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Grundlagenwissen über Orientierung und Mobilität für Menschen mit Sehbeeinträchtigung

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Grundlagenwissen über Orientierung und Mobilität

für Menschen mit Sehbeeinträchtigung

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Erasmus+ KA2 Strategic Partnership – Agreement nº Nº 2016-1-PT01-KA202-022736

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Das Projekt "VAPETVIP - Virtual Academy for Professionals in Education and Training of Visually Impaired People" wurde vom Programm "ERASMUS+" der Europäischen Kommission mitfinanziert.

Diese Veröffentlichung spiegelt nur die Ansicht des Autors wieder und die Kommission kann nicht für die Verwendung der darin enthaltenen Informationen verantwortlich gemacht werden.

Dieses Dokument wird vom VAPETVIP-Projektkonsortium veröffentlicht.

"Orientierungs- und Mobilitätstechniken zur Unterstützung sehbbeeinträchtigter Menschen" ist unter Creative Commons Attribution-NonCommercial-ShareAlike 3.0 Unported License lizenziert.

Gedruckt:

Januar 2019 durch

Das VAPETVIP PROJECT CONSORTIUM: Fundação Raquel e Martin Sain (Project Coordination) Rua Joao Saraiva 11 1100-578 Lisbon—PORTUGAL www.fundacao-sain.pt

Berufsförderungswerk Düren Karl Arnold Straße 132-134 52349 Düren—Deutschland www.bfw-dueren.de

National Rehabilitation Centre for Blind Landos 24 4006 Plovdiv—BULGARIEN www.rehcenter.org

National Institute for the Blind Hamrahlid 17 105 Reykjavik—ICELAND www.midstod.is

Future 21st Century Foundation ул.Каменица 2 4000 Plovdiv—BULGARIEN iportal4languages.eu/

Istituto Rittmeyer Viale Miramare 119 34136 Trieste—ITALIEN www.istitutorittmeyer.it

Mutualité Française Anjou-Mayenne 67 Rue des Ponts de Cé 49100 Angers—FRANKREICH www.mfam.fr

Fundacion ASPAYM Castilla y Leon Calle Severo Ochoa 33 "Las Piedras" 47130 Simancas (Valladolid)—SPANIEN www.aspaymcyl.org

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Course: Increasing Knowledge about Orientation and Mobility

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INHALTSVERZEICHNIS

INHALTSVERZEICHNIS ....................................................................................................... 2

I. Präsentation .............................................................................................................. 4

II. Zielsetzungen ............................................................................................................. 5

Allgemeine Ziele des Kurses ......................................................................................... 5

Ziele nach Themen........................................................................................................ 5

III. Gliederung ................................................................................................................. 6

IV. INHALT ....................................................................................................................... 7

EINFÜHRUNG ................................................................................................................ 7

Grundlegende Konzepte ........................................................................................... 8

Teil 1 – Verständnis für Menschen mit einer Visuellen Einschränkung ....................... 9

2. Teilweise Sehbeeinträchtigte Menschen ........................................................... 17

3. Notwendige ressourcen für eine Unabhängige Fortbewegung ......................... 24

4. Der Begriff der Autonomie ................................................................................. 25

5. Grundkenntnisse zur Barrierefreiheit .......................................................... 25

6. Zusammenfassung .............................................................................................. 41

Teil 2 – Gute Praxisbeispiele ....................................................................................... 42

Situation nR. 1: iM Büro ......................................................................................... 43

Situation nr. 2: Mit einem Blindenführhund .......................................................... 43

Situation nr. 3: Jemanden zu einer Toilette führen ............................................... 44

Situation nr. 4: IM Strassenverkehr ........................................................................ 45

Situation nr.5: Führtechniken (Sehende Begleitung) ............................................. 45

Zusammenfassung .................................................................................................. 46

Teil 3 – Face to Face Training ..................................................................................... 46

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V. Zusammenfassung und Glossar ............................................................................... 48

VI. Bibliographie ............................................................................................................ 50

VII. LERNZIELKONTROLLE ............................................................................................... 51

VIII. ANHANG .................................................................................................................. 55

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I. PRÄSENTATION

Der Kurs "Orientierungs- und Mobilitätstechniken zur Unterstützung sehbehinderter Menschen" wurde im Rahmen des Projekts "Virtual Academy for Professionals in Education and Training of Visually Impaired People" (VAPETVIP) entwickelt, das aus dem Erasmus+-Programm der Europäischen Union finanziert wird.

Dieser Kurs in Orientierungs- und Mobilitätskurs (O&M) wurde für Menschen entwickelt, die sich Kenntnisse über Sehbehinderung im Allgemeinen aneignen möchten und soll Unterstützung beim Thema Orientierung und Mobilität für Fachleute und Nicht-Fachleute bieten.

Der Kurs ist in 3 Phasen unterteilt:

1. Ein theoretischer Teil: mit einigen Fragen am Ende, um das Wissen zu bestätigen,

2. Ein praktischer Teil: bestehend aus 3 Videos mit Fehlern in O&M-Situationen.

3. In einigen Fällen wird eine persönliche Maßnahme durchgeführt: ein ½ Tag für einen persönlichen Termin mit einem speziell ausgebildeten Trainer(Face-to-Face Training). Dies wird von einer spezialisierten Organisation durchgeführt und fördert die praktische Erfahrung in realen Situationen im Bereich O&M.

Die persönliche Maßnahme als Teil des Kurses ist für die Zertifizierung nicht zwingend erforderlich - sie wird nach Ländern und entsprechend der Interessen der Teilnehmer für solche Aktionen organisiert.

Die Studenten können diesen Kurs beginnen, wann immer sie wollen, müssen dann aber den vorgeschriebenen Weg einhalten, um die Zertifizierung zu erhalten. Das Zertifikat wird automatisch am Ende der ersten beiden Stufen ausgestellt (theoretischer und praktischer Teil). Die Zertifizierung wird nur dann durchgeführt, wenn 100% der Antworten richtig beantwortet werden (100% der Antworten müssen in der ersten Stufe korrekt sein, um in der zweiten Stufe fortzufahren).

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II. ZIELSETZUNGEN

ALLGEMEINE ZIELE DES KURSES

Das Hauptziel dieses Materials ist es, den Lernenden darauf vorzubereiten:

- zu verstehen, wie VIP in Orientierung und Mobilität zu handhaben ist.

- eine geeignete und passende Unterstützung durch VIP erhalten zu können.

ZIELE NACH THEMEN

Theoretischer Teil:

Folgendes soll erreicht werden:

• ein besseres Verständnis der Situation von Menschen mit Sehbehinderung,

Blindheit oder Sehschwäche durch theoretische Informationen,

• Erlangung von Informationen über Umweltbedingungen für blinde und

sehbehinderte Menschen und einige Hinweise, um die Umwelt für diesen

Personenkreis zugänglich zu machen.

• im Praktischen Teil und im Face-to-Face Training:

• durch Videos von Alltagssituationen soll das Bewusstsein für die Auswirkungen

von Sehproblemen geschärft und ein Verständnis dafür entwickelt werden, was

knifflig oder gefährlich sein kann und was hilfreich oder angenehm sein kann,

• mit Situationen der Mobilität zu experimentieren, unter der Augenbinde oder

mit Simulationsbrillen, um das Verständnis für Menschen mit Sehverlust durch

persönliche Erfahrungen zu erhöhen und ein persönliches Know-how zu

entwickeln.

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III. GLIEDERUNG

THEMA 1 – DAS VERSTEHEN VON MENSCHEN MIT SEHBEEINTRÄCHTIGUNGEN 1. Blinde Menschen

1.1 Blindheit und Mittel der Kompensation das Hören die Wahrnehmung von Gegenständen und Raum das Berühren der kinestetische Sinn das Riechen

1.2 Die Informationsverarbeitung 1.3 Charakteristische Merkmale von blinden Menschen

2 Sehbeeinträchtigte Menschen 2.1 Die 4 Haupttypen von schlechtem Sehen (Low Vision) 2.2 Phänomene im Zusammenhang mit Low Vision 2.3 Orientierung und Mobilität bei Menschen mit Sehbeeinträchtigung 2.4 Informationsverarbeitung

3 Notwendige Ressourcen für eine selbständige Fortbewegung: 3.1 auf der Körperebene 3.2 im Gehirn

4 Begriffe der Selbständigkeit 5 Begriffe zu der Zugänglichkeit der Umwelt 6 Zusammenfassung

THEMA 2 – DIE BEDÜRFNISSE VON MENSCHEN MIT SEHBEEEINTRÄCHTIGUNGEN

Inhalt dieser Phase des Kurses ist es 5 Alltagssituationen zu zeigen, jeweils mit einem

ersten Video, das unangemessene Verhaltensweisen demonstriert und dann mit einem

zweiten Video, das angepasste Verhaltensweisen zeigt.

Video 1: im Büro

Video 2: mit einem Blindenführhund

Video 3: Weg zu den Toiletten

Video 4: in der Straße

Video 5: Sehende Begleitung (Führtechniken)

THEMA 3 – FACE TO FACE TRAINING

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IV. INHALT

EINFÜHRUNG

Es kommt oft vor, dass man etwas rat- und hilflos ist, wenn man einer Person mit

Sehbehinderung (Visually Impaired Person = VIP) begegnet, da man nicht weiß, was

man tun soll, wie man es tun sollte oder was und wie man etwas sagen und

beschreiben soll. Man hat gelegentlich sogar Angst, die VI-Person zu beleidigen. Diese

Situation ist unter anderem auf das mangelnde Wissen über Menschen mit

Sehbehinderungen, fehlendes Know-how und gelegentlich sogar auf Defizite bei

sozialen Kompetenzen zurückzuführen.

Dieses Training bietet Informationen darüber, wie:

• diese Mängel überwunden und so die Interaktion mit Menschen mit

Sehbehinderung erleichtert werden können,

• Werkzeuge erlangt werden können, um den Bedürfnissen von

sehbeeinträchtigten Menschen in verschiedenen Alltagssituationen zu gerecht

werden zu können.

Der hier erörterte Bereich heißt Orientierung und Mobilität (O&M), ein individueller

Prozess, der es einer Person mit Sehbehinderung ermöglicht, sich täglich autonom, sicher

und bequem zu bewegen. O&M nutzt eine Reihe von Fähigkeiten und Techniken, die in

einem unterschiedlich langen, komplexen, sequentiellen Training durch einen

Orientierungs- und Mobilitätsspezialisten (Rehabilitationsfachkraft für O&M) am Wohnort

oder in einer Rehabilitationseinrichtung erlernt wurden.

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GRUNDLEGENDE KONZEPTE

Orientierung bezieht sich auf die kognitive Fähigkeit einer Person, jederzeit die eigene

Position in Relation zu allen anderen wichtigen Objekten der Umwelt zu bestimmen, d.h. zu

wissen, wo sie sich befindet, wohin sie gehen will und wie sie dorthin gelangt. Dieser

Prozess wird in der Regel durch die Verwendung von sensorischen Kanälen und die

mentale Vorstellung von dem jeweiligen Ort erreicht. In Ermangelung der visuellen

Information besteht der Orientierungsprozess darin, alle verfügbaren und geeigneten

Informationen durch das Hören, das Fühlen, das Riechen, den kinästhetischen Sinn und das

Wärmeempfinden zu sammeln und zu interpretieren um die notwendigen

Orientierungspunkte für die Navigation zu bekommen.

Mobilität ist die Fähigkeit, sich problemlos, bequem und sicher zu bewegen. Es erfordert

ein kinästhetisches Bewusstsein für die Bewegungen des Körpers in einer dynamischen

Situation sowie den Einsatz von Techniken zur Erkennung der jeweiligen Charakteristika der

Umgebung. Die Mobilität hängt von der Fähigkeit des Einzelnen ab, sein Handeln mit der

Umwelt zu koordinieren.

Besitzt ein sehbeeinträchtigter Mensch diese Fähigkeit nicht, kann unabhängige

Mobilität durch die Unterstützung von spezialisierten Fachkräften erlernt werden, die

die dazu erforderlichen Fertigkeiten und Techniken vermitteln.

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TEIL 1 – VERSTÄNDNIS FÜR MENSCHEN MIT EINER VISUELLEN

EINSCHRÄNKUNG

Die internationale Klassifikation der Behinderungen kodifiziert auf präzise Weise die

wichtigsten Formen von Sehschädigungen, unabhängig davon, ob sie durch eine

Beeinträchtigung der Sehschärfe bei einem oder beiden Augen, eine Beeinträchtigung

des Gesichtsfeldes, eine Beeinträchtigung der angehängten Strukturen der Sehfunktion

oder durch eine Gehirnverletzung verursacht werden, die neuro-visuelle Störungen

verursacht. Die Sehbehinderung wird nach der Korrektur bewertet.

Absolute Blindheit ist für die Weltgesundheitsorganisation (WHO) das Fehlen von

Lichtwahrnehmung.

Wikipedia: In Deutschland gilt nach den gesetzlichen Bestimmungen und

Versorgungsrichtlinien eine Person als blind, wenn ihre Sehschärfe auf dem besseren

Auge auch mit optimaler Brillen- oder Kontaktlinsenkorrektur höchstens 1/50 = 0,02

beträgt (etwas irreführend als „2 % oder weniger“ bezeichnet), oder wenn andere

dauerhafte Störungen des Sehvermögens vorliegen, die dieser Beeinträchtigung

gleichzusetzen sind. Nach Aussage der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft

(DOG) gilt dies beispielsweise für die konzentrische Einschränkung der äußeren

Gesichtsfeldgrenzen auf höchstens 5 Grad (Röhrengesichtsfeld).Nicht zur Blindheit in

diesem Sinne gehören die Farbenblindheit (Achromatopsie) und die Nachtblindheit

(Hemeralopie).

Eine Reduktion der Sehschärfe auf weniger als 0,3 auf dem besseren Auge wird als

Sehbehinderung bezeichnet. Als hochgradig sehbehindert gilt, wer auf dem besser

sehenden Auge mit optimaler Korrektur lediglich eine Sehschärfe von nicht mehr als 1/20

= 0,05 besitzt.

Schwere Sehbeeinträchtigung wird definiert durch einen korrigierten binokularen Visus

von weniger als 1/50 (oder Fingerzählen bei weniger als 1 Meter) bei erhaltener

Lichtwahrnehmung (um zu erkennen, ob es Tag oder Nacht ist) und ein Gesichtsfeld von

weniger als 5°.

Die durchschnittliche Invaliditätsrate entspricht einer korrigierten binokularen

Sehschärfe, die weniger als 3/10 und höher oder gleich 1/10 mit einem Gesichtsfeld von

weniger als 20° korrigiert wurde.

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The average rate of disability corresponds to a corrected binocular visual acuity corrected

less than 3/10 and superior or equal to 1/10e with a visual field less than 20°.

Bessere Kenntnisse in den Bereichen Augenheilkunde, Neurophysiologie und über die

Funktionsbereiche des Auges haben dazu geführt, dass die Fachleute mittlerweile mehr

in Richtung Sehvermögen denken. Dieser allgemeinere Begriff berücksichtigt Sehschärfe

und Gesichtsfeld, aber auch Sehfarben, Kontrast, Relief, abhängig von allen

psychologischen und Umweltbedingungen, die die Verarbeitung von visuell

wahrgenommenen Informationen beeinflussen.

A 1. BLINDE MENSCHEN

Ein Blinder ist ein Mensch, der keine Sehfähigkeit besitzt. Es können zwei Situationen

auftreten:

- angeborene Blindheit: die Person hat seit ihrer Geburt kein Sehvermögen;

- erworbene Blindheit: die Person hat aufgrund späterer Umstände im Leben kein

Sehvermögen mehr.

1.1 Blindheit und die Kompensationsmöglichkeiten

Können die notwendigen Informationen für Bewegung und Orientierung im Raum nicht

visuell erfasst werden, werden die anderen Sinne aktiviert, um den Mangel an

Sehvermögen auszugleichen.

In der Reihenfolge ihrer Wichtigkeit sind dies: das Hören; das Raumgefühl und die

Echoortung, das Berühren (direkt und indirekt, mit den Händen und den Füßen), der

kinästhetische Sinn und das Riechen.

a) Das Hören

Bei der Fortbewegung ist das Hören für blinde Menschen der meist benutzte

Kompensationssinn.

Der Lärm der Bewegung von Fahrzeugen, den Motoren von Autos, den Füßen von

Fußgängern auf einer Treppe oder in einem großen Raum (Platz, große Plattform)

ermöglicht es blinden Menschen, eine Bewegungsrichtung zu erkennen. Die Entscheidung,

zu gehen oder zu stoppen, kann so erleichtert werden.

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Geräusche aus Lautsprechern, Soundbeacons, von Springbrunnen oder Rolltreppen

ermöglichen eine Strategie für die Fortbewegung, indem sie die Person ermutigen, auf

einen Punkt (Zielgeräusch) zu zugehen, um sich selbst zu einem bestimmten Punkt hinzu

führen.

Eine gute Wahrnehmungs- und Höranalyse kann beispielsweise ermöglichen:

- das Geradeaus-Gehen auf einem Bürgersteig,

- das Erkennen von Vorfahrtsregelungen an Kreuzungen,

- sichere Überquerungen über Straßen,

- Verständnis des eigenen Standortes,

- .... etc.

b) Das Raumgefühl, die Echolokalisation oder das "Räumliche Hören"

Das Raumgefühl ist kein sechster Sinn, sondern die Fähigkeit, die Existenz eines mehr

oder weniger wichtigen großen Objekts (Wand, Säule, Gebäude) oder die Lücken

dazwischen zu spüren (z.B. ein leerer Raum, der durch die Anwesenheit eines Ganges

geschaffen wird). Diese Fähigkeit ist abhängig von persönlichen (z.B. Müdigkeit und

Bewegungsgeschwindigkeit) und atmosphärischen Bedingungen (z.B. relativ ruhige

Umgebung). Wird diese Wahrnehmungsfähigkeit verfeinert, ermöglicht sie dem

sehbeeinträchtigten Menschen evtl. sogar verschiedene Materialien bestimmen zu

können (eine Glaswand und eine Holzwand verursachen nicht die gleichen

Empfindungen). Einige Menschen mit Sehbeeinträchtigung verwenden daher das

Raumgefühl zum Aufrechterhaltung der Orientierung in der Bewegung oder als

unterstützenden Sinn.

Echoortung: Die Echoortung (Echolokalisation) ist eine Möglichkeit sich im Raum durch

Echo zu navigieren, ähnlich wie es Delfine und Fledermäuse vermögen. Die Person

macht ein mehr oder weniger lautes Schnalsgeräusch (Klicken) mit Zunge und Gaumen

oder macht ein Tipgeräusch mit dem Langstock. Der erzeugte Ton wird unterschiedlich

von der Umgebung mehr oder weniger stark reflektiert. Die menschliche Echolokation

kann Hindernisse und Orientierungspunkte identifizieren, Gegenstände erkennen und

einen Ort aus verschiedenen Winkeln erkunden, dies alles von 0 bis zu mehreren

Dutzend Metern.

c) Das Berühren

• Indirektes Berühren durch den Langstock

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Der weiße Langstock ist das am

häufigsten verwendete Hilfsmittel für

die Mobilität von Menschen mit

Sehbeeinträchtigung. Seine Verwendung

hat sich seit mehreren Jahrzehnten

etabliert. Entwickler der heute noch

verwendeten Techniken sind Richard

Hoover und die erfahrenen Mitarbeiter

des Valley Forge Hospital in Pennsylvania. Das unverzichtbare Nachschlagewerk für die

Interessengruppe wurde 1976 von Hill und Ponder veröffentlicht. Julie-Anne Couturier

und Agathe Ratelle schrieben 2010 das Handbuch The Intervention in Orientation and

Mobility im Jahr 2010.

Der Langstock hat 3 Funktionen:

• Schutz,

• Information,

• Kennzeichnung.

Schutz: Als Mobilitätshilfe wird der Langstock zum Schutz der Person eingesetzt. Er überprüft

den Gehbereich in einem Abstand von ungefähr einem Meter vor der jeweiligen Person. Der

Langstock schützt den unteren Teil des Körpers, der sich zwischen Taille und Füßen befindet. Er

kann allerdings keine Hindernisse ab ca. Brusthöhe (z.B. überstehende Balkone, Rückspiegel

von Bus oder LKW, höherhängende Werbetafeln usw....) anzeigen.

Information: Der Langstock wird verwendet, um die unmittelbare Umgebung zu erkunden

und um über die Eigenschaften der jeweiligen Oberfläche zu informieren, auf der er gependelt

wird. Er ist quasi wie eine Verlängerung der Hand, die es ermöglicht, folgendes auf dem Boden

zu erkennen:

• Warn-u. Hinweislinien (Noppen- oder Rippenplatten),

• Untergrundbeschaffenheit (Teer, Gehwegplatten, Verbundpflaster, Naturstein-

pflaster, Kies, Sand usw.),

• Taktile Leitsysteme (natürliche und technische)

• Hindernisse aller Art (Pfosten, Poller, Barken usw..),

• Höhenunterschiede (Bordsteinkanten, Stufen, Löcher, Unebenheiten usw.).

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Kennzeichnung: Der Langstock wird auch verwendet, um anderen Verkehrsteilneh-

mern (Autofahrern, Radfahrern, Fußgängern) die Sehbeeinträchtigung des Benutzers

deutlich zu machen.

Die Techniken der Benutzung des Langstocks werden nur von ausgebildeten und

anerkannten Spezialisten für Orientierung und Mobilität (Rehabilitationsfachkräfte)

vermittelt.

Neue elektronische Hilfsmittel können die Langstocktechnik ergänzen, um die

Navigation und die sichere Fortbewegung zu optimieren (Laserstock, Bodyguard,

Navigationsgürtel).

Beispiele für andere Stocktypen:

Pre-Cane: Hilfsmittel zum Schutz mit

einfacher Bedienung, jedoch beschränkt auf

einige Situationen. Er wird für kleine Kinder

(unter 6 Jahren) oder Menschen mit

zusätzlichen Behinderungen empfohlen.

Kennzeichnungsstock:

Dieser wird nur in der Hand gehalten, berührt aber nicht den Boden. Andere Menschen erkennen dadurch die Sehbehinderung der Person.

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Stützstock: Dieser wird speziell von

älteren sehbeeinträchtigten Menschen

als Hilfe zum Gehen und zur

Gleichgewichtserhaltung benutzt..

Die direkte Berührung:

mit den Füßen ermöglicht:

• die Übertragung der Informationen über die Untergrundbeschaffenheit (Sand, Asphalt, Pflaster, Rasen..) über die Füße;

• die Feststellung von

Untergrundeigenschaften von Belägen mit deren

möglichen Kontrasten zueinander, besonders wenn

sie speziell aufgebracht worden sind. Z.B. Leit- und Warnsysteme aus

Noppen- und Rippenplatten an Haltestellen, Fußgängerüberwegen, Stufen

und Kanten. Ebenso ist der Kontrast zwischen weichen Innenbelägen und

harten und rauhen Aussenbelägen spürbar;

• Die Orientierung an Gefällesituationen durch die Wahrnehmung der

Neigungen nach oben oder unten.

Mit den Händen: Hinweise überprüfen, einem Handlauf folgen,

Punktschriftinformationen lesen, taktile Pläne lesen etc.

d) Der kinästhetische Sinn

Der kinästhetische Sinn übermittelt Informationen über die Position des Körpers im

Raum und leitet so die Aktivitäten.

Er verbindet die Informationen von verschiedenen Bereichen des Körpers mit denen

aus dem Innenohr, dem zentralen Gleichgewichtsorgan.

Durch diesen Sinn weiß der Mensch selbst mit geschlossenen Augen in welcher

Stellung seine Knochen und in welchem Spannungszustand der Muskelapparat ist.

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Diese sensorische Information ist die Voraussetzung dafür, um passende Handlungen

auszuführen (Präzision, Geschwindigkeit, Stärke, Koordination, Gleichgewicht).

In der Bewegung ermöglicht der kinästhetische Sinn:

• Abweichungen und Kurven zu spüren,

• die größt möglich genaue Fortbewegung im Raum: das Geradeausgehen.

Menschen, die mit einem Blindenführhund gehen spüren

über das Geschirr Abweichungen in der Richtung beim

Hund und können diese notfalls korrigieren.

e) der Geruchssinn Dieser Sinn bestätigt z.B. das Erkennen eines Eingangs, eines Ortes, einer Umgebung (U-Bahnstation, Bäckerei, öffentlicher Garten, etc....). Gerüche sind flüchtig und so weniger zuverlässig in der Genauigkeit dieser Information, aber sie können dabei helfen, einen Bereich zu lokalisieren und zu bestimmen.

Fazit: Man kann glauben, dass die Entwicklung von ausgleichenden Sinnen bei blinden

Menschen natürlich ist. Dies ist bezüglich dem Hören und dem Fühlen richtig, aber es ist

notwendig, dass sie mit Alltagserfahrungen verbunden und deshalb geübt werden müssen.

Zu lernen, zu hören, zu lokalisieren, zu unterscheiden und beispielsweise eine Entfernung zu

bewerten, erfordert eine Ausbildung von klein auf.

Dies gilt für die Entwicklung aller kompensatorischer Sinne..

1.2 – Die Verarbeitung von Informationen

Blinde Menschen sammeln mit ihren anderen Sinnen alle Informationen, die für das Verstehen der sie umgebenden Umwelt notwendig sind.

Dann, durch verschiedene kognitive Prozesse, bekommen diese Informationen einen Sinn und werden durch Auswertung, Schlussfolgerung und mentale Darstellung (wenn möglich) nützlich.

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Die Menschen sind dann in der Lage, Strategien zur Fortbewegung, zur Durchführung von Aktivitäten, zur Wahl dieser oder jener Art von Bewegung so umzusetzen, dass diese am besten für die jeweilige Situation geeignet sind, oder bei Bedarf um Hilfe zu bitten.

Taktile Karten helfen bei der effizienten räumlichen

Darstellung und ermöglichen es einem

sehbeeinträchtigten Menschen eine Darstellung z.B.

einer Route zu erhalten.

1.3 – Charakteristikas bei blinden Menschen

a) Das Körperbewußtsein

Eine tiefgreifende Sehbehinderung kann zu bestimmten Zeiten (Stress, intensive

Emotionen...) von psychomotorischer Instabilität begleitet sein.

Die häufigsten Verhaltensweisen sind das Schwingen des Rumpfes, die Bewegungen

des Kopfes, der Arme oder Hände, Verzerrungen des Gesichts sowie der Druck auf die

Augenlider.

Da er seine Mitmenschen nicht beobachten kann, ist sich der blinde Mensch der

Unzulänglichkeit seiner Handlungen nicht bewusst, die von den Sehenden oft als

Abweichungen angesehen werden.

b) Die Zeitwahrnehmung

Zahlreiche Aktionen erfordern für eine Person mit einer Sehbeeinträchtigung viel mehr

Zeit als für eine sehende Person.

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80% der externen Informationen werden vom Auge wahrgenommen und vom Gehirn

verarbeitet. Wenn man also einen Raum betritt nimmt man in wenigen Sekunden,

Teilweise unbewusst, eine Darstellung, ein sehr genaues Bild davon auf, wo man ist.

Man erkennt die Größe des Raumes, seinen Stil, identifiziert Türen, Fenster, Möbel,

Dekoration usw..

Um auf den gleichen Wissensstand zu gelangen wie ein Sehender benötigt der blinde

Mensch sehr viel mehr Zeit, Konzentration und analytische Arbeit.

Ein weiteres Beispiel ist die akustische Analyse vor einer Straßenüberquerung. Das

Überprüfen von Gefahrenquellen, das akustische Erkennen der Ampelphasen an einer

Kreuzung und das Heraushören des sicheren Überquerungsmomentes kann bei

blinden Menschen mehrere Minuten dauern, beim Sehenden ist normalerweise nur

das Rechts-Links-Sehen ausreichend.

2. TEILWEISE SEHBEEINTRÄCHTIGTE MENSCHEN

Schlechtes Sehvermögen (Low Vision) ist keine Krankheit, sondern die Folge

verschiedener Schädigungen, die sich auswirken können auf:

- das zentrale Sehen,

- das periphere Sehen,

- auf beide zusammen.

Eine Person mit Sehbehinderung ist eine Person, deren Sehbehinderung zur

Unfähigkeit führt, eine oder mehrere der folgenden Tätigkeiten auszuführen:

- Lesen und Schreiben (Nahsicht);

- tägliche Lebensaktivitäten (Sehen auf kurze oder mittlere Distanz);

- Kommunikation (Nah- und Mittelsichtweite);

- Erfassen von Raum und Bewegung (Fernsicht);

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- Verfolgung einer Tätigkeit, die die Aufrechterhaltung der visuellen Aufmerksamkeit

erfordert.

Definition von Low Vision, European Blind Union, Athen, November 2003:

" Der sehbehinderte Mensch gehört nicht zur Welt der Blindheit; er/sie hat nicht die

gleichen Schwierigkeiten."

2.1 – Die vier Haupttypen von Low Vision

a) die Schädigung des zentralen Sehens

Eine Beeinträchtigung des zentralen Teils der

Netzhaut führt zu einer deutlichen Verringerung

der Sehschärfe. Der Verlust oder die

Veränderung der Sehkraft in diesem Bereich des

schärfsten Sehens kann mehr oder weniger

ausgedehnt sein. Die Bewegung des Auges kann

den Ausfall nicht beseitigen. Menschen mit

dieser Schädigung sind beim Sehen im

Nahbereich und bei Aktivitäten, die eine präzise visuelle Kontrolle erfordern

eingeschränkt (z.B. Lesen, Schreiben).

Die Wahrnehmung von Raum, großen Umrissen und von Bewegung bleibt erhalten

und die Fortbewegung ist möglich. Allerdings sind Betroffene an stark frequentierten

Orten oft langsamer.

Zentrale Sehbeeinträchtigung erfordert den Einsatz von Vergrößerungsmitteln

(Monokulare), die das was betrachtet wird scheinbar näher kommen lässt und

gelegentlich das Objekt versetzt darstellt. Dieses Problem betrifft viele ältere

Menschen (altersbedingte Makuladegeneration) und stört ihre Möglichkeiten

erheblich.

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b) die Schädigung des peripheren Sehens

Eine Schädigung des peripheren

Sehvermögens bedeutet die Einschränkung

des Gesichtsfeldes. Die Sehschärfe ist

normal, aber nur der fixierte Bereich ist

sichtbar. Die Bewegung der Augen führt zum

Verlust des bisher Gesehenen. Die durch

diesen Schaden verursachte

Beeinträchtigung ist sehr behindernd und für

andere Menschen schwer zu verstehen. Tatsächlich ist Lesen möglich, wenn die

Schriftzeichen klein genug sind, um in das verbliebene Gesichtsfeld aufgenommen zu

werden: Ein Filmplakat, ein Stadtplan oder die Überschriften einer Zeitung sind

schwieriger zu lesen als eine Visitenkarte, ein Lebensmitteletikett oder eine

Telefonbuchseite.

Auch das Vergrößern der Schrift kann das Lesen schwieriger machen.

Kann man nur noch das zentrale Sehen nutzen erfordert dies eine ausreichend gute

Beleuchtung. Fortbewegung ist schwierig oder sogar unmöglich, was die

Unabhängigkeit natürlich sehr einschränkt:

• eine Gesichtsfeldeinschränkung macht das Gewinnen eines schnellen

Überblicks unmöglich, nur einzelne Elemente der Umwelt werden erkannt, um

eine sinnvollen Zusammenhang herzustellen;

• in der Dunkelheit, in der Dämmerung oder bei plötzlichem Helligkeitsverlust

(nicht beleuchtete Korridore, starker verschattete Bereiche) gibt es erhebliche

Schwierigkeiten;

• Fortbewegung ist möglich, aber das zentrale Sehen erfordert Fixation, visuelles

Verfolgen und Koordination von Auge, Kopf und Körper. Trotzdem sollte der so

eingeschränkte Mensch in der Lage sein, Bewegungen von Objekten oder

Fahrzeugen wahrzunehmen.

Ein röhrenförmiges Gesichtsfeld erfordert den Gebrauch von Hilfsmitteln für die

Fortbewegung, für die Gesichtsfeldvergrößerung und ausreichende Beleuchtung. Das

Vergrößern des Textes kann das Lesen erschweren.

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c) Verschwommenes Sehen Diese Art des Sehens ist ähnlich wie das, was man

durch ein Milchglas sehen kann. Das Licht wird

gestreut, Formen und Konturen sind ungenau,

Abstände und Reliefs sind schwer zu erfassen,

Kontraste und Farben werden gedimmt.

Eine kontrastarme, eintönige und

undeutliche Umwelt verliert ihre Attraktivität

und die Motivation zu schauen, sich zu bewegen oder zu lesen ist auf ein Mindestmaß

reduziert.

Das Licht wird schnell unangenehm oder gar blendend: Photophobie (Toleranz

gegenüber weniger als normalem Licht) ist mit einem verschwommenen Sehen

verbunden. Blendung (Reflexionen, Sonne, Scheinwerfer von Autos...) ruft

Vermeidungsstrategien hervor und verursacht körperliche Beschwerden.

Auch das verschwommene Sehen erfordert den Einsatz von Hilfsmitteln bei der

Fortbewegung, Vergrößerungen können hilfreich sein, auch das Erlernen der

Brailleschrift kann in bestimmten Fällen erforderlich sein.

d) Neuro-Visuelle Schädigungen

Auf Grund der komplexen Vorgänge bei der Aufnahme und der Verarbeitung von

visuellen Informationen können viele Schäden, die nicht durch eine Erkrankung des

Auges selbst verursacht werden, im Bereich der Impulsübertragung und des Gehirns

liegen.

Kortikale Blindheit und Hemianopie: Die Läsion wird durch die Abtrennung eines

Gesichtsfeldbereiches hervorgerufen, die Lage und das Ausmaß sind unterschiedlich.

Der Sehverlust kann absolut sein (kortikale Blindheit) oder teilweise (Hemianopie), die

betroffene Person kann die Informationen nicht verarbeiten, die im geschädigten

Gesichtsfeld liegen.

Visuelle Agnosie: Aufgrund von kortikalen Schäden und trotz korrekter Funktion des

Auges ist die Person nicht in der Lage, zu erkennen, was sie sieht. Die anderen Sinne

sind notwendig, um das gesehene oder benannte Objekt zu identifizieren.

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Räumliche Nichtbeachtung: Bei dieser Art von Schaden ist sich die Person des Raumes,

der sie auf einer Seite (rechts oder links) umgibt, absolut nicht bewusst. Deshalb kann

sie eine Seite rasieren/kämmen, nur die Seiten rechts lesen, nur die halbe Zeichnung

darstellen, nur das essen, was in der Hälfte links auf ihrem Teller liegt, Make-up nur auf

einer Seite auftragen.

2.2 - Phänomene im Zusammenhang mit Low Vision

a) Strabismus (Schielen)

Es kann konvergent, divergent oder vertikal sein. Dieser Mangel an Parallelität der

Augen kann bei der Geburt vorhanden sein oder erst nach einigen Wochen oder

Monaten auftreten. Ein Schielen beim Kleinkind muss behandelt werden, sobald es

auftritt. Gleichgültig ob stark oder weniger stark ausgeprägt wird durch das Schielen

sehr schnell ein "stärkeres" Auge ausgeprägt, dessen Sicht sich normal entwickelt und

ein "faules" Auge, dessen Sehfunktion gestoppt wird wodurch die Entwicklung des

binokularen Sehens behindert wird. Wenn Schielen zu lange nicht behandelt wird,

entsteht eine Amblyopie - oder ein schwaches Sehen des Auges - und eine Brille oder

sogar eine gut durchgeführte Behandlung kann diese nicht mehr reduzieren.

b) Nystagmus (Augenzittern)

Dies sind rhythmische Augapfelbewegungen, unwillkürlich und unkontrolliert, meist

horizontal, manchmal vertikal oder kreisförmig. Während einer Sakkade ist die

Sehschärfe schlecht und die visuelle Wahrnehmung (in Bezug auf das Gehirn) wird

unterdrückt was die behindernde Seite des Nystagmus ist. Angst und visuelle

Anstrengung (Fixierung und Aufmerksamkeit) erhöhen dieses Phänomen und

verstärken die Effekte. Es kann eine neutrale Zone geben, in der sich der Nystagmus

verlangsamt oder für eine Gegenbewegung aufhört. Die Sehschärfe ist in diesem

Bereich besser. Die Suche nach dieser Blockadeposition des Nystagmus induziert

bestimmte Haltungen (Kopf zur Seite gedreht und z.B. in die Ecke schauen), was nicht

verhindert werden sollte. Die Behandlung ist schwierig, kann aber operativ möglich

sein, wenn eine Blockadeposition feststellbar ist.

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Folgen des Nystagmus:

• verschwommenes Sehen und unterschiedliche Leistungsfähigkeit;

• Schwierigkeiten die Fixation aufrecht zu erhalten;

• schnelle Ermüdung.

c) Photophobie

Zu viel Licht und Blendung sind hier sehr unangenehm, manchmal sogar schmerzhaft.

Dies zeigt sich durch wiederholtes Blinzeln mit den Augenlidern, ein ständiges Gefühl

von Blendung und tränenden Augen. Betroffene Personen versuchen Licht zu

vermeiden.

d) Die Anomalien des Farbsehens

Diese Anomalien können teilweise oder total sein.

• Dyschromatopsie: Blindheit gegenüber einer Farbe oder schlechte

Wahrnehmung von Schatten;

• Achromatopsie: keine Farbe wird wahrgenommen, nur Unterschiede in den

Abstufungen.

Konsequenzen:

• Unfähigkeit farbige Bezugspunkte zu erkennen;

• Einige Berufe können nicht ausgeübt werden.

2.3 – Orientierung und Mobilität von sehbehinderten Menschen

Der große Unterschied zu blinden Menschen ist natürlich die vorhandene Sehfähigkeit,

mit der der sehbehinderte Mensch die ihn umgebende Welt betrachten kann.

Selbst sehr schwache visuelle Fähigkeiten erleichtern die Fortbewegung.

Für den sehbehinderten Mensch wird es wichtig sein, die teilweise oder gar

unvollständige zur Verfügung stehenden visuellen Informationen in die

Gesamtvorstellung zu integrieren, sie mit Elementen anderer Sinne zu kombinieren,

um eine möglichst genaue mentale Darstellungen zu erreichen.

Je nachdem wie wenig eine Person aus den visuellen Informationen herausholen und

verarbeiten kann, können Fortbewegungsschwierigkeiten bedeutsam sein und der VIP

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muss möglicherweise eine Schulung in der Verwendung eines Blindenlangstocks

absolvieren. Sehr häufig treten die Schwierigkeiten nachts, in der Dämmerung, bei

Blendung und starkem Sonnenlicht, in Menschenmengen und in besonders

gefährlichen Umgebungen auf.

Der Langstock dient auch dazu sich anderen gegenüber zu kennzeichnen. Er hat die

Funktion andere Verkehrsteilnehmer (Fußgänger, Fahrer) zu warnen und ihre

Aufmerksamkeit zu erwecken.

Ältere Menschen werden mit einem weißen Stützstock ausgestattet, um das

Gleichgewicht zu halten und um sich zu kennzeichnen, dieser Stock entspricht aber

nicht dem Blindenlangstock..

Häufig haben Menschen mit Low Vision Schwierigkeiten verstanden zu werden:

• die Person hat einen Langstock, schaut aber in ein Schaufenster – dies

erzeugt Unverständnis bei den anderen Fußgängern, manche glauben die

Person wäre ein Simulant;

• es scheint seltsam, wenn eine Person in eine Straße abbiegt und dort

plötzlich den Langstock zusammenfaltet und weitergeht, weil man nicht

wahrgenommen hat, dass sich der Weg aus der grellen Sonne in den

Schatten verändert hat;

• Informationen in der Entfernung sind für VIP oft nicht zugänglich und sie

benötigen Hilfe. Wenn sie nun nicht durch den Langstock gekennzeichnet

sind wird ihre Sehbeeinträchtigung nicht erkannt und negative Reaktionen

können die Folge sein.

2.4 – Informationsverarbeitung bei sehbehinderten Menschen

Abgesehen von den Informationen, die von den Augen erfasst werden, findet man

dann die gleichen Arten der Informationsaufnahme wie bei blinden Menschen:

• Das Gehör ermöglicht das fehlende Fern-Sehen auszugleichen, zum

Beispiel: Ich höre den Bus, bevor ich ihn sehe, so dass ich mich körperlich

darauf vorbereiten kann, einzusteigen.

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• Indirekte Berührung: durch den Langstock als Schutz und

Hindernisanzeiger;

• Direkte Berührung: durch Fuß und Hand;

• Der kinästhetische Sinn

• Der Geruch

3. NOTWENDIGE RESSOURCEN FÜR EINE UNABHÄNGIGE FORTBEWEGUNG

3.1 – Auf der körperlichen Ebene

Um eine gute Vorstellung von seinem eigenen Körper zu bekommen (Körperbild) und

zu wissen, wie man diesen am besten benutzen kann (Körperspannung, Rhythmus), ist

die Entwicklung der Sensomotorik für das Bewegen nötig.

Die Entwicklung der Sensomotorik ist wichtig um:

• das sensorische Potential zu nutzen;

• zu lernen wie der Langstock zum Schutz benutzt wird und auch, wie

elektronische Hilsmittel in Verbindung damit benutzt werden;

• Dinge zu finden, sich im Raum zu bewegen und zu orientieren, geradeaus zu

gehen, Hindernisse zu umgehen, und dann wieder die alte Richtung

aufzunehmen, parallel oder quer zum Verkehr zu stehen usw.

Gibt es in diesem Bereich Schwierigkeiten, müssen die körpereigenen Konzepte und

Voraussetzungen bereits im Kindesalter von Ergotherapeuten erarbeitet werden.

3.2 – Auf der Ebene des Gehirns:

Während der Fortbewegung werden verschiedene Fähigkeiten aktiviert:

• das Gedächtnis: visuell oder kinästhetisch;

• Analyse- und Übertragungsfähigkeiten, die in jedem Moment ausgeführt

werden;

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• die Fähigkeit eine mentale Raumvorstellung zu entwickeln, was manchmal sehr

schwierig oder sogar unmöglich ist;

• die Fähigkeit, zwei, manchmal sogar drei Aufgaben gleichzeitig zu bearbeiten,

wie z.B. auf den Verkehr hören, geradeaus zu gehen und auf die Informationen

zu achten, die vom Langstock kommen;

• die Fähigkeit sich an Situationen anzupassen und unerwartete Situationen zu

bewältigen.

4. DER BEGRIFF DER AUTONOMIE

Wir können die Unabhängigkeit der Fortbewegung als die Fähigkeit definieren, sich

allein zu bewegen, ohne in Gefahr zu sein, und zwar in einem Maximum an

Bequemlichkeit und Flüssigkeit. Wir haben festgestellt, was dies als Leistung und für

das spezifische Lernen bedeutet.

Jeder Mensch mit einer Sehbehinderung erlebt diesen Begriff der Autonomie auf

subjektive Weise, und es ist unmöglich, ihn in dieser Hinsicht zu verallgemeinern. Die

Autonomiegrade von Menschen mit Sehbehinderungen sind sehr unterschiedlich, da

sie abhängen von:

• der Motivation, den Wünschen und den Zielen des einzelnen;

• den persönlichen Ressourcen;

• dem Alter;

• den individuellen Bedürfnissen;

• dem Moment, an dem die Sehbehinderung im Leben aufgetaucht ist;

• dem Grad des “Leben mit” Sehbehinderung;

• dem Vorhandensein von evtl. weiteren Beeinträchtigungen;

• der Zugänglichkeit der Umgebung (Barrierefreiheit).

5. GRUNDKENNTNISSE ZUR BARRIEREFREIHEIT

Gemäß Wikipedia bezieht sich Barrierefreiheit auf die Gestaltung von Produkten,

Geräten, Dienstleistungen oder Umgebungen für Menschen mit Behinderungen. Das

Konzept der barrierefreien Gestaltung und Praxis der barrierefreien Entwicklung

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gewährleistet sowohl den "direkten Zugang" (d.h. ohne Unterstützung) als auch den

"indirekten Zugang", d.h. die Kompatibilität mit der Unterstützungstechnologie einer

Person (z.B. Bildschirmlesegerät).

Barrierefreiheit kann als die "Möglichkeit zum Zugriff" angesehen werden und von

einem System oder einer Einrichtung profitieren. Das Konzept konzentriert sich darauf,

Menschen mit Behinderungen oder besonderen Bedürfnissen den Zugang zu ermöglichen,

oder den Zugang zu ermöglichen durch den Einsatz von Hilfstechnologien; Forschung

und Entwicklung im Bereich der Zugänglichkeit bringt jedoch Vorteile für alle.

Barrierefreiheit ist nicht mit Benutzerfreundlichkeit zu verwechseln, welche das Maß

bestimmt, wie gut ein Produkt (z.B. ein Gerät, ein Service oder eine Umgebung) von

bestimmten Benutzern genutzt werden kann, um bestimmte Ziele mit Effektivität,

Effizienz und Zufriedenheit in einem bestimmten Anwendungskontext zu erreichen.

Barrierefreiheit steht in engem Zusammenhang mit dem Universal Design, d.h. dem

Prozess der Schaffung von Umgebungen und/oder Produkten, die von Menschen mit

den unterschiedlichsten Fähigkeiten genutzt werden können und in den

unterschiedlichsten Situationen funktionieren. Es geht darum, die Dinge allen

Menschen zugänglich zu machen (ob sie eine Behinderung haben oder nicht).

5.1 – Der rechtliche Rahmen:

Der Europäische Rechtsrahmen

Der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) verlangt von der EU

die Bekämpfung jeder Diskriminierung aufgrund von Behinderungen bei der

Festlegung und Durchführung ihrer Richtlinien und Maßnahmen (Artikel 10) und gibt

ihr die Befugnis, Gesetze zur Bekämpfung jeder Diskriminierung zu erlassen (Artikel

19).

Das übergeordnete Ziel besteht darin, Menschen mit Behinderungen in die Lage zu

versetzen, alle ihre Rechte wahrzunehmen und alle Vorteile durch ihre Teilhabe an der

Gesellschaft und der europäischen Wirtschaft voll auszuschöpfen.

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Der nationale Rechtsrahmen in Deutschland

Die Schulung in Orientierung und Mobilität wird in Deutschland von verschiedenen

Kostenträgern finanziert.

Die Erstausbildung wird als Einweisung in den Gebrauch des Hilfsmittels

Blindenlangstock verstanden und die Kosten hierzu werden (nach Prüfung der

individuellen Voraussetzungen) von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.

Vorliegen muss dazu eine Verordnung des behandelnden Facharztes, ein

Schulungsplan und ein Kostenvoranschlag einer anerkannten Fachkraft für

Orientierung und Mobilität.

Bei weiterführenden Schulungen können andere Kostenträger (Agentur für Arbeit,

Fürsorgestellen, Inklusionsämter, Rentenversicherung, Unfallversicherungen) je nach

Bedarfssituation die Kosten übernehmen.

5.2 – Schwierige Situationen für Menschen mit Sehbeeinträchtigung bei der

Fortbewegung:

a) Für blinde Personen

• Außerhalb von Gebäuden:

störende oder gefährliche Hindernisse

Dieses Hindernis ist zu flach. Der Langstock wird

wahrscheinlich darüber hinweg gehen und es

besteht Sturzgefahr für die Person.

Hindernisse im Weg

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Umso mehr Hindernisse es auf dem Weg

gibt, umso schwieriger ist die

Fortbewegung. In der Stadt gibt es viele

Hindernisse und manchmal sind sie

gefährlich (Briefkästen, Straßenlampen,

Pfosten, Behälter, Bänke etc.)

Erkennung der unterschiedlichen Höhen, Niveauunterschiede, Stufen

Treppen und einzelne Stufen können gefährlich sein, wenn sie nicht markiert sind.

Das Verständnis von der Umgebung

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Die Orientierung auf großen Plätzen ohne markante Punkte

ist sehr kompliziert. Das Gehen von einem Punkt zum

anderen ist schwierig und der gerade Weg herüber wird fast

unmöglich.

Die akustische Analyse und die Straßenüberquerung

Je komplexer eine Kreuzung ist, desto schwieriger ist die akustische Analyse um die

für die Überquerung notwendigen Informationen zu bekommen. Technische Hilfen

wie akustische Ampelausstattungen helfen bei der Überquerung.

Die Benutzung des ÖPNV

Es ist schwierig heraus zu bekommen,

welcher der richtige Bus ist, wo man sich

hinstellen muss, wo der Einstieg ist, wo

man das Ticket entwertet, wo man sich

hinsetzen kann und wo man aus dem

Bus herauskommt.

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Handhabung von unerwarteten Situationen (schlecht geparkte Autos,

Pfützen, Baustellen usw.)

Manchmal kann man auf dem

Bürgersteig nicht weitergehen. Der

blinde Mensch muss das Hindernis

umgehen, manchmal sogar auf der

Straße.

Höhere Hindernisse

Höhere Hindernisse (Äste, Schilder, Jalousien etc.) können durch den Lanhgstock

nicht angezeigt werden. Laser- oder oder Ultraschallgeräte können hier

unterstützen.

• Im Gebäude

Hindernisse auf dem Weg

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Es ist schwierig hier einen Weg durch die Hindernisse zu finden.

b) Schwierigkeiten bei der Fortbewegung für Menschen mit Low Vision :

• Außerhalb von Gebäuden:

Zugang zu Informationen (Schilder, Busnummern usw.)

Für seheingeschränkte Personen ist das

Erkennen von Busnummern und das

Lesen von Fahrplänen oft schwierig.

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Städtebauliche Konstruktionen ohne Kontrast

In diesem Fall sind alle Bauteile grau,

Hindernisse sind schwierig zu erkennen.

Fehlende Beleuchtung bei Dunkelheit

Fehlt ausreichende Beleuchtung ist die

Orientierung erschwert und Hindernisse

sind kaum zu erkennen.

Eine visuelle Falle: Spiegel, Terrassentüren, reflektierende Bereiche

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• Innerhalb von Gebäuden:

Schilder

Das Lesen ist schwierig, es gibt zu viele

Informationen auf derselben Tafel und die

Informationssuche wird durch die Anzahl der

Farben gestört.

Treppen:

Es ist schwierig, Stufen und Handläufe zu erkennen, wenn

sie in der gleichen Farbe (grau) sind. Das Licht verstärkt

hier die Schwierigkeit noch die Situation zu erfassen.

Visuelle Fallen:

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1- Beispiele zur Überwindung dieser Schwierigkeiten um die Umwelt

barrierearmer zu machen.

a) Für blinde Menschen:

Der Weg muss einfach und sicher

sein, mit hochwertigen

Beschichtungen (glatter Boden) und

ohne gefährliche Hindernisse.

Hilfe für die taktile Erkennung mit

dem Langstock durch

unterschiedliche Beläge.

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Taststreifen an Kreuzungen und

Treppen.

Taktile Leitsysteme

Treppen

Um vor einer nahen Treppe zu warnen werden Warnstreifen vor der ersten Stufe

empfohlen. Um den Kontrast zu erhöhen , sollten die Vorderseiten der ersten und

letzten Stufe in einer anderen Farbe sein.

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Beispiel einer Treppenanlage vor und nach der Kennzeichnung für eine bessere

Nutzbarkeit.

Norm für die Kennzeichnung an Treppen-

stufen

Beispiele für Orientierungshilfen:

Leitsysteme: passive (Wände, Hecken, Mauern usw.) and aktive

(Brunnen, Soundmodule (Beacons) usw.)

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Passives Sytem (Wand) Aktives System (Springbrunnen)

Eine Hilfe zum besseren Verständnis können sein:

Taktile Bilder Pläne und Karten,

Brailleschriftinformationen, Audio

Systeme

Ergänzung mit Punktschrift

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b) Für sehbehinderte Menschen

Hilfen für das visuelle Verfolgen von Richtungen:

Kontrastreiche Farbgestaltung

unterstützt die Abgrenzung zwischen

Gehweg und Fahrbahn,

Fahrbahnmarkierungen zeigen

Höhenunterschiede und einzelne Stufen

an, kontrastreiche Ausstattungen im

öffentlichen Bereich (Mülleimer, Poller

usw.) helfen.

Unterstützungsangebote:

Informationszugang durch geeignete Schilder, die das Lesen in der Nähe und aus der

Distanz ermöglichen, die einen guten Kontrast besitzen, deren Buchstaben

ausreichend dick sind, deren Höhenposition geeignet ist, Piktogramme besitzen,

ausreichend beleuchtet sind und die die Verwendung von optischen Hilfsmitteln

ermöglichen.

Beispiele für die Ausstattung mit Orientierungshilfen innen und außen:

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Noppenplatten in einem Raum

Kontrastreiche Bordsteinkante

Fahrbahnmarkierungen

Markierte Treppenstufen

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(Fig. 1)

Audio Beacons:

Audio Beacons (Bild 1) werden

vom sehbeeinträchtigten Nutzer

über ein Zusatzgerät (Bild 2)

oder ein Smartphone aktiviert.

Sie ermöglichen Unterstützung

bei der Orientierung durch

akustische Informationen falls

Orte mit diesen ausgestattet

sind.

(Fig. 2)

Beispiele, wie gefährliche Bereiche entschärft werden können:

Absperrungen sind optisch und mit dem

Langstock erkennbar und ermöglichen

das Umgehen des gefährlichen

Bereiches.

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Beispiele von Verbesserungen durch guten Kontrast:

Leitsysteme mit starkem Kontrast

Schalter mit Kontrast

6. ZUSAMMENFASSUNG

Für sehende Personen ist es schwer, sich das Leben von Menschen mit

Seheinschränkungen vorstellen zu können.

Dieser erste Teil sollte das Wissen erweitern, dass zum Verständnis für die Schwierigkeiten

von Menschen mit Sehbeeinträchtigung nötig ist.

Multi-sensorische Kompensation ist absolut nötig, um das Verstehen der Umgebung zu

ermöglichen. Im Bereich O&M müssen Gefahren im Straßenverkehr analysiert und

ausgewertet werden, damit eine absolut sichere Fortbewegung gewährleistet ist.

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Die Welt in der wir uns bewegen ist sehr visuell orientiert, und selbst bei optimaler

Barrierefreiheit benötigen Menschen mit Sehbeeinträchtigung in einigen Alltagssituationen

noch Unterstützung.

Der folgernde zweite Teil des Kurses soll die Fähigkeit erhöhen selbst mehr Hilfe für diesen

Personenkreis im täglichen Leben anbieten zu können.

Dieser Teil besteht aus Videos mit Alltagssituationen. Jede besteht aus 2 Videos, das eine

zeigt unangepasstes Verhalten, das andere ein gutes Beispiel.

Das Ziel ist es ein besseres Verständnis dafür zu entwickeln, wie man einer

sehbeeinträchtigten Person helfen kann.

VOR DIESEM 2 SCHRITT: MACHEN SIE BITTE DEN WISSENSTEST UM IHREN

WISSENSSTAND NACH DEM 1. THEORETISCHEN ABSCHNITT ZU ÜBERPRÜFEN.

TEIL 2 – GUTE PRAXISBEISPIELE

Das Ziel dieses Teils ist es, fünf Alltagssituationen zu zeigen, wobei im ersten Video

jeweils unangepasstes Verhalten gezeigt wird, im zweiten gute Lösungen zu sehen

sind.

Jedes Beispiel endet mit guten Praxistips.

Die Filme sollen zeigen, wie angepasste Hilfe für sehbeeinträcktigte Menschen bei der

Fortbewegung aussehen kann.

Damit aus diesen Erkenntnissen Routine wird, ist Übung und praktische Erfahrung

nötig.

Die Hilfe muss an die jeweilige Person bzgl. Alter, Größe, Restsehvermögen und der

Fortbewegungsqualität angepasst werden.

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SITUATION NR. 1: IM BÜRO

Video Nr.1: das Umfeld wurde verändert, Gebrauchsgegenstände wurden woanders

hingestellt, was Zeitverschwendung und Irritation bei der sehbeeinträchtigten Person

hervorruft.

https://vimeo.com/246084230

Video Nr. 2: Eine sehbeeinträchtigte Person betritt ein Büro. Er geht zur Garderobe, dann

zu seinem Stuhl, nimmt das Telephon und ruft die Sekretärin an.

https://vimeo.com/246093191

#1 Guter Praxistip!

Die Umgebung einer VIP muss konstant bleiben, in jedem Fall müssen ihr Veränderungen

mitgeteilt werden, um Überraschungen und gefährliche Situationen (z.B. Hindernisse auf

dem Boden, verstellte Möbel) zu verhindern.

SITUATION NR. 2: MIT EINEM BLINDENFÜHRHUND

Video Nr. 1: Eine Fußgängerin sieht eine VIP mit einem Führhund, sie will diesen streicheln

ohne die VIP zu beachten.

https://vimeo.com/246084194

Video Nr. 2: Eine Fußgängerin sieht eine VIP mit einem Führhund: sie spricht zuerst mit der

VIP und fragt diese, ob sie den Hund streicheln darf. Die VIP antwortet, dass der Hund

arbeitet und besser nicht gestört werden soll.

https://vimeo.com/246084181

#2 Guter Praxistip!

Wenn Sie eine VIP mit dem Führhund sehen:

• Sprechen Sie zuerst die VIP an;

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• Wenn der Hund im Geschirr ist bedeutet das, dass er arbeitet und dass Sie ihn nicht

streicheln und stören dürfen, selbst dann nicht, wenn er liegt;

• Ist der Hund an der Leine darf er gestreichelt werden.

SITUATION NR. 3: JEMANDEN ZU EINER TOILETTE FÜHREN

Video Nr. 1: Eine VIP kommt aus einem Wartezimmer und fragt die Empfangskraft nach

dem Weg zur Toilette. Die Empfangskraft antwortet ihr, die Informationen sind jedoch

nicht ausreichend und zielführend.

https://vimeo.com/246094525

Video Nr. 2: Die Empfangskraft führt die VIP selbst zur Toilette, sie bietet dieser ihren Arm

an und fragt sie nach ihren Bedürfnissen, bevor sie sie genau dorthin führt.

https://vimeo.com/246098823

#3 Guter Praxistip!

Wird eine VIP an einem ihr unbekannten Ort geführt:

• Beschreiben Sie der VIP erst verbal den Weg, dies sollte klar und präzise sein, was

eine komplexe Aufgabe ist, die Erfahrung benötigt;

• Helfen Sie der VIP bis zur gewünschten Stelle und beschreiben Sie ihr verbal was sie

an dieser Stelle noch wissen muss;

• Informieren Sie die VIP über evtl. gefährliche Stellen;

• Benutzen Sie keine Richtungshinweise aus der Welt der Sehenden, wie z.B. „es ist

hier“ oder „es ist da drüben“;

• Beschreiben Sie markante Punkte von der Position der VIP aus: Beispiele:

“ Die Tür ist eine Armlänge vor dir, das Waschbecken ist rechts von dir in Hüfthöhe, den

Hebel vom Seifenspender mußt du zu dir hin ziehen” usw.;

Sie können auch das Uhrzeitensystem benutzen. Beispiel: „Die Tür ist auf 12 Uhr und das

Waschbecken auf 3 Uhr“, falls die VIP diese Systematik kennt.

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Nutzen Sie Geräusche um der VIP Gegenstände anzuzeigen: klopfen Sie auf den Türgriff, auf

den Tisch usw.;

Vergewissern Siec sich, dass die VIP alles verstanden hat, bevor Sie gehen;

Und, vor allem, sagen Sie ihr Bescheid wenn Sie sie verlassen!

SITUATION NR. 4: IM STRASSENVERKEHR

Video Nr. 1: Eine VIP wartet an einer Kreuzung., ein Fußgänger kommt dazu, sagt nichts

und überquert mit der VIP die Strasse, ohne dass die VIP danach gefragt hat.

https://vimeo.com/246084219

Video Nr. 2: Der Fußgängeer fragt die VIP, ob sie die Straße überqueren möchte. Die VIP

antwortet, dass sie das nicht möchte sondern dort nur auf jemanden wartet.

https://vimeo.com/246093181

#4 Gutes Praxisbeispiel!

Bevor Sie etwas machen fragen Sie die VIP immer, was sie genau braucht und möchte.

SITUATION NR.5: FÜHRTECHNIKEN (SEHENDE BEGLEITUNG)

Video Nr. 1: Eine VIP bittet einen Fußgängerr um eine Information, die Hilfe ist jedoch nicht

sicher, der Fußgänger geht hinter der VIP und schiebt sie am Arm vor sich her.

https://vimeo.com/246084211

Video Nr. 2: Eine VIP hält am Ellbogen Kontakt zur Führperson, vor Stufen wird gestopt,

enge Stellen werden angezeigt, Hindernisse umgangen und der Sitzplatz auf einer Bank

wird angezeigt.

https://vimeo.com/246084202

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Hier sind die kompletten Führtechniken in Französich und Englisch zu sehen.

http://technique-guide.ideance.net

ZUSAMMENFASSUNG

Diese Filme ermöglichen ein besseres Verständnis für angepasste Unterstützung für VIP bei

der Fortbewegung.

Um diese Erkenntnisse sicher umzusetzen benötigt es Übung und praktische Erfahrungen..

Die Hilfen müssen an die jeweilige Person angepaßt sein: wichtig dabei: Kind/Jugendlicher/

Erwachsener/älterer Mensch, Größe, Restsehvermögen, Fortbewegungsqualität.

TEIL 3 – FACE TO FACE TRAINING

Dauer 7 Stunden

Ausbilder Anerkannte Fachkräfte aus dem Bereich Orientierung

und Mobilität

Anmeldung bei:

France Institut Montéclair 51 rue du Vallon 49000 Angers France [email protected]

Portugal Fundação Raquel e Martin Sain R Joao Saraiva, 11 1700-248 Lisboa Portugal [email protected]

Iceland NIB Hamrahlid 17

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105 Reykjavik Iceland [email protected]

Germany BFW Düren Karl-Arnold Strasse 132-134 52349 Düren Germany [email protected]

Spain ASPAYM C/ Severo Ochoa 33 Las Piedras 47130 Simancas Valladolid Spain [email protected]

Italy Rittemeyer 119 Villa Miramare 34136 Trieste Italy [email protected]

Ziele:

Simulation von Situationen, bei denen man die Unterstützungstechniken für VIP lernen

kann.

Alltagssituationen werden nachgestellt durch:

• Rollenspiele

• Darstellung und Bewältigung von Alltagssituationen:

- In einem Geschäft, in einem Büro, einem Krankenhaus, einer Kirche,

einem Rathaus, einer Schule und in einem Auto, Sehende Begleitung

z. B. zu einer Toilette usw.;

- Mit einem Kind, einem Jugendlichen, einem Erwachsenen, einem

älteren Menschen und mit einem Führhund;

- Reflektionen über die jeweilige Situation.

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Vermittlungsformen unter Simulation:

1. Selbst geführt werden, um von einem Punkt zum anderen zu kommen, einen freien

Platz zu finden, in ein Auto einzusteigen usw. (die Techniken der sehenden Begleitung

werden in einem Zweierteam erlernt).

2. Verbal geführt werden, um seine Sachen zu finden oder irgendwo hin gelenkt

werden (genaues Wegbeschreiben lernen, Arbeit in der Zweiergruppe).

3. Erlernen der Systematik von Raumerkundungen (Zweiergruppe).

V. ZUSAMMENFASSUNG UND GLOSSAR

Audio Beacons: Audio System zur Unterstützung der Orientierung und zur Information

über Räumlichkeiten

Autonomie: Fähigkeit unabhängig und sicher zu sein

Barrierefreiheit: Anpassung der Umwelt an die Bedürfnisse von VIP

Blind: Person ohne Sehwahrnehmung

Blindheit: kein visuelles Wahrnehmungsvermögen

Braille: Punktschrift

Defizit: teilweiser Verlust einer Fähigkeit

Echolokalisation: Möglichkeit sich durch Schallreflektionen zu orientieren und fort zu

bewegen, ähnlich wie bei Delfinen und Fledermäusen

Gesichtsfeld: der Bereich,der visuell erfasst werden kann

Indirekte Berührung: Erkennung und Wahrnehmung von Informationen über

Hilfsmittel wie den Langstock

Kognitive Prozesse: Prozesse im Zusammenhang mit Gehirnfunktionen

Kontrast: Unterschied (z.B. optischer oder taktiler) zwischen zwei Dingen, welcher

jeden von beiden klarer erkennbar macht

Kinesthetischer Sinn: Bewusstsein über die eigene Körperposition im Raum

Körperschema: Wissen und Bewusstsein über den eigenen Körper

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Leitstreifen: geriffelte Bodenmarkierungen, denen man mit dem Langstock von einem

Punkt zum anderen folgen kann

Low Vision: Schlechtes Sehvermögen

Masse spüren: Gegenstände erkennen, bevor man sie berührt hat

Mentale Vorstellungen: Fähigkeit reale Vorstellungen im Kopf entstehen zu lassen

Mobilität: sichere und leichte Fortbewegung

Mobilitätslehrer, Fachkraft für M.: anerkannter Spezialist für den Unterricht in O&M

Neurovisuelle Funktionen: visuelle Funktionen im Gehirn

Nystagmus: unkontrollierte Augenbewegungen

Ophthalmologe: Facharzt für Augenerkrankungen

Orientierung: die Fähigkeit einer Person sich über ihre Position in Raum jederzeit bewusst

zu sein, d.h. zu wissen wo sie ist, wo sie hin will und wie sie dort hin kommt

Peripheres Sehen: das Sehen mit den äußeren Augenbereichen

Photophobie: Lichtunverträglichkeit

Schilder: optische Hinweise, um sich leichter an Orten bewegen zu können

Strabismus: mangelnde parallele Ausrichtung der Augen

Taktile Streifen: taktil erfassbare Bodenmarkierungen, die vor gefährlichen Situationen

(z.B. Kanten, Fahrbahn, Stufen, Übergängen) warnen

Touch: Wahrnehmung und Erkennen durch direkte Berührung

Zentrales Sehen: Sehen mit der Mitte des Auges

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VI. BIBLIOGRAPHIE

GRIFFON Pierre La rééducation des malvoyants. Privat 1993

HERVE Jane, Comment voient les aveugles. Ramsay 1990

DIDEROT Denis, Lettre sur les aveugles à l’usage de ceux qui voient. Flammarion 2000

De MONTALEMBERT Hugues, La lumière assassinée. Robert Laffont, 1982

KHUTY SALVI Brigitte, Double lumière. L’AIRE 2009

KELLER Hélène, sourde, muette et aveugle, L'histoire d'Helene Keller. Payot et rivage

2001

VILLEY Pierre, Le monde des aveugles, L'aveugle dans le monde des voyants, Hachette

SEMELIN Jacques, Je veux croire au soleil, J'arrive où je suis étranger, Les Arènes

CALLE Sophie, Aveugles, Actes sud 2011

HENRI Pierre, La vie des aveugles, Les aveugles et la société Presse universitaire de

France.

http://www.inlb.qc.ca/grand-public/comment-aider-une-personne-ayant-une-

deficience-visuelle-document-pdf-adaptes-ou-word-adaptes-conseils-aux-

automobilistes-utilisation-du-transport-en-commun-prevention-des-chutes/

Verfügbare Videos

https://coolblindtech.com/bumps-in-the-sidewalk-help-the-blind-and-visually-

impaired-navigate/

Videos über Führtechniken :

https://www.unadev.com/guider-deficient-visuel-technique-en-video/

https://www.youtube.com/watch?v=jaJ6VrlN0VY

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VII. LERNZIELKONTROLLE

Selbstüberprüfungstest Teil 1

Frage 1: (nur eine Antwort ist richtig)

Eine Person wird als sehbeeinträchtigt bezeichnet wenn sie:

A: gar nichts mehr sieht

B: nur noch Restsehvermögen hat

C: entweder blind oder Restsehvermögen hat

Frage 2:

Bei der Fortbewegung von VIP ist das Berühren der Sinn, der am meisten zur Kompensation eingesetzt wird.

A: Richtig

B: Falsch

Frage 3: (nur eine richtige Antwort)

Die Fähigkeit Massen zu spüren ist bei VIP die Fähigkeit:

A: ein Objekt aus der Distanz zu spüren

B: den Umriss eines Objektes zu erkennen, nachdem es berührt wurde

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Frage 4:

Der Langstock wird nur von vollblinden Menschen benutzt.

A: richtig

B: falsch

Frage 5: (mehrere Antworten möglich)

Der Langstock wird benutzt für:

A: die Orientierung im Raum

B: Schutz vor Hindernissen

C: das Sammeln von taktilen und akustischen Informationen

D: die Kennzeichnung gegenüber den Mitmenschen

Frage 6: (nur eine richtige Antwort)

Welchen Nutzen haben Sicherheitswarnlinien?

A: sie warnen vor einer gefährlichen Stelle

B: man kann sie als Weg auf dem Boden benutzen

Frage 7:

Eine zentrale Sehschädigung bewirkt, dass man keine Details, keine Gesichter mehr erkennen und keine Texte mehr lesen kann.

A: richtig

B: falsch

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Frage 8:

Eine sehbeeinträchtigte Person kann große Schwierigkeiten haben:

A: mit dem Licht (Sonne, Beleuchtung usw.): ja/nein

B: in einer Menschenmenge: ja/nein

C: in einer lauten Umgebung: ja/nein

D: wenn sie sehr wütend ist: ja/nein

Frage 9:

Eine blinde Person kann große Schwierigkeiten haben:

A: wenn man stetig mit ihr spricht: ja/nein

B: wenn man ihre Umgebung verändert, ohne dies ihr zu sagen: ja/nein

C: wenn man sie alleine lässt, ohne ihr das zu sagen: ja/nein

D:in einer sehr lauten Umgebung: ja/nein

E: wenn man viel mit Gestik arbeitet: ja/nein

Frage 10:

Einer blinden Person muss immer bei der Fortbewegung geholfen werden.

A: richtig

B: falsch

Frage 11:

Macht man die Umwelt barrierefreier erleichtert das die Selbständigkeit von VIPs.:

A: richtig

B: falsch

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Frage 12: (mehrere richtige Antworten möglich)

Welche von diesen Dingen machen die Fortbewegung von VIPs leichter?

A: Leitstreifen auf großen Plätzen

B: Sound Beacons

C: „Shared Rooms“ (Bereiche die gleichzeitig z.B. von Fußgängern, Fahrradfahrern und Straßenbahnen benutzt werden können)

D: Kopfsteinpflasterstraßen

E: Angepasste Schilder (Kontrast, Schriftgröße, Beleuchtung)

F: Übersetzungen in Gebärdensprache

G: aufmerksame Mitmenschen die auf die Sehbehinderung Rücksicht nehmen.

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VIII. ANHANG

Idee

Übung

Lesen

emfohlen

Internet

Info

Zusammenfa

ssung

Fragen

Videos

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Wichtig

Erinnern

Suchen

Podcast

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Dieses Dokument wurde unter der Erasmus+ KA2 Strategische Partnerchaft Vereinbarung Nr. 2016-1-ES01-KA202-025275

PROJEKT SENSNET entwickelt

Es enthält die Ergebnisse beider Projekte