
Weg
14/15
5,9 5,0 5,8 6,1 3,3 1,6 0,5 4,0
Tab. 8: Bewegung der Steine an der Seelandlinie
Für die Mittelbildung standen die Werte der 7 Steine 3-9 zur Verfügung, zu Punkt 10 wird auf
Kap. 6 verwiesen; das Bewegungsmittel hat sich gegenüber dem Vorjahr (3,6 m; Mittel aus 8
Steinen) etwas erhöht.
Burgstalllinie (Messung am 15. und 17.9.2015)
Stein 2 3 4 5
Weg 14/15 (15,6 zu 13) 11,9 14,2 14,6
Stein 6 7 8 9 Mittel
Weg 14/15 14,2 11,7 8,2 4,5 11,3
Tab. 9: Bewegung der Steine an der Burgstalllinie
Für die Mittelbildung standen die Werte der 7 Steine 3-9 zur Verfügung, bei Punkt 2 war der
2014 hinterlegte Stein nicht mehr auffindbar. Das Bewegungsmittel hat sich gegenüber dem
Vorjahr (13,2 m; Mittel aus 8 Steinen) deutlich verringert. Die Messung der Punkte 1 und 2
fand am 15., die der übrigen am 17.9. statt.
Linie am Hohen Burgstall (Messung am 16.9.2015)
Stein 1 2 3 Mittel
Weg 14/15 1,8 1,4 1,5 1,6
Tab. 10: Bewegung der Steine an der Linie am Hohen Burgstall
Das Mittel wurde aus allen drei Steinen gerechnet und hat sich gegenüber dem im Vorjahr
mitgeteilten Wert von 1,0 m (ebenfalls aus allen drei Steinen bestimmt) erhöht, was wohl
nicht mit einer realen Erhöhung der Bewegung, sondern mit dem Abgleiten der Steine auf der
geneigten Gletscheroberfläche zu erklären ist.
Anschrift der Verfasser:
Ao. Univ.-Prof. Mag. Dr. Gerhard Karl LIEB
E-mail: [email protected]
MMag. Dr. Andreas KELLERER-PIRKLBAUER
E-mail: [email protected]
Institut für Geographie und Raumforschung der Universität Graz
Heinrichstraße 36, A-8010 Graz
Internet: http://geographie.uni-graz.at
12
Bildanhang 2015
Eine Übersicht zur Lage der Fotopunkte findet sich auf http://geographie.uni-graz.at/pasterze.
Blick v. Fotopunkt F1 (ca. 2185 m) Blick v. Fotopunkt F1 (ca. 2185 m)
nach SW auf die Stirn der Pasterze (15.9.) nach W auf die Pasterzenzunge (15.9.)
Blick v. Fotopunkt F2 (ca. 2140 m) Blick v. d. Franz-Josefs-Höhe (F3, 2370 m)
nach NW zur Stirn der Pasterze (17.9.) nach SW auf die Stirn der Pasterze (16.9.)
Blick v. d. Franz-Josefs-Höhe (F4, 2370 m) Blick v. d. Franz-Josefs-Höhe (F4, 2370 m)
nach SW zum li. Eisrand d. Pasterze (16.9.) nach WNW auf Pasterze und Großglockner
(15.9.)
13
Blick v. d. Franz-Josefs-Höhe (F4, 2370 m) Blick v. Gamsgrubenweg (F5, ca. 2420 m)
nach NW zum Hufeisenbruch der Pasterze nach WSW zum Hofmannskees (16.9.)
und zum Johannisberg (15.9.)
Blick v. Gamsgrubenweg (F5, ca. 2420 m) Blick v. Fotopunkt F6 (ca. 2620 m) nach
nach SSW zum Mittl. Schwerteckkees NW zur Stirn des Wasserfallwinkelkeeses
(16.9.) (16.9.)
Oberwalderhütte (F7, 2972 m), Blick nach N Blick v. d. Oberwalderhütte (F7, 2972 m)
(16.9.) nach NE zum oberen Wasserfallwinkelkees
(16.9.)
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Blick v. d. Oberwalderhütte (F7, 2972 m) Blick v. d. Oberwalderhütte (F7, 2972 m)
nach SE auf das Wasserfallwinkelkees und nach SW zum Mittl. Burgstall und
den Fuscherkarkopf (16.9.) zum Großglockner (16.9.)
Blick v. d. Oberwalderhütte (F7, 2972 m) Blick v. Fotopunkt F8 (ca. 2680 m) nach
nach W zum Johannisberg (16.9.) NW zum re. Lappen d. Wasserfallwinkel-
keeses u. zur Zunge zw. Mittl. u. Hohem
Burgstall (16.9.)
Blick v. Fotopunkt F8 (ca. 2680 m) nach W Blick v. Fotopunkt F9 (ca. 2600 m) nach E
in den Hufeisenbruch der Pasterze (16.9.) zum Südl. Pfandlschartenkees (16.9.)
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Blick vom Fotopunkt F10 (ca. 2640 m) Blick v. Glocknerhaus (F11, 2132 m)
nach NW zum Freiwandkees (16.9.) nach W zu den Schwerteckkeesen (17.9.)
Blick v. Glocknerhaus (F11, 2132 m) Blick v. Fotopunkt F12 (ca. 2540 m) am
nach W zum Großglockner (17.9.) Gamsgrubenweg nach WSW zum
Glocknerkees (16.9.)