Click here to load reader
Upload
albert
View
218
Download
4
Embed Size (px)
Citation preview
114
4 Messverfahren
4.1 Schrittskizze
Schrittskizzen liefem einen ersten Eindruck yom Objekt. In PETZET & MADER (1993) werden sie Orientierungspliine genannt. Eine so1che Skizze ist eine brauchbare Grundlage fUr die Planung einer umfangreicheren Bauaufnahme. Jede Person, we1che Bauwerksvermessung betreibt, sollte sein individuelles SchrittmaE kennen. Dazu wird eine definierte Strecke markiert, etwa 50 m. Man schreitet diese Strecke s mehrmals mit einer angemessenen Schrittweite und zahlt die Schritte n. Aus dem Quotienten
s[m] sSchritt[m] =-
n (4-1)
kann man sein individuelles SchrittmaE bestimmen. Dieses wird auf einem karierten Blatt Papier vermerkt. Der MaEstab wird so gewahlt, dass ein Kastchen auf dem Papier einer moglichst runden Zahl von Metem oder Schritten entspricht. Diese GroEe ist auf dem Blatt zu vermerken.
Zunachst wird die auEere Form des Gebaudes und die relevanten AuEenanlagen mit SchrittmaE erfasst und gezeichnet, urn dem Prinzip "vom-GroEen-insKleine" zu entsprechen. Auf dem Blatt muss ein Nordpfeil angebracht werden, urn die Einordnung des Blattes zu ermoglichen. Wird mehr als ein Blatt benotigt, wird am Blattschnitt jeweils die Nummer des benachbarten Blattes vermerkt.
AnschlieEend wird ein Nummerierungsschema fUr die Raume der einzelnen Etagen festgelegt (Kap. 2.2.1) und es werden Schrittskizzen der einzelnen Etagen erstellt. Diese beinhalten neben den Wanden und Wandoffnungen wichtige, fest eingebaute Objekte (Treppen, Of en etc.) sowie sonstige bauliche Besonderheiten (Gewolbe, Gesimse, etc.).
4.2 HandaufmaB
Das HandaufmaE ist in CRAMER (1993) und WANGERIN (1992) detailliert dargestellt. In diesem Buch wird es nur kurz erlautert und die Anbindung an ein lokales Bezugssystem beschrieben. Dies kann mit Hilfe geodatischer Methoden hergestellt werden (siehe Kap. 4). Haufig wird dem Team fUr das HandaufmaE ein Plot geodatisch gemessener Punkte zur Verfiigung gestellt. Wah rend ein geodatisches A. Wiedemann, Handbuch Bauwerksvermessung© Birkhäuser Verlag 2004
4.2 HandaufmaB 115
Abb. 4.1: Typische HandaufmaBszene (Foto: Abb. 4.2: HandaufmaB mit Zeichenbrett auf Katja Heine) einem Stativ im Feld
Bezugsnetz in der Regel aus aktuellen und ehemaligen Instrumentenstandpunkten besteht, wird beim HandaufmaB ein Netz aus Wandpunkten bevorzugt. Diese bilden dann die Endpunkte fUr Messungslinien.
Diese Messungslinien sind im Grunde niehts anderes als temporare Koordinatenachsen, auf welche die Messungen bezogen werden. Durch Drehen und Verschieben eines transparenten Blattes tiber einem anderen Blatt mit den Endpunkten der Messungslinie erfolgt eine einfache ebene Koordinatentransformation (siehe Kap. 1.3.4.3). Diese erfolgt zwischen dem Messungssystem und dem Koordinatensystem des Blattes mit den eingezeichneten Festpunkten als Passpunkten. Das Bezugsnetz wird vor Ort mit Hilfe von horizontalen und vertikalen Schntiren realisiert. Hilfreieh ist es, auf den Schniiren Metermarken anzubringen. So kann man sieh bei der Dreipunktmessung (= geodatischer Bogenschlag, Kap. 4.3.1) gleich auf diese bereits gezeichneten Punkte stiitzen. Das Schnurnetz muss so angelegt werden, dass jeder zu erfassende Punkt des Objekts auf die Schniire eingemessen werden kann. Ideal ist es, wenn die Schniire moglichst in den horizontalen und vertikalen Schnittebenen angebracht werden.
Das HandaufmaB erfordert den direkten Zugang zu jedem zu messenden Punkt. Daher sind fUr hoher gelegene Punkte zumindest Leitern erforderlich (Abb. 4.1). Besser sind natiiriieh Geriiste, welche aber nicht immer verfUgbar sind.
Wiehtig ist beim HandaufmaB, dass bereits vor Ort im Augenschein des Objekts die Zeichnung erstellt wird, da voriaufige Skizzen oft zu Fehlinterpretationen fUhren. Viele Fehler lassen sieh durch ein sorgfaitiges Gegeniiberstellen von Zeiehnung und Objekt vermeiden. Man beachte, dass man mit einem HandaufmaB eine betrachtliche lokale Genauigkeit erzielen kann. Eine ausreiehende Genauigkeit tiber das ganze Objekt Uisst sich nur mit Hilfe eines geodatischen Netzes erzielen.
116 4 Messverfahren
Heute erfolgt oftmals die Erfassung von Gebiiuden mit der Hilfe von HandEntfernungsmessern (z.E. Disto von Leica), Laptop und geeigneter Software (z.B. MOBIl Handy von IngenieurTeam2 und miniCASOB von aadiplan) direkt in einen CAD-Datensatz.
4.3 Punktbestimmung ohne Theodolit
1m Vermessungswesen wird in der Regel im Feld ein so genannter Feldriss angelegt, in dem aIle wesentlichen MaBe verzeichnet sind. 1m Katasterwesen gilt dieser Feldriss als Dokument. Er muss mit dokumentenechter Tinte gezeichnet werden. AuslOschungen sind nicht zuliissig. Festpunkte werden als Dreiecke dargesteIlt, Grenzpunkte als Quadrate (Kap. 7.3).
4.3.1 Bogenschlag
Der Bogenschlag erlaubt die Berechnung eines Punktes ausschlieBlich aus Streckenmessungen. Problematisch ist immer die Definition der Lage, da der Bogenschlag grundsiitzlich zwei L6sungen anbietet.
Es wird ein Hilfsdreieck PA, PB, PN gebildet. Zuniichst wird die Strecke zwischen den bekannten Punkten PA und PB berechnet, wenn sie nicht gemessen wurde:
y y
x x
Abb. 4.3: Bogenschlag: graphische Losung mit Abb. 4.4: Bogenschlag: rechnerische Losung dem Zirkel mit dem Hilfsdreieck PA PSPN
4.3 Punktbestimmung ohne Theodolit 117
Ais Nachstes werden die HilfsgroBen p und q berechnet:
(4-3)
Deren Summe muss gleich der Gesamtlange der Strecke SAB sein (Probe):
SAB = p+q (4-4)
Die Berechnung der Dreieckshohe folgt darauf. Sie kann aus beiden HilfsgroBen berechnet werden.
(4-5)
Die Hohe h wird fUr Punkte links der Linie von PA nach PB negativ eingefUhrt! Nun lassen sich die Koordinaten des Punktes PN berechnen:
Beispiel:
Gegeben
PA (200,00; 200,00),
P8 (210,00; 201.00),
Geme sen
SAN- 5,00 m s8N- 7,62 m
(4-6)
Gesucht
Es wird ein Hilfsdreieck PA, PB, PN gebildet. Zunachst wird die Strecke zwischen den bekannten Punkten PA und PB berechnet:
SAB =~(XB -XA)2 +(YB -yA )2
= ~(21O,00 - 200,00)2 + (201,00 - 200,00)2 = ~ 10,002 + 1,002 = ~ 101,00
= 10,05
10,052 + 5,002 - 7,622
2·10,05
101,0025 + 25,00 - 58,0644
20,10
= 3,380
10,052 - 5,002 + 7,622
2·10,05
101,0025 - 25,00 + 58,0644
20,10
= 6,670
118 4 Messverfahren
Deren Summe muss gleich der Gesamtlange der Strecke S AB sein (Probe):
sAB=P+q
10,05 = 3,38 + 6,67
10,05 = 10,05
Die Berechnung der Dreieckshohe folgt darauf. Sie kann aus beiden HilfsgroBen berechnet werden.
hI =~S~N-p2 =~5,0002 -3,3802
=~13,376 = 3,685
h:2 =~S~N -l = '7622 -66i " , , =~13,376 =3,685
Die Hohe h wird flir Punkte links der Linie von PA nach PB negativ eingeflihrt, so auch bei unserem Fall h = -3,685. Nun lassen sich die Koordinaten des Punktes PN berechnen:
X -X X B - X A h YB - YA N- A+P· + ._-SAB sAB
=20000+3380. 210,00-200,00 +(-3685). 201,00-200,00 " 10,05 ' 10,05
=20000+3380. 10,00 -3685. 1,00 , , 10,05 ' 10,05
= 200,00+ 3,363-0,367
=202,996
Y _ Y YB - YA h X B - X A N- A+P·--- .~-.!..!.
SAB sAB
=20000+3380. 201,00-200,00 (-3685). 210,00-200,00 " 10,05 ' 10,05
=20000+3380. 1,00 +3685. 10,00 , , 10,05 ' 10,05
= 200,00+ 0,336 + 3,667
=204,003
4.3.2 Einbindeverfahren
Das Verfahren erlaubt die Berechnung von Punkten auf einer Messungslinie zwischen zwei bekannten Punkten. Mochte man ein Objekt abseits einer Messungslinie mit dem Einbindeverfahren bestimmen, mtissen zwei Hilfspunkte auf zwei benachbarten Messungslinien so festgelegt werden, dass der zu bestimmende Punkt auf deren Verbindungslinie liegt.
4.3 Punktbestimmung ohne Theodolit 119
§Q.ll OO'TI 234 235
~ ; • II: ~ E I/O
~ 8 .... co
gv'9~ 58,31 ----- . . -----,~
30,9 ----_ . , t 0.00
~ ~ ~ 0 U' ~9 ...
§ ;:: m ..,
N 0
~
Q.QQ 114
~------------______ ~11g5 Abb. 4.5: Einbindeverfahren
1m AuBenbereich werden die Endpunkte der Messungslinie in der Regel mit Hilfe von Fluchtstangen realisiert. Eine Person steht am Ende der Messungslinie und fluchtet einen Helfer auf der Messungslinie ein.
Zu empfehlen ist es, auch die Strecke zwischen den beiden Endpunkten der Messungslinie zu bestimmen. Sollte das Streckenmesssystem (z.B. Messband) einen MaBstabsfehler haben, kiirzt sich dieser heraus, wenn im Nenner des Bruchs die gemessene Gesamtstrecke verwendet wird.
Beispiel:
Gegeben
PI (200,00; 200,00),
Pz (280,10; 201,05),
Gemessen
SI2 - 80,19 m SIN - 30,98 m
(4-7)
Gesucht
Der auf der Linie von PI (114) nach P2 (234) liegende Punkt Pn solI berechnet werden.
120
X2 -XI X N =X1+s1N-
s12
= 200 00 + 30 98 . 280,10 - 200,00 , , 80,19
= 200 00 + 30 98 . 80,1 0 , , 80,19
= 200,00 + 30,98·0,9989
= 230,95
4.3.3 Orthogonalverfahren
Y2 -1] YN =1] +SI N-
S12
4 Messverfahren
= 200 00 + 30 98. 201, OS - 200,00 , , 80,19
= 200 00 + 30 98. 1, OS , , 80,19
= 200,00+ 30,98· 0,0131
= 200,41
Der seitwarts der Linie von P102 nach P 103 liegende Punkt P n solI berechnet werden. Der LotfuEpunkt wird mit dem Rechtwinkelprisma bestimmt (Kap. 3.2.2.1).
, ,
, ,
, ,
'--' :~
" ·o~
, ,
, ,
, ,
, ,
, ,
t N
Abb. 4.6: Orthogonalverfahren
4.3 Punktbestimmung ohne Theodolit 121
Formeln: Berechnung der HilfsgroBen a und 0:
x2 -x, 0=---
s12 (4-8)
Berechnung der neuen Koordinaten Xn und Yn:
(4-9)
FUr Punkte links der Messungslinie wird Ss negativ.
Abb. 4.7: Einfluchten mit dem Rechtwinkelprisma
122
Beispiel:
Gegeben Gemessen
P102 (200,00; 200,00),
P103 (242,00; 256,00),
S102 - 103 69,98 m
fur Punkt Pn: sF - 27,86 m Ss - 30,00 m
fur Punkt Pm: SF - 38,02 m Ss - 29,80 m
Berechnung der HilfsgroBen a und 0 (Forme14-8):
256,00 - 200,00
69,22
56,00
69,22
242,00 - 200,00
69,22
42,00
69,22
= 0,8090 = 0,6068
Xn=X,+SF oo+ Ss oa
= 200,00 + 27,86 0 0,6068 + 30,00 0 0,8090
= 200+ 16,91 + 24,27
=241,18
Yn=J[+sF oa-ss oo
= 200,00 + 27,86 0 0,8090 - 30,00 0 0,6068
= 200 + 22,54 - 18,20
= 204,34
Flir Punkte links der Messungslinie wird Ss negativ:
Xm=X,+SF oo+ ssoa
= 200,00 + 38,02 0 0,6068+ (-29,80) 0 0,8090
= 200+ 23,07 - 24,1 1
= 198,96
Ym =J[ +sF oa-ss 00
= 200,00 + 38,02 0 0,8090 - (-29,80) 0 0,6068
= 200 + 30,76 + 18,08
=248,84
4 Messverfahren
Gesucht
Neupunkt Pn (Xn' Yn) und Pm (Xm, Ym)
4.3 Punktbestimmung ohne Theodolit 123
4.3.4 SpannmaBkontrolle
AIle Messungen und Rechnungen sind zu verproben. Dazu werden vor allem SpannmaBkontroIlen eingefiihrt. Hierzu wird die nach Pythagoras berechnete Strecke zwischen zwei berechneten Punkten mit der gemessenen Strecke verglichen.
Formeln: Die Formeln im zweidimensionalen Fall sind:
Die Formeln im dreidimensionalen Fall sind:
Beispiel:
Gegeben
PI (200,00; 200,00),
P2 (197,00; 204,00),
Gemessen
$12 4,98 m
lU kontrollleren
Die Strecke von PI nach P2 aus Koordinaten wird wie folgt berechnet:
sr = ~(X2 - X 1)2 + (Y2 - y1)2
= ~(197,00 - 200,00)2 + (204,00 - 200,00)2
= ~(-3,00)2 + 4,002 =~ 9,00+ 16,00 = ~ 25,00
=5,00m
(4-10)
(4-11)
(4-12)
Die zuUissigen Abweichungen hangen von der zu erzielenden Genauigkeit abo Siehe dazu Kap. 2.2.5.
4.3.5 Streckennetz
Ein 2D-Streckennetz besteht aus einer Vielzahl von Streckenmessungen. Basierend auf mindestens zwei bekannten Punkten, konnen weitere Punkte dem Netz hinzugefiigt werden, indem mindestens zwei, besser mehr Strecken zu den Neupunkten von bereits bekannten Punkten der Messung hinzugefiigt werden. Dabei kann man sich das Streckennetz wie eine Konstruktion aus HolzsHiben interpretieren. Jede Streckenmessung bildet eine Strebe in einem Holzgeriist. Gelingt es
124 4 Messverfahren
(}------ 5,47 ------{) 4 •
u------ 5,47 ------0
LC') .j:> LC') 0, ..; 0"1
1._5,46 -L.l6 1 "
.> '\, '//
/ ~ 5,46 Abb. 4.8: Streckennetze mit vier Punkten: instabil (links) und stabilisiert (rechts)
ein stabiles Gertist aufzubauen, so ist auch die Berechnung der Neupunkte im Streckennetz in iihnlicher Weise m6glich.
Wiihrend das linke Netz in Abb. 4.8 instabil ist, da eine horizontale Verschiebung der oberen Neupunkte zur Seite nicht festgestellt werden kann, ist durch eine oder zwei Querverstrebungen das Netz zu stabilisieren.
4.4 Zielpunktvermessung
Unter Zielpunktvermessung werden diejenigen Verfahren zusammengefasst, die einen beliebigen Punkt im Raum von bekannten Standpunkten aus bestimmen.
4.4.1 Polarpunktvermessung
Bei der Polaraufnahme oder polares Anhiingen werden Neupunkte nur von einem Punkt aus angemessen. Es wird der Winkel zwischen einem bekannten Punkt und dem Neupunkt gemessen sowie die Strecke zum Neupunkt.
Der Vorteil des Verfahrens ist, dass man aIle Bestimmungselemente eines Punktes von einem Standpunkt aus ermitteln kann. Darin liegt auch der Nachteil des Verfahrens. Die Messung zu dem Punkt ist nicht kontrolliert, da keine Uberbestimmung vorliegt. Punktverwechslungen und fehlerhafte Anzielungen fiihren zu nicht feststellbaren Fehlern.
SolI auch die H6he des Punktes bestimmt werden, kann dies in einem Zug durch die zusiitzliche Bestimmung der Zenitdistanz und eine trigonometrische H6hentibertragung (Kap. 4.7.3) erfolgen. Ftir die H6henbestimmung des Neupunkts ist noch die Information tiber die H6he der Kippachse tiber dem Bodenpunkt (is) und der Zieltafel tiber dem Zielpunkt (iz) erforderlich.
4.4 Zielpunktvermessung 125
y y
x x Abb. 4.9: Bestimmung der Orientierungsunbe- Abb. 4.10: Bestimmung des Richtungswinkels kannten zum Neupunkt
y
y
1
, , , , : x : ~ , :
x
Abb. 4.11: Bestimmung Neupunktskoordinaten Abb. 4.12: Polaraufnahme
Formeln: Zunachst wird der Richtungswinkel aAo auf dem Punkt PA zum Punkt Po berechnet (Kap. 3.2.2.4) :
a~ =arctan(XO -XA) YO-YA
(4-13)
Mit Hilfe der Richtung rAo zu Punkt Po kann dann die Orientierungsunbekannte 0 A berechnet werden.
(4-14)
126 4 Messverfahren
AnschlieBend wird durch Addition der Orientierungsunbekannten und der gemessenen Richtung zum Neupunkt rAN der Richtungswinkel zum Zielpunkt aAN berechnet.
(4-15)
Der Richtungswinkel zum Neupunkt kann auch ohne Orientierungsunbekannte berechnet werden. An dessen Stelle dessen wird der Winkel flAON verwendet:
a1 =a~ + f3~N
=a~ +(rJ' -/j)
(4-16)
Die Koordinaten der Neupunkte lassen sich unter Nutzung der Horizontalstrecke SAN dann berechnen:
Beispiel:
Gegeben Gemessen
Standpunkl: PA (200,00; 200,00) 'AO • 123,456 gon
Anschlussp.: Po (197,OO~ 204,00) 'AN . 205,389 gon
a~ =arctan(XO-XAJ YO-YA
( 197,00- 200,00J = arctan -'-------'--
204,00 - 200,00
= arctan( -0,75)
= -40,966 gon( +400 gon)
= 359,033 gon
= 359,033 gon -123,456 gon
= 235,577 gon
sAN - 5,00 m (Horizontalslrecke)
(4-17)
Gesucht
4.4 Zielpunktvermessung
Berechnung der Richtungswinkel nach Gl. (4-15):
N N aA =rA +oA
= 205,389 gan + 235,577 gan
= 440,966 gan
= 40,966 gan
a'j = a1 + f31N
=a1 +(r% -/])
= 359,033 gan + (205,389 gan -123,456 gan)
= 359,033 gan + 81,933 gan = 440,966 gan
= 40,966 gan
127
Die Koordinaten der Neupunkte rechnen sich unter Nutzung der Strecke sAN= 5,00 m dann zu:
X N = XA + SAN . sin(a'j)
= 200,00+ 5,00· sin(40,966 gan)
= 200,00 + 5,00·0,6000
= 200,00 + 3,00
= 203,00
YN = YA + sAN' cas(a'j) = 200,00+ 5,00· cas(40,966 gan)
= 200,00 + 5,00·0,8000
= 200,00 + 4,00
=204,00
Somit ergeben sich die Koordinaten des Neupunkts zu PN (203,00; 204,00).
4.4.2 Vorwiirtsschnitt
Beim Vorwartsschnitt werden die Neupunkte von mindestens zwei Standpunkten aus angemessen, wobei nur die Horizontalrichtungen und die Zenitdistanzen ohne Streckenmessungen bestimmt werden. Wichtig ist dabei den gleichen Punkt zweimal anzuzielen. Urn dies bei nicht signalisierten nattirlichen Punkten an einem Bauwerk sicherzustellen, miissen die beim ersten Durchgang gemessenen Punkte sehr sorgfaltig dokumentiert werden. Dies kann durch eine detaillierte Zeichnung oder durch Markierung auf einem groBen, vor der Messkampagne aufgenommenen, Fotoabzug erfolgen. Eine andere gute, aber aufwendige Strategie ist die gleichzeitige Messung mit zwei Theodoliten. Wird in eines der Instrumente koaxial ein Laserpointer eingebaut, kann dieser als Zeiger am Objekt dienen. Man hat dabei manchmal Probleme mit der Sichtbarkeit im hell en Sonnenlicht.
Der Vorteil des Verfahrens ist, dass man keine Strecke zum Neupunkt mess en muss. Somit konnen unzugangliche Punkte in groBer Entfernung bestimmt werden. Des Weiteren liegt zumindest eine Kontrolle der Hohe vor, wenn die Zenitdis-
128
t
4 Messverfahren
tanz an beiden Standpunkten gemessen wurde. Bei steilen Visuren erfolgt auch eine gewisse Kontrolle der Lagekoordinaten, wenn die Berechnung der Koordinaten im Rahmen einer Neupunktoder Netzausgleichung (Kap. 4.4.3 und Kap. 4.6.4) bestimmt wurden.
Bis zum Aufkommen reflektorlos messender Totalstationen war der Vorwartsschnitt das gangigste Verfahren zur Vermessung unzuganglicher Punkte.
Formeln: Zunachst wird der Richtungswinkel aAo auf dem Punkt PA zum Punkt Po und aB1 auf dem Punkt PB zum Punkt
Abb. 4.13: Vorwartsschnitt PI berechnet:
a1 =arctan(X1-XB ) Yj -YB
(4-18)
Die Richtungswinkel zum Neupunkt k6nnen somit auch berechnet werden:
a1 =a~ + f3~N o N 0 =aA +(rA -rA)
Y Po 1 t
YN
- __ ___ _ _________ PN
x
x
Abb. 4.14: Vorwartsschnitt
a~ =a1 + f3Jf 1 (N I) =aB + rB -rB
(4-19)
Y i y
x
Abb. 4.15: Vorwartsschnitt: das Hilfsdreieck PA PBPN
4.4 Zielpunktvermessung 129
Die weitere Berechnung erfolgt im Dreieck PA PB PN- Dazu muss zunachst die Strecke und das Azimut zwischen den beiden Standpunkten berechnet werden:
A B aB =aA +200gon
(4-20)
(4-21)
(4-22)
Man kann nun die drei Winkel YA, YB, und YN im Dreieck PA PB PN berechnen:
(4-23)
Da die Winkelsumme im Dreieck 200 gon ist gilt:
YN =200 gon-YA -YB (4-24)
Der Sinussatz im Dreieck PA PB PN erlaubt uns jetzt die Berechnung der Strecken von PA und PB zu PN:
SAN = sin(YB)
SAB sin(YN)
Daraus folgt:
SBN = sin(YA) SAB sin(YN) (4-25)
(4-26)
Die Koordinaten der Neupunkte lassen sich mit Hilfe dieser Daten sowohl von PA aus, als auch von PB durch polares AnMngen (Kap. 4.4.1) berechnen. Die Zweitrechnung erlaubt nur die Kontrolle eines Teils der Berechnungen. Daraus folgt
(4-27)
(4-28)
130 4 Messverfahren
Wir k6nnen nun auch die H6he ZN von zwei Punkten aus bestimmen. Diese Zweitberechnung kontrolliert im Gegensatz zu den Lagekoordinaten nicht nur die Berechnung, sondern auch die Messdaten. Die Berechnung der H6he des Neupunkts erfolgt auf der Basis der trigonometrischen H6hentibertragung (Kap. 4.7.2).
Beispiel:
Standpunkt: PA (200,00; 200,00)
Anschlussp.: Po (197,00; 204,00)
Standpunkt: PB (210,00; 201,00)
Anschlussp.: P, (213,00; 205,00)
a~ = arctan ( Xo - XA) YO-YA
( 197,00- 200,00) = arctan --'-------=--204,00 - 200,00
= arctan( -0,75)
= -40,966 gone + 400 gon)
= 359,033 gon
Gemessen
fAO - 123,456 gon
fAN - 205,389 gon
fB' - 54,123 gon
f8N - 338,933 gon
Gesucht
a1 =arctan(X1-XB ) >I -YB
( 213,00 - 210,00) = arctan -----205,00 - 201,00
= arctan(0,75)
= 40,966 gon
Die Richtungswinkel zum Neupunkt k6nnen somit auch berechnet werden:
a'j=a~+f3~N a;=a1+f3}f
=a~ +(rl' -/]) =a1 +(rB" -r~)
= 359,033 gon + (205,389 gon -123,456 gon) = 40,966 gon + (338,933 gon - 54,123 gon)
= 359,033 gon +81,933 gon = 40,966 gon + 284,810 gon
= 440,966 gon = 325,776 gon
=40,966gon
4.4 Zie1punktvermessung
SAB = ~(XB -XA)2 +(YB -yA)2
= ~(21O,00 - 200,00)2 + (201,00 - 200,00)2
= ~ 10,002 + 1,002 = ~ 101,00
= 10,05
B N YA =aA -aA
= 93,655 gon - 40,966 gon
=52,689 gon
YN =200 gon-YA -YB
= 200 gon - 52,689 gon - 32,121 gon
= 115,190 gon
sin(r B) SAN=SAB·-.-
sm(rN)
= 10 05. sin(32,121 gon) , sin(115,190 gon)
= 10 05. 0,48342 , 0,97167
= 10,05·0,49751
=5,00
a! = arctan (XB -XA) (YB - YA )
= arctan (210,00 - 200,00) (201,00 - 200,00)
= arctan(lO,OOOO)
=93,655 gon
a; = a! + 200 gon = 293,655 gon
N A YB =aB -aB
= 325,776 gon - 293,655 gon
= 32,121 gon
sin(rB) sBN=sAB·-.-
sm(rN)
= 10 05. sin(52,689 gon) , sin(115,190 gon)
= 10 05. 0,73633 , 0,97167
= 10,05 ·0,75780
=7,62
Berechnung der Koordinaten nach Gl. (4-27) und (4-28):
= 200,00 + 5,00· sin(40,966 gon)
= 200,00 + 5,00·0,60000
= 200,00 + 3,00
=203,00
= 210,00 + 7,62· sin(325, 776 gon)
= 210,00 + 7,62· (-0,91915)
=210,00-7,00
=203,00
131
132
= 200,00 + 5,00· cos(40,966 gon)
= 200,00 + 5,00 . 0,80000
= 200,00 + 4,00
=204,00
4 Messverfahren
= 201,00 + 7,62· cos(325,776 gon)
= 201,00 + 7,62·0,39392
=201,00+3,00
=204,00
Wie man erkennt, sind beide Koordinatensatze identisch.
4.4.3 Neupunktausgleichung
Die Neupunktausgleichung ist die simultane Berechnung der Koordinaten des Neupunkts aus einer beliebigen Kombination von Messungen, sofem diese zur Bestimmung der Koordinaten ausreichen. Es ki::innen dies z.B. polare Bestimmungselemente von einem Standpunkt (aAN, SAN, ZAN) aus und die Winkel (aBN,
zdBN ) von einem zweiten Standpunkt aus sein. Die vorhandenen Oberbestimmungen werden zur Kontrolle und Genauigkeitssteigerung herangezogen. Die Gesamtredundanz (red) muss positiv sein, d.h. die Zahl der Beobachtungen n muss gri::iBer oder gleich der Zahl der Unbekannten (hier 3) sein. Die Berechnung erfolgt in der Regel als Ausgleichung vermittelnder Beobachtungen mit den Messelementen als Beobachtungen und den Koordinaten des Neupunktes als Unbekannten (siehe auch Kap. 4.6.4).
4.5 Standpunktvermessung
1m Gegensatz zur Neupunktbestimmung muss bei der Standpunktvermessung ein Stativ tiber dem zu bestimmenden Punkt aufgestellt werden. Neben den Koordinaten des Standpunktes wird bei diesen Verfahren auch die Orientierungsunbekannte mitbestimmt, so dass Neupunktvermessungen von dem jeweiligen Standpunkt gleich angeschlossen werden ki::innen.
4.5.1 Ebener RUckwartsschnitt
Der Rtickwartsschnitt erlaubt die Bestimmung der Standpunktkoordinaten ohne Streckenmessung durch Richtungsmessung zu drei bekannten Punkten. Es gibt dazu einige Li::isungen, unter anderem die hier vorgestellte Li::isung nach CASSINI (GRUBER 1996). Andere Li::isungen sind das Rtickwartseinschneiden als Schnitt von drei Geraden (GROSMANN & KAHMEN 1983) oder die Berechnung nach COLLINS (WITTE & SCHMIDT 2000). Diese gleichwertigen Verfahren werden hier aber nicht dargestellt. Das genannte Verfahren eignet sich hervorragend zur Bestimmung der eigenen Position unter Verwendung bekannter Punkte. Hat man die Koordinaten von drei Antennen, Gipfelkreuzen oder Kirchttirmen, kann man
4.5 Standpunktvermessung
Y PA
YN ---------- - - , PN , , , , , , , I ,
133
Ps
x Abb. 4.16: Ebener Ruckwartsschnitt
seine Position an jeder Stelle bestimmen, sofern man die drei Fernziele sehen kann. Eine andere Einsatzmaglichkeit ist in Innenraumen, in denen an Wanden oder durch WandOffnungen hindurch drei bekannte Ziele sichtbar sind.
Man muss darauf achten, dass die drei Zielpunkte und der eigene Standpunkt nicht auf einem gemeinsamen Kreis liegen. In diesem Fall wird die Lasung des Problems unbestimmt. Diese Konstellation nennt man gefahrlichen Kreis. Eine sichere Konfiguration hat man, wenn die drei Ziele gleichmaBig tiber den Horizont verteilt sind oder die drei Ziele auf einer Geraden liegen. Auch die Verwendung eines vierten Ziels lOst eine solche Unbestimmtheit auf, bedarf dann aber der Ausgleichung (Kap. 4.5.3).
Formeln: Zunachst werden in den beiden Hilfsdreiecken NAM und NMB (Abb. 4.16) die beiden Dreieckswinkel (y und c) am Punkt PN durch Bildung der Differenz der Richtungsbeobachtungen bestimmt.
(4-29)
Mit Hilfe dieser Winkel kannen die Koordinaten der beiden Hilfspunkte C und D berechnet werden.
(4-30)
(4-31)
134 4 Messverfahren
1m nachsten Schritt wird der Richtungswinkel zwischen den Hilfspunkten von Pc zu PD berechnet.
aB = arctan(XD -Xc) YD-YC
(4-32)
Nun lassen sich die Koordinaten des Punktes PN berechnen. Die HilfsgroBen p und q vereinfachen die Berechnung:
D p= tan(ac) 1
q=--tan(aB)
Dabei erfolgt zunachst die Berechnung der Y-Koordinate:
Y _ v _X""M'--_X""C_+--'qc..:,(Y""'M"-----'YC=) N -IC+ p+q
(4-33)
(4-34)
Fur die Berechnung der X-Koordinate ist eine Fallunterscheidung anzuwenden:
wenn gilt p < q
xN=XC+P(YN-Yc)
Beispiel:
Gegeben
Zielpunkt: PA (196,49; 845,77)
Zielpunkt: PM (735,95; 526,37)
Zielpunkt: PB (281,83; 132,55)
wenn gilt q < p
x N =xM -q(YN -YM)
Gemessen
rt/' - 213,2035 gon
r"ff - 339,5979 gon
r,/ 74,2190 gon
Neupunkt Pn
Bestimmung der Dreieckswinkel y und c:
= 339,5979 gon - 213,2035 gon
= 126,3944 gon
= 74,2190 gon - 339,5979 gon
= -265,3789 gone +400 gon)
= 134,6211 gon
(4-35)
4.5 Standpunktvermessung
Nun folgt die Berechnung der Richtungswinkel zum Neupunkt:
X -x (YM-YA ) C - A + -'--"''---='-
tan(YN)
= 19649 + 526,37 - 845,77 , tan(126,3944 gon)
=19649+ -319,40 , -2,27214
= 196,49 + 140,57
= 337,06
Yc =YA - (XM -XA )
tan(YN)
= 845 77 _ 735,95 -196,49 , tan(126,3944 gon)
= 845 77 _ 539,46 , -2,27214
= 845,77 +237,42
= 1083,19
x = X + (YB - Y M )
D B tan(sN)
=281,82+ 132,55-526,37 tan(134,6211 gon)
=28182+ -393,82 , -1,65387
= 281,82 + 238,12
=519,95
y _Y _ (XB-XM )
D - B tan(sN)
=13255- 281,83-735,95 , tan(134,6211 gon)
= 13255 _ -454,12 , -1,65387
= 132,55 - 274,58
= -142,03
Der Richtungswinkel zwischen den Hilfspunkten von Pc zu PD ist:
( 519,95-337,06 ) = arctan --'----'--142,03 -1083,19
( 182,89 ) = arctan = arctan( -0,14927) = -9,4332 gon (+200 gon) -1225,22
= 190,5668 gon
Die Hilfsgr6Ben p und q sind:
p = tan(ag)
= tan(190,5668 gon)
= -0,14927
1 1 q=--=-
tan(ag) P
-0,14927
=-6,69922
135
136 4 Messverfahren
Die Y-Koordinate berechnet sich zu:
Y _ y; _X-"M'---_X-"'-C_+--'q'-'-CY...cM"------'YC=) N - c+
p+q
= 1083 19 + 735,95 - 337,06 + C -6,69922)· (526,37 -1083,19)
, -0,14927-6,69922
= 1089 19 + 398,89 - 6,69922· C -556,82) = 1089 19 + 398,89 + 3730,26 , -6,84849 ' -6,84849
=108919+ 4129,15 =108919-60293 , -6,84849 ' ,
= 480,26
Da q = -6.69922 kleiner als p = -0,14927 ist, wird die rechte Formel (4-35) verwendet:
X N = xM -qCYN -YM)
= 735,95 - C -6,69922)· C 480,26 - 526,37)
= 735,95 + 6,69922· C -46,11)
= 735,95 - 308,90
= 427,05
4.5.2 Freie Stationierung
Die freie Stationierung ist ein flexibles Verfahren zur Bestimmung der Koordinaten und der Orientierung am aktuellen Standpunkt. 1m Gegensatz zum diumlichen Rtickwartsschnitt werden auch Streckenmessungen benotigt, dafiir gentigt die Anzielung zweier bekannter Punkte. 1m Grunde werden bei der freien Stationierung die Koordinaten der Punkte in einem lokalen System mit dem Ursprung im Standpunkt und der Orientierungsunbekannten 0 berechnet. AnschlieBend wird das lokale System in das System der Passpunkte transformiert. Die freie Stationierung mit zwei Passpunkten erfolgt mit den Formeln der vereinfachten 2D-Ahnlichkeitstransformation (Kap. 1.3.4.4, siehe Beispiel). Werden drei oder mehrere Passpunkte verwendet, wird die tiberbestimmte Ahnlichkeitstransformation (Helmert-Transformation, Kap. 1.3.4.3) verwendet. Wurde zu einem Ziel keine Strecke gemessen oder ist ein anderes Messelement nicht bekannt, wird die freie Stationierung zur Standpunktausgleichung (Kap. 4.5.3) verallgemeinert.
Es ist eine ungtinstige geometrische Konstellation, wenn aIle angezielten Passpunkte in einer Richtung liegen. Bei nur zwei Zielen ist die optimale KonsteIlation, wenn im Standpunkt etwa ein rechter Winkel zu den Zielen gemessen wird. Bei mehr Zielen wird eine gleichmiiBige Verteilung tiber den Horizont angestrebt.
4.5 Standpunktvermessung 137
y
Po
x Abb. 4.17: Freie Stationierung
Formeln: Zunachst werden die Koordinaten der Passpunkte (Xi', W) in einem lokalen Koordinatensystem berechnet, wobei die gemessenen Richtungen als Richtungswinkel betrachtet werden und der Standpunkt mit (0,0) angenommen wird. Die Formel basiert auf (4-17) und wurde vereinfacht.
X'i = SNi . sin(r~) Y'i = SNi . cos(r~) (4-36)
Nun erfolgt die Berechnung der Koordinatendifferenzen und der Strecken im lokalen System und im tibergeordneten Koordinatensystem (Formeln 1-4 bis 1-13):
lokales Koordinatensystem tibergeordnetes Koordinatensystem
(4-37)
Aus diesen Werten konnen dann unmittelbar die Transformationsparameter a und 0 berechnet werden.
(4-38)
Die geometrischen Parameter konnen mit folgenden Formeln berechnet werden:
m=~a2+i tan(a) = ~ => a = arctan ( ~ J (4-39)
Nun lassen sich Xo und Yo ableiten:
(4-40)
138
Beispiel:
Gegeben
Zielpunkt: PA (196,49; 845,77)
Zielpunkt: PB (281.83; 132,55)
4 Messverfahren
Gemessen Gesucht
rr/' - 213.2035 gon, sNA - 432,15 m Neupunkt Pn
r,/ - 74,2190 gon. sN8 - 376,82 m
Zunachst werden durch polares Anhangen an den Punkt (0,0) die lokalen Koordinaten der Passpunkte berechnet.
X'A =SNA ·sin(r~) = 432,15· sin(213,2035)
= 432,15 · (-0,205916)
=-88,99
X'B = sNB . sin(rt)
= 376,82· sin(74,2190)
= 376,82· (0,919115)
= 346,34
Y'A =sNA ·cos(r~) = 432,15 · cos(213,2035)
= 432,15· (-0,978570)
=-422,89
Y'B = sNB . cos(rt)
= 376,82· cos(74,2190)
= 376,82·0,393988
= 148,46
Punktnummer lokale Koordlnatensystem ubergeordnetes Koordlnatensystem
M'=XB'-XA'
X'[m)
- 88,99
346,34
0,00
= 346,34 - (-88,99)
= 435,33
M"=XB"-XA"
= 281,83-196,49
= 85,34
= J 435,332 + 571,352
= J 189512,2089+ 326440,8225
= J 515953,0314
= 718,30
Y'[ml
- 422,89
148,46
0,00
X"[ml
196,49
281,83
gesucht
~Y'=YB'-YA'
= 148,46-(-422,89)
= 571,35
~Y"=YB"-YA"
= 132,55 - 845,77
= -713,22
= J 85,442 + 713,222
= J 7282,9156 + 508682,7684
= J 515965,684
= 718,31
Y"[ml
845,77
132,55
gesucht
4.5 Standpunktvennessung
Berechnung der Transformationsparameter a und 0:
AX'·AX"+~Y'·~Y" a = ----:---
s,2
435,33·85,44 + 571,35· (-713,22)
718,302
37194,5952 - 407498,2476
515954,8900
-370303,6524
515954,89
= -0,717705
571,35·85,34 - 435,33· (-713,22
718,302
48759,0092 -(-310486,0626)
515954,8900
359245,0718
515954,8900
=0,696272
Die geometrisch interpretierbaren Werte sind:
m=~ = ~ 0,7177052 +0,6962722
=0.9999
Nun lassen sich XN und YN ableiten:
X N =xA "-a·XA '-a·YA '
( 0,696272 ) = arctan --'----0,717705
= arctan(-0,970137)
= -49,0351 gon
= 350,9649 gon
= 196,49 - (-0,717705)· (-88,99) -0,696272· (-422,89)
= 196,49 - 63,87 + 294,45
=427,07
Y N = YA "+ a . X A '- a . YA '
= 845,77 + 0,696272· (-88,99) - (-0,717705)· (-422,89)
= 845,77 - 62,00 - 303,51
=480,26
4.5.3 Standpunktsausgleichung
139
Die Standpunktausgleichung ist die simultane Berechnung der Koordinaten des Standpunktes aus einer beliebigen Kombination von Messungen zu bekannten Punkten, sofern diese Messungselemente zur Bestimmung der Koordinaten ausreichen. Es k6nnen dies beliebige polare Bestimmungselemente zu zwei oder mehr
140 4 Messverfahren
bekannten Punkten und z.B. Hohendifferenzen aus einem Nivellement sein. Die vorhandenen Uberbestimmungen werden zur Kontrolle und Genauigkeitssteigerung herangezogen. Die Gesamtredundanz (red) muss positiv sein, d.h. die Zahl der Beobachtungen n muss groBer oder gleich der Zahl der Unbekannten (hier 3 bis 4: 1 Orientierungsunbekannte und 2 bis 3 Standpunktskoordinaten) sein. Die Berechnung erfolgt in der Regel als Ausgleichung vermittelnder Beobachtungen mit den Messelementen als Beobachtungen und den Koordinaten des Standpunktes als Unbekannten (siehe auch Kap. 4.6.4)
4.6 Netzmessung
Die Bestimmung der Koordinaten aller Punkte des Bezugssystems ist die Aufgabe der Netzmessung. Eine Netzmessung verbindet die Erfassung von Standpunkten und Neupunkten und erlaubt die optimale Kontrolle aller Messungselemente (sofern Uberbestimmungen vorliegen) und optimiert die Genauigkeit aller bestimmten Unbekannten.
4.6.1 Freies Netz
Ein freies Netz wird manchmal zur unabhiingigen Vermes sung eines einzeln stehenden Objektes verwendet. Es wird nur in sich, nicht gegeniiber seinen Nachbarn und seiner Umgebung kontrolliert. Es wird auch bei extrem prazisen Messungen, z.B. im Tunnelbau, eingesetzt, urn die Netzspannungen im iibergeordneten Netz nicht in das Absteckungsnetz zu iibernehmen. In allen anderen Fallen iiberwiegt der Vorteil der zusatzlichen Kontrolle die aus den Netzspannungen resultierenden Nachteile deutlich.
Zur Uberfiihrung eines freien Netzes in ein bestehendes iibergeordnetes Netz wird eine Koordinatentransformation (Kap. 1.3.4) verwendet. Man benotigt in der Regel mindestens einen bekannten Punkt urn festzustellen, wie die Verschiebungs-Parameter zwischen den beiden Systemen sind. Ein weiterer Punkt erlaubt die Drehung des lokalen Netzes ins iibergeordnete System. Dieser Vorgang ist vergleichbar der Nutzung einer StraBenkarte: Zunachst muss man wissen, wo man sich befindet - und dann noch, in welche Richtung man gerade blickt. Sind diese beiden Parameter bekannt, kann man in der Regel den schnellsten Weg zu seinem Ziel auf der Karte ermitteln.
4.6.2 Netz im libergeordneten Bezugssystem
Mochte man ein Objekt in seiner Beziehung zu benachbarten Objekten messen, ist es sinnvoll, sich in ein bestehendes Netz einzuhiingen. In Mitteleuropa wird ein solches iiberall von den ortlichen Vermessungsbehorden bereitgestellt. Diese Institutionen kiimmern sich auch die Pflege des Netzes. Urn sich in ein bestehen-
4.6 Netzmessung 141
des Lagenetz einzuhangen, benotigt man mindestens zwei, besser vier Lagefestpunkte in der Nachbarschaft des Objekts, am besten so verteilt, dass auf jeder Seite des Objekts mindestens ein Lagefestpunkt liegt.
Widersprechen die eigenen Messungen den Messungen im Lagefestpunktfeld, kann dies zwei Ursachen haben: Fehler in den eigenen Messungen, we1che somit aufgedeckt werden oder Spannungen, d.h. Fehler, im Lagefestpunktfeld. Hat man seine eigenen Messungen mehrfach unabhangig kontrolliert und die Widersprtiche lassen sich nicht aufdecken, sollte man mit dem zustandigen Vermessungsamt sprechen und dort auf die Spannungen im Netz aufmerksam machen. Auch das amtliche Vermessungsnetz ist nicht unfehlbar, aber die Wahrscheinlichkeit ist groB, dass die Ursache in den eigenen Messungen liegt.
Urn ein lokales Netz an das Hohennetz anzubinden, ist theoretisch nur ein Hohenfestpunkt erforderlich. Urn aber eine gewisse Kontrolle zu haben, ist ein zweiter Punkt erforderlich. Weitere Hohenfestpunkte stabilisieren die Messungen zusatzlich.
4.6.3 Polygonzug
Bei einem Polygonzug wird eine Folge von Punkten jeweils durch Strecken- und Winkelmessung verbunden. Auf jedem Standpunkt wird der rechtslaufige Winkel vom vorherigen Punkt zum folgenden Punkt gemessen sowie die Strecken zu diesen Punkten. Am ersten und letzten Punkt werden die Winkel zwischen Fernzielen oder Anschlusspunkten und dem zweiten bzw. vorletzten Punkt gemessen. Diese gebrauchlichste Form des Polygonzuges wird beidseitig angeschlossen genannt. Es gibt aber auch nur einseitig angeschlossene Polygonztige oder Ringpolygone. Diese sind aber fehlertheoretisch deutlich ungtinstiger.
4.6.3.1 Beidseitig angeschlossener Polygonzug
Ein Polygonzug ist also nichts anderes als eine Folge von Polarpunktmessungen mit einer Einpassung in ein tibergeordnetes Netz.
Formeln: Der ideale Polygonzug lauft vom bekannten Punkt PI zum bekannten Punkt Pn.
Am Anfang kann die Anschlussrichtung zum Punkt Po, am Ende zum Punkt Pn+I
bestimmt werden. Zunachst wird der Richtungswinkel alo auf dem Startpunkt PI zum
Anschlusspunkt Po berechnet. Dabei mtissen die Besonderheiten der Richtungswinkelbestimmung berticksichtigt werden (siehe Kap.3.2.2.4).
ap = arctan ( Xo - Xl I l Yo-I\ )
( 4-41)
142 4 Messverfahren
Zur Bestimmung des Richtungswinkels zum 1. Neupunkt (Punkt P2) wird der Brechungswinkel/ho2 verwendet:
at =a? + f3?2 (4-42) o 2 0 =al +(fj -fj )
Die Koordinaten des 1. Neupunktes rechnen sich unter Nutzung der Horizontalstrecke SAN dann zu:
(4-43)
Somit kennt man jetzt die Koordinaten des ersten Neupunktes. Oer Richtungswinkel von einem Neupunkt zum vorherigen Punkt unterscheidet sich urn genau 200 gon yom Richtungswinkel yom vorherigen Punkt zum neuen Punkt:
i i+1 200 ai+1 =ai + gon (4-44)
Wir k6nnen dies en Richtungswinkel wiederum als Anschlussrichtung verwenden und erneut den Richtungswinkel zum nachsten Punkt ermitteln:
a!+1 = ai-I + n~i-I)(i+l) I I P,
= ai-I + (r/+I _ r/-I ) I I I
(4-45)
Die Koordinaten des nachsten Neupunktes rechnen sich unter Nutzung der Horizontalstrecke Si_(i+l) dann zu:
X X . ( i+l) i+1 = i + si~(i+I) . sm ai i+1
1';+1 = 1'; + sH(i+I)' cos(ai ) (4-46)
Dies wird wiederholt, bis man am Endpunkt des Polygonzuges angekommen ist.
Man kann dort die ermittelten Koordinaten mit den Sollkoordinaten des Endpunktes vergleichen und kleine Fehler gleichmaBig auf den ganzen Polygonzug verteilen.
Man kann bereits vor der Rechnung des Zuges die Winkelsumme iiberpriifen. Die Summe der Brechungswinkel (abziiglich eines Vielfachen von 200 gon) muss gleich der Differenz zwischen der Anschlussrichtung am Startpunkt und der Anschlussrichtung am Endpunkt des Polygonzuges sein.
n
aist = Lai -200'n i=1
(4-47)
4.6 Netzmessung 143
y
(l. 102
110
x Abb. 4.18: Beidseitig angeschlossener Polygonzug
Beispiel:
Gegeben: Gemessen: Gesucht:
101 3580099.24 5822100.32 Winkel auf den Standpunkten: Koordinaten der Punkte
102 3580501.23 5822602.34 101 35.385 gon 104
108 3580833.23 5822196.34
110 3581457.23 5821906.02
104 214.475 gon
lOS 204.210 gon
106 199.166 gon
108 231.518 gon
Horizontalstrecken:
101 - 104: 164.33 m
104 - 105: 181.93 m
105 - 106: 214.93 m
106 - 108: 183.84 m
105
106
144 4 Messverfahren
Wir haben also n = 5 Standpunkte mit dem dort gemessenen Brechungswinkel {5 und die 4 Strecken (horizontal) zwischen dies en Standpunkten. Die Berechnung der Richtungswinkel an Anfang und am Ende des Zuges ergab folgende Richtungswinkel (siehe Kap. 4.2.1.3) :
102 alOI = 42,984 gon
110 alO8 = 127,723 gon
Die Berechnung erfolgt mit einem Formular. Nach dem Eintragen der Punktnummern werden die gemessenen Brechungswinkel in die zweite Spalte eingetragen sowie deren Summe gebildet (CD). Daraus kann dann der Ist- und der SoH-Wert des Winkelabschlusses berechnet werden (~), wobei n die Zahl der Polygonpunkte ist.
42.984
101 35.385 35.382 78.366 +0.942813 154.93 3580099.24 5822100.32
0.333321 164.33 +54.77 154.95 +54.75
104 214.475 214.472 92.838 0.993679 180.78 3580254.19 5822155.07
+0.112262 181.93 20.42 + 180.80 +20.40
105 204.210 204.207 97.045 +0.998923 +214.70 3580434.98 5822175.47
+0.046401 214.93 9.97 +214.72 9.95
106 199.166 199.163 96.208 0.998226 183.51 3580649.70 5822185.42
+0.059531 183.84 +10.94 183.53 10.92
108 31.518 31.515 127.723 3580833.23 5822196.34
84.754 84.739 733.92 733.99 96.02 96.12
CZI 151: (6)84 .754 soli: 84.739
Wider5pruch 0.015 lU vert . dWl - - 0.003 gon «%I dX: 151: 733.92 5011 : 733.99 lU vert. 0,07 m «%I dY; 1St: 96.12 soli: 96.02 lU vert 0,10 m
Die Differenz aus Ist- und SoHwert wird gleichmaISig auf die Brechungswinkel verteilt (a> ). Nun werden die einzelnen Richtungswinkel berechnet.
Entstehen so Richtungswinkel kleiner 0 gon, werden 400 gon addiert (®) . Von dem berechneten Richtungswinkel wird dann Sinus und Kosinus berechnet (~ ) und mit der gemessenen Strecke (® ) multipliziert (0 ). Dies ergibt die Koordinatenzuschlage L'lX und L'lY. Deren Summen kbnnen mit der Differenz der Koordinaten des ersten und letzten Polygonpunktes verglichen werden (0). Die Widerspriiche werden gleichmaISig auf die Koordinatenzuschlage verteilt. Die korrigierten
4.6 Netzmessung 145
KoordinatenzuschHige werden auf die Koordinaten des jeweils voraus liegenden Punktes aufgeschlagen, am Ende muss man am Endpunkt ankommen (®) .
4.6.3.2 Einseitig angeschlossener Polygonzug
Manchmal ist es nicht moglich, den Polygonzug an beiden Enden abzuschlieBen. Dann muss es ausreichen, den Polygonzug an einem Ende anzuschlieBen. Man hat dann keine Kontrolle und kann eventuelle kleine zufallige Fehler nicht ausgleichen, sie setzen sich also durch den ganzen Zug fort. Daher sollte man solche Ziige vermeiden und falls sie doch erforderlich sind, moglichst kurz auslegen. Gegebenenfalls misst man den Zug zweimal und erfasst eventuell iibergreifende Strecken oder zwischendurch sichtbare Fernziele, urn eine zusatzliche Stabilisierung zu gewinnen.
Beispiel:
y
Gegeben:
101 3580099.24 5822100.32
102 3580501.23 5822602.34
101
Gemes en: Gesucht:
Winkel auf den Siandpunkten: Koordinaten der Punkte
101 35.385 gon 104
104 214.475 gon 105
105 204.210 gon
Horizontalstrecken:
101 - 104: 164.33 m
104 - 105: 181.93 m
105 - 106: 214.93 m
~ 102
106
x
106
Abb.4.19: Einseitig angeschlossener Polygonzug
146 4 Messverfahren
Wir haben also n = 3 Standpunkte. Die Berechnung der Richtungswinkel an Anfang des Zuges ergab folgenden Richtungswinkel (siehe Kap. 3.2.2.4):
102 aWl = 42,984 gon
Nach dem Eintragen der Punktnummern werden die gemessenen Brechungswinkel in die zweite Spalte eingetragen sowie deren Summe gebildet (CD). Ein Winkelabschluss kann nicht gerechnet werden, da kein Sollwert ermittelt werden kann (~).
}'
42.984
101 35.385 35.385 78.369 0.942813 +154.93 3580099.24 5822100.32
0.333321 164.33 +54.77 + 154.95 +54.75
104 214475 214.475 92.844 +0.993679 + 180.78 3580254.19 5822155.07
+0.112262 181.93 20.42 + 180.80 +20.40
105 204.210 204.210 97.054 +0.998923 +214.70 3580434.98 5822175.47
+0.046401 214.93 +9.97 +214.72 +9.95
106 3580649.70 5822185.42
(2) 151: soil : Widerspruch zu v rt . dWI· gon
(2) dX: isl. 5011:
qJ dY: 1St: 5011:
In der folgenden Spalte werden daher die gleichen Werte eingetragen (@). Nun werden die einzelnen Richtungswinkel berechnet.
Entstehen so Richtungswinkel kleiner 0 gon, werden 400 gon addiert (®). Von dem berechneten Richtungswinkel wird dann Sinus und Kosinus berechnet (~) und mit der gemessenen Strecke (® ) multipliziert (0). Dies ergibt die KoordinatenzuschHige in X und YAuch Koordinatenabschlussfehler konnen nicht berechnet werden (0), so dass die Koordinatenzuschlage ohne Korrekturen auf den jeweils vorausgehenden Punkt aufgeschlagen werden (®).
4.6.3.3 Eingehtingter Po/ygonzug
Beim eingehangten Polygonzug haben wir weder einen bekannten Startpunkt noch einen bekannten Endpunkt als Standpunkt, konnen aber am Anfang und am Ende zu jeweils einem bekannten Punkt Winkel und Strecke messen. Die Anschlussrichtung vom ersten Standpunkt des Zuges zum bekannten Punkt wird als 0 angenommen. Somit ist die Richtung vom bekannten Punkt zum ersten
4.6 Netzmessung 147
y
~101
x
Abb. 4.20: Eingehangter Polygonzug
Standpunkt 200 gon. Der Zug kann so ohne Kontrolle in einem lokalen Koordinatensystem mit dem Ursprung im bekannten Punkt gerechnet werden. Die lokalen Koordinaten werden anschlieBend in das System der bekannten Punkte transformiert (Kap. 1.3.4.4), wobei eine gewisse Kontrolle vorliegt, da der MaBstab 1 sein muss.
Beispiel:
Gegeben:
101 3580099.24 5822100.32
108 3580833.23 5822 196.34
Gemessen:
Winkel auf den Standpunkten:
104 214.475 gon
105 204.210 gon
106 199.166 gon
Horizontalstrecken:
101 - 104:
104 - 105:
105 - 106:
106 - 108:
164.33 m
181.93m
214.93 m
183.84 m
Gesucht:
Koordlnaten der Punkte
104
105
106
148 4 Messverfahren
Wir haben nur n = 3 Standpunkte, aber 4 Streckenmessungen. Die Berechnung der Richtungswinkel entHillt.
Nach dem Eintragen der Punktnummern werden die gemessenen Brechungswinkel in die zweite Spalte eingetragen. Die Berechnung eines Winkelabschlussfehlers entfiillt, da die erforderliche Information nicht vorliegt. Ebenso entfiillt die Berechnung des Koordinatenabschlusses.
} '
00.000
101 200.000 0.00000 0.00 0.00 0.00
-1.00000 164.33 +0.00 0.00 -164.33
104 214.475 214.475 -0.22542 -41.01 0.00 -164.33
-0.97426 181.93 -177.25 -41.01 -177.25
105 204.210 218.685 -0.28931 62.18 -41.01 -341.58
-0.95724 214.93 -20574 -62.18 -205.74
106 199.166 217.851 -0.27674 -50.88 -103.19 -547,32
-0.96094 183.84 -176.66 -50.88 -176.66
108 -154.07 -723.98
~ lsI: soli:
Widerspruch 10 v rI . dWI· gon
a> dX: 151. 5011:
a> dY: 151: 5011:
AnschlieEend mtissen die so berechneten Punkte in das tibergeordnete Koordinatensystem transformiert werden. Dies erfolgt wie im Kap. 1.3.4.4 beschrieben. Zur Vereinfachung der Rechnung und zur Vermeidung von Rundungsfehlern im Taschenrechner werden bei den Landeskoordinaten die jeweils identischen ftihrenden vier Stellen gestrichen (und am Ende wieder angebracht) .
4.6 Netzmessung
Punktnummer
101
108
104
105
106
lokales System
X'[m] Y'[m]
0,00 0,00
154,07 723,98
0,00 - 164,33
- 41,01 - 341,58
- 103,19 - 547,32
Landeskoordlnatensystem
X"[m]
099.24
833.23
Y"[m]
100.32
19634
M'= X2'- Xl' t1Y'= Y2 '-Yj' M"= X 2 "-Xl " t1Y"= Y2"- Yj "
149
= -154,07 -0,00 = -723,98-0,00 = 833,23-99,24 = 196,34-100,32
=-154,07 =-723,98 =733,99 =96,02
s' =~(M')2 +(t1Y}
= ~( -154,07)2 + (-723,98)2
= 740,19
s " =~(M ")2 + (t1Y"s)2
= ~ 733,992 +96,022
=740,24
Aus dies en Werten kbnnen dann unmittelbar die Transformationsparameter a und 0 berechnet werden.
M'·M"+t1Y'· t1Y " a = ---.,.---
s2
-154,07·733,99 + (-723,98)·96,02
740,192
-113085,84 - 69516,56
547884,60
= -0,333286
t1Y'·M"-M'· t1Y " 0=---..,.----
s2
-723,98 ·733,99 - (-154,07)·96,02
740,192
-531394,08 + 14793,80
547884,60
= -0,942900
Da Xl' und Xl' jeweils 0 sind, ist Xo = XI" und Yo = yt:
Xo = Xl "-a ,X l '-o ·Yl '
= 99,24 -(-0,33 ... )·0,0 - (-0,94 . .. )·0,0
=99,24
Yo = Yl "+ o· Xl '- a· Yj ,
= 100,32 + (-0,94 . .. ) ·0,0 - (-0,33 .. . )·0,0
= 100,32
150
Die Punkte 104, 105 und 106 lassen sich dann wie folgt berechnen:
104: X"=Xo+a·X'+o·Y'
= 99,24 + (-0,33 ... )·0,0+ (-0,94 ... )· (-164,33)
=254,19
Y"= Yo -0' X'+ a· Y'
= 100,32 + (-0,94 ... )·0,0+ (-0,33 ... )· (-164,33)
= 155,09
105: X"=Xo +a·X'+o·Y'
= 99,24 + (-0,33 ... )· (-41,01) + (-0,94 ... )· (-341,58)
=434,98
Y"= Yo -o·X'+a·Y'
= 100,32 + (-0,94 ... )· (-41,01) + (-0,33 ... )· (-341,58)
= 175,50
106: X"=Xo+a·X'+o·Y'
= 99,24 + (-0,33 ... )· (-103,19) + (-0,94 ... )· (-547,32)
= 649,70
Y" = Yo - o· X'+ a· Y'
= 100,32 + (-0,94 ... )· (-103,19) + (-0,33 ... )· (-547,32)
= 185,44
4.6.3.4 Geschlossener Polygonzug (Ringpolygon)
4 Messverfahren
Ein geschlossener Polygonzug wird irnrner zu seinern Startpunkt zuruckgefiihrt. Anfangs- und Endpunkt sind identisch. Sornit lasst sich der Polygonzug in sich selbst kontrollieren. Ringpolygone werden haufig verwendet, urn ein lokales Netz zu etablieren und werden zu diesern Zweck urn das Objekt herurn gefiihrt.
4.6 Netzmessung
Angenommen:
101 200.00 500.00
y
Gemessen:
Winkel auf den Standpunkten:
101 262.136 gon
102 285.528 gon
103
104
315.843 gon
263.923 gon
105 272.579 gon
Horizontalstrecken:
101 102:
102 103:
103 104:
104 - 105:
105 101:
53,17 m
30,98 m
65,22 m
13,12 m
21,21 m
x
Gesucht:
Koordinaten der Punkte
102
103
104
Abb.4.21: Geschlossener Polygonzug
151
152 4 Messverfahren
Wir haben also n = 5 Standpunkte:
102 aWl = 42,984 gon 110
aW8 = 127,723 gon
Die Berechnung erfolgt mit dem gleichen Formular. Nach dem Eintragen der Punktnummern werden die gemessenen Brechungswinkel in die zweite Spalte eingetragen sowie deren Summe gebildet (<D) . Daraus kann dann der Ist- und der SolI-Wert des Winkelabschlusses berechnet werden (<?) ), wobei n die Zahl der Polygonpunkte ist.
PNr. <Dp (J) p' 0\.\' Y \}
0.000
101 0.000 0.000000 +0.00 200.00 500.00
+ 1.000000 53.17 5317 0.00 +53.16
102 285.528 285.526 85.526 +0.974266 +30.18 200.00 553.16
+0.225403 30.98 +6.98 +30.18 +698
103 315.843 315.841 201.367 -0.021471 -1.40 230.18 560.14
-0.999769 65.22 -65.20 -1.39 -65.21
104 263923 263.922 265.289 -0.855003 -11.22 228.79 494.93
-0.518623 13.12 -6.80 -1122 -6.80
105 272.579 272.577 337.866 -0.828262 -1757 21757 488.13
+0.560341 21.21 +11.88 1757 +11.87
101 262.136 262.134 400.000 200.00 500.00
1400.009 -0.01 733.99 96.02 0.03
0 ist 1400.009 5011 : 1400.000
W,derspruch 0.009 zu vert. dWI 0 .002 gon
IZ> dX: is!: - 0 .01 soli: 0.00
0 dY: 1St: 0.03 soli: 0.00
Die Differenz aus Ist- und Sollwert wird gleichmaBig auf die Brechungswinkel verteilt (Gl ). Nun werden die einzelnen Richtungswinkel berechnet.
Entstehen so Richtungswinkel kleiner 0 gon, werden 400 gon addiert (®). Von dem berechneten Richtungswinkel wird dann Sinus und Kosinus berechnet (<il) und mit der gemessenen Strecke (®) multipliziert (<V). Dies ergibt die KoordinatenzuschIage ~x und ~y Deren Summen konnen mit der Differenz der Koordinaten des ersten und letzten Polygonpunktes verglichen werden (<V) . Die Widersprtiche werden gleichmaBig auf die Koordinatenzuschlage verteilt. Die
4.6 Netzmessung 153
korrigierten KoordinatenzuschHige werden auf die Koordinaten des jeweils vorausliegenden Punktes aufgeschlagen. Am Ende muss man wieder am Startpunkt ankommen (®).
4.6.4 Netzausgleichung
Die Netzausgleichung erm6glicht die gleichzeitige Ausgleichung einer Vielzahl geodatischer und anderer Messungen. Dies sind vor allem Richtungen und Zenitdistanzen, Strecken (schrag oder horizontal) und H6henunterschiede (Standpunkt- und Zielpunkth6hen, Nivellements). Bei der Ausgleichung nach vermittelnden Beobachtungen werden die Koordinaten der neuen Punkte (Standpunkte und angezielte Punkte) als Funktionen der Beobachtungen (Messungen) ausgedrtickt. Das Ergebnis ist unter statistischen Gesichtspunkten das optimal zu erzielende Ergebnis aus den vorliegenden Messungen. Bei gr68eren Projekten ist eine Netzausgleichung immer zu empfehlen. Qualifizierte Vermessungsbtiros k6nnen hier sehr hilfreich sein.
4.6.5 Global Positioning System (GPS)
Die auf Satelliten gesttitzte Vermessung gewinnt standig an Bedeutung. Das fUr militarische Zwecke entwickelte Global Positioning System (GPS) basiert auf einem System von tiber 20 Navigationssatelliten (Navstar) auf Bahnen in etwa 20000 km H6he. Durch gleichzeitiges Messen der Distanz zu mindestens drei Satelliten kann die Position auf etwa ±10 m genau bestimmt werden. Das US Militar behalt sich jedoch vor, die Daten der Satelliten bei Bedarf ktinstlich zu verschlechtern, urn fUr zivile Nutzer die Genauigkeit der Positionierung auf ca. ±100 m zu reduzieren. Ftir geodatische Messungen werden in der Regel zwei oder mehr hochwertige Empfanger gleichzeitig auf verschiedenen Stationen verwendet (Differential GPS). Durch Differenzbildung lassen sich systematische Fehler (zum Beispiel Einfltisse der Atmosphare) deutlich reduzieren, was zu relativen Positionierungsgenauigkeiten im Bereich weniger cm fUhrt. Zur Netzverdichtung werden daher heute mehrere Teams mit GPS-Empfangern gleichzeitig in den Messbereich entsandt. Seit geraumer Zeit werden von den Landesvermessungsamtern die Daten von Referenzstationen bereitgestellt. Man kann auf diese Daten in Echtzeit tiber UKW, tiber GSM zugreifen oder fUr die Nachprozessierung tiber das Internet beziehen. Dieser kostenpflichtige Service, in Deutschland SAPOS genannt, erspart dem Nutzer die Investition in eine eigene Referenzstation.
Ein hochwertiger geodatischer GPS-Empfanger kostet ab etwa 5000,- bis zu 25000,- E. Einfache Handheld-GPS-Empfanger von Garmin® oder Magellan® erhalt man im Outdoor-Laden ab ca. 150,- E. GPS funktioniert nicht im Inneren von Gebauden und meist nicht oder nur ungenau in unmittelbarer Nachbarschaft von Gebauden und Baumen da die Signale von den Satelliten abgeschattet werden.
154 4 Messverfahren
Abb.4.22: GPS-Empfanger (RONFELD et aI., 2002)
GPS eignet sich fUr die Bauwerksvermessung vor allem dann, wenn groBraumige Objekte oder Ensembles aufzumessen sind und kein regionales Bezugsnetz verfUgbar ist. Mit Differential GPS kann man sich so ein gutes Bezugsnetz legen. Handheld-GPS-Empfanger eignen sich zur groben Lokalisierung von Fundstellen etwa in der Archaologie.
Ein von sowjetischen, spater russischen Weltrauminstitutionen aufgebautes alternatives System heiBt GLONASS und ist seit Ende der 80er Jahre verfUgbar. 1m Jahr 2002 hat die ED beschlossen, ein eigensHindiges Satellitennavigationssystern zu entwickeln (Galileo). Man darf gespannt sein, wann dieses System operationell wird.
4.7 Hohenmessung
Zur Messung von Hohen unterscheidet man die in der nachfolgenden Obersicht aufgefiihrten Verfahren, geordnet nach der ereichbaren Genauigkeit. Angegeben sind die mittleren Fehler (Standardabweichungen).
Die Hohe hi eines Punktes Pi ist der, in der von Pi ausgehenden Lotlinie gemessene, Abstand zu einer BezugsfHiche, dem Geoid. Diese gekriimmte Flache kann man sich als ruhender Meeresspiegel vorstellen, den man sich unter den Kontinenten fortgesetzt denkt. Sie verlauft iiberall senkrecht zu den Lotlinien. Wegen MassenunregelmaBigkeiten in der Erde werden die Lote aus einer regelmaBigen Richtung abgelenkt.
4.7 Htihenmessung 155
Methode Genaulgkelt Entfernung
Prazlslons·Nivellement O,05mm 10m
±O,1 mm 100 m
0.3mm 1000 m
1 mm 10000 m
5mm 100000 m
Ingenieur-Nivellement O,5mm 50m
2mm 1000 m
Trigonometrische HOhenmessung 10mm 100 m
50mm 1000m
HOhenmessung mil GPS 20m absolul
HOhenmessung mit Differential GPS ±50mm 10000 m
Baromelrische HOhenmessung 2000 mm 10000 m
Hohen konnen nicht direkt gemessen werden. Mit den meisten Messinstrumenten konnen nur Hohenunterschiede zwischen benachbarten Punkten bestimmt werden. Die Gesamtheit aller Hohen - mit gemeinsamem Bezugshorizont - mtissen aus sehr vielen einzelnen Hohenunterschieden zusammenftigt werden. Der Einfachheit halber wird zuerst das gewohnliche Nivellement behandelt.
4.7.1 Nivellement
Man stellt sich mit dem Nivellierinstrument zwischen zwei Punkten auf und blickt zum 1. Punkt, liest dort an der aufgestellten Nivellierlatte den RuckbUck R ab, schaut dann zum folgenden Punkt und liest hier an der Nivellierlatte den VorbUck V abo Die Hohe eines Ausgangspunktes setzt man als bekannt voraus. Der Hohenunterschied ist "Rtickblick minus Vorblick" :
t:,.h=R-V (4-48)
Wenn R groBer als V ist, so bedeutet das: das Gelande steigt an. In diesem Fall wird t:,.h positiv erhalten. Wenn jedoch R kleiner als V ist, so WIt das GeHinde. Dann wird t:,.h negativ. Das Vorzeichen von t:,.h ist also zu berticksichtigen. Das Nivellierinstrument muss nicht in der Verbindungslinie der Hohenpunkte aufgestellt werden. Jedoch sollten gleich lange Zielweiten angestrebt werden. Damit die Millimeterschatzung nicht zu ungenau wird, sollen die Zielweiten hOchstens 60 m sein. Bei topographischen Aufnahmen gentigt die Ablesung der Zentimeter. Dann konnen die Ziele 100 m entfernt sein.
156 4 Messverfahren ~----------------------
R v
Abb. 4.23: Nivellement
R v ~------~>-------~ R v
~------~J-------~R v
Abb. 4.24: Nivellement mit Wechselpunkten
Sollen weiter entfernte Hohen bestimmt werden, so miissen in geeigneten Entfernungen nacheinander Wechselpunkte angelegt werden. Auf weichem Untergrund werden diese mit Hilfe eines Frosches aus Metall fixiert. Man muss darauf achten, jeweils nur den Wechselpunkt oder das Instrument zu versetzten, urn die aktuelle Hohendefinition beizubehalten.
Zur Bestimmung der Hohe einzelner Punkte wird das Liniennivellement verwendet. Hierzu wird von einem bekannten Hohenbezugspunkt zu dem gesuchten Punkt und weiter zu einem anderen Hi::ihenpunkt ein Nivellement durchgefiihrt. Somit sind ein Abschluss und eine Kontrolle des Nivellements mi::iglich. Der Hohenabschlussfehler wird, wenn er gewisse Grenzen nicht iiberschreitet, gleichmaEig auf alle Hohendifferenzen verteilt. Die Grenzen hangen natiirlich von der Aufgabe abo Bei Setzungsmessungen sind die Anforderungen hoher als bei der Hi::ihenmessung zur Kartenherstellung.
1m folgenden Beispiel wird yom bekannten Punkt Nr. 101 (Hohe 37,34 m) zum bekannten Punkt Nr. 102 (Hohe 37,83) nivelliert, urn die Hohe des Punktes 1000 zu bestimmen. Zunachst werden im Feld an jedem der fiinf Standpunkte der Ablesungen am Nivellierinstrument notiert (CD) . Daraus konnen dann nach "Riickblick minus Vorblick" die Hohendifferenzen t:.h1 berechnet werden (~). Durch summieren aller t:.h1 wird die gemessene Gesamthohendifferenz t:.hist ermittelt. Die Soll-Hohendifferenz t:.hsoll kann durch die Differenz der Hohen des Endpunktes und des Startpunktes bestimmt werden. Der aus Messfehlern resultierende Widerspruch (Gl) wird moglichst gleichmaEig auf die Hi::ihendifferenzen verteilt (®).
4.7 Hohenmessung 157
Beispiel:
R Nr. V-Nr. <DR[m) <D V [m) al \hl [m) \h2[m) (1) hv[mJ
101 :37,34 WI 1,456 1,321 +0,135+0.003 +0,138 37,478
WI W2 1,666 1,651 0,015+0,003 +0,018 37,496
W2 1000 1,422 1,558 -0,136 +0.004 -0,132 37,364
1000 W3 1,588 1,413 +0,175 +0,003 +0,178 37,542
W3 102:37,83 1,620 1,335 0,285+0,003 0,288 37,830
~ \hsoll- h102 - h 10 1 0,49; \h 011- \hlst - 0,016 0,474 +0,490
Mit Hilfe dieser korrigierten Hohendifferenzen !).h2 kann dann die Hohe des Vorblick-Punktes hv berechnet werden (®).
Beim Feinnivellement kommen Planplatten zum Einsatz und Nivellierlatten aus Invar mit einem geringeren Temperaturausdehnungskoeffizienten. Des Weiteren haben die Latten beim Feinnivellement haufig eine doppelte Teilung, so dass zwei unabhangige Messungen vorliegen.
Zur Bestimmung von Hohen in einem groBeren Areal wird ein Fldchennivellement durchgeftihrt. Hierzu wird zunachst ein Punktnetz mit quadratischen Maschen in gewtinschter Dichte abgesteckt. AnschieBend wird von einem Punkt in der Mitte des Gebiets die Hohe der einzelnen abgesteckten Punkte relativ zum Standpunkt und mit Hilfe einer Bezugshohe auch absolut bestimmt. Aus dem so erstellten Hdhenraster konnen dann Hdhenlinien hergeleitet werden.
4.7.2 Trigonometrische HohenUbertragung
Bei der trigonometrischen Hohentibertragung wird an den Theodoliten auch die Zenitdistanz z gemessen, also der Winkel zwischen dem Zenit (senkrecht tiber dem Standpunkt) und der Visierlinie. Bei alteren Theodoliten muss zur Sicherstellung einer prazise am Erdschwerefeld ausgerichteten Nullablesung des Vertikalkreises jedes Mal die Hdhenindexlibelle eingespielt werden, bei moderneren Theodoliten tibernimmt dies ein Kompensator. Zur Steigerung der Genauigkeit werden oft neben dem horizontalen Hauptstrich im Fernrohr auch die Reichenbachschen Distanzfiiden eingestellt und abgelesen (Abb. 3.9).
Die Schragstrecke Ss oder die Horizontalstrecke Sh muss bekannt sein oder gemessen werden. Wichtig ist auch die Instrumentenhohe is, also die Hohe der Kippachse tiber dem Bodenpunkt, zu berticksichtigen. Gegebenenfalls muss auch die Hohe der Zieltafel iz tiber dem Zielpunkt in die Berechnung einbezogen werden.
Einer der Vorteile ist, dass der Zielpunkt nicht unbedingt aufgesucht werden muss. Bei langeren Zielweiten mtissen jedoch die Erdkrummung und die Refraktion (Strahlablenkung durch die unterschiedlichen Brechungsindizes der Luft in Abhangigkeit von atmospharischen Einfltissen) berticksichtigt werden. Die hierzu erforderlichen Daten liegen aber meist nicht vor. Unter ungtinstigen Umstanden
158 4 Messverfahren
z
ZSI----L----=l..._.--
Abb. 4.25: Bestimmung der Objekthiihe Z
kann die Refraktion tiber hundert Meter zu Fehlern im Dezimeterbereich fUhren. Urn die systematischen Einfltisse eliminieren zu konnen, kann zusatzlich yom Zielpunkt zum Standpunk die Zenitdistanz gemessen werden. Die atmospharischen Einfltisse heben sich so weitgehend auf.
Formeln:
mit der Schragstrecke: mit der Horizontalstrecke:
ZN = ZA + Ss' cos(zdJ) + iN -iA
Beispiel:
Gegeben
Hohe des Standpunkts
PA (ZAI 30,00
Gemessen
SAN - 5,00 m (Schragstrecke);
zdAN - 80,000 gon;
iA - 1,62 m;
iN- 1,50 m
Gesucht
(4-49)
Die Berechnung der Hohe des Neupunkts erfolgt aus der Formel fUr die Schragstrecken.
ZN =ZA + SAN ,sin(zdJ)+iN -iA
= 30,00 + 5,00· sin(80,000 gon) + 1,50 -1,62
= 30,00+ 5,00· 0,30902 -0,12
= 30,00+ 1,55-0,12
=31,43
Somit ergeben sich die Koordinaten des Neupunkts zu PN (203,00; 204,00; 31,43).
4.8 Datenerfassung und -management 159
4.7.3 Hohenmessung mit GPS
Zunehmend werden GPS Systeme zu Vermessungszwecken eingesetzt. Bei der Hohenbestimmung muss jedoch darauf geachtet werden, auf welche BezugsfHiche sich die Hohenmessung bezieht. Wahrend sich unser Hohenfestpunktfeld auf das Geoid bezieht, werden bei GPS zunachst ellipsoidische Hohen bestimmt. Diese mUssen mit Hilfe der Geoidundulationen (Hohendifferenz zwischen Geoid und Ellipsoid) korrigiert werden. Wenn zusatzlich noch weitere GPS-Empfanger in eine gemeinsame Ausgleichung eingehen, kann auch die Hohe prazise bestimmt werden.
4.7.4 Barometrische Hohenmessung
Die barometrische Hohenmessung bedient sich der Tatsache, dass der Hohenunterschied in zwei Punkten bei gleich bleibendem Luftdruck proportional zum Unterschied des Luftdruckes ist, welcher ja mit steigender Hohe abnimmt. Das Verfahren wurde frUher haufig auf Expeditionen eingesetzt. Deshalb sind viele Hoheneintragungen in Karten entlegener Gebiete barometrisch bestimmt worden. Sinn macht das Verfahren heute noch urn im Feld die Hohe einer Ausgrabungsstelle oder Fundstellen im Gebirge grob einzuschatzen.
4.8 Datenerfassung und -management
Zunachst sind die zur Bauwerksdokumentation zu verwendenden horizontalen und vertikalen Schnittebenen durch geeignete Punkte festzulegen. Diese Ebenen sind, wenn moglich, am Objekt mit dem Rotationslaser zu realisieren. Mit Kreide sollte man die Schnittlinien der Ebenen mit dem Mauerwerk markieren. Die Neupunkte werden, soweit moglich, in die Schnittebenen gelegt. AnschlieBend kann die Festlegung der zu messenden Punkte durch Querstriche an den Schnittebenen (siehe auch Kap. 1.2 und 2.3) bzw. durch andere Symbole erfolgen.
4.8.1 Datenerfassung
Bei jeder Messung mit einer Totalstation werden folgende Informationen registriert: • Punktnummer, • Horizontalrichtung, • Vertikalwinkel, • Schragstrecke oder Horizontalstrecke, • Punktcode (siehe Kap. 2.3), • Zusatzinformationen, wie Hohe des Lotstabes, Additionskonstanten, etc.
160 4 Messverfahren
Totalstatlon
Abb. 4.26: Beispiel fUr die Vermessung einer Wand mit einer Nische. Der nicht einsehbare Punkt wird am besten durch HandaufmaB oder mit dem Handlaser erganzt, um eine zusatzliche Aufstellung des Instruments zu vermeiden.
Urn etwas Ordnung in die Vielzahl zu messender Punkte zu bringen, empfiehlt es sich ein logisches Schema in die Messungen zu bringen. Es gibt Punkte verschiedener Ordnung: 1. Ordnung: das stadtische Vermessungsnetz im Bereich des Objektes, 2. Ordnung: neu vermessene Geratestandpunkte auBerhalb und innerhalb des
Gebaudes, einzumessen im Rahmen eines Polygonzuges mit Zwangszentrierung,
3. Ordnung: vermarkte Punkte an den Wanden, einzumessen soweit moglich von zwei Standpunkten aus,
4. Ordnung: Messpunkte, welche zu Linien verbunden werden, die Grundrisse, Schnitte und andere Objektpunkte und -linien.
Zur Beschleunigung des Messvorganges werden Netzmessung und Neupunktvermes sung yom gleichen Standpunkt unmittelbar hintereinander gemessen. Dabei ist darauf zu achten, dass auf jedem neuen Standpunkt gemaB der im Folgenden beschrieben Messstrategie gearbeitet wird.
Die Messung auf jedem Standpunkt wird in verschiede Arbeitsschritte unterteilt. Dabei ist folgende Reihenfolge empfehlenswert: • Eingabe der Standpunktnummer, Messung und Eingabe der Instrumentenhohe, • Netzmessung (andere Standpunkte und bereits angemessene Punkte), • Messung der signalisierten Punkte, • Messung Grundriss, • Messung unterhalb der Grundrissebene" • Messung oberhalb der Grundrissebene, • Messung der Schnitte,
4.8 Datenerfassung und -management 161
• Messung hinter den Schnittebenen, • Zusatzmessung, • Wiederholung der Netzmessung.
Es ist hilfreich, eine Startecke auszuwiihlen (moglichst in jedem Raum die gleiche) und dann die einzelnen Elemente immer im Uhrzeigersinn zu messen.
Die Netzmessung erfolgt in der Regel durch Messung eines Vollsatzes (also in zwei Lagen) zu jeweils mindestens zwei anderen Standpunkten. Je mehr Netzpunkte angemessen werden konnen, desto besser. Werden mindestens zwei Punkte mit bereits bekannten Koordinaten angemessen, konnen die Koordinaten des Standpunktes im Feld unverzuglich bestimmt werden (Kap. 4.5.2, Freie Station ierung).
Pro Innenraum sollen mindestens 3 signalisierte Wandpunkte angebracht werden. Ausgehend von diesen Punkten kann eine spiitere Verdichtung des Punktfeldes edolgen. Diese Wandpunkte erlauben eine spiitere Aufstellung mit dem Verfahren der freien Stationierung und die Rekonstruktion des Standpunktes, sollte dessen Vermarkung verloren gehen. Soweit moglich, sollen die Punkte auf Hohe des Grundrisses und soweit vorhanden auch in der Ebene von Liingsoder Querschnitten liegen. 1m AuBenbereich dienen die Neupunkte auch als photogrammetrische Passpunkte.
Sollte eine Vermarkung wegen Unzugiinglichkeit oder aus anderen Grunden nicht moglich sein, konnen die Punkte 3. Ordnung auch nattirliche Punkte sein, die aber gut dokumentiert werden mussen, am besten durch Eintragung in ein vorliegendes Foto oder eine aussagekriiftige Skizze.
Die Bestimmung der Neupunkte erfolgt durch Messung in einer Lage. Allerdings sollten die Punkte von moglichst zwei Standpunkten aus angemessen werden.
4.8.1.1 Punktnummerierung und Punktkodierung
Zur eindeutigen Unterscheidung der Punkte dient ein Punktname, besser eine Punktnummer. Jeder Punktname dad in dem Objekt nur einmal vorkommen. Das Projektmanagement muss dies sicherstellen. Da die signalisierten Punkte auf vielen Fotografien des Objekts erscheinen, die Punktnummern in die Pliine mit einprojiziert werden und sie daher immer zugiinglich sind, eignen sie sich auch zur Unterstutzung des Ordnungsprinzips (Tab. 4.1).
Mit Hilfe einer intelligenten Punktnummerierung kann aus dem digitalen Feldbuch bereits ein einfaches CAD-Modell, insbesondere aber Schnitte abgeleitet werden. Die Schnitte sollten soweit moglich bereits zeichenfertig erfasst werden. Dabei ist ein Punktcode fUr die Startpunkte und Folgepunkte einer Linie, ein anderer fUr die Endpunkte der Linien oder Einzelpunkte festzulegen. Die Punktnummerierung erfolgt automatisch durch Inkrementierung (Tab. 4.2).
162 4 Messverfahren
Tab. 4.1 : Exemplarisches Nummerierungsschema fur eine Bauwerksvermessung. Die Raumnummerierung ist hier dreisteliig (ABC: A = Gebaudenummer, B = Etage, C = Raumnummer) . Beispiele: 1230 = Standpunkt im 1. Gebaude, 2. Etage (=1. OG), 3. Raum, 1234 = Signalisierter Wandpunkt im gleichen Raum, 23456 = 456. Massenpunkt an der Sudfassade des 2. Gebaudes, 123012 = 12. Massenpunkt im Raum 123.
Punktnummern- Verwendung bereich
10-99 5tandpunkte auBen
100-999 Fassadenpunkte, signalisierte photogrammetrische Passpunkte
1000 9990 (Ietzte liffer 0) 5tandpunkte in einem Gebaude 10 " Raumnummer
1001 9999 (Ietzte liffer 1..9) $ignalisierte Wandpunkte In elnem Gebiiude: 10" Raumnummer + laufende Nummer (1 bis 9)
10001 99999 Massenpunkte auBen: 10000 x Gebaudenummer + Fassadenrichtung (I OOO:N, 2000:0, 3000:5, 4000:W, 5000:Dach) + laufende Nummer (1 bis 999)
100001-999999 Massenpunkte innen: 1000" Raumnummer + laufende Nummer (1 bis 999)
l1pooo<"f-___ "'t11 ___ .....,;H
11 12
Totalstation
Abb. 4.27: Verwendung von Punktcodes zum Zeichnen (die Messung erfolgte im Uhrzeigersinn)
4.8 Datenerfassung und -management 163
Tab. 4.2: Punktcodes
Punkt- Punkt- Bedeutung code symbol
o Festpunkl
2
3
4
5 ... 9
11
12
13
14
15
16
21
22
23
24
25
26
31
32
ED Standpunkt, Nelzpunkl
®
o •
signalisierter Wandpunkt
natiirlicher Wandpunkt
Fassade, Umriss
Hilts- und Rasterpunkte
Grundriss, linienanfang oder · tolgepunkt
Grundnss, linienende oder Einzelpunkt
Grundriss, Objekt unter der Grundrissebene, Llnienanfang oder · folgepunkt
Grundriss, Objekl unter der Grundrissebene, Linienende oder Einzelpunkt
Grundnss, Objekt iiber der Grundrissebene, Linienanfang oder - folgepunkt
Grundriss, Objekt iiber der Grundnssebene, Linienende oder Einzelpunkl
Schnltt, Linienantang oder · folgepunkt
Schnitt, Limenende oder Einzelpunkt
Schnilt, Objekt vor der Schnitlebene, Linienantang oder - folgepunkt
Schnitt, Objekt vor der Schnittebene, Linienende oder Einzelpunkt
Schnitt, Objekt hinter der Schnittebene, linienantang oder · folgepunkt
Schnitt, Objekl hinter der Schnittebene, linienende oder Einzelpunkl
Ansichl, Linlenanfang oder -folgepunkt
Ansicht, Llnienende oder Einzelpunkt
4.8.1.2 Kartierung vor Ort
Es gibt heute geschlossene Systeme, welche es erlauben, bereits vor art die Zeichnung zu erstellen. Bei all diesen Systemen ist eine reflektorlos messende Totalstation in ein Zeichensystem eingebunden. Das Gerat wird dabei wie ein Punktzeiger fUr die Zeichenfunktionen des Graphik- oder CAD-Programms verwendet. Solche Systeme sind sehr machtig und liefern anschauliche Ergebnisse. Allerdings neigt man bei der Benutzung dazu, Geradlinigkeiten anzunehmen, wo sie gar nicht gegeben sind. Klar definierte Zeichen- und Messvorschriften vermindern dieses Risiko. Moderne Programme sind unter anderem CASOB von aadiplan, EITheo von PMS, MOBI von IngenieurTeam2 und TachyCAD von kubit. In der Entwick-
164 4 Messverfahren
Abb.4.28: Hardware fur die Zeichnung vor Ort
lung ist ein System, wobei auf einem feldtauglichen Rechner Skizzen angefertigt werden, die dann mit Hilfe von Messungen zu maBsUiblichen Zeichnungen entwickelt werden.
4.8.1.3 Teilautomatische Messung
Verwendet man eine reflektorlos messende Totalstation mit Motorisierung und der Moglichkeit das Gedit von einem Rechner (intern oder extern) zu steuern, so kann eine automationsgesWtzte Messung erfolgen. Unabhiingig vom Standpunkt kann ein horizontales oder vertikales Profil gemessen werden. SoB etwa ein Grundriss gemessen werden, so kann in einem definierten Abstand (Winkelinkrement oder Streckeninkrement) vom Startpunkt ein weiterer Punkt gemessen werden. Liegt er zu tief oder zu hoch, kann die Zenitdistanz korrigiert werden und ein neuer Punkt gemessen werden. Dies wird wiederholt, bis die Hohe des Punktes in einer vorgegeben Toleranzzone urn die definierte Schnitthohe liegt. Analog geht dies fUr Vertikalschnitte.
4.8 Datenerfassung und -management
4.8.2 Datenubergabe
4.8.2.1 Konsistenzpriifung
165
Abb. 4.29: Profilmessung (a us JURETZKO 2002)
Bei der Ubergabe von Messdaten an den Rechner kbnnen diese automatisch auf offensichtliche Fehler gepriift werden. Solche Fehler geschehen im Feld bei den Messungen gelegentlich und ihre friihzeitige Aufdeckung vermeidet unnbtige Berechnungen. Folgende offensichtliche Fehler kbnnen automatisch aufgedeckt und dem Operateur mitgeteilt werden: • Die Hbhe des Standpunktes verandert sich: Es wurde vergessen dem System
mitzuteilen, dass ein neuer Standpunkt aufgesucht wurde. • Ein Zielpunkt hat den gleichen Namen wie der Standpunkt (Punktverwechs
lung). • Ein Zielpunkt wurde zweimal angemessen, die Messungen unterscheiden sich
aber deutlich. • Der Abstand zwischen zwei hintereinander gemessenen Punkten ist kleiner
als eine vorgegebene Toleranz (Neumessung eines Punktes bei eingeschalteter automatischer Punktnummerninkrementierung).
Der Operateur kann dann durch manuelles Editieren die Konsistenz der Daten wieder herstellen.
4.8.2.2 Berechnung
In diesem Schritt werden die redundanten Messungen ausgewertet und kontrolliert. Eventuell auftretende Widerspriiche kbnnen heute noch im Feld aufgedeckt werden, so dass unmittelbar Nachmessungen veranlasst werden kbnnen. Manchmal kbnnen solche Widerspriiche durch eine einfache Messung mit dem GliedermaBstab aufgelbst werden. Somit entstehen keine zusatzlichen Kosten fUr weitere AuBendiensteinsatze.
166 4 Messverfahren
4.8.2.3 Ubergabe an CAD
Die neu berechneten Punkte konnen im Feld bereits in eine 3D-CAD-Datei umgewandelt werden. Dabei sollen die Daten auf verschiedene Layer verteilt werden. Dies ermoglicht die individuelle Betrachtung und Bearbeitung der einzelnen Layer.
Tab. 4. 3: Vordefinierte Layer (Beispiel)
Layer Layer-Nummer Inhalt
Netz Kartennetz und Netzbeschnftung
Text 2 Punktnummern
Punkt 3 Punkte
Symbol 4 Punktsymbole
Info 5 Zeichnungskopf
Gr 10 Grundriss
Gr-o 1\ Grundriss, Objekt liber der Grundrissebene
Gr-u 12 Grundriss, Objekt unter der Grundrissebene
Sch 20 Schmit allg.
Sch·v 21 Schnilt, Objekt vor der Schnittebene
Sch·h 22 Schmit, Objekt hinter der Schmttebene
As 30 Ansicht allg.
AsN 31 Ansicht Nord
AsO 32 AnSlcht Ost
AsS 33 Ansicht Slid
AsW 34 Ansicht West
4.8.3 CAD-Bearbeitung
Die CAD-Bearbeitung der Daten erfolgt im Idealfall in einem 3D-CAD-System. In Abhangigkeit von der gewahlten geometrischen Modellierung (Drahtmodell, Flachenmodell oder Volumenmodell, siehe Kap. 2.3.1) werden aus den Punkten und 3D-Polylinien des CAD-Datensatzes die geforderten Linien, Flachen oder Korper hergeleitet. Dabei eventuell auftretende Widersprtiche im Datenmaterial sind dabei je nach geforderter Genauigkeitsstufe durch Nachmessung am Objekt, durch Mittelbildung oder auf der Basis von VergleichsmaEen aufzulosen.
4.9 Geodatische Aufgaben 167
Basierend auf dem 3D-CAD-Modell werden die geforderten zweidimensionalen Zeichnungen in Form von Schnitten und Ansichten abgeleitet. In diesen Zeichnungen erfolgt auch die BemaISung.
4.8.4 Bauwerksinformationssystem
Langfristiges Ziel muss sein, sich von der Sammlung von Zeichnung als Dokumentation des Objektes zu lOs en und zu einem Bauwerksinformationssystem tiberzugehen. 1m Gegensatz zu einem Geo-Informationssystem muss ein Bauwerksinformationssystem echt dreidimensional angelegt sein. Wichtig ist dabei, dass jedes Bauelement, jede Flache und jede Kante einen eindeutigen Kennzeichner bekommt, an welchen beliebige Attribute in einer Datenbank gekntipft werden konnen. Des Weiteren mtissen die einzelnen Elemente topologisch verkntipft werden. Eine Obersicht tiber die Tabellen und Tabellenverkntipfungen eines exemplarischen Bauwerksinformationssystems ist in Abb. 4.30 dargestellt.
Abb. 4.30: Exemplarische Obersicht uber die Tabellen eines Bauwerksinformationssystems
4.9 Geodatische Aufgaben
Zur Dokumentation voon Gebaudeensembles sind haufig auch andere geodatische Techniken wie die Gelandeaufnahme und die Kartierung erforderlich.
4.9.1 Gelandeaufnahme
Bei der Gelandeaufnahme tragt man die Hohen ein und interpoliert dazwischen die Hohenlinien. Dazu hat man sich auf einer Skizze (Feldbuch) wahrend der Messung vermerkt, welche Verbindungslinien das Gelande besonders charakterisieren: Kammlinien, Tallinien, Falllinien und ungefahre Hohenlinien. Diese Skizze enthalt auISerdem aIle anderen Angaben, die flir die Ausarbeitung zu einer Karte gebraucht werden.
168 4 Messverfahren
Abb. 4.31: Beispiel einer Gelandeaufnahme: Feldbuch (oben) und Ausarbeitung (unten) [aus SCHWEISSTHAL 1966]
4.9 Geodatische Aufgaben 169
Zur Darstellung der Form des GeHindes in zweidimensionalen Karten stehen verschiedene Methoden zu Verfiigung: • Hohenpunkte zur Darstellung von Punkthohen, insbesondere von hochsten
und tiefsten Punkten eines Gebiets, • Topgraphische Symbole, etwa Boschungssignaturen erlauben es, die exakte
Lage von wichtigen topographischen Elementen, z.B. Boschungsoberkante und Boschungsunterkante zu bestimmen,
• Hohenlinien erlauben es, aus der Karte die Hohe jedes Punktes zu interpolieren, die Steigung des GeHindes zu bestimmen, sowie Streich- und Fallrichtung zu bestimmen,
• Schummerung und Schraffur ergeben einen plastischen Eindruck von der Form des Gelandes, erlauben es aber nicht, der Karte exakte Daten zu entnehmen, vor allem in mittleren MaBstaben.
4.9.2 Lageplan
Eine sehr haufige geodatische Aufgabe ist die Erstellung eines Lageplans fUr einen Bauantrag. Dabei ist die Lage des Grundstiicks und seiner Nachbargrundstiicke, die Strasse vor dem Grundstiick, sowie die Bebauung und andere wichtige Objekte zu messen. Bei Gebauden ist immer das aufgehende Mauerwerk zu messen, also die Gebaudeform auf Hohe der Fenster des Erdgeschosses. Davon deutlich abweichende Sockel oder andere signifikante Vorspriinge sind im Lageplan zu vermerken. Folgende Vorgehensweise wird vorgeschlagen: a) Lage- und Hohenfestpunkte aufsuchen und MaBe aus der Einmessskizze kon
trollieren, im Zweifelsfall einen anderen Festpunkt verwenden, b) Stative auf den bekannten und neu zu bestimmenden Standpunkten errichten
und mit Prismen und Zieltafeln versehen; bei freier Stationierung mindestens zwei, besser drei nicht auf einer Linie mit dem Standpunkt liegende Anschlusspunkte wahlen,
c) zu messen sind dann: Grenzsignale, Zaune, Mauern, Gebaude, Baume, Schieber, Schachte, befestigte Wege, Bordsteinkanten, Gullys, Masten und Laternen, Banke, StraBenschilder, Poller, Tanks, etc. auf dem Baugrundstiick, auf den Nachbargrundstiicken 10 - 20 m tief sowie auf der StraBe vor dem Baugrundstiick mindestens bis zur StraBenmitte, besser die ganze Breite der StraBe; dabei miissen die Hohen der Punkte mit gemessen werden.
d) Messung von Hohenpunkten entlang der Grenzen und in einer dem Gelande angepassten Dichte auf dem Grundstiick, urn die Form der Gelandeoberflache mit Hohenlinien angemessen beschreiben zu konnen,
e) Gebaudeeinmessung verdichten, in dem man urn das Gebaude herum mit dem Messband die SpannmaBe misst, dabei Balkone und Terrassen mit aufmisst; zu jedem Gebaude muss die Bauweise (Massivbau, Holzhaus, Beton, etc.), die Nutzung (Wohnhaus, Gewerbe, Mischnutzung, Garage, Schuppen, etc.), die Form und Deckung des Daches, groBere Dachvorspriinge, und die Zahl der Vollgeschosse, eventuelle Unterkellerung (soweit erkennbar) und Dachausbauten angegeben werden und die Hausnummer,
170 4 Messverfahren
f) Messung des Stammumfangs aller Baume und Abschatzung des Kronendurchmessers,
g) abschlieBendes Nivellement tiber aIle Standpunkte und zur Verdichtung der H6henmessung soweit erforderlich; Anbringen einer Metermarke an geeigneter Stelle,
h) je nach lokaler Bauordnung sind eventuell noch hinzuzuftigen: Eigenttimer der direkten Nachbargrundstticke, Geschosse der Gebaude, Trauf- und Firsth6-hen.
4.9.3 FUichen- und Volumenbestimmung
Eine haufige Aufgabe ist die Bestimmung von Flachen und Volumen aus Karten, Planen oder Koordinatenlisten. Analog lassen sich diese Verfahren auch zur FHichenberechnung und Volumenberechnung in Bauwerken verwenden.
4.9.3.1 Flachenbestimmung aus Karten und Planen
Zur Bestimmung von Flachen aus Karten stehen unterschiedliche Techniken zur Verftigung: • Quadratglastafel - Karos ziihlen auf einem Millimeterpapier oder einer speziel
len Glastafel, • Planimeterharfe - Strecken aufaddieren, • Planimeter - Karten Rallye mit einem Planimeter (spezielles Gerat zur Flachen
bestimmung in Karten, mit dem man die Grenze der Flache abfahren muss), • Dreieckszerlegung und individuelle Berechnung der Dreiecksflachen, • Zerlegung des Objekts in Rechtecke.
Abb. 4.32: Polarplanimeter
4.9 Geodatische Aufgaben 171
x
Abb.4.33:
y Flachenberechnung aus Koord inaten
4.9.3.2 Flachenbestimmung aus Koordinaten
Die heute gebrauchlichste Methode zur FHichenbestimmung ist die Berechnung der FHiche aus den Koordinaten eines Umringpolygons. Dazu wird die Flache des Objekts in Trapeze zerlegt. Die Trapeze haben jeweils zwei parallele Seiten (parallel zu einer Koordinatenachse), einen Abschnitt auf der anderen Koordinatenachse und eine Flachenkante als Begrenzung. Die Flache des Trapezes rechnet sich aus dem Mittel der Langen der beiden para Belen Seiten mal dem Abstand dieser beiden Seiten. Zur Berechnung konnen aBe gleichen ftihrenden SteBen der Koordinaten weggelassen werden. Die Punkte mtissen im Uhrzeigersinn angeordnet werden, sonst ergibt sich im Ergebnis eine negative Gesamtflache. Durch mathematisches Umformen entsteht so die GauBsche Flachenformel:
(4-50)
Beide Formeln sind gleichwertig. Zur Berechnung wurde ein Formular entwickelt (siehe S. 172).
4.9.3.3 Volumenbestimmung
Zur Berechnung von Volumina stehen verschiedene Techniken zur Verftigung: 1. Durch Berechnung aus Hohenrastern. Das arithmetische Mittel vierer benach
barter Hohenpunkte wird mit dem Quadrat der Maschenweite a des Hohenrasters multipliziert (Abb. 4.34).
2. Durch Berechnung der durch Hohenlinien (siehe FlachenniveBement) eingeschlossenen horizontalen Flachen. Die Flache zweier tibereinander liegender Hohenplatten wird gemittelt und mit dem Hohenlinienabstand multipliziert.
I::
'" ... ..<:: ..s ... '" :> en en
'" :;s ~
N
..... .....
31 31
5) X
i .~l' 5) ~
nkl K
oo
rdin
aten
.:~.\', = ·'",+1 -.T
i_1 ~Yi = )'i-I -
.1'1+1 )i .;l\",
J/, v,
+
+
+
+
P, 1011 310,01
545,61
14 319,49
578,18 68,77
5,04 39761,44
1610,23
13 378,78
550,65 47,51
59,54 26161,38
22552,56
12 367,00
518,64 68,77
5,04 35666,87
1849,68
10 21 310,01
545,61 47,51
59,54 25921,93
18458,00
14 319,49
578,18
Summ
e 116,28 41
116,28 41 64,58
4)
64.584
' 65922,82
6) 61 588,80
6) 24402,24
6) 20068,22
6)
2F -4334,02
7) 2F -
4334,027)
116,28 41 116,28 4,
64,584,
64,584
65922,826)
61 588,80 61 F
-2167,01
8) F
-2167,01
8'
1) P
unkte des Um
ring
po
lygo
ns (im
Uhrzeigersinn) und ihre K
oordinaten in das Form
ular eintragen
2) D
ie beiden erste
n P
unkte un
ten
an de
r Liste noch hinzufiigen
3) B
erechnung de
r Differenzen zw
ischen dem vorherigen und dem
folgenden Punk!. 1st das E
rgebnis positiv, wird es in die linke, ist es negativ, w
ird es ohne Vorzeichen
in die rechte Spalte eingetragen
4) B
erechnung de
r Sum
men d
er zw
ei l>Yj, bzw
. l>Xj. Pro
be: D
ie Sum
me in d
er positiven S
palte muss gleich der S
umm
e in de
r negativen Spalte se
in
5) B
erechnung de
r Produkte d
er Xj .l>Y
j und Yj.l>Xj.
6) B
erechnung de
r Sum
me de
r Produkte.
7) B
erechnung de
r Differenz d
er soeben berechneten S
umm
en. P
rob
e: Die D
ifferenz muss identisch sein.
8) D
ie Halbierung d
er D
ifferenzen erg
ibt die F
liiche.
4.9 Geodatische Aufgaben 173
-+3.98-+4.06-+4.4S-+4.90-f14.96
-P-3.66-P-3.87 -f-4.12 -P-4.34---P-4.68
-f-3.28-f-3.S0-f-3.77 f4 .02-f14.29
_¥..3.17 --f3.43f 3.68f 3.87 -f14.14 x
Abb. 4.34: Hohenraster
z
Abb. 4.35: Hohenprofile
3. Durch Berechnung der FHichen unter parallelen Profilen. Die FHiche zweier benachbarter Profile (Abb. 4.35) wird gemittelt und mit dem Profilabstand multipliziert.
2 1 V=a '-(h]+h2+h3+h4) (4-51)
4
4.9.4 Absteckung
Bei groBeren Projekten geht der Planung oftmals eine detaillierte Vermessung voraus, urn geeignete Unterlagen zu beschaffen. Nach der Planung geht es dann darum, diese in die brtlichkeit zu tibertragen.
Hierzu ist es zunachst erforderlich, durch Punktbestimmungen den mathematischen Zusammenhang zwischen den Planungsunterlagen und der brtlichkeit herzustellen, was durch Vermessung einiger in der brtlichkeit bereits bekannter Punkte geschieht. Nach diesem Schritt konnen aIle Punkte aus den Planungsunterlagen abgesteckt werden, nur in der Lage oder auch dreidimensional.
Zur Absteckung werden im Grund die gleichen Methoden verwendet wie fUr die Vermessung, aIle MaBe konnen durch Umkehrung der Formeln aus den Koordinaten berechnet werden. Am haufigsten wird das polare Abstecken verwendet, insbesondere, da mod erne Totalstationen dafUr geeignete Programme zur VerfUgung stellen. Zur Schaffung einer Referenzhohe werden heute haufig Rotationslaser eingesetzt.
Die geometrischen Elemente eines Planes werden durch geeignete Punkte in der brtlichkeit bestimmt und mit geeigneten Methoden temporar oder permanent
174 4 Messverfahren
vermarkt. Dazu werden pflocke, Nagel, farblichen Markierungen und MeiBelzeichen verwendet. Zusatzlich werden weitere Vermarkungen in etwas groBerer Entfernung angebracht, welche durch die anstehenden BaumaBnahmen nicht gefahrdet sind. Bei groBeren Projekten werden die Vermarkungen und der Baufortschritt in Absprache mit der Bauleitung regelmaBig iiberpriift.
4.9.4.1 Po/are Absteckung
Bei der polaren Absteckung wird zunachst die Position des Standorts und die aktuelle Orientierungsunbekannte durch einen Polygonzug, Riickwartsschnitt oder freie Stationierung bestimmt (Kap. 4.5). 1m nachsten Schritt konnen nun aus den Koordinaten des abzusteckenden Punktes die polaren Bestimmungselemente Richtungswinkel, Zenitdistanz und Strecke (horizontal oder schrag) berechnet werden. Gegeniiber der Anschlussrichtung wird der Winkel zum Neupunkt (Differenz zwischen Richtung zum Anschlusspunkt und Absteckpunkt) an den Theodoliten eingestellt. Ein Gehilfe mit Zieltafel und eventuell Reflektor auf einem Reflektorstock wird in Zielrichtung durch das Fernrohr dann eingewiesen. Erfolgt die Streckenmessungen elektronisch, wird zum Reflektor gemessen, bei Bandmessungen kann das Messband in Zielrichtungen bis zur Absteckstrecke abgerollt werden. Die Feinabsteckung ist dann ein iterativer Prozess. Moderne Totalstationen haben meist ein Programm zur Absteckung.
4.9.4.2 Bogenschnitt
Analog zum Bogenschlag (Kap. 4.3.1) kann die Absteckung mit zwei Strecken berechnet werden. Die Strecken konnen mit den Formeln fUr die SpannmaBe (FormeI4.1O) von zwei bekannten Punkten zum abzusteckenden Punkt berechnet werden. Von den beiden bekannten Punkten wird dann mit dem Messband jeweils ein Kreisbogen gezogen, mit den berechneten Strecken als Radius.
4.9.4.3 Orthogona/e Absteckung
Es wird eine Messungslinie eingerichtet, welche in einem lokalen Koordinatensystem als X-Achse fungiert. Die Koordinaten der abzusteckenden Punkte werden dann auf dieses so konstruierte lokale Koordinatensystem transformiert (Kap. 1.3.4.3). Die neuen X-Koordinaten und damit die FuBpunkte der Lote werden dann auf der Messungslinie mit dem Messband abgesteckt. Senkrecht zur Messungslinie wird dann mit dem Prisma oder der 3:4:5-Regel der rechte Winkel abgesetzt und darauf dann wiederum mit dem Messband die Y-Koordinate.
4.9.4.4 Ubertragung von Schnittebenen
Am Einfachsten ist die Absteckung der Schnittebene von einem Punkt aus, welcher in der Schnittebene liegt. In dies em Fall kann ein beliebiger anderer Punkt in der Ebene angezielt werden. Dann konnen die Punkte auf der Schnittebene unter Beibehaltung der Horizontalrichtung durch Veranderung der Zenitdistanz
4.9 Geodatische Aufgaben 175
Abb.4.36: Absteckung aus Schnittebene
angezielt werden. Besonders effektiv ist diese L6sung, wenn in das Fernrohr des Instruments ein sichtbarer Laser eingebaut ist.
4.9.4.5 Kreisbogenabsteckung
Manchmal ist es erforderlich, einen Kreisbogen abzustecken. Etwa urn die Form eines Turms oder Gew6lbes zu kontrollieren oder urn die Spur einer Abwicklung vor Ort zu realisieren. Die H6he des Bogens tiber dem mittleren Punkt einer Sehne kann nach folgender Formel berechnet werden:
(4-52)
Abb.4.37: Kreisbogenabsteckung iiber der Sehnenmitte
Die H6he h2 gegentiber der Sehne zwischen den Startpunkten und dem neu abgesteckten Punkt auf dem Bogen in der Mitte zwischen den beiden Startpunkten ist etwa 1/4 der jeweils zuvor abgesteckten H6he.
4.9.5 Bauwerksliberwachung
Die Bauwerkstiberwachung ist eine Aufgabe der Ingenieurvermessung und bedarf prazisester Technik. Sie dient dazu, an geHihrdeten oder gefahrlichen Bauwerken in regelmaEigen Abstanden Vermessungen durchzufiihren, urn Deformationen,
176 4 Messverfahren
also Form- oder Lageanderungen, auf Grund von Belastungen (z.B. bei Staumauern, Briicke) oder Setzungen festzustellen und zu quantifizieren. Ubersteigen die festgestellten Deformationen vorgegebene Schwellwerte, miissen MaBnahmen zur Sicherung der Bauwerke veranlasst werden.
Festgestellt werden konnen horizontale oder vertikale Verschiebungen, Verdrehungen, Neigungen oder Verformungen. Letztere k6nnen Langenanderungen, Biegungen oder Torsionen sein.
4.9.5.1 Absolutmessungen
Dabei muss jeweils eine Urmessung oder Nullmessung erfolgen, bei der fest vermarkte Kontrollpunkte am Bauwerk und in einiger Entfernung yom Objekt bestimmt werden. Die in groBerem Abstand yom Objekt befindlichen Punkte sollten von den vermuteten Deformationen nicht beeintrachtigt werden, das heiBt zum Beispiel, auBerhalb des Setzungsgebiets liegen. Die Kontrollpunkte sind gegebenenfalls durch Messpfeiler realisiert, die einbetoniert oder in festen Grund gegriindet werden. Am Objekt k6nnen Mauerbolzen einzementiert werden, an denen in definiertem Abstand mit einem Adapter Reflektoren und Zieltafeln befestigt werden k6nnen. Diese Einrichtungen erlauben es, Punkte sehr genau wiederherzustellen und so auch kleinraumige Deformationen feststellen zu k6nnen.
In den Uberwachungsmessungen werden dann die Messungen wiederholt und aus den Messdifferenzen kann auf die Deformationen oder Setzungen geschlossen werden. Problematisch ist die manchmal betrachtliche Ausdehnung der Bearbeitungsgebiete, die sich z.B. bei der Uberwachung von Bergbauregionen tiber mehrere Kilometer erstrecken.
Die Deformationsanalyse erfolgt als lokale, zwangsfreie Netzausgleichung. Die eingerichteten Uberwachungsnetze werden als lokale Netze ohne Anschluss an das Landesnetz eingerichtet. Die darin enthaltenen Spannungen k6nnten die Analyse beeintrachtigen. Es ist schwierig, die eventuell auftretenden Deformationen von den Messungenauigkeiten zu trennen.
4.9.5.2 Relativmessungen
Relativmessungen dienen dazu, an besonders gefahrdeten Stellen, z.B. an Fugen oder Rissen, lokale Verschiebungen, Langenanderungen oder Neigungsanderungen zu bestimmen. Dazu werden spezielle Sensoren eingesetzt. Manche dieser Sensoren erlauben auch die kontinuierliche Uberwachung der gefahrdeten Stellen. Dabei werden die Messungen permanent aufgezeichnet oder online an eine Uberwachungsstation iibertragen.
Solche Sensoren sind zum Beispiel Wegaufnehmer. Dabei wird an einem Ende des zu kontrollierenden Abstandes ein ferromagnetischer Kern befestigt, am anderen Ende wird eine Spule befestigt. Wird der Kern relativ zur Spule bewegt, wird eine Spannung induziert, welche gemessen werden kann. Der Kern kann iiber einen Draht oder einen Stab auch iiber eine gewisse Distanz iibertragen werden. Solche Konstruktionen werden Extensometer genannt. Deflektometer erlauben
4.9 Geodlitische Aufgaben 177
die Bestimmung einer Verschiebung quer zu einem Bohrloch. Elektronische Libellen, gefiillt mit elektrolytischen Fliissigkeiten darin platzierten Elektroden oder einem ferromagnetischen Pen del in einem Magnetfeld erlauben die pdizise, elektronische Feststellung von Neigungen.
4.9.6 Sonstige Aufgaben
4.9.6.1 Ablotung
Ablotungen konnen mit Hilfe eines traditionellen Schnurlots, mit speziellen Zenit- oder Nadirloten, welche in iibliche VermessungsdreifiiBe eingesetzt werden konnen oder mit Hilfe eines Theodolits erfolgen. Beim Einsatz von Theodoliten ist darauf zu achten, dass die Instrumente weder Kippachs- noch Zielachsfehler haben. Auf eine besonders sorgHiltige Aufstellung ist zu achten.
4.9.6.2 TurmhOhenbestimmung
Es gibt spezielle Verfahren, urn die Hohe eines Turmes oder eines anderen unzugang lichen Punktes zu bestimmen (GRUBER 1996). Alternativ dazu kann man aber die Lage des Punktes auch durch Vorwartsschnitt (Kap. 4.4.2) bestimmen, daraus die Horizontalstrecken berechnen und dann mit den gemessenen Zenitdistanzen die Hohe des Punktes berechnen (Kap. 4.7.2).