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Grundzüge für die Einführung der allgemeinen Theorien über die Bildung und Verwaltung kommunaler Fonds in die Praxis Author(s): Carl Gerling Source: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 29. Jahrg., H. 2 (1912), pp. 141-146 Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KG Stable URL: http://www.jstor.org/stable/40906695 . Accessed: 16/06/2014 04:51 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Mohr Siebeck GmbH & Co. KG is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to FinanzArchiv / Public Finance Analysis. http://www.jstor.org This content downloaded from 91.229.229.44 on Mon, 16 Jun 2014 04:51:12 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Grundzüge für die Einführung der allgemeinen Theorien über die Bildung und Verwaltung kommunaler Fonds in die Praxis

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Grundzüge für die Einführung der allgemeinen Theorien über die Bildung und Verwaltungkommunaler Fonds in die PraxisAuthor(s): Carl GerlingSource: FinanzArchiv / Public Finance Analysis, 29. Jahrg., H. 2 (1912), pp. 141-146Published by: Mohr Siebeck GmbH & Co. KGStable URL: http://www.jstor.org/stable/40906695 .

Accessed: 16/06/2014 04:51

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Grundzüge für die Einführung der allgemeinen Theorien über die Bildung und Verwaltung kommunaler Fonds in

die Praxis. Von Carl Gerling.

Die von zwei deutschen Städtetagen aufgestellten Thesen über kommunale Kreditreform sollen eine neue Aera in der Entwicklung des gemeindlichen Schuldenwesens zu inaugurieren in der Lage sein. Eingedenk des Wortes des französischen Finanzministers Neck er, dass gute Finanzen auch gute Politik machen, sind die Kommunalverbände an der Arbeit, die Reformbestrebungen ihres akademischen Charakters zu entkleiden und die aufgestellten Leitsätze zur Anwendung zu bringen.

Als erstes Prinzip für die Reform der Kreditverhältnisse gilt die Ver- minderung des ausserordentlichen Finanzbedarfs. Die deutschen Emissionen an Kommunalanleihen sind jedoch nach einem Rückgange in 1910 in 1911 auf 309 Mill. M. (von 248 Mill.) gestiegen, und die Aussichten auf eine Wirkung der schon 1908 (inoffiziell eigentlich schon früher) eingeleiteten Verminderungs- bestrebungen sind nicht wesentlich. Es ist aber schlechthin unbestreitbar, dass das Interesse an der Lösung des Problems bei den Verwaltungen und der Oeffentlichkeit ausserordentlich gestiegen ist, und dass, wenn die Erfolge bisher nicht den Umfang angenommen haben, den zu erreichen notwendig erscheint, dies weniger der Zahl und Art der theoretischen Erörterungen, als dem Mangel an Mitteln zur Einleitung (Steuerpolitik, der materiellen Seite) und anregenden Lösungen (der praktisch-technischen Seite) zuzuschreiben ist. Wenn sich die Untersuchungen der zeitigen Methoden der Praxis bisher weniger angenommen haben, so war hierfür mit Ursache, dass es einziggeltende Richtschnuren hier nicht gibt. Dadurch kann jedoch die Notwendigkeit, den modernen Gedanken auf diesem Gebiete eine erfolgreiche Praxis zu sichern, keineswegs gemindert werden. Die theoretischen Grundgedanken, von denen wir insbesondere auf die Bearbeitungen von Wöll, Zahn, Most, Gayl, Scholz, Quensel, Seidel u. a. verweisen, sind hier nicht angeführt worden.

Vorausgesetzt wird im allgemeinen, dass auch die Fondspolitik - unter diesem Namen begreift man die bedarfsmindernden Bestrebungen - nur ein Teil der allgemeinen kommunalen Finanzpolitik sein kann, und dass man unter anderem die Deckung des ausserordentlichen Finanzbedarfs durch Voranschaffung wirkungslos macht, wenn man die Wechselwirkung zwischen allgemeiner kom- munaler Wirtschaft (Erweiterung des Aufgabenkreises) und kommunaler Finanz- wirtschaft ausser acht lässt.

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Grundsätzliche Forderungen der kommunalen Fondspolitik sind: 1. Stabilisierung der vorhandenen Vermögensbestände (Vermögens-

stöcke) ; 2. Bildung neuer Bestände (Rücklagen).

I. Die Stabilisierung des bisherigen Vermögens wird erreicht: 1. durch die Erhaltung des Barvermögens,

a) durch Schaffung und Unterhaltung eines Betriebsstockes, b) durch Schaffang eines Ausgleichsstockes, insbesondere

a) durch Anlegung der Bestände (Bestandsstock) zum alljährlichen Ausgleich von Mindererträgen in der allgemeinen Wirtschaft (Defizit) und zur Etatäbalancierung,

ß) zur Beseitigung von Differenzen bei Etatsmehrbedürfnissen im laufenden Jahre (Verfügungsstock),

f) durch Ansammlung gewisser Mehrerträge als Ausgleich für korrespondierende Mindererträge (Steuerausgleichsstock, Forst- ausgleichestock) ;

2. durch Erhaltung des anderen Vermögens durch a) Anlegung "in gleich rentablen Anlagen bei Abstossung (Grund-

eigentumsstock, Finanzverwaltungsstöcke), b) Rücklagen für alle Betriebe (Betriebsrücklagen).

II. Die Bildung neuer Bestände erfolgt durch Schaffung von a) Kapitalbeständen für Zwecke, deren Natur einer Mittelbeschaffung

durch Anleiheaufnahme entgegensteht (Hauptrücklagen); b) Vermögensobjekten - z. B. Grunderwerb -, die durch ihren Ein-

fluss auf die allgemeine Wirtschaft die Mittelbeschaffung erleichtern (Sonderrücklagen) .

Der Betriebsstock muss gebildet werden, weil für den laufenden Be- darf die Einnahmen und Ausgaben sich nicht decken, sowie weil namentlich für privatwirtschaftliche Betriebe Kreditaufnahmen analoger Art wie bei anderen Gewerbeunternehmungen sich sonst nötig machen. Materiell gilt, dass seine Bildung aus üeberschüssen angängig ist, dass seine Höhe sich nach dem Be- dürfnis richten muss - nach meinen Erfahrungen pro Kopf der Einwohner- schaft 2-5 M., dass für seine Inanspruchnahme zugunsten der ausserordent- lichen Verwaltung oder gewerblicher oder gebührenerhebender Unternehmungen eine Zinsenentschädigung - jedoch an die allgemeine Vermögensverwaltung, nicht an ihn - zu zahlen ist. Formell gilt, dass über seine Bildung, Ver- wendung, Veränderung grundsätzliche Bestimmung zu treffen ist. Ueber seine Bildung aus Steuermitteln vgl. Preuss. Komm. Abgabengesetz, Ausf.-Anw. Art. 2, Ziff. 4 letzter Satz.

Der Bestandsstock ist zu bilden 1. zur Zuschussleistung für den all- jährlichen Verfügungsstock (Dispositionsstock), 2. zur Deckung von Abschluss- verlusten (Defizit am Jahresschluss), 8. zur Regulierung des Finanzbedarfs bei Aufstellung des Haushaltsplanes (Etatsbalancierung). Ihm fliessen die gesamten Ueberschüsse der Rechnungsjahre hinzu, soweit sie etwa zu besonderen Zwecken nicht bestimmt sind. Ueber seinen buchmässigen Nachweis, seine Verwaltung und Verwendung sind Grundsätze aufzustellen. Seine Mittel sind, soweit etwa etatsmässig über sie nicht verfügt ist, in der Regel zur Ergänzung des Betriebs-

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fonds, oder auch, was nicht immer rationell ist, als Aushilfe für aus finanz- taktischen Gründen zurzeit nicht begebbare Anleihen zu verwenden. Seine Erträge gehören der Vermögensverwaltung.

Der Verfügungsstock besteht nur für ein Rechnungsjahr. Er besteht neben der etatsmässigen Verfügungssumme aus 1. festgestellten Mehreinnahmen und 2. Minderausgaben gegen den Anschlag bei der laufenden Verwaltung, abzüglich 3. ebensolcher Mindereinnahmen und 4. ebensolcher Mehrausgaben; dies gilt jedoch nur soweit, als Ausgleichs- oder Bestandsstöcke zum Ausgleich nicht in Frage kommen. Sein Zweck ist, Auskunft zu geben, über welche Summen die gemeindlichen Körperschaften zur Vermeidung eines Abschluss- verlustes an jedem Termin des Wirtschaftsjahres noch verfügen können ; alle Zuführungen erfolgen nur buch-, nicht kassenmässig.

Ausgleichsstöcke sind zu bilden aus Mehrerträgen bedeutender, in ihren Erträgen wesentlichen Schwankungen unterworfener Einnahmequellen oder Minderausgaben bei Aufwendungen gleichen Charakters. Hierzu rechnen unter anderem die Steuern wegen Schwankens der wirtschaftlichen Verhält- nisse, Forstüberschüsse (bei Raupenfrass u. a.) , grosse Bauunternehmungen (Lohn-, Konjunkturdifferenzen), periodisch wiederkehrende Feste (Heimatfeste, Fremdenverkehrsunternehmungen). Formell gilt, dass für jeden Stock grund- sätzliche Bestimmungen von den gemeindlichen Körperschaften zu erlassen sind, dass über die Verwendung ihrer Bestände nur diese beschliessen dürfen, dass ihre Bestände im Haushaltsplane nachrichtlich vermerkt werden, und dass ihre Erträge (Zinsen) in der Regel dem Stock selbst zufliessen.

Finanzverwaltungsstöcke entstehen durch das Erfordernis der Intakthaltung des kommunalen Vermögens nach den gesetzlichen, auch orts- gesetzlichen oder Verwaltungsvorschriften - Waldbesitz, Kapitalvermögen, Grundeigentum. Durch diese wird angeordnet, dass bestimmte Vermögensstücke nicht veräussert werden dürfen, sondern dass sie möglichst gleich nutzbringend und sicher oder gar in gleicher Weise anzulegen sind. Die Kapitalsbildung wird hier in leicht realisierbaren Werten und so lange erforderlich, bis die Anlegung in vorgeschriebenen Vermögenswerten möglich ist. In der Regel wird sich, da Verwendungszweck und Art gegeben sind, die Aufstellung besonderer Grundsätze erübrigen.

Betriebsrücklagen sind die für die Gewinnunternehmungen und einzelne Unternehmungen mit gemeinnützigem Charakter (Schlachthof, Kanali- sation) , insbesondere für die mit gewerblichem «Charakter gemachten Rück- stellungen. Vorbildlich ist die Satzung für einen Ausgleichsfonds beim Magistrat Braunschweig geworden, die in § 3 Ziff. 2 bestimmt: „Bei Feststellung der Ueber- schüsse der Licht- und Wasserwerke soll fortan in der Weise verfahren werden, dass in den nach kaufmännischen Grundsätzen aufzustellenden Bilanzen die Rückstellungen so reichlich bemessen werden, dass die Kosten für Erneuerungen •und Erweiterungen regelmässig ohne Aufnahme von Anleihen aus dem frag- lichen Fonds bestritten werden können."

Die Betriebsrücklagen sind im allgemeinen: 1. Erneuerungsrücklagen, 2. Erweiterungsrücklagen, 3. Tilgungsrücklagen.

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Die Erneuerungsrücklage ist Musserfordernis, 2 und 3 sind als vermögen- bildende Stöcke erwünscht, aber nicht zwingend notwendig.

Grundlegend sind für ihre Bildung, für Höhe und Mittel die Abschrei- bungen und Ueberschüsse. Die Abschreibungen sind zu bemessen: 1. nach der Wertsverminderung durch Gebrauch (Abnutzung), 2. nach der Gefahr der wirt- schaftlichen Untauglichkeit. Den so festgestellten Summen müssen entnommen werden die Mittel für den Erneuerungsfonds und können entnommen werden die Mittel für Erweiterungen und ordentliche und ausserordentliche Tilgung. Besser ist es, wenn Tilgung und Erweiterung aus den reinen Ueberschüssen, d. h. dem nach Absetzung der Abschreibungen verbleibenden Reinüberschuss entnommen werden können. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, finanzpolitische Gebräuche und finanztaktische Gründe können das Bedürfnis für diese Ent- nahmen bejahen oder verneinen. Unzulässig ist die Entnahme darum nicht, weil die durch den Gebrauch entstandene Wertsverminderung der Anlagen durch die Gewinnung neuer Werte, das sind die neues Vermögen bildenden Erweiterungen, und die Abtragung der Schulden ausgeglichen wird. Ein Kompromiss wird in der Regel dadurch erzielt, dass die Abschreibungen weit über das normale Erfordernis bemessen werden, so dass, wenn die Kosten der Tilgung und der Erweiterungen (d. h. auch der Rückstellungen für Erweite- rungen) aus ihnen bestritten werden, die der Erneuerungsrücklage zuzuführenden restlichen Mittel eine tatsächlich genügende Dotierung darstellen, d. h. genügend auch in dem Sinne, dass aus ihr die ganze Werkserneuerung ohne Schulden- anfnahme am wirklich dafür notwendigen Termin bestritten werden kann.

In Preussen wird in der durch den Bezirksausschuss zu erteilenden Ge- nehmigung festgesetzt, ob bei Anleihen, die zur Herstellung gewinnbringender Anlagen bestimmt sind, die erzielten Betriebsüberschüsse ganz oder zum Teil zur Tilgung zu verwenden sind, bzw. inwieweit dieselben der betreffenden Ge- meinde zur freien Verfügung zu überlassen sind. Durch Ministerialerlasse vom 1. Juni 1891 und 23. August 1907 ist bestimmt, dass bei der Anwendung dieser Anordnung in Betracht gezogen werden solle, einerseits die allgemeine Finanz- lage der Stadt, anderseits die Grundsätze, nach welchen bei Abschreibungen auf das Anlagekapital verfahren wird. Den Gemeinden pflegen die Ueberschüsse bis zu 6 Proz. des Anlagekapitals belassen zu werden.

Für die Verwendung gilt grundsätzlich, dass der Erneuerungsrücklage nur Mittel zum Ersatz unbrauchbar gewordener Gegenstände entnommen werden, der Erweiterungsrücklage nur^ Beträge zur Vornahme von ganz neuen Er- werbungen, der Tilgungsrücklage nach Bestimmung der Anleihebedingungen die Mittel für ordentliche und ausserordentliche Abtragungen; bis zur Ab- tragung fliessen die Zinsen der Rücklage zu.

In formeller Beziehung gilt grundsätzlich, dass die Abschreibungen und Rückstellungen durch die sachverständigen Ausschüsse festgesetzt, ihre Buchung und Verwendung geregelt wird, im übrigen namentlich über Entnahmen für Erweiterungen und ausserordentliche Anleiheabtragungen jedesmal durch die Körperschaften beschlossen wird. Im Rahmen des Haushaltsplanes gehören die Mittelverwendungen auch zu den Ansätzen der ausserordentlichen Verwaltung.

Hauptrücklagen sind zu bilden für den Finanzbedarf, der be- deutend ist,

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a) ohne den Charakter eines ausserordentlichen Bedarfs anzunehmen, oder bei dem

b) die dafür geltenden Merkmale nicht zweifelsfrei nachzuweisen sind; c) ohne zur Grundlage einer dauernden Nutzung zu werden, oder ohne

als Immaterialkapital die bestimmte Gewähr für die in gleichem Masse wachsende und finanziell erfassbare Leistungsfähigkeit der Ge- meinde zu bieten.

Hauptrücklagen erfüllen ihre finanzwirtschaftliche Mission besser, weil 1. die Kreditverhältnisse im allgemeinen dadurch wesentlich verbessert

werden, 2. diese Form der Voranschaffung des Bedarfs ungleich wirtschaftlicher

ist als Anleiheaufnahmen. Im allgemeinen sind sie danach zu fordern für 1. Schulbauten, 2. Ver-

waltungsräume, 3. Krankenhäuser, 4. Strassenunterhaltungsaufwendungen, 5. Schaffung von öffentlichen Anlagen, 6. notwendige Geländeanschaffungen. Sie können gebildet werden für 1. Strassenherstellungen , 2. Meliorationen, 3. Bildungsstätten (Theater usw.). Für Preussen bestimmt unter anderem der Ministerialerla8s vom 23. August 1907: „Aus Anlass eingehender Anträge, ge- stellt durch Gemeinden mit stark zunehmender Bevölkerung, auf Genehmigung von Anleihen zur Deckung häufig wiederkehrender Verwendungszwecke (z. B. Schulbauten, Pflasterungen usw.), wird den Gemeinden zur Pflicht gemacht, in Zukunft besondere Fonds anzusammeln bzw. vorhandene zu stärken." Nach §14 Preus8. Volksschulunterhai tungsgesetz vom 28. Juli 1906 hat jeder Schul- verband mit 25 oder weniger Schulstellen bestimmte Beträge zur Bestreitung der Kosten von Volksschulbauten anzusammeln und verzinslich zu belegen.

Die Mittel zu ihrer Gründung und Unterhaltung lassen sich entnehmen aus: 1. allgemeinen Ueberschüssen , 2. besonderen Ueberschüssen (Sparkasse, Werke u. a.), 3. besonderen Titeln (Steuern, Realsteuerbelastung u. a.), 4. Zu- führungen aus Gemeindemitteln (Kämmereien).

Die Regel, wonach die Erhebung der Steuern sich aut den notwendigen Bedarf zu beschränken hat, hindert nicht, dass Fonds für bestimmte Zwecke {Schulbau-, Pflasterungskosten, z. B.), deren Beschaffung auf einmal den Steuer- pflichtigen zu schwer fallen würde, im Laufe der Jahre allmählich angesammelt werden (Art. 2 Ziff. 4 Ausf.-Anw. Pr. K. Abg.-G.).

Grundsätzlich gilt, dass die Zuführung um gleiche Beträge vermindert werden kann, solange

a) die Tilgung alter, ungleich unwirtschaftlicherer Schulden neu einge- führt wird,

b) andere Anlagen erwerbswirtschaftlichen Charakters, die den landes- üblichen Zinsertrag übersteigenden und dauernden Gewinn jetzt oder in naher Zukunft abwerfen, geschaffen werden.

Formelle Erfordernisse sind grundlegende Bestimmungen über Etatsnach- weis, Buchung, Rechnungslegung, Mindesthöhe, Zuführung, Verwendung u. a.

Sonderrücklagen sind zu bilden zum Erwerbe bestimmter nutz- bringender Vermögensstücke mehr privatwirtschaftlichen Charakters. Während die Hauptrücklagen im allgemeinen der Schaffung und Erhaltung des Ver- waltungsvermögens zu dienen haben, ist die Aufgabe der Sonderrücklagen der

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Regel nach die Erwerbung von Finanzvermögen. Soziale und kommunalwirt- schaftliche Gründe gestatten ihren Ersatz für Hauptrücklagen auch dann, wenn die unter b) vorstehend aufgeführte Voraussetzung, nämlich die Abwerfung des angegebenen Gewinnes, nicht oder nicht gleich zutrifft. Im allgemeinen werden die Sonderrücklagen gebildet zur Mittelbeschaffung für 1. Grundver- mögen, 2. Strassenbauten (kommunale Bodenpolitik), 3. gew. Unternehmungen (neuere Kommunalwirtschaftspolitik) u. a. Ihre Bildung erfolgt aus gleichen Mitteln und unter gleichen materiellen und formellen Voraussetzungen wie die der Hauptrücklagen. Bezüglich des Grunderwerbsfonds bestimmt der preuss, Ministerialerlass vom 23. August 1907: „Zur Begründung eines Grunderwerbs- fonds durch eine Anleihe sind in der Regel Bedenken nicht zu erheben. Die Bildung solcher Fonds enthebt die Städte der Notwendigkeit, für jeden einzelnen Bedarfsf all , in dem für ein städtisches Unternehmen die Beschaffung von Grund und Boden erforderlich wird, den Weg der Anleihe zu beschreiten,, sofern ein solcher Fonds ausreichend dotiert und ständig auf entsprechender Höhe gehalten wird. Es wird den Stadtgemeinden allgemein die Bildung solcher Fonds empfohlen." Die erste Dotierung aus Anleihen wird im all- gemeinen nicht entbehrt werden können.

Alle anderen Fonds (Stiftungen, Etatsfonds) sind Fonds nicht in unserem Sinne. Ihre Verwendung berühren die voraufgestellten Grundsätze nicht.

Alle Fonds bedürfen sowohl hinsichtlich ihrer Erträge als auch ihrer Bestände des Nachweises durch Haushaltsplan, Lagerbuch und andere Ver- mögensnachweise. In der Praxis wird eine nachrichtliche Form unter Um- ständen genügen. ^

Die Praxis fordert weiter, dass, soweit Anlegungen der Bestände er- folgen, diese in leicht realisierbaren Werten und zur Unterstützung der hei- mischen Anleihepolitik möglichst in kommunalen, zur gegebenen Zeit rück- zahlbaren Obligationen angelegt werden.

Als Ergebnis einer solchen kommunalen Finanzpraxis muss festzustellen sein, dass durch die Erhaltung bestimmter Kapitalstöcke, Erhaltung des alten sonstigen Vermögens und laufende Ansammlungen zu neuem Vermögen :

1. die wirtschaftlichen Verhältnisse der Gemeindeverwaltung mehr aus- geglichen werden (verbesserte Steuer- und Finanzpolitik),

2. die Kreditaufnahmen insbesondere vermindert werden (verbesserte An- leihe- und Finanzpolitik).

Der volkswirtschaftliche Nutzen ist damit gegeben. Diese Grundsätze lassen ohne weiteres die Relativität der Ver-

wendungsmöglichkeit für jede Gemeinde in dem Masse erkennen, dass sich ihre Ausdehnung auf spezielle praktische Finanzgebarungen hier erübrigt.

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