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Kurbelwellenbruch Lkw.doc Ingenieurbüro Berner Dipl.-Ing. Wolfgang Berner Hauptbüro Veltener Str. 30 A 16767 Leegebruch Tel: +49 3304 2488-0 Fax +49 3304 2488-66 Partner von Expertisen Mitglied im Europäischen Verein für Unfallforschung und Unfallanalyse e.V. Dipl.–Ing. Wolfgang Berner Zertifizierter Sachverständiger nach Europanorm 45013 Unfallanalysen Technische Gutachten Schadengutachten Bewertungen Havariekommissar Hauptbüro Veltener Str. 30A 16767 Leegebruch Tel: 03304 / 2488 0 Fax 03304 / 2488 66 Büro Berlin Rhinstr. 99 10315 Berlin Tel 030/543 769 14 Fax 030/543 769 14 . . Ingenieurbüro Berner, Veltener Str. 30A 16767 Leegebruch Amtsgericht . . Gutachten XXXXXXXXX In der Sache XXXX ./. XXXX Az.: XXXXXXX Ergebnis in Kurzfassung Die Auswertung der Akte sowie eigene Untersuchungen am Objekt Kurbelwelle führten zu folgendem Ergebnis in Hinsicht auf Beantwortung des Beweisbeschlusses: 1. Eine fehlerhafte Schleifbehandlung der Kurbelwelle ist nicht nachweisbar und scheidet aus technischer Sicht aus. 2. Der Schwingbruch der Kurbelwelle hat seinen Ausgang im ersten, durch den Beklagten reparierten Schaden. Es gibt deutliche Anzeichen von Rißbildungen auf mehreren Lagerzapfen der Pleuellager der Kurbelwelle. Ein Richten der Kurbelwelle war nicht zulässig und hat den Schaden noch verstärkt. Die durch den Beklagten laut Meßprotokoll vom 15.02.96 gemessene Härte von 55 HRC ist an mindestens 2 Pleuellagerzapfen nicht vorhanden und war mit 38 – 42 HRC nicht ausreichend . 3. Die Kurbelwelle hätte spätestens nach dem Schleifen ausgesondert (verschrottet) werden müssen.

Gutachten XXXXXXXXX · Ingenieurbüro Berner W. Berner Dipl.-Ing. Kurze Zeit nach der Übernahme des Fahrzeuges durch die Klägerin stellte sich ein Bruch der Kurbelwelle heraus,

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Kurbelwellenbruch Lkw.doc

Ingenieurbüro Berner Dipl.-Ing. Wolfgang Berner

Hauptbüro Veltener Str. 30 A 16767 Leegebruch Tel: +49 3304 2488-0 Fax +49 3304 2488-66

Partner von

Expertisen

Mitglied im Europäischen Verein für Unfallforschung und Unfallanalyse e.V.

Dipl.–Ing. Wolfgang Berner Zertifizierter Sachverständiger nach Europanorm 45013 Unfallanalysen Technische Gutachten Schadengutachten Bewertungen Havariekommissar Hauptbüro Veltener Str. 30A 16767 Leegebruch Tel: 03304 / 2488 0 Fax 03304 / 2488 66 Büro Berlin Rhinstr. 99 10315 Berlin Tel 030/543 769 14 Fax 030/543 769 14

. .

Ingenieurbüro Berner, Veltener Str. 30A 16767 Leegebruch

Amtsgericht

. .

Gutachten XXXXXXXXX

In der Sache XXXX ./. XXXX

Az.: XXXXXXX Ergebnis in Kurzfassung

Die Auswertung der Akte sowie eigene Untersuchungen am Objekt Kurbelwelle führten

zu folgendem Ergebnis in Hinsicht auf Beantwortung des Beweisbeschlusses:

1. Eine fehlerhafte Schleifbehandlung der Kurbelwelle ist nicht nachweisbar und

scheidet aus technischer Sicht aus.

2. Der Schwingbruch der Kurbelwelle hat seinen Ausgang im ersten, durch den

Beklagten reparierten Schaden. Es gibt deutliche Anzeichen von Rißbildungen auf

mehreren Lagerzapfen der Pleuellager der Kurbelwelle. Ein Richten der

Kurbelwelle war nicht zulässig und hat den Schaden noch verstärkt. Die durch den

Beklagten laut Meßprotokoll vom 15.02.96 gemessene Härte von 55 HRC ist an

mindestens 2 Pleuellagerzapfen nicht vorhanden und war mit 38 – 42 HRC nicht

ausreichend .

3. Die Kurbelwelle hätte spätestens nach dem Schleifen ausgesondert (verschrottet)

werden müssen.

Ingenieurbüro Berner

Dipl.-Ing. W. Berner 4. Die Durchführung des Auftrags Motorinstandsetzung war nicht ordnungsgemäß, da

eine schadhafte Kurbelwelle eingebaut wurde.

5. Eine zu lange Laufzeit kommt als Ausfallursache nicht in Frage. Kurbelwellen

dieser Motoren haben Standzeiten von ca. 1 000 000 km als Normalwert

aufzuweisen.

6. Der Kurbelwellenlagerschaden von 2 Pleuelstangen vor der ersten Reparatur war

aus technischer Sicht Ausgangspunkt für die übermäßige Biege- und

Torsionsbeanspruchung der Kurbelwelle. Der Schwingungsdämpfer wurde

nachweislich nicht gewechselt und ist nicht schadenskausal.

7. Die durch den Unterzeichner begutachtete Kurbelwelle ist mit der durch die

Beklagte bearbeiteten Kurbelwelle identisch.

Dipl. Ing. Wolfgang Berner

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Inhaltsverzeichnis Seite

Ergebnis in Kurzfassung

1 Auftrag.............................................................................................................................5

2 Sachverhalt und Anknüpfungspunkte..............................................................................6

Klagevortrag: . ................................................................................................................6

Beklagtenvortrag .............................................................................................................7

Beweisaufnahme:............................................................................................................8

Erste Motorinstandsetzung..............................................................................................9

Zweite Motorinstandsetzung .........................................................................................10

Prüfprotokoll MAN .........................................................................................................11

3 Sachverständige Feststellungen und Ausführungen.....................................................12

3.1. Theoretische Grundlagen zu Kräften und Schwingungen im Kurbeltriebwerk (nach [1])12

Kräfte im Triebwerk .......................................................................................................12

Ausgleich der freien Massenkräfte ................................................................................12

3.2 Typische Schadensbilder und Versagenskriterien für Kurbelwellen nach [2] ...................14

Versagenskriterien ........................................................................................................14

Typische Schadensbilder ..............................................................................................16

3.2. Eigene Feststellungen...................................................................................................18

3.3.1 Ermittlung der Identität der Kurbelwelle ...............................................................18

3.3.2. Analyse der durchgeführten Reparaturen. ..........................................................19

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3.3.3 Schadensanalyse .................................................................................................20

4. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse ............................................................23

6 Schlußwort ....................................................................................................................24

Literaturverzeichnis .......................................................................................................26

Anlagenverzeichnis .......................................................................................................26

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1 Auftrag

Gemäß schriftlichem Auftrag vom 000000 durch das Amtsgericht wird ein Gutachten über einen Motorschaden erstattet. Der Auftragsumfang ergibt sich aus dem Beweisbeschluß vom 000000 Blatt 45 ff d.A. wie folgt:

Es wird Beweis erhoben Über die Behauptungen des Klägers:

1. Bei der Durchführung des ursprünglichen Auftrages an die Beklagte aus Februar/März 1996 habe die Beklagte eine fehlerhafte Schleifbehandlung des Motors vorgenommen, die zu einem Schwingbruch der Kurbelwelle geführt habe,

2. der Schwingbruch der Kurbelwelle sei ursächlich gewesen für den im Mai 1996 erneut aufgetretenen und durch die Beklagten beseitigten Motorschaden,

3. die Kurbelwelle hätte nach Schleifbehandlung durch die Beklagte ausgesondert werden müssen, was die Beklagte hätte auch feststellen müssen,

g e g e n b e w e i s l i c h.

II. Über die Behauptungen der Beklagten:

1. Die Durchführung des ursprünglichen Auftrages sei ordnungsgemäß

erfolgt,

2. die verfahrensgegenständliche Kurbelwelle sei ausweislich das Kurbelwellen-Meßprotokolls vom 15.02.1996 gerichtet worden und sei voll funktionstüchtig gewesen,

3. die Ursache des Kurbelwellenbruchs sei auf die Materialerschöpfung durch die zu lange Laufzeit zurückzuführen gewesen,

4. die defekten Pleuelstangen und die Schwingungsdämpfer, welches bei Reparatur festgestellt worden sei, habe zu einer Überbeanspruchung des Kurbeltriebs geführt,

5. bei der Durchführung der Arbeiten im März 1996 sei die Kurbelwelle für die Beklagte nicht als Ausschuß erkennbar gewesen,

durch Einholung eines Sachverständigengutachtens. III. An den Kläger werden folgende Auflagen erteilt:

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Dipl.-Ing. W. Berner 1. a) Die verfahrensgegenständliche Kurbelwelle ist der Beklagten in der Betriebsstätte der Beklagten vorzulegen und gemeinsam mit der Beklagten eine entsprechende Kennzeichnung der Kurbelwelle zur Begutachtung vorzunehmen,

b) der Umfang der Kennzeichnung ist in einem von beiden Parteien unterschriebenen Protokoll zu dokumentieren und dieses Protokoll unverzüglich dem Gericht zu Übersenden,

c) die verfahrensgegenständliche und gekennzeichnete Kurbelwelle ist dem Gutachter auf Anforderung zu überbringen.“

Der Beweisbeschluß wurde am 0000 Bl. 80 d.A. durch das Amtsgericht wie folgt ergänzt:

„Dem Gutachter wird gleichzeitig noch aufgegeben,

a) die streitige Kurbelwelle von der Klägerin abzufordern,

b) nach Möglichkeit eine Aussage über die Identität der streitigen und der vorgelegten Kurbelwelle zu treffen, sich dazu mit den unterschiedlichen Vorträgen der Parteien aus dem Akteninhalt auseinanderzusetzen, wobei dann auch eine Aussage darüber getroffen werden sollte, ob die vorgelegte Kurbelwelle bearbeitet wurde und dazu den Untersuchungsbericht der XXXXXXXXX von der Klägerin anzufordern.

Zur Bearbeitung dienen die mitübersandten Akten Blatt 1 bis 80 , ein nachgesandter

Schriftsatz des Klägervertreters vom und die streitgegenständliche Kurbelwelle, die auf

schriftliche Anforderung vom 18.01.99 von der Klägerin am 28.01.1999 per Lkw an den

Unterzeichner geschickt wurde.

2 Sachverhalt und Anknüpfungspunkte

Klagevortrag: .

„Die Klägerin ist Inhaberin der gleichnamigen Transportfirma in xxxxxxxxxxx und stand mit der Beklagten hier in geschäftlicher Beziehung dahingehend, als daß die Klägerin durch Auftrag vom 8.2.1 996 einen Motorschaden an ihrem LKW Typ MAN bei der Beklagten zur Instandsetzung in Auftrag gab.

Die Beklagte hat die Instandsetzung ausgeführt, der Klägerin das Fahrzeug über- geben und unter dem 5.3.1 996 Rechnung über brutto 4.624,06 DM gelegt.

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Dipl.-Ing. W. Berner Kurze Zeit nach der Übernahme des Fahrzeuges durch die Klägerin stellte sich ein Bruch der Kurbelwelle heraus, die Klägerin trat insoweit an die Beklagte heran mit dem Begehren, auch diesen und erneuten Motorschaden zu beseitigen, allerdings auch vorher den Schaden zu prüfen. Nach der Prüfung unterbreitete die Beklagte einen Kostenvoranschlag, wonach zum Preis von brutto 5.086,57 DM der erneute Schaden behoben werden sollte. Daraufhin nahm die Beklagte die erneute Instandsetzung des Motors vor und legte unter dem 29.5.1996 Rechnung über brutto 5.086,57 DM. Aufgrund der Rechnung und der hier gleichartigen Leistungen wie aus der In- standsetzung aus Februar/März 1996 sandte die Klägerin die defekte Kurbelwelle in die XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX zur Prüfung und Untersuchung ein. Dort wurde festgestellt, daß die untersuchte Kurbelwelle aufgrund eines Schwingbruches den Schaden am Fahrzeug der Klägerin hervorgerufen hat, der Schwingbruch selbst wurde durch eine fehlerhafte Schleifbehandlung des Motors hervorgerufen.

Aufgrund dieses Gutachtens steht fest, daß und von der Beklagten zu vertreten eine fehlerhafte Schleifbehandlung am Motor vorgenommen wurde, infolge dessen die Kurbelwelle brach und die Klägerin gehalten war, eine erneute Instandsetzung des Motors vornehmen zu lassen. Bei ordnungsgemäßer Durchführung des ursprünglich erteilten Auftrages aus Februar/März 1996 hätten die Angestellten der Beklagten zwingend erkennen müssen, daß die Kurbelwelle fehlerhaft behandelt worden ist und insoweit als unbrauchbar ausgesondert werden mußte.

Hätten die Angestellten der Beklagten mit der erforderlichen Sorgfalt gehandelt und eine entsprechende und sorgfältige Prüfung vorgenommen, wäre es nicht zum erneuten Schaden im Mai 1996 gekommen.“

Beklagtenvortrag

„Soweit klägerischerseits behauptet wird, der Kurbelwellenbruch sei durch die mangelhafte Instandsetzung des Motors, namentlich durch die fehlerhafte Schleifbehandlung des Motors, hervorgerufen worden, wird ausdrücklich bestritten. Klägerischerseits ist nicht nachgewiesen worden, dass die Kurbelwelle des verfahrensgegenständlichen Motors auch tatsächlich diejenige gewesen ist, die durch die Firma XXX überprüft worden und dessen Überprüfungsergebnis in der Stellungnahme vom 16.09.1996 festgehalten worden ist. Diese vorgenannte Stellungnahme, bei der es sich nicht um ein, wie klägerisch behauptet, Kurzgutachten handelt, ist adressiert an die Firma Autocenter Torgau, nicht an den klägerischen Betrieb.-

Selbst wenn unterstellt würde, dass sich die Stellungnahme der Firma XXX vom 16.09.1996 auf die verfahrensgegenständliche Kurbelwelle bezieht, vermag der klägerische Vortrag nicht zu überzeugen. Denn aus der

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Stellungnahme der Firma XXX vom 16.09.1996 zu der Ursache des Kurbelwellenbruchs geht keine abschließende Entscheidung über die Ursache des Kurbelwellenbruchs hervor.

Die klägerische Argumentation, derzufolge Schleifrisse durch die Bearbeitung der Beklagten zu der Verursachung des Kurbelwellenbruchs geführt haben, wird zurückgewiesen. Es ist vielmehr davon auszugehen, dass die Ursache des Kurbelwellenbruchs auf Materialerschöpfung durch zu lange Laufzeit zurückzuführen ist. Hinzu tritt: der Umstand, dass die Betriebsbedingungen für den verfahrensgegenständlichen Motor, die durch die klägerische Nutzung des Lkws vorgegeben worden sind, zu dem Kurbelwellenbruch geführt haben. Bei der Reparatur des klägerischen Motors ist den Mitarbeitern der Beklagten Knopp und Nelson aufgefallen, dass sich starke Schäden an den Pleuelstangen befanden und die Schwingungsdämpfer, die für das technisch einwandfreie Funktionieren der Kurbelwelle erforderlich sind, defekt waren. Die defekten Pleuelstangen und Schwingungsdämpfer haben zu einer Überbeanspruchung des Kurbeltriebs geführt. Einen entsprechenden Hinweis auf diese Umstände hat der Geschäftsführer der Beklagten, Gernot Stolze, bereits mit Schreiben vom 05.11.1996 an die Klägerin erteilt.

Beweisaufnahme:

Zu dem Fahrzeug konnten folgende Daten den Akten entnommen werden:

Fahrzeugart LKW Hubraum [ccm] 11967 Fabrikat, Typ MAN FOX-S B 21308 Anzahl Zylinder 6 Reihe KBA-Nr 7731 512 Leistung / kW 272 / bei 2000 U-1

amtl. Kennz. Motor – Nr. 3786525049B181 Erstzul. / Baujahr 20.06.1991 / 1991 Km-Stand bei erster

Reparatur 486500

Fahrgestell-Nr. WMAFO2MO700000000 Kilometerstand 2. Reparatur

498234

Antriebsart Diesel Gefahrene km nach 2. Reparatur

Ca 350.000

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Erste Motorinstandsetzung

Nachweislich der Rechnung Nr xxxxx vom 000000 (Bl. 5 dA.) wurden folgende Arbeiten am Motor des LKW MAN der Klägerin durch die Beklagte durchgeführt

- Motor zerlegt, gereinigt und befundet

- Pleuel geschliffen, gefluxt, gerichtet und Poliert Hauptlager geschliffen, poliert und Flansch geplant 2 Pleuelstangen erneuert Kolben abgezogen

- Kolben- und Ölringe aufgezogen

- Kolbenbolzen aus- und eingedrückt Kolbenbolzenbuchsen gebohrt

- Kolben aufgezogen und gewinkelt

- Pleuel Grundbohrung nachgearbeitet Ölkühler und Ölpumpe erneuert Überdruckventil gewechselt Motor zum Rumpf geschraubt“

Laut Anlage zur Rechnung wurden folgende Ersatzteile verbaut: - 0060730 Ölkühler MAN/Merc. gereinigt 1,00

- 105.1006.t33 Ölpumpe m.Antriebsszahnr.-MAN 02566M 1,00

- 1054055013 Überdruckventil MAN 02566 MTH/HKF 1,00

- 2001022506 Ventilstössel MAN D-2566 MKF 6,00

- 2006022566 Pleuelstange MAN D2566 MKF 2,00

- 4030380450 Pleuelbuchsen Merc. UM422 4,00

- 37503610 Hauptlager MAN 02566 MKF o,25 1,00

- 81505620 Pleuellagersatz MAN D2556 0,50 1,00

Durch die Reparaturfirma (Beklagte) wurde nachfolgendes Meßprotokoll gefertigt (Bl. 26 d.A.)

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Zweite Motorinstandsetzung

Nachweislich vorliegender Rechnung wurden nachfolgend aufgeführte Arbeitsleistungen berechnet:

- Motor geprüft - Motor zerlegt und befundet - Kurbelwelle erneuert - Haupt- und Pleuellager erneuert - Motor montiert - Öl und Ölfilter gewechselt

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- Motor geprüft

Materialeinsatz laut Anlage zur Rechnung:

- Simmering MAN 02866 - Dichtung MAN D 2866 - Dichtung Steuergehäuse - Ölfilter MAN - Dichtung Ölwanne - Simmering 105 x 130 x 12 - Gewindebuchse M12 - Pleuellager MAN D 2866 MT Stand. - Hauptlagersatz MAN D2866 o. Lager - Kleinmaterial - Betriebsstoffe

Prüfprotokoll MAN

Durch den Kläger wurde die streitbefangene Kurbelwelle dem Hersteller XXX Abt. XXX zur Untersuchung zugeführt. Dieser gab mit Protokoll vom 16.09.1996 zur Kenntnis: (Siehe dazu Bl. 9 d.A.)

Beanstandung: KURBELWELLE „GEBROCHEN (3. ZYLINIDER) siehe ANLAGE

ZUR UNTERSUCHUNG GEMÄß ABSPRACHE EILT SEHR (Ca.2 Wochen)

Vgl., TUW 6-252-60

An der untersuchten Kurbelwelle (KW) wurde ein Schwingbruch festgestellt. In der Nähe des Bruchausgangs wurden von der Größe zulässige aber gehäuft Mangansuifidzellen ermittelt. Die Ergebnisse der werkstoffkundlichen Untersuchung zeigen ferner bei der magnetischen Rißprüfung unzulässige Anzeigen (MI 3429) im Bruchbereich sowie an zwei weiteren Zapfen im Ölbohrungs- und Radiusbereich. Für die Anzeigen im Radiusbereich sind Schleifrisse, für die anderen Anzeigen vermutlich Mangansuifidzellen in Oberflächennähe verantwortlich.

Im Bruchbereich wird die Oberflächenhärte deutlich unterschritten, Diese Unterschreitung ist entweder auf Überhitzung dieses Bereichs nach dem Anriß der KW (Anlaßvorgang) oder auf eine fehlerhafte Schleifbehandlung zurückzuführen.

Fazit: An der untersuchten KW liegt eine fehlerhafte Schleifbehandlung vor. Die KW war nach M.3429 aufgrund der Oberflächenanzeigen als Ausschuß erkennbar und hätte nach der Schleifbehandlung ausgesondert Werden müssen.

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Dipl.-Ing. W. Berner Ob der Bruch dadurch verursacht wurde (im Bruchbereich keine eindeutigen Beweise) oder ob die Anhäufung von Mangansuifidzellen in diesem Bereich ursächlich ist, konnte nicht eindeutig geklärt werden. Vermutlich fuhrt Aber eine Überlagerung von beiden zum Ausfall der KW“

3 Sachverständige Feststellungen und Ausführungen

3.1. Theoretische Grundlagen zu Kräften und Schwingungen im Kurbeltriebwerk (nach [1])

Der Kurbeltrieb von Hubkolbenmotoren besteht im wesentlichen aus der Kurbel mit rein rotierender Bewegung, dem Kolben, der als Geradeführungselement mit rein oszillierender Masse dient und der Pleuelstange, die gleichzeitig translatorische und rotatorische Bewegungen ausführt. Alle Punkte auf der bewegten Pleuelstange beschreiben ovale Bahnkurven.

Kräfte im Triebwerk

Durch die auf den Kolben wirkenden Kräfte wird das Kurbeltriebwerk in Bewegung gesetzt. Sie verursachen gleichzeitig Reaktions- und Massenkräfte. Die Gaskräfte sind innerhalb eines Gaswechselspiels unterschiedlich groß, was zu unterschiedlichen Belastungen des Kurbeltriebs und zum Aufbau von Schwingungen führt. (Abbildung nach [1])

Die auftretenden Kräfte lassen sich wie folgt zerlegen:

Kurbelzapfen : Radialkraft FR , Pleuelstangenkraft FS , Tangentialkraft FT

Grundlagerzapfen: Kolbenkraft FK `` Pleuelstangenkraft Fs und F S`` , Normalkraft FN``

Ausgleich der freien Massenkräfte

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Die durch die Gaswechselvorgänge und die Umwandlung translatorischer in rotatorischer Bewegung entstehenden freien Massenkräfte und – momente müssen durch Massenausgleich kompensiert werden. Man unterscheidet dabei den Massenausgleich der rotierenden und den der oszillierenden Teile. Nach den allgemein herrschenden Gesetzen der Mechanik besteht Gleichgewicht, wenn sich alle Kräfte und Momente im Gleichgewicht befinden, d.h., Aktionskraft gleich Reaktionskraft und Aktionsmoment gleich Reaktionsmoment ist. Sind diese Bedingungen nicht erfüllt, treten freie Massenkräfte im System Kurbeltrieb mit folgenden Auswirkungen auf:

- Bewegung der Motors (Beanspruchung der Motorlager)

- Beanspruchung der Kurbelwellenlager

- Verformung der Kurbelwelle

Die durch die oben beschriebenen freien Massenkräfte hervorgerufenen Schwingungen im Kurbeltrieb lassen sich wiederum in Schwingungen erster Ordnung sowie solche zweiter und höherer Ordnung zerlegen.

Konstruktiv werden die Schwingungen erster und zweiter Ordnung durch Beeinflussung von Zündfolge, Kurbelwellenkröpfung, möglichst geringe Massen der bewegten Teile, Massenausgleich durch Gegengewichte an der Kurbelwelle sowie Massenausgleich durch zusätzliche mit Ausgleichsmassen besetzte Wellen weitestgehend eliminiert. (Abbildung nach [1])

Unter bestimmten Last- bzw. Betriebsbedingungen kann es jedoch zu Überlagerung der Eigenschwingung des Systems Kurbeltrieb mit den durch die freien Massenkräfte hervorgerufenen Schwingungen, sogenannten Resonanzschwingungen, kommen.

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Diese führen zu Schwingungsbrüchen der Kurbelwelle. Konstruktiv werden durch den Einsatz von abgestimmten Schwungmassen und Drehschwingungsdämpfern, die an das rotierende System koppelt sind, diese Schwingungen gedämpft. Der Schwingungsdämpfer ist somit, insbesonders bei Sechszylindermotoren, ein wesentliches Element für den störungsfreien Lauf des Motors.

3.2 Typische Schadensbilder und Versagenskriterien für Kurbelwellen nach [2]

In der Fachliteratur [2]wird zu Kurbelwellenschäden u.a. folgende Aussage getroffen (Auszug)

Versagenskriterien

Grundsätzlich sind die Kurbelwellen funktionsbedingt durch zeitlich veränderliche Verdreh- und Biegemomente beansprucht . Das Drehmoment ist an der Flanschseite, wo es abgegeben wird, am gleichmäßigsten. In den übrigen Bereichen kann das Drehmoment je nach Betriebsverhältnissen stark unterschiedlich sein. Das Biegemoment der einzelnen Kröpfung ist nahe der oberen Totpunktstellung in der Regel am größten; es fällt jedoch nicht mit dem Größtwert des Drehmomentes zusammen. Die zeitliche Veränderung der Spannungsverteilung wird durch Superposition aller auftretenden Belastungen erfaßt. Hieraus ergeben sich folgende Beanspruchungs- und Schädigungskriterien:

- Die maximale Drehschwingungsbeanspruchung tritt in den vorderen Lagerzapfen auf.

- Bei Dieselmotoren mit Schwingungsdämpfer entstehen Drehschwingungsbrüche durch Nachlassen der Dämpfung.

- Bei reiner Drehschwingungsbeanspruchung entsteht der Anriß an der Ölbohrung.

- Drehschwingungsbrüche treten bei Kurbelzapfen, die normalerweise weniger hoch belastet sind, dann auf, wenn das Lagerspiel zu groß ist.

- Biegung tritt in den Kurbelwangen durch die Kolbenkräfte auf.

- Umlaufbiegebeanspruchung kann dann auftreten, wenn die Kurbelwelle nicht fluchtet.

Schäden können auch dann auftreten, wenn z. B.

- zwei benachbarte Hauptlager ausfallen und dadurch eine zusätzliche Biegebe- anspruchung entsteht, die zum Dauerbruch der Wange führt,

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Dipl.-Ing. W. Berner - ein Traglager ausfällt und folglich zusätzliche Drehschwingungen entstehen, die zum Bruch der Wange führen.

Im wesentlichen treten folgende Brucharten auf

- Torsionsdauerbruch

- Biegedauerbruch

- Umlaufbiegedauerbruch

- Biege-Torsions-Dauerbruch

- Bruch durch Werkstoffehler

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Typische Schadensbilder

Torsionsdauerbruch

Der oben dargestellte Bruch ist ein Torsionsdauerbruch der Kurbelwelle eines Dieselmotors (nach [2]), der von der Ölbohrung ausging. Typisch für diesen Bruch ist, daß dieser in etwa 45 0

zur Längsachse verläuft. Der Querschnittsübergang Zapfen/Wange bewirkte eine Reflektion der Bruchfächen unter gleichem Winkel. Ursache ist hier eine Verdrehüberbeanspruchung, entstanden durch nicht optimal abgestimmten Schwingungsdämpfer des Motors. Gleiches tritt auch auf, wenn der Schwingungsdämpfer defekt bzw. wirkungslos ist.

Biegeschwingungsbruch

Nachfolgend wird ein Biegeschwing-ungsbruch, der durch Biegewechsel-spannung entstanden ist, dargestellt. Der Ausgang des Bruches ist im Querschittsübergang Kurbelzapfen Wange an der Stelle A zu finden. Hierbei trat durch starke Abnutzung der Hauptlager eine übermäßige Biegebeanspruchung auf, die zur Überbeanspruchung und letzt-endlich zum Dauerbruchanriß führte. (Darstellung nach [2])

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Durch übermäßig großes Spiel der Grundlager treten folglich zu hohe Biegespannungen im Kurbelwellenzapfen auf. Diese verursachen häufig die nebenstehend abgebildeten Biegedauerbrüche, die von 2 Stellen ausgehen. Diese Stellen werden mit D1 und D2 bezeichnet.

(Darstellung nach [2])

Schwingungsbruch einer Kurbelwelle bei gleichzeitiger Einwirkung von Verdreh- und Biegebeanspruchung:

Bei gleichzeitiger Einwirkung von Dreh- und Biegebeanspruchung entsteht der neben-stehend abgebildete Dauerbruch. Dieser ist einem Dauerbiegebruch sehr ähnlich. Kennzeichnend ist hier jedoch die Lage des Bruchausgangs, der außerhalb der Mittelebene der Kröpfung liegt

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3.2. Eigene Feststellungen

3.3.1 Ermittlung der Identität der Kurbelwelle

Die Kurbelwelle wurde, wie durch das Gericht festgelegt, an den Unterzeichner angeliefert. Bei der Übergabe war sie durch queraxiale Schnitte in 3 Teile geteilt, wodurch die Untersuchungen nicht beeinflußt wurden. Wer die Trennung vorgenommen hat, konnte nicht ermittelt werden.

Prinzipdarstellung siehe Anlage2.

Im Meßprotokoll des Herstel-lers, der die streibefangene Welle untersuchte,

befindet sich ein Vermerk, wonach diese durch die Zahlen 04 91 5 934 gekennzeichnet ist (Bl. 64 d.A.). Diese Zahlen wurden auch auf dem angelieferten Objekt vorgefunden. Damit ist die dem Unterzeichner angelieferte Welle mit der durch XXX untersuchten identisch. Die Welle kann nach Auskunft des Herstellers eindeutig dem Motor mit der Nummer 3786525049B181 zugeordnet werden, da der Hersteller dies erfaßt hat. Bei der Motormontage werden die Kurbelwellen gekennzeichnet und dem Motor zugeordnet. Siehe dazu auch beiliegende Stellungnahme des Herstellers (Anlage 6)

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Da der Beklagte behauptet, die dem Hersteller zugesandte Kurbelwelle sei nicht die durch ihn bearbeitete, mußten umfangreiche Vermessungen am angelieferten Objekt, welche im Meßlabor der FHTW Berlin erfolgten, vorgenommen werden, um die Welle zu identifizieren. Das Meßprotokoll ist dem Gutachten als Anlage 1 beigefügt. Erleichtert wurde die Identifikation durch den besonderen Umstand, daß entgegen dem normal üblichen Abschleifen von Hauptlager- und Pleuellagerzapfen um je 25/100 mm der Hauptlagerzapfendurchmesser um 25/100 mm und der Pleuellagerzapfen um 50/100 mm abgeschliffen wurden. Siehe dazu auch das Meßprotokoll des Beklagten Bl. 26 d.A.. Alle weiteren durch den Beklagten dokumentierten Durchmesser wurden auch auf dem angelieferten Objekt vermessen, so daß der Unterzeichner davon ausgeht, daß die durch ihn begutachtete Kurbelwelle mit der durch den Beklagten bearbeiteten identisch ist. In folgenden Passagen dieses Gutachtens werden dazu noch weitere beweiskräftige Indizien geliefert.

3.3.2. Analyse der durchgeführten Reparaturen.

Aus den in der Akte befindlichen Rechnungen ist ersichtlich:

Bei der ersten Reparatur am 05.03.1996 wurden im wesentlichen 2 Pleuel sowie der Ölkühler, die Ölpumpe und alle Gleitlager der Kurbelwelle bei einem Kilometerstand von 486500 gewechselt. Nach Kurbelwellenmeßprotokoll des Beklagten (Bl. 26 d.A9 hatte die Welle vor der Instandsetzung einen Schlag von 0,9 mm, der gerichtet wurde. Nach Instandsetzung („Welle gerichtet“) betrug der Schlag (Rundlaufabweichung) noch 0,02 mm. Dies wird auch durch die Vermessung bestätigt (weiteres Indiz für die Identität der Kurbelwelle). Für die Hauptlagerzapfen und die Pleuellagerzapfen wird durchgehend nach Meßprotokoll eine Rockwellhärte von 55 HRC dokumentiert. Die Kurbelwelle wurde geschliffen (wie bereits ausgeführt), poliert und Flansch geplant .Im Meßprotokoll und der Rechnung findet sich kein Hinweis darauf, daß eine Rißprüfung der Kurbelwelle stattgefunden hat, sie wurde jedenfalls nicht dokumentiert. Weiterhin gibt es weder in der Rechnung noch in der Anlage zum Materialeinsatz ein Indiz, daß der Schwingungsdämpfer defekt war, denn er wurde offensichtlich nicht gewechselt. Im Gegensatz dazu ist die Bemerkung des Beklagten auf Blatt 23 d.A. , die defekten Pleuelstangen und Schwingungsdämpfer hätten zur Überbeanspruchung des

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Kurbeltriebs geführt. Bei einer solchen Feststellung hätte unter Verweis auf die vorstehenden theoretischen Erläuterungen in jedem Fall der Schwingungsdämpfer gewechselt werden müssen. Es ist daher die Aussage des Beklagten zum Sachverhalt defekter Schwingungsdämpfer nicht in Übereinstimmung mit der tatsächlich ausgeführten Reparatur zu bringen.

Nach Auswertung der berechneten Reparaturleistungen und des Materialeinsatzes ist sachverständigerseits von einem Pleuellagerschaden zweier benachbarter Pleuel auszugehen. Die Ursache dieses Schadens ist infolge fehlender Voraussetzungen (ausgewechselte Teile) nicht mehr feststellbar. Vermutlich wurde durch Abrieb von Lagermetall die Ölpumpe geschädigt, so daß diese gewechselt wurde.

Die zweite Reparatur erfolgte am 29.05.99 bei einem Kilometerstand von 498.234 km, also ca. 12.000 km nach der ersten Reparatur. Hier wurde die Kurbelwelle einschließlich der Lagerschalen gewechselt. Der Schwingungsdämpfer wurde wiederum nicht erneuert. Nach dieser Reparatur wurden mit dem Fahrzeug des Klägers bereits wieder ca. 350 000 km, was dieser Auf Anfrage mitteilte, zurückgelegt.

3.3.3 Schadensanalyse

3.3.3.1. Untersuchung der Kurbelwelle

Zunächst wurde die streitbefangene Kurbelwelle in der FHTW Berlin vermessen und die Brüche mikroskopisch untersucht. Gleichfalls wurde eine elektromagnetische Rißprüfung des Asservats vorgenommen.

Der Pleuellagerzapfen des dritten Zylinders ist gebrochen. Die Analyse der Bruchfläche ergibt, daß es sich um einen überlagerten Torsions- und Biegeschwingungsbruch mit den dafür bereits ausgeführten klassischen Merkmalen handelt. Weitere Fotos dazu in der Fotoanlage.

Die elektromagnetische Rißprüfung ergab

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unzulässige Rißanzeigen im Bereich der Lagerzapfen. Ebenfalls überprüft wurde die Härte (HRC) der Lagersitze. Im Schadensbereich wurden Werte zwischen 38 und 46 HRC gefunden. Die gleichen Werte wurden bei der Analyse des Herstellers festgestellt.

Um die unter Laborbedingungen ermittelten Werte praxiswirksam vergleichen zu können, wurde die streitbefangene Kurbelwelle bei einem bedeutenden Motoreninstandsetzer, der Firma Wulf Johanssen in Kiel, unter Realbedingungen überprüft. Auch in der Werkstatt konnten bei der Magnetrißprüfung unzulässige Rißanzeigen und zu geringe Härte der Pleuellagerzapfen festgestellt werden. In dieser Werkstatt werden auf Grund negativer Erfahrungen Kurbelwellen aufgeladener Dieselmotoren weder gerichtet noch nachgehärtet, da nach derartigen Instandsetzungsmaßnahmen Kurbelwellenbrüche als Folge auftreten. Deshalb werden dort Kurbelwellen, die bei Eingangskontrolle unzulässigen Schlag oder unzureichende Härte der Lagersitze aufweisen, verschrottet. Die Vermessungsarbeiten vor und nach Instandsetzung werden in dieser Werkstatt auch ausreichen dokumentiert (Protokolle siehe Anlage 4).

3.3.3.2. Stellungnahme des Herstellers

Durch den Unterzeichner wurde eine Stellungnahme des Herstellers eingeholt, die dem Gutachten als Anlage beiliegt. Danach dürfen Kurbelwellen des Motors D 2866 LF 03, der durch den Beklagten repariert wurde, nicht gerichtet werden. Die Sollhärte der Lagerzapfen beträgt 54 +- 4 HRC. (Siehe dazu auch Anlage 3 und Anlage 6 zum Gutachten)

3.3.3.3 Analyse des Schadensverlaufs

Der erste Motorschaden stellt sich als typischer Lagerschaden dar, bei welchem die Gleitlager von 2 Pleuel aus nicht mehr reproduzierbaren Gründen defekt waren. Offensichtlich wurde dieser Mangel nicht sofort bemerkt, da er nicht mit starker Geräuschentwicklung verbunden war. Durch „Fressen“ der Pleuellager wurde Material von den Lagerzapfen der Kurbelwelle abgetragen. Gleichzeitig ergab sich infolge Schmierungsmangel (es konnte sich kein Schmierfilm mehr aufbauen) thermische Überlastung der Lagerzapfen. Parallel dazu erhöhte sich

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infolge größer werdenden Lagerspiels die Biegespannungsbelastung der Kurbelwelle. Diese Biegebeanspruchungen führten auch zum Verzug der Kurbelwelle, woraus sich der gemessene Schlag von 0,9 mm erklären läßt.

Durch die Überbeanspruchung, d.h.,

Belastung durch Lagerschaden kam

es zu Spannungsanrissen in den

geschädigten Lagerzapfen, die hier

sogar ohne Mikroskop erkennbar

sind. Diese Risse können jedoch

ebenso durch das nicht

fachgerechte Richten der

Kurbelwelle entstanden sein.

In jedem Fall war jedoch die

Kurbelwelle nach dem Schleifen bei

ordnungsgemäßer Kontrolle als

Ausschuß erkennbar und hätte nicht

eingebaut werden dürfen.

Nebenstehendes Bild zeigt, daß herstellerseits eine ausreichen-de und im Radius gut auslaufende Grundhärtung vorgenommen wurde. Es wird auch deutlich, daß der Oberflächenanriß Augangs-punkt des Bruchs des Lagerzapfens ist. Da bei der zweiten Instandsetzung wiederum nicht der Schwingungsdämpfer gewechselt wurde und der Motor nach Austausch der Kurbelwelle bereits wieder mehr

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als 350 000 km zurückgelegt hat, scheidet dieser als Ursache des Kurbelwellenbruchs definitiv aus.

Ob die Schleifbehandlung der Kurbelwelle zur Schädigung der Oberflächenstruktur bzw. Gefügeveränderungen geführt hat, ist nicht feststellbar. Diese Möglichkeit scheidet aber aus technischer Sicht eher aus. Versuche bei der FHTW haben ergeben, daß bei falschem Schleifen (zu hoher Vorschub, falsches Material, unzureichende Kühlung) kaum Gefügeveränderungen erzielbar waren. Außerdem treten bei derartigen Prozeduren massive thermische Überlastungen auf, die Spuren in Form vom z.B. Anlaßfarben auf dem Schleifprodukt hinterlassen.

Obenstehendes Bild zeigt eine Pleuellagerschale, die dem Unterzeichner zusammen mit der beschädigten Kurbelwelle übergeben wurde. Es is deutlich erkennbar, daß das Lagermetall (Laufschicht ) partiell am Rand des Lagers abgetragen wurde und bereits die Stützschale sichtbar wird. Ursache dieses Defekts is ein sich unter thermischer und mechanischer Belastung öffnender Oberflächenriß des Lagerzapfens. In der Folge kam es dann zu weiterer thermischer Belastung durch Reibarbeit, die schließlich im Zusammenhang mit den wirkenden Biege- und Torsionskräften zum Bruch der Kurbelwelle führten.

4. Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse

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Die Auswertung der Akte sowie eigene Untersuchungen am Objekt Kurbelwelle führten zu folgendem Ergebnis in Hinsicht auf Beantwortung des Beweisbeschlusses:

1. Eine fehlerhafte Schleifbehandlung der Kurbelwelle ist nicht nachweisbar und scheidet aus technischer Sicht aus.

2. Der Schwingbruch der Kurbelwelle hat seinen Ausgang im ersten, durch den Beklagten reparierten Schaden. Es gibt deutliche Anzeichen von Rißbildungen auf mehreren Lagerzapfen der Pleuellager der Kurbelwelle. Ein Richten der Kurbelwelle war nicht zulässig und hat den Schaden noch verstärkt. Die durch den Beklagten laut Meßprotokoll vom 15.02.96 gemessene Härte von 55 HRC ist an mindestens 2 Pleuellagerzapfen nicht vorhanden und war mit 38 – 42 HRC nicht ausreichend .

3. Die Kurbelwelle hätte spätestens nach dem Schleifen ausgesondert (verschrottet) werden müssen.

4. Die Durchführung des Auftrags Motorinstandsetzung war nicht ordnungsgemäß, da eine schadhafte Kurbelwelle eingebaut wurde.

5. Eine zu lange Laufzeit kommt als Ausfallursache nicht in Frage. Kurbelwellen dieser Motoren haben Standzeiten von ca. 1 000 000 km als Normalwert aufzuweisen.

6. Der Kurbelwellenlagerschaden von 2 Pleuelstangen vor der ersten Reparatur war aus technischer Sicht Ausgangspunkt für die übermäßige Biege- und Torsionsbeanspruchung der Kurbelwelle. Der Schwingungsdämpfer wurde nachweislich nicht gewechselt und ist nicht schadenskausal.

7. Die durch den Unterzeichner begutachtete Kurbelwelle ist mit der durch die Beklagte bearbeiteten Kurbelwelle identisch.

.

6 Schlußwort

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Das vorliegende Gutachten wurde unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet.

Mit freundlichen Grüßen

Der Sachverständige

Dipl.-Ing. Wolfgang Berner

Zertifizierter Sachverständiger auf der Basis der Europanorm 45013

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Literaturverzeichnis

[1] Meißner Lehrbriefe Kurbeltriebwerk Ingenieurhochschule Zwickau

[2] J. Broichhausen Schadenskunde

[3] E. Greuter Motorschäden

Anlagenverzeichnis

Nr Inhalt

1 Meßprotokoll der Kurbelwelle FHTW Berlin

2 Prinzipdarstellung der Kurbelwelle

3 Stellungnahme

4 Arbeitsblätter Firma Wulf Johannsen

5 Bildanlage (22 Bilder = 11 Seiten)

6 FAX XXXX zur Identität der Kurbelwelle