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21 als Ausgangsfärbung für immunhistochemi- sche und molekularbiologische Verfahren. Mehrstufige Präanalytik Vor der eigentlichen Färbung durchlaufen Gewebeproben einen mehrstufigen prä- analytischen Prozess. O Fixierung des Gewebes mittels 4 % neutral gepuffertem Formaldehyd (entspricht 10 % Formalin). Das verhindert biologische Reak- tionen (z. B. Autolyse) und stellt sicher, dass die Gewebestruktur im Entnahmezustand konserviert wird. Dieser erste präanalytische Schritt erfolgt durch den behandelnden Arzt, der dem Patienten die Gewebeprobe entnimmt. Die weiteren Arbeitsschritte lau- fen im histologischen Labor. O Nach dem fachärztlichen Gewebezu- schnitt dienen zusätzliche Fixierungs- und Entwässerungsschritte dazu, die Zellmorphologie weiter zu konservieren und die Probe für die nachfolgenden Schritte vorzubereiten. O Die Einbettung in das wachsartige Paraf- fin überführt das Gewebe in eine solide und starre Form. O Aus dem Paraffinblock werden dünne Schnittpräparate (2–4 µm) hergestellt und auf Objektträger aufgebracht. In diesem Format durchläuft die Gewebe- probe dann die analytische Phase. Präanalytik und Ergebnisqualität Jede analytische Methode ist immer nur so gut wie das eingesetzte Material. Daher wird auch die Qualität der HE-Färbung maßgeb- lich vom kompletten Prozess der Präanaly- tik beeinflusst. Etliche „Fallstricke“ sind zu vermeiden, um die bestmögliche Ergebnis- qualität zu erreichen. Nach der fachgerechten Entnahme des Gewebes sollten mechanische Schädigungen (Quetschungen) der Gewebeprobe vermie- den werden. Anschließend ist die direkte Überführung in das Fixierungsmedium (4 % neutral gepuffertes Formaldehyd) innerhalb von 30 Minuten essenziell. Dauert es länger, können Prozesse wie Autolyse, Fäulnis und Verwesung das Gewebe unwiderruflich schädigen und die Diagnostik erschweren beziehungsweise sogar unmöglich machen. Der Einsatz von 4 % gepufferten Form- aldehyd sollte heute eigentlich Standard sein. Jedoch kommt aus Kostengründen immer noch nicht gepuffertes Formaldehyd zum Einsatz. Diese „Einsparung“ von wenigen Cents pro Liter geht auf Kosten der Diag- nosesicherheit. Die fehlende Pufferung fördert eine lichtinduzierte Oxidation des Formalde- hyds, wodurch aggressive Ameisensäure ent- steht. Diese schädigt irreversibel Gewebestruk- turen und verschlechtert die Morphologie. Auch die Systeme, die eine vollautomatische Nachfixierung und Entwässerung nach dem Zuschnitt durchführen, sollten nur mit neu- tral gepuffertem Formaldehyd und anderen hochwertigen Einsatzstoffen (Alkohole, Inter- medium, Paraffin) betrieben und in regelmä- ßigen, dem Probenaufkommen angepassten Abständen erneuert werden. Auf diese Weise lässt sich eine weitgehend gleichbleibende und standardisierte Fixierung erreichen. Besonderen Einfluss auf die Eindeutig- keit der HE-Färbung hat die Schnittdicke. Kernreiches Gewebe wie das lymphatische Jede Gewebeprobe durchläuft im histologi- schen Labor eine Hämatoxylin-Eosin-(HE-) Färbung. Angewandt seit 1865, avancierte sie im Laufe der Jahre zur Standardübersichtsfär- bung, um Gewebestrukturen zu visualisieren. Und tatsächlich liefert die HE-Färbung in den meisten Fällen bereits eine finale Diagnose. Trotz der vielfachen Routineanwendung in jeder Pathologie gibt es immer noch vermeid- bare „Fallstricke“ mit negativen Auswirkun- gen auf die Ergebnisqualität. Neuralgische Punkte dazu sind im Folgenden ausgeführt. Die kompetente Durchführung der präana- lytischen Schritte sowie vollautomatisierte Färbeprozesse können jedoch das diagnosti- sche Potenzial dieser klinisch hochrelevanten Methode weiter ausreizen. Hauptbestandteile der Methode sind die Farbstoffe Hämatoxylin und Eosin. Häma- toxylin, ein Naturprodukt, färbt negativ geladene Strukturen blau, wodurch die Zell- kerne lichtmikroskopisch sichtbar werden. Der synthetische Farbstoff Eosin hingegen markiert alle basischen Strukturen rötlich das sind vor allem zytoplasmatische Kom- ponenten (Abb. 1–3). Die unterschiedliche Darstellung der Zellmorphologie ermöglicht die finale Diagnose bei benignem Gewebe (ca. 80 % aller Fälle), bei malignem Befund dient sie – im Sinne einer Stufendiagnostik – HE-Färbung Herausforderungen und Chancen Johanna Wezgowiec, Institut für Pathologie, Evangelisches Krankenhaus Bethesda zu Duisburg Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015 | HE-Färbung | Labororganisation Roche

HE-Färbung Herausforderungen und Chancen · Beispiele für HE-gefärbte Gewebeschnitte Gewebe erfordert dünneSchnitte (z. B. 2 µm),umsicherzustellen,dassnureine

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als Ausgangsfärbung für immunhistochemi-sche und molekularbiologische Verfahren.

Mehrstufige Präanalytik Vor der eigentlichen Färbung durchlaufen Gewebeproben einen mehrstufigen prä- analytischen Prozess.O Fixierung­des­Gewebes­mittels­4 %­neutral­gepuffertem­Formaldehyd­(entspricht­10 %­Formalin). Das verhindert biologische Reak-tionen­(z. B.­Autolyse)­und­stellt­sicher,­dass­die Gewebestruktur im Entnahmezustand konserviert wird. Dieser erste präanalytische Schritt erfolgt durch den behandelnden Arzt, der dem Patienten die Gewebeprobe entnimmt. Die weiteren Arbeitsschritte lau-fen im histologischen Labor.

O Nach dem fachärztlichen Gewebezu-schnitt dienen zusätzliche Fixierungs- und Entwässerungsschritte dazu, die Zellmorphologie weiter zu konservieren und die Probe für die nachfolgenden Schritte vorzubereiten.

O Die Einbettung in das wachsartige Paraf-fin überführt das Gewebe in eine solide und starre Form.

O Aus dem Paraffinblock werden dünne Schnittpräparate­(2–4 µm)­hergestellt­und auf Objektträger aufgebracht. In diesem Format durchläuft die Gewebe-probe dann die analytische Phase.

Präanalytik und ErgebnisqualitätJede analytische Methode ist immer nur so gut wie das eingesetzte Material. Daher wird auch die Qualität der HE-Färbung maßgeb-lich vom kompletten Prozess der Präanaly-tik beeinflusst. Etliche „Fallstricke“ sind zu vermeiden, um die bestmögliche Ergebnis-qualität zu erreichen.

Nach der fachgerechten Entnahme des Gewebes sollten mechanische Schädigungen (Quetschungen) der Gewebeprobe vermie-den werden. Anschließend ist die direkte Überführung­in­das­Fixierungsmedium­(4 %­neutral gepuffertes Formaldehyd) innerhalb von­30 Minuten­essenziell.­Dauert­es­länger,­können Prozesse wie Autolyse, Fäulnis und Verwesung das Gewebe unwiderruflich schädigen und die Diagnostik erschweren beziehungsweise sogar unmöglich machen.

Der­ Einsatz­ von­ 4  %­ gepufferten­ Form- aldehyd sollte heute eigentlich Standard sein. Jedoch kommt aus Kostengründen immer noch nicht gepuffertes Formaldehyd zum Einsatz. Diese „Einsparung“ von wenigen Cents pro Liter geht auf Kosten der Diag- nosesicherheit. Die fehlende Pufferung fördert eine lichtinduzierte Oxidation des Formalde-hyds, wodurch aggressive Ameisensäure ent-steht. Diese schädigt irreversibel Gewebestruk-turen und verschlechtert die Morphologie.

Auch die Systeme, die eine vollautomatische Nachfixierung und Entwässerung nach dem Zuschnitt durchführen, sollten nur mit neu-tral gepuffertem Formaldehyd und anderen hochwertigen Einsatzstoffen (Alkohole, Inter-medium, Paraffin) betrieben und in regelmä-ßigen, dem Probenaufkommen angepassten Abständen erneuert werden. Auf diese Weise lässt sich eine weitgehend gleichbleibende und standardisierte Fixierung erreichen.

Besonderen Einfluss auf die Eindeutig-keit der HE-Färbung hat die Schnittdicke. Kernreiches Gewebe wie das lymphatische

Jede Gewebeprobe durchläuft im histologi-schen Labor eine Hämatoxylin-Eosin-(HE-) Färbung. Angewandt seit 1865, avancierte sie im Laufe der Jahre zur Standardübersichtsfär-bung, um Gewebestrukturen zu visualisieren. Und tatsächlich liefert die HE-Färbung in den meisten Fällen bereits eine finale Diagnose. Trotz der vielfachen Routineanwendung in jeder Pathologie gibt es immer noch vermeid-bare „Fallstricke“ mit negativen Auswirkun-gen auf die Ergebnisqualität. Neuralgische Punkte dazu sind im Folgenden ausgeführt. Die kompetente Durchführung der präana-lytischen Schritte sowie vollautomatisierte Färbeprozesse können jedoch das diagnosti-sche Potenzial dieser klinisch hochrelevanten Methode weiter ausreizen.

Hauptbestandteile der Methode sind die Farbstoffe Hämatoxylin und Eosin. Häma-toxylin, ein Naturprodukt, färbt negativ geladene Strukturen blau, wodurch die Zell-kerne lichtmikroskopisch sichtbar werden. Der synthetische Farbstoff Eosin hingegen markiert alle basischen Strukturen rötlich das sind vor allem zytoplasmatische Kom-ponenten (Abb. 1–3). Die unterschiedliche Darstellung der Zellmorphologie ermöglicht die finale Diagnose bei benignem Gewebe (ca. 80 %­aller­Fälle),­bei­malignem­Befund­dient sie – im Sinne einer Stufendiagnostik –

HE-FärbungHerausforderungen und ChancenJohanna Wezgowiec, Institut für Pathologie, Evangelisches Krankenhaus Bethesda zu Duisburg

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Beispiele für HE-gefärbte Gewebeschnitte

Gewebe­ erfordert­ dünne­ Schnitte­ (z.  B.­2 µm),­um­sicher­zu­stellen,­dass­nur­eine­Zellschicht dargestellt wird. Bei zu hoher Schnittdicke überlagern sich die diagnos-tisch relevanten Zellkerne und erschweren so eine eindeutige Diagnose. Kernarmes fettreiches Gewebe dagegen sollte dicker geschnitten­werden­(z. B.­4 µm),­damit­aus-reichend diagnostisch relevante Strukturen vorhanden sind.

Bei vollautomatisierten HE-Färbern ist der Färbeprozess – im Vergleich zu Systemen früherer Generation – erstmals komplett standardisiert. Sie arbeiten mit festgelegten Volumina und verwenden für jeden Objekt-träger frische Färbelösungen. Dies hat nicht zuletzt den Vorteil, dass auch Fehler in den vorausgehenden, präanalytischen Schrit-ten eher auffallen und dem gleichmäßigen Schneiden einer Gewebeart eine besonders wichtige Rolle für das Ergebnis zukommt. Unregelmäßige Schnitte resultieren in einer deutlich unterschiedlichen Intensität der Färbung, weil mehr oder weniger Zellma-terial mit jeweils der gleichen Reagenzien-menge behandelt wird.

Last but not least können auch die einge-setzten Reagenzien die HE-Färbung massiv negativ beeinflussen. Für gleichbleibende Färbungen empfehlen sich gebrauchsfertige Reagenzien, um Fehler beim Lösungsansatz per se auszuschließen.

Färbetechnologie und Ergebnisqualität Während vollautomatisierte, standardisierte HE-Färber wie oben beschrieben aus sach-gemäß fixiertem und gleichmäßig geschnit-tenem Gewebe reproduzierbare Ergebnisse

liefern, die nur von der Probebeschaffen-heit abhängen, ist dies bei den sogenann-ten „Dip-&-Dunk-Automaten“ nicht der Fall. Hier werden mehrere Objektträger gemeinsam durch Küvetten mit Färbelö-sungen geführt, die Farbe ist im Überschuss vorhanden. Die Methode birgt folgenden Nachteil: Der Verbrauch an Färbelösungen pro Objektträger ist nicht standardisiert. Es lässt sich nur schwer nachhalten, wie viele Objektträger mit welcher Gewebeart in einer bestimmten Zeit durch die Lösungen geführt wurden. Unabhängig von der jewei-ligen Gewebeprobe verändert sich über die Zeit die Farbintensität der Schnitte – auch bei regelmäßigem Wechsel der verwende-ten Reagenzien. Die Färbeergebnisse in sol-chen System können daher tagesabhängige Schwankungen aufweisen und sind nicht immer vergleichbar. Auch gebrauchsfertige Reagenzien können eine Verwässerung, also Konzentrationsänderungen der Färbelösun-gen, nicht kompensieren.

Ein weiteres, wenn auch geringeres Risiko bei Verwendung von „Dip-&-Dunk-Syste-men“ ist die Gewebeverschleppung. Unter Umständen können sich Gewebebestand-teile auf einem Objektträger lösen und an einem Objektträger, mit der Probe eines anderen Patienten wieder anhaften. Handelt es sich dabei um Tumorzellen oder Tumor-bestandteile, führt dies unter Umständen zu einer falsch positiven Tumordiagnose.

ChancenDie vollautomatisierte Abarbeitung des kom-pletten HE-Färbeprozesses mit gebrauchs-fertigen Reagenzien hat das Potenzial, einen Qualitätssprung in der Gewebediagnostik

zu bewirken. Vollautomatische Färbesys-teme „erzwingen“ quasi die weitgehende Standardisierung der Präanalytik – eine große Chance sowohl für mehr Patienten-sicherheit, als auch, um die stets steigenden Qualitätsanforderungen in der Pathologie zu erfüllen. Mögliche Fehler in der Prä-analytik werden transparenter, sie können behoben oder zumindest dokumentiert werden. Besonders auch auf nachgeschaltete sensitivere Untersuchungen wie Immunhis-tochemie und Molekularpathologie kann dies einen positiven Einfluss haben, denn optimale Präanalytik und standardisierte HE-Färbung bilden die Grundlage auch für eine hohe Ergebnisqualität dieser Methoden.

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Labororganisation | HE-Färbung | Diagnostik im Dialog • Ausgabe 48 • 12/2015

Literatur 1 Platt E et al: Arch Pathol Lab Med (2009); 133: 973–978

Allgemeine Quellen • Lang G: Histotechnik (2006), Springer – Wien – New York • Mulisch M, Welsch U (Hrsg.): Romeis – Mikroskopische

Technik (2010), Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg

Korrespondenzadresse

Johanna Wezgowiec Leitende Medizinisch-Technische Assistentin Institut für Pathologie Evangelisches Krankenhaus Bethesda zu Duisburg Heerstr. 219 47053 Duisburg [email protected]

Abb. 1: Normales Lungengewebe (20x): Alveolen, Alveolarmakrophagen und ein Bronchus-Ast mit Flimmerepithel.

Abb. 2: Hodgkin Lymphom: Doppelkernige Hodgkin-Blasten und Lymphozyten.

Abb. 3: Mammakarzinom (10x): Invasives, Nicht-kleinzelliges Karzinom (Adenkarzinom) mit wenigen Drüsenläppchen.

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