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Gutachten zur Avifauna im Gebiet Quartier Heidestraÿe · vifaunistiscA hes Gutachten zum Quartier Heidestraÿe Da der Schotter zum einen die zuvor vorhandene egetationV bedeckt,

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Page 1: Gutachten zur Avifauna im Gebiet Quartier Heidestraÿe · vifaunistiscA hes Gutachten zum Quartier Heidestraÿe Da der Schotter zum einen die zuvor vorhandene egetationV bedeckt,

Gutachten zur Avifauna im Gebiet

�Quartier Heidestraÿe�

30. Juni 2010

Gutachter:

Peter Me�ert

Dipl.-Biologe

P.J.Me�[email protected]

Dostojewskistraÿe 1a

17491 Greifswald

Tel.: 0152 01 74 93 93

Auftraggeber:

gruppe F

Landschaftsarchitekten

Gabriele Pütz

ThoMi Bauermeister

Cuvrystraÿe 1

10997 Berlin

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Avifaunistisches Gutachten zum Quartier Heidestraÿe

1 Gebietsbeschreibung

Das Untersuchungsgebiet (Abb. 1) teilt sich in drei Bereiche: östlich der Hei-destraÿe, westlich der Heidestraÿe und die Heidestraÿe selbst. Der östlicheTeil ist bis auf die ehemaligen Gleisanlagen überwiegend versiegelt. Im Süd-osten be�ndet sich der parkartige Innenhof des Hamburger Bahnhofs. DieSchotterbetten der Gleisanlagen im Norden werden von Land-Reitgras do-miniert. Der Bereich zwischen den langen Lagerhallen im Süden ist bereitsfast vollständig mit Bäumen bestanden. Die Heidestraÿe selbst ist bis auf dieStraÿenbäume versiegelt.

Abbildung 1: Luftbild mit den Grenzen des Untersuchungsgebietes

Der westliche Teil des Gebietes ist ebenfalls zum einem groÿen Teil be-toniert. Er enthält einige Zierstrauch- und Baumgruppens sowie ein grö-ÿeres o�enes Areal mit o�enen Bodenstellen, Flechten, Gras, Rosensträu-chern, Sanddorn sowie kleinen Eschen-Ahorn- und Robinienbäumen. Durchden Schotter der Gleisanlagen und den Sand in den nach dem Entfernen derSchienen verbliebenen Gleisbetten verläuft die Sukzession nur sehr langsam.

Im Jahr 2009 wurde im zentralen Bereich des Westteils eine SchichtSchotter aufgetragen, um dort Autos der Marke Volkswagen auszustellen.

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Avifaunistisches Gutachten zum Quartier Heidestraÿe

Da der Schotter zum einen die zuvor vorhandene Vegetation bedeckt, sichzum anderen langsam wieder P�anzen etablieren können, begünstig dieseMaÿnahme O�enlandarten, darunter Steinschmätzer und Brachpieper.

2 Erfassungsmethode

Zwischen dem 10. April und dem 10. Juni 2010 erfolgten fünf vollständigeBegehungen, die etwa von Sonnenaufgang bis zwei Stunden danach dauerten.Zusätzlich erfolgten drei Begehungen zur gezielten Nachsuche bestimmterArten. Die Interpretation der Kartierungsergebnisse erfolgte nach Bibby etal. (1995) und Südbeck et al. (2005). Die in der Ergebniskarte im Anhangsowie in Tab. 1 dargestellten Reviere beruhen auf Feststellung von Nestern,Jungvögeln oder singenden Männchen.

3 Ergebnisse der Kartierungen (Ist-Zustand)

In Tabelle 1 sind alle Brutvogelarten mit Anzahl der Brutpaare und denSchutzstatussen nach Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV 2005) undEuropäischer Vogelschutzrichtlinie (VSchRL 1979) dargestellt. Tabelle 2 ent-hält Arten, die nicht im Gebiet brüteten und als Nahrungsgäste anzutre�enwaren. Im Anhang be�ndet sich die Ergebniskarte mit allen festgestelltenRevieren.

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Avifaunistisches Gutachten zum Quartier Heidestraÿe

Artnam

edeutsch

Artnam

elatein

Anzahl

BNatSchG

VSchRL

Amsel

Turdusmerula

7besondersgeschützte

Art

II

Blaumeise

Paruscerulaeus

7Besondersgeschützte

Art

Brachpieper

Anthuscampestris

1Strenggeschützte

Art

IDorngrasmücke

Sylvia

communis

2Besondersgeschützte

Art

Elster

Picapica

4Besondersgeschützte

Art

IIFeldsperling

Passermontanus

5Besondersgeschützte

Art

Fitis

Phylloscopustrochilus

2Besondersgeschützte

Art

Gelbspötter

Hippolaisicterina

2Besondersgeschützte

Art

Girlitz

Serinusserinus

4Besondersgeschützte

Art

Grünling

Carduelischoris

2Besondersgeschützte

Art

Hausrotschwanz

Phoenicurusochrurus

7Besondersgeschützte

Art

Haussperling

Passerdom

esticus

30Besondersgeschützte

Art

Klappergrasmücke

Sylvia

curruca

1Besondersgeschützte

Art

Kohlm

eise

Parusmajor

7Besondersgeschützte

Art

Mönchsgrasm

ücke

Sylvia

atricapilla

2Besondersgeschützte

Art

Nachtigall

Luscinia

megarhynchos

2Besondersgeschützte

Art

Nebelkrähe

Corvuscornix

7Besondersgeschützte

Art

IIRingeltaube

Columbapalumbus

3Besondersgeschützte

Art

II,III

Star

Sturnusvulgaris

4Besondersgeschützte

Art

IISteinschmätzer

Oenantheoenanthe

2Besondersgeschützte

Art

Stieglitz

Cardueliscarduelis

2Besondersgeschützte

Art

Stockente

Anas

plathyrinchos

1Besondersgeschützte

Art

II,III

Zilpzalp

Phylloscopuscollibita

1Besondersgeschützte

Art

Tabelle

1:Festgestellte

Brutvogelarten;unterVSchRL

istder

betre�enden

Anhangder

EuropäischeVogelschutzrichtlinie

angegeben

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Avifaunistisches Gutachten zum Quartier Heidestraÿe

Artname deutsch Artname latein BNatSchG VSchRL

Bachstelze Motacilla alba Bes. geschützte ArtBuntspecht Dendrocopus major Bes. geschützte ArtHöckerschwan Cygnus olor Bes. geschützte Art IIMauersegler Apus apus Bes. geschützte ArtMehlschwalbe Delichon urbica Bes. geschützte ArtRauchschwalbe Hirundo rustica Bes. geschützte Art

Tabelle 2: Festgestellte Nahrungsgäste

4 Entwicklung der Avifauna bei Nichtdurchführungder Planung (Szenario 1)

Im Teil östlich der Heidestraÿe sind zumeist wenig oder keine Veränderun-gen zu erwarten, da der gröÿte Teil der Fläche versiegelt ist. Die vorhandeneAllee- und Gartenvegetation wird sich in ihrer Ausprägung in den nächs-ten Jahrzehnten kaum verändern. In Bereichen mit Spontanvegetation, v. a.im groÿen zentralen Bereich, der von Land-Reitgras dominiert ist, wird dieSukzession voranschreiten. Aufgrund des sehr steinigen Bodenmaterials ver-läuft diese jedoch sehr langsam, sodass mit ersten Bäumen voraussichtlicherst in über zehn Jahren zu rechnen ist. Hier wird sich die Avifauna vonreinen O�enlandarten über Arten des Vorwaldstadiums schlieÿlich zu Park-und Waldarten hin verschieben. Es wird vermutlich noch fünf bis zehn Jahredauern, bis ein deutlicher Artenwandel satt�nden. Verlauf und Geschwindig-keit der Sukzession sind stark von der Nutzung abhängig, etwa von Tritt,Befahren oder Lagerung von Material.

Im westlichen Teil des Untersuchungsgebietes �ndet seit einige Jahrenbereits eine Sukzession statt, sodass zuvor sandige Bereiche teilweise nunvon Sträuchern bestanden sind. Andere Stellen sind nach wie vor o�en undsandig. Es ist mit einem langsamen Wandel von O�enlandarten zu gehölzbe-wohnenden Arten wie Laubsängern und Grasmücken zu rechnen. Alle dieseArten wären ebenfalls nach Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV 2005)�Besonders geschützt�, z. T. auch nach Europäischer Vogelschutzrichtlinie(VSchRL 1979), z. B. Gartenrotschwanz und Neuntöter. Wie auch im öst-lichen Teil des Untersuchungsgebietes, wird der Artenwandel nur allmählichstatt�nden und Jahrzehnte andauern.

5 Auswirkungen auf die Avifauna bei Durchfüh-rung der Planung (Szenario 2)

Der Masterplan sieht einen Verbleib bereits vorhandener Vegetation nur imNordosten im Uferbereich des Berlin-Spandauer Schi�fahrtskanals zwischen

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Fennbrücke und Sellerstraÿe sowie im Hof des Hamburger Bahnhofs vor (Sen-Stadt 2009). Die baulichen Veränderungen im übrigen Gebiet werden zu ei-nem vollständigen Verlust der Brutvogelvorkommen führen. Für einige Artenist eine Wiederansiedlung möglich (siehe nachfolgender Abschnitt). De�nitivverschwinden werden Brachpieper, Steinschmätzer und Dorngrasmücke, sehrwahrscheinlich auch der Feldsperling.

Neben dem Angebot an Brutplätzen werden wichtige Nahrungsräumeverlorengehen. Dies gilt für Mehl- und Rauchschwalbe sowie für den Mau-ersegler als Jäger von Fluginsekten, auÿerdem für Jungvögel, die in nach-brutzeitlichen Schwärmen hier anzutre�en waren, insbesondere Stieglitz undFeldsperling. Für diese körnerfressenden Arten sind die Bestände mit gras-artiger Ausprägung auch im Winterhalbjahr eine bedeutende Nahrungsres-source (Kübler 2005).

6 Vorschläge für Ausgleichs- und Ersatzmaÿnahmen

Neststandorte von Ringeltaube, Nebelkrähe und Elster blieben erhalten,wenn groÿe Bäume stehengelassen würden. Die Wiederansiedlung weitererArten hängt in starkem Maÿe von der Gestaltung der Grünanlagen ab. EineRückkehr von Amsel, Blaumeise, Grün�nk, Hausrotschwanz, Haussperling,Klappergrasmücke, Kohlmeise, Mönchsgrasmücke, Nebelkrähe, Ringeltaubeund Star bei Scha�ung geeigneter Strukturen ist möglich. Um Lebensraumfür diese Arten zu scha�en, sollten einheimische Gehölze und Wiesenmi-schungen verwendet werden. Eine naturnahe, arten- und strukturreiche Ge-staltung der Grünanlagen ist zudem förderlich.

Einigen Arten können durch Anbringen geeigneter Nisthilfen gefördertwerden, v. a. Mehlschwalbe, Haussperling, Blaumeise, Kohlmeise und Haus-rotschwanz. Gleiches gilt für den Mauersegler, der zwar nicht nachgewiese-nen werden konnte, möglicherweise aber die unsanierten Gebäude westlichder Heidestraÿen bewohnt. Dabei sollten insbesondere für den HaussperlingNistlochplatten verwendet werden (SenStadt 2000). Hohlräume im Traufbe-reich werden gern von Hausrotschwanz und Star angenommen. Zudem sollteder Einbau im räumlichen Kontext zu Nahrungsräumen beachtet wird, daauch diese omnivoren Arten zur Jungenaufzucht auf Insekten angewiesensind Glutz von Blotzheim (2001).

Bei Umsetzung der im Masterplan vorgesehenen Eingri�e läge eine erheb-liche Störung nach � 44 (1) vor, da sich der Erhaltungszustand der Populatio-nen der Arten verschlechtern würde. Der Bestand des Brachpieper wird fürdie letzten Jahre mit 0 � 3 Brutpaaren angegeben, der des Steinschmätzersmit etwa 50 Paaren (persönliche Mitteilung von A. Kormannshaus). Für dievon der Umgestaltung betro�en Arten, die nicht im Gebiet erhalten werdenkönnen, ist deshalb in gröÿtmöglicher räumlicher Nähe Ersatzlebensraum zuscha�en. Insbesondere für den Brachpieper, der einen groÿen Raumbedarf

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Avifaunistisches Gutachten zum Quartier Heidestraÿe

hat, sind mögliche Ausgleichs�ächen rar. In Berlin fanden sich in den letztenJahren noch besetzte Reviere u. a. in Marzahn im Bereich Hornoer Ring, aufdem ehemaligen Rangierbahnhof Pankow-Heinersdorf und auf dem Biesen-horster Sand (persönliche Mitteilung von A. Kormannshaus; eigene Erhe-bungen). Nach Literaturangaben beträgt die Reviergröÿe des Brachpiepersje nach Vegetation etwa 3 � 12 ha (Glutz von Blotzheim 2001). Nach eigenenKartierungen und Berechnungen steigt die Vorkommenswahrscheinlichkeit inBerlin deutlich ab einer Flächengröÿe von sieben Hektar. Ein Entfernen derVegetation und Abschieben des Oberbodens auf einer Fläche von mindes-tens sieben Hektar würde mit hoher Wahrscheinlichkeit Lebensraum für denBrachpieper scha�en. Durch die einsetztende Sukzession ist mit einer Be-siedlung auch durch Steinschmätzer und Dorngrasmücke zu rechnen. DemSteinschmätzer sollten Brutnischen in Form von Steinhaufen oder -mauernangeboten werden. Zumindest als Nahrungsraum würde die so entstande-ne O�en�äche auch für Feldsperling, Girlitz, Stieglitz und Hausrotschwanzdienen.

Ist ein Ausgleich in Berlin nicht möglich, wäre eine Ausgleichs�äche imLand Brandenburg zu suchen. Adäquate Gebiete wären hier ehemalige Trup-penübungsplätze oder ehemalige Tagebaugebiete, bspw. im Naturschutzge-biet Forst Zinna Jüterbog-Keilberg, im Naturschutzgebiet Döberitzer Heideoder auf dem ehemaligen Truppenübungsplatz Lieberoser Heide.

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7 Literatur

BArtSchV (Bundesartenschutzverordnung) � Verordnung zum Schutz wildlebender Tier- und P�anzenarten, Ausfertigungsdatum: 16.02.2005, zu-letzt geändert durch Art. 22 G v. 29.7.2009 I 2542.

BNatSchG (Bundesnaturschutzgesetz) � Gesetz über Naturschutz und Land-schaftsp�ege vom 29.07.2009, Geltung ab 01.03.2010.

Bibby, C. J., Burgess, N.D. & D.A. Hill (1995): Methoden der Feldornitho-logie � Bestandserfassung in der Praxis. Radebeul.

Glutz von Blotzheim, U. N. (Hrsg.). Handbuch der Vögel Mitteleuropas;eBook-Ausgabe Vogelzug Verlag, 2001.

Kübler, Sonja (2005): Nahrungsökologie stadtlebender Vogelarten entlangeines Urbangradienten. Dissertation an der Humboldt-Universität zuBerlin.

SenStadt (2000): Tiere als Nachbarn � Artenschutz an Gebäuden. Senats-verwaltung für Stadtentwicklung, Kommunikation, Berlin.

SenStadt (2009): Masterplan Berlin Heidestraÿe. Senatsverwaltung für Stadt-entwicklung, Abteilung I Stadt- und Freiraumplanung, Berlin

Südbeck, P., Andretzke, H., Fischer, S., Gedeon, K., Schikore, T. Schrö-der, K. & Sudfeldt, C. (2005): Methodenstandards zur Erfassung derBrutvögel Deutschlands. � Radolfzell, 792 S.

VSchRL (Europäische Vogelschutzrichtlinie) � Richtlinie des Rates vom 2.April 1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten(79/409/EWG), zuletzt geändert durch die Richtlinie 2009/147/EWGvom 30. November 2009.

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Anhang:

Ergebniskarte der festgestellten Brutvorkommen

(auch im Format DIN A3 in der Datei�Ergebniskarte Avifauna Heidestraÿe A3.pdf�)

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