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Expressum 2009 - 5 Nachdem die offizielle Begrüßung der Gäste schon erfolgt ist, begnüge ich mich mit der schlichten Anrede „Lieber Albert“. Als dienstältester Fachreferent wurde ich gebe- ten, stellvertretend für die Fachreferentinnen und Fachreferenten der UB Grußworte zu sprechen, was ich natürlich mit großen Freude mache, zumal uns beide eine über 30 Jahre dauernde, sehr erfreu- liche berufliche Zusammenarbeit verbindet. 10 Jahre nun stehst Du an der Spitze der Erwer- bung der UB Freiburg, einer höchst verantwor- tungsvollen Tätigkeit, wie ein Kenner der Materie, nämlich Fritz Redenbacher formuliert hat und zwar in einem programmatischen Aufsatz „Auf- gabe und Verantwortung des Bibliothekars in der Erwerbung“ anlässlich des Bibliothekartages 1959, nun ausgerechnet in Freiburg. Derselbe sagt weiter: „Die Aufgabe der Erwer- bung ist auf verschiedene Schultern verteilt. Die letztliche Verantwortung aber ist unteilbar. Die begrenzten Verantwortungen, welche von den Referenten übernommen werden können, erleich- tern nicht die Bürde dessen, der die letzte Verant- wortung zu tragen hat.“ Dann an einer zentralen Stelle, man achte auf den Stil der Diktion in den fünfziger Jahren: „Die Gesamtkonzeption kann nur das Werk eines Einzelnen sein und sie ist viel- leicht mehr eine gestalterische, eine künstlerische Leistung als eine wissenschaftliche. Die Masse, der von unserer Generation erworbenen Bücher wird nur dann in späteren Zeiten nicht als vom Zufall zusammengeweht, sondern als organisch aufgebauter Komplex empfunden werden, wenn sie das Gepräge einer Persönlichkeit, eines ord- nenden Geistes erkennen lässt. Wie der Dirigent das Orchester, so muss der für die Erwerbung in letzter Instanz Verantwortliche die Referenten zu- sammenhalten und mit ihnen seine Konzeption in die Wirklichkeit umsetzen.“ Lieber Albert, wenn diese Worte nicht auf Dich gemünzt sind, auf wen dann eigentlich? Wir beide blicken nun auf über 40 Dienstjahre zurück. Wir haben vier verschiedene Erwerbungsleiter kennen- gelernt, das heißt Du drei und Dich selber. Und wir haben Zeiten erlebt, die heute natürlich ganz anders sind, die Zeiten der Kaufsitzungen, die ja zum Teil sehr bewegt und sehr bewegend wa- ren. Herr Dörpinghaus lächelt schon! Und wo es auch manchmal stürmisch zuging, manchmal wurde auch zwischen dem Erwerbungschef und den Fachreferenten Boxauto und Achterbahn ge- fahren, aber irgendwie hat man sich dann doch zusammengerauft. Diese Kaufsitzungen wurden dann später abgeschafft, in Freiburg relativ spät. Es war ein Freiburger Motto, der Prinz Orlows- ky sagt in der Fledermaus von Johann Strauss: „’S ist halt bei uns so Sitte.“ Und als die Sitte vorbei war, wurde es sicherlich nicht schlechter. Denn ich muss sagen, wenn ich so über die letzten 20 Jahre zurückblicke, dann hat sich an der Kaufqualität eigentlich nicht viel geändert. Sie ist weiterhin sehr hoch dank der Qualität auch unserer Fachre- ferentinnen und Fachreferenten, das soll an dieser Stelle auch mal gesagt sein. Es wurde dann etwas entspannter, weil diese Kaufsitzungen nicht mehr so im Zentrum standen. Und sicherlich hast auch Du beigetragen mit Deiner ruhigen und unaufge- regten Art, die immer zielbewusst und sachkundig war, manchmal wenn auch notwendig bestimmt und sehr bestimmend, aber doch immer in einem sehr kollegialen Stil und dafür wollen wir alle Dir heute recht herzlich danken. Sicherlich erging es meinen Kolleginnen und Kol- legen manchmal so wie mir, wenn ich so vor seiner Türe stand mit heißer Ware in der Hand, das heißt Grußwort Dr. Ekkehard Arnold 11

Grußwort Dr. Ekkehard Arnold - UB Freiburg

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Expressum 2009 - 5Expressum 2009 - 5

Nachdem die offizielle Begrüßung der Gäste schon erfolgt ist, begnüge ich mich mit der schlichten Anrede „Lieber Albert“.

Als dienstältester Fachreferent wurde ich gebe-ten, stellvertretend für die Fachreferentinnen und Fachreferenten der UB Grußworte zu sprechen, was ich natürlich mit großen Freude mache, zumal uns beide eine über 30 Jahre dauernde, sehr erfreu-liche berufliche Zusammenarbeit verbindet.

10 Jahre nun stehst Du an der Spitze der Erwer-bung der UB Freiburg, einer höchst verantwor-tungsvollen Tätigkeit, wie ein Kenner der Materie, nämlich Fritz Redenbacher formuliert hat und zwar in einem programmatischen Aufsatz „Auf-gabe und Verantwortung des Bibliothekars in der Erwerbung“ anlässlich des Bibliothekartages 1959, nun ausgerechnet in Freiburg.

Derselbe sagt weiter: „Die Aufgabe der Erwer-bung ist auf verschiedene Schultern verteilt. Die letztliche Verantwortung aber ist unteilbar. Die begrenzten Verantwortungen, welche von den Referenten übernommen werden können, erleich-tern nicht die Bürde dessen, der die letzte Verant-wortung zu tragen hat.“ Dann an einer zentralen Stelle, man achte auf den Stil der Diktion in den fünfziger Jahren: „Die Gesamtkonzeption kann nur das Werk eines Einzelnen sein und sie ist viel-leicht mehr eine gestalterische, eine künstlerische Leistung als eine wissenschaftliche. Die Masse, der von unserer Generation erworbenen Bücher wird nur dann in späteren Zeiten nicht als vom

Zufall zusammengeweht, sondern als organisch aufgebauter Komplex empfunden werden, wenn sie das Gepräge einer Persönlichkeit, eines ord-nenden Geistes erkennen lässt. Wie der Dirigent das Orchester, so muss der für die Erwerbung in letzter Instanz Verantwortliche die Referenten zu-sammenhalten und mit ihnen seine Konzeption in die Wirklichkeit umsetzen.“

Lieber Albert, wenn diese Worte nicht auf Dich gemünzt sind, auf wen dann eigentlich? Wir beide blicken nun auf über 40 Dienstjahre zurück. Wir haben vier verschiedene Erwerbungsleiter kennen-gelernt, das heißt Du drei und Dich selber. Und wir haben Zeiten erlebt, die heute natürlich ganz anders sind, die Zeiten der Kaufsitzungen, die ja zum Teil sehr bewegt und sehr bewegend wa-ren. Herr Dörpinghaus lächelt schon! Und wo es auch manchmal stürmisch zuging, manchmal wurde auch zwischen dem Erwerbungschef und den Fachreferenten Boxauto und Achterbahn ge-fahren, aber irgendwie hat man sich dann doch zusammengerauft. Diese Kaufsitzungen wurden dann später abgeschafft, in Freiburg relativ spät. Es war ein Freiburger Motto, der Prinz Orlows-ky sagt in der Fledermaus von Johann Strauss: „’S ist halt bei uns so Sitte.“ Und als die Sitte vorbei war, wurde es sicherlich nicht schlechter. Denn ich muss sagen, wenn ich so über die letzten 20 Jahre zurückblicke, dann hat sich an der Kaufqualität eigentlich nicht viel geändert. Sie ist weiterhin sehr hoch dank der Qualität auch unserer Fachre-ferentinnen und Fachreferenten, das soll an dieser Stelle auch mal gesagt sein. Es wurde dann etwas entspannter, weil diese Kaufsitzungen nicht mehr so im Zentrum standen. Und sicherlich hast auch Du beigetragen mit Deiner ruhigen und unaufge-regten Art, die immer zielbewusst und sachkundig war, manchmal wenn auch notwendig bestimmt und sehr bestimmend, aber doch immer in einem sehr kollegialen Stil und dafür wollen wir alle Dir heute recht herzlich danken. Sicherlich erging es meinen Kolleginnen und Kol-legen manchmal so wie mir, wenn ich so vor seiner Türe stand mit heißer Ware in der Hand, das heißt

Grußwort Dr. Ekkehard Arnold

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Erwerbungsunterlagen, die entweder sehr teuer waren oder sie waren schon drei-, viermal in Frei-burg vorhanden, aber das Institut wollte es trotz-dem haben. Ja, dann bin ich eingetreten, nachdem ich geklopft hatte, und in einer Art von captatio benevolentiae habe ich dann gesagt „Guten Mor-gen, lieber Albert. Wie geht es denn?“ Dann kam gewöhnlich in lakonischer Kürze die Antwort

„Danke. Gleichförmig.“ Das ist also ein Ausdruck, den kenne ich nur von Dir. Das war aber schon die ideale Grundlage, schon einmal sehr beruhi-gend für sachliche und erfolgversprechende und unaufgeregte Gespräche. Und so war es eigentlich immer.

Nun gilt es aber nicht nur Deine Tätigkeit als Erwerbungsleiter hier zu würdigen, sondern es gibt noch andere Bereiche, die uns sicherlich in Erinnerung bleiben, zum Beispiel auch Deine Musikalität, die hier schon angesprochen wurde. Ich war manchmal überrascht, wie bei Sitzungen, wo es also um komplizierte, schwierige, unange-nehme Dinge ging, wo auch Ärger angesagt war, Albert plötzlich aufstand, aus irgendeinem Grund während oder auch am Ende der Sitzung und ir-gendeine Melodie aus einem Choral, aus einer Motette vor sich hin summte, was ich so noch nie erlebt habe. Ich dachte dann, der Albert nimmt es aber wieder cool ! Trotz der ganzen angespannten Lage hat er die Ruhe bewahrt.

Deine Musikalität werden wir sicherlich vermis-sen, allein schon, wenn ich an die Betriebsausflüge zurückdenke, mit den Orgelkonzerten und auch sonst bei entsprechenden Festivitäten, die musika-lischen Darbietungen. Ich hoffe, wir werden Dich auch als special guest dann doch wieder bei uns haben !

Dann bleibt ein weiterer Bereich, der natürlich hier auch schon angesprochen wurde, der geradezu gi-gantisch ist, nämlich Dein schriftliches Werk. Es wurde schon auf „Nimm und lies“ hingewiesen. Es sind wirklich – ich habe auch gestaunt – über 500 Seiten, mit 174 Positionen, wohlgemerkt bis 2004. Mit einer unglaublichen Spannweite der Themen vom Beitrag zum Beispiel über die „Badischen Re-genwürmer“ bis hin zur „Badischen Küche“, wo-bei ich mich versichert habe, die beiden Beiträge haben nichts miteinander zu tun.

Es gab aber auch dann ernste Themen natürlich, fast schon wie ein Aufschrei „Die Universitätsbi-bliothek lebt!“ in einer kritischen Situation. Oder, auch ein Thema, was man heutzutage auch noch kaum für möglich hält : „Der lesende Bibliothekar.“ Schon allein die Überschrift ist doch sehr beruhi-gend. Nun, über das wissenschaftliche Werk kann ich hier gar nichts sagen, denn das ist so raumgrei-fend, das würde den Rahmen sprengen. Ich bin jetzt an einem Punkt meiner Ausführungen angelangt, wo dem klassischen Philologen, der ich nun einmal bin, der Name einer Gestalt aus der Antike in den Sinn kommt, in den Sinn kommen muss, und das ist Didymos Chalkenteros. Dieser Didymos war ein Grieche, ein Grammatiker, lebte in Alexandria und galt nach Aristoteles als der produktivste anti-ke Schriftsteller. Dichterkommentare, lexikalische und textkritische Werke usw. Nun, Chalkenteros, sein Beiname rührt daher, dass man ihn den Mann mit den ehernen Eingeweiden nannte. Denn Di-dymos saß und saß und schrieb und schrieb, sein Werk soll über 3500 Artikel umfasst haben. Albert, so weit bist Du noch nicht. Aber es gibt eine tröst-liche Botschaft, auch außerhalb des Evangeliums, nämlich Didymos ist 65 v. Chr. geboren und 10 n. Chr. gestorben, macht nach Adam Riese 75 Jah-re. Bei der Lebenserwartung, die wir heute haben, stehen Dir Tür und Tor offen. Nur eines wünsche ich nicht, dass Du nämlich das gleiche Schicksal erlebst, wie der arme Didymos. Praktisch alle sei-ner Werke sind verschollen.

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Nun bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen, was wir Dir wünschen, wir alle. Erstmal eine stabile Gesundheit, geistige Frische und entsprechende literarische Produktion. Ich will nicht den Begriff

„Ausstoß“ nehmen, der immer wieder zu hören ist, der ist mir also unpassend. Dann weiterhin die Neugierde nach Neuerungen auf dem Medien- und Kommunikationsmarkt. Albert war eigentlich jedem von uns immer ein Tick voraus, wenn ir-gendetwas Neues entdeckt oder erfunden oder auf den Markt gebracht wurde.

Und von nun an unbeschränkte Wanderungen, zusammen mit Rosi in Südtirol. In diesem Sinne wünsche ich mit all den Kolleginnen und Kollegen nicht nur ad multos annos, sondern ad permultos annos. Alles Gute !

(Mitschnitt des Grußwortes von Dr. Ekkehard Arnold)

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