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Bei schwerkranken und ortsfixierten Bewohnern und bei Ruhigstellung und Schonung von Gelenken,kann sich eine Gelenkversteifung (Kontraktur = Gelenksteife) und Muskelatrophie (Schrumpfung derMuskulatur) entwickeln. Es kommt zu Beuge-, Streck-, Abduktions- (Wegführen vom Körper) undAdduktionskontrakturen (Heranführen an den Körper). Dabei handelt es sich um eine Funktions- undBewegungseinschränkung von Gelenken, die durch Verkürzung von Muskeln und Sehnen sowie durchSchrumpfung der Gelenkkapsel verursacht wird (www.modernealtenpflege.de). Kontrakturen könnenan allen Gelenken auftreten und bedeuten eine anhaltende Gelenksteifigkeit.
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Handlungsanweisung Kontrakturenprophylaxe
Handlungsanweisung im Rahmen desProjektes Bewegung Kontrakturenprophylaxe
„Wer rastet der rostet“
Definition
Bei schwerkranken und ortsfixierten Bewohnern und bei Ruhigstellung und Schonung von Gelenken, kann sich eine Gelenkversteifung (Kontraktur = Gelenksteife) und Muskelatrophie (Schrumpfung der Muskulatur) entwickeln. Es kommt zu Beuge-, Streck-, Abduktions- (Wegführen vom Körper) und Adduktionskontrakturen (Heranführen an den Körper). Dabei handelt es sich um eine Funktions- und Bewegungseinschränkung von Gelenken, die durch Verkürzung von Muskeln und Sehnen sowie durch Schrumpfung der Gelenkkapsel verursacht wird (www.modernealtenpflege.de). Kontrakturen können an allen Gelenken auftreten und bedeuten eine anhaltende Gelenksteifigkeit.
Ziele
• Allen Bewohnern wird grundsätzlich ein möglichst großer Bewegungsfreiraum gewährt und notwendige Hilfsmittel werden zur Verfügung gestellt, die die Beweglichkeit erhöhen oder erhalten.
• Jeder kontrakturgefährdete Bewohner erhält eine Prophylaxe, die die Entstehung einer Kontraktur verhindert oder verzögert.
• Bei einer bestehenden Kontraktur wird die verbleibende Beweglichkeit beschrieben und nach Möglichkeit erhalten.
• Die Pflege wird so durchgeführt, dass die Beweglichkeit aller Gelenke möglichst erhalten, gefördert und ständig durch entsprechende Übungen unterstützt wird.
• Grundlage unserer Handlungen ist die individuelle Kontrakturgefährdung und der verbal oder nonverbal geäußerte Wille unserer Bewohner. Dieser wird bei jeder Handlung respektiert und dokumentiert.
• Die betroffenen Bewohner, Angehörige und / oder gesetzlichen Betreuer werden über ein bestehendes Risiko und dessen Auswirkungen informiert und zu möglichen Maßnahmen beraten.
• Die Kontrakturenprophylaxe wird schmerzfrei durchgeführt.
Risikoerfassung
Ein Assessment, das das Risiko einer Kontraktur einschätzt, steht im Augenblick nicht zur Verfügung. Die Einschätzung eines Risikos erfolgt durch die Pflegefachkraft mittels der nachfolgenden Faktoren:
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Handlungsanweisung Kontrakturenprophylaxe
Gefährdungsstufen
Gefährdungsstufe 1
Ein Kontrakturrisiko liegt u. a. vor bei:
• Immobilität• Lähmungen/ Spastiken und anderen neurologischen Erkrankungen• Schonhaltung bei chronischen Schmerzen und großflächigen Narben• Hohem Alter• Bewusstlosigkeit• Häufigem Sitzen• Nach großen Frakturen• Apoplex, Parkinson und Dupuytren• Demenz / Depression• Eingeschränkte Motivation• Fixierung von Gelenken (beispielsweise durch Kissen oder andere Lagerungshilfsmittel)• Weichlagerungen, durch die Bewegung eingeschränkt wird• Medikamenten, die die Bewegung einschränken, beispielsweise Neuroleptika• Bei allen denkbaren Voraussetzungen für Bewegungseinschränkungen, die durch
Erkrankungen oder medizinisch technische Mittel verursacht werden
In der vorausgegangenen Aufzählung wurden Bedingungen beschrieben, die eine Kontraktur in unterschiedlichem Maß begünstigen.
Gefährdungsstufe 2
Bewegt der Bewohner ein oder mehrere Gelenke nicht mehr selbstständig, so würde dies ein erhöhtes Risiko ausweisen.
Gefährdungsstufe 3
Bestehende Kontrakturen mit noch beweglichen Bereichen, weisen ein besonders hohes Risiko aus die verbleibende Beweglichkeit ebenfalls zu verlieren.
Alle drei beschriebenen Gefährdungsstufen lösen eine individuelle Kontrakturenprophylaxe bei der Bezugspflegefachkraft aus. In der Gefährdungsstufe 2 entscheidet die Pflegefachkraft, ob eine Spezifische Planung angelegt wird. In der Gefährdungsstufe 3 muss eine spezifische Planung angelegt werden.
Einschränkungen von Gelenken werden schriftlich beschrieben und nach Möglichkeit in Gradzahlen definiert.
Beispiel: Das rechte Ellenbogengelenk kann von 180 Grad 90 Grad bewegt werden. Risiken oder bestehende Kontrakturen können auch durch Fotographien dokumentiert werden. Das Risiko wird in der Informationssammlung oder / und der spezifischen oder Alltäglichen Planung durch die Bezugspflegefachkraft beschrieben.
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Handlungsanweisung Kontrakturenprophylaxe
Die Anforderungen an die Kontrakturenprophylaxe
• Kontrakturengefährdung erheben (Pflegeanamnese: Beschreibung der Beweglichkeit, bzw. der Einschränkungen bei Beugung und/oder Streckung der Gelenke )
• Planung und Durchführung prophylaktischer Maßnahmen bei Kontrakturengefährdung• Der Pflegeprozess muss enthalten:
Individuelle Fähigkeiten und Probleme des Bewohners (Kontrakturen bzw. die Gefahr beschreiben, bei bestehenden Kontrakturen die Einschränkung und die mögliche Restbeweglichkeit definieren)
Maßnahmen, die mit dem Bewohner abgestimmt sind (Beschreibung der Kontrakturenprophylaxe bezogen auf den Individualfall)
Durchführungsnachweis
Evaluation und gegebenenfalls Anpassung (Überprüfung der Beweglichkeit und deren Entwicklung)
• Die tägliche endständige Bewegungen der betroffenen Gelenke ist die wesentliche Prophylaxe
Merke
Kontrakturen können überall auftreten auch in der Halswirbelsäule oder im Beckenbereich. Aus diesem Grund bezieht sich die allgemeine Kontrakturenprophylaxe auch auf diese Bereiche.
• Bewegungsübungen:Bewegungsübungen und Lagerung nach individuell festgelegter PlanungBewegungsübungen werden aktiv, passiv oder assistierend durchgeführtBewegungsübungen werden mit der ärztlich angeordneten Krankengymnastik abgestimmt
• Lagerung des Bewohners erfolgt in physiologischer Mittelstellung der Gelenke• Niemals gegen Widerstände oder bei Schmerzen in Gelenken oder Muskulatur bewegen• Hilfsmitteleinsatz unter Beachtung der Erhaltung der Eigenbewegungen• Schmerzbehandlung bei bestehenden Kontrakturen• Schmerzmittelgabe sollte immer vor der Bewegung erfolgen• Alternative Schmerzbehandlung zur Lösung von Fehlstellungen anwenden, beispielsweise
Hände in einem warmen Wasserbad bewegen, oder warme oder kalte Auflage auf die entsprechenden Gelenke legen. Eine Absprache mit dem Hausarzt sollte immer erfolgen.
• Dokumentation in der Pflegeplanung und im Bewegungsprotokoll• Bewegungen sollten nach Möglichkeit in die alltägliche Pflege integriert werden,
beispielsweise sollten Lagerungen oder die Körperpflege gleichzeitig zur Bewegung genutzt werden, z.B. beim Eincremen, beim Kämmen oder Waschen des Bewohners.
• Die Gelenke sollten in dem physiologischen Rahmen bewegt werden, beispielsweise das komplette Öffnen und wieder Schließen der Hand.
• Beim Lagern sollte nach Möglichkeit nicht enbloc gelagert werden, sondern nach kinästhetischen Prinzipien. Bei Bewohnern mit Schlaganfall Lagerung nach Bobath.
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Handlungsanweisung Kontrakturenprophylaxe
• Eigenbewegung des Bewohners ist immer zu unterstützen und zu ermöglichen, beispielsweise auch mit der so genannten „Bodenpflege“.
• Anregungen im Umfeld eines „ortsfixierten“ Bewohners führen auch zu Eigenbewegungen, die ein Kontrakturenrisiko verringern können.
Bei einem Schlaganfall oder fortgeschrittener Demenz sollte Spastik verhindert werden durch spastikmindernde Bewegungen und Lagerungen.
Kontrakturenprophylaxe im Überblick
Was Wie Dokumentation wo Verantwortlich
Risikoerhebung Beschreibung der Funktion und/oder
Funktionseinschränkungen der Gelenke
Informationssammlung bei Einzug,
später in Pflegeplanung (spezifische
Planung oder Alltägliche Planung)
BPFFK
Planung der
Bewegungen
Gehübungen bei Gehfähigkeit Pflegeplanung BPFFK
Durchführung der
Mobilisation und
Bewegung
Motivation zu selbständigem Gehen
Bei Gehfähigkeit: Gehübungen in
Begleitung, mindestens zweimal täglich
Durchführungsnachweis durch die
Alltägliche oder Spezifische Planung
BPFFK/ BPFK
SD
Einbeziehung der
Angehörigen
Durchführung der
Bewegungsübun-
gen im Sinne der
Kontrakturen-
prophylaxe
Aktive Form:
alle Gelenke mindestens x-mal täglich (X
legt BPFFK fest) endständig nach
Fähigkeiten der Bewohner in verschiedenen
Ebenen bewegen lassen (z.B. Füße kreisen,
beugen, strecken, Beine, Arme abspreizen
und heranziehen)
Assistive Form:
Verantwortliche assistieren dem Bewohner
bei selbständigen Übungen
Passive Form:
Gelenke mindestens x-mal täglich (X legt
BPFFK fest). Endständig langsam und
ausholend, mit beiden Händen ausführend
bewegen.
Alle Bewegungen erklären und Aktivität des
Bewohners fördern
Durchführungsnachweis durch die
Alltägliche oder Spezifische Planung
BPFFK/ BPFK
SD
Einbeziehung der
Angehörigen
Planung der
Lagerung
Beschreibung der Lagerungen Pflegeplanung BPFFK
Durchführung der
Lagerungen
bei jeder Lagerung am Tage gefährdete
Gelenke bewegen
auf Schmerzgrenzen achten
Grundsätzlich ist die Mittelstellung,
zwischen extremer Beugung und
Streckung, zu wählen (physiologische
Mittelstellung)
Bewegungsprotokoll
Hilfsmittel und deren Einsatz
beschreiben (Bettbogen,
Gumminoppenbälle, Bettleiter,
Lagerungsmittel)
BPFFK/ BPFK
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Handlungsanweisung Kontrakturenprophylaxe
Umgang und Auswahl geeigneter und aktueller Hilfsmittel
Alle Materialien die Bewegung fördern und Spastik reduzieren, können verwendet werden, z.B. Bettfahrräder, Strickleitern und andere Hilfsmittel.
Bälle, Binden oder Waschlappen sollten nicht in den Händen der Bewohner verbleiben, da sie zum Zugreifen auffordern und Kontrakturen in den Händen fördern. Zum kurzfristigen Bewegen oder zur Motivationsförderung können diese Hilfsmittel verwendet werden.
Bettkisten oder Basketballschuhe als Spitzfußprophylaxe (pes equinus) sollten, wenn überhaupt nur kurzfristig eingesetzt werden, ein höherer Effekt wird auch hier der Bewegung eingeräumt.
Schienen, die ein Gelenk in der Normalstellung fixieren, müssen durch einen Physiotherapeuten oder den Hausarzt angeordnet werden.
Beschreibung angrenzender Bereiche
Wenn die Anforderung an eine Kontrakturenprophylaxe einer anderen Pflegemaßnahme zuwiderläuft, müssen Vor- und Nachteile der Maßnahmen abgewogen werden, die Bezugspflegefachkraft entscheidet. Unter Umständen muss eine Pflegevisite oder Erstvisite (siehe da) durchgeführt werden.
Beratung und Integration des Betroffenen, Angehörigen und BetreuersJeder betroffene Bewohner bzw. dessen Angehörige und / oder gesetzliche Betreuer wird über ein bestehendes Risiko informiert und darüber, wie er den Betroffenen bewegen oder unterstützen kann, damit das Risiko minimiert werden kann. In der Beratung wird darauf hingewiesen, dass sich die Bewegung auch positiv auf alle anderen Pflegebereiche auswirkt. Beratung sowie die Aushändigung einer Broschüre wird dokumentiert.
Dokumentation der Informationen
Die Beschreibung eines Risikos findet primär in der Informationssammlung statt. Ein akutes Risiko (Gefährdungsstufe II) oder bestehende Kontrakturen (Gefährdungsstufe III) sollten vorzugsweise in der Spezifischen Planung dokumentiert werden. Reine Prophylaxemaßnahmen (Gefährdungsstufe I) können in der Alltäglichen Planung beschrieben werden. Der Bewegungsplan 3037 kann zur Dokumentation von Bewegungen im Rahmen einer Kontrakturenprophylaxe genutzt werden. Prophylaxemaßnahmen können innerhalb von Handlungskomplexen oder einzeln im Leistungsnachweis mit Handzeichen dokumentiert werden.
Beurteilung der Ergebnisse
Ergebnisse werden regelmäßig evaluiert, je höher der Gefährdungsgrad desto häufiger die Evaluation. Pflege- oder Arztvisiten können ebenfalls zur Evaluation genutzt werden.
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Handlungsanweisung Kontrakturenprophylaxe
Mitgeltende Dokumente
• Informationssammlung• Spezifische oder Alltägliche Planung • Bewegungsplan 3037• Leistungsnachweis
Quellenangabe
• Arets J. et al. (1999): Professionelle Pflege, Hans Huber Verlag, Bern, S. 461-467.• Krüper W. (2006): Was Sie wissen müssen. Prophylaxe. Was Sie tun können. Altenpflege
spezial, Vincentz Hannover.• MdK Prüfanleitung zum Erhebungsbogen Qualitätsprüfung beim Bewohner- stationär http://
www.mdkn.de/datei/MDK_Anleitung_stat_05-11-10.pdf (5.2007).• Pqsg Online Magazin für die Altenpflege: Standard Kontrakturenprophylaxe,
www.pqsg.de/seiten/openpqsg/hintergrund-standard-kontrakturen.htm (05.05.09).• http://www.modernealtenpflege.de/Pflegestandards/Ubersicht_Pflegestand_/Kontrakturpro
phylaxe/kontrakturprophylaxe.html (5.2007).• Schewior-Popp S. et al. (2009): Thiemes Pflege, Lehrbuch für Pflegende in der Ausbildung,
Georg Thieme Stuttgart.
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