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Haftung für falsche Anlageberatung Welche Ansprüche haben geschädigte Anleger von Lehman-Brothers-Zertifikaten gegen Banken? von Rechtsanwalt Dr. Kai M. Simon, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Haftung für falsche Anlageberatung

Welche Ansprüche haben

geschädigte Anleger von

Lehman-Brothers-Zertifikatengegen Banken?

von

Rechtsanwalt Dr. Kai M. Simon,

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Haftung für falsche Anlageberatung (Lehman Brothers) Seite 2 von 7

© RA/FAfHGR Dr. Kai M. Simon 2009

Haftung für falsche Anlageberatung –

Welche Ansprüche haben geschädigte Anleger von

Lehman-Brothers-Zertifikaten gegen Banken?

Viele Anleger, die Zertifikate der Investmentbank Lehman Brothers erworben

hatten, haben ihr gesamtes, in diese Wertpapiere angelegtes Kapital durch die

Insolvenz dieser Bank verloren. Häufig war aber eine Falschberatung durch

ihre Hausbank der Grund, warum sie überhaupt diese Zertifikate erworben

hatten. Prinzipiell haften Banken für Verletzungen ihrer Pflichten bei der

Anlageberatung.

Spätestens durch die im Juni und Juli 2009 ergangenen Urteile der

Landgerichte Hamburg und Potsdam, die Klagen von Anlegern gegen die

Hamburger Sparkasse (Haspa) bzw. die Postbank stattgaben, dürfen Anleger

Hoffnung schöpfen, dass ihre Investition nicht ganz verloren ist.

A. Das Problem

Die US-Investmentbank Lehman Brothers, gegründet 1850, notiert an der New

Yorker Börse und eine der fünf größten Investmentbanken der Welt, meldete im

Zuge der weltweiten Finanzkrise am 15. September 2008 Insolvenz an und wurde

nach dem sog. „Chapter 11“ des US-Insolvenzgesetzes (United States bankruptcy

code) unter Gläubigerschutz gestellt.

Einer der Gründe für die Insolvenz des renommierten Bankhauses war die sog.

Subprime-Krise. Vereinfacht ausgedrückt hatten Banken in den USA verstärkt

Kredite an Immobilienkäufer mit schwacher Bonität (sog. Subprime-Kredite)

ausgegeben. Ab etwa 2006 stiegen dann aber einerseits die Kreditzinsen – was dazu

führte, dass viele Kreditnehmer nicht mehr zahlungsfähig waren. Andererseits fielen

gleichzeitig die Immobilienpreise so dramatisch, dass sich die Banken zunehmend

auch nicht mehr aus den Kreditsicherheiten (Hypotheken) befriedigen konnten und

so riesige Verluste verbuchen mussten.

Da diese schwachen Kredite am bankinternen Finanzmarkt – indirekt auch über

Investmentbanken – refinanziert waren, wirkte sich die Subprime-Krise in Form von

erheblichen Verlusten auch auf Lehman Brothers aus.

Auswirkungen auf deutsche Anleger hatte der Crash von Lehman Brothers vor allem

durch den totalen Wertverlust der diversen Zertifikate, die von dem niederländischen

Tochterunternehmen Lehman Brothers Treasury Co. B. V. u.a. auch über deutsche

Banken emittiert wurden..

Zertifikate sind sog. Schuldverschreibungen. Anders als z.B. Aktien verbriefen sie

nicht etwa einen Anteil am Unternehmen. Sie gewähren lediglich die Teilhabe am

Erfolg oder Misserfolg eines Börsengeschäfts. Bspw. war das Zertifikat „Lehman

Brothers Bonus Express III“ an den Kurs des Aktienindex EuroSTOXX 50 gekoppelt.

Über eine Laufzeit von maximal vier Jahren wurde an bestimmten Zeitpunkten

ermittelt, ob der Index oberhalb oder unterhalb des Wertes zum Ausgabezeitpunkt

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lag. Lag der Kurs über dem Ausgangswert, wurde das Zertifikat zum Ausgabewert

zzgl. eines Bonus zurückgezahlt.

Da Zertifikate zudem häufig börslich gehandelt werden, bestand zudem die

Möglichkeit, zu einem günstigen Kurs an der Börse zu verkaufen.

Der hohen Renditemöglichkeit steht bei Zertifikaten aber ein erheblich erhöhtes

Verlustrisiko (bis hin zum Totalverlust der Einlagen) gegenüber. Gelder, die in

Fonds eingelegt sind, sind bei der Insolvenz der Fondsgesellschaft zumindest als

Sondervermögen geschützt. Inhabern von Spareinlagen können bei Insolvenz der

Bank den Einlagensicherungsfonds in Anspruch nehmen.

Für die Inhaber von Zertifikaten gibt es im Fall der Insolvenz aber kein solches

Instrumentarium, so dass sie das Risiko tragen, dass bei einer Insolvenz der

emittierenden Bank ihre eingelegten Gelder vollständig verloren gehen können.

B. I. Haftung der ausgebenden Bank aus falscher Beratung?

Für viele Anleger war die Insolvenz und die damit verbundene Einstellung des

Börsenhandels mit Lehman-Brothers-Zertifikaten ein Schock. Quasi über Nacht

wurden ihre Wertpapiere wertlos. Hiermit hatten viele nicht gerechnet, weil sie auf die

Solidität des über 150 Jahre alten Bankhauses vertraut hatten.

Da von der insolventen Emittentin (Lehman Brothers Treasury Co.) kaum ein

Ausgleich für den Totalverlust zu erwarten ist, stellt sich die Frage, ob und unter

welchen Bedingungen die ausgebende Bank – meist die Hausbank der Anleger – für

den entstandenen Schaden aufzukommen hat.

1. Die anlegergerechte und objektgerechte Beratung

Hierzu hat der Bundesgerichtshof bereits in den 1990er Jahren die Grundsätze der

anlegergerechten und objektgerechten Beratung aufgestellt.

Grundlage ist ein Beratungsvertrag, der dann zwischen dem Kunden und der Bank

zustande kommt, wenn der Anlageinteressent an die Bank oder den Anlageberater

herantritt oder umgekehrt (Angebot) und daraufhin das Beratungsgespräch

aufgenommen wird (Annahme).

Aus diesem Beratungsvertrag hat die Bank zum einen die Verpflichtung, den Kunden

anlegergerecht zu beraten, d.h. es muss ermittelt werden, ob die empfohlene

Anlage auf das Anlageziel des Kunden und dessen persönliche Verhältnisse

zugeschnitten ist.

Einige Lehman-Brothers-Anleger, die sich in der Vergangenheit öffentlich äußerten,

beklagten häufig, dass ihnen zwar die hohe Renditechance durchaus genehm war,

aber es sich bei den angelegten Geldern oft auch um ihr Erspartes oder ihre

Altersvorsorge handelte. Hier ist im Einzelfall – auch anhand der von den Banken

häufig ausgegebenen Fragebögen – zu überprüfen, ob tatsächlich eher ein

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abgesichertes Finanzprodukt wie ein Festgeld gewünscht und anlegergerecht

gewesen wäre.

2. Die Aufklärung über das Insolvenzrisiko von Lehman Brothers

Auch wird sich hier häufig die Frage zu stellen sein, ob zum konkreten Zeitpunkt des

Beratungsgesprächs das Risiko einer Insolvenz von Lehman Brothers schon

absehbar war. Das Landgericht Frankfurt am Main hat am 28.11.2008 (Az. 2-19 O

62/08) zu dieser Frage zumindest klargestellt, dass im Jahre 2006 das Bonitätsrisiko

der Bank eher theoretischer Natur war. In der Tat dürfte bei einem

Beratungsgespräch im Jahre 2006 noch niemand aus den Fachkreisen erwartet

haben, dass zwei Jahre später eine derart solide Bank insolvent ist. Dies hat nun das

Landgericht Hamburg am 23.06.2009 (Az. 310 O 4/09) bestätigt.

Anderer Auffassung ist hier allerdings das Landgericht Potsdam in seinem nur einen

Tag später verkündeten Urteil (Az. 8 O 61/09). Die dortige Urteilsbegründung in

einem ähnlich gelagerten Fall ist bemerkenswert klar:

„Wollte man die Aufklärungspflicht über ein Totalverlustrisiko bei

Kapitalanlagen derart eingrenzen [wie das LG Frankfurt, d. Verf.], würde dies

dem Sicherheitsanspruch der Anleger nicht gerecht. Anleger haben

Anspruch, umfassend und damit auch über ein nur theoretisches Risiko

informiert zu sein.“

Je näher das Beratungsgespräch jedoch an der Insolvenz im September 2008

stattgefunden hat, desto mehr hätte die Bank auf dieses Risiko hinweisen

müssen. Spätestens seit dem Frühjahr 2008 war die Branche nämlich durchaus

sensibilisiert, zumal zwei andere große Investmentbanken – Bear Stearns und Merrill

Lynch – zu dieser Zeit in so erhebliche finanzielle Schieflage geraten waren, dass sie

nur durch Übernahmen anderer Banken gerettet werden konnten. Ob man wirklich

darauf vertrauen durfte, dass dies bei Lehman Brothers ebenfalls funktionieren

würde, ist höchst fraglich. Eine Insolvenz kam zwar überraschend, war aber nicht

unwahrscheinlich. Immerhin hatte auch Lehman Brothers im Frühjahr 2008 zwei

Kapitalerhöhungen von insgesamt 9 Milliarden US-Dollar durchführen müssen und

bekannt gegeben, dass Forderungen in Höhe von 3,3 Milliarden US-Dollar

abgeschrieben werden mussten – insgesamt durchaus ein Indiz für finanzielle

Probleme.

Dies gilt nicht nur für die Kunden, die Lehman Brothers-Zertifikate neu gekauft

haben. Vielmehr haftet die Bank auch dann, wenn der durch die Finanzkrise

besorgte Kunde mit der Bitte um einen Verkauf der Zertifikate an die Bank

herangetreten ist, der Banker „halten“ empfohlen hat und dabei nicht

anlegergerecht beraten hat.

3. Die Aufklärung über die fehlende Einlagensicherung

Der Einlagensicherungsfonds schützt alle Nichtbankeneinlagen. Hauptsächlich

sind dies Sichteinlagen auf Girokonten, Termingelder und Spareinlagen. Zertifikate,

aber auch Genussrechte, Schuldverschreibungen, Fondsanlagen oder Wertpapiere

sind nicht durch die Einlagensicherung geschützt.

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Hierdurch entsteht das erhebliche Risiko, dass bei einer Insolvenz der Bank, die ein

Zertifikat herausgibt („emittiert“), die gesamte Anlage nicht nur verloren ist – sie ist

auch nicht durch den Einlagensicherungsfonds abgesichert. Auf dieses Risiko muss

die Bank, die das Zertifikat verkauft bzw. darüber berät, ausdrücklich hinweisen.

Offenbar ist dieser Hinweis in der Praxis häufig unterblieben. Dies aber – so stellte

nun das Landgericht Hamburg (Urteil vom 23.06.2009, Az. 310 O 4/09 – nicht

rechtskräftig) klar, ist ein Beratungsfehler und kann zu einer Schadensersatzpflicht

der beratenden Bank führen.

Auch das Landgericht Potsdam (Urteil vom 24.06.2009, Az. 8 O 61/09 – nicht

rechtskräftig) sah einen Beratungsfehler als gegeben an, weil ein Anlageberater der

Postbank einen Anleger nicht darüber aufgeklärt hatte, dass im Falle einer Insolvenz

der Emittentin keine Absicherung über den Einlagensicherungsfonds besteht.

4. Die Aufklärung über das wirtschaftliche Eigeninteresse der Bank

Nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 19.12.2006 (Az. XI ZR 56/05) über so

genannte Kick-Back-Provisionen ist es ein für die Anlageentscheidung des Kunden

bedeutender Umstand, ob die Bank durch die Anlageempfehlung verdeckte

Rückvergütungen (sog. Kick-Back-Provisionen) von den Emittenten bezieht. Der

Kunde muss also in die Lage versetzt werden zu beurteilen, ob die Anlage aufgrund

des eigenen Umsatzinteresses der Bank empfohlen wird oder ob die

Produktempfehlung an den Kunden im Vordergrund steht. Dies ist aber nur dann der

Fall, wenn der Kunde über sämtliche Provisionen (z.B. Ausgabeaufschläge und Kick-

Back-Provisionen) aufgeklärt wird.

Diese Rechtsprechung des BGH hat das Landgericht Hamburg am 23.06.2009 (Az.

310 O 4/09) nun entsprechend angewandt und sie grundsätzlich auf das generelle

wirtschaftliche Eigeninteresse der Bank ausgeweitet. Nach der Urteilsbegründung

ist der Bankkunde auch darüber aufzuklären, wie hoch die Gewinnmarge und das

eigene wirtschaftliche Risiko der Bank bei dem Absatz eines Zertifikats ist. Klärt

die Bank hierüber im Beratungsgespräch nicht auf, ist dies als Beratungsfehler

anzusehen und kann Schadensersatzansprüche auslösen.

Diese Auffassung bestätigte das Landgericht Hamburg eine Woche später in einem

ähnlich gelagerten Fall (Urteil vom 01.07.2009, Az. 325 O 22/09)

5. Die objektgerechte Beratung und der Verkaufsprospekt

Zum anderen hat die Bank die Verpflichtung, objektgerecht zu beraten. Hiernach

hat der Anlageberater über die für die Anlageentscheidung bedeutsamen Umstände

wahrheitsgemäß, richtig und vollständig aufzuklären. In der Praxis geschieht die

objektgerechte Beratung durch die Übergabe und Erläuterung einer

Verkaufsunterlage. Hier ist im Einzelfall zu prüfen, ob die wesentlichen

Informationen über das Zertifikat enthalten sind und ob gemäß § 15 Abs. 2 WpPG

ein Hinweis auf den vollständigen Verkaufsprospekt erfolgt ist.

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Auch die mündlichen Erläuterungen zu dem Anlageobjekt müssen den Tatsachen

entsprechen und vollständig sein. Z.B. darf auf Nachfrage nicht verschwiegen

werden, dass neben dem Kursrisiko eines Index, an den ein Zertifikat gekoppelt

ist(z.B. EuroSTOXX), auch das Risiko des Totalverlustes durch Insolvenz des

Emittenten besteht. Dieser Hinweis muss jedenfalls dann erfolgen, wenn ein

erhebliches und reales Insolvenzrisiko besteht.

6. Ursächlichkeit der Falschberatung für die Anlageentscheidung

Schließlich ist zu klären, ob gerade die falsche Beratung ursächlich für die

Anlageentscheidung war. Hätte, mit anderen Worten, der Anleger auch bei einer

richtigen Beratung dieselbe Entscheidung getroffen, haftet die Bank nicht.

II. Höhe des Schadens

Wie generell im Schadensersatzrecht, ist auch hier der Anleger so zu stellen, wie er

stehen würde, wenn das Beratungsgespräch tatsächlich anleger- und objektgerecht

gewesen wäre. Ist z.B. das Risiko des Totalverlustes verschwiegen oder bei

Absehbarkeit der Insolvenz verharmlost worden, ist zu fragen, ob der Anleger dann

eine andere Anlageform, z.B. ein Festgeld, gewählt hätte.

Kann diese Frage bejaht werden, müsste die Bank Zug-um-Zug gegen Rückgabe

der Zertifikate die Einlagen zurückgewähren und den erlittenen Zinsverlust aus

einem Festgeldkonto erstatten.

Wurde der Anleger durch Falschberatung zum Halten eines Zertifikats veranlasst,

wäre ihm zumindest der entgangene Verkaufserlös, der sich nach dem Börsenkurs

errechnet, zu erstatten. Auch hier wären die Zertifikate an die Bank zurückzugeben.

III. Beweislast

Klagt ein Anleger auf Schadensersatz aus einer Verletzung des Beratungsvertrages,

muss er allerdings das Risiko der Beweislast auf sich nehmen.

Der klagende Anleger hat den Inhalt des Beratungsgespräches zu beweisen und

insbesondere, ob es anleger- und objektgerecht war. Erleichterungen entstehen

dann, wenn die Beratung zumindest teilweise schriftlich oder über E-Mail geführt

wurde. Der Beweis kann auch durch Zeugen geführt werden, z.B. den Ehepartner,

der beim Beratungsgespräch mit anwesend war.

Hinsichtlich der Ursächlichkeit der Falschberatung für die Anlageentscheidung

gilt allerdings eine Beweiserleichterung zugunsten des Anlegers durch die

sogenannte „Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens“: Steht die

Falschberatung fest, ist es an der Bank zu beweisen, dass der Anleger auch bei

einer richtigen Beratung genauso gehandelt hätte. Dies wurde jüngst durch das

Landgericht Hamburg bestätigt (Entscheidung vom 23.06.2009, Az. 310 O 4/09 –

nicht rehtskräftig).

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IV. Rechtsschutz durch „Sammelklagen“ oder Musterklagen?

Ob die Bank zu haften hat, ist in aller Regel eine Einzelfallentscheidung. Jeder

Anleger hat individuelle Anlageziele und individuelle persönliche Verhältnisse, die ihn

zu seiner Anlageentscheidung führen. Auf der anderen Seite ist das

Beratungsgespräch durch den jeweiligen Anlageberater sehr individuell geprägt.

Das Institut der „Sammelklage“, das aus dem US-Recht bekannt ist („class action“),

gibt es im deutschen Recht nicht. Auch die Musterklage nach dem

Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) ist nur dann sinnvoll, wenn ein

Unternehmen, z.B. Lehman Brothers, falsche Kapitalmarktinformationen

veröffentlicht hätte, bspw. in Prospekten oder ad-hoc-Mitteilungen. Dies ist, soweit

zur Zeit ersichtlich, nicht der Fall gewesen. Auch wäre hier nicht die Bank – die ja für

solcherlei Fehlinformationen nicht verantwortlich ist – sondern die Emittentin haftbar.

In jedem Fall muss sorgfältig analysiert werden, wie und wann die

Beratungsgespräche stattgefunden haben, um so für den individuellen Einzelfall zu

klären, ob ein Vorgehen gegen die Bank oder den Anlageberater Aussicht auf Erfolg

hat oder nicht.

Für weitere Informationen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Setzen Sie sich

einfach mit uns in Verbindung. Rechtsanwalt Kai M. Simon ist Fachanwalt für

Handels- und Gesellschaftsrecht. Er vertritt und berät schwerpunktmäßig auch in

allen Fragen rund um Bank- und Kapitalanlagerecht.

Rechtlicher Hinweis:Wir weisen ausdrücklich darauf hin, dass es sich hierbei um

unverbindliche Informationen handelt, die nicht als Rechtsberatung zu qualifizieren

sind.

Dr. jur. Kai M. Simon

Rechtsanwalt

Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Kanzlei Dr. Müller & Kollegen

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