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| Dr. Thomas Schwenke Rechtsanwaltskanzlei | Paul-Lincke-Ufer 42/43 | 10999 Berlin | Seite 1 von 74 Gutachterliche Stellungnahme zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Be- triebs der Fanpage der Senatskanzlei Datum: 20. Februar 2019 Im Auftrag von: Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei -Landesredaktion / Koordinierung Berlin.de, Social Media Jüdenstraße 1 10178 Berlin Erstellt durch: Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Schwenke, LL.M. (UoA), Dipl.FinWirt (FH) Zert. Datenschutzbeauftragter TÜV Süd / Zertifikat-Nr.: 1346#311657914 Paul-Lincke-Ufer 42/43, 10999 Berlin http://drschwenke.de

Gutachterliche Stellungnahme - Berlin.de · „Fanpages“ – Für den Betrieb durch Unternehmen, öffentlich-rechtliche Stellen oder Personen des öffentlichen Lebens gedachte Facebook-Profile.3

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| Dr. Thomas Schwenke Rechtsanwaltskanzlei | Paul-Lincke-Ufer 42/43 | 10999 Berlin |

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Gutachterliche Stellungnahme zur datenschutzrechtlichen Zulässigkeit des Be-triebs der Fanpage der Senatskanzlei

Datum: 20. Februar 2019

Im Auftrag von:

Der Regierende Bürgermeister von Berlin Senatskanzlei -Landesredaktion / Koordinierung Berlin.de, Social Media Jüdenstraße 1 10178 Berlin

Erstellt durch:

Rechtsanwalt Dr. jur. Thomas Schwenke, LL.M. (UoA), Dipl.FinWirt (FH) Zert. Datenschutzbeauftragter TÜV Süd / Zertifikat-Nr.: 1346#311657914 Paul-Lincke-Ufer 42/43, 10999 Berlin http://drschwenke.de

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Einleitung

Das folgende Gutachten untersucht, ob die von dem Social-Media-Referat der Senats-

kanzlei des Regierenden Bürgermeisters von Berlin (nachfolgend bezeichnet als „Se-

natskanzlei“) innerhalb der Plattform Facebook betriebene Fanpage datenschutzrecht-

lich zulässig ist.

Im ersten Teil des Gutachtens werden die verwendeten Begrifflichkeiten, technische

und vertragliche sowie konzeptionelle Grundlagen des Betriebs der Fanpage darge-

stellt. Sie dienen als Grundlage für die folgenden rechtlichen Erwägungen, insbeson-

dere im Hinblick auf die Bestimmung der Zwecke des Fanpagebetriebs, die Rechts-

grundlagen sowie die Verhältnismäßigkeitserwägungen.

Das Gutachten dient ferner dem Zweck, die von der Datenschutzkonferenz (DSK) am

05.09.2018 im Beschluss zu Facebook Fanpages aufgestellte Fragen, als auch die von

der Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit (BfDI) im Rahmen

ihrer Anhörungsanfrage vom 29.10.2018 genannten Fragen zu beantworten.

Dem Gutachten wird die Rechtslage im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens zu-

grunde gelegt. Zu der Rechtslage gehören insbesondere gerichtliche Entscheidungen,

behördliche Maßnahmen und Ansichten der Rechtsliteratur.

.

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Inhaltsverzeichnis

A. Zusammenfassung der Ergebnisse des Gutachtens .................................................. 6

B. Begrifflichkeiten, technische, vertragliche und konzeptionelle Grundlagen ............ 9

I. Begriffsdefinitionen ............................................................................................... 9

II. Vertragsgrundlagen ............................................................................................. 13

III. Konzeptionelle Grundlagen, Zwecke und Verwaltung der Fanpage ............... 13

1. Social-Media-Konzept der Senatskanzlei ......................................................... 14

2. Vorbildwirkung anderer öffentlich-rechtlicher Fanpages ............................... 16

3. Alternativangebote .......................................................................................... 16

4. Verwaltung der Fanpage .................................................................................. 17

5. Evaluierung ...................................................................................................... 18

IV. EuGH zur Mitverantwortlichkeit für Fanpages und Vertragsanpassung durch Facebook ..................................................................................................................... 18

1. Urteil des EuGH vom 05.06.2018 ..................................................................... 18

2. Stellungnahme der DSK vom 05.09.2018 ........................................................ 19

3. Facebooks Seiten-Insights-Ergänzung vom 11.9.2018 .................................... 21

4. Anhörungsverfahren der Berliner BfDI ............................................................ 22

5. Schlussanträge des Generalanwalts in Sachen „Fashion ID“ ........................... 25

C. Zulässigkeit des Betriebs der Fanpage der Senatskanzlei ....................................... 27

I. Räumlicher Anwendungsbereich......................................................................... 27

II. Sachlicher Anwendungsbereich .......................................................................... 27

1. Personenbezogene Daten ................................................................................ 27

(a) Stammdaten und Kontaktdaten der Mitglieder .......................................... 27

(b) Demografische Daten der Mitglieder ....................................................... 27

(c) Angaben zur Facebook-Nutzung, Verhalten und Interessen der Mitglieder 28

(d) Insights-Daten ........................................................................................... 28

(e) Standortdaten ........................................................................................... 29

(f) Technische Daten ......................................................................................... 29

(g) Inhaltsdaten .............................................................................................. 29

(h) Personenbezug ......................................................................................... 29

2. Automatisierte Verarbeitung ........................................................................... 30

III. Betroffene Personen ........................................................................................ 30

IV. Verarbeitungszwecke ....................................................................................... 30

1. Facebooks Verarbeitungszwecke ..................................................................... 31

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(a) Zurverfügungstellung der Fanpage und Sicherheit ...................................... 31

(b) Betriebswirtschaftliche Zwecke und Profiling .......................................... 31

2. Senatskanzlei ................................................................................................... 32

(a) Zurverfügungstellung der Fanpage und Sicherheit ...................................... 32

(b) Information, Kommunikation, Imagepflege ............................................. 33

(c) Werbewirkung .......................................................................................... 33

V. Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Senatskanzlei ............................ 34

1. Gemeinsame Verantwortlichkeit ..................................................................... 34

(a) Begründung gemeinsamer Verantwortlichkeit ............................................ 35

(b) Umfang gemeinsamer Verantwortlichkeit ............................................... 37

(c) Feststellung der gemeinsamen Verantwortlichkeit und deren Umfangs für die Fanpage der Senatskanzlei ....................................................................... 39

2. Unmittelbare Verantwortlichkeit .................................................................... 41

VI. Seiten-Insights-Ergänzung als Vereinbarung gem. Art 26 DSGVO................... 43

1. Wirksame Vereinbarung der Seiten-Insights-Ergänzung ................................. 43

2. Inhaltliche Prüfung der Seiten-Insights-Ergänzung ......................................... 45

(a) Primäre Verantwortlichkeit .......................................................................... 45

(b) Beschränkung auf Insights-Daten ............................................................. 46

(c) Verantwortung für eigene Rechtsgrundlage ............................................ 46

(d) Umgang mit Anfragen von Betroffenen und Aufsichtsbehörden ............ 47

(e) Festlegung der irischen Datenschutzkommission als federführende Aufsichtsbehörde ................................................................................................. 48

(f) Geltendes Recht, Aktualisierungen und salvatorische Klausel .................... 50

3. Inhaltliche Vollständigkeit der Seiten-Insights-Ergänzung .............................. 50

VII. Tatsächliche Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen................................ 51

1. Erfüllung von Informationspflichten ................................................................ 51

(a) Informationen zu Seiten-Insights-Daten ...................................................... 51

(b) Hinreichende Aufklärung der Nutzer durch Facebook ............................. 53

(c) Erforderlichkeit eigener Datenschutzhinweise der Senatskanzlei ........... 55

2. Wahrung der Betroffenenrechte und Beachtung von Auskunftspflichten ..... 56

3. Widerspruchsrechte bei Cookies ..................................................................... 57

4. Übrige datenschutzrechtliche Verpflichtungen ............................................... 58

VIII. Rechtsgrundlage .............................................................................................. 58

1. Einwilligung ...................................................................................................... 58

2. § 3 Abs. 1 BlnDSG i.V.m. GV Sen DSGVO ......................................................... 60

(a) Geeignetheit ................................................................................................. 62

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(b) Keine milderen Maßnahmen .................................................................... 63

(c) Angemessenheit des Fanpagebetriebs..................................................... 65

i. Interessen der Social-Media-Nutzer und der Allgemeinheit .................... 65

ii. Reichweite und Gewichtung der Abwägungsfaktoren ............................. 66

iii. Vernünftige Erwartungen der Fanpagebesucher ..................................... 66

iv. Zwangswirkung und Alternativangebot ................................................... 68

v. Pseudonyme und anonyme Verarbeitung ............................................... 69

vi. Einwilligung in die Cookie-Speicherung.................................................... 69

vii. Evaluation und fachgemäße Betreuung ............................................... 70

viii. Einwirkung auf Facebook ...................................................................... 71

ix. Angemessenheit des Fanpagebetriebs..................................................... 71

(d) Der Fanpagebetrieb ist erforderlich ......................................................... 72

3. Verarbeitung zu Sicherheits- und Optimierungszwecken ............................... 73

IX. Der Fanpagebetrieb ist zulässig ....................................................................... 73

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A. Zusammenfassung der Ergebnisse des Gutachtens

▪ Der Betrieb der Fanpage durch die Senatskanzlei verstößt nicht gegen geltendes

Datenschutzrecht.

▪ Die Senatskanzlei ist entsprechend der gegenwärtigen und erwarteten Recht-

sprechung des EuGH für die im Rahmen der Bereitstellung der Fanpage, Erstel-

lung der Insights-Statistiken, Darstellung der Beiträge in Newsfeeds der Face-

book-Mitglieder sowie u. U. zur Wahrung der technischen Sicherheit und Opti-

mierung der Fanpage durch Facebook verarbeiteten Insights-Daten gemeinsam

verantwortlich.

▪ Die Mitverantwortung wird durch Mitentscheidung der Senatskanzlei über die

Mittel und Zwecke der Verarbeitung der Insights-Daten begründet. Im Hinblick

auf die Mittel besteht die Mitbestimmung in der Inbetriebnahme der Fanpage.

Im Hinblick auf die Zwecke sind die betriebswirtschaftlichen Interessen von Fa-

cebook und die Zwecke der Senatskanzlei, ihren öffentlich-rechtlichen Aufgaben

in Social Media nachzukommen, insoweit hinreichend identisch.

▪ Die gemeinsame Verantwortlichkeit ist jedoch nur auf die vorgenannten Zwecke

des Fanpagebetriebs beschränkt. Die Senatskanzlei ist mangels Möglichkeit der

Einwirkung und Einflussnahme insbesondere nicht für die vorhergehende und

folgende Verarbeitung der Insight-Daten durch Facebook, z. B. zu Werbe- und

Marketingzwecken, mitverantwortlich. D. h., es bestehen zwar erhebliche Be-

denken gegen die Nutzung der personenbezogenen Daten der Nutzer durch Fa-

cebook, jedoch werde diese nicht alle der Senatskanzlei aufgebürdet.

▪ Die aufgrund der gemeinsamen Verantwortlichkeit gem. Art. 26 Abs. 1 S. 1

DSGVO erforderliche Vereinbarung zu der Regelung der Rechte und Pflichten

zwischen Facebook und der Senatskanzlei ist ein wirksamer Bestandteil des Ver-

trages zwischen der Senatskanzlei und Facebook und entspricht im Hinblick auf

den Inhalt und die Umsetzung den gesetzlichen Anforderungen. Insbesondere

werden die Fanpagebesucher hinreichend informiert und deren Rechte, z. B. auf

Auskunft, im Rahmen des Verantwortungsbereichs der Senatskanzleigewahrt.

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▪ Die Verarbeitung der Insights-Daten der Fanpagebesucher erfolgt auf Grundlage

des § 3 Abs. 1 BlnDSG, und ist zur Erbringung ihrer öffentlichen Aufgaben der

Information sowie Kommunikation mit Bürgern sowie Imagepflege und Anspra-

che an der Stadt Berlin interessierter Personen und Unternehmen in sozialen

Medien gem. § 3 Abs. 1 BlnDSG erforderlich.

▪ Die Fanpage ist derzeit das geeignetste Mittel, um das Konzept einer transparen-

ten und nachhaltigen Ansprache vom Bürgern und anderen Interessenten in so-

zialen Medien zu erreichen. Der Betrieb ist auch angemessen und soweit ein Er-

messensspielraum aufgrund der Unklarheit der Rechtslage besteht, darf die Se-

natskanzlei diesen aufgrund der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative

wahrnehmen.

▪ Der Senatskanzlei wird jedoch empfohlen, die Fanpagebesucher über das Kon-

zept des Fanpagebetriebs, die Risiken der Verarbeitung von Daten durch Face-

book, Alternativangebote sowie im Hinblick auf die übrigen Angaben gem. Art.

13 und 14 DSGVO auf einer separaten Webseite zu unterrichten. Die Webseite

muss auf der Fanpage einfach erkennbar verlinkt werden.

▪ Ferner ist die faktische und rechtliche Entwicklung zu beobachten und das Kon-

zept des Fanpage-Betriebs bei relevanten Erkenntnissen und sonst zumindest

jährlich durch das Social-Media-Referat der Senatskanzlei entsprechend zu eva-

luieren.

▪ Des Weiteren wird der Senatskanzlei empfohlen, allein oder gemeinsam mit an-

deren öffentlich-rechtlichen Stellen auf Facebook einzuwirken und zu fordern,

dass Facebook den von Datenschutzbehörden vorgebrachten Bedenken Rech-

nung trägt. Dazu gehören vor allem ein Einwilligungsprozess für Fanpagebesu-

cher, die keine Facebook-Mitglieder sind, ein einfacheres Widerspruchsverfah-

ren und die Aufnahme eines Links zu den Datenschutzhinweisen der Senatskanz-

lei auf der Frontseite der Fanpage.

▪ Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass Zweifel an der Zuständigkeit der

Berliner BfDI im Hinblick auf die Fanpage der Senatskanzlei bestehen. Vielmehr

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ist aufgrund einer faktisch grenzüberschneidenden gemeinsamen Verantwort-

lichkeit sowie vertraglicher Vereinbarung zwischen der Senatskanzlei und Face-

book von der Federführung der Datenschutzaufsicht durch die irische Daten-

schutzkommission auszugehen.

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B. Begrifflichkeiten, technische, vertragliche und konzeptionelle

Grundlagen

Dieser Teil des Gutachtens dient der Einführung und Erläuterung der im Rahmen des

Gutachtens verwendeten Begriffe, der vertraglichen Grundlagen sowie des Betriebs-

konzeptes der Fanpage der Senatskanzlei.

Anschließend werden die aktuellen rechtlichen Entwicklungen in Folge des Urteil des

Europäischen Gerichtshofs zur gemeinsamen Verantwortlichkeit für Fanpages (EuGH,

Urteil vom 5.6.2018, C-210/16) sowie anschließende Vertragsanpassungen durch Face-

book dargestellt.

I. Begriffsdefinitionen

Die Begriffsdefinitionen erhalten zum Teil technische Funktionsbeschreibungen und da-

neben eine Darstellung rechtlicher und faktischer Beziehungen unter den beteiligten

Parteien.1

▪ „Facebook“ – Der Begriff wird allgemeinsprachlich sowohl für das Unternehmen

Facebook als auch die von dem Unternehmen angebotene soziale Plattform mit

demselben Namen verwendet. Im Rahmen des Gutachtens wird der Begriff für

Facebook als Unternehmensgruppe verwendet. Sofern relevant, z. B. im Hinblick

auf vertragliche Beziehung, werden die jeweiligen Niederlassungen genauer be-

zeichnet.

▪ „Facebook USA“ und „Facebook Irland“- Sofern von Facebook Irland oder Face-

book USA die Rede ist, sind damit der Hauptsitz des Facebook-Konzerns in den

USA (Facebook Inc., 1 Hacker Way Menlo Park, CA 94025, USA) und die für den

europäischen Betrieb der Plattform Facebook zuständige Niederlassung in Irland

(Facebook Ireland Ltd., 4 Grand Canal Square, Grand Canal Harbour, Dublin 2,

Irland) gemeint. Vertragspartner der Senatskanzlei ist dabei Facebook Irland,2

1 Alle im Gutachten verwendeten Begrifflichkeiten sind geschlechtsneutral zu verstehen (z. B. umfasst der Begriff „Fanpagebesucher“ sowohl weibliche, als auch männliche oder übrigen Geschlechtern angehörende Besucher). 2 EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 32.

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wobei die maßgeblichen personenbezogenen Daten der Fanpagebesucher zur

technischen Verarbeitung an Facebook USA übermittelt werden.

▪ „Fanpages“ – Für den Betrieb durch Unternehmen, öffentlich-rechtliche Stellen

oder Personen des öffentlichen Lebens gedachte Facebook-Profile.3 Der Begriff

„Fanpage“ wird allgemeinsprachlich und auch in der Rechtsprechung verwendet.

Fanpages werden durch Facebook selbst als „(Facebook-)Seiten“ bezeichnet.

Wenn im Gutachten der Begriff „Fanpage“ im Kontext der Senatskanzlei verwen-

det wird, ist damit die Fanpage der Senatskanzlei gemeint.

▪ „Insights“ / „Insights-Daten“ – Als Insights werden die den Betreibern von Fan-

pages zur Verfügung gestellten Statistiken bezeichnet.4 Diese Statistiken sind

nicht abschaltbar und enthalten im Hinblick auf die Interaktion mit der Fanpage

und demografische Eigenschaften aggregierte Daten der Fanpagebesucher

(diese Daten werden auch als „Insights-Daten“ bezeichnet). Hierzu gehören auch

aggregierte Werte zum Alter, Geschlecht oder Zeiten der Abrufe oder Bekun-

dung von Gefallen oder Nichtgefallen im Hinblick auf die innerhalb der Fanpage

veröffentlichten Beiträge. Die Nutzung der Insights-Statistiken ist nicht abding-

bar und erfolgt auf Grundlage von pseudonymen „Cookies“ 5

▪ „Cookies“ – Die in diesem Gutachten in Rede stehende Datenverarbeitung er-

folgt im Wesentlichen in der Weise, dass Facebook auf dem Computer oder je-

dem anderen Gerät der Personen, die eine Fanpage besucht haben, Cookies plat-

ziert, die die Speicherung von Informationen in den Web-Browsern bezwecken

und für die Dauer von zwei Jahren wirksam bleiben, sofern sie nicht gelöscht

werden. Ferner empfängt Facebook die in den Cookies gespeicherten Informati-

onen, zeichnet sie auf und verarbeitet sie, insbesondere wenn eine Person die

„Facebook-Dienste, Dienste, die von anderen Mitgliedern der Facebook-

3 Vgl. EuGH, Urt. v. 05.06.2018, Az. C‑210/16 „Wirtschaftsakademie“, Rn. 15 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=202543&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4096862); Golland, K&R 433. 4 Golland, K&R 433. 5 Vgl. EuGH, Urt. v. 05.06.2018, Az. C‑210/16 „Wirtschaftsakademie“, Rn. 15 (http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=202543&pageIndex=0&doclang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4096862).

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Unternehmensgruppe bereitgestellt werden, und Dienste, die von anderen Un-

ternehmen bereitgestellt werden, die die Facebook-Dienste nutzen“, besucht.

Außerdem können andere Stellen wie Facebook-Partner oder sogar Dritte „auf

den Facebook-Diensten Cookies verwenden, um [diesem sozialen Netzwerk di-

rekt] bzw. den auf Facebook werbenden Unternehmen Dienstleistungen bereit-

zustellen“.6

▪ „Facebook-Ads“ – Innerhalb der Plattform Facebook können Personen und Un-

ternehmen Werbeanzeigen platzieren. Die Zielgruppe der Mitglieder, denen Fa-

cebook-Ads angezeigt werden, kann anhand einer Varianz von Parametern be-

stimmt werden (sog. „Targeting“). Zu diese Parametern können z. B. Eigenschaf-

ten, Interessen, Verhalten oder Interaktionen der Personen gehören, z. B. „Per-

sonen des Geschlechts X, des Altersbereichs Y, lebend in Berlin, mit Deutsch als

eingestellter Sprache und Interesse an Musik und Politik“.

▪ „Mitglieder“ – Personen (oder Unternehmen), die sich bei der Plattform Face-

book registriert haben.

▪ „Nutzer“ / „Besucher“ – Personen, die Fanpages in deren Browsern aufrufen,

unabhängig davon, ob sie Mitglieder von Facebook sind. Eine Fanpage kann so-

wohl von Mitgliedern als auch von anderen Nutzern, d. h. von „Nicht-Mitglie-

dern“, aufgerufen werden (die in diesem Kontext als „Fanpagebesucher“ be-

zeichnet werden). In diesem Fall wird in deren Browser jedoch eine einge-

schränkte Darstellung der Fanpage (z. B. ohne Interaktionsmöglichkeiten) und

eine Möglichkeit, sich bei Facebook zu registrieren, ausgegeben.

▪ „Privatnachrichten“ / „Facebook Messenger“ – Der Facebook Messenger ist ein

proprietäres Kommunikationssystem innerhalb der Plattform Facebook, mit

dem Mitglieder untereinander kommunizieren können.

▪ „Social Plugin“ – Als Social Plugins werden Funktionen von Facebook bezeichnet,

die Betreiber von Webseiten mittels der Einbindung eines im Browser der Nutzer

6 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 33.

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ausführbaren Codes in deren Website integrieren können. Am bekanntesten ist

die „Gefällt mir“-Schaltfläche, mit deren Klick Facebook-Mitglieder einen Link zu

der jeweiligen Webseite innerhalb derer Facebook-Profile teilen können. Dabei

sendet der Browser des Webseitenbesuchers automatisch Informationen betref-

fend seine IP‑Adresse und den Browser-String an Facebook Ireland und kann

diese Informationen zudem in einem Cookie speichern. Die Übermittlung und

Speicherung dieser Informationen erfolgt, ohne dass der Facebook-„Gefällt mir“-

Button angeklickt zu werden braucht und auch bei Nicht-Mitgliedern von Face-

book.

▪ „Betreiber“ – Als Betreiber wird der Anbieter einer Fanpage bezeichnet, hier die

Senatskanzlei. Der Begriff wird zwecks Abgrenzung zu der Figur des datenschutz-

rechtlichen Verantwortlichen verwendet, die gesondert zu prüfen ist.

▪ „Fans“ / „Abonnenten“ – Als „Fans“ werden Mitglieder bezeichnet, welche die

Schaltfläche „Gefällt mir“ einer Fanpage geklickt und damit deren Beiträge abon-

niert haben. „Abonnenten“ sind Mitglieder, die nur die Beiträge abonnieren,

aber ohne die Schaltfläche „Gefällt mir“ zu klicken. Im Zeitpunkt der Erstellung

dieses Gutachtens wird die Fanpage der Senatskanzlei von rund 6.700 Personen

abonniert, wovon 6.400 Personen die „Gefällt mir“-Schaltfläche geklickt haben.

▪ „Beiträge“ – Als Beiträge werden die im Namen von Fanpages auf diesen publi-

zierten Einträge, sei es in Form von Texten, Bildern, Videos oder Umfragen, be-

zeichnet.

▪ „Newsfeed“ – Der Newsfeed ist ein grundlegende Funktion sozialer Netzwerke

und enthält die Beiträge befreundeter Nutzer oder abonnierter Fanpages. Der

Newsfeed von Facebook wird den Nutzern standardmäßig beim Aufruf der Platt-

form angezeigt. Dabei sortiert Facebook die Beiträge, ebenfalls standardmäßig,

im Newsfeed anhand des Vorverhaltens und der Facebook bekannten Interessen

der Nutzer vor. Diese algorithmische Sortierung kann von den Nutzern in den

„Einstellungen zum Newsfeed“ in einem gewissen Maße (z. B. durch Priorisie-

rung der Beiträge bestimmter Personen oder Fanpages) verändert werden.

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II. Vertragsgrundlagen

Die Vertragsgrundlagen umfassen vor allem die allgemeinen Geschäftsbedingungen von

Facebook sowie Datenschutzhinweise, welche jeweils aus mehreren einzelnen Klausel-

werken bestehen:

▪ Nutzungsbedingungen von Facebook: https://www.facebook.com/legal/terms.

▪ Datenrichtlinie: https://www.facebook.com/privacy/explanation.

▪ Rechtsgrundlagen der Verarbeitung personenbezogener Daten durch Facebook:

https://www.facebook.com/about/privacy/legal_bases (kurz „Facebooks

Rechtsgrundlagen“).

▪ Hinweise zu Cookies und anderen Speichertechnologien: https://www.face-

book.com/policies/cookies/ (kurz „Cookie-Hinweise“) .

▪ Seiten-Insights-Ergänzung bezüglich des Verantwortlichen: https://www.face-

book.com/legal/terms/page_controller_addendum (kurz „Seiten-Insights-Er-

gänzung“).

▪ Informationen zu Seiten-Insights-Daten: https://www.facebook.com/le-

gal/terms/information_about_page_insights_data.

▪ Social-Media-Konzept des Referates für Social Media der Senatskanzlei Berlin

Fassung vom 21.11.2017 (kurz „Social-Media-Konzept“).

▪ Fanpage der Senatskanzlei : „Der Regierende Bürgermeister von Berlin“,

https://www.facebook.com/RegBerlin/.

III. Konzeptionelle Grundlagen, Zwecke und Verwaltung der Fanpage

Die Senatskanzlei betreibt seit dem 08.05.2017 auf der Plattform Facebook eine Fan-

page, die sie zur Information der Bürger, Besucher der Stadt Berlin oder anderer Inte-

ressenten zwecks Information, Kommunikation, Informationsaufnahme und Image-

pflege einsetzt. Verwaltungsleistungen werden über die Fanpage nicht angeboten,

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hierzu werden die Nutzer auf den Bürgerservice, u. a. auf der Website der Senatskanz-

lei, verwiesen.

Die Fanpage ist in Folge und auf Grundlage des im Folgenden dargestellten Social-Me-

dia-Konzeptes, Beobachtung anderer öffentlich-rechtlicher Fanpages sowie rechtlicher

Überlegungen unter der fachlichen Leitung des ebenfalls neu begründeten Social-Me-

dia-Referats angelegt worden.

1. Social-Media-Konzept der Senatskanzlei

Der Betrieb und die Zweckbestimmung der Fanpage basiert auf einem Social-Media-

Konzept, das die Senatskanzlei zur Evaluation des faktischen Bedarfs nach einer Fan-

page in Auftrag gab. Die Evaluation soll sicherstellen, im Wege einer „nachhaltigen Re-

gierungskommunikation“,

„[…] uber die Politik des Senats zu informieren, Transparenz uber politische Ent-

scheidungen herzustellen und den politischen Dialog mit den Burgerinnen und

Burgern der Stadt zu befordern.“

Der Beschluss zur Nutzung sozialer Medien und insbesondere von Facebook erfolgte

hierbei insbesondere auf Grundlage der Erwartungshaltung der Bürger sowie Besucher

Berlins an eine zeitgemäße Informations- und Kommunikationskultur. Dies insbeson-

dere unter Beachtung der besonderen Stellung von Berlin als eine „junge und innova-

tive Stadt“, die besonders viele technologieaffine und soziale Medien nutzende Men-

schen aus dem Inland und Ausland anzieht:

„Soziale Netzwerke bilden heute Raume der Offentlichkeit, in denen hohere Reich-

weiten als uber die Webseite oder uber Zeitungen erzielt werden konnen. Heute fin-

det dort die Auseinandersetzung mit politisch und gesellschaftlich relevanten The-

men statt. Folglich gehort die Online-Kommunikation zu einem grundlegenden Be-

standteil der Presse- und Offentlichkeitsarbeit, uber welche das medial vermittelte

Bild beeinflusst werden kann. Daruber hinaus erwarten die Burgerinnen und Burger,

dass eine Regierung transparent und regelmaßig uber ihr Handeln informiert, Hin-

tergrunde erklart und zum niedrigschwelligen Dialog bereit ist. Erfolgreiche Social-

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Media-Kommunikation muss die Arbeit von Politik und Verwaltung in Bezug auf die

Stadt und das Leben der Menschen vor Ort plattformadaquat transportieren.“

„Nach einer Studie von YouGov vom Februar 2017 nutzten 27 Prozent der befragten

Bundesburger/innen soziale Netzwerke als Nachrichtenquelle. Fur jede und jeden

Funften waren soziale Netzwerke vorwiegende Nachrichtenquelle fur politische

Themen. Social Media folgte damit nach dem Fernsehen mit 78 Prozent, Radio mit

56 Prozent, der gedruckten Ausgabe einer Zeitung mit 50 Prozent und der Zeitungs-

webseite mit 38 Prozent.„

„Die Zahlen verdeutlichen, dass sich die Informationswirklichkeit fur jede funfte Per-

son danach konstruiert, welche Informationen sie oder er von den mit ihr oder ihm

vernetzten Profilen erhalt. Auch 57 Prozent der Befragten der YouGov-Studie gaben

an, sich vorstellen zu konnen, sich in Zukunft starker uber Messenger-Dienste und

soziale Online-Netzwerke uber politische Themen zu informieren.“

Die Entscheidung für die Nutzung der Plattform Facebook erfolgte hierbei aufgrund

der Dominanz der Plattform innerhalb der Social-Media-Angebote:

In Hinblick auf die Plattformen der sozialen Netzwerke informieren sich mit uber 70

Prozent die meisten Menschen auf Facebook uber aktuelle politische Geschehnisse.

Facebook gilt mit seinen 31 Millionen aktiven Mitgliedern in Deutschland als „der

Marktplatz“ unter den sozialen Netzwerken. Hier kann die „breite Masse“ erreicht

werden – in Berlin 1,9 Millionen der aktuell fast 3,47 Millionen in Berlin lebenden

Menschen (Stand: November 2017, im Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens lie-

gen diese Zahlen bei ca. 32 Millionen, wobei für Deutschland keine offiziellen Zahlen

herausgegeben werden und auf Informationen in anderen Kontexten, z.B. gegen-

über Werbekunden, beruhen).7

7 https://allfacebook.de/zahlen_fakten/offiziell-facebook-nutzerzahlen-deutschland (alle Links zuletzt aufge-rufen zum Datum des Gutachtens).

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2. Vorbildwirkung anderer öffentlich-rechtlicher Fanpages

Der Entschluss zur Nutzung der Fanpage basierte auch auf der Beobachtung der ande-

ren Landesregierungen, von denen elf ebenfalls die Plattform Facebook nutzen. Dane-

ben finden sich auf der Plattform Facebook ebenfalls Bundesorgane (wie die Bundesre-

gierung, Landesbehörden (z. B. Polizeibehörden) oder Gemeinden und Städte.

Zu betonen ist dabei auch der Social-Media-Auftritt des Landesdatenschutzbeauftrag-

ten Baden-Württemberg (LfDI BW).8 Zwar handelt es sich hierbei um ein anderes sozia-

les Netzwerk, dessen Nutzung aber mit dem Betrieb einer Fanpage bei Facebook ver-

gleichbar ist. Auch Twitter-Profile dienen der Information und Kommunikation der Öf-

fentlichkeit und auch bei Twitter werden statistische Daten der Nutzer gesammelt. Die

Daten können z. B. im Rahmen der Platzierung von gebuchten Werbeanzeigen zur Ziel-

gruppenbestimmung verwendet und in Cookies gespeichert werden. Die Twitter-Nut-

zung basiert wiederum auf einer vom LfDI BW veröffentlichten „Neuen Richtlinie des

LfDI zur Nutzung von Sozialen Netzwerken durch öffentliche Stellen“.9

Dabei wird als Grundlage für eine sichere Nutzung sozialer Medien ein klares und öf-

fentliches Konzept mit Festlegung von Zweck, Art und Umfang der vorgesehenen Nut-

zung und Abschätzung der Folgen der vorgesehenen Verarbeitungsvorgänge und des-

sen mindestens jährlich stattfindende Evaluation sowie Betreuung durch geschultes

Personal vorgeschlagen. Ebenso werden eigene Datenschutzhinweise oder alternativ

regelmäßige Information der Nutzer für notwendig erachtet. Zudem sollten die Nutzer

auf alternative Informations- und Kommunikationswege hingewiesen werden.

3. Alternativangebote

Die Fanpage der Senatskanzlei wird als ein alternativer Informations- und Kommunika-

tionskanal umgesetzt. Das bedeutet, dass die Fanpage keine anderen Informations- o-

der Kommunikationsangebote substituieren soll.

8 https://twitter.com/lfdi_bw. 9 https://www.baden-wuerttemberg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2018/04/2017.11.02._Richtlinie-zur-Nutzung-sozialer-Netzwerke-durch-%C3%B6ff.-Stellen.pdf (abgekürzt „Richtlinie SoMe“).

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Den Bürgern stehen weiterhin die Möglichkeiten offen, sich auf den Webseiten der Se-

natskanzlei oder über die Presse über die politischen Prozesse und die Tätigkeit der

Verwaltung zu informieren. Ebenso stehen den Bürgern weiterhin traditionelle Kom-

munikationswege, wie z. B. das Telefon, die Briefpost oder der persönliche Besuch im

Bürgerservicebüro zur Verfügung.

Die Senatskanzlei verfolgt also nicht das Ziel, Bürger von anderen Informations- oder

Kommunikationskanälen auf die Fanpage zu lenken. Vielmehr ist das Ziel, Bürger, die

bereits die Plattform Facebook nutzen, mit dem Informations- und Kommunikations-

angebot der Fanpage anzusprechen.

Bei den Vorteilen, wie z.B. der Möglichkeit, die Facebookseite der Senatskanzlei zu

abonnieren und so aktiv und schnell über diese informiert zu werden, handelt es sich

um inhärente Vorteile von Social Media, die per se die Nutzer zu der Nutzung von

Plattformen wie Facebook bewegen und nicht von der Senatskanzlei neu geschaffen

werden.

Ergänzend ist aufzuführen, dass auch wenn die Fanpage den Bürgern und anderen Be-

suchern Berlins ein lediglich alternatives Informationsangebot eröffnet, sie umgekehrt

für die Senatskanzlei neue Möglichkeiten schafft, die Stimmung und Ansichten der Bür-

ger wahrzunehmen. So können z. B. anhand der Kommentare der Bürger zu veröffent-

lichen Informationen und einer stattfindenden Diskussion eine Stimmungslage gewon-

nen und neue Ideen oder Impulse für das Regierungshandeln gewonnen werden.

4. Verwaltung der Fanpage

Für die Koordination der Social-Media-Aktivitäten wurde ein eigenes Referat mit der

festgelegten Zuständigkeit des Referatspersonals gegründet. Die Aufgaben des Refe-

ratspersonals umfassen insbesondere die redaktionelle, technische und rechtliche Be-

treuung der Fanpage.

Das Referatspersonal wurden im Hinblick auf die von ihnen wahrzunehmenden Aufga-

ben instruiert, werden fortgebildet und haben die Möglichkeit externe Fachexperten

hinzuzuziehen.

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5. Evaluierung

Das Social-Media-Konzept der Senatskanzlei unterliegt einer ständigen Evaluation

durch das Referatspersonal. Die Evaluation umfasst, neben der technischen und inhalt-

lichen Prüfung, vor allem auch die rechtliche Zulässigkeit des Betriebs der Fanpage.

Die Senatskanzlei handelt im Bewusstsein der rechtlichen Unklarheiten, unterschiedli-

cher Rechtsansichten und Risiken, weshalb das Referatspersonal ständig die Nachrich-

tenlage sowie interne Hinweise zur Rechtslage beobachtet. Die Grundlagen und das

„Ob“ der Nutzung der Facebook-Seite werden vor allem dann gesondert und vertieft

geprüft, wenn wesentliche Änderungen der Rechtslage hierzu Anlass geben, wie die im

Folgenden dargestellte Entscheidung des EuGH zur gemeinsamen Verantwortlichkeit

für Fanpages.

IV. EuGH zur Mitverantwortlichkeit für Fanpages und Vertragsanpassung

durch Facebook

Die folgende Darstellung fasst die Entscheidung des EuGH vom Juni 2018 zur Mitver-

antwortlichkeit für Fanpages und die ihr folgende Anpassung der Vertragsgrundlagen

durch Facebook als auch die Stellungnahmen und Forderungen der Aufsichtsbehörden

zusammen.

1. Urteil des EuGH vom 05.06.2018

In der Rechtssache C-210/16 (Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schles-

wig-Holstein ./. Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein GmbH, kurz „Wirtschaftsaka-

demie“) hat der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) am 5.6.2018 entschieden,

dass auch der Betreiber einer Fanpage gemeinsam mit Facebook Irland für die Verar-

beitung der personenbezogenen Daten der Besucher seiner Seite verantwortlich ist.

Maßgeblicher Grund für das EuGH-Urteil sind die Insights-Statistiken, für die Facebook

unter Verwendung von Cookies personenbezogene Insights-Daten der Fanpagebesu-

cher verarbeitet.

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Diese Daten werden anschließend in Form anonymisierter statistischer Daten den Fan-

pagebetreibern automatisch und unabdingbar kostenfrei zur Verfügung stellt.

Den Umstand, dass die Fanpagebetreiber lediglich Zugang zu aggregierten, d. h. anony-

men, Daten erhalten, hielt der EuGH für unbeachtlich.10

Der EuGH betonte hierbei, dass die Verantwortlichkeit nicht gleichwertig sein muss,

sondern deren Grad sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere der Einbe-

ziehung in die jeweiligen Phasen der Verarbeitung, bestimmt.

Die Entscheidung des EuGH beschränkte sich ferner nur auf den Umstand, dass Betrei-

ber von Facebook-Seiten datenschutzrechtlich mitverantwortlich sind und die Daten-

schutzbehörden den Betrieb einer Fanpage generell untersagen dürfen. Ob tatsächlich

Datenschutzverstöße seitens von Facebook vorliegen und ob sie von der Mitverant-

wortlichkeit umfasst wären, hat der EuGH nicht entschieden. Diese Entscheidungen

unterliegen zunächst den nationalen Gerichten, im Fall der Wirtschaftsakademie dem

Bundesverwaltungsgericht (Az. 1 C 28.14). Zum Zeitpunkt der Erstellung dieses Gutach-

tens ist in dieser Hinsicht noch keine bekannte gerichtliche Entscheidung bekannt, wel-

che diese, vorliegend besprochene, Sachverhaltssituation betrifft.

2. Stellungnahme der DSK vom 05.09.2018

Als Reaktion auf das Urteil veröffentlichte die DSK als Gremium der unabhängigen

deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder am 05.09.2018

einen Beschluss zu Facebook Fanpages.11

In dem Beschluss verwies die DSK darauf, dass die gemeinsame Verantwortlichkeit be-

deutet, dass die gemeinsam Verantwortlichen die sich aus der DSGVO ergebenden

Pflichten erfüllen müssen.

Hierzu forderte die Konferenz insbesondere den Abschluss einer Vereinbarung nach

Art. 26 DSGVO, Schaffung von Klarheit über die derzeitige Sachlage und die

10 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 34; so auch EuGH, Urt. v. 10.07.2018, C-25/17 „Jehovan todistajat“, Rn. 69; Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 70. 11 https://www.datenschutzzentrum.de/uploads/facebook/20180905-DSK-Facebook-Fanpages.pdf.

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erforderlichen Informationen für die Besucher der Fanpages bereitzustellen. Ebenso

forderte die DSK, dass die Fanpagebetreiber die Rechtmäßigkeit der gemeinsam zu

verantwortenden Datenverarbeitung gewährleisten und diese nachweisen können

müssen. Zudem müssen die Betroffenen ihre Rechte aus der DSGVO bei und gegen-

über jedem Verantwortlichen entsprechend Art. 26 Abs. 3 DSGVO erfolgreich geltend

machen können.

Kritisiert wurde hierbei insbesondere die Setzung von Cookies zwecks Verarbeitung

von Insights-Daten seitens von Fanpagebesuchern, die keine Facebook-Mitglieder sind.

Als Maßstab für ihre Anforderungen forderte die Konferenz, dass sowohl Facebook als

auch Fanpagebetreiberinnen und -betreibern die folgenden Fragen beantworten kön-

nen:

▪ In welcher Art und Weise wird zwischen Ihnen und anderen gemeinsam Verant-

wortlichen festgelegt, wer von Ihnen welche Verpflichtung gemäß der DSGVO

erfüllt? (Art. 26 Abs. 1 DSGVO)

▪ Auf Grundlage welcher Vereinbarung haben Sie untereinander festgelegt, wer

welchen Informationspflichten nach Art. 13 und 14 DSGVO nachkommt?

▪ Auf welche Weise werden die wesentlichen Aspekte dieser Vereinbarung den

betroffenen Personen zur Verfügung gestellt?

▪ Wie stellen Sie sicher, dass die Betroffenenrechte (Art. 12 ff. DSGVO) erfüllt wer-

den können, insbesondere die Rechte auf Löschung nach Art. 17 DSGVO, auf Ein-

schränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DSGVO, auf Widerspruch nach Art. 21

DSGVO und auf Auskunft nach Art. 15 DSGVO?

▪ Zu welchen Zwecken und auf welcher Rechtsgrundlage verarbeiten Sie die per-

sonenbezogenen Daten der Besucherinnen und Besucher von Fanpages?

▪ Welche personenbezogenen Daten werden gespeichert? Inwieweit werden auf-

grund der Besuche von Fanpages Profile erstellt oder angereichert? Werden

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auch personenbezogene Daten von Nicht-Facebook Mitgliedern zur Erstellung

von Profilen verwendet? Welche Löschfristen sind vorgesehen?

▪ Zu welchen Zwecken und auf welcher Rechtsgrundlage werden beim Erstaufruf

einer Fanpage auch bei Nicht-Mitgliedern Einträge im sogenannten Local Storage

erzeugt?

▪ Zu welchen Zwecken und auf welcher Rechtsgrundlage werden nach Aufruf einer

Unterseite innerhalb des Fanpage-Angebots ein Session-Cookie und drei Cookies

mit Lebenszeiten zwischen vier Monaten und zwei Jahren gespeichert?

▪ Welche Maßnahmen haben Sie ergriffen, um Ihren Verpflichtungen aus Art. 26

DSGVO als gemeinsam für die Verarbeitung Verantwortlicher gerecht zu werden

und eine entsprechende Vereinbarung abzuschließen?

3. Facebooks Seiten-Insights-Ergänzung vom 11.9.2018

Als Reaktion auf die EuGH-Entscheidung aktualisierte Facebook die Vertragswerke und

ergänzte sie um die Seiten-Insights-Ergänzung. Die Fanpagebetreiber wurden hierüber

im Rahmen eines offiziellen Blogbeitrags informiert.12

In der Seiten-Insights-Ergänzung erkannte Facebook Irland die gemeinsame Verant-

wortlichkeit mit den Betreibern der Fanpages im Hinblick auf die Verarbeitung der für

die Insights-Daten an, wobei Facebook Irland die primäre Verantwortung übernahm.

Insbesondere übernahm Facebook Irland die explizite Verantwortlichkeit für die Erfül-

lung der datenschutzrechtlichen Pflichten im Hinblick auf die Information Betroffener

(Art. 12 – 13 DSGVO), Wahrnehmung der Betroffenenrechte (Art. 15 – 22 DSGVO) so-

wie die Datensicherheit und Meldung von Datenschutzverletzungen (Art. 32-34

DSGVO).

Facebook machte ferner deutlich, dass Betreibern für Facebook-Seiten kein Recht auf

Einblick in die einzelnen personenbezogenen Daten der Besucher der Fanpage zusteht

12 https://www.facebook.com/business/news/updates-for-page-admins-in-the-eu-and-the-eea.

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und sie ferner eine eigene Rechtsgrundlage für die Verarbeitung der Insights-Daten be-

nötigen.

Des Weiteren legte Facebook fest, dass im Fall von Anfragen von Betroffenen oder von

Datenschutzbehörden die Betreiber von Facebook-Seiten verpflichtet sind, diese an Fa-

cebook Irland sofort weiterzuleiten. Zu Zwecken der Weiterleitung stellt Facebook ein

Kontaktformular zur Verfügung.13

Facebook traf ferner eine Vereinbarung über die Geltung des irischen Rechts und des

Gerichtsstands in Irland. Im Fall von privaten Betreibern der Fanpages ist das Gericht

an deren Wohnsitz zuständig. Im Fall der Einschaltung von Aufsichtsbehörden be-

stimmte Facebook die irische Datenschutzbehörde als aufsichtsführend.

4. Anhörungsverfahren der Berliner BfDI

Am 29.10.2018 erhielt die Senatskanzlei eine Anfrage der Berliner BfDI mit einem Kata-

log von Fragen im Hinblick auf den Betrieb von Fanpages.

Die Anfrage war Teil eines Anhörungsverfahrens, das die Berliner BfDI seit Anfang No-

vember bei Stellen der Berliner Landesverwaltung, bei den politischen Parteien sowie

bei einer Reihe von Unternehmen und Organisationen u. a. aus der Handels-, Verlags-

und Finanzbranche in Sachen Fanpages durchführt.14

Die Anfrage forderte die Senatskanzlei hierbei zur Beantwortung der folgenden Fragen

auf:

▪ Haben Sie die Insights-Ergänzung mit Facebook abgeschlossen? Wenn ja, auf

welche Weise ist dies erfolgt?

▪ Zu welchem Text / zu welcher Vereinbarung stellt die Insights-Ergänzung eine

Ergänzung dar? Bitte stellen Sie uns diesen Text zur Verfügung bzw. legen Sie die

entsprechenden Inhalte dar, die von der Insights-Ergänzung ergänzt werden.

13 https://www.facebook.com/help/contact/308592359910928. 14 https://www.datenschutz-Berlin.de/fileadmin/user_upload/pdf/pressemitteilungen/2018/20181116-PM-Fanpages.pdf.

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▪ Handelt es sich bei der Insights-Ergänzung um eine Vereinbarung i. S. d. Art. 26

Abs. 1 Satz 1 DS-GVO?

▪ Für welche konkreten Verarbeitungen personenbezogener Daten besteht nach

dieser Vereinbarung eine gemeinsame Verantwortung? Bitte stellen Sie dies im

Detail dar.

▪ Was ist unter den in der Insights-Ergänzung und in den Insights-Informationen

genannten „Insights-Daten“ zu verstehen? Bitte erläutern Sie abschließend.

▪ In der Insights-Ergänzung wird auf die „Verarbeitung von Insights-Daten“ Bezug

genommen. Um welche konkreten Verarbeitungen zu welchen Zwecken handelt

es sich hierbei? Bitte erläutern Sie im Detail.

▪ Auf welche Art und Weise werden die betroffenen Personen (Facebook-Mitglie-

der sowie Nicht-Mitglieder) über das Wesentliche der Vereinbarung nach Art. 26

Abs. 2 DS-GVO informiert?

▪ Welche Informationen haben Sie erhalten bzw. erhalten Sie von Facebook über

die Verarbeitung personenbezogener Daten der Besucherinnen und Besucher ih-

rer Fanpage? Ermöglichen es die Ihnen zur Verfügung stehenden Informationen,

dass Sie Ihren Verpflichtungen nach der DS-GVO, insbesondere Ihrer Pflicht aus

Art. 5 Abs. 2 DS-GVO, nachkommen können?

▪ Bitte erläutern Sie, wie die personenbezogenen Daten der Besucherinnen und

Besucher ihrer Fanpage verarbeitet werden. Zu welchen Zwecken erfolgen diese

Verarbeitungen?

▪ Auf welcher Rechtsgrundlage bzw. auf welchen Rechtsgrundlagen verarbeiten

Sie die personenbezogenen Daten der Besucherinnen und Besucher Ihrer Fan-

page?

▪ Auf welche Art und Weise und mit welchem Inhalt werden die betroffenen Per-

sonen (Facebook-Mitglieder sowie Nicht-Mitglieder) über die Verarbeitung ihrer

Daten beim Besuch Ihrer Fanpage gem. Art 12 und Art. 13 informiert?

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▪ Wie stellen Sie sicher, dass die Betroffenenrechte (Art. 12 ff. DS-GVO) erfüllt wer-

den können, insbesondere die Rechte auf Löschung nach Art. 17 DS-GVO, auf

Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DS-GVO, auf Widerspruch nach Art.

21 DS-GVO und auf Auskunft nach Art. 15 DS-GVO?

▪ In der Insights-Ergänzung heißt es im Zusammenhang mit den Betroffenenrech-

ten: „Wenn eine betroffene Person oder eine Aufsichtsbehörde gemäß DS-GVO

hinsichtlich der Verarbeitung von Insights-Daten und der von Facebook Ireland

im Rahmen dieser Seiten-Insights-Ergänzung übernommenen Pflichten Kontakt

mit dir aufnimmt (jeweils eine „Anfrage“), bist du verpflichtet, uns unverzüglich,

jedoch spätestens innerhalb von 7 Kalendertagen sämtliche relevanten Informa-

tionen weiterzuleiten. Zu diesem Zweck kannst du dieses Formular ein-reichen.

Facebook Ireland wird Anfragen im Einklang mit den uns gemäß dieser Seiten-

Insights-Ergänzung obliegenden Pflichten beantworten. Du stimmst zu, zeitnah

sämtliche angemessenen Anstrengungen zu unternehmen, um mit uns an der

Beantwortung jedweder derartigen Anfrage zusammenzuarbeiten. Du bist nicht

berechtigt, im Namen von Facebook Ireland zu handeln oder zu antworten.“

Bitte erläutern Sie konkret, wie Facebook mit den von Ihnen eingereichten An-

fragen verfährt und welche konkreten Maßnahmen Sie ergriffen haben, um zu

prüfen, ob die Rechte der betroffenen Personen auf diesem Wege entsprechend

der DS-GVO erfüllt werden.

▪ Werden beim Erstaufruf Ihrer Fanpage auch bei Nicht-Mitgliedern Einträge im

sog. Local Storage erzeugt? Zu welchen Zwecken und auf welcher Rechtsgrund-

lage erfolgt dies?

▪ Werden nach Aufruf einer Unterseite innerhalb Ihres Fanpage-Angebots ein Ses-

sion-Cookie und drei Cookies mit Lebenszeiten zwischen vier Monaten und zwei

Jahren gespeichert? Zu welchen Zwecken und auf welcher Rechtsgrundlage er-

folgt dies?

Die vorstehende Darstellung der Sachverhaltes legt den Rahmen sowie die Schwer-

punkte für die rechtliche Prüfung fest. Zu diesen gehören vor allem die Frage der

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gemeinsamen Verantwortlichkeit für die Fanpage, deren vertragliche Ausgestaltung,

Vorliegen einer Rechtsgrundlage für den Betrieb der Fanpage und die faktische sowie

nachweisbare Möglichkeit der Wahrnehmung der Informations- und übrigen Betroffe-

nenrechte gegenüber der Senatskanzlei .

5. Schlussanträge des Generalanwalts in Sachen „Fashion ID“

Nach der oben angesprochenen Entscheidung „Wirtschaftsakademie“ (C-210/16) des

EuGH zur gemeinsamen Verantwortlichkeit von Fanpages wird der EuGH eine anschlie-

ßende Entscheidung zur Einbindung eines Social-Plugins (der „Gefällt mir“-Schaltflä-

che) treffen.

In diesem Fall geht es ebenfalls um die Frage der gemeinsamen Verantwortlichkeit für

die durch Facebook durchgeführte Verarbeitung personenbezogener Daten von Nut-

zern. Es geht jedoch nicht um die Besucher einer Fanpage, sondern die Besucher einer

Website, auf der ein Facebook-Code ausgeführt wird. Über den Code speichert Face-

book auf den Geräten der Website-Besucher personenbezogene Daten zur Interaktion

und Interesse an der Website in einem Cookie. Die Daten werden, vergleichbar wie im

Fall der Fanpages zu Zwecken des Profilings, für Werbezwecke verarbeitet.

In den Schlussanträgen empfiehlt der Generalanwalt dem Gericht, die Grenzen und

Folgen der gemeinsamen Verantwortlichkeit einzugrenzen (Schlussanträge des Gene-

ralanwalts vom 19. Dezember 2018, Rechtssache C‑40/17, Fashion ID GmbH & Co. KG

gegen Verbraucherzentrale NRW e. V., kurz „Fashion ID“).15 Dabei weist der General-

walt darauf hin, dass die ursprüngliche Entscheidung „Wirtschaftsakademie“ (C-

210/16) zwar zutreffend sei, aber als zu weit verstanden werden könnte und daher ei-

ner Einschränkung auf die Erhebung und Übermittlung der Daten an Facebook be-

darf.16

15 Schlussanträge des Generalanwalts vom 19. Dezember 2018, Rechtssache C‑40/17, Fashion ID GmbH & Co. KG gegen Verbraucherzentrale NRW e. V., „Fashion ID“, http://curia.europa.eu/ju-ris/document/document.jsf?text=&docid=209357&pageIndex=0&do-clang=en&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4104104. 16 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 71 ff.

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Der Generalanwalt nimmt eine gemeinsame Verantwortlichkeit mit Facebook im Rah-

men der Einbindung der „Gefällt mir“-Schaltfläche als gegeben an. Denn mit der Ent-

scheidung über die Einbindung des Social-Plugins, entscheide der Betreiber der Webs-

ite zum einen mit über die Mittel der Verarbeitung der personenbezogenen Daten der

Besucher der Website. Zum anderen sind die von Facebook verfolgten betriebswirt-

schaftlichen Zwecke mit den Zwecken des (hier kommerziellen) Websitebetreibers,

seine Website mit Hilfe des Social-Plugins zu bewerben, hinreichend identisch. Dabei

betont der Generalanwalt, dass er die gemeinsame Verantwortlichkeit auch im Hin-

blick auf die Fanpages, d. h. entsprechend der Entscheidung „Wirtschaftsakademie“,

als gegeben ansieht.17

17 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 100 ff.

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C. Zulässigkeit des Betriebs der Fanpage der Senatskanzlei

Zu Beginn der rechtlichen Würdigung ist zunächst die räumliche und sachliche An-

wendbarkeit der DSGVO zu prüfen, bevor danach insbesondere eine datenschutzrecht-

liche Verantwortlichkeit der Senatskanzlei für die Fanpage sowie die Rechtmäßigkeit

der mit ihr verbundenen Verarbeitung der Insights-Daten zu untersuchen ist.

I. Räumlicher Anwendungsbereich

Der Anwendungsbereich der DSGVO ist gem. Art. 3 Abs. 1 DSGVO räumlich eröffnet, da

vorliegend Verarbeitungen personenbezogenen Daten durch in der EU ansässige öffent-

liche (Senatskanzlei) und nicht-öffentliche (Facebook Irland) Stellen erfolgt.

II. Sachlicher Anwendungsbereich

Der sachliche Anwendungsbereich ist eröffnet, wenn im Rahmen des Fanpage-Betriebs

personenbezogene Daten ganz oder teilweise automatisiert verarbeitet werden.

1. Personenbezogene Daten

Die Verarbeitung von Daten der Nutzer durch Facebook zeichnet sich durch eine große

Vielfalt der Arten der Daten und deren Umfang aus. Nachfolgend werden daher typi-

sierend Daten aufgeführt, deren Darstellung für die folgende rechtliche Prüfung rele-

vant ist.

(a) Stammdaten und Kontaktdaten der Mitglieder

Facebook speichert die Stammdaten der Mitglieder samt deren Klarnamen (Vornamen,

Nachname), als auch deren Kontaktdaten wie Telefonnummer oder E-Mailadresse.

(b) Demografische Daten der Mitglieder

Daneben speichert Facebook den Stammdaten zugeordnet demografische Daten, zu de-

nen Merkmale wie Alter, Geschlecht, Wohnort und soziale Merkmale wie Beruf, Fami-

lienstand oder Einkommen, aber auch entsprechend Art. 9 Abs. 1 DSGVO besondere

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Kategorien von Daten, wie Beziehungen zu anderen Personen, politische oder religiöse

Ansichten gehören können.

Diese Merkmale können, bis auf das Alter, freiwillig angegeben werden.

(c) Angaben zur Facebook-Nutzung, Verhalten und Interessen der Mitglieder

Facebook speichert ferner Daten, die Interessen der Nutzer und deren Verhalten betref-

fen. Diese Interessen können z. B. durch Angaben im Profil angegeben oder aus der In-

teraktion mit bestimmten Inhalten oder Fanpages oder Webseiten Dritter ermittelt wer-

den (z. B. Besuche der Fanpages, Verfassen von Kommentaren oder Klick auf die „Gefällt

mir“-Schaltfläche).

Daneben werden weitere nutzungsrelevante Daten, wie Zeitpunkte der Interaktionen

mit den Facebook-Funktionen und Inhalten sowie die IP-Adresse gespeichert.

Diese Informationen werden zur weiteren Auswertung auf den Geräten der Nutzer in

kleinen Textdateien, sog. Cookies, gespeichert.

(d) Insights-Daten

Bei den folgenden Insights-Daten handelt es sich um Arten von interessens- und ver-

haltensbezogenen Nutzungsdaten, die laut Facebook im Zusammenhang mit dem Be-

such einer Fanpage verarbeitet werden und Grundlage der Insights-Statistiken sind:

• Aufruf einer Fanpage bzw. eines Beitrags oder eines Videos von einer Fanpage.

• Eine Fanpage abonnieren oder nicht mehr abonnieren.

• Eine Fanpage oder einen Beitrag mit „Gefällt mir“ oder „Gefällt mir nicht mehr“

markieren.

• Eine Fanpage in einem Beitrag oder Kommentar empfehlen.

• Einen Fanpagenbeitrag kommentieren, teilen oder auf ihn reagieren (ein-

schließlich der Art der Reaktion).

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• Einen Fanpagenbeitrag verbergen oder als Spam melden.

• Von einer anderen Fanpage auf Facebook oder von einer Webseite außerhalb

von Facebook auf einen Link klicken, der zu der Fanpage führt.

• Mit der Maus über den Namen oder das Profilbild einer Fanpage fahren, um

eine Vorschau der Fanpageninhalte zu sehen.

• Auf den Webseiten-, Telefonnummer-, „Route planen“-Button oder einen an-

deren Button auf einer Fanpage klicken.

• Die Information, ob Besucher über einen Computer oder ein Mobilgerät ange-

meldet ist, während er eine Fanpage besuchst oder mit ihr bzw. ihren Inhalten

interagiert.

(e) Standortdaten

Facebook erhebt ferner Informationen zum Standort der Mitglieder, wozu die Mitglie-

der eine Einwilligung abgeben müssen.

(f) Technische Daten

Ferner werden seitens von Facebook technische Informationen, z. B. zur Art oder Modell

eines verwendeten Gerätes gespeichert, dessen Betriebssystem oder verwendete Brow-

ser-Software.

(g) Inhaltsdaten

Facebook speichert ferner inhaltsbezogene Daten, d. h. von Mitgliedern verfasste Texte

(z. B. als Bestandteile von Kommunikationsvorgängen), Fotografien oder Videos.

(h) Personenbezug

Die vorstehend in diesem Abschnitt genannten Daten gelten gem. Art. 4 Nr. 1 DSGVO

als personenbezogen, wenn sie „sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natür-

liche Person (im Folgenden ‚betroffene Person‘) beziehen“, wozu insbesondere auch

Onlinekennungen gehören.

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Da Facebook Klarnamen, E-Mailadressen oder Telefonnummern, d. h. eindeutig identi-

fizierende Daten, den Nutzerprofilen zuordnet, muss mangels anderweitiger Anhalts-

punkte davon ausgegangen werden, dass alle vorstehend genannten Daten zumindest

für Facebook ebenfalls personenbezogen sind. Auch die Speicherung von personenbe-

zogenen Onlinekennungen wie IP-Adressen oder (wenn auch pseudonym) den Fan-

pagebesuchern zugeordneten Cookies führt zum gleichen Ergebnis eines Personenbe-

zuges der im Hinblick auf die Nutzer von Facebook verarbeiteten Daten.

2. Automatisierte Verarbeitung

Da auch der Verarbeitungsbegriff im Art. 4 Nr. 1 DSGVO sehr weitreichend ist, umfasst

der für Zwecke dieses Gutachtens mit der von Erhebung, über Speicherung, Ordnung,

Übermittlung oder Bereitstellung und bis zur Löschung reichende Verarbeitungskatalog

auch alle von Facebook durchgeführten Maßnahmen im Hinblick auf die personenbe-

zogenen Daten der Fanpagebesucher.

Hierbei kann eine automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten angesichts

der allein im virtuellen Raum, d. h. bei einer zwangsläufig auf einer automatisierten

Verarbeitung basierenden Fanpage, ohne Schwierigkeiten angenommen werden.

Folglich ist der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO eröffnet.

III. Betroffene Personen

Von der Verarbeitung durch Facebook sind die personenbezogenen Daten von Face-

book-Mitgliedern, aber auch von Nicht-Mitgliedern, die die Fanpage der Senatskanzlei

aufsuchen, betroffen.18

IV. Verarbeitungszwecke

Laut Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO dürfen personenbezogene Daten nur „für festgelegte,

eindeutige und legitime Zwecke erhoben werden […]“. Die folgende Darstellung der

Zwecke der Verarbeitung ist zudem im Hinblick auf die anschließende Festlegung und

18 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 15.

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Prüfung der gemeinsamen Verantwortlichkeit sowie anwendbarer Rechtsgrundlagen

relevant. Die Verarbeitungszwecke werden hierzu aus der Sicht von Facebook und der

Sicht der Senatskanzlei dargelegt, wobei Überschneidungen der Zwecke möglich sind.

1. Facebooks Verarbeitungszwecke

Facebook verarbeitet die personenbezogenen Daten der Facebook-Plattform vor allem

zur technischen Darstellung ihrer Funktionen und Inhalte (zu denen auch Fanpages ge-

hören), Optimierung der Nutzererfahrung und Steigerung ihrer betriebswirtschaftli-

chen Rentabilität.

(a) Zurverfügungstellung der Fanpage und Sicherheit

Die personenbezogenen Daten der Fanpagebesucher müssen ferner zwangsläufig ver-

arbeitet werden, um die Fanpage im Browser der Nutzer darzustellen und den Verbin-

dungs- sowie Nutzungsvorgang, insbesondere im Hinblick auf die Erkennung von Zu-

griffen unbefugter Dritter, abzusichern.

Hierbei handelt es sich um einen legitimen Schutz der eigenen Interessen oder der In-

teressen der Nutzer.

(b) Betriebswirtschaftliche Zwecke und Profiling

„Profiling“ ist laut Art. 4 Nr. 4 DSGVO „jede Art der automatisierten Verarbeitung perso-

nenbezogener Daten, die darin besteht, dass diese personenbezogenen Daten verwen-

det werden, um bestimmte persönliche Aspekte, die sich auf eine natürliche Person be-

ziehen, zu bewerten, insbesondere um Aspekte bezüglich Arbeitsleistung, wirtschaftli-

che Lage, Gesundheit, persönliche Vorlieben, Interessen, Zuverlässigkeit, Verhalten,

Aufenthaltsort oder Ortswechsel dieser natürlichen Person zu analysieren oder vorher-

zusagen.“

Das Profiling liegt dem Angebot von Facebook zugrunde. Im Rahmen eines algorithmi-

schen Verfahrens werden personenbezogene Daten der Facebook-Mitglieder verarbei-

tet, um den Mitgliedern auf Grundlage der Bewertung ihrer demografischen Daten, des

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Nutzungsverhaltens sowie ihrer Interessen, technischer Daten und des Standortes be-

stimmte Inhalte und Informationen anzuzeigen.19

Anhand der so erstellten Nutzerprofile trifft Facebook z. B. Vorhersagen zur Bestim-

mung, welche Beiträge anderer Mitglieder für die jeweiligen Profilinhaber interessant

sein werden und hebt diese Beiträge aus der Masse anderer Beiträge, die der Nutzer

abonniert hat, hervor.

Im Hinblick auf das Geschäftsmodell von Facebook ist insbesondere die Vorhersage des

Interesses der Mitglieder an Facebook-Ads relevant. Gerade die Vermeidung der Streu-

verluste durch speziell auf die Mitglieder zugeschnittenen Werbeeinblendungen, d. h.

des Targetings, macht das Geschäftsmodell von Facebook lukrativ für Werbekunden.

Aber auch das Profiling zur Auswahl der Beiträge der Fanpages anhand potentieller In-

teressen der Facebook-Mitglieder dient mittelbar wirtschaftlichen Interessen, da sie ei-

ner längeren und intensiveren Nutzung der Facebook-Plattform und damit der Erhöhung

ihrer Attraktivität für Werbekunden dient.

Die vorgenannten betriebswirtschaftlichen Interessen von Facebook stellen dabei legi-

time Interessen dar, insbesondere weil die zielgerichtete Werbung im Erwägungsgrund

47 DSGVO, dort als „Direktwerbung“ bezeichnet, zu einem berechtigten Interesse er-

klärt wird.

2. Senatskanzlei

Die von der Senatskanzlei im Hinblick auf die Fanpage verfolgten Interessen über-

schneiden sich nur zum Teil mit den vorgenannten Interessen von Facebook.

(a) Zurverfügungstellung der Fanpage und Sicherheit

Was die Zurverfügungstellung und Gewährleistung der Sicherheit der Fanpage angeht,

ist davon auszugehen, dass sich das Interesse der Senatskanzlei zwangsläufig auch auf

diese Aspekte erstreckt.

19 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 34.

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(b) Information, Kommunikation, Imagepflege

Entsprechend dem Social-Media-Konzept setzt die Senatskanzlei die Fanpage für die

Zwecke einer schnellen, unmittelbaren und transparenten Kommunikation mit Bürgern

und deren Information im Hinblick auf die Arbeit des Regierenden Bürgermeisters so-

wie seiner Behörde, Einholung von Informationen zu den Bedürfnissen der Bürger so-

wie zur Imagepflege der Stadt gegenüber den Bürgern und auswärtigen Besuchern so-

wie Interessenten ein.20

Hierbei handelt es sich allesamt um legale Zwecke die originär zum Aufgabenbereich

der städtischen Verwaltung gehören, sei es dem Inhalt nach als auch im Hinblick auf

deren Effektivität und Transparenz.

(c) Werbewirkung

Die Senatskanzlei verfolgt im Hinblick auf den Betrieb der Fanpage, anders als Face-

book, keine betriebswirtschaftlichen Zwecke.

Allerdings ist auch der Senatskanzlei daran gelegen, mit der Fanpage weitere potenti-

elle Besucher aus dem festgelegten Kreis der Bürger und potentieller Stadtbesucher

oder Unternehmen zu erreichen. Hierzu wertet die Senatskanzlei auch die Insights-Sta-

tistiken, z. B. zu Zwecken der Gestaltung der Fanpage-Beiträge, aus und profitiert

ebenfalls davon, dass Facebook ihre Beiträge auf Grundlage der Insights-Daten poten-

tiell interessierten Facebook-Mitgliedern anzeigt.

Da die Nutzung der Daten der Fanpagebesucher zur mittelbaren Förderung der vorge-

nannten Zwecke der Information, Kommunikation und Imagepflege dient, ist sie als

Zweck ebenfalls als legal zu qualifizieren.

20 S. Punkt B.III.1 des Gutachtens.

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V. Datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit der Senatskanzlei

Verantwortlicher ist nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO „die natürliche oder juristische Person,

Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über

die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet.

Im Fall der Fanpages ist unmittelbar Facebook verantwortlich, da Facebook über die

Mittel, d. h. die der Verarbeitung der Nutzerdaten zugrunde liegenden Technologien

und Verträge, als auch deren Zwecke, vor allem in betriebswirtschaftlicher Hinsicht,

bestimmt.21 Die Senatskanzlei kann jedoch für diese von Facebook durchgeführte Ver-

arbeitung mitverantwortlich sein.

1. Gemeinsame Verantwortlichkeit

Eine gemeinsame Verantwortlichkeit würde voraussetzen, dass die Senatskanzlei ge-

meinsam mit Facebook über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbe-

zogenen Daten der Fanpagebesucher entscheidet.

Maßgeblich für diese Beurteilung ist die Entscheidung „Wirtschaftsakademie“ (C-

210/16) des EuGH.22 Ferner müssen die Schlussanträge des Generalanwalts in Sachen

„Fashion ID“ beachtet werden B.IV.3.23 Bei den Schlussanträgen handelt es sich zwar

um eine Entscheidungsempfehlung an den EuGH. Doch zum einen folgt das Gericht

diesen Empfehlungen in weit überwiegender Zahl der Fälle und zum anderen erfolgen

diese Vorschläge auf Grundlage der Entscheidung „Wirtschaftsakademie“ und entwi-

ckeln diese auf Grundlage der Aussagen des EuGH unter Beachtung praktischer Folgen

der gemeinsamen Verantwortlichkeit weiter.24

21 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 30. 22 S. B.IV.1. 23 S. B.IV.3. 24 In 86 % der Fälle, s. Wie folgsam ist der EuGH?, Baron van Lijnden, Constantin, 07.12.2017, https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/wie-folgsam-ist-der-eugh-15330065.html.

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(a) Begründung gemeinsamer Verantwortlichkeit

Der EuGH nahm eine gemeinsame Verantwortlichkeit aufgrund einer gemeinsamen

Entscheidung von Facebook und der Fanpagebetreiber über die Mittel und Zwecke der

Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Fanpagebesucher an.

Eine gemeinsame Bestimmung über die Mittel der Verarbeitung sah das Gericht in der

Entscheidung des Betreibers, eine Fanpage einzurichten. Hierdurch ermöglicht der

Fanpagebetreiber die Erhebung und weitere Verarbeitung der personenbezogenen Da-

ten der Fanpagebesucher.25

Daneben weist das Gericht darauf hin, dass die Einrichtung einer Facebookseite eine

„Parametrierung“ erlaubt:26

„Mit Hilfe von durch Facebook zur Verfügung gestellten Filtern kann der Betreiber

die Kriterien festlegen, nach denen diese Statistiken erstellt werden sollen, und so-

gar die Kategorien von Personen bezeichnen, deren personenbezogene Daten von

Facebook ausgewertet werden. Folglich trägt der Betreiber einer auf Facebook un-

terhaltenen Fanpage zur Verarbeitung der personenbezogenen Daten der Besucher

seiner Seite bei.“

Diese Parametrierung scheint auf eine ältere Funktion von Facebook abzustellen, mit

der Betreiber früher die Möglichkeit hatten, z. B. gewünschte Zielgruppen für deren

Fanpages zu bestimmen. Diese Funktion ist nach Wissen des Verfassers nicht mehr ak-

tiv. Ohnehin scheint der Umstand der Parametrierung nur zusätzlich zu den o. g. Vor-

teilen der gewonnenen statistischen Daten und den Vorteilen für die Ausrichtung des

eigenen Informationsangebotes genannt zu werden. So wird die „Parametrierung“ in

den Schlussanträge des Generalanwalts in Sachen „Fashion ID“ (C‑40/17) weit in dem

Sinne verstanden, dass bereits die Ermöglichung der Datenerhebung durch Facebook

einen „Parameter“ im Sinne des EuGH darstellen könnte.27

25 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 35. 26 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 36. 27 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 69 f.; so auch Golland, K&R 433, 436 f.

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Im Hinblick auf die gemeinsame Entscheidung über die Zwecke der Verarbeitung ent-

schied das Gericht, dass die Fanpage es dem Betreiber ermöglicht,

„zum Zweck der Steuerung der Vermarktung seiner Tätigkeit Statistiken, die Face-

book aufgrund der Besuche dieser Seite erstellt, zu erhalten, die es ihm beispiels-

weise ermöglichen, Kenntnis von den Profilen der Besucher zu erlangen, die seine

Fanpage schätzen oder die seine Anwendungen nutzen, um ihnen relevantere In-

halte bereitstellen und Funktionen entwickeln zu können, die für sie von größerem

Interesse sein könnten.“ 28

„Insbesondere kann der Fanpagebetreiber demografische Daten über seine Ziel-

gruppe – und damit die Verarbeitung dieser Daten – verlangen, so u. a. Tendenzen

in den Bereichen Alter, Geschlecht, Beziehungsstatus und berufliche Situation, Infor-

mationen über den Lebensstil und die Interessen seiner Zielgruppe und Informatio-

nen über die Käufe und das Online-Kaufverhalten der Besucher seiner Seite, die Ka-

tegorien von Waren oder Dienstleistungen, die sie am meisten interessieren, sowie

geografische Daten, die ihn darüber informieren, wo spezielle Werbeaktionen

durchzuführen oder Veranstaltungen zu organisieren sind, und ihm ganz allgemein

ermöglichen, sein Informationsangebot so zielgerichtet wie möglich zu gestalten.“29

In den Schlussanträgen in Sachen „Fashion ID“ (C‑40/17) erörterte der Generalanwalt

die Notwendigkeit der Übereinstimmung der gemeinsamen Zwecke näher und emp-

fahl dem Gericht festzustellen, dass die Zwecke nicht absolut identisch sein müssen

und eine Einheit der Zwecke ausreicht. So seien die von Facebook Irland verfolgten

kommerziellen Zwecke mit den werblichen Zwecken des mitwirkenden Unternehmens

einheitlich.30

Diese Ansicht des EuGH und des Generalanwalts bleibt jedoch nicht unwidersprochen

und so wird z.B. im Fall eines extremen Über-/Unterordnungsverhältnisses, wie bei Fa-

cebook und Fanpagebetreibern vorliegend, eine gemeinsame Verantwortlichkeit zum

28 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 34. 29 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 37. 30 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 105.

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Teil abgelehnt.31 Auch wenn diese Ansicht bei praktischer Betrachtung dem Urteil des

EuGH nicht standhalten dürfte, so muss das vorgenannte Über-/Unterordnungsver-

hältnis zumindest im Rahmen der Beurteilung des Umfangs der gemeinsamen Verant-

wortlichkeit berücksichtigt werden.

(b) Umfang gemeinsamer Verantwortlichkeit

Der EuGH hat selbst im Hinblick auf den Umfang der gemeinsamen Verantwortlichkeit

zum einen betont, dass diese insbesondere „noch höher erscheint“, wenn Nicht-Mit-

glieder von Facebook die Fanpage aufrufen.32

Von wesentlicher Bedeutung ist zudem der Hinweis, dass die Reichweite der gemeinsa-

men Verantwortlichkeit nach den Umständen des Einzelfalls zu bestimmen ist und

nicht zwangsläufig einen gleichen Verantwortungsumfang für Facebook und Fanpage-

betreiber bedeutet:

Klarzustellen ist, dass das Bestehen einer gemeinsamen Verantwortlichkeit, wie der

Generalanwalt in den Nrn. 75 und 76 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, aber

nicht zwangsläufig eine gleichwertige Verantwortlichkeit der verschiedenen Ak-

teure zur Folge hat, die von einer Verarbeitung personenbezogener Daten betroffen

sind. Vielmehr können diese Akteure in die Verarbeitung personenbezogener Daten

in verschiedenen Phasen und in unterschiedlichem Ausmaß in der Weise einbezogen

sein, dass der Grad der Verantwortlichkeit eines jeden von ihnen unter Berücksichti-

gung aller maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist. 33

Die Frage der Gewichtung wurde von dem Generalanwalt in den Schlussanträgen in Sa-

chen „Fashion ID“ (C‑40/17) weiter erörtert.34 Der Generalanwalt stimmt dabei dem

EuGH zu, dass die gemeinsame Verantwortlichkeit sich nur auf die Phasen einer tat-

sächlichen Einwirkungsmöglichkeit beschränken sollten.35 So soll die Mitwirkung an

der Erhebung der personenbezogenen Daten und deren Übermittlung an Facebook

31 Kartheuser/Nabulsi, MMR 2018, 717, 720. 32 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 42. 33 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 43. 34 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 71 ff. 35 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 94.

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umfasst werden, aber nicht die vorhergehende oder nachfolgende Verarbeitung der

Besucherdaten durch Facebook.36 Ansonsten würde die gemeinsame Verantwortlich-

keit uferlos werden und womöglich einen Internetserviceprovider oder gar den Strom-

versorger umfassen, da diese auch automatisierte Verarbeitungsvorgänge ermögli-

chen.37 Nach Ansicht des Generalanwalts bestünde sonst die Gefahr, dass in Folge ei-

ner zu weit gefassten gemeinsamen Verantwortlichkeit die Erfüllung der datenschutz-

rechtlichen Pflichten praktisch unmöglich wird.38

Auch im Hinblick auf die Einholung von Einwilligungen und die Erfüllung von Informati-

onspflichten, Auskunftspflichten und übriger Pflichten im Hinblick auf die Rechte der

betroffenen Personen sowie weiterer Datenschutzvorgaben, muss laut dem General-

anwalt die gemeinsame Verantwortlichkeit auf die tatsächlich beeinflussbare und ge-

meinsam verfolgte Verarbeitung der Daten beschränkt werden:39

Schließlich gilt, dass keine gute (Auslegung einer) Regelung dazu führen sollte, dass

die darin vorgesehenen Verpflichtungen von den jeweiligen Adressaten tatsächlich

nicht erfüllt werden können. Soll also die in zupackender Weise getroffene Bestim-

mung des Begriffs der (gemeinsamen) Verantwortlichkeit nicht in eine an alle Ak-

teure gerichtete und gerichtlich gestützte Anordnung mutieren, offline zu gehen

und soziale Netzwerke, Plugins sowie gegebenenfalls sonstige Drittinhalte nicht

mehr zu nutzen, muss bei der Bestimmung der Verpflichtungen und Verantwortlich-

keiten die Lebenswirklichkeit eine Rolle spielen, wobei wiederum die Fragen von

Kenntnis, originärer Verhandlungsmacht und der Fähigkeit, auf beliebige der hier in

Rede stehenden Aktivitäten Einfluss zu nehmen, einzubeziehen sind. 40

Der Generalanwalt spricht sich geradezu dafür aus, dass die gemeinsame Verantwort-

lichkeit nicht zur Einschränkung der Nutzung sozialer Netzwerke (in dem Fall ging es

um Facebook) führen darf und die tatsächliche Einflussnahme berücksichtigt werden

muss. Dabei komme es auf die faktischen Umstände an, weniger auf vertragliche

36 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 107. 37 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 73 f.; so auch Hacker, MMR 779 f. 38 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 95. 39 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 132 ff. 40 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 91-94.

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Regelungen.41 Vorliegend hat die Senatskanzlei laut der Seiten-Insights-Ergänzung we-

der vertraglich noch faktisch eine Möglichkeit, auf die Fanpage Einfluss zu nehmen, als

diese einzurichten oder abzuschalten.42

Es könnte hiergegen jedoch eingewandt werden, dass die Senatskanzlei faktisch die

betriebswirtschaftlichen Interessen von Facebook fördert, indem sie mit der Eröffnung

der Fanpage zumindest die Quantität der Insights-Daten steigert. Ferner könnte einge-

wandt werden, dass ebenfalls der Beitrag zu seinem Summierungseffekt berücksichtigt

werden sollte. Denn, auch wenn die Verantwortung des einzelnen Fanpagebetreibers

gering sein mag, summieren sich die einzelnen Einträge zu einer insgesamt intensive-

ren quantitativen Beeinträchtigung der betroffenen Nutzer. Vor diesem Hintergrund

könnte auch auf die Vielzahl der Datenschutzvorfälle bei Facebooks verwiesen wer-

den.43

Doch gerade diese Übertragung der Verantwortung würde jedem, der im Hinblick auf

deren faktische Einwirkung sehr eingeschränkten Fanpagebetreiber, quasi die gesamte

Verantwortung für alle Handlungen Facebooks aufbürden. Eine derartige Reichweite

der gemeinsamen Verantwortlichkeit würde jedoch im Gegensatz zu der vom EuGH

und dem Generalanwalt in Sachen „Wirtschaftsakademie“ und „Fashion ID“ verlangten

angemessenen Gewichtung der Verantwortung auf Grundlage der tatsächlichen Um-

stände stehen.44

(c) Feststellung der gemeinsamen Verantwortlichkeit und deren Umfangs für die Fan-

page der Senatskanzlei

Im Hinblick auf die Frage der gemeinsamen Mittel kann die Entscheidung des EuGH in

Sachen „Wirtschaftsakademie“ direkt übertragen werden. Denn auch die Senatskanzlei

ermöglichte mit der Einrichtung der Fanpage Facebook die Insights-Daten der Fan-

pagebesucher zu erheben und anschließend zu verarbeiten.

41 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 85-87. 42 S. B.IV.1. 43 „Die ultimative Liste: So viele Datenskandale gab es 2018 bei Facebook“, netzpolitik.org, Simon Rebiger, 20.12.2018, https://netzpolitik.org/2018/die-ultimative-liste-so-viele-datenskandale-gab-es-2018-bei-face-book. 44 C.V.1(b).

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Soweit eingewendet wird, dass der EuGH eine „Parametrierung“ des Erhebungsvor-

gangs fordert, so ist eher dem Generalanwalt zuzustimmen, demzufolge bereits die

Einrichtung einer Fanpage als eine „Parametrierung“ zu verstehen ist. Dies entspricht

auch dem weiten Verständnis der gemeinsamen Verantwortlichkeit seitens des EuGH,

der damit einen wirksamen und umfassenden Schutz der betroffenen Personen ge-

währleisten möchte.45

Im Hinblick auf die Übereinstimmung der Zwecke der Verarbeitung stand bzw. steht

sowohl im Verfahren „Wirtschaftsakademie“, wie auch „Fashion ID“ die Mitverantwor-

tung von nicht-öffentlichen und wirtschaftlich agierenden Unternehmen zur Debatte.

Die Senatskanzlei handelt jedoch zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben und nicht aus un-

ternehmerischen Motiven. So ging der Generalanwalt in der Sache „Fashion ID“ auf

eine Einheit der kommerziellen Zwecke und der werblichen Zwecke des mit Facebook

zusammenwirkenden Unternehmens ein. Allerdings ist anhand der vorhergehenden

Ausführungen des EuGH und des Generalanwalts in beiden Verfahren nicht davon aus-

zugehen, dass im Fall der Senatskanzlei als öffentliche und nicht-kommerziell agie-

rende Stelle, keine Übereinstimmung der Zwecke vorliegt.

So stützte der EuGH seine Ausführungen darauf, dass die gewonnenen Insights-Daten

dem Fanpagebetreiber es erlauben,

„spezielle Werbeaktionen durchzuführen oder Veranstaltungen zu organisieren […],

und ihm ganz allgemein ermöglichen, sein Informationsangebot so zielgerichtet wie

möglich zu gestalten.“46

Auch unter Zugrundelegung eines effizienten Schutzes der betroffenen Personen und

daraus resultierenden weiten Verständnisses der gemeinsamen Verantwortlichkeit

wäre eine Beschränkung auf nicht-öffentliche und/oder auf kommerziell agierende Ak-

teure nicht nachzuvollziehen. Es werden letztendlich dieselben Datenkategorien verar-

beitet. Der Unterschied besteht allein darin, dass in einem Fall Produkte oder

45 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 27 f; EugH, Urt. v. 13.5.2014, C‑131/12, „Google Spain“, Rn. 34, http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?text=&docid=152065&pageIndex=0&do-clang=de&mode=lst&dir=&occ=first&part=1&cid=4107252. 46 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 37.

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wirtschaftliche Leistungen der Wunschzielgruppe nähergebracht werden und im ande-

ren Fall Informationen für Bürger oder das Image der Stadt Berlin.

Folglich ist davon auszugehen, dass auch die Senatskanzlei und Facebook Irland sich

gegenseitig ergänzende und einheitliche Zwecke verfolgen. Facebook verfolgt betriebs-

wirtschaftliche Zwecke auf Basis der erhobenen Insights-Daten und die Senatskanzlei

möchte auf Grundlage dieser Daten ihr öffentliches Angebot effektiver bewerben und

an den Interessen der Bürger sowie potentieller Besucher oder Unternehmen ausrich-

ten.

Somit entscheiden Facebook und die Senatskanzlei gemeinsam über die Mittel und

Zwecke der Verarbeitung der Insights-Daten, weswegen davon auszugehen ist, dass sie

ebenfalls gemeinsam für deren Verarbeitung im Sinne des Art. 4 Nr. 7 DSGVO verant-

wortlich sind.

Allerdings reicht diese Mitverantwortung nur insoweit, als die Senatskanzlei an der

Phasen der Verarbeitung der Daten durch Facebook tatsächlich mitwirkt. Die Einwir-

kungs- und Mitentscheidungsmöglichkeiten der Senatskanzlei umfassen jedoch nur die

Erhebung, Speicherung und weitere Verarbeitung der Insights-Daten betreffend Face-

book-Mitglieder und Nicht-Mitglieder im Zusammenhang mit der Darstellung der Fan-

page, Erstellung der zu ihr gehörenden Insights-Statistiken sowie deren Nutzung für die

Anzeige der Fanpage-Beiträge in den Newsstreams der Nutzer. Unter Umständen kann

die gemeinsame Verantwortlichkeit auf Sicherheits- und Optimierungsbelange ausge-

dehnt werden.

Dagegen ist die vorhergehende Erhebung von Nutzerdaten, z. B. bei der Registrierung

oder im Rahmen der übrigen Nutzung der Facebook-Plattform oder die spätere Nut-

zung der Daten zur Zwecken der Einblendung interessens- und verhaltensbezogener

Werbung nicht von der gemeinsamen Verantwortlichkeit mitumfasst.

2. Unmittelbare Verantwortlichkeit

Eine Verantwortlichkeit der Senatskanzlei könnte sich zusätzlich oder parallel zu der

gemeinsamen Verantwortlichkeit entsprechend Art. 4 Nr. 7 DSGVO unmittelbar aus

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der Grundrechtsbindung der Senatskanzlei gem. Art. 20 Abs. 3 GG ergeben. Hiernach

kann sich eine Zurechenbarkeit für Handlungen Dritter aufgrund mittelbarer und fakti-

scher Einwirkung ergeben. Hierzu wird der klassisch enge Eingriffsbegriff auch auf Fol-

gen, „die indirekt mit dem eingesetzten Zweck und dem verwirklichten Mittel zusam-

menhängen“, erweitert und für soziale Medien bejaht.47

Allerdings erscheint ein derartiger Auffangrechtsschutz nicht als erforderlich, wenn der

Gesetzgeber die Verantwortlichkeit in einem Tatbestandsbereich explizit normiert hat.

Ansonsten würde der Sinn und Zweck der DSGVO als ein harmonisierendes Recht ver-

fehlt werden, wenn nationale Gerichte eigene Verantwortlichkeitsgrenzen festlegen

würden. Diese Betrachtung entspricht der Argumentation des Generalanwalts in Sa-

chen „Fashion ID“ im Hinblick auf die Ablehnung der Figur der Störerhaftung, die eben-

falls auf mittelbaren und faktischen Einwirkungen beruht.48

D. h., es bedarf keiner parallelen Prüfung einer faktischen Verantwortlichkeit. Anhalts-

punkte dafür, dass das grundgesetzliche Schutzniveau durch die europarechtlichen Re-

gelungen der DSGVO zur Mitverantwortung unterschritten wurde, liegen nicht vor.49

Ohnehin müsste sich die Prüfung der Verantwortlichkeit auch hier an den vom EuGH

und Generalanwalt zugrunde gelegten Kriterien der Adäquanz, also insbesondere Mög-

lichkeit und Zumutbarkeit normgemäßen Verhalten orientieren.50 Es wäre also mit ei-

nem mit der Prüfung der gemeinsamen Verantwortlichkeit übereinstimmenden Ergeb-

nis zu rechnen.

47 BVerfG 26.6.2002, 1 BvR 670/91, BVerfGE 105, 279 „Sektenwarnungen“; explizit bejahend, Engeler, MMR 2017, 651, 654 f.; Schiff, MMR 2018, 366. 48 S. C.V.1(b). 49 Vgl., „Solange“-Rechtsprechung, BVerfG, Beschl. v. 29.5.1974 (2 BvL 52/71), BVerfGE 37, 371 (278 ff.). 50 So im Rahmen der Prüfung der Störerhaftung, Hacker, MMR 279, 779, 780 ff.

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VI. Seiten-Insights-Ergänzung als Vereinbarung gem. Art 26 DSGVO

Ebenso wie eine Einzelverantwortlichkeit bedeutet auch die gemeinsame Verantwort-

lichkeit, dass die gemeinsam Verantwortlichen jeweils für sich die sich aus der DSGVO

ergebenden Pflichten erfüllen müssen. Hierzu gehört insbesondere die Pflicht zum Ab-

schluss einer speziellen Vereinbarung gem. Art. 26 Abs. 1 S. 1 DSGVO. Diese Pflicht

könnte durch die von Facebook bereitgestellte Seiten-Insights-Ergänzung erfüllt wor-

den sein, wenn diese Ergänzung wirksam vereinbart wurde und inhaltlich den gesetzli-

chen Anforderungen entspricht.

1. Wirksame Vereinbarung der Seiten-Insights-Ergänzung

Der EuGH stellte in der Sache „Wirtschaftsakademie“ zunächst fest, dass zwischen Fa-

cebook und dem Fanpagebetreiber ein Vertrag auf Grundlage der Nutzungsbedingun-

gen einschließlich der Cookie-Richtlinie abgeschlossen wird.51

Dieses Klauselwerk ergänzte Facebook durch die Seiten-Insights-Ergänzung und nahm

in der Seiten-Insights-Ergänzung den Hinweis auf, dass diese eine Vereinbarung gem.

Art. 26 DSGVO im Hinblick auf die Insights-Daten darstellt:

Facebook Ireland Limited („Facebook Ireland“) und du seid gemeinsam Verantwort-

liche für die Verarbeitung von Insights-Daten. Diese Seiten-Insights-Ergänzung legt

die jeweiligen Verantwortlichkeiten von Facebook Ireland und dir im Hinblick auf

die Verarbeitung von Insights-Daten fest.

Ferner erklärte Facebook die „Seiten-Insights-Ergänzung“ für verbindlich:

Seiten-Insights können auf personenbezogenen Daten basieren, die im Zusammen-

hang mit einem Besuch oder einer Interaktion von Personen auf bzw. mit deiner

Seite und ihren Inhalten erfasst wurden. Wenn du in der Europäischen Union/im Eu-

ropäischen Wirtschaftsraum wohnst und sofern diese personenbezogenen Daten

unter deinem Einfluss und deiner Kontrolle (bzw. dem-/derjenigen irgendeines Drit-

ten, für den du die Seite erstellst oder verwaltest) im Rahmen der Datenschutz-

51 EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 32.

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Grundverordnung (Verordnung (EU) 2016/679, „DSGVO“) verarbeitet werden, („In-

sights-Daten“), erkennst du in deinem eigenen Namen (und als Vertreter fur jedwe-

den sonstigen Dritt-Verantwortlichen, für den du die Seite erstellst oder verwaltest,

und in dessen Namen) an und stimmst zu, dass diese Seiten-Insights-Ergänzung be-

zuglich des Verantwortlichen („Seiten-Insights-Erganzung“) gilt.

Die vertraglichen Grundlagen von Dauerschuldverhältnissen können nachträglich

grundsätzlich nur mit einer Einigung beider Vertragsparteien wirksam verändert wer-

den. Die Veröffentlichung der Seiten-Insights-Ergänzung stellt das Angebot einer sol-

chen Einigung dar, das die Senatskanzlei jedoch angenommen haben müsste.

Im vorliegenden Fall hat sich die Senatskanzlei nach Wissensstand des Verfassers mit

der Annahme des Änderungsangebotes bereit erklärt (zumal diese Einigung für die Se-

natskanzlei insgesamt eine günstige Regelung darstellt, da sie der Erfüllung ihrer Pflich-

ten aus Art. 26 DSGVO dient). Allerdings ist die Annahme gegenüber Facebook nicht

ausdrücklich erklärt worden. Jedoch geht Facebook entsprechend Ziffer 4.1. der Nut-

zungsbedingungen davon aus, dass die aktualisierten Nutzungsbedingungen in Kraft

treten und die Vertragspartner binden, wenn diese Facebooks Produkte weiterhin nut-

zen. Folglich erwartet Facebook nach den Regeln des common law/ law of contract

(entsprechend § 151 BGB) keine Annahmeerklärung im Hinblick auf die Einführung der

Seiten-Insights-Ergänzung, weshalb diese bereits mit der weiteren Nutzung der Platt-

form durch die Senatskanzlei wirksam und Teil des Vertrages mit Facebook geworden

ist.52

Nur ergänzend wird darauf hingewiesen, dass Art. 26 DSGVO nur eine „Vereinbarung”

(Englisch: „arrangement”) voraussetzt, die nicht notwendigerweise als Vertrag ausge-

staltet sein muss, sondern sich auch in einer dokumentierten Abstimmung erschöpfen

könnte (vgl. den Wortlaut von Artikel 28 DSGVO, der ausdrücklich von Vertrag spricht).

52 Zum Prinzip der Annahme durch schlüssiges Handeln, s. "An Introduction to Building Contracts: an Irish Context", Dublin Institute of Technology, Cunningham, 2016, https://arrow.dit.ie/cgi/viewcontent.cgi?arti-cle=1065&context=beschreoth, S. 5.

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2. Inhaltliche Prüfung der Seiten-Insights-Ergänzung

Im Hinblick auf die Ausgestaltung der gemeinsamen Verantwortlichkeit legt Art. 26

Abs. 1 S. 1 DSGVO fest, dass in einer transparente Vereinbarung festzulegen ist, welche

der mitverantwortlichen Parteien welche der vorgenannten Verpflichtung erfüllt. Da-

bei soll insbesondere festgelegt werden, welche der Vertragsparteien den Informati-

onspflichten gemäß den Artikeln 13 und 14 nachkommt.

Ebenso muss die Vereinbarung gemäß Absatz „die jeweiligen tatsächlichen Funktionen

und Beziehungen der gemeinsam Verantwortlichen gegenüber betroffenen Personen

gebührend widerspiegeln“. Ferner muss „das Wesentliche der Vereinbarung der be-

troffenen Person zur Verfügung gestellt“ werden.

Des Weiteren kann in der Vereinbarung eine Anlaufstelle für die betroffenen Personen

angegeben werden.

Daneben wird in Absatz 3 festgestellt, dass die betroffenen Personen unabhängig von

der Vereinbarung ihre Rechte im Rahmen der DSGVO bei und gegenüber jedem einzel-

nen der Verantwortlichen geltend machen können.

Die Seiten-Insights-Ergänzung wird nachfolgend entsprechend diesen Vorgaben ge-

prüft.

(a) Primäre Verantwortlichkeit

Im Hinblick auf die Verteilung der Verantwortlichkeit bei der Erfüllung der Pflichten aus

der DSGVO, statuiert die Seiten-Insights-Ergänzung, dass die primäre Verantwortlich-

keit bei Facebook liegt:

Facebook Ireland stimmt zu, die primäre Verantwortung gemäß DSGVO für die Ver-

arbeitung von Insights-Daten zu übernehmen und sämtliche Pflichten aus der

DSGVO im Hinblick auf die Verarbeitung von Insights-Daten zu erfüllen (u. a. Artikel

12 und 13 DSGVO, Artikel 15 bis 22 DSGVO und Artikel 32 bis 34 DSGVO). Darüber

hinaus wird Facebook Ireland das Wesentliche dieser Seiten-Insights-Ergänzung den

betroffenen Personen zur Verfügung stellen.

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Diese Verantwortlichkeit umfasst entsprechend den Anforderung des Art. 26 Abs. 1 S.

2 DSGVO die Erfüllung der Informationspflichten, Auskunftspflichten, Löschungspflich-

ten und die Gewährleistung weiterer Betroffenenrechte, als auch der Sicherheit der

Verarbeitung sowie der Maßnahmen im Fall von Verletzungen des Datenschutzes.

Ebenso verpflichtet sich Facebook entsprechend zur Unterrichtung der betroffenen

Nutzer über das „wesentliche“ der Seiten-Insights-Ergänzung entsprechend den Anfor-

derung des Art. 26 Abs. 2 S. 2 DSGVO Bereitzustellen.

(b) Beschränkung auf Insights-Daten

Die Reichweite der Seiten-Insights-Ergänzung wird allein auf die Verarbeitung der In-

sights-Daten festgelegt. Ferner stehen den Betreibern keine Rechte auf Offenlegung

der personenbezogenen Daten der Nutzer zu.

Facebook Ireland bleibt alleinig verantwortlich für die Verarbeitung solcher perso-

nenbezogenen Daten im Zusammenhang mit Seiten-Insights, die nicht unter diese

Seiten-Insights-Ergänzung fallen. Diese Seiten-Insights-Ergänzung gewährt dir kein

Recht, die Offenlegung von im Zusammenhang mit Facebook-Produkten verarbeite-

ten personenbezogenen Daten von Facebook-Nutzern zu verlangen, einschließlich

für Seiten-Insights, welche wir dir bereitstellen.

Diese Regelung entspricht der Entscheidung des EuGH in der Sache „Wirtschaftsakade-

mie“ und der Empfehlung des Generalanwalts in der Sache „Fashion ID“.53 Die gemein-

same Verantwortlichkeit erstreckt sich nur auf die im Rahmen des Fanpagebesuches

erhobenen Daten der Nutzer.

(c) Verantwortung für eigene Rechtsgrundlage

In der Seiten-Insights-Ergänzung weist Facebook die Fanpagebetreiber ferner auf die

Verantwortung, eine eigene Rechtsgrundlage der Fanpagenutzung vorzuweisen, Ver-

antwortliche zu benennen und sonstige geltenden Rechtspflichten zu beachten hin:

53 S. C.V.1(b).

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Seite 47 von 74

Du solltest sicherstellen, dass du eine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von In-

sights-Daten gemäß DSGVO hast, den Verantwortlichen für die Verarbeitung der

Seite benennst und jedwede sonstigen geltenden rechtlichen Pflichten erfüllst.

(d) Umgang mit Anfragen von Betroffenen und Aufsichtsbehörden

Die Vereinbarung enthält Regelungen im Hinblick auf Anfragen von Betroffenen und

Aufsichtsbehörden. Für diese Zwecke stellt Facebook ein Kontaktformular zur Verfü-

gung, mittels dessen die Anfragen innerhalb von 7 Tagen übersendet werden sollen

und die Betreiber von Fanpages zur Kooperation bei der Beantwortung der Fragen ver-

pflichtet werden. Zugleich wird den Betreibern von Fanpages untersagt, Antworten im

Namen von Facebook zu erteilen oder entsprechende Handlungen vorzunehmen.

Wenn eine betroffene Person oder eine Aufsichtsbehörde gemäß DSGVO hinsicht-

lich der Verarbeitung von Insights-Daten und der von Facebook Ireland im Rahmen

dieser Seiten-Insights-Ergänzung übernommenen Pflichten Kontakt mit dir auf-

nimmt (jeweils eine „Anfrage“), bist du verpflichtet, uns unverzüglich, jedoch spä-

testens innerhalb von 7 Kalendertagen sämtliche relevanten Informationen weiter-

zuleiten. Zu diesem Zweck kannst du dieses Formular einreichen. Facebook Ireland

wird Anfragen im Einklang mit den uns gemäß dieser Seiten-Insights-Ergänzung ob-

liegenden Pflichten beantworten. Du stimmst zu, zeitnah sämtliche angemessenen

Anstrengungen zu unternehmen, um mit uns an der Beantwortung jedweder derar-

tigen Anfrage zusammenzuarbeiten. Du bist nicht berechtigt, im Namen von Face-

book Ireland zu handeln oder zu antworten.

Entsprechend den Anforderungen des Art. 26 Abs. 1 S. 2 DSGVO sichert diese Regelung

vertraglich ab, dass die gesetzlichen Pflichten erfüllt und insbesondere die Betroffe-

nenrechte geschützt werden. Entsprechend Art. 26 Abs. 3 DSGVO wird durch Festle-

gung der Mitwirkungspflichten beider Vertragsparteien, zumindest vertraglich, sicher-

gestellt, dass die Betroffenenrechte unabhängig davon, ob Betroffene sich an Face-

book Irland oder die Fanpagebetreiber wenden, beachtet werden.

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(e) Festlegung der irischen Datenschutzkommission als federführende Aufsichtsbe-

hörde

Facebook legt die eigene Federführung bei dem Betrieb der Fanpage fest und be-

stimmt zugleich, dass die irische Datenschutzkommission die federführende Aufsichts-

behörde für die Verarbeitung von Insights-Daten ist.

Du stimmst zu, dass nur Facebook Ireland Entscheidungen hinsichtlich der Verarbei-

tung von Insights-Daten treffen und umsetzen kann. Facebook Ireland entscheidet

nach seinem alleinigen Ermessen, wie es seine Pflichten gemäß dieser Seiten-In-

sights-Ergänzung erfüllt. Du stimmst zu, dass Facebook Ireland in der EU die Haupt-

niederlassung für die Verarbeitung von Insights-Daten für sämtliche Verantwortli-

che ist. Außerdem erkennst du an, dass die irische Datenschutzkommission die fe-

derführende Aufsichtsbehörde für diese Verarbeitung ist.

Diese Festlegung der federführenden Aufsichtsbehörde entspricht der Empfehlung des

Europäischen Datenschutzausschusses (ehemals „Art. 29 Gruppe“), wonach bei ge-

meinsamer Verantwortlichkeit im Zuständigkeitsbereich von zwei Datenschutzbehör-

den, eine als „federführend“ festgelegt werden darf:54

Um die Vorteile des Verfahrens der Zusammenarbeit und Transparenz in vollem

Umfang nutzen zu können, sollten gemeinsam Verantwortliche daher festlegen,

welche entscheidungsbefugte Niederlassung eines gemeinsam Verantwortlichen die

Befugnis haben soll, für alle gemeinsam Verantwortlichen Entscheidungen über die

Datenverarbeitung umzusetzen.

Entsprechend der Festlegung wäre die Berliner BfDI nur im Rahmen der qualifizierten

Zuständigkeitsanforderungen des Art. 56 Abs. 2 DSGVO berechtigt sich mit einem ihrer

Ansicht nach aus dem Betrieb der Fanpage resultierenden Verstoß gegen die DSGVO

zu befassen:

54 „Leitlinien für die Bestimmung der federführenden Aufsichtsbehörde eines Verantwortlichen oder Auf-tragsverarbeiters“, Art 29 Gruppe, Working Paper 244, 5.4.2017, S. 8-9, https://www.baden-wuerttem-berg.datenschutz.de/wp-content/uploads/2018/06/wp244rev01_de_Federf%C3%BChrende-Aufsichts-beh%C3%B6rde.pdf.

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Abweichend von Absatz 1 ist jede Aufsichtsbehörde dafür zuständig, sich mit einer

bei ihr eingereichten Beschwerde oder einem etwaigen Verstoß gegen diese Verord-

nung zu befassen, wenn der Gegenstand nur mit einer Niederlassung in ihrem Mit-

gliedstaat zusammenhängt oder betroffene Personen nur ihres Mitgliedstaats er-

heblich beeinträchtigt.

Im vorliegendem Fall ist es jedoch mehr als zweifelhaft, ob diese Voraussetzungen er-

füllt sind. Dazu müsste die Fanpage der Senatskanzlei als Gegenstand einer aufsichts-

behördlichen Maßnahme nur mit einer inländischen Niederlassung zusammenhängen.

Dies könnte man z. B. annehmen, wenn es um potentielle Datenschutzverstöße ging,

die mindestens primär der Senatskanzlei zuzurechnen wären.55 Vorstellbar wäre z. B.

die unerlaubte Veröffentlichung von Daten der Bürger auf der Fanpage. Allerdings ist

dieser separate Inlandsbezug nicht gegeben, wenn es um die Verarbeitung von In-

sights-Daten geht. In diesem Fall ist ganz im Gegenteil Facebook Irland primär zustän-

dig, so dass zumindest ausgeschlossen werden kann, dass ein Zusammenhang „nur“

mit einer Niederlassung im Zuständigkeitsbereich der Berliner BfDI vorliegt.

Ferner erscheint es ebenfalls als zweifelhaft, ob die vorliegend zur Debatte stehende

Erhebung und Speicherung der Insights-Daten der betroffenen Fanpagebesucher die

Schwelle der Erheblichkeit erreicht.

Folglich wäre die Berliner BfDI vorliegen nicht nach Art 56 Abs. 2 zuständig, könnte je-

doch im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen der federführenden Aufsichtsbehörde

und anderen betroffenen Aufsichtsbehörden gem. Art. 60 DSGVO an einem Verfahren

der irischen Datenschutzkommission beteiligt werden.

Diese Feststellung zur fehlenden (primären) Zuständigkeit steht unter dem Vorbehalt,

dass die Ansicht der Art. 29 Gruppe von dieser weiterhin vertreten wird, wogegen der-

zeit jedoch keine Anhaltspunkte sprechen.

55 Art 29 Gruppe, Working Paper 244, a.a.O., S. 11.

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(f) Geltendes Recht, Aktualisierungen und salvatorische Klausel

Im vorletzten Abschnitt der Seiten-Insights-Ergänzung wird im Fall von geschäftlichen

oder gewerblichen Zwecken der Gerichtsstand für Streitigkeiten innerhalb bzw. aus der

Beziehung zwischen Facebook und den Betreibern von Fanpages in Irland verortet und

es wird die Geltung des irischen Rechts festgelegt.

Der vorletzte Abschnitt enthält einen Hinweis auf mögliche Aktualisierungen der Sei-

ten-Insights-Richtlinie und deren automatische Geltung sowie die Beendigung des Be-

triebs der Fanpage als einzige Alternative

Dieser Abschnitt der Seiten-Insights-Ergänzung enthält ferner enthält eine Klausel zur

Aufrechterhaltung der Vereinbarung, sofern einzelne Teile unwirksam sein sollten. Fer-

ner erklärt Facebook, dass die Nichtausübung eigener Rechte keinen Verzicht auf diese

darstellt.

Diese Regelungen sind durch den Art. 26 DSGVO nicht direkt vorgegeben, jedoch inso-

weit förderlich, als die Rechtsklarheit im Hinblick auf das geltende Recht und den Ge-

richtsstandort und Beständigkeit der Vereinbarung zumindest dem Wortlaut nach si-

cher gestellt werden sollen. Ob die Formulierungen tatsächlich nach deutschem Recht

zulässig sind, ist dagegen nicht Gegenstand dieser Prüfung. Da die Klauseln nach der

hier vertretenen Ansicht nicht erforderlich sind, wäre die Prüfung zudem ohnehin von

geringer Relevanz für das Gutachten.

3. Inhaltliche Vollständigkeit der Seiten-Insights-Ergänzung

Die Inhaltliche Prüfung hat ergeben, dass die wirksam in den Vertrag zwischen Face-

book Irland und der Senatskanzlei einbezogene Seiten-Insights-Vereinbarung die An-

forderungen des Art 26 Abs. 1 DSGVO erfüllt. Insbesondere wird vertraglich sicherge-

stellt, dass die Rechte der Betroffenen gewahrt werden.

Die Beschränkung der Vereinbarung auf die Insights-Daten erfolgt im Einklang mit der

Rechtsprechung des EuGH in Sachen „Wirtschaftsakademie“ und der Ansicht des Ge-

neralanwalts in Sachen „Fashion ID“ und ist daher ebenfalls nicht zu beanstanden.

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Aber auch sonst übernimmt Facebook Irland als der tatsächlich und primär agierende

Verantwortliche die Verantwortung für die Wahrnehmung der sich aus der Verarbei-

tung von personenbezogenen Daten der Fanpagebesucher ergebenden Pflichten.56

Aufgrund der faktisch nur durch Facebook durchgeführten Verarbeitung ist auch die

Festlegung der irischen Datenschutzkommission als federführende Aufsichtsbehörde

formell nicht zu beanstanden. Etwaige Kritik im Hinblick auf eine nachlässige Tätigkeit

der irischen Behörde kann, insbesondere unter der Geltung der DSGVO, ohne deutli-

che und zumindest behördlich festgestellte Anhaltspunkte, nicht berücksichtigt wer-

den.

Neben der Wirksamkeit der vertraglicher Verpflichtung ist jedoch auch zu prüfen, ob

Facebook ihr tatsächlich nachkommt.

VII. Tatsächliche Erfüllung der gesetzlichen Verpflichtungen

Damit die Fanpage der Senatskanzlei rechtmäßig betrieben wird, ist die Erfüllung der

formellen Pflichten des Art. 26 DSGVO allein nicht ausreichend. Es muss sichergestellt

sein, dass die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen auch tatsächlich erfüllt werden.

1. Erfüllung von Informationspflichten

Facebook stellt zunächst die Angaben zur Erfüllung der Informationspflichten gem. Art.

13 und 14 DSGVO sowie Art. 26 Abs. 2 DSGVO bereit. Mit der Veröffentlichung der Sei-

ten-Insights-Ergänzung ging auch die Veröffentlichung der Informationen zu Seiten-In-

sights-Daten, die neben anderen Informationen, z. B. dem Impressum, unter der rechten

Seitenspalte einer jeden Fanpage verlinkt ist, einher.

(a) Informationen zu Seiten-Insights-Daten

In den Informationen zu Seiten-Insights-Daten, werden insbesondere die Insights-Da-

ten selbst aufgeführt.57 Ferner werden die Fanpagebesucher auf die Möglichkeit der ge-

meinsamen Verantwortlichkeit hingewiesen:

56 Zur faktischen Verantwortlichkeit, vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 30 57 S. C.II.1(d).

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Für eine Seite bereitgestellte Seiten-Insights erfordern möglicherweise die Verarbei-

tung personenbezogener Daten, die unter den Schutz der Europäischen Daten-

schutz-Grundverordnung (oder „DSGVO“) fallen. Die DSGVO gilt fur die Verarbei-

tung dieser Daten, wenn du beispielsweise in einem Gebiet wohnst, in dem Face-

book Ireland die Facebook-Produkte bereitstellt. Dann sind Facebook Ireland und

der Seitenadministrator möglicherweise gemeinsam für deine Daten verantwort-

lich, die im Zusammenhang mit einem Besuch oder einer Interaktion mit einer Seite

(einschließlich ihrer Inhalte) erfasst werden, sofern die Daten für Seiten-Insights

verarbeitet werden. In diesem Fall gilt Folgendes für die Verarbeitung unter ge-

meinsamer Verantwortung:

Anschließend werden die Fanpagebesucher auf die Seiten-Insights-Ergänzung hingewie-

sen, die primäre Verantwortung von Facebook im Hinblick auf die einzeln aufgeführten

Betroffenenrechte als auch die Festlegung der irischen Datenschutzkommission als fe-

derführende Aufsichtsbehörde.

Diese Hinweise sind ausreichend, um die Pflicht, den Betroffenen das Wesentliche der

Vereinbarung gem. Art. 26 Abs. 2 DSGVO zugänglich zu machen, zu erfüllen. Das gilt erst

recht wegen der direkten Verlinkung der Seiten-Insights-Ergänzung in den Informatio-

nen zu Seiten-Insights-Daten.

Dabei ist es unschädlich, dass Facebook von einer möglicherweise vorliegenden gemein-

samen Verantwortlichkeit spricht. Insoweit muss Rücksicht auf den Umstand genom-

men werden, dass es Fälle geben kann, in denen die Nutzer sich zwar auf einer Fanpage

befinden, aber eine nur von Facebook zu verantwortende Verarbeitung stattfindet. Zum

Beispiel könnte ein Chat-Fenster des Facebook-Messenger-Dienstes (über den Nutzer

sich private Nachrichten zusenden können) eingeblendet sein. Dabei handelt sich jedoch

nicht um die eigentliche Fanpage, sondern lediglich um eine im Browser zur Erhöhung

des Bedienkomforts eingeblendete Kommunikationsmöglichkeit, auf deren Grundlage

keine Insights-Daten für die Fanpagebetreiber gewonnen werden. Umgekehrt wäre die

Detaildarstellung derartiger Ausnahmen sehr umfangreich und könnte die Anforderun-

gen an die Transparenz einer Datenschutzerklärung verfehlen (Art. 12 Abs. 1 S. 1

DSGVO).

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Daher ist angesichts des Umstands, dass die Rechte der Nutzer in jedem Fall gewahrt

werden sollen, die Formulierung „möglicherweise gemeinsam für deine Daten verant-

wortlich“ für die Information der Nutzer hinreichend.

Ferner werden die Nutzer, bereits am Anfang der Informationen zu Seiten-Insights-Da-

ten, auf die allgemeine Datenrichtlinie sowie die Cookie-Richtlinie von Facebook hinge-

wiesen.

Soweit ein nicht hinreichender Detailgrad der Beschreibung der Funktionen der Daten-

verarbeitung oder der Zusammenarbeit beanstandet werden sollte (z.B., Darstellung der

Verarbeitungsprozesse im Hinblick auf die Erhebung oder Unterscheide der Verarbei-

tung der Daten von Mitglieder und Nichtmitgliedern: oder gar eine Übertragung der Vor-

gaben des Art. 28 DSGVO), ist anzumerken, dass diese Detailvorgabe sich nicht im Wort-

laut des Gesetzes widerspiegelt. Art. 26 Abs. 2 verlangt eine gebührende Darstellung der

„jeweiligen tatsächlichen Funktionen und Beziehungen der gemeinsam Verantwortli-

chen gegenüber betroffenen Personen.“58 Indem die Nutzer darüber unterrichtet wer-

den, dass Facebook deren Daten in Eigenregie als primär Verantwortlicher verarbeitet

und für die Erfüllung der Nutzerrechte zuständig ist, sind die Besucher hinreichend über

die Funktionen und Beziehungen zwischen Facebook und Fanpagebetreiber im Hinblick

auf deren Verarbeitung von Daten informiert. Was die einzelnen Verarbeitungsvorgänge

angeht, können sich die Fanpagebesucher in der Datenschutzrichtlinie von Facebook in-

formieren oder direkt an Facebook wenden.

(b) Hinreichende Aufklärung der Nutzer durch Facebook

Es kann durchaus kritisiert werden, dass die Verarbeitung der Daten durch Facebook

einen Umfang erreicht, der von Laien schwer bis kaum zu überblicken ist. Eine so weit-

reichende Prüfung würde zum einen den Rahmen des Gutachtens bei weitem sprengen,

ist aber auch nicht erforderlich.

Denn wie oben festgestellt, bezieht sich die gemeinsame Verantwortlichkeit nur auf die

Insights-Daten und die Verarbeitungsphase ihrer Erhebung, Speicherung und sonstiger

58 Vgl. Piltz, in: Gola, 2018, DSGVO, Art. 26, Rn. 19 ff.

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Verarbeitung zur Darstellung der Fanpage, der Erstellung der Insights-Statistiken sowie

der zielgerichteten Anzeige der Beiträge, aber nicht auf die vorhergehende und die

nachfolgende Verarbeitung der Daten durch Facebook, wie die Entscheidung im Fall

„Fashion ID“ zeigt.59

Was die Insights-Daten angeht, so liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Fan-

pagebesucher nicht hinreichend über die Arten und den Umfang der verarbeiteten Da-

ten und die Verarbeitungszwecke informiert werden. Dabei muss erneut betont werden,

dass die Informationspflicht für Fanpagebetreiber nur den beschränkten Bereich derer

Verarbeitung im Rahmen der gemeinsamen Verantwortlichkeit und nicht die weitere

Nutzung dieser Daten durch Facebook betrifft.

Allerdings könnte das Argument vorgebracht werden, dass die Bezeichnung „Informati-

onen zu Seiten-Insights-Daten“ nicht den Vorgaben einer Übermittlung von Daten-

schutzhinweisen in „präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher

Form“ entspricht (Art. 12 Abs. 1 S. 1 DSGVO). Dazu könnte bemängelt werden, dass Nut-

zer hinter dieser Formulierung keine Datenschutzhinweise erwarten. Allerdings enthält

dieser Hinweis den Begriff „Daten“. Ferner steht der Begriff an erster Stelle des rechtli-

chen Hinweisblocks und direkt vor dem Begriff „Datenschutz“, sodass ein kontextualer

Zusammenhang der Hinweise erkennbar wird. Dennoch empfiehlt sich ein eigener Da-

tenschutzhinweis der Senatskanzlei zur Klärung dieses Risikos.

Im Hinblick auf die Cookies werden die Betroffenen in der Cookie-Richtlinie auf die Funk-

tionsweise hingewiesen, wo sie über deren Funktion, Speicherdauer und die Wider-

spruchsmöglichkeiten informiert werden.

Ferner erfolgt ein Verweis auf die Datenrichtlinie von Facebook, die weitere Erläuterun-

gen zu der Wahrnehmung von Nutzerrechten, Kontaktmöglichkeiten, Rechtsgrundlagen

der Verarbeitung etc., enthält.

59 S. C.V.1(b).

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Die Angaben zu den beiden gemeinsam Verantwortlichen finden sich ferner im Impres-

sum von Facebook sowie in dem auf der ersten Seite der Fanpage verlinkten Impressum

des Fanpagebetreibers, hier der Senatskanzlei.

(c) Erforderlichkeit eigener Datenschutzhinweise der Senatskanzlei

Im Hinblick auf die Insights-Daten gelten die Informationen zu Seiten-Insights-Daten

gleichermaßen für Facebook Irland wie auch für die Senatskanzlei und sind auch inso-

weit ausreichend.

Allerdings ist zu bedenken, dass die Senatskanzlei die Daten der Fanpagebesucher auch

in eigener Verantwortung verarbeitet. Dazu gehört z. B. etwaige Aufzeichnung von Kom-

munikationsvorgängen mit Nutzern, etwa im Hinblick auf deren Namen oder die Inhalte.

Bereits aus diesem Grund ist es zu empfehlen, dass die eigene Datenschutzerklärung der

Senatskanzlei per Link in die Facebook-Seite eingebunden wird.60

Ein weiterer Grund ist, dass die Senatskanzlei entsprechend den gesetzlichen Pflichten

im Art. 13 Abs. 1 lit. a) 2. HS DSGVO und der Seiten-Insights-Ergänzung über die Rechts-

grundlage der von ihr im Rahmen der Bereitstellung der Fanpage verarbeiteten Daten

benennen muss. Denn die gemeinsame Verantwortlichkeit bedeutet nicht, dass die bei

einem der Verantwortlichen vorliegende Rechtsgrundlage auch automatisch für den an-

deren Verantwortlichen gilt. So könnte z. B. einer der Verantwortlichen auf Grundlage

einer Einwilligung gem. Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO handeln und der andere zur Erfüllung

berechtigter Interessen gem. Art. 6 Abs. 1 lit. DSGVO.

Auch die vom LfDI BW vorgeschlagenen Hinweise auf die Alternativangebote sowie Ri-

siken der Verarbeitung und das Verarbeitungskonzept können nur in der eigenen Daten-

schutzerklärung platziert werden.61

Die Datenschutzhinweise auf der Website der Senatskanzlei werden im Zeitpunkt der

Erstellung dieses Gutachtens in der Unterseite „Info“ der Fanpage der Senatskanzlei in

dem dort von Facebook vorgegebenem Feld „Datenrichtlinie“ verlinkt. Ob ein Verweis

60 Richtlinie SoMe, LfDI BW, a.a.O., S. 5 f. 61 Richtlinie SoMe, LfDI BW, a.a.O., S. 3 ff.

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in der „Info“-Unterseite ausreichend ist, kann derzeit nicht abschließend beantwortet

werden. Zumindest im Hinblick auf das Impressum erklärten die bisherigen Gerichtsent-

scheidungen, dass der Begriff „Info“ für einen Ort, an dem das Impressum zu finden ist,

nicht als leicht erkennbar im Sinne des § 5 Abs. 1 TMG gilt.62

Da auch laut Art. 12 Abs. 1 S. 1 DSGVO die Datenschutzhinweise in „präziser, transpa-

renter, verständlicher und leicht zugänglicher Form“ übermittelt werden müssen, ist in-

diziell davon auszugehen, dass auch in diesem Fall ein Link zur Datenschutzerklärung

allein in der Rubrik „Info“ nicht den gesetzlichen Vorgaben einer leichten Zugänglichkeit

entsprechen wird. Daher ist es zu empfehlen, einen Hinweis auf die Datenschutzerklä-

rung schon auf der Hauptseite der Fanpage der Senatskanzlei aufzunehmen (z. B. statt

eines Links zur Website oder als einen fixierten Beitrag) und generell auf Facebook ein-

zuwirken, dass ein Link zu den eigenen Datenschutzhinweisen, ebenso wie der Link zum

Impressum, von Facebook auf der Hauptseite der Fanpage platziert wird.

2. Wahrung der Betroffenenrechte und Beachtung von Auskunftspflich-

ten

Im Hinblick auf die Erfüllung der geltend gemachten Betroffenenrechte, insbesondere

Beantwortung von Auskunfts- und Löschungsanfragen sowie der Beauskunftung von be-

hördlichen Anfragen, liegen zum Zeitpunkt der Erstellung des Gutachtens zumindest

keine verbindlichen Feststellungen vor, dass diese Pflichten seitens von Facebook nicht

erfüllt werden. Im Hinblick auf die an Facebook entsprechend der Seiten-Insights-Ergän-

zung weitergeleiteten Anfragen der Berliner BfDI (s. Punkt B.IV.4 dieses Gutachtens)

wurden die zu Beantwortung erforderlichen Auskünfte innerhalb weniger Tage seitens

von Facebook Irland erfüllt. Ferner ist auch an dieser Stelle zu beachten, dass die Pflicht-

erfüllung sich nur auf die gemeinsame Verantwortlichkeit für die Erhebung und Speiche-

rung der Insights-Daten bezieht.

Soweit vorgebracht werden sollte, dass die Senatskanzlei die Betroffenenrechte man-

gels Zugriffs auf die einzelnen Daten der Fanpagebesucher nicht erfüllen kann, ist dem

62 LG Aschaffenburg, Urt v. 19.08.2011, 2 HK O 54/11 (K&R 2011, 80); OLG Düsseldorf, Beschluss v. 13.8.2013, I-20 U 75/13 (MMR 2014, 393).

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entgegen zu halten, dass der EuGH im Fall „Wirtschaftsakademie“ eine gemeinsame Ver-

antwortlichkeit trotz dieses fehlenden Datenzugriffs für begründet ansah.63 Würde man

aber gerade in diese Fall den Art. 26 Abs. 3 DSVO als nicht erfüllbar ansehen, müsste

man dem EuGH unterstellen, dass das Gericht sich widerspräche.

Des Weiteren wird im Hinblick auf den Maßstab der Mitwirkung der Fanpagebetreiber

bei der Erfüllung der Betroffenenrechte, zum Teil sogar eine teleologische Ausnahme

für objektiv erkennbar untergeordnete Mitverantwortliche verlangt oder alternativ die

Vergewisserung für ausreichend gehalten, dass der übergeordnete Verarbeiter die Be-

troffenenrechte befolgt und z.B. entsprechende Auskünfte gibt oder den Löschverlan-

gen der Fanpage nachkommt.64 Ein solches Unterordnungsverhältnis der Senatskanzlei

liegt im Hinblick auf die Fanpage für Nutzer erkennbar vor. Es ist nicht davon auszuge-

hen, dass die Nutzer davon ausgehen, Facebook erlaube den Fanpagebetreibern Zu-

griff auf personenbezogene Daten. Ganz im Gegenteil dürfte eine solche Vorstellung

bei Nutzern eher zu negativen Reaktionen führen.

3. Widerspruchsrechte bei Cookies

Es können jedoch die Widerspruchsmöglichkeiten gegen die von Facebook in den

Browsern der Nutzer gesetzten Cookies bemängelt werden.65 Diese können nur über

eine externe regionale Sammel-Widerspruchsseite für diverse Anbieter abgemeldet

werden.66 Alternativ hierzu wäre eine Löschung der Cookies von Facebook in den Sei-

teneinstellungen möglich. Trotz der Mängel ist es bisher gerichtlich nicht festgestellt,

dass diese Hinweise für eine Widerspruchsmöglichkeit unzureichend sind. Ferner wer-

den die Nutzer auch in den Informationen zu Seiten-Insights-Daten über deren Wider-

spruchsrechte belehrt, die sie z. B. direkt an die Senatskanzlei antragen und diese sie

an Facebook weiterleiten könnte.

63 S. B.IV.1. 64 Hacker, MMR 279, 779, 780; vgl. auch Kartheuser/Nabulsi, MMR 2018. 717, 720. 65 „Facebook Custom Audience bei bayerischen Unternehmen“, BayLDA, 04.10.2017, https://www.lda.bay-ern.de/media/pm2017_07.pdf. 66 http://www.youronlinechoices.eu/.

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Daher sind die Widerspruchsmöglichkeiten zu bemängeln, jedoch nicht zwangsläufig

als unzureichend zu betrachten.

4. Übrige datenschutzrechtliche Verpflichtungen

Auch im Hinblick auf übrige, die Insights-Daten betreffenden Pflichten, z. B. die Meldung

der Verletzung der Datensicherheit gem. Art. 33 und 34 DSGVO oder die Sicherheit der

Verarbeitung gem. Art. 32 DSGVO, liegen keine Anhaltspunkte für deren Nichtbeachtung

vor.

Die aufgrund der möglichen Übermittlung der Insights-Daten in die USA – und damit ein

Drittland – gem. Art. 44 DSGVO erforderliche Garantie eines Schutzniveaus, wird durch

die Zertifizierung Facebooks unter dem „Privacy Shield“-Abkommen gem. Art. 45 Abs. 1

S. 1 DSGVO gewahrt. Dieses Abkommen stet zwar in der Kritik,67 hat im Zeitpunkt der

Erstellung dieses Gutachtens jedoch Bestand und wird daher der Prüfung zugrunde ge-

legt.68

VIII. Rechtsgrundlage

Die Verarbeitung der Insights-Daten bedarf einer Rechtsgrundlage, um rechtmäßig zu

sein (Art. 5 Abs. 1, 6 Abs. 1 S. 1 DSGVO). Vorliegend kommen eine Einwilligung als auch

berechtigte Interessen der Senatskanzlei an der Verfolgung ihrer gesetzlichen Aufga-

ben in Betracht.

1. Einwilligung

Eine Einwilligung der Fanpagebesucher in die Erhebung und Speicherung ihrer Ver-

tragsdaten würde eine auf informierter Grundlage ausdrücklich erklärte Einwilligung

der Fanpagebesucher erfordern (Art. 4 Nr. 11 DSGVO).

Die Senatskanzlei selbst holt keine derartige Einwilligung der Nutzer gem. Art. 6 Abs. 1

lit a. DSGVO ein. Allerdings wäre es vorstellbar, dass Facebook eine Einwilligung

67 S. zuletzt, "EU-Parlament: LIBE-Ausschuss fordert Aussetzung von Privacy Shield", MMR 2018, 779. 68 “EU-U.S. Privacy Shield: Second review shows improvements but a permanent Ombudsperson should be nominated”, European Commission, 19.12.2018, http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-6818_en.htm.

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einholt und diese ebenfalls die Verarbeitung der Insights-Daten durch die Senatskanz-

lei mitumfassen würde.

Hierzu müsste Facebook jedoch überhaupt eine Einwilligung einholen. Im Zeitpunkt

der Erstellung dieses Gutachtens wird von Facebook zumindest eine aus der Sicht der

Nutzer als solche erkennbare Einwilligung in die Verarbeitung der Insights-Daten nicht

eingeholt. Das sog. „Cookie-Banner“, welches als erstes Element im Kopfbereich der

Facebook-Plattform eingeblendet wird, weist lediglich darauf hin, dass Cookies gesetzt

werden und dem widersprochen werden kann. Es handelt sich also um eine Wider-

spruchs- und nicht um eine Einwilligungslösung.

Auch im Rahmen der Registrierung neuer Mitglieder werden diese lediglich darauf hin-

gewiesen, dass sie den Nutzungsbedingungen und der Datenschutzrichtlinie zustim-

men. Diese beiden Vertragsgrundlagen enthalten jedoch keine eigenen Einwilligungs-

formulierungen. Ganz im Gegenteil verweist die Datenschutzrichtlinie im Abschnitt

„Was ist unsere Rechtsgrundlage für die Verarbeitung von Daten?“ auf Facebooks

Rechtsgrundlagen.

Wiederum von Facebooks Rechtsgrundlagen ausgehend, werden die Insights-Daten

nicht auf der Grundlage einer Einwilligung verarbeitet. Die dort genannten Fälle der

Einwilligung betreffen besondere Kategorien von Daten oder bestimmte Fälle externen

Datenaustauschs.

Die Insights-Daten werden, zumindest von Facebook entsprechend den Vertragsgrund-

lagen zur Bereitstellung der Fanpage, als Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen gem.

Art. 6 Abs. 1 lit. b. DSGVO und zu Marketing- und Werbezwecken auf Grundlage be-

rechtigter Interessen zu betriebswirtschaftlichen Zwecken gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f.

DSGVO verarbeitet:

Die anderen Rechtsgrundlagen, auf die wir uns in bestimmten Fällen bei der Verar-

beitung deiner Daten auch noch stützen, sind: […] Unsere berechtigten Interessen

bzw. die berechtigten Interessen eines Dritten, sofern nicht deine Interessen oder

Grundrechte und Grundfreiheiten uberwiegen: […] Zur Bereitstellung von

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Messungen, Analysen und sonstigen Unternehmens-Services, wenn wir die Daten

als Datenverantwortlicher verarbeiten.

Folglich holt Facebook im Hinblick auf die Insights-Daten keine Einwilligung ein, auf die

sich die Senatskanzlei berufen könnte.

2. § 3 Abs. 1 BlnDSG i.V.m. GV Sen DSGVO

Im Hinblick auf die Bereitstellung der Fanpage kann sich die Senatskanzlei, anders als

Facebook Irland, nicht auf die Erfüllung vertraglicher Pflichten berufen, da sie nicht

Partei des Vertrages zwischen den Mitgliedern und Facebook ist. Auch die vertragliche

Beziehung zu Facebook begründet lediglich das Recht der Senatskanzlei eine Fanpage

zu betreiben, aber keine Pflicht hierzu.

Doch auch wenn nicht auf vertraglicher Grundlage, so handelt auch die Senatskanzlei

doch zur Erfüllung ihr auferlegter und im Sinne von Art. 6 Abs. 2 DSGVO im öffentli-

chen Interesse liegender Aufgaben. Die Rechtsgrundlage für die Öffentlichkeitsarbeit

liegt in der jeweiligen Zuweisung bestimmter Aufgaben an die Regierung bzw. Verwal-

tung.69 Die Öffentlichkeitsarbeit ist mit anderen Worten eine Annexaufgabe zu den je-

weiligen staatlichen Aufgaben.70 Daneben enthält § 40d Abstimmungsgesetz für einen

speziellen Bereich eine klarstellende Regelung. Im Binnenorganisationsrecht des Se-

nats (Geschäftsverteilung des Senats von Berlin - GV Sen) wird der Senatskanzlei in ver-

schiedenen Bestimmungen eine Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit zugewiesen, na-

mentlich in:

▪ Allgemeines, Nr. 6 (Jedes Senatsmitglied ist zuständig für Einsatz der Informa-

tions- und Kommunikationstechnik (IKT) für Aufgaben seines Geschäftsbereichs,

soweit nicht die Senatsverwaltung für Inneres und Sport zuständig ist)

▪ I. Nr. 7 (Zum Geschäftsbereich des Regierenden Bürgermeisters gehören Presse-

angelegenheiten; Informations- und Öffentlichkeitsarbeit)

69 BVerfG, NJW 2002, 2621, 2623. 70 Gusy, NVwZ 2015, 700, 701.

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▪ I. Nr. 27 (Zum Geschäftsbereich des Regierenden Bürgermeisters gehö-

ren Grundsatzangelegenheiten der Öffentlichkeitsarbeit, des Standortmarke-

tings; Koordinierung dieser Angelegenheiten des Senats)

Da die Senatskanzlei ihre Fanpage zur Erfüllung der ihr vorgenannten, im öffentlichen

Interesse liegender Aufgaben betreibt, kommt als Rechtsgrundlage für die Verarbei-

tung der Daten der Fanpagebesucher zunächst § 3 Abs. 1 BlnDSG in Frage. Nach dieser

Vorschrift ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig,

wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Auf-

gabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt, die dem Verantwortlichen übertragen

wurde, erforderlich ist.

§ 3 Abs. 1 BlnDSG wurde entsprechend der Öffnungsklausel gem. Art. 6 Abs. 2 DSGVO

erlassen und der Regelungsinhalt entspricht im Hinblick auf dieses Gutachten der

Rechtsgrundlage des Art. 6 Abs. 1 lit. e. DSGVO:71

die Verarbeitung ist für die Wahrnehmung einer Aufgabe erforderlich, die im öffent-

lichen Interesse liegt oder in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt, die dem Verant-

wortlichen übertragen wurde;

Die Senatskanzlei betreibt die Fanpage zu Zwecken der Imagepflege, Kommunikation

und Information der Bürger sowie interessierter Stadtbesucher oder Unternehmen

und nimmt damit zulässige und im Interesse der Öffentlichkeit stehende Aufgaben

wahr.72

Der Betrieb der Fanpage müsste zu diesen Zwecken jedoch erforderlich sein. Die Prü-

fung der Erforderlichkeit entspricht dabei der verwaltungsimmanenten Verhältnismä-

ßigkeitsprüfung, in deren Rahmen die Geeignetheit einer Maßnahme für den ange-

strebten Zweck, das Fehlen weniger eingriffsintensiver, aber gleich geeigneter

71 Entsprechend ist § 3 BDSG formuliert, der jedoch gegenüber dem in Selbstverwaltungsaufgaben spezielle-ren § 3 Abs. 1 BlnDSG zurücktritt; vgl. Frenzel, a.a.O, Art. 6 Rn. 33, vgl. Schulz, in: Gola, 2018, DSGVO, Art. 6, Rn. 197 ff. 72 S. C.IV.2(b).

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Maßnahmen und darüber hinaus die Angemessenheit der Maßnahme angesichts ihrer

Eingriffswirkung zu prüfen sind.73

Dieses allgemeine Prinzip muss zusätzlich aufgrund der speziell geregelten Grundsätze

der Verarbeitung personenbezogener Daten beachtet werden. So muss die Verarbei-

tung gem. Art. 5 Abs. 1 lit b. DSVO „dem Zweck angemessen und erheblich sowie auf

das für die Zwecke der Verarbeitung notwendige Maß beschränkt sein (‚Datenminimie-

rung‘)“.74

Auch das Prinzip des Datenschutzes durch Technikgestaltung und durch datenschutz-

freundliche Voreinstellungen gem. Art. 25 DSGVO verpflichtet Fanpagebetreiber so-

wohl zum Zeitpunkt der Festlegung der Mittel für die Verarbeitung als auch zum Zeit-

punkt der eigentlichen Verarbeitung geeignete technische und organisatorische Maß-

nahmen zu treffen und Voreinstellungen vorzunehmen, die dafür ausgelegt sind und

sicherstellen, dass Datenschutzgrundsätze wie die Datenminimierung wirksam umge-

setzt werden und nur Daten verarbeitet werden, die für den jeweiligen bestimmten

Verarbeitungszweck erforderlich sind.

(a) Geeignetheit

Eine Maßnahme ist zur Verfolgung des maßgeblichen Zweckes geeignet, wenn sie taug-

lich ist, diesen Zweck zu fördern.75

Bei der Prüfung der Eignung muss der konkrete Zweck des Fanpagebetriebs zugrunde

gelegt werden. Der Zweck ergibt sich wiederum aus dem Social-Media-Konzept und um-

fasst neben dem Zweck der effizienten Information und Kommunikation mit Bürgern,

interessierten Besuchern oder Unternehmen auch die Absicht der Transparenz und Er-

reichung der vorgenannten Zielgruppen innerhalb der von ihnen im großen Umfang fre-

quentierten sozialen Medien (s. Punkt B.III.1 dieses Gutachtens).

73 Frenzel, in: Paal/Pauly, 2018, DS-GVO Art. 6 Rn. 20; Schulz, a.a.O., Art. 6, Rn. 20. 74 Schulz, a.a.O., Art. 6, Rn. 20. 75 Schulz, a.a.O., Art. 6, Rn. 20.

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Da Facebook zu dem sozialen Netzwerk mit den bei weitem meisten Mitgliedern gehört,

ist die Wahl einer Fanpage als Kommunikationsmittel in den sozialen Medien zumindest

förderlich und damit eine geeignete Maßnahme um das vorgenannte Ziel zu erreichen.

(b) Keine milderen Maßnahmen

Bevor die zur Verfügung stehenden Maßnahmen gegeneinander im Hinblick auf den

Betroffenenschutz abgewogen werden können, muss deren gleiche Eignung für den

verfolgten Zweck festgestellt werden.76

Traditionelle Informations- und Kommunikationsmedien, wie z. B. Bürgerberatung vor

Ort, in Radio oder Zeitschriften sowie postalische Kommunikation scheiden dabei von

vorneherein aus. Denn der Zweck der Fanpage ist gerade die Zielgruppen anzuspre-

chen, welche von diesen Medien nicht erreicht werden.

Auch der Betrieb der Homepage, d. h. der Website der Senatskanzlei, ist keine gleich

geeignete Maßnahme. Das Wesen von Social Media ist die Interaktion, eine Unmittel-

barkeit, die auf der Einfachheit und Nähe zwischen den Akteuren basiert. Nutzer, die

sich innerhalb der Plattform Facebook bewegen, können mit einem Klick die Beiträge

der Fanpage der Senatskanzlei abonnieren und sie nach deren Veröffentlichung direkt

innerhalb des ihnen angezeigten Newsfeeds angezeigt erhalten und auf die Beiträge

mit Stimmungsbekundungen oder Kommentaren reagieren. Eine statische Website

setzt im Gegensatz dazu voraus, dass Nutzer sie von sich aus ansteuern. Ebenfalls ist

die Stellungnahme mittels eines Kontaktformulars im Hinblick auf die Unmittelbarkeit,

Bequemlichkeit und überhaupt die Möglichkeit eines Dialogaufbaus nicht mit einer

Kommentarfunktion der Fanpage zu vergleichen.

Auch die Möglichkeit, Nachrichten der Website der Senatskanzlei mittels Zugriffs auf

einen RSS-Feed zu abonnieren, ist nicht gleichwertig, da es sich nicht um eine profane

Aufgabe handelt und eine gewisse technische Vorkenntnis erforderlich ist.77

76 Frenzel, a.a.O, Art. 6 Rn. 20; Schulz, a.a.O., Art. 6, Rn. 20. 77 RSS (Web-Feed), https://de.wikipedia.org/wiki/RSS_(Web-Feed).

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Ebenso kann der Empfang eines Newsletters nicht als gleichwertig betrachtet werden.

Dies liegt bereits an dem Mittel einer E-Mail, die eine höhere Aufmerksamkeit der Nut-

zer erfordert, als ein in einem Newsstream erscheinende Nachricht. Wird der Newslet-

ter zudem in größeren zeitlichen Abständen versendet, fehlt es an der Unmittelbarkeit

und wie im Fall der Website an einer direkten Diskussionsmöglichkeit.

Auch bei einer horizontalen Betrachtung mit anderen Social-Media-Netzwerken ist da-

von auszugehen, dass diese nicht die gleiche Eignung wie eine Fanpage bei Facebook

besitzen. Dies liegt an der im Vergleich überragenden Quantität der Nutzer bei einer

gleichzeigen niederschwelligen Zugangsmöglichkeit und Ausrichtung auf die Allgemein-

heit.78 Dagegen sprechen Spartennetzwerke, wie z. B. die Berufsnetzwerke LinkedIn o-

der Xing, nur bestimmte Personenkreise oder Branchen an.

Ergänzend ist anzumerken, dass die anderen Netzwerke weniger eingriffsintensiv sein

müssten, was einer gesonderten Prüfung bedürfte. Dabei wäre insbesondere zu prü-

fen, ob im Fall der im Hinblick auf die Verarbeitung von Nutzerdaten zu betriebswirt-

schaftlichen Zwecken und Bereitstellung von Statistiken oder anderen Vorteilen mit Fa-

cebook häufig vergleichbar agierenden Anbieter auch ein Fall einer gemeinsamen Ver-

antwortlichkeit vorläge. So bietet nach dem Stand im Zeitpunkt der Erstellung dieses

Gutachtens nur Facebook eine Vereinbarung gem. Art. 26 DSGVO an. Daher wäre ne-

ben der gleichen Eignung auch die Frage zu prüfen, ob der Einsatz dieser Netzwerke

überhaupt eine geringere Belastung für die Besucher der dort geführten Profile, Seiten

oder Konten bietet.

In jedem Fall ist als Zwischenergebnis festzustellen, dass der Betrieb der Fanpage der

Senatskanzlei insoweit erforderlich ist, als ihr zu Erreichung ihrer Zwecke keine gleich

geeigneten, aber weniger eingriffsintensiven Informations- und Kommunikationsplatt-

formen zur Verfügung stehen.

78 S. B.III.1.

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(c) Angemessenheit des Fanpagebetriebs

Im Rahmen der Angemessenheitsprüfung sind das Interesse der Senatskanzlei an der

Verfolgung ihrer Zwecke des Fanpagebetriebs einerseits und die Interesse der Fan-

pagebesucher – insbesondere ihr Interesse am Schutz ihrer Daten – andererseits abzu-

wägen. Der Betrieb der Fanpage wäre einzustellen, wenn die Interessen der Besucher

überwiegen würden.

Die Prüfung erinnert damit an die Abwägung der berechtigten Interessen des Verant-

wortlichen mit den Interessen oder Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffe-

nen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern im Rahmen des Art. 6

Abs. 1 lit. f. DSGVO. Diese, für diese kodifizierte Abwägung verwendeten, Kriterien, ins-

besondere wie sie im Erwägungsgrund 47 DSGVO dargelegt werden, können als Orien-

tierungspunkte für die Prüfung der Angemessenheit entsprechend dem Grundgedan-

ken der inneren Kohärenz eines Gesetzes zugrunde gelegt werden.79

i. Interessen der Social-Media-Nutzer und der Allgemeinheit

Im Rahmen der Abwägung sind nicht nur die Interessen der Senatskanzlei selbst, son-

dern auch Interessen der von der Senatskanzlei informierten Bürger und Stadtinteres-

senten zu berücksichtigen. Diese Interessen sind dabei nicht lediglich subjektiver Na-

tur, wie z. B. das Interesse der ansässigen Unternehmen an der Pflege des Images der

Stadt sowie Mehrung des den Bürgern zu Gute kommenden Steueraufkommens. Die

Information der Bürger, und damit die Gewährleistung ihrer Mündigkeit durch Kennt-

nis politischer Vorgänge, stellt ein objektives Interesse dar (bei entsprechender Orien-

tierung am Art. 6 Abs. 1 lit f. DSGVO, lt. dem auch die berechtigten Interessen Dritter,

hier der Allgemeinheit, berücksichtigt werden müssen). Mündige Bürger sind wiede-

rum die Grundlage einer auf freiheitlich-demokratischen Werten basierenden

79 Mit Verweis auf das auch im Art. 6 Abs. 1 lit. f. Erforderlichkeitsprinzip, Schulz, a.a.O., Art. 6, Rn. 66, 20.

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Gesellschaft. Damit umfasst der öffentlich-rechtliche Auftrag der Senatskanzlei auch

die Ansprache von Personen und Unternehmen mittels einer Fanpage.

ii. Reichweite und Gewichtung der Abwägungsfaktoren

Auch bei der Angemessenheitsprüfung muss berücksichtigt werden, dass die gemein-

same Verantwortlichkeit der Senatskanzlei sich nur auf die Phasen der Erhebung, Spei-

cherung und Verarbeitung zur Bereitstellung der Fanpage, Erstellung der Insights-Sta-

tistiken und Platzierung von Beiträgen im Newsstream der Facebook-Mitglieder be-

schränkt, jedoch nicht die vorhergehende und anschließende Verarbeitung der Daten

durch Facebook mitumfasst.80

Ferner sollten zudem die Ausführungen des Generalanwalts im Fall „Fashion ID“ zur

Ablehnung einer Störerhaftung beachtet werden,81 als auch seine Aussprache für ein

insgesamt angemessenes Verhältnis zwischen Macht, Einfluss und Verantwortlich-

keit.82

iii. Vernünftige Erwartungen der Fanpagebesucher

Laut Erwägungsgrund 47 DSGVO sind für eine Angemessenheitsabwägung „die ver-

nünftigen Erwartungen der betroffenen Personen, die auf ihrer Beziehung zu dem Ver-

antwortlichen beruhen, zu berücksichtigen“. Dabei ist auch zu prüfen, „ob eine be-

troffene Person zum Zeitpunkt der Erhebung der personenbezogenen Daten und ange-

sichts der Umstände, unter denen sie erfolgt, vernünftigerweise absehen kann, dass

möglicherweise eine Verarbeitung für diesen Zweck erfolgen wird“. Insbesondere

dann, wenn personenbezogene Daten in Situationen verarbeitet werden, in denen

eine betroffene Person vernünftigerweise nicht mit einer weiteren Verarbeitung

80 S. C.V.1(b). 81 S. C.V.2. 82 S. C.V.1(b).

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rechnen muss, könnten die Interessen und Grundrechte der betroffenen Person das

Interesse des Verantwortlichen überwiegen.“

Beschränkt auf die Insights-Daten und deren Erhebung, Speicherung und Verarbeitung

zu Zwecken des Angebotes der Fanpage, darf man bei einem durchschnittlichen Inter-

netnutzer erwarten, dass er mit dieser Verarbeitung seiner Daten rechnet.

Ob er mit der Bereitstellung der Insights-Statistiken und der Speicherung seiner perso-

nenbezogenen Daten rechnen muss, ist bisher gerichtlich nicht geklärt. Deren Verar-

beitung zur Darstellung der Beiträge der Senatskanzlei in den „Newsfeed“ der Nutzer

dürfte als ein den sozialen Netzwerken zugrunde liegender Prozess ebenfalls als be-

kannt unterstellt werden.

Auch dürfte zumindest den meisten Facebook-Nutzern bekannt sein, dass die ihnen

angezeigten Beiträge auf Grundlage einer interessensbasierten Vorauswahl durch Fa-

cebook erfolgt. Die Mitglieder der Facebook-Plattform werden bereits bei der Regist-

rierung auf die Datenschutzhinweise und die Cookie-Richtlinie hingewiesen. Ferner

dürften sie als Nutzer der Facebook-Funktionen eher das Bewusstsein haben, dass de-

ren personenbezogene Daten für die Zwecke der Darstellung von Fanpages, aber auch

einer Interessens verarbeitet werden.

Allerdings können auch Nicht-Mitglieder die Fanpage besuchen, die mit der interes-

sens-und-verhaltensbezogenen News-Feed-Sortierung nicht vertraut sind. Aus eben-

diesem Grund sind die Nicht-Mitglieder von Facebook besonders schutzbedürftig. 83

Allerdings werden nach der Auskunft von Facebook gegenüber der Senatskanzlei, zu-

mindest derzeit die personenbezogenen Daten der Nichtmitglieder von Facebook nicht

für die Erstellung der Insights-Statistiken verarbeitet.84 Zwar können deren Daten von

Facebook selbst für Werbe- und Marketingzwecke verarbeitet werden. Diese

83 Vgl. EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 42. 84 S. auch, „Cookies also help us recognize which visitors are Facebook users so we can provide aggregated demographic information, like age and gender, about the people using the app“, in https://news-room.fb.com/news/2018/04/data-off-facebook/; ferner wird in der Darstellung der Insightsstatistiken zwi-schen angemeldeten und abgemeldeten Nutzern unterschieden, Nichtnutzer werden in der Darstellung nicht gelistet.

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Verarbeitung liegt jedoch außerhalb der Mitverantwortlichkeit der Senatskanzlei für

den Betrieb der Fanpage und Generierung der Insights-Statistiken.

Da die Nichterfassung der Nichtnutzer auf Angaben von Facebook resultiert und nicht

ganz deutlich ist, ist der Senatskanzlei zu empfehlen, für eine noch deutlichere Beleh-

rung der Fanpagebesucher und damit auch der Nicht-Mitglieder zu sorgen. Diese Be-

lehrung könnte in der eigenen Datenschutzerklärung erfolgen, womit ein weiterer

Grund für deren Aufnahme auf die Fanpage vorliegt.85 Dazu empfiehlt sich eine spezi-

elle Unterseite, die entsprechende Erläuterungen zu den möglichen Risiken und zum

Nutzungskonzept der Fanpage enthält.86 Diese besonders hervorgehobene Belehrung

der Nutzer sieht auch der LfDI BW als ein Mittel des Ausgleichs von Datenschutzdefizi-

ten bei sozialen Netzwerken.87

iv. Zwangswirkung und Alternativangebot

Vom LfDI BW wird auch ein Hinweis auf Alternativangebote zu der Fanpage vorge-

schlagen, was zur Minderung verbleibender Risiken auch umgesetzt werden sollte. Je

deutlicher der Hinweis ist, desto weniger kann insbesondere bei den Nicht-Mitgliedern

von Facebook der Eindruck entstehen, dass sie die Fanpage nutzen müssen.

Dabei müssten die Alternativangebote zumindest derart mit dem Fanpage-Angebot

vergleichbar sein, dass sie zumindest bei Nicht-Mitgliedern von Facebook zu keiner in-

neren Zwangswirkung, die Fanpage zu nutzen, führen.

Bei der Fanpage handelt es sich um ein Alternativangebot der Senatskanzlei, das nicht

mit dem Ziel eingeführt wurde, die traditionellen Informations- und Kommunikations-

möglichkeiten zu verdrängen.88 Die Fanpage wurde allein errichtet, um Bürger, Perso-

nen und Unternehmen zu erreichen, welche die traditionellen Medien nicht mehr kon-

sumieren. D. h. Bürger sind nicht gezwungen, die Fanpage zu nutzen und können

85 S. C.VII.1(c). 86 Richtlinie SoMe, LfDI BW, a.a.O, S. 3. 87 Richtlinie SoMe, LfDI BW, a.a.O, S. 3. 88 S. B.III.1.

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trotzdem die benötigten Informationen erreichen und in Kontakt mit der Verwaltung

treten.

Hierbei ist es unschädlich, dass die anderen Angebote im Hinblick auf Unmittelbarkeit

und Diskussionsmöglichkeiten nicht dieselben Vorteile wie Facebook bieten. Ansons-

ten würde der Rückschluss bedeuten, dass eine Fanpage nur dann nutzbar wäre, wenn

z. B. eine Website dieselben Funktionen bieten würde, was im Hinblick auf die Zweck-

Mittel-Relation den Bereich unzumutbarer Aufwendungen erreichen würde.89

Besonders zu berücksichtigen ist zudem, dass der eigentliche konkrete Bürgerservice,

nicht über die Fanpage erbracht wird.

Da sonst keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass das Inhaltsangebot auf der Fan-

page derart exklusiv ist und Bürger oder Interessenten dessen Nutzung als erforderlich

ansehen, kann von einem echten Alternativangebot zur Fanpage der Senatskanzlei

ausgegangen werden.

v. Pseudonyme und anonyme Verarbeitung

Bei der Abwägung ist ebenfalls zu beachten, dass die Senatskanzlei lediglich Zugang zu

den anonymen Daten der Nutzer hat und auch die Speicherung der Daten in dem Coo-

kie von Facebook pseudonym erfolgt (im Cookie wird ein Benutzercode der Nutzer und

keine Klardaten gespeichert).90 Insoweit wird dem Grundsatz der Minimierung der Da-

tenverarbeitung auf quantitativer und qualitativer Ebene gefolgt.

vi. Einwilligung in die Cookie-Speicherung

Bisher gerichtlich nicht geklärt ist zudem die Pflicht zur Einholung einer generellen Ein-

willigung in die Speicherung von personenbezogenen Daten in einem Cookie. Hier ver-

tritt die DSK die Position (explizit für nicht-öffentliche Stellen, aber hier übertragbar),

dass unter Fortgeltung der Richtlinie 95/46/EG („ePrivacy-Richtlinie“) eine Einwilligung

für die Verarbeitung von technisch nicht notwendigen Cookies erforderlich ist.91 Dieser

89 Vgl. Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 93. 90 EuGH, „Wirtschaftsakademie“, a.a.O., Rn. 15. 91 Positionsbestimmung der Konferenz der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder - Zur Anwendbarkeit des TMG für nicht-öffentliche Stellen ab dem 25. Mai 2018, DSK, 26.4.2018,

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Ansicht schließt sich auch der Generalanwalt in der Sache „Fashion ID“ zumindest auf

den Einsatz von Social Plugins an.92

Umgekehrt wird in der vertreten, dass die Richtlinie nicht fort gilt.93 Ferner kann die Er-

forderlichkeit einer Einwilligung dann abgelehnt werden, wenn die Verarbeitung von

Cookies, entsprechend der hier vertretenen Rechtsansicht, z. B. die berechtigten Inte-

ressen oder vertragliche Grundlagen eine Cookie-Nutzung rechtfertigen. Es wäre zu

weitgehend, diese bereits umfangreich diskutierte Problematik im Rahmen des Gut-

achtens zu vertiefen. Vielmehr muss hierzu eine höchstrichterliche Rechtsprechung ab-

gewartet werden. Zuvor muss sich die Senatskanzlei nicht zwangsläufig der Rechtsan-

sicht der DSK anschließen. Eine gesetzliche Bindungswirkung liegt diesbezüglich nicht

vor.

Sollte jedoch eine Einwilligung notwendig werden, müsste Facebook ein entsprechen-

des Einwilligungs-Verfahren, welches die Insights-Daten mitumfasst, einführen.

Der Umstand, dass Facebook z. B. auch die Seiten-Insights-Ergänzung in Folge des

EuGH-Urteils zur Mitverantwortung eingeführt hat, indiziert zumindest, dass Facebook

höchstrichterliche Urteile beachtet. D. h,. es gibt keinen Anlass, bereits prophylaktisch

zu unterstellen, dass Facebook sich den gerichtlichen Vorgaben nicht fügen wird.

vii. Evaluation und fachgemäße Betreuung

Die vorstehenden rechtlichen Bewertungen sind nicht unveränderlich und müssen so-

wohl in Hinblick auf die ihnen zugrunde liegenden tatsächlichen als auch rechtlichen

Annahmen durch das entsprechend fachkundige Personal des Social-Media-Referats

regelmäßig evaluiert werden.94

Diese Pflicht ergibt sich bereits aus der Natur eines Verarbeitungsprozesses innerhalb

einer sich schnell ändernden Lebenswirklichkeit als auch der Definition des

https://www.ldi.nrw.de/mainmenu_Datenschutz/submenu_Technik/Inhalt/TechnikundOrganisation/In-halt/Zur-Anwendbarkeit-des-TMG-fuer-nicht-oeffentliche-Stellen-ab-dem-25_-Mai-2018/Positionsbestimmung-TMG.pdf. 92 Schlussanträge „Fashion ID“, a.a.O., Rn. 113. 93 Ettig, K&R, 2018, 669, 670 f. 94 Richtlinie SoMe, LfDI BW, a.a.O, S. 3-6.

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Datenschutzrechts durch die Rechtsprechung. So könnte z. B. die Attraktivität von Fa-

cebook abnehmen, sodass ggf. andere Mittel für die Ansprache in sozialen Medien ge-

eigneter werden. Auch die Annahme einer gemeinsamen Verantwortlichkeit und die

Schwierigkeiten ihrer Eingrenzung in den Sachen „Wirtschaftsakdemie“ und „Fashion

ID“ zeigen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen sich schnell verändern können.

Vorliegend ist vor allem zu beobachten, ob der EuGH in der Sache „Fashion ID“ den

Empfehlungen des Generalanwalts folgt und die in der Sache „Wirtschaftsakademie“

vorgeschlagene und auf Grundlage der Empfehlung des Generalanwalts hier zugrunde

gelegte Eingrenzung der gemeinsamen Verantwortung übernimmt. Ebenso ist zu be-

achten, ob die Einwilligung in die Verarbeitung von Cookies mit Insights-Daten auf-

grund der Rechtsprechung oder gesetzlicher Änderungen (hier insbesondere auf

Grundlage der sich im Gesetzgebungsprozess befindlichen Privacy-VO) notwendig

wird.

viii. Einwirkung auf Facebook

Als Vertragspartnerin mit repräsentativer Wirkung ist es der Senatskanzlei zu empfeh-

len, allein oder gemeinsam mit anderen öffentlich-rechtlichen Stellen auf Facebook

einzuwirken und zu fordern, dass Facebook den von Datenschutzbehörden vorge-

brachten Bedenken Rechnung trägt. Dazu gehören vor allem ein Einwilligungsprozess

für Fanpagebesucher, die keine Facebook-Mitglieder sind, ein einfacheres Wider-

spruchsverfahren und die Aufnahme eines Links zu den Datenschutzhinweisen der Se-

natskanzlei auf der Frontseite der Fanpage.

ix. Angemessenheit des Fanpagebetriebs

Unter Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls ist der Betrieb der Fanpage angemes-

sen. Zwar bestehen erhebliche Bedenken gegen die Nutzung der personenbezogenen

Daten der Nutzer der Facebook-Plattform, jedoch können diese nicht der Senatskanzlei

zugerechnet werden.

Im Einklang mit der derzeitigen und erwarteten Rechtsprechung des EuGH ist die Se-

natskanzlei nur für die Phase der Erhebung und Speicherung personenbezogener

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Insights-Daten durch Facebook zu Zwecken der Darstellung der Fanpage und Erstellung

der Insights-Statistiken sowie deren Nutzung für die Anzeige von Beiträgen im News-

feed von Facebook, jedoch nicht für die nachfolgende Verarbeitung der Insights-Daten

mitverantwortlich. Insoweit ist die Mitverantwortung als von den Fanpagebesuchern

vernünftigerweise erwartbar zu betrachten.

Zwar besteht die Wahrscheinlichkeit, dass künftig eine Einwilligung in die Verarbeitung

der Insights-Daten der Nicht-Mitglieder der Fanpage in Cookies gerichtlich oder gesetz-

lich als notwendig erachtet wird. Allerdings sorgt die ständige Evaluation der Fanpage

durch Fachpersonal dafür, dass seitens der Senatskanzlei faktische oder rechtliche Än-

derungen umgesetzt werden. Ferner ist zu beachten, dass die Senatskanzlei den Bür-

gern und Stadtinteressenten ein alternatives Angebot für Informations- und Kommuni-

kationszwecke bietet. Empfohlen wird, auf das Alternativangebot innerhalb einer deut-

lich erkennbaren Datenschutzerklärung hinzuweisen.

Zudem darf vor allem nicht außer Acht gelassen werden, dass, soweit gegenüber Face-

book Vorwürfe einer fehlenden Einhaltung der Datenschutzvorgaben erhoben werden,

zuständige Aufsichtsbehörden Maßnahmen direkt an Facebook adressieren können.

(d) Der Fanpagebetrieb ist erforderlich

Die Fanpage ist derzeit das geeignetste Mittel, um das Konzept einer transparenten

und nachhaltigen Ansprache von Bürgern und anderen Interessenten in sozialen Me-

dien zu erreichen. Der Betrieb ist auch angemessen und soweit ein Ermessensspiel-

raum aufgrund der Unklarheit der Rechtslage besteht, darf die Senatskanzlei diesen

aufgrund der ihr zustehenden Einschätzungsprärogative wahrnehmen.

Hierbei wird der Senatskanzlei jedoch empfohlen, die Fanpagebesucher über das Kon-

zept des Fanpagebetriebs, die Risiken der Verarbeitung von Daten durch Facebook so-

wie im Hinblick auf die übrigen Angaben gem. Art. 13 und 14 DSGVO auf einer separa-

ten Unterseite zu unterrichten, die auf der Fanpage verlinkt wird.

Im Ergebnis ist der Betrieb der Fanpage der Senatskanzlei ist zur Erbringung ihrer öf-

fentlichen Aufgaben der Information sowie Kommunikation mit Bürgern sowie

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Imagepflege und Ansprache an der Stadt Berlin interessierter Personen und Unterneh-

men in sozialen Medien gem. § 3 Abs. 1 BlnDSG erforderlich.

3. Verarbeitung zu Sicherheits- und Optimierungszwecken

Neben dem eigentlichen Fanpagebetrieb werden die von den Fanpagebesuchern erho-

benen Insights-Daten auch für Zwecke der Sicherheit des Fanpagebetriebs und der Op-

timierung der Fanpage verarbeitet.

Es ist durchaus diskutabel, ob dieser Zweck ebenfalls von der gemeinsamen Verant-

wortlichkeit miterfasst ist und falls ja, ob er noch für den Gesamtzweck der Ansprache

der Bürger und Interessenten via Social Media erforderlich ist. Diese Abgrenzung muss

jedoch an dieser Stelle nicht vorgenommen werden. Denn die für Zwecke der Sicher-

heit und einer Verbesserung eines Dienstes und dessen zeitgemäße Funktionsfähigkeit

erforderliche Verarbeitung der Nutzerdaten wird ein berechtigtes Interesse im Sinne

des Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO darstellen. Da die obige Prüfung zum § 3 Abs. 1 BlnDSG

sich bereits an den Kriterien dieser Rechtsgrundlage orientiert hat, ist davon auszuge-

hen, dass auch vorliegend die Interessen der Betroffenen nicht überwiegen werden.

Folglich ist die Verarbeitung der Insights-Daten zu Sicherheits- und Optimierungszwe-

cken entweder nach § 3 Abs. 1 BlnDSG oder Art. 6 Abs. 1 lit. f. DSGVO zulässig.

IX. Der Fanpagebetrieb ist zulässig

Im Ergebnis führt die Entscheidung des EuGH in der Sache „Wirtschaftsakademie“ so-

wie die erwarteten Entscheidung in der Sache „Fashion ID“ nicht dazu, dass die Senats-

kanzlei die Verantwortung für jedwede Verarbeitung der personenbezogenen Daten

der Fanpagebesucher durch Facebook zu tragen hat.

Soweit die Senatskanzlei für ihre Fanpage mitverantwortlich ist, beachtet die Senats-

kanzlei hierbei die Anforderungen des Datenschutzrechts. Der Fanpagebetrieb erfolgt,

insbesondere auf Grundlage einer gesetzlichen Erlaubnis, unter Beachtung der beson-

deren Anforderungen einer gemeinsamen Verantwortlichkeit sowie der Information

und Wahrung der Rechte der Fanpagebesucher.

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Dieses Ergebnis jedoch muss aufgrund der sich häufig verändernden Tatsachen und

Rechtslage evaluiert werden, wofür das Social Media-Referat der Senatskanzlei sorgt.

Im Zeitpunkt der Erstellung dieses Gutachtens liegen jedoch keine Anhaltspunkte dafür

vor, dass das Ergebnis in naher Zukunft anzupassen sein wird.