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Harigona: Karoline, die Reiseleiterin

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Viele Märchen beginnen mit den Worten „Es war einmal ein König“ oder „Es war einmal ein Stück Holz“ – aus dem der Hampelmann Pinocchio geschnitzt wurde. Diese Geschichte beginnt anders … "Es war einmal eine Birke …" Und eigentlich gibt es sie immer noch. Die Birke. Sie steht in unserem Garten. Ich habe sie vor vielen Jahren mit einem Gedicht vor dem Fällen gerettet und ihr damit ein Denkmal gesetzt. Nun, hört euch die Geschichte „unserer Birke“ an: "In unserem Garten tobte der Herbstwind ..." Aber lest selbst diese wundervolle Geschichte von Karoline, einer Reise ... und einer Birke!

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© 2016 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbROberer Schrannenplatz 2 - 88131 Lindau

Telefon: 08382/[email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Erstauflage 2016

Lektorat: Melanie WittmannHerstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM

www.literaturredaktion.deIllustrationen und Cover: Jarmila Marešová (Prag)

Druck: Totem-Druckerei / Polen – gedruckt in der EU

ISBN: 978-3-86196-590-9

Karoline, die Reiseleiterin,besucht Florenz

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Harigona

Karoline, die Reiseleiterin,besucht Florenz

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Viele Märchen beginnen mit den Worten Es war einmal ein König oder Es war einmal ein Stück Holz – aus dem der Ham-pelmann Pinocchio ge-schnitzt wurde. Doch diese Geschichte beginnt anders: Es war einmal eine Birke ...

Eigentlich gibt es sie immer noch. Die Birke. Sie steht in un-serem Garten. Ich habe sie vor vielen Jahren mit einem Gedicht vor dem Fäl-len gerettet und ihr damit ein Denkmal gesetzt. Nun hört euch die Geschichte unserer Birke an.

In unserem Garten tobte der Herbstwind. Er brach der schönsten aller Birken ihre Krone und ließ sie in ih-rer plötzlichen Hässlichkeit traurig auf uns wirken. Wir wollten sie aber anders sehen, nicht in solch erbärmlicher Erscheinung und beschlossen, sie zu fällen. Doch es kam nicht dazu. Aus welchem Grund auch immer, ich weiß es heute nicht mehr.

Unsere Birke sammelte all ihre Kräfte, die ihr die Erde gab, und ließ einen ihrer Äste zu

Vorwort

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einer noch schöneren Krone wachsen, um uns zu beschämen. Sie besiegte uns und wir genießen voller Dankbarkeit die Kühle ihres Schattens an heißen Sommertagen.

Seither traut sich niemand, dieser weiß gekleideten, mittler-weile sehr gewichtigen Dame etwas anzutun. Unsere Birke er-freut das Auge nach einem langen Winter mit ihrem satten Grün, und bevor der Herbstwind den leuchtend gelben Laubteppich über die Wiese ausbreitet, ist sie auch schon wieder durchsich-tig und weiß wie der Schnee. Mit ihm zusammen beherrscht sie zwei, drei Monate den Garten. Manchmal leistet ihr sogar ein Schneemann Gesellschaft.

Und nicht nur er.

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Linda in der Baumkrone

Die obere Etage jener Birke wird oft zum Sitzplatz für die acht-jährige Linda. Gerade dann, wenn ihr kleiner Bruder Richard auf dem benachbarten Fußballplatz im Tor der Union Miniknaben steht, sich bei jedem Schuss des Gegners tapfer auf den Boden wirft und Beifall erntet, es sei denn, der Ball rutscht hinter ihm ins Tor. Dann sind es eher Buhrufe.

Lindas Freude ist manchmal so groß, dass sie vergisst, keinen Sessel unter dem Hintern zu haben. Sie hält sich dann in letzter Sekunde am Ast fest, so wie Affen es tun, damit sie nicht auf die Wiese purzelt.

Nur einmal ... einmal wurde ihr diese große Freude zum Ver-hängnis. Da hat sie einfach vergessen, keinen festen Boden unter den Füßen zu haben und machte einen Schritt in die Luft. Diese kann bekanntlich weder Tiere noch Menschen tragen und Linda fiel zu Boden. Der war zwar nicht gerade hart, aber neben der Birke befindet sich ein Brunnen mit einer Abdeckung aus Beton und gerade diese war Linda im Weg. Sie prallte mit der rechten Ferse auf die Kante der Abdeckung und blieb auf dem Boden liegen.

Glaubt ja nicht, dass es nicht wehtat. Und wie das schmerzte! Linda schrie, die Zuschauer auf dem Sportplatz konnten im ers-ten Moment nicht ausmachen, woher diese Schreie kamen, weil zwischen dem Garten und dem Fußballplatz ein Holzzaun steht. Nichtsdestotrotz war die Unfallstelle im Nu ermittelt und die Ret-tung herbeigerufen.

Im Krankenhaus stellte man einen komplizierten Fersenbruch fest, dazu eine Quetschung. Linda musste in der Klinik bleiben. Wie lange? Sehr lange ... Was glaubt ihr, was das für Linda be-

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deutete? Sie konnte nicht in die Schule gehen. Ihr Geburtstag stand vor der Tür und sie lag im Krankenhaus. So ein Pech!

„Da nützt kein Jammern, da muss man durch“, sagte Lindas Mutter. „Wir werden das Beste daraus machen und den Aufent-halt in der Klinik so angenehm wie nur möglich für dich gestal-ten.“

Und so war es auch. Jeden Tag bekam Linda Besuch. Die Schul-freundinnen kamen, die Mutter, der Vater, Richard, die Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins. Und die rote Nase der beson-ders liebe Krankenhausclown. Der besuchte alle Kinder dreimal die Woche und spielte verrückte Sachen mit ihnen, nachdem er ihnen jedes Mal als Erstes eine rote Nase aufsetzte.

Zu guter Letzt gefiel es Linda im Krankenhaus ganz gut. Zu Hau-se aber hatte sie eigenes Spielzeug und einen richtigen Hund, der ihr sehr fehlte.

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Geburtstagsgeschenk für Linda

Liebe Kinder, ihr wisst ja selbst sehr gut, dass nichts ewig dau-ert, und so kam der Tag, an dem Linda nach Hause durfte. Den Liegegips musste sie noch zwei Wochen behalten und vom Arzt war ihr Bettruhe verordnet worden.

Obwohl sich Linda auf alles, was daheim auf sie wartete, ge-freut hatte, überfiel sie die Traurigkeit. Im Krankenhaus waren sie drei Mädchen im Zimmer gewesen und es ging stets lustig zu. Daheim war sie fast immer allein. Richard ging zur Schule,

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den Nachmittag verbrachte er auf dem Fußballplatz oder beim Schreiben der Hausaufgaben. Die Mami hatte fast immer zu tun, der Papi ging natürlich in die Arbeit und Bello verstand es kaum, dass Linda nicht mit ihm im Garten herumtoben konnte.

Große Freude bescherte Linda ihr achter Geburtstag. Da waren alle bei ihr und sie stand im Mittelpunkt eines großen Geburts-tagsfestes.

Kinder, was, glaubt ihr, war die größte Freude an diesem Tag? Es waren weder die Geburtstagstorte noch die vielen Geschenke. Die Kinder, die zum Fest eingeladen waren, spielten ohne Linda. Diese saß allein am Tisch, freute sich mit ihren Gästen, aber im Herzen war sie trotzdem traurig. So ein Gipsbein kann schon die Stimmung verderben oder oft erst gar nicht aufkommen lassen.

Am Abend, als alle längst nach Hause gegangen waren, brach-te der Papi Linda ins Bett. Da passierte für sie so etwas wie ein Wunder. Auf dem Bett lag eine wunderschöne Stoffpuppe. Sie war so groß wie Richard – er ist schon 1,20 Meter – und trug ein buntes Patchworkkleidchen. Linda erkannte alle Stoffe, das wa-ren doch früher ihre eigenen Kleider gewesen, die sie nun nicht mehr tragen konnte. Mami hatte aus diesen Stoffresten ein Kleid für die Puppe genäht. Da wurde Linda klar, warum sie in den letzten Tagen so wenig Zeit gehabt hatte. Sie wollte mit ihrem Geschenk rechtzeitig fertig sein.

Linda legte die Puppe links neben sich, damit sie sie bis zu den Zehen spüren konnte – mit dem rechten Bein hätte sie die Puppe nicht fühlen können. Gipsbeine sind hart und gefühllos, manch-mal kalt und immer schwer wie ein Stein. Linda streichelte der Puppe über den Kopf, dann fasste sie sie an der Hand, hielt das warme Stoffhändchen fest und von Glück erfüllt schlief sie bald ein.

Einige Tage hatte sie große Freude an der Puppe, aber irgend-wann verging auch diese allmählich. Das ist immer so, wenn Kin-der ihr Spielzeug nicht mehr interessant finden, dann verlangen sie nach etwas Neuem, mit dem sie sich beschäftigen können.

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Die Puppe war stumm und hatte keinen Namen. Linda konn-te ihr erzählen, was sie wollte, sie bekam keine Antwort, keine Reaktion war der Puppe zu entlocken. Am Abend hielt sie nicht mehr ihre Hand, manchmal musste die Puppe die Nacht sogar auf einem Sessel neben dem Bett verbringen. Linda war wieder traurig und weinte vor dem Einschlafen. Als sie sich selbst einmal gar zu sehr bemitleidete, wischte sie ihre Tränen am Puppenkleid ab. Da hörte sie plötzlich eine schwache Stimme: „Was für eine Jammerliese, man kann gar nicht einschlafen.“

„Wer spricht denn da?“, fragte Linda erschrocken.„Ich bin es, deine Puppe.“„Du kannst sprechen?“ Linda staunte.

„Ja, aber ich kann mich nicht bewegen, weil ich aus Stoff bin.“

„Aber dein Kopf ist auch aus Stoff und trotzdem spricht dein Mund.“

„Mein Kopf ist aus Stroh, und wie du sicher weißt, können die Menschen, die Stroh im Kopf

haben, auch sprechen“, erklärte die Puppe ein wenig ungeduldig.

„Das ist allerdings wahr“, erwiderte Linda zustimmend. Ihre Laune

besserte sich bei dem Ge-danken, dass ihre Puppe

doch nicht nur unnütz neben ihr liegen

oder sitzen konnte.„Ich könnte mich

auch bewegen, aber du musst mir

dabei helfen“, sprach das Spielzeug nun.

„Aber wie