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Was ist Kata und wie kann das bewertet werden? Grundsatzreferat von Wolfram Diester zum Dan-Prüfertreffen des NJV am 27. Februar 2016

Grundsatzreferat von Wolfram Diester...Mikinosuke Kawaishi: „Die Kata sind die Wächter der Jūdō-Substanz“ Shiro Yamamoto (9. Dan): „Kata, Randori und Shiai sind drei Beine

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Page 1: Grundsatzreferat von Wolfram Diester...Mikinosuke Kawaishi: „Die Kata sind die Wächter der Jūdō-Substanz“ Shiro Yamamoto (9. Dan): „Kata, Randori und Shiai sind drei Beine

Was ist Kata und wie kann das bewertet werden?

Grundsatzreferat von Wolfram Diester

zum Dan-Prüfertreffen des NJV am 27. Februar 2016

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Frage: Wieviel Kata braucht ein Dan-Träger?

Antwort: Soviel wie in der PO gefordert wird.

Damit ist alles klar und der Vortrag beendet!

Vielen Dank für eure Aufmerksamkeit.

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Die Frage muss anders gestellt werden:

„Wie richtig und wie gut muss eine Kata sein,

um das Prüfungsfach zu bestehen?“

Also:

Wie viel Kata wir brauchen gibt die Prüfungsordnung des DJB vor.

Wie gut sie sein soll müssen wir uns überlegen.

Wie falsch sie verstanden und wie schlecht sie gemacht wird sehen wir zu Hauf.

Gegenfrage:

„Wie schlecht darf ich eigentlich einen Tai-otoshi im Prüfungsfach Wurftechniken machen?

Ich will doch auch nicht zum Wettkampf.“

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Vorbemerkung:

� richtig ist nicht das gleiche wie gut und

� falsch ist nicht das gleiche wie schlecht

präzis (= gut) und richtig Der Schütze schießt präzis (immer etwa an die gleiche Stelle) und richtig (mitten ins Schwarze)

dieser Prüfling

muss bestehen

präzis aber unrichtig (= falsch) Dieser Schütze schießt auch präzis (immer etwa an die gleiche Stelle) aber unrichtig (immer rechts unten daneben)

dieser Prüfling

darf nicht bestehen

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richtig aber unpräzis (= schlecht) Dieser Schütze schießt zwar richtig (die Treffer streuen um das Schwarze) aber unpräzis (die Treffer streuen deutlich)

dieser Prüfling

kann bestehen,

(wenn die Streuung nicht allzu groß ist)

unrichtig und unpräzis Dieser Schütze schießt sowohl unrichtig (die Treffer liegen unter und neben dem Schwarzen) als auch unpräzis (die Treffer streuen deutlich)

dieser Prüfling

darf nicht bestehen

(auch wenn er hin und wieder mal zufällig ins Schwarze trifft)

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1.Kata? Was ist das eigentlich?

� der Versuch einer Definition

� Zitate contra

„Wo steht eigentlich, dass man ne ganze Kata machen muss?“ (niedersächsischer Dan-Prüfer)

„Kata is‘ wenn de komisch gehst.“ (hochgraduierter [ehemaliger] Landestrainer)

„Kata kenn‘ ich, das ist so eine andere Sportart, so wie Karate oder so.“ (langjähriges Mitglied einer Nationalmanschaft, alle Dan-Grade verliehen)

„Für Kahta ham wa hier kein Platz, wir machen richtiges Jūdō!“ (angesehener Trainer einer Ligamanschaft, mehrere Dane ehrenhalber)

„Kata braucht kein Mensch!“ (Funktionär eines Landesverbandes im Bereich Lehrwesen)

„Wer Jūdō machen will bleibt hier, wer Kata machen will geht in die andere Halle!“ (ein Landestrainer, nicht NJV)

„Wegen Juttas Karate-Scheiß hab ich mir was gezerrt.“ (Teilnehmer am Oldenburger Kata-Geiko nach dem Üben von Kanō’s Jūdō-Kata Seiryoku zen’yō kokumin taiiku in schriftlicher Beschwerde)

„HA, HU, HO!“ (Zwischenrufe eines NJV-Funktionärs während einer Vorführung der Kōdōkan goshinjutsu vor den Finalkämpfen der IDEM 2007 in Braunsschweig)

„4. Dan mach ich nicht, da muss ich ja die Schwulenkata machen.“ (Anonymus, NWJV)

„Die Prüfer stellen zu hohe Ansprüche. Wir sind hier doch nicht bei einer Kata-Meisterschaft.“ (durchgefallener Prüfling)

„Ich weiß gar nicht was die wollen, das war doch die beste Kata die ich je gelaufen bin.“ (durchgefallener Prüfling)

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� Zitate pro

Mikinosuke Kawaishi: „Die Kata sind die Wächter der Jūdō-Substanz“

Shiro Yamamoto (9. Dan): „Kata, Randori und Shiai sind drei Beine eines Schemels. Ist ein Bein zu kurz, sitzt man nicht gut. Fehlt ein Bein, kippt der Stuhl um.“

Toshiro Daigo (10. Dan, viele Jahre Chefausbilder des Kōdōkan, Manager der japanischen Nationalmannschaft bei Olympia 1976 und 1984, IJF-Kari): „Ich glaube, Nage no kata gibt einem Jūdōka die exzellente Möglichkeit, seine Angriffsstärke zu verbessern, indem er die Fertigkeit entwickelt auf beiden Seiten zu werfen.“

Ichiro Abe (10. Dan, früherer Beauftragter des Kōdōkan in Europa): „Im Allgemeinen sind die Kata oder die Grundregeln das Stiefkind des europäischen Jūdō. Ihr Geist und ihre Ausführung sind schlecht verstanden und abgeändert worden.“

Noboyuki Sato, in dem Jahr (1968) in dem er zum zweiten Mal Weltmeister wurde: „Ich widme etwa drei Stunden pro Woche dem Kata-Training, und davon wohl den größten Teil der Nage no kata.“

Yasuhiro Yamashita (4facher Weltmeister, 1 mal Olympiagold): „Ich war nie gut in Kata, aber ohne Kata wäre ich nie gut geworden.“

Haruki Uemura (Kōdōkan-Präsident): in seiner Neujahrsbotschaft 2016: „###bezgl. Benehmen im Wettkampf####“

Konfuzius: „Wer die Formen nicht achtet wird nie vollendet werden.“

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� Zitate Kanō

„Kata heißt, durch eine im Voraus festgelegte Art und Weise Methoden des Kampfes zu studieren.“ (1884)

„Ich möchte das Verhältnis beider mit dem Sprachunterricht vergleichen. Die Kata entspricht der Grammatik, das Randori dem Aufsatz. Auch wenn man in der Grammatik bewandert sein sollte, kann man unmöglich gute Verse schreiben, wenn man nicht gelernt hat Aufsätze zu schreiben. Sollte man sich für das Schreiben von Aufsätzen begeistern, aber keine Kenntnisse in der Grammatik besitzen, entstehen in den Sätzen leicht Fehler. Aus diesem Grund muss man beim Jūdō-Unterricht Kata und Randori gleich behandeln.“ (1913)

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� Der Begriff KATA

Beitrag von Heiko Bittmann auf Wolfgang Fanderls Homepage über den Kata-Begriff im japanischen Alltag

von Musterbüchern und Gussformen - oder: 形 vs. 型

und warum das eine形 im Jūdō und das andere型 im Karate verwendet wird

(und beide nichts mit kata 方, kata 片 bzw. kata肩 zu tun haben)

Zwischenbemerkung:

Kata ist Analogie zu Ritualen in der pädagogischen Psychologie

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� Kata in Kriegs“kunst“, Kampfkunst und Kampfsport

Exerzieren für den Ernstfall (gefährliche Techniken übbar machen)

Methode des Techniktrainings (Wiederholungen unter geschlossenen Rahmenbedingungen)

Fitnesstraining (als Nebeneffekt)

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� Weiter Ansätze

Historische Überlieferung � das körperliche Gedächtnis

Kunstform

Training des Geistes (siehe z.B. bei Thích Nhất Hạnh über Achtsamkeit, Aufmerksamkeit und Intuition)

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� Abgrenzung Kata / Randori /Shiai

Kanō’s ursprünglicher Ansatz:

Trainingsformen: geschlossen offen

praktisch Kata Randori

theoretisch Kogi Mondo

aktuelle Unterscheidung in Praxis: Kata / Randori / Shiai

keine Berücksichtigung von Sieg und Niederlage

Sieg oder Niederlage wichtig

vollständige bis viel Vorinformation

Kata -

wenig bis keine Vorinformation

Randori Shiai

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� Evolution der Jūdō-Kata Grafik aus Otaki und Draeger (1983, S 27)

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� Kata i.w.S. vs. Kata i.e.S

Kata im weitesten Sinne: jede Trainingsform nach Verabredung

Kata im engeren Sinne: sinnvoll zusammengestellte und veröffentlichte Technikreihen

Kata im engsten Sinne: nur die von JigorōKanō ins Jūdō übernommenen oder selbst entwickelten Kata

� Mein persönliches Kata-Verständnis

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2.„Jetzt haben die schon wieder was geändert!“

� über Standardisierungen, Interpretationen, Variationen

� der Ursprung der Kata des Jūdō

von Kanō aus alten Jujitsu-Stilen übernommen, und überarbeitet: Itsutsu no kata, Koshiki no kata, Kime no kata

von Kanō selbst enwickelt: Nage-, Katame-, Jū-, Seiryoku zen’yō kokumin taiiku no kata, …

von Kanō’s Schülern bzw. am Kōdōkan entwickelt: Kōdōkan Goshinjutsu, Nage waza ura no kata, …

von anderen Japanern entwickelt….

von Nichtjapanern entwickelt…

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� Entwicklung am Beispiel der Nage no kata

1884 zuerst 10 Techniken,

später dann (1888 oder 1895?) 15 Techiken

1906 Ersatz zweier Würfe (Konferenz der Nippon Butokukai), OSG durch UMA, SUK durch KGU

Raumaufteilung, Positionierungen ab ca. 1920,

Saza uki und das Erziehungministerium

„die stille Post“ und die Waza no kenkyu bu (ab 1954, ?Mifune’s Befehl? / Standardisierungstreffen 10.4.1960)

Lehrhefte, Videos, DVDs der Waza no kenkyu bu-Unterabteilung Kata und die IJF

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� Zwischenbemerkung:

Die Entwicklung des Graduierungswesens im Kōdōkan-Jūdō

##########…

Die Rolle der Kata im Graduierungswesen in Japan

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� Bunkai, Oyo, Henka und Kakushi

Wir sind keine Klone …

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� Interpretation ja, Variation nein?

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3.Gute Kata vs. schlechte Kata

� von Drehbüchern, Regisseuren und Schauspielern

� Guter Drehbuchschreiber? (≡ der Begründer der Kata)

gute Kata auf dieser Ebene heißt gut konstruierte Kata

gut erkennbares Thema?

repräsentativer Technikquerschnitt ?

roter Faden?

jo ha kyu?

gute Dokumentation?

Taiso no kata vs. Shobu no kata vs. Ri no kata vs. Randori no kata

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� Guter Regisseur? (≡ der Kata-Lehrer/-Trainer)

Wo gibt es gute Kata-Lehrer?

Wieviel weiß der Trainer über Kata und welche Einstellung hat er zum Thema?

Kann er ein Bewegungsvorbild liefern?

Kann er als Partner „Fühlen lassen“?

uuuuaaarggghhhhh: Kata ist vom DJB nicht als Ausbildungsinhalt der Trainer-C-Ausbildung vorgesehen‼

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� Gute Schauspieler (≡ die Kata-Ausführenden)

Technische Grundausbildung von Tori und Uke (Stehen, Gehen, Gleichgewicht, …, usw. usw.)

„falsch oder richtig“ ist etwas anderes als „gut oder schlecht“

körperliche Eignung? ausreichende Kondition?

Theoretisches Verständnis?

Routine? Wieviel muss er denken oder handelt er intuitiv?

Muga mushin? ... und der innerste Trainer

Tagesform / „Schussfestigkeit“ / Stabilität der Technik unter Druckbedingungen

Kann er der Kata „Charakter“ geben? …oder „läuft“ er sie nur?

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� Gute Kritiker (≡ Prüfer, Wertungsrichter, Zuschauer)

hohes Maß an speziellem Fachwissen im Hinblick auf die zu bewertende Kata

Fertigkeit der Bewegungsanalyse

eigene praktische Erfahrungen mit der Kata als Tori und Uke

frei von Halo-Effekten

………

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4.Kata in Training, Meisterschaft und Prüfung

� Sichtweisen, Schwerpunkte, Maßstäbe

� Grundsatz: Es gibt nur eine Nage no kata!

� Kata als Show muss gut aussehen

� Kata als Trainingsmethode muss Technik schulen und konditionelle Aspekte fördern

Shin / Gi / Tai

� Kata als Wettbewerb muss entsprechend den Vorgaben fehlerfrei sein

Etwas Für-und-Wider

Bewertungsmethoden

Von kleinen, mittleren, großen und katastrophalen Fehlern

A-Note und B-Note

� Kata als Prüfungsinhalt muss beweisen, dass der Prüfling die Techniken verstanden hat

und in guter Qualität beherrscht.

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� Vorbemerkungen zu Prüfungsmaßstäben

WDR: „Wer für die Prfg. zum Grüngurt zum ersten Mal Nage no kata zeigt, ist vom Gewinn der Deutschen Kata-Meisterschaft genauso weit entfernt, wie vom Gewinn der Deutschen Meisterschaft im im WettkampfJūdō mit einem Uchi mata, wenn er den bei einer Prüfung zum erstenmal zeigt.“

Was nützt die hübscheste Verpackung, wenn Scheiße drinsteckt

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� Gegenüberstellung Meisterschaft und Prüfung

Wettbewerb Prüfung

sportlicher Wettkampf um Plätze, Punkte, Ehre Mittel der Qualitätssicherung

das Paar wird bewertet Tori ist der Prüfling

Ziel des Paares im Wettbewerb: möglichst wenige Fehler entsprechend der Fehlerdefinitionen in der Fehlerliste der IJF/EJU/DJB

Ziel des Prüflings: korrekte Demonstration der Technikprinzipien (Richtigkeit der Technik)

die Bewertung führt zu einer Platzierung relativ zu den anderen teilnehmenden Paaren, unabhängig von der absoluten Qualität***

die Bewertung relativ zu einer Soll-Vorstellung führt zum Bestehen oder Durchfallen

***eine gute Platzierung bei einer Katameisterschaft ist kein hinreichendes Kriterium für das Bestehen einer Prüfung

eine Änderung der Technikreihenfolge halbiert die Gesamtpunktzahl, ein fataler Fehler

eine Änderung der Technikreihenfolge kann verzeihlich sein, wenn der Rest OK ist

führt eine Behinderung zu einer fehlerhaften Ausführung der Technik, so wird dieser Fehler genauso wie bei Nichtbehinderten gewertet

Behinderungen können zum Ersatz einzelner Techniken führen

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� Vom Bestehen und Durchfallen

Beispiele für mögliche Gründe für ein Durchfallen

am Beispiel der Nage no kata (zur Diskussionsanregung):

• vergessene Techniken, falsche Reihenfolge (ggf. am Ende der Prfg. zweite Chance)

• falsche Techniken, (Ō goshi anstatt Uki goshi, De ashi harai anstatt Okuri ashi harai) • Kontrollverluste, (Tori lässt bei Kake-Phase von Kata guruma Ukes Arm los) • Tori fällt bei Tachi-waza mit (letztes Jahr bei Kyu-Prfg. Tori muss sich nach Uchi mata mit Hand auf

Matte abstützen) • mehrere große Fehler (im Sinne der Fehlerdefinition für Kata-Meisterschaften) • Uke springt (und macht damit allen Zusschauern klar, dass Tori den Wurf nicht beherrscht) • überharte Würfe (Verletzung der obersten Jūdō-Prinzipien Seiryoku zen’yō und Jita kyōei) • Fehler, die Uke verletzen (z.B. Ukes Schulter bei zu flach geworfenen Sutemi-waza) • falsche Eingänge (z.B. Nage no kata Tsuri komi goshi mit Pulling out-Eingang) • falsches Tai no ido (Ayumi ashi anstelle Tsugi ashi) • „Blackout“ � wenn auch ein Zuruf nicht weiterhelfen kann • kein Kuzushi

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Keine Durchfallgründe wären beispielsweise:

• schlechtes Tai no ido (aber was ist an Suri ashi und Tsugi ashi eigentlich so schwierig?) • schlechte Positionierungen, • schlechtes Zanshin • schlecht dosiertes Kuzushi (oder schlechtes Timing desselben) • mittlere Fehler, auch zahlreiche (im Sinne der Fehlerdefinition für Kata-Meisterschaften) • Uke-Fehler (sofern sie nicht gehäuft auftreten) • „Blackout“ � durch Zuruf weiterhelfen, dann OK (einmalig, aber nicht öfter)

Grundsätzlich:

Wichtig ist die Technik!

Aufgrund der geschlossenen Rahmenbedingungen der Kata (Absprache, Kooperation, 2 Jahre oder mehr Vorbereitungszeit)

muss ein Technik in einer Kata-Ausführung

qualitativ deutlich besser sein als in der freien Bewegung (=Yakusoku geiko)

oder gar im Randori!

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Idee: altes 10-Punkte-System

Dabei gilt: die technische Exaktheit einer Technik muss Grundlage ihrer Bewertung sein (was nützt Harmonie in einer

falschen Technik), technische Fehler verhindern daher grundsätzlich hohe Benotungen über 6 Punkte, selbst wenn alles

„Andere“ stimmen oder gar „perfekt“ sein sollte. Punkte oberhalb von 6 machen sozusagen die B-Note aus.

Es gibt eine zusätzliche Note für Eröffnung und Abschluss.

Punkte Benennung Kriterien zu den Noten

10 perfekt

in allen Belangen perfekte Ausführung der Technik; beide Partner zeigen perfektes Können; Timing, Abstände, Kontrolle, Atmung, Gewandtheit und Reibungslosigkeit der Bewegung sind vollkommen; der „Geist“/Sinn der Kata wird in hohem Maße deutlich; alle Phasen der Technik sind deutlich (z.B. Kuzushi usw.); korrekte der Kata angemessene Geschwindigkeit

9 fast

perfekt

fast perfekte Ausführung der Technik hinsichtlich der o.g. Kriterien (es fehlt z.B. vielleicht etwas an Reibungslosigkeit, und Ausstrahlung (Zanshin))

8 sehr

gut

größeres Maß an Können und Ausstrahlung, die Ausführung ist völlig exakt und mit Harmonie und korrektem Timing

7 gut großes Maß an Können; Ansätze von Harmonie; technisch völlig exakte Ausführung und korrektes Timing

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Punkte Benennung Kriterien zu den Noten

6 durchschnittlich im Großen und Ganzen korrekte Technik

(im Sinne des Kōdōkan- bzw. IJF-Standards!)

ohne technische Fehler

5 unter

durchschnittlich ein oder zwei kleine technische Fehler, aber im wesentlichen korrekt

4 schwach ein oder zwei größere technische Fehler und/oder drei bis vier kleinere technische Fehler; schlecht kontrollierte, unsichere Ausführung

3 sehr

schwach

drei oder vier größere und/oder zahlreiche kleinere Fehler; unkontrollierte, sehr unsichere Ausführung

2 höchst

fehlerhaft völlig falsche Bewegung(en) innerhalb der Technik

1 kaum

erkennbar

zahlreiche große und kleine Fehler; nicht zuzuordnende/erkennende Bewegungen oder Technik; deutlich nicht vorhandenes technisches Können falsche aber strukturverwandte Technik

0 fehlend fehlende Technik; falschseitige Ausführung; völlig falsche Technik

hier würden etwa 45 % zum Bestehen reichen, wenn nicht mehr als ein oder zwei „Ausreißer“ (0, 1 oder 2)

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Sonderfälle:

Behinderung?

Empfehlung: Einzeltechniken geeignet ersetzen (z.B. UMA durch OSG)

Anerkennung von Meisterschaftskata als Prüfungsleistung?

Empfehlung: mindestens 60 % der maximal möglichen Punkte bei aktuellem Wertungssystem bei DKM oder IDKM (bei LKM Entscheidung der Wertungsrichter unabhängig von Punkten) eine Platzierung sagt nichts über die absolute Qualität der Kata aus und kann weder notwendiges noch hinreichendes Kriterium sein

Prüfung in den Kata-Stützpunkten?

Empfehlung: Auch hier drei Prüfer erforderlich. Aber: Aufgabe der Kata-Stützpunkte ist das Training der Kata-Wettbewerbsteilnehmer. Diese haben immer Vorrang. Prüfungsvorbereitung, Prüfung oder Prüfungsnachbereitung nur wenn freie Kapazitäten vorhanden sind.

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5.Schlussfolgerungen

• Dan sein heißt Vorbild sein

• jeder Prüfer muss die von ihm geprüften Kata selbst im Detail verstanden haben (und das gilt für alle Prüfer einer Kommission!)

• ein vernünftiges Prüfungswesen ist unser wichtigstes Mittel

der langfristigen Qualitätssicherung im Jūdō (vernünftig heißt hier: reproduzierbar, einheitlich, gut ausgebildete Prüfer, usw.)

• Bestehenlassen aus falsch verstandenem Mitgefühl ist Bärendienst für QS

• Zwang zur Weiterbildung

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6.Zum Studium empfohlen

(am besten vor einer Einmischung in eine Diskussion):

• Die aktuelle englische Verision der Kōdōkan-Kata-Textooks: http://KōdōkanJūdōinstitute.org/en/docs/Kata%20textbook%20Nage%20no%20Kata%202nd%2020150415.pdf bzw. http://KōdōkanJūdōinstitute.org/en/waza/forms/textbook/ enthält die Minimalinformationen / Minimalanforderungen für die richtige Technikausführung

• Hanelt über Kata im DJB-Dan-Skript (Kenntnis und(!) Verständnis dieser Ausarbeitung halte ich für das Minimalprogramm für jeden Dan-Prüfer!)

• Tadao Otaki und Donn F. Draeger: „Jūdō Formal Techniques – A Complete Guide to Kōdōkan Randori no Kata“ Rutland (Charles E. Tuttle Company) 1983. ISBN 0-8048-1676-X. Insbesondere die Kapitel 3, 5,6, 8 und 10!

• Ralf Pöhler: „Ju-Do-Kata. Hintergründe und Geisteshaltung der Bewegungsformen des Jūdō“. Hamburg (Verlag Ingrid Czwalina) 1985. ISBN 388020134X

Konfuzius: „Wer die Formen nicht achtet, wird nie vollendet werden.“

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und jetzt:

ab auf die Matte