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Matthias Goerne III/2008

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Matthias Goerne

III/2008

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„Ich wollte Sänger werden“ – Der Bariton Matthias GoerneSeit mehr als einem Jahrzehnt ist er in den Konzertsälen der Welt zu Hause, er kann sich seine Opernauftritte auswählen, er ist Ehrenmitglied der Londoner Royal Academy of Music und hat von 2001 bis 2004 als Professor Liedgesang an der Düsseldorfer Musikhochschule unterrichtet. Dabei ist Matthias Goerne gera-de einmal 40 Jahre alt. Mit einer außerordentlichen Begabung, aber auch durch Beharrlichkeit, Zielstrebigkeit, Nachdenklichkeit und Eigenständigkeit hat der Künstler sich seinen Platz in der internationalen Sängerelite gesi-chert.

Schon früh wußte Matthias Goerne genau, was er werden will: Sänger. Zwar war er vom Elternhaus her künst-lerisch vorbelastet, beide Eltern waren am Theater, doch die Musik stand für den gebürtigen Weimarer schon mit sieben, acht Jahren als Berufsziel fest. Bald führte ihn sein Weg in den Kinderchor des Städtischen Theaters Chemnitz. Das Singen machte dem Buben solchen Spaß, daß er auch über den Stimmbruch hinaus dort blieb, obwohl er sich mit der Schauspielerei nicht anfreunden mochte: „Was da auf der Bühne passierte, hat mich eher abgeschreckt. Ich fand es unecht und habe mir vorgestellt, wie peinlich es für mich wäre, wenn ich als Solist an

die Rampe müßte.“ Da halfen auch die Ermahnungen der Mutter nichts, nicht immer nur zu singen und die anderen anzugucken, sondern selbst auch zu spielen.Seit 1985 studierte Goerne an der Hochschule in Leipzig bei Professor Hans-Joachim Beyer, der ihm die technischen Grundlagen seiner Kunst vermittelte und so, wie Goerne selbst betont, erst das Fundament legte, daß er seine Begabung im Unterricht bei Kapazitäten wie Elisabeth Schwarzkopf und Dietrich Fischer-Dieskau entfal-ten konnte. Der Liedgesang war ins Zentrum seiner künstlerischen Arbeit gerückt und der Gewinn des Hugo-Wolf-Wettbewerb 1990 war für den

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Franz SCHUBERT (1797-1828)„Sehnsucht“ – LIEDER Vol. 1: Fahrt zum Hades,

Der Winterabend, Der Jüngling am Bache, Der Pilgrim, Grenzen der Menschenheit u. a.

Matthias Goerne, Bariton – Elisabeth Leonskaja, KlavierHMC 901988 (T01)

einem ähnlichen Punkt fortfahren. So entsteht eine Dramaturgie, die man selbst lenken kann.“ Dabei stellt für ihn der Inhalt der Lieder ein wichtiges Kriterium dar: „Viele Sänger singen intuitiv... – aber ich habe es höchst selten erlebt, daß mal eine wirkliche Auseinandersetzung mit den Inhalten stattfindet. Und das ist doch eigentlich das Wesentliche unserer Arbeit.“Mit der vorliegenden CD beginnt harmonia mundi die Zusammenarbeit mit dem Künstler im Rahmen der Matthias Goerne Schubert Edition, die eine breitangelegte Auswahl von Liedern präsentieren wird, in denen der Sänger von bedeutenden Pianisten begleitet wird. Bei diesem ersten Teil macht Elisabeth Leonskaja den Anfang. Jede einzelne Folge dieser Schubert-Edition wird unter einem Leitwort stehen, „Sehnsucht“ ist es für den Beginn. Christophe Ghristi schreibt in seinem Begleittext, was als Motto über der ganzen Edition stehen könnte: „Schubert erinnert uns in seinen Liedern an die Unrast und Vergänglichkeit des menschlichen Daseins. Eine einsame Stimme singt von ihrem Leid und ihrer Sehnsucht, begleitet lediglich von einem anderen Einzelgänger, dem Klavier, das so gut ohne andere auskommt. Hier wird kein Theater mehr gespielt, hier geht es um den endlich faßbar geworde-nen Widerhall dessen, was uns im Innersten bewegt, im tiefsten Inneren, wo Stille herrscht, wo alles ernst und wahrhaftig und ohne Lüge ist.“

23jährigen der entscheidende Schritt in die Laufbahn als Liedsänger. Ein fester Gastvertrag mit der Dresdner Oper mit zwölf Vorstellungen in einer Saison reichte aus, sich nie im festen Engagement zu binden, wenn er auch durch Gastverpflichtungen in Häusern wie Zürich den Geschmack an einer Opernarbeit auf hohem Niveau fand. So wählt er heute seine Opernauftritte sorgfältig aus und steht immer wie-der auf den Bühnen der Met oder von Covent Garden, im Teatro Real Madrid oder in Zürich. Auch das Spektrum seiner Rollen ist breit ange-legt: vom Papageno über den Wolfram bis zum Wozzeck und weiter noch zur Titelpartie in Aribert Reimanns Lear.Doch in erster Linie ist Goerne Liedsänger: „Ich habe gespürt, daß das Lied für mich gesangsphy-siologisch der richtige Weg ist, die Stimme höchst individuell belasten zu können. Dazu kamen Stoffe, die mich interessierten, und eine Form von Musik, die viel feiner als bei einem großen Orchester sein kann. Das Lied ermöglicht es, Programme zusammenzustellen, die individuell auf mich abgestimmt sind. So kann ich viel genauer meine Neigungen und Möglichkeiten abschätzen. Bei der Oper habe ich gespürt, daß ich es später machen mußte. Denn einer der zentralen Unterschiede besteht in der Geschlossenheit der Handlung, auf die man wenig Einfluß hat. Ein Lied ist nach drei Minuten aus. Daran kann man dann mit dem nächsten an

Matthias GoerneFotos: Marco Borggreve

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J. S. BACH (1685-1750)Kantaten „Wer weiß, wie nahe mir mein Ende“ BWV 27, „Ich bin vergnügt mit meinem Glücke“ BWV 84, „Christus, der ist mein Leben“ BWV 95, „Komm, du süße Todesstunde“ BWV 161Dorothee Mields, Sopan – Matthew White, Countertenor – Hans Jörg Mammel, Tenor – Thomas Bauer, Baß – Collegium Vocale Gent, Leitung: Philippe Herreweghe

HMC 901969 (T01)

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mit Philippe Herreweghe und dem Collegium Vocale Gent zuletzt von Bach erschienen:

J. S. BACHWeltliche Kantaten BWV 207 & 214HMC 901860 (T01)

„Eine brillante Deutung“

MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Der junge Bach – Feuerkopf und VirtuoseAls fertiger Künstler tritt Bach in die Musikgeschichte ein, schon die ersten Werke bezeugen seine Ausnahmestellung als Komponist. Auch als Virtuose auf der Orgel erlangt der junge Mann schnell einen legendären Ruf, sein Urteil als Prüfer neugebauter Instrumente ist gefürchtet. Bachs Selbstbewußtsein entspricht seinem Können, und sein Temperament kann sich durchaus in heftigen Wutausbrüchen entladen.

Außer seinem 14 Jahre älteren Bruder Johann Christoph, bei dem der zehn-jährige Johann Sebastian nach dem Tod der Eltern Unterschlupf fand und der dem Knaben die Anfänge des Kirchenmusikerhandwerks beibrach-te, hat Bach keine Lehrer gehabt. Er ist von Anfang an seinen Weg als Autodidakt gegangen: Schon als Kind hat er sich unerlaubterweise am verschlossenen Notenschrank seines

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OHLEN VON

Bruders zu schaffen gemacht, um die ungeduldig erwartete Bekanntschaft mit den großen Meistern der Musik zu schließen. Dafür hielt Johann Christoph den Knirps noch nicht reif genug, die Noten wanderten wieder hinter Schloß und Riegel. Johann Sebastian hielt indessen seine Vorbilder in hohen Ehren; als zwan-zigjähriger Organist im thüringischen Provinznest Arnstadt nahm er einen vierwöchigen Urlaub, um zu Dietrich Buxtehude nach Lübeck zu pilgern. Er blieb vier Monate fort und hatte als Erwiderung auf die Frage seiner Vorgesetzten nach den Gründen dieser horrenden Disziplinlosigkeit nur ein patziges „Um ein oder anderes in mei-ner Kunst zu begreifen“ übrig.Er hat übrigens bei Buxtehude, dem Großmeister der norddeut-schen Barockmusik, etwas „in seiner Kunst“ begriffen – mit der Folge, daß die Gemeinde seinen virtuosen

Begleitungen der Kirchenlieder nicht mehr folgen konnte und aus dem Takt kam. Auch sonst löckte Bach wider den Stachel und lud seine Cousine und Verlobte Maria Barbara auf die Orgelempore ein. Frauen, und schon gar nicht „frembde Jungfern“ hatten dort nach den moralischen Auffassungen der Kleinstädter aller-dings nichts zu suchen, und so waren die Arnstädter Kirchenoberen vermut-lich erleichtert, als Bach 1707 eine Organistenstelle in der Reichsstadt Mühlhausen antrat und dort mit Maria Barbara eine Familie gründete.Doch auch in Mühlhausen war sei-nes Bleibens nicht lange; schon bald folgte er einem Ruf an den Weimarer Herzogshof, wo er einst mit 18 Jahren als Geiger und Lakai seine berufli-che Laufbahn begonnen hatte. Jetzt war Bach in Weimar Hoforganist und „Cammermusicus“, in der zweiten Funktion praktisch Sachwalter des

Philippe Herreweghe Foto: Eric Larrayadieu

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bestmöglichen Bedingungen aufge-führt werden könnte.„Kurzer, jedoch höchst nötiger Entwurf einer wohlbestallten Kirchenmusik“ ist der Titel seiner Schrift, in der er dar-legt, was ihm unentbehrlich erscheint, damit eine Musik im Gottesdienst erklingen kann, die zur Ehre Gottes und zur Erbauung der Gemeinde wür-dig ist. Lange schlug sich Bach mit seiner Leipziger Obrigkeit herum, bis er schließlich entnervt aufgab und sich im letzten Jahrzehnt seines Lebens dem eigenen Werk widmete: Der Sichtung des Vorhandenen und den letzten Kompositionen, die der Nachwelt bis heute bezeugen, daß Johann Sebastian Bach sein Ziel erreicht hat: „...ein oder anderes in meiner Kunst zu begrei-fen“.

kränklichen und eigentlich dienst-unfähigen Hofkapellmeisters Drese. Jahrelang tat Bach willig Dienst, als es aber um die Besetzung der schließ-lich freigewordenen Stelle ging, wurde Dreses als Musiker unbegabter Sohn ihm vorgezogen. Am Hof des jun-gen und musikbegeisterten Fürsten Leopold von Anhalt-Köthen gab es eine unbesetzte Kapellmeisterstelle, doch der Weimarer Herzog wollte seinen fähigen „Cammermusicus“ nicht verlieren und gab ihn nicht frei. Da hatte die Hoheit allerdings nicht mit der Sturheit seines Untergebenen gerechnet: Der fiel ihm solange auf den Wecker, bis er wegen Aufsässigkeit vier Wochen lang in den Arrest wan-derte und danach seiner Wege gehen durfte. Zum Fürsten von Köthen entstanden fast freundschaftliche Beziehungen, die auch nach Bachs

Fortgang in Leipziger Dienste bis zum Tod Leopolds fortdauerten.Als Kantor und Musikdirektor in Leipzig hatte Bach den Gipfel sei-ner beruflichen Laufbahn erreicht. Streitbar blieb er indessen immer noch. Lateinunterricht zu geben, wie es sein Vertrag vorsah, war seine Sache nicht, und er zog sich mit Stellvertretern aus der Affäre. Um die turnusmäßige Übernahme der Schulaufsicht kam er allerdings nicht herum und wird sich vermutlich über den Zeitverlust geärgert haben, den es bedeutete, den Sack Flöhe der Schüler an St. Thomas zu hüten. Denn fleißig war er eh und je – und immer noch stur, wenn es um seine Musik ging! Unermüdlich schrieb er Eingaben, um die Situation der Leipziger Kirchenmusik so zu ver-bessern, daß seine auch für die dama-lige Zeit komplizierte Musik unter

„Ein wahres Feuerwerk“

HESSISCHER RUNDFUNK

J. S. BACH (1685-1750)Frühwerke:

Toccaten BWV 912, 914 & 916, Partite diverse BWV 767, Suite a-Moll BWV 818a,

Capriccio B-Dur BWV 992Andreas Staier, Cembalo

(Anthony Sidey nach Hass)HMC 901960 (T01)

mit Andreas Staier auf diesem Instrument bereits erschienen:Hamburg 1734Cembalowerke von Telemann, Händel, Böhm, Buxtehude u. a.HMC 901898 (T01)

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Andreas StaierFoto: Eric Manas

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Ludwig van BEETHOVEN (1770-1827)Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 „Eroica“,12 Contretänze WoO 14Helsingborg Symphony Orchestra, Leitung: Andrew ManzeHMU 807470 (U01)

nem Amtssitz die Fahne seines Staates aufzuziehen, stürmte eine zornige Volksmenge die Fassade des Palais und riß die verhaßte Trikolore in Stücke – wohl nicht, weil Agitatoren ihnen „braun’s Bier und Würstel“ verspro-chen hätten, sondern vermutlich im Gedenken an Marie Antoinette, die Tante des Kaisers, die als halbes Kind dem französischen Thronfolger zur Frau gegeben worden und unter dem Fallbeil der Revolution gestorben war. Beethoven war ein gern gesehener Gast beim französischen Botschafter, und die Idee, dem ersten Konsul Napoleon eine Sinfonie zu widmen, stammt Erzählungen von Zeitgenossen zufolge von Bernadotte. Mit seiner Selbstkrönung zum „Kaiser der Franzosen“ wurde das Idol Bonaparte in Beethovens Augen zum Tyrannen. „Nun wird er auch alle Menschenrechte mit Füßen treten!“, rief Beethoven prophetisch aus und radierte seinen Namen so heftig von der Titelseite der Partitur, daß dort bis heute ein Loch die Stelle mar-kiert, wo einst „Napoleon Bonaparte“

Musik und revolutionärer Elan„Man darf nicht zu laut sprechen hier, sonst gibt die Polizei einem Quartier“, berichtete Beethoven aus seiner neuen Heimat Wien dem Verleger Nikolaus Simrock ins hei-mische Bonn. Als Beethoven 1793 aus dem liberalen Rheinland nach Wien kam, um hier „Mozarts Geist aus Haydns Händen“ zu erhalten, fand er sich unversehens an einem sicheren Hort des Konservatismus wieder.

Mit wachem Blick beobachtete der fortschrittlich gesonnene junge Mann in der Kaiserstadt die politi-sche Situation, die ihm nicht gefallen konnte. „Hier hat man verschiede-ne Leute von Bedeutung eingezogen; man sagt, es hätte eine Revolution ausbrechen sollen. Aber ich glaube, so lange der Österreicher noch braun’s Bier und Würstel hat, revoltiert er nicht...“ erfährt Nikolaus Simrock. Schon zu einer Zeit, als Frankreich noch mit sich selbst beschäftigt war und die Expansionsgelüste Napoleons im Dunkel der Zukunft lagen, und lange vor Metternichs perfekt orga-nisiertem Spitzelsystem hatte man in Wien ein scharfes Auge darauf, daß der Revolutionsvirus nicht von Frankreich auf Österreich übergriff.Die wenigen Wiener Sympathisanten mit den Idealen der Französischen Republik trafen sich im Palais des französischen Botschafters, des Ex-Generals Jean-Baptiste Bernadotte. Als dieser es indessen wagte, vor sei-

stand. Seine dritte Sinfonie widmete er nun dem „Andenken eines großen Mannes“.

Neue Ziele im hohen NordenAndrew Manze, einer der bedeutend-sten Barockgeiger seiner Generation und als künstlerischer Leiter von The English Concert auch als Ensemble-leiter zu hohen Ehren gelangt, lebt seit einigen Jahren in Schweden und ist hier seit 2006 als Chefdirigent des Sinfonieorchesters Helsingborg tätig. Die vorliegende Aufnahme ist die erste Frucht der Zusammenarbeit von Manze mit seinem neuen Klangkörper. 1912 gegründet, hat sich das Orchester bis in die heu-tige Zeit eine Experimentierfreude bewahrt, die es den Musikern zum Vergnügen macht, Andrew Manze auf seinen ganz und gar eigenstän-digen Pfaden der Interpretation eines Meilensteins der sinfonischen Tradition zu folgen. Und so ist eine im besten Sinne nonkonformistische Einspielung von Beethovens revolu-tionärem Meisterwerk entstanden.

Helsingborg Symphony Orchestra Foto: Charlotta Cederblad

EMPF

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Thomas TALLIS (1505-1585)Neun Psalme für den Psalter des Erzbischofs Parker

William BYRD (1543-1623)Motetten, Proprien für die PfingstmesseStile AnticoHMU 807463 (U01)

Im 16. Jahrhundert war England Schauplatz schwerer politisch-religiöser Auseinandersetzungen: Das Land wurde in krassen Extremen zwischen Katholizismus und Protestantismus hin und her gerissen, Politik und Religion gerieten in oft gefährlicher Weise durcheinander.

Musik in den Zeiten des Glaubenskampfes

König Heinrich VIII. hatte zwar im Jahr 1534 mit Rom gebrochen, da er die Scheidung von seiner kinderlosen Frau anders nicht durchsetzen zu kön-nen meinte, doch war er theologisch und liturgisch Katholik, der jedem reformatorischen Bestreben in seinem Reich energisch entgegentrat. Sein Nachfolger auf dem Thron, der junge Edward VI., setzte eine puritanische protestantische Kirchenordnung durch, die auch erhebliche Auswirkungen auf die Kirchenmusik hatte. 1553 kehrte Königin Maria zu einem kompro-mißlosen Katholizismus zurück, ließ Protestanten, die sich ihr widersetzten, auf dem Scheiterhaufen verbrennen und führte auch die alten Riten wieder ein. Mit der Regierungsübernahme Königin Elisabeths kehrte durch den gemäßigt protestantischen Kompromiß, der bis heute das Gesicht der anglikanischen Kirche prägt, end-

lich religiöser Friede im englischen Königreich ein.Doch war dieser Friede keinesfalls ein immerwährender Zustand der Eintracht, die 1580er und 1590er Jahre waren geprägt von massiven Katholikenverfolgungen, die manchen Intellektuellen und Künstler in die Emigration trieb. So entstand bei-spielsweise in Antwerpen eine Kolonie katholischer englischer Exilanten. Thomas Tallis war zu Beginn die-ser neuen Bedrängungen schon betagt und als Protestant ohnehin nicht bedroht, William Byrd indes verstand es mit diplomatischem Geschick, sei-ner katholischen Konfession die Treue zu halten, ohne sich damit königlichen Repressionen auszusetzen. Königin Elisabeth schätzte diesen Musiker offensichtlich außerordentlich, so daß er es sich sogar leisten konnte, ein Trauerlied auf den Tod Maria Stuarts,

mit Stile Antico bereits erschienen:

Music for Compline (Musik für die Komplet)Kompositionen von Sheppard, Tallis & ByrdHMU 807419 (U01) „Magisch schön“

WESTDEUTSCHER RUNDFUNK

„Die Debüt-CD von Stile Antico

bewegt sich auf einem Niveau, von dem

so mancher Chorleiter hierzulande nur

träumen kann.“

STUTTGARTER ZEITUNG

„Exzellent“

KIELER

NACHRICHTEN

Thomas TALLIS (1505-1585)

EMPF

OHLEN VON

der katholischen Nebenbuhlerin Elisabeths, zu schreiben. Die kon-sequente Verwendung der lateini-schen Sprache in allen Stücken dieses Programms zeugt von einem durch-aus mutigen Nonkonformismus der Komponisten, da die neue anglikani-sche Kirche eine eigene englischspra-chige Liturgie zum Maßstab erklärt hatte, wenn auch Latein an der Chapel Royal immer noch geduldet wurde. So stellen die Stücke dieser zweiten CD des jungen britischen Ensembles Stile Antico in ihrem flehentlichen Rufen in das Dunkel der Nacht gewisserma-ßen einen Schwanengesang auf die großartige Tradition der frühen engli-schen Kirchenmusik dar.St

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Franz SCHUBERT (1797-1828)

Klaviertrios Nr. 1 B-Dur D 898 & Nr. 2 Es-Dur D 929,

Notturno Es-Dur D 897, Sonatensatz B-Dur D 28

Trio WandererHMC 902002- (I02)

schon 1988 den ARD-Wettbewerb in München. Ebenfalls in München, im Herkulessaal, begann mit der Aufführung sämtlicher Klaviertrios von Beethoven die internationa-le Konzertkarriere. Der triumphale

Der Name ist mit Bedacht gewählt: Schubert und die deutsche Musik der Romantik standen Pate bei der Gründung des Trios Wanderer, und ihrem Namen ist die Formation in den 20 Jahren ihres Bestehens treu geblieben: Neugierig, sinnlich und intelligent durchstreifen die Wanderer die Musik für Klaviertrio von ihren Anfängen bei Joseph Haydn bis in unsere Zeit.

Noch während des Studiums am Pariser Conservatoire National Supérieur wurde 1987 das Trio Wanderer gegründet. Schnell stellten sich erste Erfolge auf großen internationalen Wettbewerben ein, so gewann das Trio

Reisen ins Innerste der Musik –Das Trio Wanderer

Le catalogue 2008 est arrivé!Santiago de MURCIA (ca. 1682-?)¡JÁCARAS! – Barocke Gitarrenmusik aus SpanienPaul O‘Dette, Pat O‘Brien, Steve Player, Barockgitarre – Andrew Lawrence-King, Harfe und Psalterium – Pedro Estevan, PercussionHMX 2907212 (098)

Wie der Weinfreund mit Vorfreude die Verkostung eines neuen Jahrgangs erwartet, so begleitet gespannte Vorfreude bei den Musikliebhabern seit Jahren die Veröffentlichung der harmonia-mundi-Kataloge, begleiten doch jedesmal CDs zum Sonderpreis

Andrew Lawrence-King,

Erfolg beim Münchner Publikum öff-nete die Konzertsäle der Welt: Berlin, Paris, Mailand, Washington, Tokio, Prag, Warschau und Moskau wurden zu Schauplätzen einer sensationellen weltweiten Karriere.„Feinnerviges, farbiges Spiel“, „mit-reißend und ausdrucksstark“, „gran-dios überlegene Formgestaltung“, „Temperament und Grazie “: Die inter-nationale Presse überschlägt sich in Lobeshymnen auf das Trio Wanderer, in dessen Name neben einem deutli-chen Bekenntnis zu Franz Schubert auch eine ironische Anspielung auf die Rastlosigkeit des internationalen Konzertbetriebs liegt.

Johannes BRAHMSSämtliche Klaviertrios,

Klavierquartett g-moll op. 25Christophe Gaugué, Viola

HMC 901915-6 (P02)

mit dem Trio Wanderer zuletzt erschienen:

Klavierquartett g-moll op. 25

„Brahms wie man ihn besser

kaum spielen kann“

HESSISCHER RUNDFUNK

Le catalogue 2008 est arrivé!ZUM SONDERPREIS

mit HM-Katalog 2008

„Eine hinreißende Neu- und

Wiederentdeckung“

RONDO

den neuen Jahreskatalog. Auch in diesem Jubiläumsjahr hat harmonia mundi in die Schatztruhe gegriffen und präsen-tiert eine Aufnahme mit spanischer Gitarrenmusik des Barocks voll Temperament und Sinnlichkeit.

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harmonia mundi magazin 9

Christophe Spinosi wirft ein: „Ganz ehrlich gesagt habe ich nicht im Traum je daran gedacht, dieses Projekt mit anderen Sängern zu verwirklichen.“ Drei Musiker und ihr Komponist – eine musikalische Einheit im perfek-ten Gleichklang!

Der sensationelle Bühnenerfolg des Orlando furioso, der im Jahr 2003 das Publikum zu Stürmen der Begeisterung hinriß, machte Jean-Christophe Spinosi, Marie-Nicole Lemieux und Philippe Jaroussky zu einer Dreifaltigkeit der Vivaldi-Interpretation. Mit dieser Einspielung zweier der berühmtesten geistlichen Werke des prete rosso können die Künstler jetzt die Früchte einer bereits vielfach erprobten Gemeinschaft ern-ten. „Seit unsere Namen mit Vivaldis Musik assoziiert werden, stand dieses Projekt einfach an“, sagt Marie-Nicole Lemieux, und Philippe Jaroussky ergänzt: „Diese CD lag uns sehr am Herzen, und wir haben schon seit langem davon gesprochen.“ Und Jean-

Perfekter Gleichklang

Antonio VIVALDI (1678-1741)Nisi Dominus, Stabat MaterPhilippe Jaroussky, Countertenor – Marie-Nicole Lemieux, Alt – Ensemble Matheus, Leitung: Jean-Christophe SpinosiOPS 30-453 (T01)

Während das fruchtbare Musikleben des 17. Jahrhunderts in Metropolen wie Paris, Rom oder Venedig gut dokumentiert ist, liegen von den Werken der Komponisten, die in der Kaiserstadt Wien wirkten, kaum gedruckte Ausgaben ihrer Zeit vor. Der Dreißigjährige Krieg und seine Folgen, eine verheerende Pestepidemie und schließlich die Invasion der Türken bis an die Stadtmauern Wiens waren nicht eben günstige Voraussetzungen für ein blühendes Kulturleben. Doch die Habsburger, musikbegeistert wie sie waren, unter-hielten eine große Hofkapelle mit bis zu 50 Instrumentalisten und knapp 40 Sängern. Wenn auch zeitgenössi-

Musik in friedloser Zeit

sche Druckausgaben der Musik für diese Hofkapelle fehlen, hat sie doch handschriftlich in der Bibliothek der ebenso musikliebenden Olmützer Fürstbischöfe im Schloß Kremsier überlebt, von wo sie jetzt allmählich

den Weg zurück in die musikalische Welt findet und heutige Hörer durch ihre Qualität und Intensität begei-stert.

Giovanni Felice SANCES (1600?-1679)

Stabat Mater sowie Kompositionen von

Schmelzer, Fux, Ziani, Bertali, Leopold I

Carlos Mena, Countertenor – Ricercar Consort,

Leitung: Philippe PierlotMIR 050 (T01)

mit Philippe Jaroussky und Marie-Nicole Lemieux sowie dem Ensemble Matheus unter Jean-Christophe Spinosi bereits erschienen:

Antonio VIVALDIOrlando furiosoOPS 30-393 (M03)

„Geradezu spektakulär

gelungen“

OPERNWELT

„Geradezu spektakulär

„Ein absolutes Muß für

jeden Freund der Barockoper“

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OHLEN VON

jeden Freund der Barockoper“

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Marie-Nicole Lemieux, Philippe Jaroussky, Jean-Christophe Spinosi

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G. F. HÄNDEL (1685-1759)Amadigi di Gaula (Opera seria in drei Akten)Elena de la Merced & Sharon Rostorf-Zamir, Sopran – Maria Riccarda Wesseling, Mezzosopran – Jordi Domènech, Countertenor – Al Ayre Español, Leitung: Eduardo López BanzoAMB 133 (T02)

Heinrich SCHÜTZ (1585-1672)

Auferstehungshistorie, Musikalische Exequien

La Chapelle Rhénane, Leitung: Benoît Haller

K 617199 (T01)

Eine musikalische Landkarte der Emotionen

Georg Friedrich Händel, der berühm-teste Komponist von italienischen Opern im 18. Jahrhundert, war in Wirklichkeit ein Deutscher, der für ein englisches Publikum schrieb. Und seine heute so populären Werke waren seinerzeit ebenso eigenartig wie unkonventionell. Sie fallen in vielerlei

Hinsicht aus der Norm der damals herrschenden Opera seria: durch ihre Vorliebe für wenig gebräuchliche Stimmtypen, die wichtige Rolle des Orchesters und den ‘gelehrten’ Stil der Musik.Da Händel die meiste Zeit seines Wirkens für die Bühne in London

zubrachte, konnte er sich bei den Libretti seiner Opern nicht wie die ita-lienischen Kollegen darauf verlassen, daß das Publikum bei den Rezitativen jedes Wort verstand; obendrein traf er auf spezifisch englische Traditionen des Musiktheaters. Also ging er seinen eigenen Weg, wodurch im Laufe der Jahre seine eigene Operntradition ent-stand, die den modischen Strömungen seiner Zeit oft entgegengesetzt war. Amadigi, am 25. Mai 1715 im Theater am Haymarket uraufgeführt, ist in sei-ner Beschränkung auf ein relativ klei-nes Ensemble handelnder Personen ein gutes Beispiel für Händels ein-zigartige Fähigkeit, die Emotionen seiner Akteure zu durchleuchten. So standen den schemenhaften Typen der Opera seria bei ihm handelnde Personen gegenüber, deren Charaktere von ihrem Schöpfer fast mit einem Psychogramm ausgeleuchtet wurden.

Heinrich II. Posthumus Reuß (1572-1635), Fürst von Gera und Lobenstein, war ein ebenso from-mer wie pragmatischer Herr. Unter seiner Regentschaft erlebte die Stadt Gera ihre erste wirtschaftliche Blüte, da der lutherische Fürst gegen den Rat seiner Hoftheologen calvinisti-schen Flüchtlingen aus Flandern in seiner Residenzstadt Zuflucht bot; mit ihren Fähigkeiten und durch Fleiß verhalfen die neuen Untertanen dann der Wollfabrikation in Gera zum Aufschwung.Für seine letzte Reise traf der fromme Fürst genaue Vorkehrungen: Im festen Vertrauen auf Luthers Lehre, daß allein Gottes Wort selig macht, ließ er seinen Sarkophag mit 25 Bibelsprüchen und Zeilen aus Kirchenliedern schmücken, die besonders auf den Lobgesang des Simeon Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren Bezug nah-

men. Der Auftrag zur Begräbnismusik erging an Heinrich Schütz, der aus diesen Sprüchen ein geistliches Begräbniskonzert gestaltete, das Würde, Hoffnung und Trost vereint. Und als Heinrich Posthumus in seine Gruft getragen wurde, intonierte der Chor in der Kirche den Lobgesang des Simeon, während gleichzeitig ein zwei-ter Chor den Sarg bei seiner Ankunft

in der Grabstätte mit der Motette Selig sind die Toten begrüßte.So konnte die Trauergemeinde darauf vertrauen, daß Heinrich Posthumus auferstehen werde wie einst sein Heiland. Die Auferstehung Jesu hatte Heinrich Schütz zwölf Jahre zuvor in einer nicht minder eindrucksvollen Ostermusik vertont.

Ein deutsches Requiem für einen frommen Fürsten

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hat: „Ich habe mit diesen Suiten sehr lange gelebt; alle Cellisten sollten mit ihnen durch und durch vertraut sein.“ – „Ich hatte, in aller Bescheidenheit, das Gefühl, die Zeit sei reif.“ – „Ich möchte gerne meine Interpretation so festhalten, wie sie an einem bestimm-ten Augenblick meiner künstlerischen Suche ist.“ – „Wirklich außerordent-

Bach sechs Suiten für Violoncello solo, „den heiligen Gral der Cellisten“, hat Anne Gastinel auf ihrem berühmten und geliebten Testore-Cello einge-spielt, „das gebaut wurde, als Johann Sebastian noch in kurzen Hosen her-umlief“, wie die Künstlerin erzählt, die sich in kurzen Anmerkungen selbst zu ihrer Einspielung geäußert

Himmlisch und erdgebunden

Leipzig, London, New York und Tokio: Die Bach Cantata Pilgrimage von John Eliot Gardiner, seinem Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists ging zu Anfang die-ses Jahrtausends durch die ganze Welt. Doch ging es bei dem Unternehmen

Bachs Kantaten auf Weltreise

J. S. BACH (1685-1750)Kantaten Vol. 27: BWV 129, 165, 175, 176, 184, 194, 1048Lisa Larsson & Ruth Holton Sopran – Nathalie Stutzmann &

Daniel Taylor, Alt – Christoph Genz & Paul Agnew, Tenor – Stephen Loges & Peter Harvey, Baß – The Monteverdi Choir &

The English Baroque Soloists, Leitung: John Eliot GardinerSDG 138 (Q02)

lich bei dieser Musik ist die große Präzision in Bachs Komposition, die ‘Architektur’ ist immer äußerst wich-tig, und gleichzeitig fehlt doch ein gewisser fester Rahmen, was für die Interpretation vielfache Ausrichtungen ermöglicht.“ – „Wenn wir einen Komponisten wirklich bewundern und lieben, wollen wir über uns hin-auswachsen und versuchen, etwas von dem, was wir empfangen, zurückzu-geben.“ – „Diese Musik ist auch sehr irdisch. Ich glaube nicht, daß sie leicht und luftig ist, oder esoterisch oder so etwas. Sie ist nämlich auch sehr konkret und daher sehr menschlich, mit einem himmlischen Aspekt, sehr inspirierend. Aber sie hat auch die-sen Aspekt von zwei Füßen fest auf der Erde. So spiele ich sie, mit einer sehr irdischen Konsistenz. Ich glaube, das ist auch ein Grund, warum diese Musik so ergreifend ist.“

J. S. BACH (1685-1750)Sechs Suiten für Violoncello solo BWV 1007-1012Anne Gastinel, VioloncelloAV 5121 (M02)

J. S. BACH (1685-1750)Kantaten Vol. 3: BWV 24, 71, 88, 93, 131, 177, 185Magdalena Kožená & Joanne Lunn, Sopran – Nathalie Stutzmann & William Towers, Alt – Paul Agnew & Kobie van Rensburg, Tenor – Nicolas Teste & Peter Harvey, Baß – The Monteverdi Choir & The English Baroque Soloists, Leitung: John Eliot GardinerSDG 141 (Q02)

am wenigsten um prominente Aufführungsorte – besonders stim-mungsvolle kleinere Kirchen wie die von Blythburgh, Kirkwall und Tewkesbury in Großbritannien und natürlich Gotteshäuser, in denen Bach selbst gewirkt hat wie die

Blasiuskirche in Mühlhausen, waren der Rahmen denkwürdiger Konzerte, deren Mitschnitte nun nach und nach auf Gardiners eigenem Label Soli Deo Gloria auf CD erscheinen.

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von selbst einstellt. Mit 21 Jahren hat sich Lachenmann allerdings den-noch Schubert zugewandt und einen Zyklus von fünf Variationen über den 1819 komponierten, gerade einmal 16 Takte umfassenden Deutschen Tanz

Helmut Lachenmann und FranzSchubert, das ist eine Zusammen-stellung, die sich angesichts der ein-gestandenen Prägung des jungen Lachenmann durch Arnold Schönberg und den späten Igor Strawinsky nicht

Schubert im Dialog mit der Gegenwart

„Ich bin für nichts als zum Komponie-ren auf die Welt gekommen...“, sagte Franz Schubert und war somit der erste Komponist in der Musikgeschichte, der nicht das Musizieren, sondern das Komponieren als sein eigentliches Metier betrachtete. Er war, obwohl er sowohl Geige wie Klavier spielte, kein Konzertvirtuose, und trat auch nicht, wie Joseph Haydn, als Kapellmeister hervor; Schubert sah seine eigentliche Aufgabe in der Hervorbringung von Musik. Während noch Mozart und Beethoven, aber auch Zeitgenossen wie Weber und Hummel und spä-ter Liszt, Chopin und Brahms ihrer Musik als Solisten den Weg bahnten, sah sich Schubert gelegentlich beim Vortrag eigener Werke mit der eige-nen Unvollkommenheit konfrontiert: Es ist überliefert, daß er beim Spiel seiner Wanderer-Fantasie steckenblieb und mit dem Ausruf: „Der Teufel

Hommage eines Virtuosen

soll dieses Zeug spielen!“ vom Klavier aufsprang. Franz Liszt war als komponierender Virtuose das genaue Gegenteil, er schrieb sich seine Musik in die Finger. Gleichzeitig verehrte er Schubert sehr, von zahlreichen Liedern fertigte er Transkriptionen für Soloklavier an, in denen der Pianist folglich den Solopart des Sängers und die Klavierbegleitung

nicht nur allein zu bewältigen, son-dern auch noch als künstlerischen Dialog zu gestalten hat. Und gelegent-lich, wenn es ihm etwas zu einfach erschien, spickte der gute Liszt seine Transkription dann noch mit einem virtuosen Arpeggio.

Franz SCHUBERT (1797-1828)

Wanderer-Fantasie C-Dur D 760, Impromptu Nr. 3 Ges-Dur D 899,

Ungarische Melodie h-moll D 817

SCHUBERT / LISZT9 Liedtranskriptionen

Brigitte Engerer, KlavierMIR 043 (P01)

Franz SCHUBERT (1797-1828)Klaviersonaten a-moll D 537 & G-Dur D 894

Helmut LACHENMANN (*1935)Fünf Variationen über ein Thema von Franz Schubert, Guero

Herbert Schuch, KlavierOC 593 (I01)

mit Herbert Schuch bereits erschienen:

Robert SCHUMANNKreisleriana op. 16

Maurice RAVELMiroirs

OC 541 (I01)

cis-moll des damals 20jährigen Franz Schubert geschrieben.Die beiden Sonaten von Schubert auf dieser zweiten CD des preisgekrönten Pianisten Herbert Schuch umspannen den Zeitraum von 12 Jahren, während dessen Schubert, frei von der Fron als Lehrer in der väterlichen Schule, sein Leben als freischaffender Komponist in Unabhängigkeit und Armut mei-sterte: 1817, als er sich eine Wohnung mit dem Freund Franz von Schober teilte, entstand die Sonate in a-moll, die andere, in G-Dur, gehört zu den letzten Sonaten und wurde noch zu Schuberts Lebzeiten im Druck veröf-fentlicht. Der Erfolg zeichnete sich am Horizont ab, als Schubert 1828, viel zu früh und von ihm selbst ungeahnt, mit 31 Jahren an Typhus starb.Eine weiteres Klavierwerk von Helmut Lachenmann beschließt diesen Dialog zweier Komponisten kontra-stiv: Im 1970 komponierten Guero wird das Klavier zum Schlag- und Zupfinstrument, bei dem selbst die Tasten und Saitenwirbel integriert werden.

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der 1969 in Moskau geborene Boris Berezovsky.Am Moskauer Konservatorium stu-dierte er bei Elisso Virssaladse und fiel schon 1988, anläßlich seines Londoner Debüts, der Times als „außerordent-lich vielversprechender Künstler, ein Pianist von schillernder Virtuosität und beeindruckender Kraft“ auf.

Weil ihm als Kind beim Pilzesammeln im Wald langweilig wurde, fing er an, ein Lied zu singen und machte so seine Eltern, beide Musiker, auf seine Musikalität aufmerksam. Vom Vater erhielt er den ersten theoretischen Unterricht, und wegen seiner großen Hände wurde entschieden, daß er Klavier lernten solle. So erzählt es

Es geschah im Wald

Ein Jahr nach seiner Gründung begann das niederländische Label Channel Classics im Mozart-Jahr 1991 ein gewaltiges Vorhaben umzusetzen: die Veröffentlichung von Mozarts Klavierkonzerten auf Originalinstrumenten in der Interpretation von Jos van Immerseel

Preisgekrönter Welterfolg

und seinem Orchester Anima Eterna. Das Fortepiano hatte anders als das für die Barockmusik inzwischen allgemein akzeptierte Cembalo damals immer noch einen schweren Stand; die junge Firma ging also ein Wagnis ein, das sie leicht das Leben hätte kosten können. Doch mit Begeisterung und uner-müdlicher Einsatzfreude verwandelte die Equipe um den Firmengründer C. Jared Sacks das Risiko in einen preis-gekrönten Welterfolg. Als klanglicher Höhepunkt stellte sich dabei das Fortepiano heraus, das Immerseel extra für dieses Projekt

hatte bauen lassen: ein Nachbau eines im Germanischen Nationalmuseum Nürnberg aufbewahrten Instrumentes des Wiener Klavierbauers Anton Walter, der auch Mozarts eigenes Klavier gebaut hatte. Allseits bestens gerüstet und durch eine weltweite Konzerttournee mit Leben erfüllt, konnte die Gesamteinspielung schließ-lich zu einem Ereignis werden, das von der ersten bis zur zehnten CD ausnahmslos begeistert und in aller Welt von Publikum und Fachkritik mit einhelliger Begeisterung aufge-nommen worden ist.

W. A. MOZART (1756-1791)

Die ClavierkonzerteAnima Eterna, Fortepiano und

Leitung: Jos van ImmerseelCCS CG 08016 (D10)

Zwei Jahre später löste Berezovsky die in ihn gesetzten Hoffnungen mit der Goldmedaille des Moskauer Tschaikowsky-Wettbewerbes ein. Mittlerweile konzertiert er in aller Welt; Soloabende, Kammermusikkonzerte und Auftritte mit Orchester haben ihm internationale Berühmtheit ein-getragen.

Frédéric CHOPIN (1810-1849)Klavierkonzerte Nr. 1 e-moll op. 11 & Nr. 2 f-moll op. 21Boris Berezovsky, Klavier – Ensemble Orchestral de Paris, Leitung: John NelsonMIR 047 (T01)

hatte bauen lassen: ein Nachbau eines

Weil ihm als Kind beim Pilzesammeln Weil ihm als Kind beim Pilzesammeln

Boris Berezovsky Foto: Julien Mignot

Jos van Immerseel Foto: Vanhaute Thomas

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Fiasko mit reichem musikalischem GewinnViel zu lange hielt Mannheim den dort bis über beide Ohren in die junge Sängerin Aloysia Weber ver-liebten jungen Mann fest, und als Mutter und Sohn schließlich nach strengen brieflichen Ermahnungen des Vaters nach Paris aufbrachen, rei-sten sie ins Fiasko: Wolfgang war kein Wunderkind mehr und konnte an die früheren Erfolge nicht anknüpfen, und zu allem Unglück starb während des Paris-Aufenthaltes noch seine Mutter. Allein, unglücklich und um manche Illusion ärmer kehrte Mozart junior Anfang 1779 nach Salzburg zurück. Die musikalische Ausbeute der Reise kann sich allerdings sehen lassen; die Violinsonaten KV 301-306 sind in Mannheim und Paris entstanden, Mozart ließ sie in Druck erscheinen und widmete sie der pfälzisch-bayeri-schen Kurfürstin Maria Elisabeth.

Die Seidenstraße, die älteste Handelsverbindung der Welt, verband China über Zentral- und Westasien mit dem Mittelmeer. Über den Warenverkehr hinaus ist dieser Weg natürlich auch eine alte Verbindung zwischen den Kulturen. Yo-Yo Ma, Starcellist und Amerikaner chinesi-scher Abstammung, gründete 1998 ein interkulturelles Projekt, das diese Kulturen jetzt in ihrer Musik wieder zusammenbringt. Chinesische, mon-golische und indische Musik begegnet Sufi-Klängen und der vielgestaltigen Tradition der islamischen Musik.Als das Chicago Symphony Orchestra 1892 sein erstes Konzert gab, war die Bevölkerung der Stadt zu einem Drittel nicht dort geboren, sondern stammte aus Europa, größtenteils aus Irland, Polen oder Skandinavien. Unter den ersten Musiker des Orchesters waren so wenige mit englischer Muttersprache, daß die ersten Proben auf Deutsch stattfanden, eine Sprache auf die man

Chicago und die Seidenstraße – eine kulturelle Begegnung

den Sohn (Vater Leopold hatte keinen Urlaub bekommen), und der Weg soll-te über Mannheim, damals ein bedeu-tendes Zentrum der modernen Musik, in die französische Hauptstadt führen, die schon einmal dem Wunderkind zu Füßen gelegen hatte. Die Reise verlief anders als geplant:

1777 brach Mozart vom heimischen Salzburg zu einer Reise nach Paris auf, die ihm endlich ermöglichen soll-te, der ungeliebten fürstbischöflichen Provinzresidenz den Rücken zu kehren und in der großen Welt eine seinen Begabungen entsprechende Karriere einzuschlagen. Die Mutter begleitete

sich leichter einigen konnte als auf das Englisch der neuen Heimat.„Chicago hat eine lange Geschichte an den Kreuzwegen der Welt,“ sagt Yo-Yo Ma und begründet so den Erfolg der jahrelangen Zusammenarbeit sei-nes Silk Road Projects mit Chicago

Symphony, dem Orchester mit den multiethnischen Wurzeln. Tradition und Transformation, Bestand und Wechsel, werden auf der neuesten CD von Silk Road Chicago in musikali-schen Einklang gebracht.

W. A. MOZART (1756-1791)Violinsonaten Vol. 5: B-Dur KV 31, A-Dur KV 305, D-Dur KV 306, C-Dur KV 403Rachel Podger, Violine & Gary Cooper, FortepianoCCS 25608 (T01)

Traditions and Transformations – Sounds

of Silk Road ChicagoWerke von Ernest BLOCH

(Schelomo), Byambasuren SHARAV (Legend of Herlen),

Lou HARRISON (Pipakonzert) & Serge PROKOFIEFF

(Skythische Suite op. 20)Yo-Yo Ma, Violoncello –

Wu Man, Pipa – Silk Road Ensemble – Chicago Symphony

Orchestra, Leitung: Miguel Harth-Bedoya & Alan Gilbert

CSO 901801 (T01)

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gewissermaßen geprägt ist von einer unerfüllten Sehnsucht nach der uner-reichbaren ‚Blauen Blume‘, nimmt Mendelssohn eine Ausnahmestellung ein. Auch seine Musik ist von Sehnsucht geprägt, aber diese mün-det bei ihm in den meisten Fällen in einen erfüllten Glückszustand.“, sagt Christoph Poppen in einem Interview zur vorliegenden Einspielung. In die-

nannte Robert Schumann seinen Freund und bewunderten Kollegen Felix Mendelssohn Bartholdy einmal. Damit spielte er sicherlich auf die frühe Meisterschaft Mendelssohns an, der seine erste Sinfonie im Alter von 15 Jahren vollendete. Doch auch der Aspekt einer apollinischen Heiterkeit, als deren Ausformung Mozart dem 19. Jahrhundert galt, spielte für Schumann bei dem Vergleich Mendelssohns mit Mozart offenbar eine Rolle; denn obwohl Mendelssohn als echtes Kind seiner Zeit Romantiker durch und durch war, prägten dennoch nicht Düsternis und Verzweiflung sein Empfinden, wie es häufig bei dem von seelischen Problemen schwer geplag-ten Schumann der Fall war. „In der deutschen Romantik, die ja

Mozart des 19. Jahrhunderts

sem Sinne versteht der Dirigent seine Debütaufnahme mit der soeben aus der Vereinigung der Rundfunkorchester von Kaiserslautern und Saarbrücken entstandenen Deutschen Radio Philharmonie als einen Beitrag zur längst fälligen Rehabilitierung Felix Mendelssohn Bartholdys als einer der großen Komponisten der deutschen Romantik.

Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809-1847)

Die fünf SinfonienDeutsche Radio Philharmonie,

Leitung: Christoph PoppenOC 709 (I03)

Erwartungen wieder: Es ist eine Musik des Aufbruchs, die ohne den sonst in Sinfonien üblichen langsamen Satz vorwärtsstürmt: positiv, optimistisch, gelegentlich in jubelnden Tönen; doch fehlt es dem Werk auch nicht an tiefgründigem Ernst.Die Erwartungen Beethovens und manches Zeitgenossen auf politi-sche Reformen erfüllten sich nicht – Reaktion, Bespitzelung und Zensur bestimmten bald das Leben. Beethoven reagierte auf diese Enttäuschung sei-ner Hoffnungen nicht wie andere mit biedermeierlicher Verharmlosung, sondern mit einem fünfjährigen

Die Ideale Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit blieben für Beethoven auch nachdem er sich 1803 von sei-nem Idol Napoleon abgewandt hatte und seine diesem ursprünglich zuge-eignete dritte Sinfonie „dem Andenken eines Helden“ gewidmet hatte, poli-tische Leitziele. Wie viele andere Intellektuelle seiner Zeit sah er als Ziel des deutschen Freiheitskampfes gegen das französische Kaiserreich ein auf diesen Vorstellungen neugeeintes Deutschland. Nach der Völkerschlacht bei Leipzig im Oktober 1813 begann sich der Sieg über Napoleon abzu-zeichnen, doch der Kampf war von großen Opfern begleitet.Am 12. und 13. Dezember fanden in Wien unter der Leitung Beethovens zwei Wohltätigkeitskonzerte für die Witwen und Waisen der gefallenen Soldaten statt, bei denen der Meister unter anderem eine neue Sinfonie, seine siebte, vorstellte. Beethoven hat den Kampf gegen Napoleon mit mancherlei Musikwerken begleitet, unter anderem mit dem populä-ren Schlachtengemälde Wellingtons Sieg, doch seine siebte Sinfonie gibt seine eigenen Hoffnungen und

Beethovens Siegessinfonie

Schweigen, um danach nur noch der Vollendung seiner Kunst zu leben.

Ludwig van BEETHOVEN (1770-1827)

Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92sowie Werke der Beethoven-Zeitgenossen Rossini, Weber

und WilmsBudapest Festival Orchestra,

Leitung: Iván FischerCCS 25207 (T01)

Iván Fischer Foto: Budapest Festival Orchestra

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Zuflucht in Zürich. Hier lernte er 1852 das Fabrikantenehepaar Otto und Mathilde Wesendonck ken-nen, mit dem ihn alsbald eine enge Freundschaft verband. Zwischen Wagner und Mathilde Wesendonck

Als verfolgter Revolutionär mußte Richard Wagner 1849 aus Dresden fliehen und nahm schließlich nach einem Intermezzo in Paris

Früchte von Freundschaft und Liebeentwickelte sich bald ein inniges Verhältnis, das für den Komponisten künstlerisch überaus fruchtbar wurde: Unter dem Eindruck ihrer Beziehung entstand das Musikdrama Tristan und Isolde, und nach Gedichten von Mathilde Wesendonck schrieb Wagner seinen einzigen Liederzyklus, die Wesendonck-Lieder, von denen er zwei selbst als Studien zu Tristan und Isolde bezeichnet hat. Ursprünglich als Klavierlieder geschrieben, orche-strierte Wagner selbst eines der Lieder, sein Schüler Felix Mottl fertigte eine Instrumentation des Zyklus an, der hier in einer Bearbeitung mit Klavierquartett erklingt.

Gustav MAHLER (1860-1911)Rückert-Lieder

Richard WAGNER (1813-1883)Wesendonck-Lieder, Vorspiel zu Tristan und Isolde, Isoldes LiebestodFelicity Lott, Sopran – Quatuor Schumann

AECD 0858 (T01)

der Schweiz. Die Elegie op. 36 ent-stand zwischen 1921 und 1923 und ist Schoecks erster Liederzyklus, in dem er 24 Gedichte von Nikolaus Lenau und Joseph von Eichendorff

Dem Schweizer Othmar Schoeck ist internationale Anerkennung ver-sagt geblieben: Schon zu Lebzeiten stand er im Schatten seiner berühm-ten Landsleute Arthur Honegger und Frank Martin. Schoeck galt in den Reihen der Avantgarde als hoffnungs-los Zurückgebliebener – ein ober-flächlicher Eindruck: Blickt man in die Tiefen seiner Partituren, entdeckt man subtile Tendenzen, sich, bei aller Traditionsverbundenheit, von der Klangsprache des 19. Jahrhunderts zu lösen und ganz eigene Wege zu beschreiten. Othmar Schoeck schrieb über 400 Lieder und wurde damit zum bedeutendsten Liedkomponisten

Othmar Schoeck, ein hoffnungslos Verkannter

zusammenfaßte. Bewußt hat er Lyrik mit Bekenntnischarakter gewählt, ist es doch die eigene unglückliche Liebe zu einer jungen Genfer Pianistin, die er hier verarbeitete.

Othmar SCHOECK (1886-1957)Elegie op. 36

Klaus Mertens, Baß-Bariton – Mutare Ensemble,

Leitung: Gerhard Müller-Hornbach

NCA 60186 (T01)

Kult der Atonalität“ waren nur eini-ge der Vorwürfe, aufgrund derer Schostakowitschs Musik von den Konzertprogrammen verschwand. Der Getadelte beugte sich schein-bar dem Parteidiktat und produzierte

1948 wurde Schostakowitsch, ebenso wie Prokofieff und andere sowjetische Komponisten, vom Bannstrahl der stalinistischen Kulturpolitiker getrof-fen: „Formalistische Perversionen und antidemokratische Tendenzen,

Lieder in Zeiten der Unterdrückungleichter zugängliche Musik wie seine Filmmusiken und zahlreiche Werke zur Glorifizierung Stalins.Die Vier Monologe auf Verse von Puschkin entstanden mit vielen anderen Werken im geheimen, da sie die staatliche Zensur nie pas-siert hätten und obendrein uner-wünschte Aufmerksamkeit auf den immer noch nicht konformistischen Komponisten gezogen hätten. Selbst 1974 (21 Jahre nach Stalins Tod!), als die Michelangelo-Suite uraufgeführt wurde, hatte sich die Situation noch nicht grundlegend gebessert, stets war vor geplanten Uraufführungen noch der Besuch eines Zensurbeamten zu befürchten, der das Konzert verbot.

Dimitri SCHOSTAKOWITSCH (1906-1975)Suite auf Gedichte von Michelangelo op. 145a, Vier Monologe auf Verse von Puschkin op. 91Robert Holl, Baß – Elena Baschkirova, Klavier – Orchestre National des Pays de la Loire, Leitung: Isaac Karabtchevsky

CALL 9382 (T01)

1948 wurde Schostakowitsch, ebenso

EMPF

OHLEN VON

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17harmonia mundi magazin

George de la HÈLE (1547-1587)Missa „Quare tristis es“

Wolfgang RIHM (*1952)Passionsmotetten V-VII

Arvo PÄRT (*1935)Memento

Orlando di LASSO (1532?-1594)Motette „Quare tristis es“

Singer Pur

OC 812 (M01)

Die Vokalmusik des Mittelalters und der Renaissance hat zahlreiche Komponisten der Gegenwart nach-haltig beeinflußt. Diesen vielfältigen Verbindungen geht das preisgekrönte Vokalensemble Singer Pur auf seiner neuen CD nach. Die faszinierende Spurensuche der Musiker eröffnet neue Klangwelten und bietet unerwar-

Spurensuche nach neuen Klangwelten

Oper in der KircheJacques-Antoine DENOYÉ (†1759)Messe à Grand Chœur & Symphonie

Michel CORRETTE (1709-1795)Motet à Grand Chœur „Laudate Dominum de cœlis“ nach Vivaldis „La Primavera“Le Parlement de Musique & La Maîtrise de Bretagne, Leitung: Martin Gester

AMY 014 (T01)

Es gab einmal eine Zeit, in der viel darüber diskutiert wurde, ob Mozarts Kirchenmusikstil denn nun eigentlich religiös sei. Es war durchaus möglich, eine Verwandtschaft zwischen einer Arie aus der Krönungsmesse und der Arie der Gräfin zu entdecken, und die jubilierenden Koloraturen hin-

tete Höreindrücke. Die drei letzten der sieben für das Ensemble Singer Pur entstandenen Passionsmotetten von Wolfgang Rihm sowie Arvo Pärts Memento treten in einen schillernden Dialog mit Werken von Orlando di Lasso und dem 1586 im Alter von 39 Jahren verstorbenen flämischen Kirchenmusiker George de La Hèle.

Wolfgang RIHMPassionsmotetten I-IV sowie

Werke von Salvatore Sciarrino, Ivan Moody und John Metcalf

OC 354 (H01)

mit Singer Pur bereits erschienen:

terließen ein unbehagliches Gefühl; Mozarts Gläubigkeit erschien in einem schiefen Licht... Aber was soll man dann von den barocken Parodien halten? Kann man sich heute vor-stellen, daß die Musik aus Bachs Weihnachtsoratorium ursprünglich mythologische Helden feierte oder

die Liebeswirren eines Apoll oder Herkules schilderte?In der Kirchenmusik verbinden sich aufs innigste Tanz, Musik und Theater mit dem Ziel, Gott den Herrn zu loben... so z. B. in Charpentiers Te Deum, das den höfischen Tanzsuiten nahesteht. Umgekehrt findet die Oper Eingang in die geistliche Musik: Charles Grénon übernimmt den Tanz der Wilden aus Rameaus Les Indes Galantes in das Credo seiner Mitternachtsmesse...Es erstaunt also nicht, wenn Michel Corrette Vivaldis Frühling eine neue Rolle zuweist: Sein Laudate Dominum verleiht, nach einer gründlichen Überarbeitung, Vivaldis Musik eine ganz neue Dimension. So nah ist die Musik dem geistlichen Text, daß man glauben möchte, daß dies Vivaldis eigentliche Absicht gewesen ist.

Martin Gester

Darüber hinaus werden Brücken zwi-schen Lasso und de La Hèle geschla-gen. Denn in seiner Missa Quare tristis es hat de La Hèle auf die gleichnamige Motette von Lasso zurückgegriffen und sie neu interpretiert.

Singer Pur Foto: Hubert Lankes

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... weitere interessante NeuheitenPolnische Barockmusik

des 17. JahrhundertsBartolomiej Pekiel und seine Zeitgenossen

Ensemble Européen William Byrd – Ensemble Ventosum, Leitung: Graham O’Reilly

AMY 010 (T01)

Franz SCHUBERT (1797-1828)Streichquartett G-Dur D 887, Streichtrios

B-Dur D 581 & B-Dur D 471Pražák Quartett – Beethoven Streichtrio

PRD 250240 (T01)

Franz SCHUBERT (1797-1828)Die frühen StreichquartetteZemlinsky Quartett

PRD 350030 (I04)

Antonín REICHA (1770-1836)Oktett Es-Dur op. 96, Variationen für Fagott und Steichquartett, „Grand Quintetto“ für Horn und StreichquartettTschechisches Nonett

PRD 250244 (T01)

18 harmonia mundi magazin

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IMPRESSUMHerausgeber: harmonia mundi GmbHWernher-von-Braun-Straße 13D-69214 EppelheimRedaktion: Michael BlümkeTexte: Detmar HuchtingGraphik/Layout: www.globalmediaweb.de

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Felix MENDELSSOHN BARTHOLDY (1809-1847)

Sinfonien Nr. 4 A-Dur op. 90 & Nr. 5 d-moll op. 107, Klavierkonzert Nr. 1 g-moll op. 25

Ania Dorfman, Klavier – London Symphony Orchestra/Walter Goehr – Hallé Orchestra/

Hamilton Harty – Orchestre de la Société du Conservatoire de Paris/Charles Munch

CDEA 9781 (F01)

Arthur BLISS (1891-1975)Streichquartette Nr. 1 B-Dur & Nr. 2 f-moll

The Griller Quartet

CDEA 9780 (F01)

Albert BREIER (*1961)Der Weg und die Zeit Albert Breier, Klavier – Helmut Menzler, Violoncello – Adam Weisman, Schlagzeug –Kirsten Harms, Violine – Christian von Borries, Flöte – Udo Grimm, Klarinette

NCA 60185 (L02)

Pardon, Madame!Operettenmelodien von Straus, Stolz, Kálmán, Abraham & WeinbergerRichard Tauber, Tenor

CDEA 9783 (F01)

Albert BREIER (*1961)Der Weg und die Zeit Albert Breier, Klavier – Helmut Menzler,

Kirsten Harms, Violine – Christian von Borries, Flöte – Udo Grimm, Klarinette

NCA 60185 (L02)

19harmonia mundi magazin

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320 harmonia mundi magazin

hmGold – Die JubiläumsreiheLiebhaberausgaben zum Mid-PricehmGold vereinigt Einspielungen, die Meilensteine in der Firmengeschichte von harmonia mundi sind. Sie erschei-nen in luxuriöser Aufmachung als Digipacs mit Golddruck und einem editorisch sehr anspruchsvoll gestal-tetem Booklet. Den Anfang machen einige von harmonia mundis bekann-

testen Gesangsstars: Alfred Deller, Bernarda Fink, Vivica Genaux, María Cristina Kiehr und Andreas Scholl – doch sind das fürwahr nicht die ein-zigen Schätze dieser neuen Reihe, die Mitte des Jahres um weitere 15 Titel ausgebaut wird.

Marc-Antoine CHARPENTIER (1643-1704)Te Deum, Litanies de la Vierge, Missa ”Assumpta est Maria“Les Arts Florissants, Leitung: William Christie

HMG 501298 (K01)

Johannes BRAHMS (1833-1897)Ein deutsches RequiemChristiane Oelze, Sopran – Gerald Finley, Bariton – OCÉ, Leitung: Philippe Herreweghe

HMG 501608 (K01)

ARIAS FOR FARINELLIArien von Broschi, Giacomelli, Hasse und Porpora Vivica Genaux, Mezzosopran – Akademie für Alte Musik Berlin, Leitung: René Jacobs

HMG 501778 (K01)

KANTATE – Deutsche BarockkantatenWerke von J. C. Bach, Buxtehude, Erlebach, Rovetta & SchützAndreas Scholl, Countertenor – Concerto di Viole & Basel Consort

HMG 501651 (K01)

LAMENTATIONS DE LA RENAISSANCEWerke von Lasso, Massaino, Orto, White Huelgas Ensemble, Leitung: Paul van Nevel

HMG 501682 (K01)

CANTA LA MADDALENAKantaten & Motetten von Ferrari, Frescobaldi, Mazzocchi, Rossi u. a. María Cristina Kiehr, Sopran – Concerto Soave, Leitung: Jean-Marc Aymes

HMG 501698 (K01)

Robert SCHUMANN (1810-1856)Frauenliebe und -leben op. 42, Lenau-Lieder op. 90Bernarda Fink, Mezzosopran – Roger Vignoles, Klavier

HMG 501753 (K01)

W. A. MOZART (1756-1791)KirchensonatenLondon Baroque, Leitung: Charles Medlam

HMG 501137 (K01)

Antonio VIVALDI (1678-1741)Sonata a tre ”La Follia“, Sonate a due violineEnsemble 415 – Chiara Banchini, Jesper Christensen

HMG 501366 (K01)

Giovanni Girolamo KAPSBERGER (1575?-1651)LautenwerkePaul O’Dette, Laute

HMG 507020 (K01)

DIE WUNDER VON COMPOSTELACantus planus und Polyphonien aus dem Codex CalixtinusAnonymous 4

HMG 507156 (K01)

C. P. E. BACH (1714-1788)Cembalokonzert Wq 20, Cellokonzert Wq 170, Sinfonien Wq 173, 178 & 179Raphael Alpermann, Cembalo – Peter Bruns, Violoncello – Akademie für Alte Musik Berlin

HMG 501711 (K01)

ORTHODOXE GESÄNGE DES 17. & 18. JH.Werke von Bortniansky, Galuppi, Sarti u. a.Estnischer Philharmonischer Kammerchor, Leitung: Paul Hillier

HMG 507318 (K01)

Leoš JANÁCEK (1854-1928)StreichquartetteMelos Quartett

HMG 501380 (K01)

ˇ

Henry PURCELL (1659-1695)Music for a while and other songsAlfred Deller, Countertenor – Wieland Kuijken, Gambe – William Christie, Cembalo

HMG 50249 (K01)