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Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik Schwerpunktthema Europa aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen Klaus Heimann Europäische Kernberufe Stefanie Schiller/Anita Milolaza/Holger Reinisch/Dietmar Frommberger Leistungspunkte in der beruf- lichen Bildung Peter Wordelmann Auslandsaufenthalte in der Berufsausbildung Joanna Schulz/Josef Zelger Ideen zur Entlastung von Lehrenden HECKNER H 65063 Heft 91 • 23. Jahrgang • 2008 lernen lernen & & lehren lehren

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Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik

Schwerpunktthema

Europa – aktuelle Herausforderungenan berufliches Lernen

Klaus HeimannEuropäische Kernberufe

Stefanie Schiller/Anita Milolaza/HolgerReinisch/Dietmar FrommbergerLeistungspunkte in der beruf-lichen Bildung

Peter WordelmannAuslandsaufenthalte in der Berufsausbildung

Joanna Schulz/Josef ZelgerIdeen zur Entlastung von Lehrenden

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H 65063 Heft 91 • 23. Jahrgang • 2008

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lernen & lehren (l&l) (2008) 91

Impressum

„lernen & lehren“ erscheint in Zusammenarbeit mit der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der FachrichtungElektrotechnik-Informatik e. V. und der Bundesarbeitsgemeinschaft für Berufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V.

Herausgeber: Gottfried Adolph (Köln), Klaus Jenewein (Magdeburg), Jörg-Peter Pahl (Dresden),Willi A. Petersen (Flensburg), Georg Spöttl (Bremen), Bernd Vermehr (Hamburg)

Schriftleitung: Volkmar Herkner (Dresden), Carsten Wehmeyer (Flensburg)

Kommentar: Gottfried Adolph

Heftbetreuer: Jörg-Peter Pahl, Bernd Vermehr

Redaktion: lernen & lehren

c/o Volkmar Herkner c/o Carsten WehmeyerTechnische Universität Dresden Universität Flensburg/biatFak. Erziehungswiss./IBF, 01062 Dresden Auf dem Campus 1, 24943 FlensburgTel.: 03 51 / 46 33 78 47 Tel.: 04 61/ 8 05 21 49E-Mail: [email protected] E-Mail: [email protected]

Alle schriftlichen Beiträge und Leserbriefe bitte an eine der obenstehenden Adressen.

Layout: Brigitte Schweckendieck

Verlag, Vertrieb und Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft mbH & Co. KGGesamtherstellung: Postfach 15 59, D-38285 Wolfenbüttel

Telefon: 0 53 31 / 80 08 40, Telefax: 0 53 31 / 80 08 58

Bei Vertriebsfragen (z. B. Adressenänderungen) den Schriftwechsel bitte stets an die Geschäftsstelle der BAG richten.

Wolfenbüttel 2008

ISSN 0940-7440 91

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EUR 7,68ISSN 0940-7440 23. Jahrgang 2008

lernen & lehrenElektrotechnik-Informatik/Metalltechnik

Inhaltsverzeichnis

Schwerpunkt

Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

Kommentar: Felix Rauner geht ... 98Gottfried Adolph

Editorial 100Jörg-Peter Pahl/Bernd Vermehr

Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen

an berufliches Lernen

Europäische Kernberufe – Antwort auf die beruflichen Anforderungen der Gegenwart und Zukunft 102Klaus Heimann

Leistungspunkte in der beruflichen Bildung. Europäische und deutsche Entwicklungen 105Stefanie Schiller/Anita Milolaza/Holger Reinisch/Dietmar Frommberger

Auslandsaufenthalte in der Berufsausbildung – Chancen für die Metall- und Elektroberufe 110Peter Wordelmann

Ideen zur Entlastung von Lehrenden 114Joanna Schulz/Josef Zelger

Praxisbeiträge

Laserstrahlschneiden – Ein neues Themafür den Berufsschulunterricht 118Marko Taubert

Instandhaltung einer Fertigungsanlage – Selbstständiges und kooperatives beruflichesLernen mithilfe einer Online-Plattform 123Franz Ferdinand Mersch/Katharina Trautmann-Blasius

Forum

Externes Ausbildungsmanagement – Nutzenverbesserung für Auszubildende und Betriebe? 128Nadine Möhring-Lotsch

Entwicklung gewerblich-technischer Schulen ohne Theoriekonzepte? 133Volkmar Herkner/Jörg-Peter Pahl

Hinweise, Mitteilungen, Rezensionen

Errata 137

Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung 2008der BAG Elektrotechnik-Informatik e. V. 138

Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung 2008der BAG Metalltechnik e. V. 139

Gemeinsame Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaften auf denHochschultagen 2008 in Nürnberg 140Ulrich Schwenger

Karl Ulrich Lippoth/Wolfgang Schulze/ManfredSchweres (Hrsg.): Arbeitswissenschaft als Weiterbildung. Ansätze arbeitsorientierter Weiterbildung 143Georg Spöttl

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren 144

Call-for-paper

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Gottfried Adolph

Felix Rauner geht ...

Kommentar

Dass es ohne FELIX RAUNER weder dieBundesarbeitsgemeinschaft Elek -trotechnik noch diese Zeitschrift „ler-nen & lehren“ gäbe, ist eine Aussage,die nicht beweisbar ist, deren Wahr-heitsgehalt jedoch kaum bezweifeltwerden kann.

Nun, 25 Jahre nach der ersten Ausga-be von „lehren und lernen“ („lernen &lehren“ hieß sie erst einige Jahre spä-ter) scheidet FELIX RAUNER auf eigenenWunsch als Herausgeber aus. Dieswäre Anlass genug, ein Loblied anzu-stimmen, die verdienstvollen Tatendes Helden aufzuzählen und ihm zuversichern, dass sein ruhmreichesWirken nicht nur nicht vergessen, son-dern in seinem Sinne weitergeführtwird. Solche Lobreden gehören zu denfeierlichen Abschiedsriten. Sie ähnelndeshalb Grabreden, bei denen sichHöflichkeit vor die Wahrheit schiebt.So wie ich es einschätze, besteht füreine Abschiedsrede kein Anlass.Trotzdem ist das Ausscheiden FELIX

RAUNERS aus dem Kreis der Herausge-ber eine Zäsur, die nicht unkommen-tiert bleiben soll.

Weit schwieriger als eine Lobrede istder Versuch, in die Komplexität dergesellschaftlichen und wissenschaft-lichen Merk- und Wirkwelt RAUNERS re-konstruierend einzutauchen, dabeiStrukturen zu erkennen und Ereig-nisse, Handlungsmotive und Hand-lungsweisen so darzustellen, dassEinsicht und Verstehen im hermeneuti-schen Sinne möglich wird. Ich will esversuchen, dabei aber auf zwei Ein-schränkungen hinweisen. Erstens: DerVersuch, Verstehen zu vermitteln,hängt stets vom Grad des eigenenVerstehens ab, und das kann manch-mal sehr eingeschränkt sein. Zweitenswerde ich mich auf den Bereich derBundesarbeitsgemeinschaft Elektro-technik beschränken. Um das gesam-te wissenschaftliche Wirken FELIX RAU-NERs in den Blick zu nehmen, fehlt mirdie Übersicht.

Das Arbeits- und Berufsleben war vor25 Jahren noch stärker von starrenWertvorstellungen geprägt und umge-ben als heute. Die hierarchische Struk-tur einer tayloristisch geordneten Pro-

duktions- und Arbeitsorganisation mitder konsequenten Trennung von Pla-nung und gehorsamer Ausführungwurde als etwas Selbstverständliches,gewissermaßen Natürliches wahrge-nommen. Diese geschlossene Weltvon unmittelbar einsehbaren Selbst-verständlichkeiten bestimmte auchden schulischen Teil der Berufsausbil-dung. Fachsystematisch angelegterFrontalunterricht prägte den Schulall-tag. Von der Lerntheorie des Behavio-rismus erwartete man Heil und Fort-schritt. Zu verlockend war das beha-vioristische Versprechen, intelligentesVerhalten und Wissen jeglicher Art mittechnischen Mitteln herbeiführen zukönnen. Die programmierte Unterwei-sung spielte dabei eine wesentlicheRolle. Auch FELIX RAUNER glaubte dar-an und hatte im Bundesinstitut für Be-rufsbildung in Berlin einige Projekte fürdie Erstellung programmierter Unter-richtsmaterialien ins Leben gerufen.

Und doch war es auch eine Zeit einerbeginnenden Unruhe. Ein Auszug auseinem Brief eines jungen Lehrers ausdieser Zeit möge dies verdeutlichen:„Ich wurde 15 Jahre lang als Schüler,Auszubildender und Student mitElektrotechnik vollgestopft. Als ichdann meine eigenen ersten Unter-richtsstunden vorbereiten musste,wurden mir die bis dahin vermitteltenHalbheiten bewusst. Ich setzte mirdas Ziel, einen verstehenden Unter-richt durchzuführen. Aber was ist das?Wo und wie beginne ich im Unterricht?Wie motiviere ich die schon seit etwazehn Jahren sozialisierten Schüler?Und, und, und ... Es taten sich mehrFragen als Antworten auf. Und trotz ei-nes erst in den Nachtstunden enden-den Arbeitstages, wurden all dieseFragen nicht beantwortet. Ich ver-suchte als Einzelkämpfer, ein neuesUnterrichtskonzept aus dem Boden zustampfen und musste erkennen, wieich mich überforderte.“

Dieser Spannungsbogen zwischen derin starren Verhaltensnormen einge -pressten Beruflichkeit in einem fest ge -fügten System von Selbstverständlich -keiten einerseits und den Leidensäu-ßerungen von sich als Einzelkämpferwahrnehmenden Lehrern andererseits

inspirierten FELIX RAUNER und fordertenihn als Wissenschaftler heraus; vor al-lem auch deshalb, weil er sich einemWissenschaftsbegriff verpflichtet fühl-te, bei dem die Aufgabe der Wissen-schaft nicht nur darin besteht, das Vor-gefundene wissenschaftlich zu inter -pretieren, sondern das als unvollkom-men Erkannte zu verändern. Analyti-sche Wissenschaftlichkeit und aktiveGesellschaftsgestaltung sollten nachdieser Auffassung ineinander überge-hen.

Wer sich einem solchen wissenschaft-lichen Paradigma verpflichtet fühlt,kann sich nicht in seine Gelehrtenstu-be zurückziehen. Wer reformieren will,kann es nicht „von außen“ tun. Ermuss sich in das Feld begeben undsich bemühen, die Reformideen in dieKöpfe der pädagogisch Handelndenzu transportieren. Darüber hinausmuss er auch das Feld des Politischenbeackern. In beiden Bereichen hängenWirkung und Erfolg vom Bekanntheits-grad ab. Deshalb gehören Aktivitätendes „Sich-bekannt-Machens“ zum Ge-schäft. Nur wenn man gut bekannt ist,wird man auch wahrgenommen. Undnur dann können persönliche Kontakteaufgebaut werden, und nur dann sinddie Voraussetzungen dafür gegeben,dass man in entscheidende Bera-tungs- und Entscheidungsgremien be-rufen wird. Wenn die Wochenzeit-schrift „Die Zeit“ FELIX RAUNER heuteals einen der „angesehensten Berufs-bildungsforscher in Deutschland“ be-zeichnet, zeigt das, dass das Sich-be-kannt-Machen in hervorragenderWeise gelungen ist.

Wie vorhin schon angedeutet, war derProfessur in Bremen die Durchführungeines Projektes bei dem Bundesinsti-tut für Berufsbildung in Berlin voraus-gegangen. Zum ersten Mal wurdenElektrotechniklehrerinnen und -lehreraus dem gesamten damaligen Bun -desgebiet zusammengerufen. Das warfür FELIX RAUNER eine große, vielleichtdie entscheidende Chance. Als sichbei den Teilnehmern dieses Projektesder Wunsch entwickelte, auch nachBeendigung des Projektes zusam -menzubleiben, griff er mit beiden Hän-den zu. Die Bundesarbeitsgemein-

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Kommentar

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schaft für Elektrotechnik wurde gegründet. Ihr erster Sprecher warWOLFHARD HORN. In zäher und beharr-licher Kleinarbeit und in enger Verbin-dung zu FELIX RAUNER knüpfte HORN

die vielen Fäden zu einem Netz zu-sammen. Die sich so immer mehr alsInstitution festigende Bundesarbeits-gemeinschaft begleitete (in ihremSelbstbewusstsein) RAUNER beim Um-zug von Berlin nach Bremen. FELIX

RAUNER nannte die BAG „die Zunft“.„Was sagt denn die Zunft dazu?“ frag-te er oft.

Die Bezeichnung „Zunft“ traf auchdeshalb zu, weil es in der BAG einendeutlichen Wunsch nach Anlehnungan einen fachdidaktischen „Obermei-ster“ gab. Von einem solchen erwarte-te man Führung auf der Basis einerwissenschaftlich abgesicherten Fach-didaktik Elektrotechnik. Man erwarteteeine bestimmte Weise von Sicherheit,so, wie es im oben zitierten Brief einesjungen Lehrers zum Ausdruck kommt.Diesem Wunsch verweigerte sich FELIX

RAUNER jedoch von Anfang an.

Er wollte Ideengeber, Anreger, abernicht Führer im gewünschten Sinnesein. Eine Übernahme solcher Führer-schaft hätte schon wieder eine festeStruktur bedeutet. Feste Ordnungen infesten Formen verschlingen viel Ener-gie zur ihrer Aufrechterhaltung. DieseEnergie steht dann für Veränderungennicht zur Verfügung. Metaphorisch ge-sprochen: Nichts ist schwieriger, als ineinem See gewohnter Gewissheitenzu neuen Ufern vorzudringen. Die fürVeränderungen notwendige Energiekann nur ein Prozess der Gärung her-vorbringen, ein Prozess, in dem dasEtablierte und sich Etablierende immerwieder neu infrage gestellt wird. Nurso kann sich kraftvoll Neues von untenentwickeln, und wirklich Neues kannsich nur von unten durchsetzen. Jegli-che Form von Führerschaft, die zumAnlehnen einlädt, wirkt hier kontrapro-duktiv.

Außerdem wollte sich FELIX RAUNER

nicht auf Fachdidaktik festlegen undeinschränken lassen. Er erkannteschon sehr früh, dass allen fachdidak-tischen Überlegungen eine grundsätz-liche Reform des Berufspädagogi-schen vorausgehen muss. Hier muss -ten die Pfeiler, die das System derselbstverständlichen Gewissheiten

trugen, erst zum Einsturz oder zumin-dest ins Wanken gebracht werden.

Um was es dabei strukturell ging, kannman sich am Beispiel des ProblemsFachtheorie verdeutlichen. Es wurdezu dieser Zeit als selbstverständlichempfunden, dass sich die Fachtheorieeines Elektrikers oder eines Metallersaus dem naturwissenschaftlich-tech-nischen Wissen, das sich Ingenieurewährend ihres Studiums aneignenmüssen, ableitet. Man erlebte abertäglich im Unterricht, dass eine auchstofflich reduzierte Eins-zu-Eins-Über-tragung nicht möglich war. In irgendei-ner Weise musste das Ingenieurwis-sen so verändert werden, dass es fürdie Elektrolehrlinge zugänglich wurde.„gelehrtes Wissen“ musste also in„volkstümliches Wissen“ transformiertwerden. Dass sich hier die fast 200Jahre alte Diskussion um volkstümli-che Bildung wieder einschlich, wurdenicht bemerkt. Als geeignetes Instru-ment für das Begreifbarmachen desIngenieurwissens wurde die didakti-sche Reduktion angesehen. Sie be-herrschte so gut wie alle fachdidakti-schen Denkbewegungen.

RAUNER bezweifelte den Sinn all des-sen und fragte, ob solcherart Theoreti-sches das ist, was dem beruflichenKönnen eines Elektrikers auf die Beinehilft. Konkret z. B.: Welche Facharbeiterfährt durch die Kenntnis der Max-wellschen Gleichungen eine Förde-rung? Muss das Theoriewissen desFacharbeiters nicht eine völlig andereStruktur aufweisen? Muss es nichteine eigenwichtige Theorie der Fach-arbeit sein?

Solche Grundsatz-Fragen verpuffenwirkungslos, wenn sie nur im akade-mischen Raum diskutiert werden undnicht dort ankommen, wo Fachtheorietagtäglich gelehrt wird. Und hier botdas Netz der BAG, aus dem herausbundesweit immer mehr Lehrerfortbil-dungsveranstaltungen zustande ka-men, FELIX RAUNER eine entsprechendeBühne. Über diesen Weg gelangte das„Gift“ solch provokativen Denkens indie Köpfe derjenigen, die tagtäglichden unterrichtlichen Alltag zu bewälti-gen hatten.

Es genügte jedoch nicht, die „Praxis“zu provozieren und zu erschrecken.Wenn ein Energie und Ideen liefenderGärungsprozess zustande kommen

und aufrechterhalten werden sollte,musste eine breitere Basis gefundenwerden. Das gelang in einer erstaun-lich fruchtbaren Weise mit der Einrich-tung der Hochschultage BeruflicheBildung. Hierdurch entstand ein Fo-rum, auf dem sich Schulpraktiker undWissenschaftler auf Augenhöhe tra-fen. Hier sahen nicht Wissenschaftlerhochnäsig und besserwisserisch aufdie Praktiker herab, und diese schiel-ten nicht ängstlich auf eine Wissen-schaft, deren Texte – weil oft in esote-rischen Sprachspielen gefangen – derPraxis in der Regel wenig Anregunglieferten.

Das durch die Hochschultage er-weiterte kommunikative Netz, im Sin-ne einer Gärung lebendig zu erhaltenund weiter auszubauen, forderte FELIX

RAUNERs kommunikative Kompetenzvoll heraus. Es war hier eine hoheKunst des Wechsels von Zurückhal-tung und schneller Intervention imrichtigen Augenblick und in angemes-sener Weise gefragt. Nur eine weitereMetapher kann das angemessen be-schreiben: Es ging hierbei um dieKunst eines Jongleurs. Ein Jongleurkann viele Gegenstände gleichzeitig inder Luft halten, sie auffangen, wiederhochwerfen und blitzschnell eingrei-fen, wenn das Spiel zusammen zu bre-chen droht. Dieses blitzschnelle Ein-greifen verlangt häufig Improvisation,und Improvisation bis an den Randzum Chaos kennzeichnete oft dasprozessuale Geschehen. Es war aberauch eine penible Ordnung, wie siezum Beispiel bei der Organisation derHochschultage zutage trat, gefordert.Ohne einen Ordnungsrahmen gleitetImprovisation ins folgenlos Chaoti-sche ab.

Solche Gegensätze – einerseits Im-provisation, andererseits planendeOrdnung, einerseits persönliche Nähe,andererseits Distanz, einerseits einsa-me spontane Entscheidungen, ande-rerseits demokratische Legitimationdieser Entscheidungen – kennzeich-neten den weiteren Entwicklungspro-zess, aus dem dann auch die Zeit-schrift „l & l“ hervorging. Sie ohne pro-fessionelle Basis und Abstützung insLeben zu rufen, war in jeder Hinsichtein Wagnis. Hier wurde Improvisation„Alles“. Es ist zwar einiges im Laufeder vielen Jahre professioneller ge-worden, Improvisation ist aber ein

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Kommentar/Editorial

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weiterhin wirkendes Gestaltungsele-ment bei der Erstellung der nächstenAusgaben. Dass die Zeitschrift sichnun schon 25 Jahre halten konnte, istauch das Ergebnis hoher Jonglier-kunst.

Nachdem die erste Auflage veröffent-licht war, mussten für die nächstenAusgaben immer wieder Kollegen ge-funden werden, die bereit waren, diePlackerei der Zusammenstellung einerAusgabe auf sich zu nehmen. Es gabkeine professionelle Erfahrung. Es gabkeine Computer und keine E-Mail. Al-les musste mit der Schreibmaschinegeschrieben und mit der Post hin undher geschickt werden. Es gab auchkeine Autoren aus der Schulpraxis, diesich darum drängten, dass ihre Beiträ-ge veröffentlicht werden. Kollegen,von denen man wusste, dass sie gu-ten und beispielhaften Unterrichtpraktizierten, hatten wenig Zeit undMuße, auch noch kluge Texte zu ver-fassen. Hier wurde immer wieder per-sönliche Zurede und redaktionelle Hil-fe gefordert. Es entstanden nicht ge-ringe persönliche Telefon- und Porto-sowie Reisekosten. Reisekosten fielendeshalb an, weil vieles nur im persön-

lichen Gespräch zu klären war. Mantraf sich dann auf Bahnhöfen, die un-gefähr in der Mitte des räumlichen Ab-standes der Gesprächsteilnehmer la-gen. FELIX RAUNER war bei allem dietreibende Kraft, die das alles zu-sammenhielt und vorwärtsdrängte.Persönliche Gespräche waren ihm da-bei sehr wichtig; Gespräche, die oftStunden, manchmal, in Klausur, auchTage dauerten.

Überhaupt waren ihm Personen wich-tiger als Institutionen. In der damali-gen Soziologie war es genau umge-kehrt. Hier galt mehrheitlich die Auf-fassung, dass im gesellschaftlichenProzess Personen eine sehr geringeRolle spielen. Man glaubte, dass diegroßen gesellschaftlichen Ereignisseaus der Gesellschaft hervorgebrachtwürden, unabhängig davon, welchePersonen gerade mitwirken oder be-troffen seien. Auch hier brachte FELIX

RAUNER die Kraft auf, nicht mit oderquer, sondern gegen den Strom zuschwimmen. Er setzte, dem allgemei-nen Trend entgegen, ganz auf Perso-nen und Persönliches. Er forderte undförderte.

Die weitere Entwicklung sollte ihmdann auch Recht geben. Ohne per-sönliches Engagement so vieler hättenweder die BAG noch „l & l“ über lange25 Jahre bis heute durchgehalten.Selbst als sich FELIX RAUNER aus derElektrotechnik immer mehr zurückzogund sich allgemeineren berufspädago-gischen Themen zuwandte, brach dasvon ihm so stark Geprägte nicht zu-sammen.

Nun hat sich doch so etwas wie einLobgesang eingeschlichen. Wenn et-was beschrieben wird, das so starkvon den Ideen, der Kreativität, demDurchhaltevermögen, der Kompetenzeiner Person geprägt ist, lässt es sichwohl nicht ganz vermeiden.

FELIX RAUNER scheidet nun als Mithe -rausgeber von „l & l“ aus. Andere wer-den an seine Stelle treten und werdenAnderes bewirken. Mit welchen Fol-gen dies geschieht, das kann nur dieZukunft zeigen.

Als Mitherausgeber hat uns FELIX RAU-NER immer wieder mit seiner Kritik, sei-nen Ideen und Vorschlägen herausge-fordert.

Dafür danken wir ihm.

Jörg-Peter Pahl/Bernd Vermehr

EditorialDie fortschreitende Technologie inden Bereichen der Elektrotechnik, In-formatik sowie der Fahrzeug-, Metall-und Maschinentechnik bestimmt dieAktualität der Inhalte beruflichen Ler-nens und stellt sehr häufig das Vehikelfür innovative didaktische Konzepteund Ansätze dar. In diesem Zusam -menhang werden immer wieder Fra-gen aufgeworfen, ob sich die Inhalteder Berufsbildung direkt von derTechnik und ihrer Entwicklung ablei-ten lassen und ob es sinnvoll ist, ausingenieurwissenschaftlichen Veröf-fentlichungen Anhaltspunkte für dieInhalte beruflichen Lernens abzulei-ten. In den letzten Jahren gehörendazu beispielsweise die Lasertechnik,aber auch das Hochgeschwindig-keitszerspanen, Wasserstrahlschnei-den, die Mikrosystemtechnik und hyb -ride Verfahren.

Didaktische Konzepte, die Ziele undder Gegenstand beruflicher Bildung

werden aber nicht ausschließlich vondem Paradigma der Technikentwick -lung oder Technik- und Arbeitsgestal-tung bestimmt. Daneben können ge-sellschaftliche und gesellschaftspoliti-sche Impulse bedeutsam sein. Insbe-sondere mit den politischen Entschei-dungen zum europäischen Zu-sammenschluss und den damit ver-bundenen neuen Regelungen zur be-ruflichen Bildung ergeben sich aktuel-le Anlässe, bisherige Ansätze beruf-lichen Lernens zu überdenken oder zuerweitern. Die Veränderungen für be-rufliches Lernen im europäischen Rah-men sind von Berufspädagogen nichtzu ignorieren. Vielmehr müssen dieEntwicklungen beobachtet, „wahrge-nommen“ und reflektiert werden. DasSystem der dualen Berufsbildung mitden Lernorten „Betrieb“ und „Berufs-schule“ hat sich zwar schon immerverändert, wird aber – soweit erkenn-bar – bei den sich abzeichnenden ge-

sellschaftspolitischen Entwicklungenim europäischen Raum eventuell einengravierenden organisatorischen undstrukturellen Wandel erfahren.

Hierauf müssen sich die Akteure be-ruflicher Bildung schon jetzt vorberei-ten. Es geht aber bei der Europäisie-rung der Berufsbildung nicht nur da-rum, dass sich das deutsche Berufs-bildungssystem ändern muss undwird, sondern auch darum, welche or-ganisatorischen Veränderungen anden beruflichen Schulen auftretenkönnen, welche Voraussetzungen sichdurch die Europäisierung für die Ler-nenden ergeben und welche Folgendie Regelungen für die didaktischenAnsätze, Konzepte und Intentionenberuflichen Lernens haben werden.Die Entwick lung zielt vermutlich in dieRichtung auf eine umfassend allge-mein- und berufsgebildete Persönlich-keit, die sensibel mit Personen ausverschiedenen Kulturkreisen arbeiten

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Editorial

lernen & lehren (l&l) (2008) 91 101

und leben kann. Ausschließlich vonder sicherlich interessanten und inno-vativen aktuellen Arbeits- und Tech-nikentwicklung als sicherem Terrainauszugehen, genügt dabei nicht.

Im Mittelpunkt des wie immer ausge-wogenen und interessanten Kommen-tars stehen diesmal nicht ein pädago-gischer Schlüsselbegriff oder einschulpolitisches Ereignis, sondern dieVerdienste von FELIX RAUNER, der sichaus dem Kreis der Herausgeber dieserZeitschrift zurückgezogen hat. Rück -blickend verdeutlicht GOTTFRIED

ADOLPH für alle Weggefährten das Wer-den dieser Zeitschrift, den Aufbau ei-ner Bundesarbeitsgemeinschaft derLehrer im Berufsfeld Elektrotechnik(die Informatik kam als Bezeichnungspäter dazu) und das Wirken von RAU-NER als Hochschullehrer und vielfälti-gen Impulsgeber in berufswissen-schaftlichen und berufspädagogi-schen Fragen.

Den Schwerpunkt dieser Ausgabeprägen vier Beiträge. Zunächst stelltKLAUS HEIMANN das Konzept der IGMetall „Europäische Kernberufe – Ant-wort auf die beruflichen Anforderun-gen der Gegenwart und Zukunft“ vor,das als Alternative zur Zersplitterungder Berufslandschaften zu sehen ist.Die Kernberufe sind vollständige Be-rufe, bei denen zwischen gemeinsa-men Qualifikationen einer Berufsfami-lie (Kernqualifikationen) und der Fach-kompetenz unterschieden wird. Dabeiist die Entwicklung von Kernberufenkeineswegs mit Modularisierung odereiner weniger Lernzeit beanspruchen-den Basisqualifikation gleichzusetzen.Die Ausbildung in Kernberufen ermög-licht dagegen einen vielseitigen undverantwortungsvollen Einsatz am Ar-beitsplatz und stärkt die beruflicheMobilität. Das Konzept der europäi-schen Kernberufe setzt auf Beruflich-keit im Sinne einer ganzheitlichenhandlungskompetenten Berufsbil-dung.

STEFANIE SCHILLER, ANITA MILOLAZA,HOLGER REINISCH und DIETMAR FROMM-BERGER verdeutlichen in ihrer Abhand-lung „Leistungspunkte in der beruf-lichen Bildung. Europäische und deut-sche Entwicklungen“ den Stand unddie derzeitige Problemlage für einenEuropäischen Qualifikationsrahmen(EQR). Nicht nur für die Berufsbildungin Europa sind die Transparenz vonQualifikationen und das Übertragenvon Lernleistungen von einem Bereichin den anderen mithilfe eines Systemsvon Leistungspunkten (ECVET) von

großer Bedeutung. Mit dem ECVETwerden gemeinsame Bezugsebenendefiniert, die die Qualifikationen allerAusbildungsbereiche umfassen sol-len. Der EQR ist nicht nur ein Rahmenfür die jeweiligen nationalen Qualifika-tionen, sondern ein Metaplan, der allewesentlichen Ziele europäischer Bil-dungspolitik umfasst. In der Pilotinitia-tive „DECVET“ wird untersucht, wieein nationales Leistungspunktesystemsystematisch entwickelt und erprobtwerden kann, damit die erreichten Ler-nergebnisse erfasst, übertragen undangerechnet werden können. Eck -punkte dabei sind, dass am dualenSystem der Berufsbildung sowie demdamit verbundenen Berufskonzeptebenso festgehalten wird wie an derAbschlussprüfung. Auf Ergebnissedarf man gespannt sein.

In einem sich immer näher rückendenEuropa werden Auslandserfahrungenin der beruflichen Erstausbildung,Sprachkenntnisse und der Abbau vonKontaktängsten immer bedeutsamer.Mit seinen Ausführungen möchte PE-TER WORDELMANN dazu beitragen, dassdiese Erfahrungen von Auszubilden-den nicht nur im Rahmen von Kurz-praktika – oftmals bei ausländischenTochterfirmen des eigenen Unterneh-mens – gesammelt werden, sondernAuslandsaufenthalte als eine länger -fris tig geplante und zugleich in dieAusbildung eingebundene Unterneh-mung organisiert werden.

Vielerorts wird vom Burnout-Syndromberichtet, das Lehrende nicht nur in be-rufsbildenden Schulen in ihrer Arbeitbehindert oder gänzlich arbeitsunfähigmacht. JOANNA SCHULZ und JOSEF ZEL-GER stellen dem aktuell „Ideen zur Ent-lastung von Lehrenden“ entgegen. ImRahmen des Projektes „ReBiz III“ äu-ßerten sich Schulleitungen und Lehren-de zu eigenverantwortlich umsetzba-ren Möglichkeiten einer Entlastung. DieErgebnisse werden mithilfe der GA-BEK-Methode veranschaulicht undzeigen die Notwendigkeit auf, Verände-rungen in der Arbeitsorganisation so-wie der Unterrichtsorganisation vorzu-nehmen, im Team zu arbeiten und zu-sätzliche Ressourcen bereitzustellen.

Für neue Technologien, vor allemdann, wenn sie regional sehr unter-schiedlich häufig eingesetzt werden,besteht immer die Gefahr, dass sie inder beruflichen Erstausbildung weni-ger umfangreich oder gar nicht ver-mittelt werden. In seiner Untersu-chung „Laserstrahlschneiden – Einneues Thema für den Berufsschul-

unterricht“ zeigt MARKO TAUBERT amBeispiel der Region Jena, welche An-forderungen an Anlagenführer und an-dere gestellt werden. Er legt dar, wel-che Schwierigkeiten bei der Vermitt-lung der erforderlichen Qualifikationenbestehen. Obgleich die KMK-Lehrplä-ne und die entsprechenden Landes-lehrpläne offener gestaltet sind und imBereich der Trennverfahren ausrei-chend Raum für die Vermittlung bie-ten, wird das ganze Thema nach sei-ner Feststellung unangemessen in ei-nem etwa halbstündigen Überblickbehandelt. Hier gilt es, die Möglichkei-ten des Lernfeldunterrichts stärker zunutzen.

Neue Techniken, veränderte Arbeits-prozesse und moderne Medien blei-ben nicht ohne Rückwirkung auf dasberufliche Lernen, und dies sowohl amLernort Betrieb als auch am LernortBerufsschule. FRANZ FERDINAND

MERSCH und KATHARINA TRAUTMANN-BLASIUS verdeutlichen am Beispiel derInstandhaltung einer defekten Füge-und Klebeanlage, in welchem Maßemithilfe des Einsatzes einer Lernplatt-form erforderliches Fachwissen selbsterarbeitet und das kooperative sowieselbstständige Lernen von Auszubil-denden gefördert werden kann.

Der erste Beitrag im Forum geht derFrage nach, ob ein externes Ausbil-dungsmanagement nicht zu einer ver-besserten Kosten-Nutzen-Relationführen kann. NADINE MÖHRING-LOTSCH

ordnet in ihren Ausführungen die mitder Ausbildung verbundenen Kostenund zeigt dann verschiedene Möglich-keiten auf, die Kosten zu senken undden Nutzen zu erhöhen. Gerade fürKMU wird angeregt, auf die Möglich-keiten externen Ausbildungsmanage-ments nicht zu verzichten.

Im Anschluss daran beschreiben VOLK -MAR HERKNER und JÖRG-PETER PAHL

wohl vertraute Abläufe und Regularieneiner beruflichen Schule und verbindendies mit der Frage, welche Theorie die-sem Handeln oder dieser Organisationzugrunde liegt. Deutlich wird, dass die-se Theorie nicht erkennbar ist, aberdringend erarbeitet werden sollte. Ne-ben den Aufgaben und Funktionen derSchule sind dabei die institutionelle,die lernorganisatorische und die didak-tische Ebene ebenso zu berücksichti-gen wie die Makrosicht auf die Institu-tion, die Mesosicht auf die Bildungs-gänge und die Mikrosicht auf denUnterricht. Keineswegs fehlen dürfendie systemexternen und systeminter-nen Regulierungsmechanismen.

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

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Zur Bedeutung von Kernberufen

Das Konzept der europäischen Kern-berufe, wie es die IG Metall in die De-batte eingebracht hat, ist zu verstehenals Alternative zur Zersplitterung dereuropäischen Berufslandschaften inhochgradig fachlicher, aber auch tra-ditionell räumlicher frühzeitiger Spezi-alisierung, die im Extremfall nur an ei-nem einzigen Einsatzort (Arbeitsplatz)eingebracht werden kann. Technischeund arbeitsorganisatorische Entwick -lungen führen dazu, dass sich die spe-zifischen Tätigkeitsanforderungen ver-ändern und Tätigkeiten auch wegfal-len. Arbeitnehmerinnen und Arbeit-nehmer, die nicht über eine umfassen-de berufliche Handlungskompetenzverfügen, würden damit ihrer Erwerbs-grundlage beraubt.

Einer solchen Spezialisierung würdedurch Modularisierung umso eher Vor-schub geleistet werden, je kleinteiligerdie einzelnen Lerneinheiten (units) de-finiert würden. Stattdessen wird beimKonzept der europäischen Kernberufesystematisch auf Ganzheitlichkeit imKern der (beruflichen) Handlungsfel-der gesetzt. Europäische Kernberufesind nicht zu verwechseln mit der Ideeeiner vergleichsweise wenig Lernzeitin Anspruch nehmenden fachlichenBasisqualifikation, die danach, d. h.noch während der Ausbildungszeit,um spezifische betriebsbedingte oderlokal-arbeitsmarktliche Spezifika er-gänzt wird.

Neuerdings vertritt das Bundeswirt-schaftsministerium unter dem Stich-wort „übersichtliche Ausbildungsord-nungen“ die Position, die Berufe auf-zuspalten. Demnach wird zwei Jahrelang in einem Beruf ausgebildet, ausdem sich dann verschiedene spezielleBerufe ergeben (Abb. 1). Mit „berufs -prägenden Mindestanforderungen“

wird im internationalen Wettbewerb je-doch kein Erfolg zu erreichen sein. Ei-ner immer komplizierteren Arbeitsweltkann nicht mit einer einfacheren Aus-bildung begegnet werden. Das Kon-zept ist nicht zukunftsweisend, son-dern vielmehr schädlich für die Wirt-schaft und für die Jugendlichen, diediese Ausbildung durchlaufen sollen.

Abb. 1: Konzept des Bundeswirt-schaftsministeriums

Durch die Schaffung eines zusätz-lichen Spektrums zweijähriger Ausbil-dungsmöglichkeiten für einige Betrie-be, die sich nicht für eine Ausbil-dungszeit von drei oder dreieinhalbJahren binden wollen, erführe das du-ale Ausbildungssystem eine nachhalti-ge Beschädigung und eine zusätzlicheErhöhung der Anzahl der Berufe. Wäh-rend andere Teilsysteme des Bil-dungswesens ihre Qualitätsanforde-rungen anheben, würden sie im dua-len System massiv abgesenkt werden,obwohl der Anteil an einfachen Tätig-keiten nach wie vor rückläufig ist.

Das Konzept der „europäischen Kern-berufe“ der IG Metall setzt dagegenauf Beruflichkeit im Sinne einer ganz-

heitlichen, handlungsorientierten Be-rufsbildung, die

– den Aufbau und die Entwicklungfachlicher, sozialer, personaler undmethodischer Kompetenzen er-möglicht und fördert,

– zur Beherrschung unterschiedlicherberuflicher Situationen befähigt,

– Mündigkeit und Identität sowie Ver-antwortungsgefühl entwickelt unddie Bereitschaft fördert, Verantwor-tung zu übernehmen,

– Zusammenarbeit und sozialen Zu-sammenhalt im Sinne solidarischenHandelns entwickelt und fördert,

– den Erwerb von Gestaltungskom-petenz, die Befähigung zur Mitge-staltung durch Beteiligung und Ko-operation, fördert

– die Grundlage für lebensbegleiten-des Lernen legt.

Das Konzept der „europäischen Kern-berufe“ baut darauf auf, dass die in-haltlichen Anforderungen eines Berufs-feldes in allen europäischen Staatenweitgehend identisch sind, weil auf derGrundlage von Sektorenbezügen überBerufsprofile entschieden werden soll.Deshalb sollte es möglich sein, im Dia-log der Sozialparteien und unter Betei-ligung der Europäischen Kommissiondie beruflichen Qualifikationen undKompetenzen länderübergreifend ge-meinsam zu definieren. Den einzelnenStaaten bliebe es dann überlassen zuentscheiden, an welchen Lernortenund mit welchen Methoden die Inhaltevermittelt bzw. die Kompetenzen er-worben werden sollen.

Persönliche und berufliche Entwick -lungschancen sowie gesellschaftlicheGestaltungs- und Mitwirkungsmög-lichkeiten hängen wesentlich von derSubstanz der beruflichen Aus- undWeiterbildung und der Qualität ihrerVermittlung ab.

Klaus Heimann

Europäische Kernberufe Antwort auf die beruflichen Anforderungen

der Gegenwart und Zukunft

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

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Rahmenbedingungen und Anforderungen für die Entwik-klung der Kernberufe

Für die deutsche Diskussion folgt ausdem Prinzip der europäischen Kern-berufe:

Kompetenzentwicklung am LernortBetrieb

Im dualen System der Berufsausbil-dung hat der Betrieb nach wie vor diewichtigste Rolle, wobei der Begriff„Betrieb“ als Synonym für alle Arbeits-plätze gilt, an denen berufsbezogeneTätigkeiten ausgeübt werden (z. B. In-dustriebetrieb, Einzelhandelsgeschäft,Anwaltskanzlei, Krankenhaus). Er istder zentrale Lernort, geprägt durcheine umfassende Anforderung an dieEntwicklung von Funktionaler-, Kon-zeptioneller- und Gestaltungs-Kompe-tenz. Die Relevanz der Berufsschulenimmt allerdings angesichts der immerstärker werdenden Wissensbasierungder Berufe ebenfalls zu. Ihrer persona-len und sächlichen Ausstattung ist da-her hohe Bedeutung beizumessen.

Die Berufsinhalte werden also nichtisoliert als Fertigkeiten, Kenntnisseund Fähigkeiten beschrieben. Es gehtzum einen darum, sie im Zusammen-hang der betrieblichen Arbeits- undGeschäftsprozesse darzustellen, indenen die Lernprozesse ablaufen. Daserfordert die Herstellung lernförder-licher Arbeitsbedingungen. Zum ande-ren ist auch eine bessere Kooperationder Lernorte in der curricularen Ab-stimmung gefordert.

Stellenwert der Berufsschule erhöhen

Die Ausbildungsinhalte für den Betrieb(Ausbildungsrahmenplan) und die Be-rufsschule (Rahmenlehrplan) müssenbesser miteinander verzahnt und ge-meinsam als Kompetenzfelder ausge-wiesen werden. Die Erneuerung derBerufsschule zu einer dual kooperati-ven Schulform ist eine Herausforde-rung. Im Mittelpunkt ihrer Aufgabensteht die Vermittlung von Gestaltungs-kompetenz. Dies ist für die Umsetzungund Abstimmung der Akteure im dua-len System ein Vorteil bzw. die Voraus-setzung dafür, dass die Lernorte mitihren unterschiedlichen Aufgaben ineinen engeren Zusammenhang ge-bracht werden können. Wegen der

wachsenden Wissensbasierung zahl-reicher beruflicher Arbeitsprozessemuss der Berufsschule der erforderli-che Zeitrahmen (zwei Berufsschulta-ge) eingeräumt werden.

Entspezialisierung und Technik -offenheit: Merkmale moderner Ausbildungsordnungen

Kompetenzen sind in Ausbildungsord-nungen – konkreter im Ausbildungs-rahmenplan – technikoffen und pro-duktneutral als ein Bündel von Qualifi-kationen zu beschreiben. Diese Vorga-be ermöglicht es den Betrieben, dieAusbildungsinhalte mit den im Betriebvorhandenen Maschinen, Werkstof-fen, Anlagen sowie den eingesetztenTechniken und Prozessen umzuset-zen.

Mit den Ausbildungsordnungen wirdein Fundament an curricularen Min-deststandards verbindlich definiert.Die Betriebe können und müssen nunentscheiden, wie sie dies im betrieb-lichen Prozess der Arbeit konkret um-setzen. Es gibt dabei eine klare Gren-ze: Ausbildungsziele und -inhalte dür-fen nicht verändert, weggelassen oderbeliebig ersetzt werden. Im betrieb-lichen Ausbildungsplan wird ein sinn-volles und aufbauendes Lernkonzeptbeschrieben.

Kernberufe statt Berufe-Wildwuchs

Das Berufsbildungsgesetz fordert,dass die Ausbildung für die Ausübungeiner qualifizierten beruflichen Tätig-keit in einer sich wandelnden Arbeits-

welt vorbereitet. Ausbildung für quali-fizierte, eigenverantwortliche Tätigkei-ten muss breit angelegt in europäi-schen Kernberufen durchgeführt wer-den. Kernberufe sind vollständige Be-rufe, bei denen zwischen gemeinsa-men Qualifikationen einer Berufsfami-lie – den so genannten Kernqualifika-tionen – und der Fachkompetenz, diegebraucht wird, um im einzelnen be-trieblichen Prozess tätig zu sein,unterschieden wird.

Diese Strukturierung in Kern- undFachqualifikationen gibt den einzelnenBerufen ein „Gesicht“. So werden dieQualifikationsanforderungen einer Be-rufsfamilie zugeordnet. Damit sind dieQualifikationen für die Ausbildungs-ordnungen systematisiert, könnendargestellt und in einen verbindlichenRahmen der Ausbildungsordnungengepackt werden (Abb. 2).

Spezialisierungen bereits in der Erst-ausbildung sind mit dem gesetzlichenAuftrag der Vermittlung umfassenderberuflicher Handlungskompetenznicht zu vereinbaren. Die Reduzierungder 346 Ausbildungsberufe zu europä-ischen Kernberufen ist ein sinnvollerWeg. Sie führt zudem zu mehr Trans-parenz im Berufsbildungssystem, er-leichtert die Berufswahl und die Bil-dung von Fachklassen in den Berufs-schulen.

Umfassende Kompetenzent -wicklung

Der Ersatz anerkannter Ausbildungs-berufe durch Module und Ausbil-

Abb. 2: Europäische Kernberufe am Beispiel der Berufsfamilie „Mechanik“

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dungsbausteine ist grundsätzlich ab-zulehnen. Erfahrungen mit Kurzausbil-dungsgängen zeigen, dass sie den in-haltlichen und organisatorischen An-forderungen in der Arbeitswelt nichtentsprechen. Bildungsziele wie Kritik-fähigkeit, Mitgestaltung und Emanzi-pation, die über fachliche Qualifikatio-nen hinaus auch in der Ausbildungvermittelt werden sollen, werden nichterreicht.

Schmalspur-Ausbildungen und modu-lare Qualifikationssysteme sind keineadäquaten Konzepte für die Erneue-rung des dualen Systems und leistenauch keinen Beitrag zur Erhöhung derMobilität in Europa. Sie zerstören dasdeutsche Berufsbildungssystem, sieschmälern die nationale Kompetenzbi-lanz und beeinträchtigen damit langfris -tig die ökonomische Wettbewerbsfä-higkeit und den Standort Deutschland.

Schaffung betrieblicher Wahlmög-lichkeiten

Kernberufe, wie z. B. die industriellenMetall- und Elektroberufe mit ihremKonzept der Einsatzgebiete, sind lei-tend für andere Bereiche: Einsatzge-biete werden in der Ausbildungsord-nung genannt und vom Ausbildungs-betrieb ausgewählt. Es können Ein-satzgebiete gewählt werden, die nichtin der Ausbildungsordnung stehen,wenn die vorgeschriebenen Qualifika-tionen/Kompetenzen vermittelt wer-den können.

In den Ausbildungsberufen sind die In-halte verzahnt mit den Kern- undFachqualifikationen sowie den Ge-schäftsprozessen im Einsatzgebiet zuerlernen. Dadurch entstehen domä-nenspezifische Kompetenzen. In derAusbildungspraxis kommt es daraufan, bedeutsame Arbeitssituationenund Erfahrungsmöglichkeiten zu iden-tifizieren. Folgt man dieser Fährte, las-sen sich Entwicklungsaufgaben be-schreiben, die die Entwicklung vomAnfänger zum Experten möglichmacht.

Die beruflichen Herausforderungen imBetrieb sind damit ganzheitlich ange-legt. Einzelne Qualifikationen könnenin der betrieblichen Wirklichkeit nichtisoliert vermittelt und damit auch nichtausschließlich bestimmten zeitlichenPhasen der Ausbildung zugeordnetwerden. Durch den Erwerb einer um-

fassenden beruflichen Handlungs-kompetenz erhöhen sich für die Ar-beitnehmerinnen und Arbeitnehmerdie Einsatzmöglichkeiten innerhalbder Unternehmen, und ihre beruflicheMobilität zwischen Berufen, Betriebenund Branchen steigt.

Betrieblichen Sachverstand nutzen– Konsensprinzip beibehalten

Es gilt, den Sachverstand der betrieb-lichen Experten wieder in den Mittel-punkt der Erarbeitung von Ausbil-dungsordnungen zu rücken. Zudem istes notwendig, dass die Bundesregie-rung bei der Abarbeitung der EU-Vor-gaben den Konsens mit den Sozialpar-teien sucht und keine Entscheidungohne Zustimmung der Sozialparteientrifft. Wenn diese sich geeinigt haben –so hat es sich über dreißig Jahre erwie-sen –, werden die inhaltlichen und for-malen Vereinbarungen auch umge-setzt. Darüber hinaus sollten die Er-kenntnisse der Berufsbildungsfor-schung stärkere Berücksichtigung inpolitischen Entscheidungen finden.

Perspektiven für das Konzeptder Kernberufe – Schlussbe-merkungen

Abschließend sind drei Punkte zu nen-nen, mit denen das Konzept der euro-päischen Kernberufe abgesichert undweiterentwickelt werden kann.

Nachhaltigkeit von Reformen absi-chern

Durch die Einrichtung von Berufsfach-kommissionen – eine Gruppe von Ex-perten aus der Praxis arbeitet kontinu-ierlich an der Veränderung der Inhalteeiner Berufsfamilie – der Sozialpar-teien in den Branchen kann die Neu-ordnungsarbeit nachhaltig gefördertwerden. Gerade bei der Früherken-nung von Qualifikationsbedürfnissenoder bei der Beobachtung von Entwik-klungsprozessen können sie Refor-men zeitnah anregen. Sie stellen auchsicher, dass in den Branchen und dar-über hinaus allen Akteuren für ihreEntscheidungen relevante Informatio-nen für die (Neu-)Ordnung von Aus-und Weiterbildungsgängen rechtzeitigzur Verfügung stehen. Insbesonderegilt es, die Qualifizierungsbedingun-gen der kleineren und mittleren Betrie-be zu berücksichtigen.

Die Einarbeitung von strukturellen undinhaltlichen Veränderungen in die Aus-und Fortbildungsverordnungen wäredamit nicht mehr ein punktueller Vor-gang, der alle fünf bis zehn Jahre an-steht, sondern ein Prozess, der aufDauer angelegt ist. Die Ergebnisse derBerufs- und Qualifikationsforschungkönnen so zügiger für die Praxis ge-nutzt werden.

Berufliches Curriculum aus einemGuss: Transparenz und Durch -lässigkeit

In der beruflichen Bildung müssenAus- und Weiterbildung stärker mitein-ander verzahnt und in den Neuord-nungsprojekten die Strukturen für bei-de Bereiche gemeinsam festgelegtwerden. Im IT-Sektor ist dies bereitsgelungen. Hier gibt es neben vierGrundberufen ein entwickeltes Sy-stem der Anpassungs- und Aufstiegs-fortbildung. Dieses Modell kann alsvorbildhaft gelten und ist auch in an-deren Branchen zu entwickeln.

Den Zugang zu den Hochschulen fürAbsolventen beruflicher Bildungsgän-ge gilt es zu verbessern. Dieses betrifftauch die Anerkennung und Anrech-nung von beruflich erworbenen Kom-petenzen auf Hochschulstudiengän-ge. Für die beruflichen Weiterbil-dungsabschlüsse müssen in den Stu-diengängen an den Hochschulen er-kennbare Schnittstellen ausgewiesenwerden.

Internationalen Qualitätsvergleichunterstützen

Der von der Bundesregierung ange-strebte internationale Qualitätsver-gleich in der beruflichen Bildung (Be-rufsbildungs-PISA) sollte unterstütztwerden. Die erstmals damit möglicheinternationale Debatte um die Stan-dards in der Ausbildung wird wichtigeImpulse auch für die deutsche Quali-tätsdebatte erbringen. Wichtig ist,dass die Vergleichsstudie von wissen-schaftlichem Sachverstand erstelltwird, der die Besonderheiten desdeutschen dualen Systems berück -sichtigt, der sich in den beruflichenHandlungsfeldern auskennt und dieerworbenen Handlungskompetenzenin den Mittelpunkt der Vergleichsmes-sung stellt.

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Auf dem Weg nach Europa

Das prinzipielle Recht auf Freizügig-keit, Niederlassungsfreiheit undDienstleistungsfreiheit zwischen undinnerhalb der Mitgliedsstaaten der EUbzw. das Prinzip des Gleichbehand-lungsgebotes sowie das Grundrechtauf den freien Zugang zur Beschäfti-gung in den EU-Mitgliedsstaaten ha-ben bereits früh zu Maßnahmen derAnerkennung, Angleichung und Ent-sprechung beruflicher Befähigungenund später auch zu Transparenzansät-zen geführt. Neben der Förderung derMobilität im Bereich der allgemeinenund beruflichen Bildung stehen dieseMaßnahmen im Kontext der Förde-rung der Arbeitskräftemobilität undsind damit mittelbar Teil der Europäi-schen Bildungspolitik (vgl. ausführlichFROMMBERGER 2006a).

Die Bemühungen um Transparenz sei-tens der EU werden für den Bereichder Hochschulbildung mit dem Begriff„Bologna-Prozess“ und für die berufli-che Bildung mit dem Schlagwort„Brügge-Kopenhagen-Prozess“ mar-kiert. Zur Umsetzung der Ziele des Bo-logna-Prozesses in Deutschland undfür die Erprobung von Gestaltungs-möglichkeiten wurden seitens derBund-Länder-Kommission für Bil-dungsplanung und Forschungsförde-rung (BLK) umfangreiche Modellver-suchsprogramme durchgeführt wie„Modularisierung in Hochschulen“(1998–2001), „Neue Studiengänge“(1999–2003) und „Entwicklung einesLeistungspunktsystems an Hoch-schulen“ (2001–2004). Im Kontext derFörderung von Bildungsmobilität undDurchlässigkeit ist auch die BMBF-In-itiative „Anrechnung beruflich erwor-bener Kompetenzen auf Hochschul-studiengänge“ (ANKOM, 2005–2008)zu sehen, die sich mit der Schnittstel-lenproblematik zwischen beruflicherFortbildung und Hochschulbildungbefasste. Auf europäischer Ebene, imRahmen des Erasmus-Programms,wurde ebenfalls ein Pilotprojekt na-mens „TUNING – Abstimmung der Bil-

dungsstrukturen in Europa“ (2000–2004) durchgeführt, das u. a. auchdazu beitrug, das European CreditTransfer and Accumulation System(ECTS) zu testen und weiterzuentwi -ckeln. Das ursprüngliche Kreditpunk-tesystem, das 1989 eigentlich für denTransfer von Lernleistungen im Rah-men von Studierendenaustauschenkonzipiert wurde, wurde zu einem Ak-kumulierungssystem weiterentwickelt.

Analog zum ECTS wurde basierendauf der Arbeit einer Expertengruppeim Jahr 2006 auch ein Leistungspunk-temodell für die berufliche Bildung,das so genannte European Credit Sy-stem for Vocational Education andTraining (ECVET), vorgeschlagen. DemVorschlag der EU-Kommission gingein CEDEFOP-Bericht „European ap-proaches to credit (transfer) system inVET“ aus dem Jahr 2005 voraus, derbereits eingeführte und geplante Lei-stungspunktsystem in der beruflichenBildung in den europäischen Mit-gliedsstaaten skizzierte. Zur Entwick -lung des ECVET-Modells wurden bis-her auf europäischer Ebene im Rah-men des Leonardo-da-Vinci-Pro-gramms einige Projekte (z. B. VQTS –Vocational Qualification Transfer Sy-stem, COMINTER, Securitas Mare)durchgeführt und zwei Studien in Auf-trag gegeben (ECVET Reflector undECVET Connexion), deren Ziel es war,die Umsetzungsbedingungen in denbeteiligten Ländern zu untersuchen.

Während für den Hochschulsektor dieEntwicklung gemeinsamer Transpa-renzinstrumente aufgrund der ver-gleichsweise einheitlichen Struktur re-lativ problemlos erfolgte, gestaltet sichdiese Aufgabe für den komplexen Be-reich der beruflichen Bildung aufgrundder hohen Heterogenität sowohl in derKonzeption der Bildungsgänge alsauch auf der Akteursebene – alleinschon innerhalb nationalstaatlicherGrenzen – deutlich schwieriger. Sowaren auch die bisherigen Bemühun-gen zur Herstellung von Transparenzin der Berufsbildung in Europa nicht

besonders fruchtbar, weder die Arbei-ten zur Entsprechung beruflicher Be-fähigungsnachweise noch die verbrei-tete International Standard Classifica-tion of Education (ISCED). Die beson-dere Herausforderung liegt in den gro-ßen Unterschieden der diversen natio-nalen Systeme und Traditionen, diesich zum Beispiel mit Blick auf dasVerhältnis von allgemeiner und beruf-licher Bildung oder hinsichtlich derUnterscheidung zwischen Berufsbil-dung und Hochschulbildung äußern.

Bisher mangelt es an einer Art ge-meinsamer deutscher und europäi-scher „Währung“, die es erlaubenwürde, erworbene individuelle Kom-petenzen und Leistungen aus dem Bil-dungs- und Berufsbildungssystemtransparent auszuweisen und mit ak-zeptierten Anerkennungen in alternati-ven, weiterführenden in-, aber auchausländischen Teilsystemen zu ver-knüpfen.

– EQR

Das Konzept eines EuropäischenQualifikationsrahmens (EQR) ist daherals Konsequenz der Politik der Organeder Europäischen Union zu verstehen(vgl. KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GE-MEINSCHAFTEN 2006a). Für die Schaf-fung eines Europäischen Berufsbil-dungsraums sind die Transparenz vonQualifikationen und der Transfer vonLernleistungen zentral. Der Transfervon Lernleistungen und deren Anrech-nung soll durch die Einführung einesLeistungspunktesystems in der Be-rufsbildung erleichtert werden, dem sogenannten ECVET (European CreditSystem for Vocational Education andTraining; vgl. KOMMISSION DER EUROPÄI-SCHEN GEMEINSCHAFTEN 2008).

Mit dem Europäischen Qualifikations-rahmen werden gemeinsame Bezugs-ebenen definiert, über die eine schlüs-sige Hierarchie für die grenzübergrei-fende Einordnung von Qualifikationenaller Bildungsbereiche möglich werdensoll. Im Mittelpunkt des EQR stehenacht Referenzniveaus. Die Niveaus 5

Stefanie Schiller/Anita Milolaza/Holger Reinisch/Dietmar Frommberger

Leistungspunkte in der beruflichen Bildung Europäische und deutsche Entwicklungen

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bis 8 des EQR sind in ihrer Beschrei-bung dem Qualifikationsrahmen fürden europäischen Hochschulraum mitden so genannten „Dublin Descrip-tors“ angelehnt und sollen durch dieVerwendung gemeinsamer Deskripto-ren die Durchlässigkeit zwischen Be-rufsbildung und Hochschulbildungbzw. die Einordnung sowohl beruflichals auch hochschulisch erworbenerAbschlüsse und Kompetenzen auf die-sen Stufen ermöglichen (vgl. EUROPÄI-SCHES PARLAMENT UND DER RAT DER EURO-PÄISCHEN UNION 2008). Zentral ist die-sem Ansatz, die learning outcomesnicht mehr in der Gestalt von Ab-schlüssen, sondern als erreichte Kom-petenzen zu definieren. Es ist daherwahrscheinlich, dass im traditionell ab-schlussorientierten deutschen Systemberuflicher Bildung zukünftig Bildungs-angebote abschlussneutral definiertund dokumentiert sowie Lernergeb-nisse qualifikations- und bildungsbe-reichsübergreifend verrechenbar ge-staltet werden. Wie MÜNK (2008, S. 286f.) feststellt, bildet der EQR nicht nur ei-nen Rahmen für die jeweiligen nationa-len Qualifikationen; er ist vielmehr auchein „Meta-Rahmen“, der alle wesent-lichen Ziele der Europäischen Bil-dungspolitik umfasst. Dazu zählt ins-besondere die Förderung von Durch-lässigkeit im Kontext des lebenslangenLernens. Zudem impliziert der EQR zu-mindest eine moderate modulare curri-culare Struktur der beruflichen Bil-dungsgänge. Dies ermöglicht den Ein-bezug non-formalen Lernens sowie dieEtablierung eines Modells zur Defini-tion von Standards und entsprechen-den Instrumenten der Qualitätssiche-rung in der Berufsbildung.

– NQR

Der EQR integriert kompatible natio-nale Qualifikationsrahmen (NQR), wel-che in der Mehrzahl der europäischenStaaten noch zu entwickeln sind. Ihrwesentliches Merkmal ist, dass sie alleformal anerkannten nationalen Ab-schlüsse zueinander in Beziehung set-zen. Wie sich die unterschiedlichenAbschlüsse zueinander verhalten,bleibt nationalen bzw. sektoralen In-stanzen vorbehalten. Zum einen stelltdies eine Chance dar, die bisher alsunangemessen angesehene Einord-nung von Abschlüssen der Berufsaus-bildung, insbesondere der Abschlüssedes dualen Systems, zu korrigieren.Zum anderen bietet der NQR bei Neu-

ordnungsverfahren die Möglichkeit,Abschlüsse des dualen Systems aufunterschiedlichen bzw. auch höherenQualifikationsniveaus als bislang ein-zuordnen. Der NQR besitzt nach euro-päischer Lesart die Funktion, denNQR mit dem EQR abzustimmen, d.h.,die „Übersetzungsarbeit“ in das natio-nale Bildungssystem zu gewährleis -ten. Weiter empfiehlt die EU für dieEinführung der NQR, die Qualifika-tionsniveaus an nationalen Erforder-nissen zu orientieren. Dabei wird esallerdings problematisch sein, die Ba-lance zwischen der im EQR vorgese-henen Orientierung an kontextfreienLernfortschritten und den im NQR ga -rantierten nationalen Besonderheiten(grundsätzliche Systemeigenschaften)zu halten (vgl. HANF/REIN 2007). EinKonsens der „nationalen, relevantenAkteure“ ist insofern erkennbar, alsdass die zentralen bildungspolitischenEntscheidungsträger ihre Mitwirkungan der Arbeit für den EQR und denNQR signalisiert haben. Der DeutscheGewerkschaftsbund, das Kuratoriumder deutschen Wirtschaft für Berufs-bildung, der Hauptausschuss desBundesinstituts für Berufsbildung so-wie Bund und Länder haben sich ver-pflichtet, an dem NQR, dem EQR unddem ECVET mitzuarbeiten (vgl. DGB2005, KURATORIUM DER DEUTSCHEN WIRT-SCHAFT FÜR BERUFSBILDUNG 2005,HAUPTAUSSCHUSS DES BIBB 2006). Ge-mäß einer Pressemitteilung des BMBFvom 26. Januar 2007 haben sich Bundund Länder auf die Einrichtung einergemeinsamen Arbeitsgruppe zur Erar-beitung eines Deutschen Qualifika-tionsrahmens verpflichtet. Die Arbeits-gruppe ist bei der KMK angesiedeltund arbeitet „in Abstimmung mit rele-vanten Akteuren aus dem gesamtenBildungsbereich und der Wirtschaft“(BMBF 2007). Bislang liegen seitensder DQR-Arbeitsgruppen verschiede-ne Diskussionsvorschläge, jedochnoch keine verbindlichen Lösungenvor.

European Credit System forVocational Education and Trai-ning – Entwicklungen europäi-scher Berufsbildungspolitik

Mit dem European Credit System forVocational Education and Training(ECVET) soll das Ziel, in verschie dens -ten Bildungsbereichen oder Qualifika-tionssystemen erworbene Kompeten-

zen vergleichbar, übertragbar und ver-rechenbar zu machen, operationali-siert werden. Das ECVET bildet dieBrücke zu aussagefähigen Niveausder einzelnen Qualifikationen bzw.Lerneinheiten. Der EuropäischenKommission zufolge soll es die Über-tragung und Akkumulierung der Lern -ergebnisse erleichtern, indem Qualifi-kationen über Lerneinheiten (Kennt-nisse, Fertigkeiten und Kompetenzen)beschrieben und diesen Leistungs-punkte zugeordnet werden (vgl. Kom-mission der Europäischen Gemein-schaften 2006b). Mit der Etablierungvon Leistungspunktesystemen wer-den vielfältige Ziele verfolgt (vgl. LE

MOUILLOUR 2005):

– der Transfer der Lernergebnisseinnerhalb und außerhalb der Bil-dungssysteme,

– die Akkumulation und gegenseitigeAnerkennung von Lernergebnissenbzw. Qualifikationsteilen bis zumErwerb von Vollqualifikationen,

– die Kooperation zwischen Berufs-bildungsanbietern auf nationalerund internationaler Ebene,

– die Transparenz von Lernprozessenund Lernergebnissen,

– die Flexibilisierung von Lernzeiten,Lerninhalten und Lernprogrammensowie

– die Vereinfachung von Zertifizie-rungs- und Anerkennungsverfah-ren.

Für die Übertragung bzw. Anrechnungder Lernergebnisse werden ferner sogenannte Partnerschaftsabkommenzwischen den „entsendenden“ und„aufnehmenden“ Bildungseinrichtun-gen empfohlen, um u. a. die Dauerhaf-tigkeit des Instruments, die wirksameÜbertragung der Lernergebnisse undnicht zuletzt eine gemeinsame Ver-trauensbasis zu gewährleisten. SolcheAbkommen würden beispielsweise dieZuordnungen zwischen den Qualifika-tionen (Einheiten und Leistungspunk-te), die Übertragung und die Validie-rung der Lernergebnisse sowie quali-tätssichernde Maßnahmen umfassen(vgl. KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GE-MEINSCHAFTEN 2008). Gleichwohl kolli-dieren die o. g. Ziele bzw. Funktionendes EQR wie die Förderung vonDurchlässigkeit und Qualitätssiche-rung partiell miteinander. Die Möglich-keit, lebenslang zu lernen, erfordert

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

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ein Bildungssystem, das flexible Zu-und Übergänge bietet. Dem steht zumeinen die Orientierung an klaren Stan-dards und die angestrebte Qualitätssi-cherung sowie auch das Ziel der Bil-dungseinrichtungen an inhaltlich undzielgruppenspezifisch eindeutig unter-scheidbaren Bildungsangebotengegenüber (vgl. WEISS 2006, S. 29).Dieser Zielkonflikt kann jedoch durchdie Herstellung von Transparenz unddie Aneignung von Kenntnissen überdie benachbarten Bildungsbereichegemildert werden. In diesem Kontextkommen der Dokumentation der er-worbenen Lernergebnisse und denPartnerschaftsabkommen hohe Be-deutungen zu.

Die Darstellung des ECVET-Leistungs-punktesystems und die mit einer Ein-führung verbundenen Veränderungender Berufsbildung machen deutlich,warum dieses Transparenzinstrumentin der deutschen Diskussion heftigerumstritten ist als bisherige Standardi-sierungsbemühungen der EU. Die Auf-splittung von Gesamtqualifikationen inzertifizierbare Teilqualifikationen, sogenannte Lerneinheiten, stellt zu-nächst eine Gefahr für einen der Eck -pfeiler des dualen Systems dar: dasBerufsprinzip, das gesetzlich undauch ordnungspolitisch als überge-ordnetes Ziel beruflicher (Aus-)Bildungverankert ist. Aber auch unter anderenGesichtspunkten scheint das deut-sche duale System wenig kompatibelzur hier dargestellten Philosophie desEQR und ECVET: Die Integration vonSubsystemen der Berufsbildung (einehorizontale und vertikale Durchlässig-keit dualer Berufsausbildungen zurHochschule und zu anderen Bildungs-gängen oder systemische Übergängevon Aus- und Weiterbildung), Bewer-tungsstandards für non-formal und in-formell erworbene Kompetenzen, Dif-ferenzierungen in den Zugangsvor-aussetzungen und Berufsabschlüssensind dem dualen System fremd (vgl.FROMMBERGER 2006b, S. 116 ff.; SEVE-RING 2006, S. 23 f.). Insgesamt werfendie Ziele und Funktionen des EQR undECVET für den besonders komplexenBereich der beruflichen Bildung unter-schiedlichste System-, Verwertungs-und Anerkennungsfragen auf.

Die bisherigen Lösungsansätze durchdie Novelle des Berufsbildungsgeset-zes von 2005 zur Erhöhung der Durch-

lässigkeit greifen für die hier skizzier-ten europäischen Herausforderungenzu kurz. Eine entscheidende Aufgabeist es daher, mögliche Anrechnungs-potenziale an den Schnittstellen rundum das duale System zu identifizierenund zu erproben. Für die Schnittstellezwischen Berufsvorbereitung und du-alem System hat dieses Vorhaben eineelementare Bedeutung, da die stetigeExpansion des „Übergangssystems“die Gefahr einer strukturellen Verfesti-gung birgt; ein Indiz dafür ist auch diesteigende Zahl von Altbewerbern. Fürviele Maßnahmen im Übergangssys -tem, die in den letzten Jahren expan-diert sind, kann eine berufliche Inte-grationsleistung nicht unterstellt wer-den. An der Schnittstelle von vollzeit-schulischer und dualer Berufsausbil-dung bietet sich mit der Entwicklungdes Leistungspunktesystems nun dieChance, das historisch überlieferteDefizit der mangelnden Abstimmungzwischen den beiden berufsqualifizie-renden Bildungswegen zu überwin-den.

Die besondere Herausforderung beider Schaffung durchlässiger Struktu-ren mithilfe von Leistungspunkten fürdas Berufsbildungssystem in Deutsch-land liegt darin, dass es sich hier umein sehr bewährtes System handelt, inwelchem Kompetenzen, Einstellungenund Abschlüsse erworben werden, diemit einer ausgesprochen hohen (undim internationalen Vergleich kaum er-reichten) Anerkennung auf dem Ar-beitsmarkt einhergehen. Die Ab-schlüsse der Facharbeiter, Gesellenund Fachangestellten besitzen einenstarken Gebrauchs- und Tauschwert,es handelt sich traditionell um eine„harte Währung“ im Beschäftigungs-system, die zum Teil konkurrenzfähiggegenüber akademischen Abschlüs-sen ist. Ein wesentlicher Grund für die-se Stärke liegt in dem traditionell ent-wickelten und von den beteiligten Ak-teuren akzeptierten ganzheitlichenAusbildungsberufskonzept, in wel-chem die unmittelbaren betrieblichenArbeits- und Lernprozesse mit funk-tions- und betriebsübergreifendenAusbildungsanteilen verknüpft wer-den, um Praxis und Theorie in der Be-rufsbildung aufeinander zu beziehen.Im Rahmen der Veränderung und not-wendigen Differenzierung der bewähr-ten Strukturen und Prinzipien ist alsoin besonderer Weise darauf zu achten,

diese starken Alleinstellungsmerkmaledes deutschen Berufsbildungssy-stems nicht zu verlieren. DurchlässigeStrukturen zwischen den verschiede-nen Angeboten der Berufsbildung sinddaher mit dem Erhalt des Ausbil-dungsberufsprinzips zu verknüpfen.Dies kann nur durch zuvor erprobteund schließlich durchdachte Struktur-entscheidungen sowie auf der Basisder Akzeptanz der Veränderungen ge-lingen.

Pilotinitiative „DECVET“ – Ent-wicklung eines Leistungs-punktesystems in der beruf-lichen Bildung

Die Entwicklungen im Rahmen der eu-ropäischen Berufsbildungspolitik, ver-knüpft mit identifizierten inländischenProblemlagen und Herausforderun-gen, führen zu nationalen Aktivitäten.Aktuell wird im Auftrag des Bundesmi-nisteriums für Bildung und Forschung(BMBF) die Pilotinitiative „Entwicklungeines Leistungspunktesystems in derberuflichen Bildung“ durchgeführt (vgl.www.decvet.net). BildungspolitischesZiel der BMBF-Pilotinitiative „DEC-VET“ ist die systematische Entwick -lung und Erprobung eines Leistungs-punktesystems zur Erfassung, Über-tragung und Anrechnung von Lerner-gebnissen von einem Teilbereich desberuflichen Bildungssystems in einenanderen. Konkret sollen Möglichkeitengeschaffen werden, in anderen Bil-dungskontexten erworbene Kompe-tenzen auf den angestrebten Bil-dungsabschluss anzurechnen. Im Hin-blick auf die Ausbildungssituation inder Bundesrepublik wird hiermit vorallem eine Verbesserung der Zu- undÜbergangsoptionen zwischen denSubsystemen des deutschen Bil-dungssystems, aber auch eine Flexibi-lisierung innerhalb der beruflichen Bil-dung angestrebt. Mit der Erhöhungder Durchlässigkeit und der Anrech-nung von Lernergebnissen und Kom-petenzen könnten nicht nur die Attrak-tivität beruflicher Qualifizierungswegeerhöht, sondern vor allem auch Warte-schleifen, redundante Qualifizierungenund „Bildungssackgassen“ vermiedenwerden. Die Initiative soll außerdemdazu beitragen, unterschiedlicheLernformen miteinander zu verknüp-fen und die Kooperation der Bildungs-institutionen zu verbessern. Dazu istes erforderlich, Verfahren zur Bestim-

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

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mung, Bewertung und Anrechnungberuflicher Lernergebnisse und Kom-petenzen zu entwickeln und ihre An-wendung in der Praxis exemplarischzu erproben. Um ein praktikables undtransferierbares Modell zu erarbeiten,erfolgt im Rahmen der BMBF-Initiativeeine beispielhafte Erprobung durchinsgesamt zehn Pilotprojekte. Die Pro-jekte beschäftigen sich mit der Gestal-tung der Durchlässigkeit an jeweils ei-ner der folgenden vier Schnittstellen:1. zwischen Berufsausbildungsvorbe-reitung und dualer Ausbildung.1 2.Innerhalb der dualen Berufsausbildungbzgl. gemeinsamer berufsbildübergrei-fender Qualifikationen in einem Berufs-feld.2 3. Zwischen dualer und vollzeit-schulischer Berufsausbildung3 sowie4. zwischen dualer Berufsausbildungund beruflicher Fortbildung (des Bun-des nach §§ 53 und 54 BBiG).4 Für dieEntwicklung und Erprobung geeigne-ter Modelle wurden an jeder dieserSchnittstellen des deutschen Berufs-bildungssystems zwei bis drei Projekteaus unterschiedlichen Regionen undBranchen bzw. Berufsgruppen ausge-wählt.

Wissenschaftlich be-gleitet wird die DEC-VET-Pilotinitiative voneinem Konsortium derOtto-von-Guericke-Universität Magde-burg (Lehrstuhl für Be-rufspädagogik) undder Friedrich-Schiller-Universität Jena(Lehrstuhl für Wirt-schaftspädagogik).Die Aufgabe der wis-senschaftlichen Be-gleitung ist es, pro-jektübergreifend undprojektbegleitend zuarbeiten, die Zu-sammenarbeit zwi-schen den Einzelpro-jekten zu sichern, dieBeteiligten zu beraten,Lösungen zusammen-zuführen, Ergebnissezu evaluieren sowieprojektunabhängigeTransfermöglichkeitenfür die breite Umset-zung in der Praxis zuidentifizieren. Die wis-senschaftliche Beglei-tung arbeitet eng mitdem Bundesinstitut

für Berufsbildung (BIBB), demBundesministerium für Bildung undForschung (BMBF) und den Mitglie-dern des für die Initiative eingerichte-ten Beirats zusammen. Der vomBMBF gebildete Beirat unterstützt undbegleitet die Durchführung der Pilot-initiative. Er setzt sich aus Vertreterin-nen und Vertretern der Bundesagenturfür Arbeit, der Bundesvereinigung derDeutschen Arbeitgeberverbände, desDeutschen Gewerkschaftsbundes,des Deutschen Industrie- und Han-delskammertages, der IG Bergbau,Chemie, Energie, der IG Metall, Vertre-tern der Bundesländer und des Zen-tralverbandes des Deutschen Hand-werks zusammen (Abb. 1).

Ausblick auf eine Projektarbeitzwischen europäischen unddeutschen Rahmensetzungen

Entsprechend der deutschen Stellung-nahme zu einem Europäischen Lei-stungspunktesystem für die beruflicheBildung orientiert sich die Initiative am„dualen System der beruflichen Bil-

dung“ als zentrale Form des beruf-lichen Kompetenzerwerbs und unterBerücksichtigung der entsprechendeninstitutionellen und ordnungspoliti-schen Rahmenbedingungen. Das Be-rufskonzept und die Abschlussprüfungals Zertifikat der beruflichen Hand-lungsfähigkeit sollen als konstituieren-de Elemente des Systems bewahrtwerden (vgl. BMBF/KMK 2007, S. 4).

Somit gilt es für die Initiative, die Ba-lance zwischen einerseits den Anfor-derungen des EQR und ECVET undandererseits den Systemeigenschaf-ten des dualen Systems zu wahren.Aufgrund des dichten Akteursgeflechtsim dualen System sind die Pilotprojek-te auf die Mitwirkung und Unterstüt-zung der beteiligten Stakeholder-Gruppen angewiesen, um die Akzep-tanz und Umsetzbarkeit der erprobtenGestaltungsoptionen zu gewährleistenund zu erhöhen. Die auf EU-Ebeneempfohlene Outcome-Orientierungbringt beispielweise besondere Her-ausforderungen für die Curriculument-wicklung mit sich. Bei der Untergliede-

Los 5: Wissenschaftliche Begleitung - Projektkonsortium der Universitäten Magdeburg und Jena

BIBB – Bundesinstitut für Berufsbildung

Friedrich-Schiller-

Universität Jena

Lehrstuhl für

Wirtschaftspädagogik

Prof. Dr. Holger Reinisch

Dipl.-Hdl. Stefanie Schiller

Projektkoordinator im BIBB: Dr. Egon Meerten

Auftraggeber: Bundesministerium für Bildung und Forschung

Los 3: Schnittstelle zwischen dualer und vollzeitschulischer

Berufsausbildung:

• AfbB - Akademie für berufliche Bildung gGmbH Dresden

• Arbeitsgemeinschaft des Baden-Württembergischen Industrie-und Handelskammertages, des Baden-WürttembergischenHandw erkstages e.V. und des Ministeriums für Kultus, Jugendund Sport Baden-Württemberg

Vo

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Los 4: Schnittstelle zwischen dualer Berufsausbildung und

beruflicher Fortbildung:

• BAQ - Forschungsinstitut für Beschäftigung, Arbeit und Qualif ikationBremen

• BCM - Bremer Zentrum für Mechatronik, Universität Bremen

• QFC - Qualif izierungsförderw erk Chemie GmbH

Los 1: Schnittstelle zwischen Berufsausbildungsvorbereitung

und dualer Berufsausbildung:

• BWHW - Bildungsw erk der Hessischen Wirtschaft e.V. & INBAS GmbH -Institut für berufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik

• Deutsche Bahn AG, DB Training, Learning & Consulting

• ÜAG - Überbetriebliche Ausbildungsgesellschaft, Berufs- undArbeitsförderungsgesellschaft Jena gGmbH

Duale Berufsausbildung

Los 2: Schnittstelle gemein-

samer

berufsbildübergreifender

Qualifikationen in einem

Berufsfeld:• f-bb - Forschungsinstitut Beruf-

liche Bildung gGmbH Nürnberg

• SAZ - Schw eriner Ausbildungs-zentrum e.V. Schw erin

Berufsbild 1

Berufsausbildungsvorbereitung

Otto-von-Guericke-

Universität Magdeburg

Lehrstuhl für

Berufspädagogik

Prof. Dr. Dietmar

Frommberger

Dip.-Hdl. Anita Milolaza

Berufliche Fortbildung

Berufsbild 2

Abb. 1: Organigramm der BMBF-Pilotinitiative „DECVET“

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

lernen & lehren (l&l) (2008) 91 109

rung von Qualifikationen in einzelneTeilqualifikationen soll eine übermäßi-ge Fragmentierung vermieden und dieGesamtkohärenz der Qualifikation,auch im Sinne des deutschen Berufs -prinzips, beibehalten werden. Zudemstehen bei der Beschreibung von Lern -einheiten im Sinne des ECVET-Vor-schlages die Performanzebene sowiedie Formulierung erworbener beruf-licher Kompetenzen im Vordergrund.Dies bedeutet u. a., dass die Eingren-zung auf bestimmte Lernprozesse so-wie auch die Trennung nach schuli-schen und betrieblichen Einheitenüberwunden werden muss. Die Ent-wicklung eines Leistungspunktesys -tems beinhaltet somit auch eine Revi-sion der inhaltlichen Grundlagen derBerufsbildung; d. h. die Überprüfungder Rahmenlehrpläne, der Aus- undFortbildungsordnungen sowie auchder Prüfungsordnungen bzw. beste-hender Prüfungsmodalitäten unter derPerspektive der Outcome-Orientie-rung. Da über die traditionellen Input-Regelungen in gewisser Weise aucheine Qualitätssicherung der formalenBildungsgänge stattfand, müssen nundarüber hinaus auch neue Qualitätssi-cherungsinstrumente und -verfahren,die der Outcome-Orientierung Rech-nung tragen, erprobt und etabliert wer-den.

Insgesamt stellt die Entwicklung einesLeistungspunktesystems in der deut-schen Berufsbildung eine komplexeund facettenreiche Aufgabe dar, diedurch die Erprobung verschiedenerGestaltungsmöglichkeiten wesentli-che Beiträge in der derzeitigen Moder-nisierungsdebatte um das Berufsbil-dungssystem liefern kann.

Anmerkungen

1 Schnittstelle zwischen Berufsvorberei-tung und dualer Berufsbildung

– BWHW – Bildungswerk der HessischenWirtschaft e. V., Frankfurt Forschungs-stelle & INBAS GmbH – Institut für be-rufliche Bildung, Arbeitsmarkt- und So-zialpolitik; Bereich: Metall; Berufe ausdem Berufsfeld Metall, z. B. Anlagen-mechaniker/-in, Industriemechaniker/-in, Konstruktionsmechaniker/-in, Werk-zeugmechaniker/-in, Metallbauer/-in;

– Deutsche Bahn AG, DB Training, Ber-lin/Frankfurt a. M.; Bereich: Logistik,Verkehrswirtschaft; kaufmännisch-servi-ceorientierte Berufe, Berufe der Metall-und Elektrotechnik, Verkehrsberufe;

– ÜAG – Überbetriebliche Ausbildungs-gesellschaft Berufs- und Arbeitsförde-rungsgesellschaft gGmbH Jena; Be-reich: Metall; vordergründige Betrach-tung der Metallberufe Industriemecha-niker/-in und Metallbauer/-in, aber auchandere Ausbildungsberufe des Berufs-feldes Metall.

2 Schnittstelle gemeinsamer berufsbild-übergreifender Qualifikationen in einemBerufsfeld

– SAZ – Schweriner Ausbildungszentrume. V. Schwerin; Bereich: Kunststoffver-arbeitung; Verfahrensmechaniker/-in fürKunststoff- und Kautschuktechnik,Werkzeugmechaniker/-in, Mechatroni-ker/-in;

– f-bb – Forschungsinstitut BetrieblicheBildung gGmbH Nürnberg; Bereich:Metall- und Fahrzeugtechnik; Maschi-nen- und Anlagenführer/-in, Fertigungs-mechaniker/-in, Kfz-Mechatroniker/-in,Karosserie- und Fahrzeugbaumechani-ker/-in, Mechatroniker/-in, Elektroniker/-in für Automatisierungstechnik, Indus -triemechaniker/-in, Werkzeugmechani-ker/-in.

3 Schnittstelle zwischen dualer und voll-schulischer Berufsbildung

– Arbeitsgemeinschaft des Baden-Würt-tembergischen Industrie- und Handels-kammertages, des Baden-Württember-gischen Handwerkstages und des Minis -teriums für Kultus, Jugend und SportBaden-Württemberg; Bereich: Handel,Handwerk; Kaufmann/-frau im Groß-und Außenhandel, Anlagenmechaniker/-in für Sanitär-, Heizungs- und Klima -technik;

– AfbB – Akademie für berufliche BildunggGmbH Dresden; Bereich: kaufmänni-sche Berufe, Tourismus, Handel; Staat-lich geprüfte/r Wirtschaftsassistent/-in,Fachrichtung Informationsverarbeitung,Kaufmann/-frau für Bürokommunika-tion, Bürokaufmann/-frau, Internationa-le/r Touristikassistent/-in, Reisever-kehrskaufmann/-frau.

4 Schnittstelle zwischen dualer Berufsbil-dung und beruflicher Fortbildung

– BAQ Forschungsinstitut für Beschäfti-gung Arbeit Qualifikation, Bremen; Be-reich: Bauwirtschaft; Polier/-in, Fachar-beiter/-in;

– BCM – Bremer Centrum für Mechatro-nik & aib – arbeitswissenschaftliches in-stitut bremen, Universität Bremen; Be-reich: Industrie; Geprüfte/r Industrie-meister/-in (Fachrichtung Mechatronik),Systemtechniker/-in Mechatronik, Me-chatroniker/-in, Staatl. Geprüfte/r Me-chatroniktechniker/-in;

– QFC – Qualifizierungsförderwerk Che-mie GmbH, Halle/Saale; Bereich: che-mische Industrie; Chemikant/-in, Che-mielaborant/-in, Geprüfte/r Industrie-meister/-in (Fachrichtung Chemie).

Literatur

BMBF (2007): Bund und Länder gebenStartschuss für die Erarbeitung einesDeutschen Qualifikationsrahmens. Pres-semitteilung 013/2007 vom 26. Januar2007, Berlin/Bonn.

BMBF/KMK (2007): Deutsche Stellungnah-me zu einem Europäischen Leistungs-punktesystems für die berufliche Bil-dung. Berlin/Bonn März 2007, abrufbarunter: http://ec.europa.eu/education/ecvt/results/germany_de.pdf (letzter Zu-griff: 09.05.2007).

DGB (2005): Stellungnahme des DGB zumKonsultationsdokument: „Der Europäi-sche Qualifikationsrahmen – Ein Trans-parenzinstrument zur Förderung vonMobilität und Durchlässigkeit“. Berlin.

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HAUPTAUSSCHUSS DES BIBB (2006): Stel-lungnahme vom 23. März 2006 zum Ent-wurf des Berufsbildungsberichtes 2006des Bundesministeriums für Bildung undForschung. Bonn/Berlin.

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEIN-SCHAFTEN (2008): Vorschlag für eineEmpfehlung des Europäischen Parla-ments und des Rates zur Einrichtung

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

110 lernen & lehren (l&l) (2008) 91

des Europäischen Leistungspunktesy-stems für die Berufsbildung (ECVET).Brüssel, 09.04.2008 (KOM [2008] 180endgültig).

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEIN-SCHAFTEN (2006a): Vorschlag für eineEmpfehlung des Europäischen Parla-ments und des Rates zur Einrichtung ei-nes Europäischen Qualifikationsrah-mens für lebenslanges Lernen. Brüssel,05.09.2006 (KOM [2006a] 479 endgül-tig).

KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEIN-SCHAFTEN (2006b): Das Europäische Lei-stungspunktesystem für die Berufsbil-dung (ECVET). Arbeitsdokument derKommissionsdiensstellen. Brüssel,31.10.2006 (SEK [2006b] 1431).

KURATORIUM DER DEUTSCHEN WIRTSCHAFTFÜR BERUFSBILDUNG (2005): BeruflicheBildung für Europa. Europäischer Quali-fikationsrahmen (EQR) und Leistungs-punktesystem (ECVET). Bonn.

LE MOUILLOUR, I. (2005): European appro-aches to credit (transfer) systems in VET.An assessment of the applicability of exi-sting credit systems to a European credit(transfer) system for vocational educa-tion and training (ECVET). Cedefop Dos-sier series 12, Luxembourg.

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burtstag von JOSEF RÜTZEL, Stuttgart. S.273–292.

SEVERING, E. (2006): Europäische Zertifi-zierungsstandards. In: Zeitschrift für Be-rufs- und Wirtschaftspädagogik, 102.Band, Heft 1. S. 15–29.

WEISS, R. (2006): Durchlässigkeit in der kauf-männischen Bildung – von der Schule überAus- und Weiterbildung bis zur Hochschu-le. Vortrag auf der Fachtagung desBundesinstituts für Berufsbildung und desBundesverbandes der Lehrerinnen undLehrer an Wirtschaftsschulen e. V. (vlw): In-novationen in der kaufmännischen Berufs-bildung!? 22. September 2006. Abrufbar :http://www.bibb.de/dokumente/pdf/42_veran staltung_vlw_220906_weiss.pdf (letzter Zu-griff: 11.03.2007).

Peter Wordelmann

Auslandsaufenthalte in der Berufsausbildung Chancen für die Metall- und Elektroberufe

Spielräume im BBiG für inter-nationale Ausbildung

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) wur-de 2005 novelliert. Im § 2 Abs. 2 wur-de neu geregelt, dass Teile der Ausbil-dung im Ausland durchgeführt werdenkönnen. Der Umfang soll ein Viertelder festgelegten Ausbildungsdauernicht überschreiten. Das können biszu neun Monate sein; Zeiträume, die –während der Ausbildung zu absolvie-ren – lange als weitgehend unrealis -tisch galten. Sie gehen auch weit überdie Erfahrungen mit zwei- bis vierwö-chigen Auslandspraktika hinaus, diebisher vorwiegend aus dem EU-Pro-gramm „Leonardo da Vinci“ vorliegen.

Mit dem Gastbetrieb im Auslandkommt ein neuer Lernort ins Spiel,über den wenig bekannt ist. Das giltauch für die Anzahl der Auslandsauf-enthalte von Auszubildenden und de-ren Dauer. Generell nimmt jährlich umein Prozent der Auszubildenden anAuslandsaufenthalten teil. Damit liegtDeutschland in etwa im europäischenRahmen (MoVE-iT 2006, S. 24). ImJahre 2008 werden vermutlich mehrals 10.000 deutsche Auszubildendeam Leonardo-da-Vinci-Programm teil-

nehmen. Eine Verdoppelung bis 2015wird angestrebt. Über die Mobilitätaußerhalb von nationalen und EU-Pro-grammen liegen keine Daten vor. Es istbekannt, dass insbesondere großeUnternehmen (Automobilindustrie,chemische Industrie u. a.), aber auchinternational agierende KMU, etwa imMaschinenbau, einen relevanten An-teil ihrer Auszubildenden während derAusbildung zu Tochterunternehmenoder Kooperationspartnern ins Aus-land entsendet.

An längere Auslandsaufenthalte müs-sen erweiterte Anforderungen gestelltwerden als bisher an die relativ kurzenPraktika. Dabei geht es nicht mehr umFragen der nationalen Anerkennung,sondern vor allem um eine entspre-chende Qualität zur Sicherung desAusbildungsziels. Das betrifft insbe-sondere Aufenthalte von einer mehrals vierwöchigen Dauer, bei denen dieBetriebe einen Plan mit der zuständi-gen Stelle abstimmen müssen. Dieseüberwacht und fördert darüber hinausden Ausbildungsabschnitt im Auslandin geeigneter Weise (BBiG § 76 Abs.3). Klassische Kontrollen an einemausländischen Lernort sind allerdingssowohl aus rechtlichen wie aus finan-

ziellen Gründen begrenzt. Umso mehrmuss hier zukünftig auf Qualitätssi-cherung gesetzt werden.

Die Fragen, die sich daraus ergeben,sind in der deutschen Berufsbildungs-forschung bisher praktisch nicht the-matisiert worden. Erfahrungen liegenallenfalls aus Evaluierungen von natio-nalen und EU-Programmen vor. Diefolgenden Ausführungen beziehensich vor allem auf die Kompetenzen,die in besonderem Maße am ausländi-schen Lernort vermittelt werden kön-nen (internationale Kompetenzen),nicht auf die reine Fachpraxis, derenQualitätssicherung dem inländischenAusbildungsbetrieb in Zusammenar-beit mit den Kammern unterliegt. Aller-dings werden wohl auch hier zukünftigQualitätsfragen zu stellen sein, weilmit zunehmender Dauer eines Aufent-halts auch die fachpraktische Vermitt-lung an Bedeutung zunimmt.

Bedingungen am neuen inter-nationalen Lernort

Die Bedingungen des neuen interna-tionalen Lernortes müssen primär un-ter pädagogischen Aspekten betrach-tet werden. Internationale Mobilität istein didaktisches Instrument, und das

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

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Ziel ist die Optimierung der Lerneffek-te.1 Allerdings stellen sich diese nichtvon allein ein. Zur pädagogischen Ge-staltung von Auslandsaufenthalten istdeshalb der Rückgriff auf theoretischeGrundlagen sinnvoll.

Kulturtheoretische Überlegungen

Auslandspraktikant(inn)en haben diesinguläre Chance, in ihrer Lernumge-bung Unterschiedlichkeit zu erfahren.“If we were to describe the learning inplacements abroad with one senten-ce, learning through exposure to di-versity would be a good try. By theterm diversity is not just meant lingui-stic and general cultural diversity, butalso – and in particular – professionaldiversity.” (KRISTENSEN 2004, S. 88)

Lernen in einem Betrieb im Auslandentwickelt sich also in einem anderenkulturellen Klima, in dem vertrauteGegenstände und Aufgaben anderswahrgenommen und durchgeführtwerden können. Lernen geschiehtaber auch in einer unterschiedlichenbetrieblichen Realität, die ganz anderssein kann, als die Teilnehmer/-innensie aus ihrem Heimatland kennen.

Das Lernen verlangt deshalb einenProzess der Reflexion über diese Ver-schiedenartigkeit. Reflexion ist die Be-dingung dafür, dass Teilnehmer/-innensich selbst Meinungen bilden und kul-turelle Veränderungsprozesse in Gangsetzen können. Wenn dieser Prozesssich allerdings vollständig unbegleitetentwickelt, besteht auch die Gefahr,dass er zu negativen Resultaten führt.Sobald Teilnehmer/-innen aber die Er-fahrung gemacht haben, dass Refle-xion und Toleranz sie selbst in der Ein-schätzung von Menschen verschie-denartiger Kulturen voranbringen,können sie diese Erfahrungen zukünf-tig auch in anderen, z. B. beruflichenSituationen anwenden.

Situationsorientiertes Lernen

Bei Auslandsaufenthalten kommt –wegen der spezifischen Umgebung –der jeweiligen Lernsituation eine be-sondere Bedeutung zu. Die soziale Di-mension des Lernens hat eine größereBedeutung als die kognitiven Prozes-se. Lernen geschieht im Kontext mitPersonen aus einer anderen Kultur imGastbetrieb. “This 'community ofpractice' is not necessarily local, butencompasses all those who are active

in the practice, i. e. the bearers of theculture of which the practice is theconcrete expression. Learning in thiscommunity of practice takes place asnewcomers are allowed to follow, ob-serve and work with the more expe-rienced practitioners within the com-munity, and gradually – through a pro-cess of identification and imitation – tomove closer towards the centre of thecommunity until they one day are ac-cepted as full members of this.” (KRIS -TENSEN 2004, S. 86) Durch die Einbe-ziehung in den Arbeitsprozess be-wegen sich die Praktikant(inn)en wegaus einer peripheren Rolle hinein in ei-nen partizipativen Prozess. Gelingtdas allerdings nicht, beispielsweiseweil die Umgebung nicht die Rolle desLernenden akzeptiert, können dieMöglichkeiten eines Auslandsaufent-halts nicht ausgeschöpft werden. ImGegenteil: Teilnehmer/-innen bleiben„Außenseiter“ im wahrsten Sinne desWortes und kehren mit entsprechen-den Erfahrungen zurück.

Erfahrungs- und selbstorganisier-tes Lernen

Auszubildende sind im Ausland „weitweg“ von ihrer eigentlichen Lernorga-nisation; diese kann sie bestenfalls„aus der Ferne“ versuchen zu steuern.Damit rücken sie selbst in das Zen-trum des Lernprozesses. An dem neu-en internationalen Lernort sind sie fürsich selbst in viel höherem Maße ver-antwortlich als im Heimatland. “It isessential that participants on their owncome to terms with the diversity theyencounter around them. They will nothave their usual network of family,friends and teachers to receive in-struction and examples from on howto solve the numerous large and smallproblems that everyday life in- andoutside of their placement presentsthem with. On the other hand, the factthat they are alone in this new environ-ment also means that they can act inan atmosphere where they are freefrom the expectations of others andcan experiment with aspects of theirpersonality that are normally not acti-vated.” (KRISTENSEN 2004, S. 98 f.)

Ausbildungsabschnitte im Auslandspielen sich auf einem hohen lerntheo-retischen Niveau ab. Sie bieten dieChance zur Erweiterung der beruf-lichen und persönlichen Handlungs-kompetenzen. Auslandsaufenthalte

stellen aber nicht automatisch diehöchste Form interkulturellen Lernensdar, weil dieses immer situationsab-hängig ist und die speziellen Bedürf-nisse der Teilnehmer/-innen berück -sichtigen muss.

Erwerb internationaler beruf-licher Handlungskompetenz

Der Paragraph § 2 Abs. 2 BBiG sagtnicht, dass bestimmte Ausbildungs-abschnitte im Ausland durchgeführtwerden müssen. Prinzipiell sind alleAnforderungen, die in den Ausbil-dungsordnungen festgeschriebensind, im Inland vermittelbar. Allerdingsdürfte für eine Reihe von Anforderun-gen, die man mit „internationalenKompetenzen“ umschreiben kann, derausländische Lernort erheblich besse-re Bedingungen bieten. Andererseitsmüssen solche „internationalen“ An-forderungen nicht unbedingt in denAusbildungsordnungen verankertsein, um den Auszubildenden einenAuslandsaufenthalt während der Be-rufsausbildung zu ermöglichen.

Internationale Kompetenzen, ein-schließlich der Netzkompetenz (WOR-DELMANN 2000), können in einem hand-lungsorientierten Lernzielkonstruktbeschrieben werden (vgl. Abb. 1).Netzkompetenz wäre auch eine derVoraussetzungen, um lernortübergrei-fend arbeiten und somit Probleme derKooperation mit dem internationalenLernort überwinden zu können.

Neben dem Erwerb beruflicher Kom-petenzen werden als angestrebte underzielte Effekte von Auslandsaufent-halten immer wieder die teilweisesprunghaften Entwicklungen in derPersönlichkeit hervorgehoben. Selbst-vertrauen und Selbstständigkeit, Of-fenheit und Flexibilität, Verantwor-tungsbewusstsein und Durchset-zungsfähigkeit, aber auch Koopera-tionsfähigkeit in einem neuen, frem-den Kontext sind Aspekte, die vielfachhöher bewertet werden als fachlicherKompetenzerwerb.

Als Folge der Veränderungen an denArbeitsplätzen hat in den letzten Jah-ren die Bedeutung von internationalenKompetenzen in den Ausbildungsord-nungen zugenommen. Das hat sichauch in den Metall- und Elektroberu-fen niedergeschlagen, wenn auch inunterschiedlicher Intensität (Abb. 2).

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In den gemeinsamen Kernqualifikatio-nen sind internationale Kompetenzenbei den Elektroberufen deutlich stärkergefordert als bei den Metallberufen.Das betrifft auch die berufsspezifi-schen Fachqualifikationen mit solchenAusprägungen wie „Systemdokumen-tationen und Bedienungsanleitungen,auch in Englisch, zusammenstellenund modifizieren“, „Geräte- und Sys -temdokumentation, auch in Englisch,zusammenstellen“, „Dokumentatio-nen, auch in englischer Sprache, nut-zen und bearbeiten“, „Systeme über-geben, Kunden, auch in englischer

Sprache, in die Bedienung von techni-schen Einrichtungen einweisen“, „Stö-rungsmeldungen, auch in englischerSprache, entgegennehmen, Fehlerdurch Kundenbefragung eingrenzen,Vorschläge zur Störungsbeseitigungunterbreiten“, „Fachauskünfte, auch inenglischer Sprache, erteilen“. Darüberhinaus wird in Teil 2 der Abschlussprü-fung gefordert, „Fachauskünfte auchunter Verwendung englischer Fach-ausdrücke zu erteilen“.

Prüfungsrelevanz in Bezug auf inter-nationale Kompetenzen ist bei den

Metallberufen nicht vorhanden; auchtauchen sprachliche Anforderungen inden Kernqualifikationen nicht auf. Beiden berufsspezifischen Fachqualifika-tionen werden Anforderungen wie „In-formationen auch aus englischspra-chigen technischen Unterlagen oderDateien entnehmen und verwenden“und „englische Fachbegriffe in derKommunikation anwenden“ genannt.

Interkulturelle Kompetenz wird in bei-den Berufsfeldern bei den berufsspe-zifischen Fachqualifikationen nichtweiter ausdifferenziert. Für den Be-reich „internationale Fachkompetenz“,der sich etwa auf internationale Nor-men oder den Erwerb von internatio-nalen Lizenzen und Zertifikaten, z. B.bei den Berufen „Fluggerätemechani-ker/-in“ oder „Elektroniker/-in für luft-fahrtechnische Systeme“2 beziehenwürde, werden keine Anforderungengenannt. Das gilt auch für den Bereich„Netzkompetenz“, der sich auf diegrenzüberschreitende Kommunikationmittels elektronischer Medien bezie-hen würde, etwa bei internationalenProduktionsnetzwerken (BEHR/HIRSCH-KREINSEN 1998) und durchaus auch fürKMU (WORDELMANN 2004).

Schließlich muss auch erwähnt wer-den, dass der Lernort „Berufsschule“hinsichtlich der internationalen Qualifi-zierung nur begrenzt wirksam ist. Beiden Elektroberufen sind die „fremd-sprachigen Ziele und Inhalte“ und beiden Metallberufen die „englischspra-chigen“ mit 40 Stunden in die Lernfel-der integriert (für die gesamte Ausbil-dungszeit). Außerdem wird als Ziel for-muliert, dass die Schülerinnen undSchüler im Rahmen der beruflichenTätigkeit inner- und außerbetrieblichmit anderen Personen, auch aus an-deren Kulturkreisen, arbeiten undkommunizieren.

Mit der – wenn auch begrenzten –Internationalisierung der Ausbildungs-ordnungen wurde der Internationali-sierung des Wirtschaftens insgesamtRechnung getragen. Ein guter Indika-tor für diese Entwicklung ist derFremdsprachenbedarf am Arbeits-platz. Inzwischen benötigt etwa jederfünfte Erwerbstätige in Deutschland(22 %) mindestens Grundkenntnissein der englischen Sprache. Bei denje-nigen mit einer dualen oder schuli-schen Ausbildung sind es 24 Prozent

Lernzielkonstrukt „Internationale berufliche Handlungskompetenz“

Basiselemente:

1. Kenntnisse mindestens einer Fremdsprache dergestalt, dass Alltagskommunikationen verbalund schriftlich so geführt werden können, dass die Kommunikationspartner den Inhalt der Mitteilung gegenseitig verstehen;

2. Interkulturelle Kompetenz im engeren Sinne;

3. Netzkompetenz im Sinne der Fähigkeit, die neuen elektronischen Medien und das Internet sachgerecht nutzen zu können.

Berufsspezifische Elemente:

1. Berufsbezogene (und somit berufs- und fachspezifische) Fremdsprachenkenntnisse dergestalt, dass beruflich veranlasste und bedingte Kommunikationen in mindestens einer Fremdsprache verbal und schriftlich so geführt werden können, dass die Kommunikationspartner den Inhalt der Mitteilung gegenseitig verstehen;

2. Berufsspezifische interkulturelle Kompetenz im Sinne der Fähigkeit, beruflich bedingte und veranlasste kommunikative Situationen unter Beachtung der im Zielland üblichen Gepflogenheiten bewältigen zu können;

3. Internationale Fachkompetenz. Hierunter verstehen wir sowohl Kenntnisse über die Wirtschaft, Geographie, Gesellschaft, Kultur und Politik sowie das Recht des Ziellandes als auch über spezifische Besonderheiten und gegenüber Deutschland abweichende beruflich fachliche Regelungen im Zielland (z. B. hinsichtlich Liefer-, Zahlungs- und Gewährleistungsbedingungen, Bilanzierungsvorschriften und Industrienormen);

4. Berufsspezifische Netzkompetenz.

Abb. 1: Lernzielkonstrukt „Internationale berufliche Handlungskompetenz“(BORCH U. A. 2003, S. 103)

Gemeinsame Kernqualifikationen

Industrielle Elektroberufe (VO vom 24.07.2007)

Industrielle Metallberufe (VO vom 23.07.2007)

Sprachkompetenz „Dokumente sowie technische Regelwerke und berufsbezogene Vorschriften, auch in Englisch, auswerten und anwenden“ „Sachverhalte darstellen, Protokolle anfertigen, deutsche und englische Fachbegriffe anwenden“„schriftliche Kommunikation in Deutsch und Englisch durchführen“

Interkulturelle Kompetenz

„Aufgaben im Team planen und abstimmen, kulturelle Identitäten berücksichtigen“

„Gespräche mit Kunden, Vorgesetzten und im Team situationsgerecht und zielorientiert führen, kulturelle Identitäten berücksichtigen“

Abb. 2: Internationale Kompetenzen in den Verordnungen industrieller Elektro-und Metallberufe

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

lernen & lehren (l&l) (2008) 91 113

(HALL 2007, S. 47), und in den Metall-und Elektroberufen benötigt jeder drit-te Erwerbstätige fremdsprachlicheGrundkenntnisse (BIBB/BAuA-ER-WERBSTÄTIGENBEFRAGUNG 2006).

Chancen des neuen Lernortes

In dem Maße, in dem die internationaleVernetzung der M+E-Industrie weiterzunimmt, wird sich auch die Bedeu-tung internationaler Kompetenzen derMitarbeiterschaft erhöhen. So wuchsdie Exportquote innerhalb eines Jahresvon 52 Prozent (2006) auf 64 Prozent(2007). Wichtig ist aber auch der Aus-bau länderübergeifender Leistungsver-bunde. 2005 waren deutsche M+E-Unternehmen an über 4.000 ausländi-schen Firmen mit knapp 1,3 Mio. Mit-arbeitern und einem Umsatz von 560Mrd. Euro beteiligt.

Die Metall- und Elektroberufe stehenzwar nicht an der Spitze der interna-tionalisierten Ausbildungsordnungen,aber es hat Verbesserungen gegeben.In den Forderungen des Innovations-kreises Berufsbildung zur Integrationinternationaler Elemente in die Ausbil-dung deuten sich weitere Fortschrittean. Aus dem kaufmännischen Bereichgibt es schon jetzt Beispiele, wo sichinzwischen die Frage stellt, ob nichtnotwendigerweise ein Ausbildungsab-schnitt im Ausland erforderlich ist.

Auch was die Teilnahme an Mobilitäts-maßnahmen während der Ausbildunganbetrifft, scheinen – vor dem Hinter-grund einer relativ schlechten Datenla-ge – die Metall- und Elektroberufeunterrepräsentiert zu sein, wie eineÜbersicht zeigt (Abb. 3). Bei der Ge-samtzahl ist zu beachten, dass eingroßer Teil (3.012 Fälle) in schulischenOrganisationen im Ausland aufgenom-men wurde und es eine große Restka-tegorie „sonstige Dienstleistungen“(594 Fälle) gibt.

Die Ergebnisse decken sich mit ande-ren europaweiten Untersuchungser-gebnissen (ANALYSE DER WIRKUNGEN …2007, S. 16), wonach auch dort Teil-nehmer/-innen aus dem produzieren-den Gewerbe unterrepräsentiert, die-jenigen aus dem Hotel- und Gastge-werbe und Erzieher überrepräsentiertsind.

Es besteht also für den Bereich derMetall- und Elektroberufe durchaus

ein gewisser Nachholbedarf, denn dieinternationale Mobilität ermöglicht Er-fahrungen, die die deutschen Lernortenicht bieten können. Die Lernchancenim Ausland sind erheblich höher alsdie in den Ausbildungsordnungen ge-nannten internationalen Anforderun-gen, die ja prinzipiell auch im Inlandvermittelt werden können. Auszubil-dende, die Ausbildungsabschnitte imAusland absolviert haben, sind auf-grund ihrer erweiterten Kompetenzenanschließend international einsetzbar,sei es im inländischen Betrieb oder imAusland. Der „return of investment“bezieht sich dabei nicht nur auf die„harten“ fachpraktischen Kenntnissesondern auch auf die persönlichenEntwicklungsprozesse.

In dem Maße, in dem die M+E-Unter-nehmen die Chancen des neuen inter-nationalen Lernortes vermehrt erken-nen und sich selbst stärker – auch fi-nanziell – engagieren, werden Ausbil-dungsabschnitte im Ausland an Be-deutung gewinnen. Bei längeren Aus-landsaufenthalten, die das BBiG er-möglicht, rückt dann die Frage derQualität in den Vordergrund. Unter-stützung ist hier auch durch die deut-sche Berufsbildungsforschung erfor-derlich, die ihre Qualitätsdiskussion,aber auch die Fragen der Lernortkoo-peration internationalisieren muss.

Anmerkungen

1 Vergleiche zum Folgenden: KRISTENSEN

(2004).

2 Mit dieser Frage beschäftigt sich u. a.der Modellversuch „Move pro Europe“.

Literatur

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BIBB/BAUA-ERWERBSTÄTIGENBEFRA-GUNG 2006 – Arbeit und Beruf im Wandel,Erwerb und Verwertung beruflicher Quali-fikationen. URL: http://www.bibb.de/de/26738.htm (letzter Zugriff: 09.05.2008).

BORCH, H./DIETTRICH, A./FROMMBERGER,D./REINISCH, H./WORDELMANN, P.(Hrsg.) (2003): Internationalisierung derBerufsbildung. Strategien – Konzepte –Erfahrungen – Handlungsvorschläge.Berichte zur beruflichen Bildung, Band257. Bielefeld.

HALL, A. (2007): Fremdsprachenkennt-nisse im Beruf – Anforderungen an Er-werbstätige. In: Berufsbildung in Wis-senschaft und Praxis (BWP), 36. Jg.,Heft 3. S. 48 f.

INNOVATIONSKREIS BERUFLICHE BILDUNG

(2007): 10 Leitlinien zur Modernisierungund Strukturverbesserung der beruf-lichen Bildung. Empfehlungen und Um-setzungsvorschläge. Berlin.

KRISTENSEN S. (2004): Learning by leaving –placements abroad as a didactic tool inthe context of VET in Europe. Referencepublication. Ed. by Cedefop. Thessaloniki.

MODELLVERSUCH „MOVE PRO EUROPE“(2007). Aktuelle Informationen aus der

Mobilität in ausgewählten Berufsfeldern (nach aufnehmenden Organisationen)

Anzahl deutscher Teilnehmer in Leonardo-da-Vinci-Projekten

2005 bis 2007 Metall- und Elektro 188 Hotel- und Gastgewerbe 243 Land-, Tier- und Forstwirtschaft 105 Öffentliche Verwaltung und Sicherheit 88 Gesundheit und Soziales 85 Insgesamt 5.093

Abb. 3: Anzahl deutscher Teilnehmer in Projekten „Leonardo da Vinci“(Sonderauswertung Nationale Agentur/BIBB 2008)

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

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VERORDNUNG ÜBER DIE BERUFSAUSBIL-DUNG in den industriellen Metallberufenvom 23. Juli 2007 (BGBl. Teil I, Nr. 35, S.1599–1672).

WORDELMANN, P. (2000): Internetionalisie-rung und Netzkompetenz. Neue qualifi-katorische Herausforderungen durchGlobalisierung und Internet. In: Berufsbil-dung in Wissenschaft und Praxis (BWP),29. Jg. Heft 6. S. 31–35.

stütztes Verfahren zur Wissensverar-beitung, Meinungsforschung und Sys -temgestaltung. Es basiert zum einenauf der Annahme, dass Zusammenar-beit in Organisationen durch erhöhtesVerständnis füreinander besser gelin-gen kann; zum anderen betont es dieErfahrung und das Wissen von Mitar-beitern und Kunden als das größte Po-tenzial für Entwicklung und Innovation.GABEK® wurde von JOSEF ZELGER ander Universität Innsbruck entwickeltund ist seit Beginn 1991 bereits inmehr als 300 Projekten in allen fünfKontinenten eingesetzt worden. Dar-unter gibt es auch viele Projekte imBereich der Didaktik und der Bil-dungsforschung.4

Im Rahmen einer GABEK®-Analysewerden zunächst Interviews oder offe-ne Fragebögen eingesetzt, um die Er-fahrungen, Einstellungen und Erwar-tungen von Mitarbeitern oder Kundeneiner Organisation zu bestimmten The-men zu erheben. Die Meinungen Ein-zelner werden mithilfe des ProgrammsWinRelan© ganzheitlich vernetzt undübersichtlich dargestellt. Dabei kön-nen sich, neben Beschreibungen desIst-Zustandes, Veränderungszielenund möglichen Interventionen, auchWerte und Ziele des übergeordnetensozialen Systems und des sozialenUmfelds, in das die Gemeinschaft ein-gebettet ist, herauskristallisieren. DerIdee von GABEK® entspricht grund-sätzlich die Förderung von Entschei-dungen und Maßnahmen, die mit denWerten der Gemeinschaft und ihrerMitglieder verträglich sind. Neben ei-ner inhaltlichen Auswertung und Zu-

Joanna Schulz/Josef Zelger

Ideen zur Entlastung von Lehrenden

Einleitung

„Ich lebe schon auf einem relativ ho-hen Stresslevel, und da müssen nochdrei [Sachen] dazukommen. Dannreicht es wieder, damit ich wieder hin-renne und mir die nächsten Tablettenhole. Das ist doch bescheuert. Aberich glaube, das geht ganz vielen so.Das spricht dafür, Schule macht in die-ser Form auch krank.“

Die hohe Belastung von Lehrerinnenund Lehrern ist ein schwerwiegendesProblem; pädagogische Berufe weisenüberdurchschnittlich hohe Arbeitsun-fähigkeitsraten auf (KOHTE/FABER 2007,S. 3). Zu dieser Belastung tragen, ne-ben schwierigen Schülern1 und einerVielzahl von Reformen, die von denSchulen zu bewältigen sind, vor allemungünstige schulische Strukturen undProzesse bei (vgl. SOMMER U. A. 2006,S. 41 ff.; HAEDAYET 2000, S. 49 ff.). Da-her erscheint es sinnvoll, Ideen zurFörderung von Entlastung vorzustel-len, die von Schulleitungen und Leh-renden berufsbildender Schulen als ei-genverantwortlich umsetzbare Mög-lichkeiten benannt worden sind. Zuden besonderen Belastungen an be-ruflichen Schulen zählen Neuerungenwie z. B. der Lernfeldunterricht, Imple-mentierung von Qualitätsmanagementund verstärkte Eigenverantwortung.Insbesondere letzteres ist im Einfüh-rungsprozess mit zahlreichen ad-hoc-Neuerungen verbunden, die den sub-jektiv empfundenen Belastungsgradzusätzlich erhöhen.

Die Befragungen entstanden im Rah-men des Projektes „ReBiz III“

(Entwick lung beruflicher Schulen zu re-gionalen Berufsbildungszentren mitdem Schwerpunkt Organisationsent-wicklung).2 Rund 64 Schulleitungenund Kollegien von acht Bremer Pro-jektschulen3 schlugen in Interviewsund Workshops Maßnahmen zur Ver-besserung schulischer Organisationvor. Dabei stellte sich heraus, dass vie-le Bereiche an allen teilnehmendenSchulen gleichermaßen bedeutendwaren: Insbesondere die Themen „In-formation und Kommunikation“, „Be -las tung“ sowie „Entlastung durch neueArbeitsformen“ standen im Mittel-punkt. Fokussiert wurden in den Inter-views vor allem solche Aspekte, dievon einer Schule selbst verändert wer-den können – dadurch werden die Er-gebnisse des Projektes auch für ande-re Schulen pragmatisch nutzbar.

Das Thema „Entlastung“ wird im Fol-genden auf drei Ebenen thematisiert:Zunächst wird konkretisiert, in wel-chen Zusammenhang „Belastung“und „Entlastung“ in den Interviews ge-stellt und welche Ist-Aussagen im We-sentlichen zu diesen Schlüsselbegrif-fen gemacht wurden. Dann werden dieIdeen vorgestellt, die in den Interviewsund bei den Workshops zum Thema„Entlastung“ entwickelt wurden. DieseSystematisierung folgt dem Vorgehenmit der Methode „GABEK®“, die imProjekt angewendet wurde und imFolgenden kurz vorgestellt wird.

Methode „GABEK®“

GABEK® (GAnzheitliche BEwältigungvon Komplexität) ist ein computerge-

WORDELMANN, P. (2004): Qualifikationsan-forderungen und Kompetenzentwicklungim Prozess der Internationalisierung. In:VON BEHR, M./SEMLINGER, K. (Hrsg.):Internationalisierung kleiner und mittlererUnternehmen. Neue Entwicklungen beiArbeitsorganisation und Wissensma-nagement. ISF, München. S. 227–248.

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Schwerpunktthema: Europa – aktuelle Herausforderungen an berufliches Lernen

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sammenfassung der erfragten Mei-nungen werden so genannte Rele-vanzlisten und Darstellungen komple-xer Kausalannahmen von Zielen, Wir-kungen und Nebenwirkungen zu-sammengestellt, die bei der Entschei-dung für oder gegen bestimmte Maß-nahmen hilfreich sein können.

Die Ergebnisse dieser Analyse werdenumfassend an die Beteiligten zurück -gemeldet und sollen als Anlass zu ei-ner breit angelegten Diskussion die-nen. Zudem sollen sie zum besserenVerstehen der Gesamtorganisation„Schule“ beitragen. GABEK® bietethierfür ein Präsentationsprogramm an,mit dem inhaltliche Aussagen („Ge-staltenbäume“), Bewertungsprofile,Relevanztabellen, Netzwerkgraphikenund kausale Zusammenhänge ange-zeigt und interaktiv je nach Interesseder Anwesenden erkundet werdenkönnen. Dabei können sowohl Zu-sammenfassungen bzw. Grafiken alsauch die sie begründenden Einzelaus-sagen (unter Wahrung der Anonymitätder Befragten) betrachtet werden. Sowird es für die Benutzer möglich, aufvirtuellen Wegen reellen Problembe-schreibungen und -lösungen nachzu-gehen.

Ergebnisse zum Thema „Entlastung“

Netzwerkgrafik

Um assoziative Zusammenhängesichtbar zu machen, werden software-unterstützt Netzwerkgrafiken erstellt.Diese lesen sich wie gedanklicheLandkarten einer befragten Gruppe;sie spiegeln wichtige Bezugspunkteder Interviewten wieder und bieten da-mit auch einen ersten Eindruck überdie Interviewinhalte und ihre kontextu-alen Zusammenhänge. Diejenigenzehn Begriffe, die in den Interviews amhäufigsten im Kontext mit „Entlas -tung“ genannt wurden, lassen sich umdas zentrale Thema anordnen (Abb.1). Dabei verbergen sich hinter denVerbindungslinien jeweils acht Origi-nalsätze, die mit Entlastung in Verbin-dung stehen. So wurden z. B. zum Zu-sammenhang von „Entlastung“ und„Arbeitsorganisation“ die folgendenMeinungen geäußert:

„Organisation hat da ganz zentral dieAufgabe, auch die Schule und die Kol-legen und Kolleginnen zu entlasten,

damit das eigentliche Ziel effizienterverfolgt werden kann. Dazu dient ja dieOrganisation unserer Schule und letzt -endlich guten Unterricht zu machen.“

„Und entlastend wäre, wenn die Sa-chen funktionieren würden, wenn Ma-terialien da und leicht zu organisierenwären. (...) In jedem Fall könnte manUnterricht effizienter organisieren.Oder PC-Räume: Wenn ich einen PCanschalte, da muss bei allen allesgleich sein. (...) Oder der Overhead-projektor ist kaputt, mal wieder. Oderich muss in den ersten zwei Unter-richtsminuten raus, weil keine Kreideda ist. Es gibt zwei Kopierer für 120Lehrkräfte. Das ist wenig.“

„Arbeit kann ja auch erholsam sein,wenn sie entsprechend organisiert ist,wenn sie Spaß macht. Arbeit kannauch unglaublich stressen, wenn sienämlich keinen Spaß mehr macht.“

Die enge Verbundenheit des Themas„Entlastung“ mit weiteren elementarenAspekten der Schule – „Schülerinnenund Schüler“, „Kolleginnen und Kolle-gen“, „Schulleitung“, „Unterricht“ –verweist darauf, dass Entlastung fürden Alltag der Befragten eine hoheBedeutung hat. Verbindungen zuSchlüsselbegriffen wie „Team“, „Aus-tausch von Materialien“, „Arbeitsorga-nisation“ und „Zeit“ beinhalten dage-gen auch Lösungsansätze (s. u.).

Gestaltenbaum

Wenn alle Interviewaussagen zu zen-tralen Themen zusammengefasst wer-den, dann entsteht eine Hierarchie, diegrafisch einem Baum ähnelt, dem sogenannten Gestaltenbaum. Für das

Gesamtprojekt „ReBiz III“ besteht eraus drei Ebenen: „Gestalten“, die dieOriginalaussagen aus den Interviewsbeinhalten und zusammenfassen;„HyperGestalten“ als Zusammenfas-sungen der „Gestalten“ und „Hyper-HyperGestalten“ als Essenzen der„HyperGestalten“. Während Gestalteneinen detaillierten Blick auf die Ergeb-nisse ermöglichen, bieten die Hyper-HyperGestalten knappe, prägnanteZusammenfassungen der Intervie-waussagen (quasi den Klappentextzum Buch). So lässt sich der hierar-chisch höchste Abschnitt des Gestal-tenbaumes aus ReBiz III, also dieHyperHyperGestalt, die sich auf dasThema „Entlastung“ bezieht, entspre-chend darstellen (Abb. 2).

Entlastung

Anrechnungsstunden

Arbeitsorganisation

Austausch_von_Materialien

Belastung

Kollegen/Kolleginnen/Kollegium

SchülerInnen

Team

Unterricht

Zeit

C2 7 , J 6 9 , K 3 8 , S 1 4 , S 4 0 , T 6 1 , U 4 1 , X 3 4 , X 6 2

A 1 6 , A 4 7 , C 5 0 , C 5 1 , J 1 0 , K 3 8 , M 3 5 , Q 1 2 , Q 6 1 , Q 8 4 , Q 8 7 , U 4 2 , X 3 1 , X 3 4 , X 4 0 , X 4 3

A 0 5 , A 1 5 , A 1 6 , A 1 7 , C 5 1 , E 0 9 , F 2 5 , F 2 6 , F 4 9 , J 6 1 , J 6 2 , M 1 7 , T 0 3 , U 6 6 , W 5 2

A 7 4 , A 8 6 , H 2 7 , K 1 9 , O 6 2 , T 1 4 , U 4 2 , U 4 4 , V 0 4 , V 6 7 , V 6 8 , X 1 4 , X 3 9 , X 4 6 , X 8 9

A 0 5 , A 0 9 , A 5 4 , A 7 3 , C 2 7 , C 5 0 , C 6 0 , D 5 5 , E 0 9 , F 2 6 , F 4 9 , H 2 7 , H 3 0 , H 9 9 , J 1 0 , J 6 9 , K 5 8 , M 1 5 , N 2 7 , P 8 3 , Q 1 1 , Q 6 2 , U 4 4 , U 6 6 , U 6 7 , W 5 2 , W 9 6 , X 2 2 , X 3 1 , X 3 2

A 1 9 , A 4 4 , A 5 3 , D 0 3 , O 3 4 , T 9 4 , W 8 0 , X 1 6 , X 2 2

A 0 6 , A 0 9 , A 1 4 , A 1 5 , A 1 6 , A 1 9 , A 8 6 , B 8 5 , B 8 6 , C 5 0 , C 6 0 , E 9 1 , F 2 6 , F 3 2 , F 3 7 , F 4 9 , H 3 0 , H 7 3 , J 6 1 , M 1 5 , M 1 7 , M 3 5 , V 6 6 , V 9 9 , W 0 3

A 0 4 , A 1 7 , A 4 4 , A 4 5 , A 4 6 , A 8 5 , C 6 0 , F 2 5 , F 5 9 , F 9 0 , H 2 7 , H 9 9 , J 1 0 , M 1 7 , M 3 2 , N 2 5 , T 0 3 , U 6 8 , V 7 4

A 0 6 , E 0 9 , H 2 7 , H 3 0 , J 6 9 , M 3 2 , N 2 7 , O 6 2 , P 8 2 , Q 8 7 , S 3 9 , T 0 3 , U 4 1 , W 0 3 , X 3 9

Schulleitung

A7 3 , B 8 5 , E 8 7 , F 8 8 , H 9 9 , T 5 4 , V 7 4 , X 4 0

Abb. 1: Netzwerkgrafik zum Thema „Entlastung“

Entlastung durch

neue Arbeitsformen

Arbeiten in der

Austausch von Materialien

Entlastung ges.

Arbeitsorganisation

Absprache ges.

Team ges.

Abb. 2: Gestaltenbaumspitze zumThema „Entlastung“

Als Zusammenfassung aller Aussagender befragten Personen zum Thema„Entlastung“ resultiert der folgendeSatz:

„Viele Kolleginnen und Kollegen sehenMöglichkeiten der Entlastung durch

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veränderte Formen der Arbeitsorgani-sation z. B. im Zusammenhang mitZeit, Unterrichtsgestaltung, Austauschvon Materialien und Teamarbeit.“

Dieser Satz wird begründet durch Zu-sammenfassungen von Interviewaus-sagen zu den Begriffen „Arbeiten inder Schule“, „Austausch von Materia-lien ges“5, „Entlastung ges“, „Arbeits-organisation ges“, „Absprache ges“sowie „Team ges“:

– „Arbeiten in der Schule“: „Viele Kol-leginnen und Kollegen lieben ihrenBeruf, arbeiten gern mit Schülern,und nicht wenige sind daran inter-essiert, sich z. B. im Rahmen derLeitbildentwicklung über gemeinsa-me Bilder von Lehrern, Schule undSchülern auszutauschen. Entlas -tung könnten Lehrer erfahren, wennsie lernen, Aufgaben gezielter zu lö-sen, sowie durch stärkere Einbin-dung von Sozialarbeitern oder Sozi-alpädagogen.“

– „Austausch von Materialien ges“: „ImRahmen kollegialer Teamentwick -lung an Schulen intensiviert sich derAustausch von Materialien für denUnterricht. Dies bietet vor allem fürjunge Kolleginnen und Kollegen dieChance, sich zu entlasten.“

– „Entlastung ges“: „Eine etablierteMöglichkeit, Lehrerinnen und Leh-rer zu entlasten, sind Anrechnungs-stunden. Die Kollegen nannten aberauch weitere Ideen, um durch eineVeränderung der Arbeitsorganisa-tion z. B. in Bezug auf Zeit, Unter-richtsformen, Teamarbeit und Aus-tausch von Materialien Entlastungzu schaffen.“

– „Arbeitsorganisation ges“: „Es gibtviele verschiedene Ideen, um dieArbeitsorganisation an Schulen inBezug auf Zeit, Information undKommunikation, Strukturen sowiekollegiale Teamarbeit zu verbessernund damit die Lehrer zu entlasten.“

– „Absprache ges“: „Durch gelungeneAbsprachen zwischen Kollegenkönnen die Teamarbeit und der(lernfeldorientierte) Unterricht ver-bessert werden.“

– „Team ges“: „Teams, die stärker zu-sammenarbeiten, sich über Klassenabsprechen und Materialien austau-schen, sind an Schulen noch sehrneu. Teamentwicklung wird durch

die Vorgabe, lernfeldorientiertenUnterricht zu machen, gefördert undgefordert. Manche Schulleitungenunterstützen die Teamarbeit explizit.Von den Kolleginnen und Kollegenwerden Teams z. T. als Chance zurUnterrichtsverbesserung angese-hen, z. T. kritisch zurückgewiesen.“

Bereits in diesen zusammenfassendenAussagen zeichnen sich Vorschlägefür Entlastungen ab. So werden Verän-derungen etwa in der Arbeitsorganisa-tion vorgeschlagen (Einbindung vonSozialpädagogen, Teamarbeit). DieseLösungen werden in den Kausalgrafi-ken expliziert.

Kausalgraphiken und Ideen ausden Workshops

Kausalgrafiken ermöglichen die Be-trachtung aller in den Interviews ge-machten Vorschläge zu einem Themaauf einen Blick. So können die Ideenzur Entlastung von Lehrerpersonen zu-sammengestellt werden (Abb. 3, S.117). Dabei können die Lösungsvor-schläge grob in vier Gruppen geclus -tert werden: Veränderung schulischerOrganisation (oben), Teamarbeit(rechts), Veränderung der Unterrichts -organisation (unten), mehr Ressour cen(links). Die Pfeile weisen auf einen ver-stärkenden oder fördernden Effekt hin.

Auf Basis u. a. dieser Grafik erarbeite-ten die Projektschulen Maßnahmen,um die Entlastung des Kollegiums zufördern. So verfolgen mehrere derSchulen Teamentwicklung (und im Zu-sammenhang damit die Beschrän-kung des Unterrichtseinsatzes auf we-niger Bereiche), eine Schulleitung er-muntert das Kollegium explizit zurNutzung vereinfachter Prüfungsme-thoden, eine Schulqualitätsgruppe er-uiert good-practice-Beispiele für digi-tale Notenverwaltungssysteme. Aucheinzelne Lehrerinnen und Lehrer fühl-ten sich nach den Diskussionen in denWork shops angeregt, einfachere Lei-stungsnachweise einzuholen (z. B. mitdem SMART-Board), das selbstorga-nisierte Lernen (SOL) weiterzuentwik-keln, um Schülerinnen und Schüler ak-tiver in den Unterricht einzubeziehenoder auch den Austausch von Unter-richtsmaterialien untereinander zu in-tensivieren.

Ausblick

Mapping-Techniken, wie die hier vor-gestellten Detailauszüge aus einerNetzwerkgrafik (Abb. 1), aus dem Ge-staltenbaum (Abb. 2) sowie aus demKausalnetz (Abb. 3) bieten den Vorteil,viel Wissen relativ übersichtlich darzu-stellen. So wird es möglich, die ge-danklichen Bezugspunkte und Ideenvieler Menschen gemeinsam zu prä-sentieren und damit auch zu kommu-nizieren und zu diskutieren.

Jeder der Vorschläge zur Entlastungwird von einem Teil der Befragten alssinnvoll eingeschätzt. Oft wird mit derHoffnung auf Entlastung auch Nutzenfür die Schülerinnen und Schüler ge-sehen. So äußerte ein Interviewterz. B. zum Thema „Team“:

„Es gibt an der Schule bereits viele Teams, und wenn die gute Arbeit ma-chen, dann läuft das an der Schule,wird gut ausgebildet. Das ist letztend-lich das Ziel, Schüler auszubilden, diein ihrem Beruf kompetent sind, fit sindfür die Arbeitswelt. (…)“

Allerdings werden manche Maßnah-men von den Interviewten kontroversbeurteilt. So gibt es neben den Befür-wortern von Teamarbeit auch Kolle-ginnen und Kollegen, die Teams anSchulen als nicht hilfreich, belastendoder unangemessen empfinden:

„Team – das gibt es nicht. Ein Lehrerist ein Einzelkämpfer im Prinzip. Des-wegen ist meiner Ansicht nach dieganze Zielrichtung, eine Teambildunginnerhalb eines Lehrergremiums zumachen, relativ sinnlos, denn letztenEndes steht ein Lehrer immer alleinevor der Klasse. Deswegen klappt dasauch schlecht mit dem Austausch bei-spielsweise von Unterrichtsmateria-lien. Jeder entwickelt seinen eigenenStil im Laufe der Jahre mit seinen eige-nen Arbeitsmaterialien. (…)“

Die Daten, die im Rahmen des Projek-tes gesammelt und ausgewertet wur-den, können zur argumentativen Be-gutachtung von Maßnahmen verwen-det werden.6 Neben qualitativenAspekten können dabei auch Auszäh-lungen vorgenommen werden. So fin-det sich in so genannten Bewertungs-listen für das Gesamtprojekt als Er-gebnis, dass Teams in der Ist-Situa-tion überwiegend positiv und nur ver-

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lernen & lehren (l&l) (2008) 91 117

einzelt negativ bewertet wurden;Teamarbeit wird in 21 weiteren Textenals wichtig beurteilt.

An die erfolgreiche Umsetzung vonMaßnahmen zur Entlastung von Leh-rerinnen und Lehrern ist aber aucheine Vielzahl von Bedingungen ge-knüpft. Am Beispiel „Team“ lässt sichdies verdeutlichen:

„Andererseits ist es auch sehr unüber-sichtlich von der Raumsituation her.Also man kann jetzt nicht sagen: Ah,der Raum ist immer frei, da können wirimmer Besprechungen machen, odersowas, bis auf das Lehrerzimmer zumBeispiel. Also von daher ist das dann... fehlen Räume oft, um Teamarbeitoder kleinere Gruppenarbeit auch zuermöglichen, und es fehlt auch ebendieser Freiraum der Zeit, dass mansagt, was weiß ich, am Mittwoch im-mer in der und der Stunde ist dieMöglichkeit so zum Austausch vor-handen.“

Die vielen Ideen der Kollegien undSchulleitungen, die im Projekt „ReBizIII“ zusammengetragen und ausge-wertet wurden, liefern damit Hinweiseauf Möglichkeiten zur Entlastung, dieeinerseits von Lehrpersonen als Indivi-duen, andererseits als Grundlage zurDiskussion um Organisationsentwick -

lung an den Schulen genutzt werdenkönnen. Es gibt Möglichkeiten, dieLehrerinnen und Lehrer entlasten, undsie sollten im Rahmen schulischerEntwicklung in Maßnahmen umge-setzt werden.

Anmerkungen

1 Es sind immer Personen beiderlei Ge-schlechts gemeint, selbst wenn es imText aus Gründen der Lesbarkeit nichtin jedem Fall ausdrücklich so vermerktist.

2 Näheres zum Vorgehen findet sich inKURZ/SCHULZ/ZELGER (2007a; 2007b).

3 Zu den Projektschulen gehörten zweiberufliche Schulzentren für die Ausbil-dung in gewerblich-technischen Beru-fen, zwei mit den Schwerpunkten Sozi-ales und Hauswirtschaft, drei kaufmän-nische berufbildende Schulen sowie einallgemein-beruflich bildendes Schul-zentrum.

4 Siehe www.GABEK.com.

5 Die Abkürzung „ges“ steht für „ge-samt“. Gemeint ist damit, dass die Ge-stalten z. B. zu „Austausch von Materia-lien“, die an mehren Projektschulen auf-tauchten und den gleichen Titel trugen,zu einer HyperGestalt zusammenge-fasst werden.

6 Die Daten ausReBiz III werden denProjektschulen daherzum interaktiven Abrufbereitgestellt.

Literatur

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Abb. 3: Kausalgrafik zum Thema „Entlastung“

Entlastung

Absprache

Anrechnungsstunden

Austausch von Materialien

Leistungsnachweise weniger korrekturanfällig

Ressourcen personelle

SchulassistentIn

Teamarbeit & Aufgabenverteilung

Teamteaching

Verwaltung übernimmt mehr Aufgaben

C60,A06

C60,F 21,A1 9

J69,S40,X 62

A05,A15,A1 7,C51 ,E09, F25, F2 6,F49, T03,U 66,W5 2

F31,W 44

A84,A85

M35,X4 5,X89

M35, Q10

A14,A19,A8 6,F37,H3 0,V66,V 99,W0 3,M 17,A06

F59,P8 2

X62,X89

Einsatz in wenigen Bereichen

Elektronisches Klassenbuch

Schüler aktiver im

Unterricht

Formalisierung

S11

L64

Q62

A46

K19

Anerkennung

Ansprechpartner eindeutig

kritische Auswahl der Auszubildenden durch Ausbildungsbetriebe

Außenbeziehungen

X46

C23

Q10

X22

H75

Austausch

Chairperson

Computer in jedem Raum

V99

F31

W46

A21

Keine Dokumentation

Fortbildung EDV

Fortbildungsangebote organisieren

Freiheit

Konferenzen auflösen

S11

V67

X40

J69

L60,C6 2

M30

Kollegen beteiligen

Lehrmittel adäquatMaterialschrank

Nachschreibetermine zentral

räumliche Bedingungen

adäquat

Rückzugsraum

Schalldämmplatten

Schulprogramm

SMART Board

Sozialarbeiter/Sozialpädagoge

Spaß

SteuergruppeStundenplangestaltung flexibel

Unterrichtsplanung gemeinsam

weniger Unterrichtsstunden

Verbindlichkeit

G12

T94

K19

A85

M35

D31

W96X31

F49

F49

F49

M35

A07

L70

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Praxisbeiträge

118 lernen & lehren (l&l) (2008) 91

Einleitung

Laser begegnen uns täglich auf Schrittund Tritt, sei es an der Supermarktkas-se, im CD-Player, in Laserdruckern, inLasershows oder als Laserblitzer derPolizei. Auch die Fertigungstechnik er-obert der Laser in immer mehr Berei-chen. Bestehende Be- und Verarbei-tungsverfahren werden durch die La-sermaterialbearbeitung ergänzt odersogar ersetzt. Ob Computer, Fahrzeu-ge, Handys, Haushalts- oder Medizin-geräte – eine zunehmende Zahl anProdukten zeigt Spuren der Bearbei-tung mittels des Laserstrahls. Die La-sermaterialbearbeitung ist eine ver-gleichsweise junge Technologie. IhreAnfänge gehen auf die Erfindung desLasers im Jahre 1960 durch THEODORE

MAIMAN (USA) zurück. Die Technologiebahnt sich seit der Etablierung derCNC-Technik in den 1980er-Jahrenverstärkt ihren Weg in die Unterneh-men. Sie erlebte als wichtige Schlüs-seltechnologie des 21. Jahrhundertsin den vergangenen Jahren zweistelli-ge Zuwachsraten und besitzt in vielenBereichen weiterhin ein großes Ent-wicklungspotential (vgl. VDI-TZ 2004,S. 18). Dabei werden zukunftsorien-tierte Arbeitsplätze gesichert oder ge-schaffen. So erwartet das BMBF bis2010 einen Beschäftigungszuwachsvon 42 Prozent in diesem Bereich (vgl.BMBF 2006, S. 91). Die Lasermaterial-bearbeitung stellt damit eine aktuelleund auch zukünftige Herausforderungder Arbeits- bzw. Berufswelt dar. Zu-gleich ist sie auch eine Herausforde-rung für die berufliche Aus- undWeiterbildung, denn etwa zwei Drittelder Arbeitsplätze in der Laserbearbei-tung entfallen auf Facharbeiter. Selbstautomatisierte Laserbearbeitungsan-lagen kommen nicht ohne hochqualifi-zierte Anlagenführer aus, die für einkoordiniertes und störungsfreies Ar-beiten der Anlagen sorgen (vgl. LEIBIN-GER 2005, S. 238). Aus Sicht der Beruf-spädagogik stellt sich daher die Frage,ob das Werkzeug Laserstrahl nach der

Fertigungstechnik auch bereits die be-rufliche Aus- und Weiterbildung „er-obert“ hat. Ihre Aufgabe ist es, die er-forderlichen Qualifikationen durch ge-eignete Bildungsangebote verfügbarzu machen.

Die Ausbildung von Facharbeiternvollzieht sich i. d. R. als duale Berufs-ausbildung an den beiden LernortenBetrieb und Berufsschule. Zu fragenist, inwieweit der Lernort Berufsschu-le, als ein möglicher Multiplikator tech-nologischer Innovationen, zur Bildungim Bereich „Lasermaterialbearbei-tung“ gegenwärtig schon beiträgtbzw. zukünftig beitragen könnte.

Die Ausführungen stützen sich aufUntersuchungen zur Lasermaterialbe-arbeitung in Unternehmen und Berufs-schulen zu den Aspekten Technolo-gie/Technik, Arbeit und Bildung.1 AlsUntersuchungsgebiet wurde die Re-gion Jena im Freistaat Thüringen ge-wählt. Diese Region ist durch ihre Viel-zahl an Herstellern und Anwendern derLasertechnik als „Optical Valley“ über-regional bekannt. Untersuchungs-gegenstand bildete die Lasermaterial-bearbeitung mit dem Schwerpunkt La-serstrahlschneiden.

Laserstrahlschneiden

Lasermaterialbearbeitung sowiePrinzip und Einordnung des Laser-strahlschneidens

Die Lasermaterialbearbeitung (LMB)umfasst alle Be- und Verarbeitungs-

verfahren, in denen ein Laserstrahl alszentrales berührungsloses Werkzeugzur Be- und Verarbeitung von Werk-stoffen genutzt wird. Der Laser (Akro-nym für „Light Amplification by Stimu-lated Emission of Radiation“) ist jenesGerät, das diesen Laserstrahl erzeugt.Die Lasermaterialbearbeitung ist mitVerfahrensvarianten in allen sechsHauptgruppen der Fertigungstechnik(DIN 8580) vertreten (Abb. 1, Auswahl,LS = Laserstrahl).

Allerdings zeigen derzeit nur wenigeLMB-Verfahren eine größere Verbrei-tung. Mehrere der LMB-Verfahren be-finden sich noch im Forschungs- undEntwicklungsstadium oder erfahreneine nur geringe bzw. regional be-grenzte Anwendung. Untersuchungenzu den derzeit 42 LMB-Unternehmender Region Jena konnten das Laser-strahlschneiden mit einem Anteil von57 Prozent (24 Unternehmen) als do-minierendes LMB-Verfahren identifi-zieren. Mit deutlichem Abstand folgendas Laserstrahlbeschriften mit 24 Pro-zent (zehn Unternehmen) und das La-serstrahlschweißen mit 14 Prozent(sechs Unternehmen). Weitere LMB-Verfahren finden sich nur in vereinzel-ten Unternehmen.

Das Laserstrahlschneiden (LSS) ist einthermisches Trennverfahren. Es gehörtin der Hauptgruppe Trennen (DIN8580/Abb. 1) zum Thermischen Abtra-gen durch Strahl (DIN 2310-6, Ord-nungs-Nr.: 3.4.1.5). Die Strahlungs-energie des fokussierten Laserstrahlsbewirkt im Werkstoff, infolge Absorp-

Marko Taubert

Laserstrahlschneiden Ein neues Thema für den Berufsschulunterricht

Urformen Umformen Trennen Fügen Beschichten Stoffeigen-schaftsän-

dern LS-Legieren LS-Sintern

LS-Biegen LS-Abtragen LS-Bohren LS-Schneiden

LS-Kleben LS-Löten LS-Schweißen

LS-Beschichten LS-Beschriften

LS-Glühen LS-Härten LS-Umschmelzen

Abb. 1: Laserbearbeitungsverfahren, eingeordnet in die Klassifikation nachDIN 8580

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tion, eine lokale Aufheizung über dieSchmelztemperatur TS bzw. über dieVerdampfungstemperatur TV. DerWerkstoff wird durch die große Laser-strahlwärme und das Schneidgas ört-lich geschmolzen, verbrannt oder ver-dampft. Mittels eines Gasstrahls (Inert-gas) werden die entstandenen Abpro-dukte in Strahlachsrichtung aus derSchneidfuge entfernt. Entsprechendlassen sich die drei Verfahrensvarian-ten Laserstrahlschmelzschneiden, -brennschneiden und -sublimier-schneiden unterscheiden (DIN 2310-6). Das Laserstrahlschneiden wird auf2D-Laseranlagen, 3D-Laseranlagen,Laser-Stanz-Kombinationsanlagenoder Profil-Laserstrahlschneidanlagenrealisiert.

Vor- und Nachteile sowie Bedeu-tung des Laserstrahlschneidens

Das Laserstrahlschneiden steht mitzahlreichen Trennverfahren in Konkur-renz, etwa mit dem Stanzen, Nibbeln,Wasserstrahlschneiden, autogenenBrennschneiden oder Plasmastrahl-schneiden.

Zu den Vorteilen gegenüber konkurrie-renden Trennverfahren gehören diedeutlich höheren Schneidgeschwin-digkeiten (bis 100 m/min) undSchneidgüten (bis 0,01 mm). Die enor-me Leistungsdichte des Laserstrahlsgestattet die Bearbeitung fast allerWerkstoffe, sogar von Diamant. Zu-dem sind mit einem einzigen Werk-zeug vielfältige und kompliziertesteSchnittkonturen möglich. Eine kosten-und zeitintensive Werkzeugherstel-lung, wie etwa beim Stanzen, entfällt.Da der Laserstrahl berührungslos ar-beitet, ist praktisch kein Werkzeugver-schleiß vorhanden, und es werdenauch keine oder nur einfache Spann-vorrichtungen benötigt. Außerdemsind die Schneidkosten mit vier Euro jeMeter deutlich geringer als beispiels-weise beim Wasserstrahlschneidenmit 22 Euro/m (vgl. FRITZ/SCHULZE

2006, S. 362).

Zugleich bremsen jedoch die ebensovorhandenen Nachteile derzeit nochdie stärkere Verbreitung des Laser-strahlschneidens. Insbesondere dieenormen Anschaffungskosten für dieLaserstrahlschneidanlagen (meistmehrere 100.000 Euro) machen eineAnschaffung nur bei hoher Auslastungwirtschaftlich. Außerdem ist die

schneidbare Werkstückdicke derzeitauf ca. 40 mm (Baustahl) begrenzt.Auch sind die Arbeitsschutz-, Ge-sundheits- und Umweltschutzanfor-derungen, bedingt durch das enormeGefährdungspotenzial der Laserstrah-lung, sehr hoch. Es ist sachkundiges,in der Lasertechnik ausgebildetes Per-sonal erforderlich.

Hinsichtlich der Bedeutung des Laser-strahlschneidens zeigt sich, dass sichdie Technologie aufgrund ihrer Vorteileund trotz ihrer Nachteile als ein wichti-ges Element der Blechbearbeitungetabliert hat. In immer mehr blechver-arbeitenden Unternehmen sind dabeiLaserstrahlschneidanlagen anzutref-fen und häufig auch nicht mehr weg-zudenken. Allerdings zeigt das Laser-strahlschneiden derzeit keine flächen-deckende Verbreitung, sondern viel-mehr Konzentrationen in blechverar-beitenden Clustern, etwa in Regionenmit Fahrzeugbau, Anlagen- und Be-hälterbau sowie mit Herstellern derElektro-, Gebäude- und Medizintech-nik. Bleche und Profile erlangen hierdurch den starken Trend zum Leicht-bau zunehmende Bedeutung. Typi-sche Werkstücke sind Fahrzeugteile(z. B. Karosserieteile, Flugzeugturbi-nen), Gehäuse (z. B. PC-Gehäuse,Medizingeräte, Schaltschränke), Ge-bäudeausrüstungen (z. B. Aufzüge,Klimaanlagen, Feuerschutztüren) oderInformationsträger (z. B. Verkehrs-

schilder). Da keine teuren Werkzeuge,wie beim Stanzen, notwendig sind,können auch kleine Losgrößen wirt-schaftlich realisiert werden. Die Stück -zahl der je Los gefertigten Werkstückeliegt daher zwischen einem Werkstück(Einzelfertigung) und bis zu 100.000Werkstücken (Massenfertigung).

Arbeitsprozesse und Arbeits-anforderungen beim Laser-strahlschneiden

Im Rahmen der Untersuchungen inden Unternehmen der Laserbearbei-tung wurden Arbeitsprozessstudiendurchgeführt. Dabei kristallisiertensich für das Laserstrahlschneiden an2D-Laserstrahlschneidanlagen typi-sche Tätigkeiten der Anlagenführerheraus (Abb. 2).

Betrachtet man den tendenziellen An-teil der einzelnen Tätigkeit am gesam-ten Tätigkeitsspektrum der Anlagen-führer, so zeigen die Befragungen derAnlagenführer, dass es Primär- undSekundärtätigkeiten gibt. Primäre Tä-tigkeiten führt der Anlagenführer regel-mäßig mit einem hohen Zeitanteil(10 %) aus, etwa bei jedem Werk-stück. Dazu gehören das Bestückenund Entstücken der Anlage (je 20 %),das Überwachen der Laserbearbei-tung (20 %) und die Qualitätskontrolle(10 %). Wichtige Tätigkeiten beim Be-stücken der Anlage sind das Heran-

Tätigkeiten der Anlagenführer an 2D-Laserstrahlschneidanlagen Tendenzieller

Zeitanteil [%]

- Bestücken einer Palette mit Blechtafel mittels Handhabungstechnik(ggf. Spannen der Blechtafel)

- Einfahren der Palette in die Anlage mittels Handhabungstechnik 20 %

- Starten der Laserbearbeitung (Programm-Start) - Überwachen der Laserbearbeitung, ggf. Programmoptimierung- Beenden der Laserbearbeitung (Programm-Stop)

20 %

- Entnahme der Palette aus der Anlage mittels Handhabungstechnik - Entnahme der Blechzuschnitte mittels Handhabungstechnik (ggf.

Lösen der Blechspannung) 20 %

Pri

mär

e T

ätig

kei

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(Hau

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igke

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)

- Qualitätskontrolle der Blechzuschnitte 10 %

70 %

- Arbeitsplanung auf Basis von Arbeitsauftrag und Arbeitsunterlagen 2 %- Anfertigen von CAD-Zeichnungen sowie Schachteln (PC-Platz) 4 %- Anfertigen und Simulieren des CNC-Programms (PC-Platz) 4 %- Inbetriebnahme und Einrichten der Laserschneidanlage 5 %- Übertragen/Einlesen des CNC-Programms in die

Laserschneidanlage, ggf. Simulation/Test des CNC-Programms undProbeschnitt

2 %

- Programmänderungen zur Qualitätssicherung (soweit notwendig) 5 %- Wartungsarbeiten (nach Wartungsplan bzw. soweit notwendig) 5 %- Instandsetzungsarbeiten (soweit notwendig) 1 %S

eku

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Tät

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- Außerbetriebnahme der Laserschneidanlage 2 %

30 %

Abb. 2: Typische Tätigkeiten der Anlagenführer an 2D-Laserstrahlschneidanla-

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fahren von Materialtafeln sowie, beiAnlagen mit bewegtem Werkstück,deren sicheres Spannen auf dem Be-arbeitungstisch (z. B. mit Spannprat-zen). Beim Überwachen ist insbeson-dere darauf zu achten, dass sich ge-schnittene Werkstücke nicht aufrich-ten, da es sonst zu schwerwiegendenKollisionen mit dem teuren Schneid-kopf kommen kann. Sekundäre Tätig-keiten führt der Maschinenführer da-gegen nur gelegentlich und insgesamtmit einem geringeren Zeitanteil (< 10 %) aus. So wird eine Laseranla-ge, wenn überhaupt, nur zum Woche-nende außer Betrieb und zu Beginnder Woche wieder in Betrieb genom-men. Auch das Programmieren erfolgtnur zu Beginn eines Loses. Währendder Losfertigung findet nur eine Pro-grammoptimierung statt. Und auchdie Wartung bzw. Instandsetzung wirdlediglich in größeren Abständendurchgeführt. Allerdings soll die zeitli-che Einstufung der Tätigkeiten nichtden Eindruck erwecken, dass Tätig-keiten mit geringem Zeitanteil unwich-tig wären. Vielmehr sind Tätigkeitenwie CAD-Zeichnen, Schachteln, CNC-Programmieren und Qualitätssiche-rung entscheidende Voraussetzungendes Bearbeitungserfolgs. Gerade die-se Arbeitsanforderungen stellen hoheAnforderungen an die Qualifikationender Anlagenführer.

Aus- und Weiterbildung zumLaserstrahlschneiden

Qualifikationsanforderungen undQualifikationen an Laserschneidan-lagen

Aus den Arbeitsanforderungen an La-serstrahlschneidanlagen ergeben sichQualifikationsanforderungen an dieAnlagenführer. Nach Aussage der be-fragten Unternehmensleiter ist diewichtigste formale Qualifikationsan-forderung ein Facharbeiterabschluss,wobei dies bevorzugt ein metalltechni-scher Abschluss sein sollte, aber nichtsein muss. Hinzu kommt das gezielteAnlernen an den Laserstrahlschneid-anlagen. Weiterbildungen wie CNC-Fachkraft oder Laserstrahlfachkraftsind bei den meisten Unternehmen er-wünscht und gern gesehen. Zu denformalen kommen inhaltliche und per-sonale Qualifikationsanforderungen imHinblick auf die berufliche Handlungs-

kompetenz der Anlagenführer hinzu(vgl. Abb. 2).

Betrachtet man nun, inwieweit dieQualifikationen der Anlagenführer die-sen Qualifikationsanforderungen ent-sprechen, zeigt sich hinsichtlich derformalen Qualifikationen, dass ca.zwei Drittel der Mitarbeiter im Bereich„Laserstrahlschneiden“ Facharbeitersind. Unter den Facharbeiterabschlüs-sen dominiert mit 37 Prozent der Beruf„Konstruktionsmechaniker/-in“. Wei-tere Berufe sind Zerspanungsberufe(Dreher/-in, Fräser/-in, Schleifer/-in) mit 28 Prozent und Werkzeugma-cher/-in mit 10 Prozent. Der Befundlässt sich schlüssig erklären, wirddoch das Laserstrahlschneiden zurBlechbearbeitung eingesetzt, und die-se wiederum ist traditionell eine Do-mäne des Konstruktionsmechanikers(„Blechbearbeiter“). Bezüglich derWeiterbildung lässt sich sagen, dassalle Anlagenführer vor Beginn ihrer Ar-beit an den Laseranlagen ein betriebs-internes Anlernen erfahren. Zusätzlichverfügen einige wenige Maschinen-führer über weitere extern erworbeneQualifikationen, wie etwa CNC-Fach-kraft. Im Hinblick auf die inhaltlichenQualifikationen der Anlagenführerkann gesagt werden, dass alle befrag-ten Anlagenführer die notwendigenQualifikationen besitzen, um „ihre“ La-seranlage bedienen zu können. Daaber ein Großteil der Anlagenführerihre Qualifikationen zum Laserstrahl-schneiden ausschließlich durch Anler-nen erworben hat, sind ihre Qualifika-tionen nur maschinenspezifisch, d. h.,es fehlt den Anlagenführern an ma-schinenunabhängigen Qualifikationen.Hier zeigen sich deutliche Qualifika-tionsdefizite, die in den Unternehmenbisher zu teils erheblichen Störungengeführt haben und daher von denUnternehmen klar benannt werden.So mangelt es den Mitarbeitern insbe-sondere an soliden CAD- und CNC-Kenntnissen. Zudem fehlt es den An-lagenführern an fundierten Kenntnis-sen zur Technologie und Technik desLaserstrahlschneidens. Auch bezüg-lich des Arbeitsschutzes zeigen sicherhebliche Qualifikationsdefizite, etwawenn wichtige Schutzeinrichtungennicht genutzt werden. Die Unterneh-men resümieren daher selbst, dass eininternes Anlernen unzureichend istund fordern geeignete externe Qualifi-zierungsmaßnahmen.

Ausbildung der Anlagenführer anLaserstrahlschneidanlagen

Aus den beschriebenen Qualifika-tionsdefiziten und der zunehmendenBedeutung des Laserstrahlschneidensergibt sich also die Notwendigkeit derbesseren Qualifizierung der Anlagen-führer an Laserstrahlschneidanlagen.Dies kann durch berufliche Erstausbil-dung oder Weiterbildung erfolgen.Untersuchungen beider Bildungsbe-reiche mit ihren verschiedenen Bil-dungsträgern (z. B. Unternehmen, Be-rufsschulen, Kammern, Akademien,Institute, Hochschulen) zeigen, dasses nur wenige geeignete Bildungsan-gebote für diese Anlagenführer gibt.Soweit Weiterbildungsangebote vor-handen sind, wie etwa Herstellerschu-lung, Akademieschulung zur „Laser-strahlfachkraft“ oder Kammerschu-lung zur „CNC-Fachkraft“, werdendiese von den Anlagenführern nur sehrbedingt angenommen (z. B. wegen re-striktiver Zugangsvoraussetzungen,zu hoher Kosten oder zu geringer in-haltlicher Relevanz).

Betrachtet man die Erstausbildung,zeigt sich zunächst, dass es kein eige-nes Berufsbild zum Laserstrahlschnei-den (z. B. „Laserfacharbeiter/-in“) gibtund dies derzeit, aufgrund der Nähezum bestehenden Berufsbild „Kon-struktionsmechaniker/-in“, auch nichtgerechtfertigt erscheint. Jedoch spieltdas Laserstrahlschneiden in der be-stehenden beruflichen Erstausbildungzum Beruf „Konstruktionsmechaniker/-in“ (Betriebe, Berufsschule, Überbe-triebliche Ausbildungsstätten) bisherkeine bzw. nur eine marginale Rolle.Diese Problematik soll hier exempla-risch nur für den Lernort Berufsschulenäher erläutert werden.

Eine Analyse der derzeit gültigen Ord-nungsmittel für den Berufsschulunter-richt acht ausgewählter Metallberufe(Anlagen-, Feinwerk-, Fertigungs-, In-dustrie-, Konstruktions-, Werkzeug-,Zerspanungsmechaniker/-in, Metall-bauer/-in) zeigt, dass häufig keineoder nur sehr allgemeine Hinweise aufdas Laserstrahlschneiden enthaltensind. In den KMK-Rahmenlehrplänenfinden sich konkrete Hinweise nur beiden Berufen „Konstruktionsmechani-ker/-in“ und „Metallbauer/-in“ im Lern-feld 5 mit der Aussage: „thermischesTrennen“. Auch in den Landeslehrplä-nen bzw. Arbeitsmitteln der Bundes-

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lernen & lehren (l&l) (2008) 91 121

länder sind dazu einige Aussagen ent-halten (Abb. 3).

Selbst wenn die Ordnungsmittel verein-zelte Impulse zum Laserstrahlschnei-den enthalten, werden die Hinweisebzw. Vorgaben durch die Lehrkräftehäufig nicht bzw. nur unzureichend auf-gegriffen und umgesetzt. So zeigen dieUntersuchungen an den 19 Berufs-schulen im Berufsfeld Metalltechnik imFreistaat Thüringen, dass das Laser-strahlschneiden nicht oder nur sehr ein-geschränkt thematisiert wird. Selbst in

schulunterricht der Erstausbildungzum Beruf „Konstruktionsmechaniker/-in“ betrachtet werden. Die Ordnungs-mittel der Berufsschule (KMK-Rah-menlehrpläne, Landeslehrpläne) sindso offen gestaltet, dass sie eineschnelle Anpassung der Bildung ansich wandelnde Anforderungen in derArbeitswelt – etwa durch eine innova-tive Technologie wie das Laserstrahl-schneiden – ermöglichen. Sie erlau-ben den Berufsschullehrerinnen und -lehrern eine Integration von Inhalten,die sich aus regionalen und/oder be-

trieblichen Besonderheiten ergeben,in den Berufsschulunterricht. Bei derGestaltung von Lernsituationen ergibtsich die Möglichkeit, technologischeInnovationen und regionale Gegeben-heiten verstärkt zu berücksichtigen.Dies trifft für das Laserstrahlschneidenzu. So ist eine Einbindung in den be-rufsbezogenen Unterricht (Lernfeld-unterricht) sinnvoll. Mögliche Themen-bereiche und zugehörige Inhalte las-sen sich aus dem Tätigkeitsspektrumdes Anlagenführers an Laserstrahl-schneidanlagen ableiten und in Lern-feldern des KMK-Rahmenlehrplans„Konstruktionsmechaniker/-in“ veror-ten (Abb. 2 und 4).

Schließlich sollten zukünftig neueTechnologien, wie das Laserstrahl-schneiden, auch Gegenstand von Prü-fungen sein.

Einbindung der Thematik „Laser-strahlschneiden“

Aufgrund der regional bzw. betrieblichunterschiedlichen Nutzung des Laser-strahlschneidens erscheint es unrealis -tisch, die genannten Themenbereiche

Bundesland Dokument (Jahr)

Verbindlichkeit

Ausbildungsberuf

Zuordnung des Berufs

Hinweis/

Vorgabe zum LSS

Lernfeld

L-Situation

Baden-

Württemberg (BW)

Handreichung (2004) u Metallbauer/-in Hw Laserstrahlschneiden LF 5, LS 5.2

Rheinland-Pfalz

(RP)

Handreichung (2004) u Konstruktionsmechaniker/

-in

I Laserstrahlschneiden LF 5, LS 5.3

Sachsen (SN) Arbeitsmaterial (2005) v Konstruktionsmechaniker/

-in

I Laserstrahlschneiden LF 5, LS 5.1

LF 8, LS 8.1

Handreichung (2006) v Konstruktionsmechaniker/

-in

I Laserstrahlschneiden LF 5, LS 5.3

LF 8, LS 8.4

Handreichung (2004) v Metallbauer/-in Hw Laserstrahlschneiden LF 5

Thüringen (TH)

Handreichung (2006) v Werkzeugmechaniker/-in I Laserverfahren LF 9, LS 9.1

Legende: u - unverbindlicher Hinweis, v - verbindliche Vorgabe, I - Industr. Metallberuf, Hw - Handwerkl. Metallberuf

Quellen: BW: www.leu.bw.schule.de, RP: www.bbs.bildung-rp.de, SN: www.sn-schule.de, TH: www.thillm.de

Abb. 3: Landeslehrpläne bzw. Arbeitsmittel mit Hinweisen/Vorgaben zum Laserstrahlschneiden (LSS)

der Region Jena, einem Gebiet der in-tensiven Anwendung des Laserstrahl-schneidens, behandeln die Berufsschu-len das Laserstrahlschneiden in maxi-mal einem halbstündigen Überblick.Dies erscheint angesichts des Qualifi-zierungserfordernisses zu dieser Tech-nologie völlig unzureichend. Die Ursa-chen ergeben sich insbesondere ausder Spezifik des Lernortes Berufsschu-le, wie etwa Inhaltsfülle des Unterrichts,Zeitdruck, fehlende Laserstrahlschneid-anlagen an der Schule, fehlende Prü-fungsrelevanz des Themas, heterogeneKlassenstrukturen, wenig geeigneteMedien oder auch mangelnde Kennt-nisse und Fertigkeiten der Berufsschul-lehrkräfte zum Laserstrahlschneiden.Es gilt also, Vorschläge für die Integra-tion des Laserstrahlschneidens in denBerufsschulunterricht zu entwickeln.

Laserstrahlschneiden als The-ma im Berufsschulunterricht

Laserstrahlschneiden im Rahmenbestehender Ordnungsmittel

Die Integration des Laserstrahlschnei-dens in die metalltechnische Erstaus-bildung sollte im Rahmen der beste-henden Ordnungsmittel erfolgen. Diessoll hier exemplarisch für den Berufs-

Themenbereiche und zugehörige Inhalte, abgeleitet aus dem Tätigkeitsprofil der Anlagenführer an Laserstrahlschneidanlagen

Lernfelder im KMK-RLP Konstruktions-

mechaniker/-in Grundlagen der Lasermaterialbearbeitung und des Laserstrahlschneidens- Technologien (Laserbearbeitungsverfahren, Trennverfahren für

Blechzuschnitte) - Techniken (Aufbau und Funktionsweise von Laserbearbeitungsanlagen)

LF 5

Arbeitsplanung und -vorbereitung zum Laserstrahlschneiden - Analyse von Arbeitsaufträgen und Anfertigen von CAD-Zeichnungen - Schachteln der geplanten Blechzuschnitte auf der verfügbaren Blechtafel - Erstellen und Simulieren von CNC-Programmen für das

Laserstrahlschneiden

LF 5, 8, 9, 10

In- oder Außerbetriebnahme sowie Einrichten von Laserstrahlschneidanlagen - Hoch- bzw. Herunterfahren sowie Einrichten von Laserstrahlschneidanlagen - Einlesen, Testen und Anpassen von CNC-Programmen an

Laserstrahlschneidanlagen

LF 5, 9

Be- und Entstücken von Laserstrahlschneidanlagen mittels Handhabungstechnik- Transport von Blechtafeln/Profilen und Blech-/Profilzuschnitten mit

Handhabungstechnik - Sicheres Be- und Entstücken von Laserstrahlschneidanlagen

LF 6, 11

Laserstrahlschneid-Prozess und dessen Überwachung sowie Qualitätssicherung - Anwendung von Bearbeitungsstrategien in Abhängigkeit vom jeweiligen

Werkstoffverhalten - Überwachung des Bearbeitungsprozesses unter Beachtung der

Prozessparameter - Qualitätskontrolle sowie Qualitätssicherung durch Programmoptimierung/-

änderung

LF 5, 8, 9, 10

Wartung und Instandsetzung von Laserstrahlschneidanlagen- Wartungsarbeiten (z. B. Reinigen der Auflageleisten), Anwendung von

Wartungsplänen - Instandsetzungsarbeiten (z. B. Justierarbeiten, Düsenwechsel, Schneidkopf-

/Optikwechsel)

LF 4, 12

Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutz beim Laserstrahlschneiden- Kenntnis und Anwendung der Arbeits-, Gesundheits- und

Umweltschutzmaßnahmen LF 5, 6, 10

Kostenbetrachtungen sowie Kommunikation mit dem Kunden- Maschinen-, Material- und Personalkosten beim Laserstrahlschneiden - Kundengespräche, Berücksichtigung von Kundenwünschen

LF 5, 8, 9, 10

Abb. 4: Verortung von Themenbereichen und zugehörigen Inhalten beim Laserstrahlschneiden in den Lernfeldern des KMK-Rahmenlehrplans

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und zugehörigen Inhalte (Abb. 4) voll-ständig in den Berufsschulunterrichtintegrieren zu wollen. Vielmehr bietetsich ein gestuftes und differenziertesVorgehen zur Einbeziehung der Thematik „Laserstrahlschneiden“ an(Abb. 5).

Im Lernfeldunterricht könnte es sichzunächst um ein zweischrittiges Vor-gehen handeln. Ein Pflichtlernbausteinvermittelt allen Lernenden einen Über-blick über die Lasermaterialbearbei-tung sowie das Laserstrahlschneiden.Diese Basisausbildung bezieht alleLernenden ein, unabhängig davon, obdiese Technologie derzeit in ihrenUnternehmen genutzt wird. Es er-scheint sinnvoll, diesen Baustein imLernfeld 5 („Herstellen von Baugrup-

nologie im Ausbildungsunternehmen,eine Arbeit der Klasse in Lerngruppen(Abb. 6). Ein gemeinsamer Lernerfolgkann trotzdem gesichert werden, wennim Anschluss die Ergebnisse der Lern-gruppenarbeit im Plenum der Klassepräsentiert und den anderen Lernen-den in Schriftform (z. B. Handout) zurVerfügung gestellt werden. So erfährtauch die Lerngruppe „Wasserstrahl-schneiden“ von den Erkenntnissen derLerngruppe „Laserstrahlschneiden“und umgekehrt, sodass am Ende derLerneinheit alle Schüler über die Bear-beitungsverfahren informiert sind. Fürden Wahlpflichtbaustein erscheinenLernfeld 9 („Herstellen von Konstruk-tionen aus Blechbauteilen“) und Lern-feld 10 („Herstellen von Konstruktio-

stein aufbauen, während der Erstaus-bildung oder zeitlich nah im unmittel-baren Anschluss an diese offeriert wer-den und weitere Kenntnisse und Fer-tigkeiten zum Laserstrahlschneidenvermitteln. Sinnvoll erscheint ein derar-tiges Zusatzangebot aber einzig inLernortkooperation von Unternehmen,Instituten und Berufsschule, da nur soder Praxisbezug gesichert werdenkann. Als Zeitumfang erscheinen 40bis 50 Stunden angemessen, zumal 40Stunden meist als Minimum für eineZusatzqualifizierung genannt werden(vgl. PAHL/RACH 2001, S. 3 ff.). Aucheine Zertifizierung (zum Nachweis aufdem Arbeitsmarkt) sollte angestrebtwerden (vgl. HERKNER 2006, S. 32).

Als Kompensation zu den i. d. R. feh-lenden Laserstrahlschneidanlagen amLernort Berufsschule bieten sich Ko-operationen mit Unternehmen bzw.Hochschulen und Instituten an. Zudemgilt es, weitere geeignete Lehr- undLernmedien zu beschaffen. Beispiels-weise könnten die Werkstücke des La-serstrahlschneidens aus verschiede-nen Unternehmen in einem Musterkof-fer zusammengestellt und als erstesAnschauungsmittel (mit Regionalbe-zug) im Berufsschulunterricht verwen-det werden. Auch an der Berufsschuleselbst könnten Lehr- und Lernmedienerstellt werden. Denkbar wären Bilder-kompendien, Lehrvideos, Webpräsen-tationen o. Ä. Nicht zuletzt sollten inder Schulbibliothek einige wichtige Bü-cher zur Thematik „Laserstrahlschnei-den“ vorhanden sein, um Lehrendenund Lernenden einen schnellen Zu-gang zu Informationen zu ermöglichen.

Zusammenfassung

Im Beitrag wurde das Laserstrahl-schneiden, als das derzeit dominie-rende Laserbearbeitungsverfahren,hinsichtlich der Technologie und Tech-nik, der Arbeitsprozesse sowie derAus- und Weiterbildung betrachtet.Dies geschah insbesondere unter demFokus Berufsschule. Es konnte ge-

Lernbaustein Lernbereich Inhalt Lernfeld Pflichtlernbaustein Lernfeldunterricht Grundlagen der Lasermaterialbearbeitung

und des LaserstrahlschneidensLF 5

Wahlpflichtlernbaustein Lernfeldunterricht Vertiefung 2D-/3D-Laserstrahlschneiden LF 9, 10 Fakultatives Zusatzangebot

Zusatzangebot außerhalb des Lernfeldunterrichts

Weitere Vertiefung 2D-/3D-Laserstrahlschneiden

Abb. 5: Dreistufiges Konzept zur Einbeziehung der Thematik „Laserstrahl-schneiden“

pen aus Blechen“) am Anfang deszweiten Ausbildungsjahres anzuord-nen. In mehreren Lernsituationen wer-den Umform-, Trenn- und Fügeverfah-ren betrachtet. Das Laserstrahlschnei-den könnte hier im Vergleich mit denanderen (Konkurrenz-)Trennverfahrendargestellt werden. Praktische An-schauung könnte durch eine Betriebs-besichtigung gesichert werden.

Danach wird ein vertiefender Wahl-pflichtlernbaustein nur von den Ler-nenden gewählt und bearbeitet, wel-che dieses Verfahren in ihren Unter-nehmen anwenden. Angebot und Aus-gestaltung eines solchen Wahlbau-steins orientiert sich also an den regio-nalen Gegebenheiten und betrieb-lichen Erfordernissen in den Unterneh-men. So zeigen die regionalen und be-trieblichen Gegebenheiten in der Re-gion Jena eine Anwendung des Laser-strahlschneidens, des Plasmastrahl-schneidens und des Wasserstrahl-schneidens. Um der damit vorhande-nen Heterogenität der Klasse gerechtzu werden, bietet sich die Gestaltungdifferenzierten Unterrichts an. Dazu er-folgt, orientiert an der jeweiligen Tech-

nen aus Profilen“) geeignet. Währendim Lernfeld 9 eher das 2D-Laserstrahl-schneiden verortet werden kann („Ble-che“), ist im Lernfeld 10 vielmehr das3D-Laserstrahlschneiden zu verorten(„Profile“). Beide Lernfelder liegen be-reits im dritten Ausbildungsjahr. Diekonkrete Ausgestaltung von Lernfeld 9könnte beispielsweise mittels einerFertigungsaufgabe für eine Blechkon-struktion (z. B. Feuerschutztür) vomKundenauftrag bis hin zur Kundenab-nahme realisiert werden.

Außerdem könnte im Sinne einer wei-teren fakultativen Vertiefung zum La-serstrahlschneiden ein Zusatzangebot„Laserstrahlschneiden“ außerhalb desLernfeldunterrichts konzipiert werden.Ein solches Zusatzangebot könnte aufden Pflicht- und den Wahlpflichtbau-

Lerngruppe 1

„Laserstrahl-

schneiden“

Lerngruppe 2

„Wasserstrahlschneiden“

Lerngruppe 3

„Plasmastrahl-

schneiden“

Lerngruppe x

„Technologie ...“

Vertiefung des

Laserstrahlschneidens

Vertiefung des

Wasserstrahlschneidens

Vertiefung des

Plasmastrahl-

schneidens

Vertiefung der

Technologie ...

Gemeinsamer Lernerfolg durch Ergebnispräsentation der Lerngruppen im Plenum

Abb. 6: Differenzierter Unterricht in Lerngruppen am Beispiel „Trennverfahren“

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zeigt werden, dass bei den Anlagen-führern von Laserstrahlschneidanla-gen Qualifikationsdefizite vorhandensind, deren Beseitigung durch die be-stehende berufliche Aus- und Weiter-bildung nur unzureichend erfolgt. Da-her wurden exemplarisch für den Be-rufsschulunterricht der Erstausbildungzum Beruf „Konstruktionsmechani-ker/-in“ Vorschläge zur Integration desLaserstrahlschneidens entwickelt.

Anmerkung

1 Der vorliegende Beitrag basiert auf derunveröffentlichten WissenschaftlichenArbeit des Autors zum Ersten Staats-examen für das Höhere Lehramt an Be-rufsbildenden Schulen. Die Arbeit wur-de an der TU Dresden am Institut fürBerufliche Fachrichtungen, BeruflicheFachrichtung Metall- und Maschinen-technik, von Herrn Prof. DR. REINER

SCHLAUSCH (jetzt Universität Flensburg)und Herrn DR. JÖRG BIBER begutachtet.

Literatur

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DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG E. V.(2003): DIN 8580: Fertigungsverfahren –Begriffe, Einteilung. Berlin.

DEUTSCHES INSTITUT FÜR NORMUNG E. V.(2003): DIN 2310-6: ThermischesSchneiden. Teil 6: Einteilung, Prozesse.Berlin.

FRITZ, H./SCHULZE, G. (2006): Fertigungs-technik. 7. Auflage, Berlin.

HERKNER, V. (2006): High Speed Cutting –Ein metalltechnisches Thema beruf-lichen Lernens. In: lernen & lehren, 21.Jg. Sonderheft 2. S. 29–33.

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LEIBINGER, B. (2005): Blechfertigung ge-stern, heute und morgen. Ditzingen.

PAHL, J.-P./RACH, G. (2001): Zusatzaus-bildung in den Lernorten. In: berufsbil-dung, 55. Jg. Heft 68. S. 3–7.

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VDI-TZ (2004): Fachkräfte für die Opti-schen Technologien. Dokumentation derFachtagung am 24. Februar 2004 inJena. Düsseldorf.

Franz Ferdinand Mersch/Katharina Trautmann-Blasius

Instandhaltung einer Fertigungsanlage Selbstständiges und kooperatives berufliches Lernen

mithilfe einer Online-Plattform

Neue berufliche Anforderun-gen durch veränderte virtuelleLern- und Arbeitsformen

Computer- und webbasierte Lern- undArbeitsformen sind aus der gewerb-lich-technischen Bildung nicht mehrweg zu denken. Auch Unternehmenzeigen eine hohe Bereitschaft für Inve-stitionen im Bereich der computer-und webgestützten Kommunikationsowie Aus- und Weiterbildung (s. z. B.BARTEL 2002, Gesamtmetall 2003,PANGALOS U. A. 2005).1 Vor diesemHintergrund ist berufliches Arbeitenund Lernen auf der Basis virtuellerPlattformen zu den aktuellen und zu-

künftigen Herausforderungen im ge-werblich-technischen Bereich zu zäh-len. Hieraus ergeben sich Anforderun-gen an entsprechende Facharbeiter-kompetenzen, die über bisherige be-rufsbezogene Qualifikationen deutlichhinausreichen und vor allem das ziel-gerichtete Nutzen dieser medialenMöglichkeiten betreffen.

Online-Plattformen kommen seit eini-gen Jahren dem steigenden Bedarfnach, aufgabenspezifische Teilanwen-dungen unter zentralen Oberflächenzusammenzufassen und zu multifunk-tionalen Softwaresystemen zu verbin-den. Diese zielen auf selbstgesteuertesowie kooperative Lern- und Arbeits-

prozesse und bieten vielfältige Mög-lichkeiten zur Ausgestaltung unter-schiedlicher webgestützter didakti-scher Szenarien. Inzwischen offerierenprofessionelle Anbieter entsprechen-der Software speziell entwickelte Lö-sungen – auch in didaktisch aufberei-teter Form – an, sodass hier ein großerMarkt entstanden ist. Online-Plattfor-men ermöglichen dabei gewöhnlicher-weise einem geschlossenen Kreis anPersonen Online-Kommunikation, In-formation und Datenablage. Der Zu-gang wird im Allgemeinen über einenSystemadministrator geregelt, der ei-nem Nutzer den „Eintritt“ freischaltet.Dadurch haben diese Online-Plattfor-men in der Regel einen überschauba-

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ren Kreis an Mitgliedern, wobei sichdie „User“ beispielsweise untereinan-der über virtuelle Visitenkarten be-kannt machen können. Auch dasInternet selbst könnte als eine ArtLern- und Arbeitsplattform gelten,doch ers tens ist deren Zugang – mitAusnahme, dass die Hard- und Soft-ware vorhanden sein muss – grund-sätzlich nicht an weitere Bedingungengeknüpft, und zweitens ist das Inter-net nicht nach einem didaktischenKonzept angelegt. Online-Plattformen,wie sie hier gemeint sein sollen, erfül-len aber diese besonderen Anforde-rungen.2

In den beruflichen Schulen ist das Ar-beiten mit Online-Plattformen mittler-weile durchaus angekommen, wennauch die weitreichenden Möglichkei-ten des damit verbundenen computer-unterstützten Unterrichts selten vollausgereizt werden. Hierbei hat geradeauch berufsschulisches Lernen undArbeiten im Bereich der Instandhal-tung die Entwicklung und daraus re-sultierende Ansprüche an die Fachar-beiterausbildung wahrzunehmen undals einen grundlegenden didaktischenBezugspunkt aufzugreifen. Dazu sindwesentliche inhaltliche, intentionalesowie insbesondere auch methodi-sche Fragestellungen zu thematisie-ren.

Instandhaltungsausbildungmithilfe von Online-Plattformenals Basis selbstständigen undkooperativen Lernhandelns

Auf Online-Plattformen lassen sichnach didaktischen Gesichtspunktenstrukturierte Lerninhalte anbieten undvielschichtige Lernvorgänge organisie-ren. Die Plattformen dienen der Kom-munikation zwischen den Lernbeteilig-ten, dem Entwickeln, Präsentieren undArchivieren von Arbeitsinhalten undderen Evaluation. Dazu enthalten di -dak tisch entwickelte Online-Plattfor-men Werkzeuge, etwa zur Erstellungund Verwaltung von Lerninhalten undzur Koordinierung und Durchführungvirtuellen Lernens, Such- und Selek-tionswerkzeuge zur Informationsre-cherche, Präsentations- und Kommu-nikationsanwendungen wie Pinnwän-de, Foren und Chats oder auch Ange-bote zur Integration unterschiedlicherDienste bzw. Verknüpfungen zu Infor-mationsquellen im World Wide Web(Abb. 1).

Von hohem Interesse gerade fürselbstgesteuertes und kooperativesLernen erscheint die Möglichkeit, eineOnline-Plattform je nach Typ und Kon-figuration auch als instandhaltungsbe-zogene Lern- und Arbeitsumgebungauszugestalten. Damit sollen Lern-

plattformen gemeint sein, die entwe-der explizit für die Bearbeitung aufdem Gebiet der Instandhaltung ent-wickelt werden oder bei denen nebenanderen Inhalten auch instandhal-tungsorientierte Aufgaben bearbeitetwerden können. Da die Instandhaltungaus mediendidaktischer Sicht keinenennenswert spezifischen Eigen-schaften besitzt im Vergleich mit an-deren beruflichen Inhaltsbereichenaus Arbeit und Technik, scheint dieseUnterscheidung jedoch unerheblich.Deshalb kann hier davon ausgegan-gen werden, dass auf einer beliebigenOnline-Plattform auch spezielle Auf-gaben der Instandhaltung bearbeitetwerden. So können problembehafteteberufliche Aufgabenstellungen mitentsprechenden Lerngegenständenangeboten werden, die bei den Ler-nenden bestimmte Erwartungen aus-lösen und sie motivieren, sich selbst-ständig mit konkreten Problemstellun-gen aus dem Bereich der Instandhal-tung auseinanderzusetzen.

Bei der Instandhaltung von Maschinenund Anlagen kann es unter inhaltlich-intentionalem Blickwinkel zum einenum die Technik und das zur Instand-haltung benötigte technische Fach-wissen gehen. Es betrifft aber auch dieArbeit und die Arbeitsprozesse. Dazuzählen alle instandhaltungsrelevantenTätigkeiten, angefangen vom Warten(Nachstellen, Einstellen, Säubern,Austauschen von Kleinteilen, Ölen,Fetten …), über das Inspizieren (Mes-sen, Prüfen, Vergleichen …) bis hin zurvorbeugenden (Austauschen von aus-fallgefährdeten Baugruppen und Bau-elementen) oder ausfallbedingten In-standsetzung (Wiederherstellen derFunktionsfähigkeit der Maschine oderAnlage). Als dritter, zuweilen vernach-lässigter Bereich kann auch eine „The-orie der Instandhaltung“ ein relevanterLerninhalt sein. Hierbei ginge es z. B.um die Grundmaßnahmen der In-standhaltung nach DIN 31051, um de-finitorische Themen oder auch um dieZusammenhänge von Abnutzungsvor-rat und Abnutzungsgrenze auf der ei-nen sowie Soll- und Istzustand auf deranderen Seite, jeweils im Kontext mitden in der Norm festgelegten Grund-maßnahmen der Instandhaltung.

Im Mittelpunkt der Instandhaltungs-ausbildung, wie sie etwa das Lernfeld-konzept – z. B. im Lernfeld 4 „Warten

Abb. 1: Screenshot einer Online-Plattform im Themengebiet „Instandhaltung:Ferndiagnose einer Füge- und Klebeanlage“

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technischer Systeme“ aller industriel-len Metallberufe, im Lernfeld 9 „In-standsetzen von technischen Syste-men“ oder im Lernfeld 12 „Instandhal-ten von technischen Systemen“ fürden Beruf „Industriemechaniker/-in“ –verlangt, steht das handlungsrelevan-te Wissen zum Lösen von Instandhal-tungsfällen. Das hierfür erforderlicheWissen wird dabei nicht einfach repro-duziert, sondern ist aus den verfügba-ren Informationen in kooperativen Pro-zessen neu bzw. subjektiv neu zu ge-nerieren. Damit ist gemeint, dass dieInformationen nicht nur wahrgenom-men werden, sondern es in persön-licher Auseinandersetzung zu indivi-duellen Prozessen der Informations-verarbeitung kommen muss. Das Vor-handensein der objektiv vorliegendenOnline-Plattform mit deren Informatio-nen muss zu subjektivem Erkenntnis-gewinn führen – selbst wenn Plattfor-men die Möglichkeiten bieten, inGruppen bzw. kooperativ zu arbeiten.Für kooperatives Lernen eignen sichOnline-Plattformen, weil gezielt kom-munikative Prozesse des Austauschsgenutzt werden können (vgl. ARNOLD

2003). Lernplattformen ohne Möglich-keiten der Kommunikation und Ko-operation verkommen zu reinen Archi-vierungsstellen, bei denen sich Aufga-ben oder Informationen geholt und dieArbeitsergebnisse abgelegt werdenkönnen. Die spezifischen Möglichkei-ten einer Online-Interaktion – verstan-den als ein Zusammenspiel von Aktionund Reaktion – blieben damit unge-nutzt. Gerade eine Online-Plattformstellt deshalb eine zentrale Ressourcefür die Informationsgewinnung undkooperative Erarbeitung beruflichenWissens dar.

Insgesamt zielt eine derartige, compu-terunterstützte Instandhaltungsausbil-dung3 über fachlich-inhaltliche Inten-tionen hinaus zunächst auf einenselbstgesteuerten Kenntniserwerb imUmgang mit neuen Medien und aufdie Vermittlung eines fachbezogenenund fachübergreifenden IT-Wissens.Außerdem sind Online-Plattformengeeignet, weil sie von mehreren Per-sonen gleichzeitig benutzt werden, so-dass Kommunikation zustandekommt. Damit ist en passant bereitsdie Kooperation mit angesprochen. Jenach Beschaffenheit der Plattformkönnen dabei sowohl lernschwacheals auch -starke Auszubildende durch

individuelle Angebote und Aufgaben-stellungen gezielt gefördert werden.Diese Möglichkeit wird durch die Op-tionen zum räumlich und zeitlich unab-hängigen Lernen weiter untermauert.Jedenfalls besteht zumindest poten-ziell die Möglichkeit, Lernprozesseauch außerhalb der obligatorischenLernorte und Lernzeiten sowie räum-lich dispers am Laufen zu halten. Aller-dings stellt die instandhaltungsorien-tierte Ausbildung keine Ausnahme vonder inzwischen weitgehend anerkann-ten Grundregel dar, dass beruflichesLernen selbst bei didaktisch exzellentstrukturierten Plattformen auf Prä-senzphasen keinesfalls verzichtenkann, sodass im Gesamten von „Blen-ded Learning“ gesprochen werdensollte. Lernende erwerben dabeiKenntnisse über die sinnvolle Ver-knüpfung realer und virtueller Lernfor-men sowie über deren jeweiligen Po-tenziale und Einschränkungen.

Kooperative und selbstge -steuerte Instandhaltung einerFüge- und Klebeanlage – Methodisches Szenario einesLernprojekts mithilfe einer Online-Plattform

Plant man den konkreten Einsatz einerOnline-Plattform in der Instandhal-tungsausbildung, so sind zunächst In-tentionen und Inhalte zu bestimmenund zu detaillieren. Als Beispiel sollhier die komplexe Instandhaltung ei-ner Füge- und Klebeanlage dienen,wobei besonders die ausfallbedingteInstandsetzung interessante Fälle bie-tet. Die genannte Anlage ist ein kom-plexes mechatronisches System mithohen Anteilen an elektrotechnischenund pneumatischen Funktionsgrup-pen, die wiederum einerseits mecha-nisch getragen werden und anderer-seits über ihre elektrotechnischen undpneumatischen Signale mechanischeReaktionen auslösen. So wird auf derAnlage mithilfe von zwei mit je vier Po-sitionen versehenen Drehtellern einKunststoffballon einerseits und einHalsstück andererseits zugeführt (1),positioniert (2), zum Fügen vorbereitet(3) und schließlich gefügt (4). Insge-samt stellt diese Füge- und Klebeanla-ge ein Unikat dar. Sie existiert in realerGröße und Komplexität nur einmal.Damit sind die Möglichkeiten für einereale pädagogische Arbeit am Lern-

gegenstand für größere Lerngruppeneingeschränkt. Eine Online-Plattformöffnet aber – wie zu zeigen sein wird –die Lernchancen erheblich, auchwenn die realen Handlungsbezüge ander Anlage begrenzt bleiben. Doch vorallem über den „Umweg“ einer Ferndi-agnose können interessante Lernsitu-ationen und Lernarrangements ge-schaffen werden.4

Neben den Lerninhalten und Intentio-nen sind weitere planerische Ge-sichtspunkte, wie insbesondere un -terrichts organisatorische, methodi-sche und medientechnische Aspektezu berück sichtigen. Zu beachten ist injedem Fall, dass nicht nur die Online-Plattform an sich verfügbar und zu-gänglich sein muss, sondern dassauch grundlegende Kenntnisse imUmgang mit gängiger IT-Technik erfor-derlich sind. Das Unbehagen, das Be-griffe wie „virtuelles Lernen“ bei Aus-zubildenden, aber oft noch mehr beimanchen Lehrkräften auslöst, er-scheint angesichts der immer einfa-cher und komfortabler zu bedienen-den Plattformsysteme jedoch unbe-rechtigt. Vorkonfektionierte Systemebieten alles, was zur erfolg reichen Pla-nung, Durchführung, und Evaluationberuflichen Unterrichts erforderlich ist.Einfache und z. T. sogar kostenfreieSystemlösungen (z. B. moodle.de,commSy.net, claroline.net, etwin-ning.com) sind in aller Regel mit wenigAufwand installiert und intuitiv be-herrschbar. Hier können Inhalte zur In-standhaltung genauso behandelt wer-den wie nahezu beliebige andere.

In unterrichtsorganisatorischer Hin-sicht lassen sich kooperative Aspektedes Lernens mit Netzplattformen ins-besondere dann betonen, wenn Auf-gabenstellungen lernortübergreifend –etwa in Zusammenarbeit mit Lernen-den einer weiteren Schule (z. B. auchin einem anderen Bundesland) oder ei-nem anderen Lernort (z. B. eine über-betriebliche Ausbildungsstätte) – undgegebenenfalls auch zum Teil räumlichunabhängig – so beispielsweise vonzu Hause aus – bearbeitet werden (vgl.HOWE/KNUTZEN 2004, S. 154). Gewis-sermaßen könnte diese Situation auchan einer einzelnen berufsbildendenSchule simuliert werden, wenn etwaParallelklassen an der gleichen Aufga-benstellung gleichzeitig arbeiten.

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Ein möglicher Ablauf eines Lernarran-gements über Ferndiagnosen in einerLernsituation „Instandhalten einerFüge- und Klebeanlage“ unter Nut-zung einer Lern- und Arbeitsplattformim World Wide Web kann mithilfe derPhasenfolge einer „vollständigenHandlung“ (z. B. HACKER/SKELL 1993,S. 269) skizziert werden (Abb. 2). Ausder Breite des Instandhaltungsfeldeskommt – wie schon erwähnt – be-sonders die ausfall- oder störungsbe-dingte Instandsetzung infrage. Hierbeikann die Frage der Verbesserung alsMaßnahme der Instandhaltung im Sin-ne der DIN 31051 das Lernarrange-ment abrunden, um den Aspekt derGestaltung von Arbeit und Technik inbesonderer Weise Rechnung zu tra-gen. Die vorgeschlagene Lernplanungkann selbstverständlich verändert undmuss den jeweilig vorhandenen Lern-voraussetzungen und -bedingungenangepasst werden.

Das hier erläuterte modellhafte Projekteiner Füge- und Klebeanlage bietetzahlreiche Fehlerquellen in den ver-schiedenen Technikbereichen der Me-chanik und Steuerungstechnik, ein-schließlich Elektrotechnik bzw. Elek -tro pneumatik. Erfahrungsgemäß ha-ben Lernende Probleme damit, dieStörungssymptome für Personen, dienicht an der Anlage stehen, exakt zubeschreiben bzw. – auf der anderenSeite – fachlich eindeutige Lösungs-vorschläge zu entwickeln, die von an-deren Lernenden genutzt werden kön-nen.

Perspektiven

Online-Plattformen als web-basierteLern- und Arbeitsmedien liegt die Auf-fassung vom Lernen als aktiven Kons -truktionsprozess zugrunde, in demAuszubildende ihr Wissen in selbstge-steuerten, kooperativen und sozialenProzessen erweitern. Gerade das in-standhaltungsorientierte Lernen mussdiese Optionen nutzen, zielt es dochauf das in solchen Konstruktionspro -zessen entstehende neue (Fach-)Wis-sen. Fehlersuche und -behebung sindstark erfahrungsbezogene Vorgehens-weisen, wobei es aufgrund des Ein-maligkeitscharakters von Maschinen(s. FISCHER/JUNGEBLUT/RÖMMERMANN

1995) darauf ankommt, die Erfahrun-gen möglichst vieler Experten nutzbarzu machen. Denkbar und sinnvoll er-

Phasen Inhalte Didaktische Hinweise

Situ

atio

n un

d A

ufga

be

In den zwei Standorten eines Unter-nehmens sollen konkrete Fragen zur In-standhaltung der Füge- und Klebeanlagezukünftig kooperativ über eine gemein-same Online-Plattform gelöst werden.Es kann z. B. von dem Fall ausgegan-gen werden, dass in dem einen Standortdie Anlage steht, während im anderendie Fachleute arbeiten, die bereits überErfahrungen mit der Anlage verfügen.Auf der Plattform wenden sich dieLernenden mit einem konkreten In-standhaltungsproblem an ihre „Kolle-gen“ im anderen Standort und bitten umHilfestellung.

Der durch den Arbeitsauftrag abgesteckteRahmen verdeutlicht den Lernenden dasZiel, das sie erreichen sollen. Schnell wirdklar, dass die Netzplattform eine Grundlagefür Interaktionen ist – speziell für dieKooperation und Kommunikation. Erfah-rungen und deren Austausch sind wiederumfür das Lösen von Instandhaltungsprob-lemen wichtig, da Lösungsalgorithmendurch die Vielfalt möglicher Instandhal-tungsfälle oft nur bedingt weiterhelfen. Eskommt also darauf an, Erfahrungen zudokumentieren (z. B. in Form von Fehler-statistiken, Fehlerbäumen oder Tipps), zuarchivieren und zu kommunizieren.

Info

rmie

ren

Im virtuellen Forum der Online-Platt-form lassen sich die Lernenden vonihren „Kollegen“ vom anderen Standortderen Problem detailliert schildern, z. B.anhand von Fehlerbeschreibungen,Funktions- und Fehlerprotokollen. DieLernenden recherchieren daraufhinselbstständig Informationen on- undoffline (Bedienungsanleitungen, elektro-pneumatische Schaltpläne, Funktionsdia-gramme, Montageanleitungen, Normen-texte o. Ä.) und holen sich Hinweise vonden „Kollegen“ der anderen Lerngruppe.

Bereits die Informationsphase findet zumTeil in virtueller Form statt. Voraussetzungdafür ist, dass Informationen auf derPlattform oder geeignete Kommunikations-partner zur Verfügung stehen. Die Ler-nenden sammeln Erfahrungen im Umgangmit Forenwerkzeugen und der virtuellenKommunikation auf einer Lern- undArbeitsplattform im World Wide Web. Siesollten aber ebenso zur Verfügung stehendereale Medien (Fach- und Tabellenbuch,Bedienungshandbuch etc.) nutzen.

Plan

en

Das gesammelte Informationsmaterialwird gesichtet und in einem Ordner-verzeichnis auf der Netzplattformstrukturiert dokumentiert. Auf dieserGrundlage werden eine Fehlersuch-strategie und eine Vorgehensplanungfür die weiteren Arbeitsschritte ent-wickelt.

Die Lernenden müssen selbstständig ent-scheiden, wann sie ohne PC und wann siecomputergestützt arbeiten. Erfahrungen zei-gen, dass auf der Plattform abgelegte Infor-mationen von anderen verarbeitet undgegebenenfalls auch nicht wie gewünschtverwendet werden – was Lernenden an-fangs wenig bewusst ist. Selbst wenn essich um eine „geschützte Öffentlichkeit“handelt, so können doch ungeeignete Ein-tragungen unerwünschte Folgen – u. U. so-gar im zwischenmenschlichen Bereich –haben.

Dur

chfü

hren

Die Lernenden stellen und begründeneine Ferndiagnose und erarbeiten einenkonkreten Vorschlag zur Fehlerbehe-bung, der auch eine Handlungsabfolgezur Lösung der Problemstellung für dieLernenden am jeweils anderen Standortenthält. Grundvoraussetzung ist aller-dings, dass die Fehlerbeschreibunggenau genug ist. Gegebenenfalls mussnachgefragt werden.

Die Erarbeitung eines Lösungsvorschlagessetzt selbstständiges und zugleich mit deranderen Lerngruppe kooperierendes Arbei-ten voraus. Auch in dieser Phase hält sichdie Lehrkraft im Hintergrund. Die „Güte“der Ferndiagnose wird maßgeblich vomErfolg der vorhergehenden Kommunikationbestimmt.

Präs

entie

ren

Die Diagnose, der Vorschlag zurFehlerbehebung sowie der Lern- undArbeitsprozess bis zu dieser Phasewerden auf der Netzplattform präsen-tiert und im virtuellen Forum diskutiert.

Die Lernenden erwerben Fähigkeiten derHandhabung von Präsentationsformen imvirtuellen Raum, der Selbst- und Fremdein-schätzung sowie der fachgerechten kriti-schen Auseinandersetzung mit „Kollegen“. Eine Reflexion über die Zusammenarbeit inder eigenen Lerngruppe und mit der„fremden“ Lerngruppe ist wichtig, umMetakompetenzen wie Reflexions- undKooperationsfähigkeit der Lernendenauszubilden.

Prüf

en u

nd O

ptim

iere

n

Die Vorschläge der „Kollegen“ aus demjeweils anderen Standort werden ge-prüft, indem entsprechend des „frem-den“ Lösungsvorschlages das Instand-haltungsproblem angegangen und nachMöglichkeit beseitigt wird. Gegeben-enfalls werden die Lösungsvorschlägeoptimiert und wiederum auf derNetzplattform veröffentlicht. Außerdemkann das Lernarrangement auf dieVerbesserung im Sinne der DIN 31051ausgeweitet werden.

Beim wiederholten Wechsel virtueller undpräsenter Lernphasen erkennen die Ler-nenden Stärken und Schwächen dieserLernformen sowie Möglichkeiten ihrerVerknüpfung. Mit der Verbesserung ist – im Gegensatzzur Optimierung – eine Maßnahme derInstandhaltung gemeint, die zum Ziel hat,das technische System bzw. die Arbeitdaran aus Sicht der künftigen Instandhal-tung positiv zu verändern. Verbesserungendieser Art rekurrieren auf das Bildungsziel,die Berufswelt als gestaltbar zu erfahren.

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lernen & lehren (l&l) (2008) 91 127

Anmerkungen

1 So ergab eine Unternehmensbefragungin der Metall- und Elektroindustrie u. a.,dass jeder vierte befragte Betrieb zurWeiterbildung seiner Mitarbeiter E-Lear-ning einsetzt. In zwei von drei M+E-Be-trieben mit E-Learning-Angeboten sinddie Computer sowohl mit Internet- alsauch Intranet-Zugang ausgestattet.(Ge samtmetall 2003, S. 2)

2 Im Folgenden wird die allgemeinere Be-zeichnung „Online-Plattform“ beibehal-ten, hinter der sich nicht der allzu hohee-learning-bezogene Anspruch verbirgt,dem speziell die „Lernplattformen“(„Learning Management Systems“,LMS; vgl. SCHULMEISTER 2005) gerechtwerden müssen. Die bisher hohen Er-wartungen an letztere scheinen sich zu-dem kaum zu bestätigen: E-Learning-Anbieter geben an, dass Lernplattfor-men ein Thema mit abnehmender Be-deutung sind – im Unterschied zuschnell und intuitiv nutz- und erlernba-ren Netz-Plattformen (z. B. Wikis), dievon Lernenden selbst mitgestaltet wer-den können (vgl. BAYER/SCHMIDT 2007,S. 11).

3 Es sollen damit explizit nicht solche vir-tuellen Lern- und Arbeitsumgebungengemeint sein, in denen Gegenständeund Prozesse dreidimensional ab- bzw.nachgebildet werden und in denen mansich in dreidimensionalen virtuellenRäumen (in simulativen Umgebungen)bewegt.

4 Das beschriebene Lernarrangementbasiert auf Erfahrungen aus dem Mo-dellversuch „Gestaltung von Lern- undArbeitsumgebungen in der Berufsschu-le durch instandhaltungsorientierteKonzepte zum selbstgesteuerten undkooperativen Lernen“ (LASKO). Er wirdseit dem Herbst 2005 vom Oberstufen-zentrum Elbe-Elster gemeinsam mitdem Staatlichen Berufsbildungszen-trum Saale-Orla-Kreis durchgeführt undvom Institut für Berufliche Fachrichtun-gen der Technischen Universität Dres-den wissenschaftlich begleitet.

Literatur

ARNOLD, P. (2003): Kooperatives Lernenim Internet. Münster.

BARTEL, G. (Red.) (2002): E-Learning – Zu-kunft des Lernens. Anwendungsmög-lichkeiten elektronischer Lernprogram-me in der M+E-Industrie, herausgege-ben vom Arbeitgeberverband Gesamt-metall. Köln.

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SCHULMEISTER, R. (2005): Lernplattfor-men für das virtuelle Lernen. Evaluationund Didaktik. 2. Auflage, Wien.

g

Bew

erte

n

Die Lernenden am jeweils anderenStandort bewerten den von ihren„Kollegen“ optimierten Vorschlag. Istauch das Gesamtvorgehen evaluiert,werden Verbesserungswünsche fürzukünftiges – virtuelles, aber auchreales – kooperatives Vorgehen fixiert.

Neben einer fachlich-inhaltlichen Ergebnis-bewertung stehen die Beurteilung undVerbesserung der virtuellen Kommu-nikation und Kooperation im Vordergrund. Erfahrungen virtueller Zusammenarbeitzeigen, dass es für die Beteiligten in hohemMaße interessant ist, sich auch einmal realkennen zu lernen.

Tra

nsfe

rier

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Die Gesamtergebnisse der Zusammen-arbeit werden in die Instandhaltungs-datenbank der neuen Netzplattformeingestellt und sind nun für zukünftige,standortübergreifende Kooperationenund Problembearbeitungen, einschließ-lich Fehler- und Ausfallstatistiken, ver-fügbar. Zudem kann der Ansatz einer Fern-diagnose zur Instandsetzung einestechnischen Systems problemlos auf eineandere mechatronische Anlage (z. B. einTransportförderband) übertragen wer-den.

Als personalisierter Nachweis ihrer Mit-arbeit an zukünftigen Lerninhalten und -medien hat der Ergebnistransfer einemotivierende Funktion für die Lernenden.

Abb. 2: Möglicher Ablauf einer instandhaltungsbezogenen, virtuellen Koopera-tion zweier Schulstandorte unter Einsatz einer Lern- und Arbeitsplatt-form im World Wide Web

scheint es dabei, auch betrieblichesLernen in einen lernortübergreifendenKontext einzubinden. Aber auchschulintern können sinnvolle Koopera-tionen initiiert werden. So zeigt sichimmer wieder, dass Lernende be-sonders motiviert sind, wenn sie Prob -lemstellungen und mögliche Lösungs-ansätze für Mitlernende selbst entwik-keln oder auch bearbeiten. In diesemSinne und in engem Bezug zur be-trieblichen Realität, könnte auch eineberufsübergreifende Kooperation (z. B. eine Lerngruppe „Industrieme-chaniker/-innen“ und eine Lerngruppe„Feinwerkmechaniker/-innen“) ange-strebt werden.

Bei der konkreten Umsetzung dieserLern- und Arbeitsform werden den-noch auch Nachteile und Grenzendeutlich. So sind beispielsweise prak-tische Fertigkeiten (z. B. das manuelleSkizzieren) oder bestimmte kommuni-kative Fähigkeiten nur sehr einge-schränkt virtuell erwerbbar. Erst zu-künftige Ausbildungserfahrungen –vor allem auch im Umgang mit Netz-plattformen – werden zeigen müssen,wie genau und in welchem Umfangdas Präsenzlernen und virtuelle Lern-sequenzen in der Instandhaltungsaus-bildung miteinander zu verschränkensind.

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Vorbemerkungen

Vor dem Hintergrund der demografi-schen Entwicklung in Deutschlandspielen mittel- und langfristige Perso-nalplanung sowie die Sicherung desFachkräftenachwuchses in der Dis -kussion um Kosten und Nutzen vonBerufsausbildung eine immer bedeu-tendere Rolle. Trotzdem besteht einebereits absehbare Folge des demogra-fischen Wandels im zu erwartendenFachkräftemangel. Dieser wird nichtausschließlich Großunternehmen be-treffen. Auch kleine und mittlere Unter-nehmen werden in Zukunft Problemehaben, geeignete Mitarbeiter zu fin-den. Ausfallkosten für nicht besetzteFachkräftestellen können von Groß-unternehmen im Allgemeinen besserabgefedert werden als von Kleinbetrie-ben. Dem kann durch verstärkte Be-mühungen in der Berufsausbildungentgegengewirkt werden.1 So ist esbesonders wichtig, die Ausbildungs-bereitschaft in Kleinstbetrieben, wie siegerade in den Berufsfeldern Metall-technik und Elektrotechnik zu findensind, zu erhöhen und dadurch demFachkräftemangel in einem gewissenMaß vorzubeugen. Um die Bereit-schaft zu steigern, muss vor allem dasKosten-Nutzen-Verhältnis von Berufs-ausbildung verbessert werden. Diesesfällt, wie zahlreiche Untersuchungenzeigen, vor allem für in Deutschlandausbildende Unternehmen negativaus.

Bei der Darstellung des Kosten-Nut-zen-Verhältnisses von Berufsausbil-dung in der Schweiz durch SCHWERI

fällt auf, dass dieses weitaus positiverbewertet wird, obwohl die Ausgangs-bedingungen ähnlich sind (vgl. SCHWE-RI 2007). Dafür werden vor allem dreiAspekte verantwortlich gemacht: hö-here Anwesenheit der Schweizer Aus-zubildenden im Betrieb, vermehrterEinsatz in wertschöpfenden Tätigkei-ten im Betrieb sowie verhältnismäßighohe Löhne für Fachkräfte und Unge-lernte.

Die Darstellungen von KAMMEN sowieRITTMEYER und HAASLER zeigen jedochauf, dass es auch deutschen Unter-nehmen möglich ist, Berufsausbildungrentabel durchzuführen (vgl. KAMMEN

2007, RITTMEYER/HAASLER 2007). Beidedargestellten Unternehmen verfügenüber ein jeweils gut durchdachtes Aus-bildungskonzept, welches dazu führt,dass die betrachteten Unternehmenaktiv gegen den erwarteten Fachkräf-temangel vorgehen und gleichzeitigauch monetär von der Durchführungvon Berufsausbildung profitieren. Inbeiden Fällen handelt es sich jedochum mittlere bzw. große Industrieunter-nehmen mit einem funktionsfähigenbetrieblichen Personalentwick lungs -system. Die Aussicht, dass Unterneh-men erst umfassende Entwicklungsar-beiten leisten müssen, bevor sie renta-bel ausbilden können, wird aber gera-de Kleinstunternehmen kaum motivie-ren, in Berufsausbildung zu investie-ren, bedeutet dies doch erst einmaldas Tätigen zeitintensiver Investitio-nen.

Welche weiteren Möglichkeiten gibt esalso, das Verhältnis von Kosten undNutzen gerade für kleine Unterneh-men zu verbessern und dabei vor al-lem auch die Hauptakteure – die Aus-zubildenden – zu berücksichtigen? ImFolgenden soll dargestellt werden,welche Aspekte die Kostenseite desVerhältnisses von Berufsausbildungmaßgeblich beeinflussen, durch wel-che Maßnahmen Ausbildungskostengesenkt werden können und wie derNutzen von Ausbildung gerade fürKleinstbetriebe erhöht werden kann.

Kostenseite

Vergleicht man die zahlreichen Erhe-bungen, in denen Unternehmen nachden Gründen ihrer mangelnden Ausbil-dungsbereitschaft befragt wurden, fälltauf, dass die Höhe der Ausbildungs -kos ten zumeist als ein entscheidenderGrund angegeben wird. Daraus ergibtsich, dass die Senkung der Ausbil-dungskosten erst einmal in Erwägunggezogen wird, um die Ausbildungsbe-

Nadine Möhring-Lotsch

Externes Ausbildungsmanagement Nutzenverbesserung für Auszubildende und Betriebe?

Bruttokosten

sonstige Kosten Anlage- und Sachkosten

Personalkosten der Ausbilder

Personalkosten der Auszubildenden

Ausbildungs- vergütungen

gesetzliche Sozialleistungen

tarifliche/freiwillige Sozialleistungen

hauptberufliche Ausbilder

nebenberufliche Ausbilder

externe Ausbilder

Arbeitsplatz (Werk- zeug/Übungsmaterial)

Lehrwerkstatt

innerbetrieblicher Unterricht

nebenberufliches Personal

Ausbildungsverwaltung

externe Ausbildung

Berufs- und Schutzkleidung

Kammergebühren (z. B. für Prüfungen)

Lehr- und Lernmaterial /-medien

Abb. 1: Kostenarten der betrieblichen Berufsausbildung (vgl. BEICHT/WALDEN

2002, S. 38)

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reitschaft der Unternehmen zu stei-gern. Was aber zählt zu den Ausbil-dungskosten, und wie sind diese zu er-mitteln? Es sind verschiedene Kosten-arten der betrieblichen Berufsausbil-dung zu berücksichtigen (Abb. 1).

Nach BEICHT und WALDEN (2002) zählendie Ausbildungsvergütungen, die Teilder Personalkosten der Auszubilden-den sind, zu den Bruttokosten der be-trieblichen Ausbildung. Die Höhe derPersonalkosten der Auszubildendenrichtet sich u. a. nach dem für die be-treffende Branche abgeschlossenenTarifvertrag und den Sozialausgaben.Weiterhin fallen diverse Anlage- undSachkosten wie Arbeitsmaterialien ansowie sonstige Kosten, zu denen dieGebühren für Prüfungsanmeldungen,Kammergebühren u. Ä. zählen.

Neben der Ausbildungsvergütung undden Kosten, die in direktem Zusam -menhang mit den Auszubildendenauftreten, fallen Kosten für das ausbil-dende Personal an. Dabei handelt essich sowohl um Personalausgaben alsauch um Kosten, die entstehen, umdas ausbildende Personal für dieDurchführung von Berufsausbildungweiterzubilden. Weiterhin sind Ausfall-kosten zu berücksichtigen, da dasausbildende Personal während derAusbildungstätigkeiten kaum andereAufgaben wahrnimmt und somit weni-ger produktiv hinsichtlich der wertstif-tenden Tätigkeiten im Produktionspro-zess ist.

Weitere Kosten, die während der Be-rufsausbildung anfallen, sind, wie vonRAUNER, JANDER und SCHWERI beschrie-ben (vgl. RAUNER 2007; JANDER 2007;SCHWERI 2007), Ausfallkosten auf Sei-ten der Auszubildenden. Diese ent-stünden, da in Deutschland der Anteilder Beschulung während der Berufs-ausbildung relativ hoch sei und dieAuszubildenden in dieser Zeit nichtam wertschöpfenden Prozess beteiligtseien – sie in dieser Zeit also keinenErtrag erwirtschaften, sondern aus-schließlich Kosten verursachen. Gera-de im letzten Ausbildungsjahr, so JAN-DER, in dem sich die Auszubildendenauf ihre Abschlussprüfung vorberei-ten, stehen diese für einige Wochendem Ausbildungsbetrieb nicht fürwertschöpfende Tätigkeiten zur Verfü-gung, müssen aber trotzdem entlohntwerden. Als Grund für die zusätzliche

Beschulung vor der Abschlussprüfungführt JANDER an, dass die Anforderun-gen der Abschlussprüfungen häufignicht durch die betriebliche Ausbil-dung abgesichert werden, da diesenicht mit dem betrieblichen Alltagübereinstimmen.

Weiterhin entstehen in einem nicht un-erheblichen Umfang Kosten für denadministrativen Teil der Berufsausbil-dung. Dazu gehören die Bewerber-auswahl, die Bewerbereinstellung, dieAnmeldung der Auszubildenden beider zuständigen Kammer und bei derBerufsschule, die Kontrolle des Be-richtsheftes usw.

Unternehmen sehen sich nicht seltenmit zwei- bis sogar dreistelligen Be-werberzahlen pro angebotenem Aus-bildungsplatz konfrontiert. Insbeson-dere der Aufwand und die Kosten derBewerberauswahl sind gerade fürKleinstbetriebe verhältnismäßig hochund schrecken von vornherein vieleUnternehmen ab.

Ein weiterer Grund, nicht auszubilden,stellt der Umstand dar, dass geradekleine und eher junge Unternehmenbisher keine Ausbildungserfahrungvorweisen können. Die Aneignung vonAusbildungserfahrung stellt einen er-höhten Mehraufwand und somit höhe-re Kosten für den Betrieb dar. So meintauch SCHLOTTAU (2003, S. 13): „Für Be-triebe, die bisher noch nicht ausgebil-det haben, ist eine der größten Hemm-schwellen die fehlende Informationüber alle rechtlichen, organisatori-schen und verwaltungstechnischenFragen im Zusammenhang mit derAusbildung.“

Eine Besonderheit vieler Kleinbetriebeliegt zudem in dem Umstand, dassdiese insbesondere im Bereich derMetall- und Elektrotechnik so speziali-siert sind, dass sie nicht das gesamteSpektrum der Ausbildungsordnungenabdecken können, was die Gefahr mitsich bringt, dass Anforderungen von §14 (1) BBiG nicht in vollem Umfang ge-währleistet werden können. Es fehltihnen zudem geeignetes Ausbildungs-personal für die eigenständige Durch-führung von Berufsausbildung. Dieseseinzustellen beziehungsweise dafürSorge zu tragen, dass die vorhande-nen Mitarbeiter die erforderliche Aus-bildereignung erwerben, erfordert

ebenfalls den Einsatz erhöhter finan-zieller Mittel.

Nutzenseite

Der Nutzen eigenständiger Durchfüh-rung von Berufsausbildung äußert sichvielfältig. Mit Bezug auf die von WAL-DEN durchgeführte Studie zu Kosten-Nutzen-Relationen in der betrieblichenAusbildung lässt sich feststellen, dassaus eigenständiger Durchführung vonBerufsausbildung der Nutzen resul-tiert, dass das ausbildende Unterneh-men nicht auf die am Arbeitsmarktverfügbaren Fachkräfte angewiesenist, sondern seine Fachkräfte selbstausbildet. Dieser Aspekt ist vor allemin Hinblick auf den zu erwartendenFachkräftemangel entscheidend. Sowird personellen Engpässen weitest-gehend vorgebeugt. Die Folge ist dieVerringerung von Ausfallkosten fürnicht besetzte Fachkräftestellen (vgl.WALDEN 2003).

Weiterhin entfallen Rekrutierungs- undEinarbeitungskosten, die bei der Ein-stellung neuer Fachkräfte entstehen.Aus der Beschäftigung selbst ausge-bildeter Fachkräfte resultiert ein be-achtliches Kosteneinsparungspoten-zial, da bestehende langfristige Leis -tungsdifferenzen zwischen selbst aus-gebildeten und extern rekrutiertenFachkräften entfallen.

Weiterhin kann es zu personellen undfinanziellen Kapazitätsengpässen füh-ren, wenn Fachkräfte erst auf dem Ar-beitsmarkt gesucht werden müssen.Auch hier entstehen Kosten, die gera-de von kleinen Unternehmen nurschwer aufzuwenden sind.

Einen unter Kostengesichtspunktenbetrachteten Vorteil von Berufsausbil-dung, der in zahlreichen Studien her-ausgestellt wird, stellt der Umstanddar, dass in vielen Ausbildungsberufendie Auszubildenden bereits nach kur-zer Ausbildungszeit mehr erwirtschaf-ten, als ihre Ausbildung an Kosten ver-ursacht. Es muss an dieser Stelle je-doch darauf hingewiesen werden,dass dieser Aspekt je nach Ausbil-dungsberuf und Ausbildungsbetriebstark variiert (vgl. RITTMEYER/HAASLER

2007; JANDER 2007).

Erhebungen haben ergeben, dass sichdie Durchführung von Berufsausbil-dung positiv auf das Image des ausbil-

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denden Unternehmens in der Öffent-lichkeit auswirkt. Das Ansehen desBetriebes bei Kunden und Lieferantenwird vergrößert, die Attraktivität desBetriebes für leistungsfähige Arbeits-kräfte erhöht. Dies wirkt sich langfris -tig positiv auf den Umsatz des Unter-nehmens aus und stellt einen nicht un-erheblichen Nutzen von Berufsausbil-dung für das ausbildende Unterneh-men dar (vgl. ZINNEN 2006).

Weiterhin verfügen selbst ausgebilde-te Fachkräfte über Kenntnisse, die be-sondere Verfahrensweisen, Arbeitsab-läufe und Produkte im Betrieb betref-fen. Extern eingestellte Fachkräftemüssen diese Kenntnisse mühsamneu erwerben, was sich auf ihre Pro-duktivität und den damit verbundenenErtrag der Arbeit negativ auswirkt. Soist der betriebliche Weiterbildungsauf-wand bei der Beschäftigung selbstausgebildeter Fachkräfte anfangs ge-ringer. Sie sind außerdem bereits mitden Betriebszielen und der Unterneh-menskultur vertraut, besitzen Erfah-rungen mit Kunden und Lieferantendes Betriebes, kennen die betrieb-lichen Informationsstrukturen und -ab-läufe und sind in der Zusammenarbeitmit den Arbeitskollegen eingespielt.Dies führt im Vergleich zu geringerenReibungsverlusten und somit zu einererhöhten Produktivität. Gegenüber ex-tern eingestellten Fachkräften bringensie anfangs einen erheblichen Produk-tivitäts- und somit Kostenvorteil.

Einen nicht zu vernachlässigendenAspekt, der aus der Durchführung vonBerufsausbildung resultiert, stellen dervolkswirtschaftliche und der gesell-schaftliche Nutzen dar. Die Durchfüh-rung von Berufsausbildung verringertdie Jugendarbeitslosigkeit und fördertdie Persönlichkeitsentwicklung derjungen Menschen, was sich erfah-rungsgemäß auf die gesamte Gesell-schaft auswirkt.

Verbesserung der Kosten-Nutzen-Relation

Vor dem Hintergrund der Tatsache,dass Berufsausbildung grundsätzlichrentabel sein kann, wie SCHWERI, KAM-MEN sowie RITTMEYER und HAASLER zei-gen, empfiehlt es sich, UnternehmenAspekte zur Senkung von Kosten auf-zuzeigen und/oder nutzenerhöhendeMaßnahmen zu erläutern. Weiterhin

liegt gerade bei Unternehmen, die bis-her noch nicht ausgebildet haben, dieVermutung nahe, dass die mangelndeBereitschaft zur Ausbildung auch aufUnwissenheit, Unsicherheit und nichtkostengebundene Aspekte zurückzu-führen ist. Daher besteht eine wichtigeAufgabe öffentlicher Institutionen dar-in, Unternehmen über die gegebenenUmstände und Möglichkeiten, die mitBerufsbildung zusammenhängen, zuinformieren.

Was aber können nun Unternehmentun, die aufgrund ihrer Größe oderStruktur nicht in der Lage sind, eigen-ständig auszubilden? Welche Mög-lichkeiten existieren für diese Unter-nehmen, am Nutzen von Berufsausbil-dung zu partizipieren und sich so ei-nen Marktvorteil zu verschaffen?

Eine Lösung dieses Problems stellt,gerade für Kleinstbetriebe, z. B. dieNutzung eines externen Ausbildungs-managements dar, die häufig in Ver-bindung mit Verbundausbildung ange-boten wird.

Die Ausbildung im Verbund ist eine Va-riante, mit der Unternehmen bei derDurchführung von Berufsausbildungunterstützt werden können. Sie eignetsich besonders für Kleinstbetriebe, dieallein nicht in der Lage wären, eine Be-rufsausbildung gemäß der Ausbil-dungsordnung zu gewährleisten.

Verbundausbildung hat für den ge-werblich-technischen Handwerksbe-reich große Relevanz und bedeutet,dass sich verschiedene Partner zu-sammenschließen, um gemeinsamBerufsausbildung durchzuführen (vgl.ausführlich PAHL/SCHÜTTE/VERMEHR

2003). Dabei werden verschiedeneFormen unterschieden – das Ausbil-dungskonsortium, die Auftragsausbil-dung, der Ausbildungsverein sowieder Leitbetrieb mit Partnerbetrieben.Die für den betrachteten Sachverhaltinteressantesten Varianten der Ver-bundausbildung werden im Folgendennäher betrachtet.

Die Auftragsausbildung ist eher fürgrößere Unternehmen geeignet. DerAuszubildende schließt mit einemStammbetrieb einen Berufsausbil-dungsvertrag ab. Der Stammbetriebzahlt die Ausbildungsvergütung undübernimmt alle administrativen Aufga-ben, die mit der Berufsausbildung in

Zusammenhang stehen. Einige Ab-schnitte der Ausbildung erfolgen je-doch als Auftragsausbildung gegenKostenerstattung außerhalb desStammbetriebes. Die Auftragsausbil-dung ist beispielsweise geeignet, umbetrieblich bedingte Schwankungender Ausbildungskapazität auszuglei-chen. Sie birgt einen Kostenvorteil füralle Beteiligten, da durch die Auftrags-vergabe eine gegenseitige Auslastungvon Ausbildungskapazitäten gewähr-leistet wird. So kann der Auftraggeberzusätzliche Auszubildende ausbildenund der Auftragnehmer ansonstenbrach liegende Ausbildungskapazitätnutzen.

Beim Ausbildungsverein bilden ver-schiedene Unternehmen einen Vereinund dann gemeinsam aus. Der Ausbil-dungsvertrag wird in diesem Fall nichtmit einem der Unternehmen, sondernmit dem Verein abgeschlossen. DieAusbildung wird je nach Ausbildungs-inhalt bei den beteiligten Unterneh-men durchgeführt. Die durch die Be-rufsausbildung entstehenden Kostenkönnen z. B. durch Spenden aufge-bracht werden.

Bei der Form des Leitbetriebes mitPartnerbetrieben schließt der Auszu-bildende seinen Berufsausbildungs-vertrag mit dem Leitbetrieb ab. Dieserzahlt dann den Großteil der Kosten,wie z. B. die Ausbildungsvergütung.Die Partnerbetriebe zahlen die Sach-kosten des jeweiligen Ausbildungs-teils. Die Ausbildung wird anteilig beidem am ehesten geeigneten Verbund-partner durchgeführt. Der Leitbetriebist daran interessiert, die Berufsausbil-dung selbst zu organisieren und zumTeil durchzuführen und somit auch zubeeinflussen. Die Partnerbetriebe hin-gegen sind vor allem daran interes-siert, die eigene Ausbildungsfähigkeitdurch die Nutzung der Ausbildungser-fahrungen des Stammbetriebes zuverbessern und den eigenen Fach-kräftenachwuchs zu sichern, ohne denAufwand und die Kosten einer selbstdurchgeführten Berufsausbildung leis -ten zu müssen.2

Ein allgemeines Kosten-Nutzen-Ver-hältnis für den Einzelnen im Ausbil-dungsverbund kann jedoch nicht her-ausgestellt werden. Dieses unter-scheidet sich nach Form und Ausprä-gung des Verbundes. Es lässt sich je-

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doch feststellen, dass die Ausbil-dungskosten für den Einzelnen sinkenund durch Ausbildung im Verbund dieRelation von Ausbildungskosten undAusbildungsnutzen für den Einzelnenverbessert wird.

Trotz der Möglichkeit, mit anderen Be-trieben und/oder Bildungsträgern imVerbund auszubilden und so die Aus-bildungskosten zu verringern, bildenviele Betriebe nicht aus. Der Grunddafür kann zum einen darin liegen,dass Betriebe nicht ausreichend infor-miert sind und/oder zum anderen,dass die Ausbildungskosten nicht alsMotiv für die mangelnde Ausbildungs-bereitschaft der betreffenden Betriebeherangezogen werden können, son-dern etwa die mangelnde Ausbil-dungserfahrung. So findet in etwa 15Prozent aller Verbünde deshalb bereitsjetzt eine Betreuung mehrerer Betriebedurch externe Berater statt. Dies wirdauch als externes Ausbildungsma-nagement bezeichnet (vgl. DRINK HUT/SCHLOTTAU 2003).

Externes Ausbildungs -management

Erhöht externes Ausbildungsmanage-ment den Nutzen von Berufsausbil-dung für einzelne Unternehmen? Wel-che Maßnahmen verbergen sich imEinzelnen hinter dieser Bezeichnung?Welchen Nutzen haben die Auszubil-denden von Maßnahmen des externenAusbildungsmanagements?

Unter der Bezeichnung „externes Aus-bildungsmanagement“ wird eine Viel-zahl von Maßnahmen zusammenge-fasst. So hat externes Ausbildungs-management zum Ziel, durch unter-schiedliche Maßnahmen den Ausbil-dungserfolg von Auszubildenden zuverbessern und so deren Nutzen alsauch den für die ausbildenden Unter-nehmen zu erhöhen. Ein weiteres Zielstellt die Modernisierung der Ausbil-dung dar, um dem technologischenFortschritt sowie neuen Lernanforde-rungen und Lernformen gerecht zuwerden. Eine andere Folge externenAusbildungsmanagements besteht inder Chance zur Reduzierung von Aus-bildungskosten, was – wie dargestellt– positiv auf das Kosten-Nutzen-Ver-hältnis von Berufsausbildung wirkt.

Wie genau können nun aber Maßnah-men des externen Ausbildungsma-nagements gestaltet sein? (Abb. 2)

Der Nutzen von Berufsausbildung so-wohl für die Unternehmen als auch fürdie Auszubildenden selbst ist umsohöher, je besser die Ausbildungsleis -tung der Auszubildenden ist. Eine Ver-besserung des Ausbildungserfolgesder Auszubildenden kann durch viel-fältige Aktionen erreicht werden. Sowirken sich Maßnahmen zur Verbes-serung des Übergangs von Schule inAusbildung so aus, dass Abbruchquo-ten verringert werden können. SindJugendliche bereits im Vorhinein überdie Inhalte und Möglichkeiten des vonihnen angestrebten Ausbildungsberu-fes informiert, sinkt die Wahrschein-lichkeit, dass sich während der Ausbil-dung herausstellt, dass ihnen der Aus-bildungsberuf nicht gefällt und sie dieAusbildung vorzeitig abbrechen. Wei -terhin verbessern sich die Leistungenvon Auszubildenden, wenn diese ei-nen Beruf erlernen, der ihnen Spaßmacht und der zu ihrer Persönlichkeit,zu ihrer Veranlagung und ihren Talen-ten passt. Das führt dazu, dass dieausbildenden Unternehmen von Aus-zubildenden mit erhöhter Produktivitätprofitieren. Diese erwirtschaften höhe-re Erträge und verbessern dadurchdas Kosten-Nutzen-Verhältnis ihrerBerufsausbildung.

Der Übergang von Schule in Ausbil-dung ist nicht selten durch völlige Un-sicherheit auf Seiten der Jugendlichengeprägt. Bei der Durchführung von„Schnupperpraktika“ haben die Ju-gendlichen die Gelegenheit, einen Ein-blick in ein Unternehmen zu erhaltenund zu erleben, wie sich ihr Wunsch-beruf in der Praxis gestaltet. Sie kön-nen ausprobieren, ob die Tätigkeiten

ihren Vorstellungen entsprechen. Auchfür die betreffenden Betriebe bietensolche „Schnupperpraktika“ eine guteGelegenheit, Schüler im Arbeitsalltagkennen zu lernen. So können sie inPraktika sehen, ob der Praktikantauch zukünftig als Auszubildender inihr Unternehmen passt und ob er inder Lage ist, die an ihn gestellten An-forderungen zu erfüllen.

Eine weitere Möglichkeit, den Über-gang von der Schule in die Berufsaus-bildung zu verbessern, besteht in Be-triebserkundungen, in Informations-ständen auf Firmenkontaktmessenoder auch in Projekttagen an Schulen,wo sich zukünftige Auszubildendeüber verschiedene Möglichkeiten derBerufsausbildung informieren und ent-sprechende Betriebe kennenlernenkönnen.

Durch solche Maßnahmen haben dieBetriebe die kostengünstige Gelegen-heit, ihren Fachkräftenachwuchs ken-nenzulernen und umgekehrt. Das Un -ter nehmen wird bekannter; es erfährteinen Imagezuwachs.

Weiterhin existieren bereits unter-schiedlichste Profiling-Angebote. Die-se ermitteln für die zukünftigen Auszu-bildenden, für welche Ausbildungsbe-rufe sie aufgrund ihrer Talente, persön-lichen Neigungen, Vorbildung und Vor-stellungen geeignet sind. Wenn nunalso das Unternehmen durch solcheMaßnahmen produktivere und erfolg-reichere Auszubildende und so Mitar-beiter gewinnen kann, erhöht dies dieRentabilität von Berufsausbildung.

Eine weitere Maßnahme zur Verbesse-rung des Ausbildungserfolges stellt dieAusbildungsbegleitung am betrieb-lichen Arbeitsplatz durch einen exter-

Externes Ausbildungsmanagement

Verbesserung des Übergangs von Schule in Ausbildung

Ausbildungsbegleitung am betrieblichen Arbeitsplatz

Dienstleistungsangebot zum betrieblichen

Ausbildungsmanagement, u. a. durch Maßnahmen zur

Lernförderung und gezielte Prüfungsvorbereitung

V b d Üb A bild i d B fAbb. 2: Externes Ausbildungsmanagement für Kleinbetriebe: mögliche Hand-

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132 lernen & lehren (l&l) (2008) 91

nen Berater dar. Dieser kann relativzeitnah Fehlentwicklungen jeglicherArt identifizieren, die Ursachen analy-sieren und Gegenmaßnahmen einlei-ten. Zu solchen Gegenmaßnahmengehört z. B. auch die Anwendung vonKonfliktmanagement. Ein großer Vorteildieser Maßnahme besteht in dem Um-stand, dass sie am Arbeitsplatz erfolgt,somit keine Ausfallzeit entsteht und dieProduktivität des einzelnen Auszubil-denden optimiert wird. Die Auszubil-denden profitieren ebenfalls von die-sen Maßnahmen, da ihnen so ver-mittelt wird, wie sie Probleme am Ar-beitsplatz lösen können. Gerade die inder Entwicklung befindlichen Jugend-lichen sehen sich schnell Problemengegenüber, die sie allein nur schlechtoder gar nicht lösen können. Werdensolche Konflikte nicht gelöst, führen siemeist zu einer schlechteren Leistungdes Auszubildenden bis hin zum Ab-bruch der Berufsausbildung. Bleibtalso festzuhalten, dass mit der Beglei-tung am betrieblichen Arbeitsplatz undMaßnahmen des Konfliktmanage-ments der Ausbildungserfolg langfri-stig verbessert werden kann und soder Nutzen von Berufsausbildung fürdie Betriebe erhöht wird. Die Auszubil-denden erfahren einen Zuwachs in derEntwicklung ihrer Persönlichkeit.

Um gute Ausbildungsleistungen zu er-bringen, ist es nicht ausreichend, übergute Ausgangsbedingungen zu verfü-gen. Ein hohes Maß an Motivation istunablässig. Diese wird gesteigert,wenn den Auszubildenden bereitswährend der Berufsausbildung Per-spektiven für den Zeitpunkt nach ei-nem erfolgreichen Berufsabschlussaufgezeigt werden. Maßnahmen zurVerbesserung des Übergangs vonAusbildung in den Beruf erhöhen dieMotivation der Auszubildenden, zei-gen sowohl diesen als auch den aus-bildenden Unternehmen kostengüns -tig Möglichkeiten auf, mit gut ausge-bildeten Fachkräften zu arbeiten, wiedas Beispiel der Voith Paper GmbHzeigt (vgl. KAMMEN 2007).

Betriebe bemängeln häufig, dass Be-rufsausbildung nicht mehr zeitgemäßsei und sich den technologischen Ent-wicklungen nicht anpassen würde.Diese Aussage muss insofern relati-viert werden, als dass Berufsausbil-dung weiter modernisiert werden kann.So können Betriebe bei der Lernförde-

rung z. B. durch das Angebot von lern-fördernden Arbeitsaufgaben, die einermodernen Didaktik genügen, unter-stützt werden (vgl. JENEWEIN/MIEL -KE/MÖHRING 2006). Dieses führt auchdazu, dass der zeitliche Aufwand fürdie Vorbereitung auf die Abschlussprü-fungen und so die damit verbundenenAusfallzeiten der Auszubildenden ver-ringert werden.

Weiterhin können Unternehmen Syner-gien nutzen, die entstehen, wenn siean lockeren oder festen Netzwerken,wozu unter anderem Ausbildungsver-bünde gehören, partizipieren. Auchsolche Maßnahmen erhöhen den Nut-zen von Ausbildung für die einzelnenBetriebe, da sich ihr interner Fachkräf-tenachwuchs zum einen zukünftig fle-xibel auf sich verändernde Technolo-gien einstellen kann und zum anderenbereits während der Ausbildung lernt,mit neuen Technologien zu arbeiten.

Neben der Verbesserung der Ausbil-dungsleistung spielt die Reduzierungder Ausbildungskosten eine wesentli-che Rolle, die Kosten-Nutzen-Relationzu verändern und eine Erhöhung dervorhandenen Ausbildungsplätze anzu-streben. Ausbildungskosten könnenneben der Ausbildung im Verbund vorallem durch ein Dienstleistungsange-bot zum betrieblichen Ausbildungs-management reduziert werden. Dabeikönnen ausbildungsbereite Unterneh-men durch einen externen Berater beider Bewerberauswahl sowie bei derEinstellung geeigneter Ausbildungs-platzbewerber unterstützt werden. DieUnternehmen sparen dadurch Perso-nalkosten ein, die bei der Bewerber-auswahl und/oder bei der Qualifizie-rung eines Mitarbeiters zur Bewerber-auswahl anfallen. Weiterhin kann dasbetriebliche Personal von Organisa-tions- und Betreuungsaufgaben ent -las tet werden.

Viele der aufgeführten Maßnahmenführen – neben der Verringerung vonAusbildungskosten – auch zu geringe-ren Abbruchquoten, womit sich dieKosten-Nutzen-Relation von Ausbil-dung gravierend verbessern lässt. Ne-ben den bereits dargestellten Aspek-ten, die den Ausbildungserfolg positivbeeinflussen können, besteht dieMöglichkeit, Betriebe und ihre Auszu-bildenden durch Lernförderung undgezielte Prüfungsvorbereitung zuunterstützen. Diese Option wird in

mehreren Ausbildungsverbünden sys -tematisch aufgegriffen und genutzt.

Fazit

Berufsausbildung kann auch inDeutschland rentabel sein. ExternesAusbildungsmanagement bietet viel-fältige Maßnahmen und Möglichkei-ten. Aus diesen können Unternehmenwählen, um ihre individuelle unterneh-mensinterne Kosten-Nutzen-Bilanz sozu optimieren, dass Berufsbildungauch finanziell rentabel ist.

Für die Auszubildenden führt dieDurchführung von Maßnahmen desexternen Ausbildungsmanagements in(fast) jedem Fall zu einer Nutzenerhö-hung, resultiert doch aus vielen Maß-nahmen eine Erhöhung des Ausbil-dungserfolges und eine umfangreicheEntwicklung der Persönlichkeit. Auchhier ist darauf zu achten, dass bei derWahl der Maßnahmen die individuellenAusgangsbedingungen berück sichtigtwerden.3

Anmerkungen

1 Dass diesbezüglich weiterhin großesPotenzial besteht, zeigt beispielsweiseder Berufsbildungsbericht 2005 für dasLand Sachsen-Anhalt, aus dem hervor-geht, dass Mitte 2005 nur 27 Prozentder Betriebe Sachsen-Anhalts ausbilde-ten (MW SACHSEN-ANHALT 2006, S. 9ff.). Besonders ungünstig stellte sichdabei die Ausbildungsbereitschaft vonKleinbetrieben mit weniger als zehn Be-schäftigten dar. Gerade in Sachsen-An-halt gibt es jedoch zum großen TeilKleinstbetriebe, die aus nur wenigenMitarbeitern bestehen und die so dieAuswirkungen von einem Fachkräfte-mangel am stärksten spüren werden.

2 Gerade in Sachsen-Anhalt wird bereitsjetzt ein erheblicher Umfang der Berufs-ausbildung im Verbund realisiert (vgl.MW SACHSEN-ANHALT 2006, S. 9 ff.).

3 Vergleiche hierzu das im MagdeburgerModellversuch „V-NET – Von der Ver-bundsausbildung zum überregionalenBildungsnetzwerk“ (Wirtschaftsmodell-versuch, gefördert durch das Bun -desins titut für Berufsbildung aus Mittelndes BMBF) entwickelte Konzept deradaptiven Lernmodule (s. JENEWEIN/MIEL KE/MÖH RING 2006; www.v-netz.net).

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Volkmar Herkner/Jörg-Peter Pahl

Entwicklung gewerblich-technischer Schulenohne Theoriekonzepte?

„Ich glaube, dass eine Theorie viel eher fähig ist, kraft ihrer eigenen Objektivität praktisch zu wirken, als wenn sie sichvon vornherein der Praxis unterwirft. Das Unglück im Verhältnis von Theorie und Praxis besteht heute gerade darin,dass die Theorie einer praktischen Vorzensur unterworfen ist.“ (ADORNO)

Organisation in gewerblichtechnischen Schulen – Aus-gangspunkt für theoriegeleite-te Überlegungen

Fachfremde Besucher einer gewerb-lich-technischen Schule sind häufigvon der Vielfalt der dort zu findendenBildungsgänge, der schulinternenKommunikation und der zu vermitteln-den Inhalte beeindruckt. So findenbeispielsweise die in der Eingangsbe-reichen und den Fluren aufgestelltentechnischen Exponate großes Interes-se. Die für die Gäste sichtbare tech-nisch-naturwissenschaftliche Rationa-

lität meinen sie dann häufig auch am„normalen Schultag“ in dem „Innenle-ben“ der gewerblich-technischenSchule zu erkennen. So erscheint fürsie eine eigenartige Organisation fest-stellbar. Wie in einem „Ameisenstaat“hat jeder Einzelne – ob Lernender,Lehrkraft oder nicht unterrichtendesPersonal – seinen speziellen Platz ineinem differenzierten System von Ver-waltungs-, Unterrichts- und Kontroll-strukturen. Jeder weiß, wohin er ge-hört, kennt seine Funktion, Aufgabesowie Position im Gesamtsystem undfindet sich zu einer bestimmten Zeitam richtigen Ort ein. Außenstehendewerden verwundert fragen, wie das

kompliziert ausschauende Gebilde mitverschiedenen Schulformen, Bil-dungsgängen, Technikfeldern, Beru-fen, Jahrgangsstufen und zudem oftauch Blockwochen so reibungslos,wie es ausschaut, funktioniert. In denSchulen werden Termini und Abkür-zungen benutzt, die von Fachfremdennicht verstanden werden. Aber auchdie Akteure an der Institution selbstmerken auf, wenn sie die Muße undZeit haben, über das Geschehen anihrer Dienststelle zu reflektieren.

Wie also organisiert sich so ein Sys -tem? Dahinter ist ein Masterplan undenormer Planungsaufwand zu vermu-

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ten. Ein organisatorisch ausgeklügel-tes Programm scheint den einzelnenPersonen zu bestimmten Zeiten dierichtigen Plätze zuzuweisen. Dazuwerden Pläne, Stundentafeln etc. er-stellt und über Aushänge allen Mitglie-dern der Schule bekannt gemacht.Diese Medien, die informellen Kontak-te der Akteure untereinander sowieverschiedene Konferenzen und Sit-zungen sorgen für die Kommunika-tion, die mit den Kriterien von JÜRGEN

HABERMAS (1988, S. 385 ff.) durchausals erfolgs- und verständigungsorien-tiert, aber auch als strategisch be-zeichnet werden kann.

Über diese Kommunikationsmittel wirdder Ablauf funktions- und aufgabenge-recht geregelt. Das Organisationspro-gramm scheint dabei so verzweigt zusein, dass Störungen z. B. als Doppel-belegungen nahezu ausgeschlossensind. Eine Lehrkraft mit einer bestimm-ten Qualifikation wird zu einer festge-legten Zeit nur genau einmal „ge-bucht“. Auf Fehler macht dann dasProgramm aufmerksam. Die beruflicheSchule kommt auf diese Weise zu ei-nem geregelten inneren Ablauf. Aufden Kollegen, der gerade im Berufs-vorbereitungsjahr „Metalltechnik“unterrichtet hat, wartet nach der klei-nen Pause in dem dafür vorgesehenenRaum bereits die Klasse aus der Be-rufsoberschule, und bei einem anderenfolgen auf Zerspanungsmechanikerdes dritten Ausbildungsjahres nun dieIndustriemechaniker aus dem ers ten –ganz planmäßig. Von außen einge-brachte Lehrpläne geben wiederum inetwa vor, was in der jeweiligen Unter-richtsstunde zu behandeln ist. VomLernfeld 9 für Zerspanungsmechanikerwechselt die Lehrkraft in ihrer gedank-lichen Vorbereitung rasch zu Lernfeld 1und sieht die Industriemechaniker vorsich.

Anwendung von Handlungs-routinen bei Störungen – Theoriekonstrukt des Funktionierens

Gestört wird die Organisation nur,wenn mal etwas nicht wie „geplant“funktioniert. Störungen treten auf, z. B.weil eine Lehrkraft erkrankt ist, einSchüler neu an die Schule kommt undnicht weiß, wohin er gehört etc. Aufsolche Störgrößen reagiert das schuli-sche System mit festgelegten Routi-

nen und Maßnahmen. Insofern gleichteine berufliche Schule einem techni-schen Regelsystem: Wird der Sollwertim Abgleich mit dem Istwert nicht er-reicht, so muss „nachgeregelt“ unddie Störung beseitigt werden. Diesesgeschieht, indem z. B. der Abteilungs-leiter für eine Lehrkraft kurzfristig eineVertretungsstunde anberaumt. Dazumuss die Lehrkraft wiederum zur Ver-fügung stehen und möglichst die fürden Bildungsgang, für das Berufsfeldoder das Unterrichtsfach passendeQualifikation und Kompetenz besit-zen. Das Gleiche passiert auch aufdidaktisch-curricularer Ebene: Stelltdie Lehrkraft fest, dass man gegenü-ber den Vorgaben des Lehrplanes imRückstand ist, versucht sie gegenzu-steuern. Dazu werden beispielsweiseweniger wichtig erscheinende Inhalteweggelassen oder nur kurz angespro-chen, das Lehrtempo wird erhöht, undauch unterrichtsmethodisch wird nunanders vorgegangen. Springt eineLehrkraft als Vertretung ein, sucht sienach bereits vorbereiteten Unterlagenoder entscheidet ad hoc über eine an-dere Variante. Ein entsprechendesDenken hat in der pädagogischen Dis -kussion vor allem die informationsthe-oretisch-kybernetische Didaktik vonFELIX VON CUBE (1968) aufgegriffen.

Einige meinen, die „Störungen“ seienin beruflichen Schulen eher die Nor-malität und nicht die Ausnahme. Den-noch funktioniert das System „irgend-wie“. Wie kommt das zustande? Mankönnte zu folgender Einschätzung ge-langen: Die berufsbildende Schule istein auf allen Ebenen – von der Schul-verwaltung angefangen, über dieFachbereiche/Schulformen oder Ab-teilungen bis zum Unterricht – auf ra-sche Entscheidungen aufgebauterständiger „Reparaturbetrieb“, bei demimmerzu irgendwie Störungen zu be-seitigen sind, die als Kompromisse für„eben-mal“-Reaktionen herhaltenmüssen. Eine Schule – und vermutlicherst Recht eine berufliche Schule –funktioniert danach, ad-hoc-Lösun-gen für kurzfristig auftretende Schwie-rigkeiten zu praktizieren. Man geht da-von aus, die anstehende Notlösungbei einer langfristigen Planung zu kor-rigieren bzw. wenigstens zu überden-ken. Doch dazu kommt es nicht, weilwieder die nächste Unterrichtsstunde,Halbjahresplanung, … ansteht. Sowird dann auch z. B. der Aufbau einer

thematisch geordneten Medienbanketc. behindert, auch die nächste Klau-sur so geschrieben wie vorher, derUnterricht in der „bewährten“ Formdurchgeführt …

Das permanente Beseitigen von Stö-rungen in der Schule – hier auf schul -organisatorischer Ebene – findet auchim Unterricht seine Entsprechung.„Wäre Schule schön, wenn die Schü-ler am Morgen ausgeschlafen undausgeglichen, voller Wissensdurst undUngeduld die Klassen stürmten unddann ruhig sitzend, konzentriert stun-denlang an unseren Lippen hingenund begierig aufsaugten, was wir ih-nen mitteilen, und wenn sie sich weh-ren würden, schon nach 6 Stunden dieSchule verlassen zu müssen, und nurzu trösten wären, wenn wir ihnen fürden Rest des Tages genügend Aufga-ben mitgäben“, beschrieb GOTTFRIED

ADOLPH (1994, S. 6) einmal eine oft ge-wünschte Situation, um anzufügen:„Schüler sind eben lebendige Men-schen, und deshalb ist das Unterrich-ten manchmal so schwierig und mü-hevoll.“ Außerplanmäßige Situationenin Schule und Unterricht sind deshalbvorprogrammiert. Man kann zwar eineTheorie der Unterrichtsstörungen ent-werfen (WINKEL 2006), doch damit al-lein lässt sich Unterricht an einer be-ruflichen Schule nicht beschreiben.

Insgesamt ist festzustellen, dass „Be-währtes“ nur dann aufgegeben wird,wenn entsprechende Impulse von au-ßen gesetzt werden. Gelten plötzlichneue Lehrpläne, wie seit einiger Zeitfür den berufsbezogenen Unterrichtdie Lernfeld-strukturierten Curricula,so greifen die vorhandenen Routinennicht mehr. Das System muss sich erstLösungen oder Paradigmen erarbei-ten. Deutlich sieht man an dem Bei-spiel der Einführung lernfeldstruktu-rierter Lehrpläne im Elektro- und Me -tallbereich in den letzten Jahren denVersuch, Bisheriges zu „retten“ und„einfache Lösungen“ anzustreben.Dazu werden vielerorts die bewährtenUnterrichtskonzepte aus dem gefä-cherten Unterricht genommen und dieLernfelder entsprechend gedeutet, um„Passfähigkeit“ herzustellen. Ähnlichist es, wenn neue Bildungsgänge ein-gerichtet werden sollen oder verrin-gerte Klassensequenzen die Aufhe-bung von Teilungsunterricht zur Folgehaben.

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Nach der geschilderten Art – so kannangenommen werden – „funktioniert“eine berufliche Schule. Hinter dem be-schriebenen Geschehen lässt sich einAutomatismus vermuten, der als eine„Theorie“ bezeichnet werden kann.Eine „Theorie“ der beruflichen Schulewird demnach im Wesentlichen durchdas Geschehen am Lernort bestimmt.

Der Impetus dazu, auch wenn alles zufunktionieren scheint, eine Theorie zuentwickeln, um Verallgemeinerungenzu schaffen und dann rückwirkend diePraxis gegebenenfalls zu beeinflussen,ergibt sich durch die bereits angeklun-gene Analyse der beobachteten schu-lischen Verhältnisse und der erkanntenNotwendigkeiten. Damit könnten Fehl-entwicklungen aufgezeigt und Prozes-se abgekürzt werden, die durch lang-jährige Praxis an den beruflichenSchulen vielleicht im Laufe der Zeitauch falsifiziert werden würden.

Argumentationsstränge für dieEntwicklung einer Theorie desSystems gewerblich-techni-scher Schulen

Für die durch innovative Themen ausArbeit und Technik bestimmten ge-werblich-technischen Schulen und ihredurch Naturwissenschaft und Technikin ihrem Denken geprägte Lehrerschafterscheint es einerseits unvorstellbarund paradox, dass die Schule „ohneSystem“ optimal funktionieren kann.Wie bei technischen Problemen auchmuss Schule rational gestaltet undnach Verbesserungsmöglichkeiten ge-sucht werden. Andererseits wird andieser Institution die Meinung vertre-ten, eine Theorieentwicklung derSchule sei nicht notwendig; die Praxiswürde regeln, was zu regeln sei. Ähn-lich der Natur würden sich die prakti-kablen Lösungen im Laufe der Zeitdurchsetzen, die weniger praktikablenhingegen sich als nachteilig oder sogarüberflüssig erweisen und daher selek-tiert werden. Die Selbstregulation er-scheint optimal. In den Jahrzehnten ih-rer Geschichte haben berufliche Schu-len genau das gemacht – ohne, dasses dazu einer Theorie bedurft hätte. Esbestehen auf diese Weise zwei diame-tral entgegengesetzte Meinungen zurNotwendigkeit einer Theorie der ge-werblich-technischen Schule mit dia-metral zueinander stehenden Argu-menten.

Beide Argumentationen erscheinenschlüssig und sind nicht von der Handzu weisen. Dennoch lässt sich auchanders argumentieren. Ohne Schuld-zuweisungen betreiben zu wollen, sinddie Defizite an den beruflichen Schu-len zum Teil beträchtlich. Dazu gehö-ren die oft reklamierte Praxisferne desberufsbezogenen Unterrichts, diestarke Heterogenität der Klassen, dieoft zu Unter- oder Überforderungenund damit zu Frustrationen bei denLernenden führt, oder auch die großenHerausforderungen an die Lehrkräfte,die sich an einem Schultag auf zumTeil sehr verschiedene Anspruchsnive-aus einstellen müssen. Ausbildungs-abbrüche auf der einen und Burn-out-Effekte auf der anderen Seite sindnicht selten die Folge.1 Es lässt sichdeuten: Institutionen ohne ein Theorie-fundament arbeiten nicht optimal undpassen nicht in unsere durch wissen-schaftliche Erkenntnisse bestimmteZeit. Aber was müsste getan werden,um die Schwachstellen zu beseitigen?

Zum einen könnte eine Theorie für diePraxis entwickelt werden, um die be-stehende Praxis an den beruflichenSchulen zu verbessern; also aus ei-nem Praxisdefizit heraus. Da könnteman argumentieren, dass die beruf-lichen Schulen bei weitem nicht so ar-beiten (innerhalb des Bildungssys -tems), wie zu wünschen wäre, weilz. B. zu viele Auszubildende schuli-sche Beratungsangebote nicht nutzenund auch aus Schulfrust die Lehre ab-brechen, nur sehr wenige Teilnehmerdes Berufsvorbereitungsjahres odersonstiger „Brückenkurse“ von der Be-schulung in der Pflichtschule einenNutzen ziehen können, die Leistungenvon Auszubildenden in Metall- undElektroberufen gerade in Richtung so-zialer Kompetenzen von Unternehmenund Kammern häufig als ungenügendeingeschätzt werden usw.2 Auch sollteman auf einen Einwand vorbereitetsein: Praktiker bemängeln oft, dasseine entwickelte Theorie nicht an-wendbar oder sogar fehlerhaft sei. Da-her würden sie von theoretischen Be-trachtungen zu beruflichen SchulenAbstand nehmen. Gerade auf didakti-sche, lerntheoretische und lernpsy-chologische Theorien scheint das zu-weilen zuzutreffen, wobei die Ursa-chen zum Teil darin liegen, dass manannimmt, mit Theorien hätte man alleserklärende „Allheilmittel“ in die Hand

bekommen. In der Folge versuchenmanche Praktiker zunächst „mit Ge-walt“ eine Theorie auf die Praxis anzu-wenden. So wird sie erst deformiertund schließlich als unbrauchbar er-klärt.

Die Praxis zeigt zum anderen, dassdas System „Berufliche Schule(n)“ –aus welchen (systemimmanenten)Gründen auch immer und trotz diver-ser Schwierigkeiten – im Großen undGanzen in Selbstorganisation „irgend-wie“ funktioniert, obwohl ein überge-ordnetes Gedankengerüst, eine Theo-rie, fehlt oder nur bruchstückhaft vor-liegt. Jährlich schließen viele tausendeSchülerinnen und Schüler ihren beruf-lichen Bildungsgang erfolgreich ab.Bislang ist auch nicht bekannt, an ei-ner Einrichtung würde etwa ein derar-tiges Chaos herrschen, dass mannicht mehr von einem geordnetemSchulleben sprechen könne.

Es ist demnach zu fragen, wieso sichdas System anscheinend selbst, d. h.nur durch Order und fast ohne Theo-rie, organisieren kann. Welche Mecha-nismen der Selbstorganisation laufenda ab? Hier ist also nicht das Praxis-defizit ausschlaggebend, sondern dasErkenntnisinteresse der Wissenschaftund deren Motivation, für die PraxisHilfen zu geben. Insofern hat nochheute die Aussage von THEODOR W.ADORNO (2003, S. 343) Gewicht, wenner ganz generell einschätzt, „dass eineTheorie viel eher fähig ist, kraft ihrer ei-genen Objektivität praktisch zu wir-ken, als wenn sie sich von vornhereinder Praxis unterwirft“ und wenn er ein-schränkend vom „Unglück im Verhält-nis von Theorie und Praxis“ spricht,weil häufig „die Theorie einer prakti-schen Vorzensur unterworfen ist“.

Das Verhältnis von Theorie und Praxisist auch für die beruflichen Schulennicht unproblematisch. Greift manallerdings diese beiden Möglichkeitenauf, die sich durch eine Theorie beruf-licher Schulen andeuten – nämlich Ver-besserung der Praxis durch Theorie -entwicklung sowie wissenschaftlichesErkenntnisinteresse daran, wie kom-plexe soziale Systeme funktionieren –,so lassen sie sich auch zu einer ge-meinsamen und produktiven Argu-mentation verbinden. Wissenschaftversucht zu ergründen, wieso Systemewie hier diejenigen der beruflichenSchule so und nicht anders funktionie-

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ren. Daraus könnten sich Schlussfol-gerungen ziehen lassen, z. B. welchePerspektiven berufliche Schulen inPraxis und Theorie und durch einfruchtbares Verhältnis der beiden be-sitzen.3

Ansprüche an eine Theorie ge-werblich-technischer Schulen

Eine Theorie beruflicher Schulen solltenicht nur den Ist-Zustand wiederge-ben oder den Soll-Zustand reklamie-ren. Sie dürfte nicht einzig als stati-sche Momentaufnahme angelegt sein,sondern muss historische, gegenwär-tige und möglichst auch zukünftigeEntwicklungen berücksichtigen. Gera-de für gewerblich-technische Schulenmüsste dabei die Innovationsfähigkeiteine in zumindest zweifacher Hinsichtwichtige Rolle spielen. Eine beruflicheSchule mit besonderem Fokus aufTechnikfelder wie Elektro-, Informa-tions-, Metall- oder Kfz-Technik mussnicht nur in Aufbau- und Ablauforgani-sation „modern“ sein. Selbstverständ-lich gehören Didaktik und Methodikunbedingt dazu. Dieses bedeutet,dass im Unterricht auch auf den Um-gang mit innovativen Technologienvorbereitet werden muss. Es ist einWechselspiel: Eine gewerblich-techni-sche Schule kann nur innovativ sein,wenn sie vor innovativen Technologiennicht halt macht. Entsprechende Tech-nologien in den Unterricht einzubin-den, setzt wiederum eine Organisationvoraus, die in Fragen der Beschaffungvon Medien, Ausbildungsmitteln undOriginalgeräten, des Zugangs zu ex-tern stehender Technik – z. B. überBesichtigungen in hochtechnologie-nahen Unternehmen, bei Technik- undWirtschaftsverbänden oder in Tech-nikinstituten – und der Weiterbildungder Lehrkräfte keine unnötigen Hürdenaufbaut und flexibel reagieren kann.Dieses kann zu einem innovativenSchulklima führen. Eine Theorie derberuflichen Schule müsste solche Be-dingungen erfassen.

Insbesondere dadurch, dass gewerb-lich-technische Schulen von ständi-gen erheblichen Veränderungen beiArbeit und Technik durch das Be-schäftigungssystem geprägt sind undauf diese Entwicklungen permanentreagieren müssen, wird zugleich auchdeutlich, dass sich Schule insgesamtwandeln muss. Das betrifft die vorfind-

bare Schulpraxis, aber auch die zuge-hörige Theorie.

Überlegungen zur Theorie von Schulesind nicht neu, denn die Entwicklungeiner fundierten Ausgangsbasis fürschulpraktisches Tun wird immer wie-der angemahnt, und dabei wird durch-aus gesehen, dass einige Theoriean-sätze und -fragmente vorliegen. Inzwi-schen wird von der Notwendigkeit aus-gegangen und gefordert, den einzel-wissenschaftlichen Gegenstand, d. h.diese schulische Institution vertieft zureflektieren und die daraus resultieren-den Überlegungen für die Bildungs-verwaltung und Schulpraxis nutzbarzu machen. Damit wird die Intentionangesprochen, wissenschaftliche Er-kenntnis über die Entwicklung, die Or-ganisation, die rechtlichen Bedingun-gen, Strukturen und Abläufe sowieüber Didaktik und Methodik zu erlan-gen, die als Hilfsmittel zur Erfüllungder Aufgaben an der beruflichenSchule eingesetzt werden können. Daes insbesondere den Praktikern, de-nen vorrangig die Bewältigung der An-forderungen des Schulalltags und dasErfassen von Neuerungen aus Arbeitund Technik im Beschäftigungssystemals Problem ansteht, hierbei nicht umdie Analyse bestehender Theorienoder Theorieansätze geht, sollte fürdie dort artikulierten Ansprüche einefür den Schulalltag hilfreiche Theorieangestrebt werden. Insgesamt ist esfür dieses Doppelziel notwendig, dieKonzeption, Prüfung, Verbesserungund den Neuaufbau einer Theorie desSystems beruflicher Schulen zu gene-rieren. Es geht nicht nur um Aussagenüber den Grad der Realisierung derTheorie, die Gründe für die Wahl zwi-schen den eingesetzten theoretischenMitteln und die unterschiedlichen Ar-ten von Theorien, die als möglich undzweckdienlich betrachtet oder sogareingesetzt werden. Wegen des inter-disziplinären Charakters, den eineTheorie beruflicher Schulen aller Vor-aussicht aufweisen muss, sind auchdie unterschiedlichen Theorietypenaus den verschiedenen Denkschulenauf eine Anwendbarkeit und Kompati-bilität des Gegenstandes hin zu prü-fen. Geleitet wird das Vorhaben vonder Intention eines methodisch lü -ckenlosen Aufbaus der Theorie derberuflichen Schulen als ein wissen-schaftliches Fernziel, wie es bereits für

die Berufsschule angedacht ist (PAHL

2004).

Komplexität von System undTheorie – Ausblick

Schon mit dieser ersten Sichtung wirddeutlich, dass eine Theorie für berufli-che Schulen insbesondere deren Auf-gaben und Funktionen sowie darüberhinaus verschiedene Aspekte berück -sichtigen muss, z. B.

– institutionelle, lernorganisatorischeund didaktische Ebenen,

– eine Makrosicht auf die Institution,eine Mesosicht auf die Bildungs-gänge und die Mikrosicht aufUnterricht,

– systemexterne und systeminterneRegulierungsmechanismen.

Damit ist anzunehmen, dass eine sol-che Theorie über die komplexe Praxisan gewerblich-technischen Schulenselbst in hohem Maße komplex seinmuss.4 Dieses gilt unabhängig von derFeststellung, dass die Umwelt nichtnur durch den Bereich von Arbeit undTechnik noch komplexer als das Sys -tem selbst ist (vgl. LUHMANN 1988).Doch allein an den vielen Einflussfak-toren, die von außen auf die beruf-lichen Schulen wirken, und die Leis -tungen, die das System für seine Um-welt und hier besonders für die ge-werblich-technische Wirtschaft er-bringt, wird deutlich, dass bereits eineklare Abgrenzung von System undUmwelt bei den beruflichen Schulenmit Schwierigkeiten verbunden ist.Dabei ist auch zu beachten, dass derKernbereich der beruflichen Schulen –die Berufsschule – selbst wiederumTeil eines komplexen Ausbildungs -sys tems ist, das nach besonderenMechanismen funktioniert. Ein Pro-gramm, das auf die Entwicklung einerTheorie der beruflichen Schule gerich-tet ist, sollte zunächst Aufgaben undFunktionen dieser Einrichtung klärenund dann zu den Arbeitsbereichen derTheorieentwicklung übergehen. Dabeisind die bereits vorhandenen Befunde– insbesondere auch empirische For-schungsergebnisse – zu beruflichenSchulen und ihrer Klientel zu nutzensowie die Übertragbarkeit von Theo-riekonstrukten – auch aus anderenDisziplinen – kritisch zu prüfen.

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Anmerkungen

1 Die Belastung der Lehrkräfte an berufs-bildenden Schulen weicht drastisch vonden Referenzdaten aus den allgemeinbildenden Schulen ab. „Im Gegensatzzu den anderen Gruppen (…) trifft fürLehrkräfte berufsbildender Schulen zu,dass diese sich schon ernsthaft über-legt haben, auszusteigen.“ (WILBUR2004, S. 376 f.)

2 An den Dilemmata trägt nicht zwingenddie berufliche Schule Schuld. Deutlichwird an der knappen Aufzählung, dassberufliche Schulen wiederum in das ge-sellschaftliche Gesamtsystem einge-ordnet und von diesem in hohem Gradeauch abhängig sind. So ist die fehlende„Passfähigkeit“ des Berufsvorberei-tungsjahres oder ähnlicher Maßnah-men, die zu selten in eine reguläre Be-schäftigung oder Ausbildung münden,keineswegs (allein) der beruflichenSchule anzulasten.

3 In solcher Absicht ist z. B. KÖSEL (2005)in seiner systemtheoretischen Analysezur Berufsschule vorgegangen. Er fol-gert auf mögliche Entwicklungskontex-te dieser Schulform.

4 Bei selbstkritischer und reflexiver Be-trachtung müsste man fragen, ob mandiese Theorie dann nicht didaktisch soreduzieren sollte, dass sie von denPraktikern wiederum ohne Problemegenutzt werden kann.

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Forum/Mitteilungen

ErrataIn den Heften 86 und 88 ist es leider zu fehlerhaften Wiedergaben bei Abbildungen gekommen. Herausgeber, Schriftleitungund Verlag bedauern dieses und bitten um Entschuldigung. Die korrekten Darstellungen werden hiermit nachgereicht.

1. Korrektur zum Beitrag „Arbeitswelt mitgestalten – kooperative Förderung der Gestaltungskompetenz von Industrieme-chaniker/-innen und technischen Zeichner/-innen an den Lernorten Berufsschule und Ausbildungsbetrieb“ von THOMAS

VOLLMER, THOMAS BERBEN, MANFRED JIRITSCHKA und ROLAND STAMMER, 22. Jg. (2007), Heft 86, S. 52–60.Auf Seite 59:

Abb. 8: Von den Lernenden gebauteund installierte KSS-Anlagenin der Schulwerkstatt (links)und im Ausbildungsbetrieb

2. Korrektur zum Beitrag „Teams im Zentrum schulischer Organisationsentwick lung“ von ULRICH SCHWENGER, 22. Jg.(2007), Heft 88, S. 165–175.

Auf Seite 174:

Die Darstellung ist Teil der Abbildung 6 „Übersicht über Kriterien und Erhebungsinstrumente“.

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Mitteilungen

am 12.03.2008 in Nürnberg (Universität Erlangen-Nürnberg, Raum 0.141), Beginn 18.30 Uhr, Ende 20.00 UhrProtokoll: B. Schweckendieck

TOP 1: BegrüßungR. Mizdalski begrüßt die Anwesenden und stellt die Beschlussfähigkeit fest.

TOP 2: Wahl der ProtokollführungB. Schweckendieck (ehem. Scheidt), neue Geschäftsstelle der BAG, übernimmt das Protokoll.

TOP 3: Tätigkeitsbericht des VorstandesR. Mizdalski erinnert daran, dass 2006 der Vorstand komplett gewechselt hat, somit viel Wissen verloren ging und so neueVerfahrenswege gefunden werden mussten – neben den Verwaltungsaufgaben der notariellen Änderung des Vereinsregis -ters, Aufgaben- und Geschäftsstellenänderung, Neuerstellung der Homepage, verbunden mit einem Domainwechsel usw.Er berichtet kurz über die Fachtagung in Rostock, die (leider ausgefallene) Tagung in Esslingen und die Mitarbeit bei derHerausgabe der Zeitschrift „lernen & lehren“. R. Mizdalski bedankt sich ausdrücklich für die vielfältig erhaltene Unterstüt-zung.

Zahl der Mitglieder zu Beginn 2008: 388.

TOP 4: Bericht des Schatz meisters/Bericht der KassenprüferSchatzmeister R. Meyer berichtet, dass die Funktion des Schatzmeisters im Berichtszeitraum sowohl von ihm als auchnoch von P. Krüß wahrgenommen wurde. Seit dem 01.04.2008 wird die finanzielle Abwicklung jedoch nur noch vom neu-en Konto aus vorgenommen.R. Meyer berichtet über den Kassenstand sowie die Ausgaben der Vorjahre.Da C. Seckinger aus dienstlichen Gründen nicht an der MV teilnehmen konnte, berichtet P. Hoffmann allein von der Kas-senprüfung: Es wurden keine Unregelmäßigkeiten festgestellt, die Kassenbücher wurden ordnungsgemäß geführt.Der Umzug der Geschäftsstelle nach Bremen ist abgeschlossen. Sie wird seit einem halben Jahr durch B. Schweckendieckauf Honorarbasis betreut.Die Layoutkosten für die Zeitschrift „lernen & lehren“, die sich in der Vergangenheit auf ca. 250,– Euro/Heft beliefen, wer-den sich in Zukunft in etwa verdoppeln. Um Kosten zu senken, wurde angeregt, ggf. statt der bisherigen 1.100 Exemplarewieder auf 900 Druckexemplare zurückzugehen.Die Mitglieder appellierten an den Vorstand, die Finanzen zu konsolidieren.

TOP 5: Entlastung des VorstandesK. Jenewein beantragt die Entlastung des Vorstandes sowie des Schatzmeisters und der Kassenprüfer. Der Antrag wirdeinstimmig angenommen.Anschließend legt R. Mizdalski sein Amt als BAG-Vorsitzender nieder. Er betont, dass sein Entschluss mit den immer viel-fältigeren Aufgaben als Schulleiter zu tun habe, die ihm nicht ausreichend Zeit für eine zu seiner Zufriedenheit ausfallendeehrenamtliche Tätigkeit ließe.

TOP 6: Wahl des WahlvorstandesW. Bauer wird einstimmig zur Wahlleitung der anstehenden Wahlen bestimmt.

TOP 7: Wahl des Vorstandes und des Beirates

Für die nächsten zwei Jahre werden für den Vorstand vorgeschlagen:1. Vorsitzender: F. HoweStellv. Vorsitzende: C. RichterStellv. Vorsitzender: R. GeffertSchatzmeister: R. MeyerAlle Vorschläge werden einstimmig angenommen.F. Howe, C. Richter, R. Geffert und R. Meyer nehmen die Wahl an.P. Krüß wird als Beirat „Mitgliederbetreuung“ vorgeschlagen.Der Vorschlag wird einstimmig angenommen.P. Krüß nimmt die Wahl an.

K. Jenewein erklärt, dass er nicht wieder als Beirat „Material und Literatur“ kandidiert. Von W. Lammers liegt ebenfalls kei-ne Rückmeldung zu einer Weiterführung des Beirats „Ausbildungsunternehmen“ vor. Für beide Beiratspositionen findensich innerhalb der Mitgliederversammlung keine Kandidaten. Der Vorstand wird beauftragt, sich um Kandidaten zu bemü-hen. Neue Kandidaten würden ggf. auf der nächsten Mitgliederversammlung nachträglich bestätigt werden.

TOP 8: Wahl der KassenprüferAls Kassenprüfer werden S. Reuter und P. Saar (bisherige Landesvertreter Saarland) vorgeschlagen.Der Vorschlag wird bei zwei Enthaltungen einstimmig angenommen. S. Reuter und P. Saar nehmen die Wahl an.

TOP 9: Wahl der Landesvertreter und deren Stellvertreter

Die bisherigen Landesvertreter/Stellvertreter wurden per E-Mail angefragt, ob sie erneut zur Verfügung stünden.

Die auf der folgenden [s. Kasten] Liste aufgeführten Kandidatinnen und Kandidaten werden einstimmig gewählt.

Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung 2008 der Bundesarbeitsgemeinschaft Elektro-technik-Informatik e. V.

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Mitteilungen

TOP 10: Schlussworte/PerspektivischesR. Mizdalski dankt noch einmal allen Beteiligten und übergibt sein Amt an F. Howe.F. Howe dankt R. Mizdalski für sein Engagement, die bisherige gute Zusammenarbeit und begrüßt R. Geffert als neues Mit-glied im Vorstand.

Zur Zeitschrift „lernen & lehren“ wird berichtet:

1. Sehr erfreulich ist die Mitteilung, dass Gottfried Adolph auch weiterhin bereit ist, für die Kommentare zur Verfügung zustehen.

2. Durch das Ausscheiden von Wal-demar Bauer wird ein Wechsel inder Schriftleitung erfolgen.

3. Felix Rauner hat darum gebeten,für ihn als Herausgeber einenNachfolger zu bestimmen.

Als eine wichtige Herausforderung dernächsten Jahre bezeichnet F. Howe,wieder mehr Mitglieder für die BAG zugewinnen. Der Vorstand wird hierÜberlegungen anstellen und bittet dieMitglieder um Unterstützung.

Bremen, 07.04.2008

gez. B. SchweckendieckProtokollführung

gez. Prof. Dr. F. Howe1. Vorsitzender

Protokoll der ordentlichen Mitgliederversammlung 2008 der Bundesarbeitsgemeinschaft Metall-technik e. V.

am 12.03.2008 in Nürnberg, Beginn 18.20 Uhr, Ende 19.45 Uhr

Protokoll: Prof. Dr. habil. Martin D. Hartmann

TOP 1: FormaliaUlrich Schwenger eröffnete die Mitgliederversammlung und stellte die Beschlussfähigkeit fest.Herr Schwenger stellte den Antrag auf Erweiterung der Tagesordnung um den Tagesordnungspunkt 6, Beschlüsse.Der Antrag wurde einstimmig ohne Enthaltung angenommen.

TOP 2: Bericht des VorstandesMitglieder/Mitgliederwerbung:Die BAG hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt 254 Mitglieder. Seit dem Höchststand ist dies ein Verlust von zehn Mitgliedern,die „unbekannt verzogen“ bzw. unerreichbar sind. Die Mitgliederzahlen sind im Jahr 2007 das erste Mal rückläufig: Es wur-den nur neun Beitritte und 13 Abgänge registriert; 2005 gab es noch 30 und 2006 23 Zugänge. Als Gründe werden u. a.genannt, dass viele Mitglieder Ende 50 sind. Auch der Rückgang der Studierendenzahlen u. a. in Flensburg macht sich be-merkbar.Die Mitgliederstruktur ist ungleich verteilt: Mitglieder gibt es vor allem in Norddeutschland (PLZ-Bereich 2.… – hier über100); im PLZ-Bereich 8…. gibt es nur drei Mitglieder.

Folgende Aktivitäten wurden aus den Arbeitskreisen berichtet:BAK Versorgungstechnik: Der BAK führte im November 2007 in der Kasseler Oskar-von-Miller-Schule mit der Thematik„Was hat sich seit der Neuordnung im SHK-Bereich getan?“ eine eigene erfolgreiche Fachtagung durch. Außerdem ver-sucht der BAK, gemeinsam mit Herstellern, z. B. mit dem Institut für wirtschaftliche Ölheizungen, Materialien für die Aus-bildung zu entwickeln. Es wurde ein Ordner mit Experimentalhinweisen erstellt, der den ersten Preis bei der Didacta erhal-ten hat.BAK Kfz-Technik: Der BAK betreibt vor allem eine Plattform mit vielen Materialien, die für alle interessierten Teilnehmerauch für Autorenrechte offen ist. Eigene Fachtagungen werden nicht als sinnvoll angesehen, da dies zu einer Verzettelungder aktiven Mitglieder führen kann.

Es schließt sich eine Diskussion in Bezug auf die Mitgliederwerbung an.BAK Fachschule für Technik: Hier liegt ein besonderes Augenmerk auf inhaltlichen Fragen, vor allem der vertikalen Durch-lässigkeit bis hin zu Abschlüssen, die im EQF dem Bachelor-Abschluss entsprechen. So hat in den vergangenen beidenJahren die Erarbeitung eines umfangreichen Argumentationsrahmens im Bereich der Fachschulen für Metalltechnik (undElektrotechnik) einen zentralen Raum eingenommen.

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Mitteilungen

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TOP 3: KassenberichtDie Rechnungsprüfung durch die beiden Kassenprüfer ergab keine Beanstandungen. Kontostand ist zum Zeitpunkt derSitzung: 8.320,30 Euro. Der Kontostand bewegt sich gegenwärtig zwischen 8.500 bis 9.000 Euro.

TOP 4: Entlastung des VorstandesDie Entlastung wird bei den vier Enthaltungsstimmen des Vorstandes einstimmig vorgenommen.

TOP 5: VorstandswahlWahlleiter ist Herr Herbst.– Der Vorstand Ulrich Schwenger (Vorsitzender), Thomas Vollmer (1. Stellvertreter), Uli Neustock (2. Stellvertreter), Michael

Sander (Schatzmeister) wird bei fünf Enthaltungsstimmen einstimmig wieder gewählt. Die Gewählten nehmen die Wahlan.

– Als Kassenprüfer werden einstimmig bei zwei Enthaltungen gewählt: Dieter Agel, Reiner Schlausch

Als besondere Vertreter nach § 6 werden gewählt:– Regionaler Koordinator: Lars Windelband– Landesvertreter Hessen: Dieter Agel

Die Wahl erfolgte jeweils einstimmig, bei einer Enthaltung.– Landesvertreter Niedersachsen: Andreas Weiner– Hochschulangelegenheiten: Georg Spöttl– BAK Versorgungstechnik: Michael Sander– BAK Kfz-Technik: Matthias Becker

Die Wahl erfolgte jeweils einstimmig bei zwei Enthaltungen.– BAK Fachschule für Technik: Jürgen Voss

Die Wahl erfolgte einstimmig, bei einer Enthaltung.

TOP 6: Beschlüsse– Betreuung des Online-Archivs für „lernen & lehren“

Nach ca. zwei Jahren gibt es beim Verlag keine nennenswerten Heftnachbestellungen mehr. Der Verlag hat deswegen zu-gestimmt, dass Hefte nach dieser Zeit als pdf-Dateien online gehen können. Als Vorteile werden gesehen: Man wird bei Re-cherchen im Internet gefunden und zitiert. Die stärkere inhaltliche Präsenz könnte bei Gewinnung zusätzlicher Mitgliederhilfreich sein.

An den Hochschulen soll nachgefragt werden, ob die Betreuung übernommen werden kann. Dies kann eventuell im Rah-men der Durchführung eines Projektes geschehen. Ansonsten soll ein Aufruf in „lernen & lehren“ erfolgen.

– Finanzierung der Veröffentlichung der Beiträge für die Fachtagungen Metall- und Elektrotechnik bei den HochschultagenZiel ist es, dass alle Beiträge der beiden Fachtagungen und nicht nur die Hauptbeiträge und Beiträge in den Workshopsveröffentlicht werden. Eine Veröffentlichung bei Bertelsmann wird als zu teuer angesehen. Es gibt alternativ dazu zwei Ver-öffentlichungsmöglichkeiten: a) bwpat online, b) Book on Demand. Es fallen je ca. 500 Euro für jede Veröffentlichungsartan. Die BAG-anteiligen Mittel an den Veröffentlichungskosten von 1.000 Euro werden bewilligt. Der Beschluss wird ein-stimmig angenommen.

TOP 7: Verschiedeneskeine weiteren Wortmeldungen

gez. Martin Hartmann gez. Ulrich SchwengerProtokollführer Vorsitzender

Gemeinsame Fachtagung der Bundesarbeitsgemeinschaften aufden Hochschultagen 2008 in Nürnberg

Unter dem Motto „Qualität in Schule undBetrieb: Forschungsergebnisse undgute Praxis“ fanden die diesjährigen 15.Hochschultage Berufliche Bildung inNürnberg statt. KARL WILBERS hatte hier-zu einen hervorragenden Rahmen ge-schaffen, in den sich die beiden Bundes-arbeitsgemeinschaften (BAG) mit ihrererstmals gemeinsamen Fachtagung un-ter dem Titel „Selbstorganisiertes Ler-nen und Qualität in der Berufsbildung –Ziele, Inhalte und Konzepte für Schuleund Betrieb“ einbrachten. Nach der Er-

öffnung durch die beiden VorsitzendenREINER MIZDALSKI (BAG Elektrotechnik-In-formatik) und ULRICH SCHWENGER (BAGMetall) griff GEORG SPÖTTL von der Uni-versität Bremen in seiner Einleitung mitder Frage „Wie wird Qualität in der be-ruflichen Erstausbildung sichergestellt?“die aktuelle Diskussion um den Stellen-wert und die Funktion der deutschenBerufsbildung kritisch auf. Ausgehendvon den durch die OECD kritisierten Bil-dungsströmen in Deutschland stellte erdie Frage, ob das berufliche Bildungs-

wesen zunehmend zu einem Reparatur-betrieb degeneriere, der kaum nochüberzeugende Zukunftsperspektivenaufweise, denn seine Kritiker formulierenim Kern drei Positionen, aus denen her-aus das Berufsbildungssystem massivunter Druck gerät:

1. Die OECD fordert eine Erhöhung derAbsolventenquoten bei Abiturientin-nen und Abiturienten sowie Hoch-schulstudierenden.

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2. Vor allem die Europäer sehen die Not-wendigkeit, alle Qualifikationen euro-paweit nutzbar zu machen. Dies heiztdie Diskussion um die Europäisierungund Internationalisierung der Berufs-bildung, die allgemein als notwendigerachtet wird, an und stellt nationaleWege infrage.

3. Fehlende Lehrstellen, deren Zahl ten-denziell weiter schwindet, und immergrößer werdende Zahlen von Jugend-lichen, die vermeintlich eine Berufs-ausbildung nicht schaffen und imÜbergangssystem hängen bleiben,bedrohen die Dualität von Ausbildung.

Welche Beiträge das Berufsbildungs -sys tem selbst leisten kann und was ver-ändert werden muss, um überzeugendeZukunftsperspektiven aufzubauen,nahm in seinen einleitenden Ausführun-gen eine zentrale Stellung ein. Nebender Forderung nach neuen Verbesse-rungsstrategien war eine seiner wichti-gen Aussagen, dass im Sinne der Siche-rung von Qualität und Perspektiven be-ruflicher Bildung jede Weiterentwicklungund Änderung mit einer erheblichen Zu-nahme an vertikaler Durchlässigkeit unddamit an Chancen zum Erwerb höher-und höchstqualifizierender Abschlüsseverbunden sein müsse.

Im anschließenden Eröffnungsvortragmit dem Thema „Ist selbstgesteuertesLernen Garant für Nachhaltigkeit derLernkompetenz?“ lenkte GÜNTER PÄT-ZOLD von der Universität Dortmund denBlick auf wesentliche Qualitätsmerkmaledes beruflichen Unterrichts. Er stellte dieFragen nach

– Qualität von Unterricht und professio-nellem Lehrerhandeln,

– Lernkompetenz und nachhaltigemLernen,

– selbstgesteuertem Lernen,– kooperativem Lernen,– Förderansätzen sowie– Selbstwirksamkeit,

um mit ihnen die Qualität und Nachhal-tigkeit beruflichen Lernens zu beleuch-ten und Schritte qualitativer Verbesse-rung zu präzisieren. Hierzu griff er Merk-male von Prozessqualität auf und be-leuchtete ihre Wirkmechanismen ebensowie Merkmale des professionellen Leh-rerhandelns, das er als begründete Ba-lance zwischen den Paradoxien Anlei-tung und Ermöglichung von selbstge-steuertem Lernen bezeichnete. Nebenvielen weiteren Aspekten unter der Ein-beziehung der Ergebnisse des BLK-Mo-dellversuchsprogramms „SKOLA“schenkte er vor allem auch dem Aspektder Selbstwirksamkeit bezüglich derSelbststeuerung breiten Raum.

Die anschließenden Fachtagungen ver-zichteten weitgehend auf trennscharfeZuordnungen zu den BerufsfeldernMetall- bzw. Elektrotechnik und fokus-sierten den Blick auf gemeinsame Frage-stellungen von Unterrichts- und Lernpro-zessqualität. So eröffnete GERT ZINKE

(BIBB Bonn) den Arbeitskreis 1 „Medienund Lernkonzepte“ mit den Fragen: Wel-che Funktionen haben Medien heute inder Berufsbildung, und wie unterstützensie einen prozessorientierten Lehr-/Lern-prozess? Kann ihr Einsatz Indikator fürProzessqualität in der Berufsbildungsein? HENNING KLAFFKE (TU Hamburg-Harburg) fragte dagegen nach Instru-menten, mit denen die Analysen von Ge-schäftsprozessen durchgeführt und ver-ständlich beschrieben werden könnensowie welche Verbindung die Arbeitspro-zesse einzelner Berufe zu den Ge-schäftsprozessen der Unternehmen be-sitzen. „Die gegenwärtigen Lern- undSchulkulturen fördern noch in zu gerin-gem Maße ein aktives und selbstgesteu-ertes Lernen bei den Auszubildenden.Die Bildungsinstitutionen stehen vor derHerausforderung, sich hinsichtlich der inihnen gelebten Lern- und Schulkulturengrundlegend zu wandeln, um den Auszu-bildenden eigenverantwortliche undselbstbestimmte Lernprozesse zu er-möglichen“ – so die These von PETRA

GERLACH (Universität Bremen). Hiervonausgehend befasste sie sich mit der Ge-staltungskompetenz als zentraler Dimen-sion des beruflichen Unterrichts. Eben-falls ausgehend von der Gestaltungsper-spektive beruflichen Lernens beleuchteteCARSTEN WEHMEYER (Walther-Lehmkuhl-Schule Neumünster) die Funktion vonEngineering Tool Software (ETS) im Zen-trum des Unterrichts und ergänzte seineAusführungen mit einem beeindrucken-den Beispiel für Best-Practice des ar-beitsprozessorientierten Lernens.

In Arbeitskreis 2 ging es um die Erken-nung von Kompetenzbedarf sowie dieKompetenzentwicklung. So stellte FALK

HOWE (Universität Bremen) die „Kompe-tenzwerkstatt“ als berufswissenschaftli-ches Konzept vor. Dabei handelt es sichum ein E-Learning-Konzept für Lehrerund Ausbilder im gesamten Bereich ge-werblich-technischer Berufsbildung.JÖRG ZINN (Universität Magdeburg) zeig-te Möglichkeiten des Erwerbs von Sozi-alkompetenz im Rahmen von Kunden-gesprächen unter Einbeziehung derLernorte Schule und Betrieb auf. Eindreidimensionales Modulkonzept ent-warfen NADINE MÖHRING-LOTSCH und DET-LEF MIELKE (Universität Magdeburg), umWege aufzuzeichnen, auf denen KMUdes IT-Bereiches durch adaptive Lern-module Unterstützung erfahren können.Der spannenden und in weiten Berei-chen noch offenen Frage, wie berufliche

Qualifikationen, die auf der Basis desKompetenzmodells erworben werden, inden Europäischen Qualifizierungsrah-men einzuordnen sind, widmete sichCARSTEN WEHMEYER in einem zweitenBeitrag.

Eine gänzlich andere Perspektive fandsich im Arbeitskreis 3, in dem Qualität inden Kontext standardisierten Handelnsgestellt und durchaus kritisch die Frage,ob Großserienfertigung den Einstieg ineinen standardisierten Individualismusbedeutet, in den Fokus gerückt wurde.THOMAS VOLLMER (Universität Hamburg)brachte dies auf den Punkt, indem er dieFrage in der Form „Gefährden Erforder-nisse moderner standardisierter Produk-tionssysteme Kreativität und Problemlö-sefähigkeit im Arbeitshandeln, wennsich diesem selbst Standards zugrundeliegen?“ präzisierte und sich der Diskus-sion mit THOMAS SCHMIDT von der Volks-wagen Coaching GmbH stellte, der inseinem Beitrag die Modifizierungen derAusbildung skizzierte, die sich durchEinführung der Total Produktive Mainte-nance (TPM) als ganzheitliches standar-disiertes Produktionssystem bei VW inKassel ergeben haben. HORST TRÖLLER

(Herwig-Blankertz-Schule Wolfhagen)bezog sich ebenfalls auf die VW-Produk-tion in Kassel und beleuchtete denAspekt des didaktischen Gehalts be-trieblicher Verbesserungsprozesse. Erzeigte am Beispiel der WertstromanalyseMöglichkeiten der Kompetenzentwick -lung für ganzheitliche und standardisier-te Produktionssysteme auf.

Die Qualität in der Ausbildung – Erreich-tes, Defizite und Handlungsansätze inSchule und Betrieb – war Thema des Ar-beitskreises 4 und wurde u. a. durch Bei-spiele aus dem Lernen in einem Lernla-bor zu Fragestellungen des Multitasking,Multithreading und Multiprocessing vonSTEPHAN WEINZIERL (BS Erlangen) veran-schaulicht. Auf das Leonardo-Projekt„QualiVET“ stützte sich der Beitrag vonMATTHIAS BECKER (Universität Flensburg),in dem er die Entwicklung prozessorien-tierter Standards mit herkömmlichenQualitätsmanagementsystemen in Schu-len gegenüberstellte und kritisch würdig-te. Aber auch Lernortkooperationen leis -ten einen Beitrag zur Qualitätsentwick -lung betrieblicher Ausbildung und beruf-licher Bildung, denn Qualitätsentwick -lung und -sicherung gehen an den dua-len Lernorten Schule und Betrieb oft ei-gene Wege und sind nicht aufeinanderbezogen, wie GRITT FEHRING (UniversitätBremen) in ihrem Beitrag ausführte.

Aus zwei Richtungen näherte sich derArbeitskreis „Learning on the Job“ demThema des berufsimmanenten Lernens

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als Beitrag zur kontinuierlichen Verbes-serung der Arbeitsprozessqualität. Zumeinen wurde beginnend mit dem Beitragvon BERND HAASLER (Universität Bremen)der Blick auf die hohe Bedeutung hand-werklicher skills in einer von hoher Auto-matisierung geprägten Produktion ge-lenkt, was MARIA KONDRATJUK (UniversitätMagdeburg), ALEXANDER KROYS (Fraunho-fer IFF) und JÜRGEN REINER (StaedlerGmbH) erweiterten, indem sie die Be-deutung virtuell-interaktiver Lernmodulefür die Qualitätsverbesserung des Ar-beitsschutzes aufzeigten. Dies bezogsich auf Arbeitsplätze in einer Produk-tionsumgebung, die einer unmittelbarenÜberprüfung und Erfahrung aufgrund ih-rer Konstruktion nicht mehr zugänglichsind. Abgeschlossen wurde dieser ersteTeil des Arbeitskreises von STEPHAN KU-METZ und WILHELM TERMATH (beide Uni-versität Magdeburg), die mit der Einfüh-rung der Lernsoftware „SimGieß“ dieAntwort auf die Frage suchten, ob die inden Lernprozessen erzielten Handlungs-ergebnisse Erkenntnisse zur nachhalti-gen Gestaltung von Produktionsprozes-sen liefern könnten.

Zum anderen widmete sich der Arbeits-kreis methodischen Aspekten des Ar-beitsprozess begleitenden Lernens. Hierkonnte HERMANN RÜPPELL (UniversitätKöln, emer.) in eingängiger Weise zei-gen, welche Chancen webbasiertes Ler-nen für diese Lernergruppe bietet undwelche Klippen gerade hinsichtlich derNachhaltigkeit des Gelernten zu um-schiffen sind. Wie ein Angebot an Infor-mationen auf die Bedürfnisse der Mitar-beiter zugeschnitten wird, stellte BERND

WEBER (Daimler AG) am Beispiel des Dis -tance-Learning-Konzepts im Rahmendes Global Training der Daimler AG dar.An welcher Stelle das Lehrer-Lernenhierbei ins Spiel kommt, konnte TILL KAS -TER (Nicolaus-August-Otto-BerufskollegKöln) mit der Antwort auf die Frage „Wiegelangen aktuelle Release-Stände in -dus trieller und handwerklicher Technolo-gien in den Lehr-/Lernprozess?“ darstel-len.

Die europäische Perspektive wurde er-neut von MATTHIAS BECKER im Arbeitskreis6, der die Förderung selbstgesteuertenund kooperativen Lernens in den Mittel-punkt stellte, aufgegriffen. Er fragte nachden Möglichkeiten und Grenzen derUnterstützung arbeitsprozessorientiertenLernens durch den Einsatz von Lernsoft-ware bei der Vermittlung der Fahrzeug-technik, die konsequenterweise auf eineuropäisches Car-Mechatronic-Curricu-lum ausgerichtet werden sollte. AuchBODO REINER (Universität Flensburg)nahm in seinem Beitrag die europäischePerspektive ein, wenn er die Möglichkei-ten eines High-Tech-Hochfrequez-Re-mote-Labors im Elektrotechnikunterrichtals Teil des Modellversuches „EuropeanRemote Radio Laoratory“ vorstellte.

Kundenauftrag, Bedarfsanalyse und Pro-zessevaluation – das sind die Stichwortezu den Beiträgen von ANDREAS WEINER

(Universität Hannover) bzw. RALPH DRE-HER (Universität Bremen). Gab der ersteeinen Einblick in ein Beispiel besondersgelungener Gestaltung selbstgesteuertenLernens bei Anlagenmechanikern imKundenauftrag, beleuchtete letzterer die

Risiken und Chancen, die sich beim Aus-schöpfen von Gestaltungsspielräumenbei der Curricu lumentwicklung für ein Fo-tovoltaikprojekt in Bangladesh ergaben.

Beispiele sehr pragmatischer Wege zurQualitätsverbesserung von Unterrichtzeigten die beiden Referenten des Ar-beitskreises 7 auf: Die Agenda 21 war fürREINHARD GEFFERT (Leo-Sympher-Berufs-kolleg Minden) Anstoß für ein Projekt zurHelligkeitssteuerung in Räumen mit demZweck der Energieeinsparung, das in je-der Hinsicht als Best Practice geltenkann, während STEFAN REUTER (Tech-nisch-Gewerbliches Berufsbildungszen-trum 1 Saarbrücken) mit seiner Schüler-firma ein von Schülern gestaltetes Pro-jektmanagement nahezu in Perfektionvorstellen konnte.

Für die Teilnehmenden sowie Referen-tinnen und Referenten war die gemein-same Fachtagung der Bundesarbeitsge-meinschaften eine informative, facetten-reiche, interessante und zugleich unter-haltsame Veranstaltung, was sich auchin der Zahl von mehr als 160 Teilnehmernniederschlug. Damit war die Fachtagungder BAG die größte Einzelveranstaltungim Rahmen der Hochschultage. Die voll-ständigen Beiträge werden demnächstin der online-Zeitschrift „bwp@“ in Ko-operation mit „lernen & lehren“ veröf-fentlicht. Schon jetzt können auf derHompage der BAG Metalltechnik alleAbstracts eingesehen werden (www.bag-metalltechnik.de/pages/dokumen.html).

Ulrich Schwenger

„digita 2008“ für Unterrichts-material zur beruflichen Ausbildung in der Heizungs-technik

Die Verleihung des Deutschen Bil-dungsmedienpreises „digita 2008“zeigt zum wiederholten Mal: Schul-unterricht, berufliche Bildung und pri-vates Lernen werden zunehmend mul-timedial. Aus 93 eingereichten Lern -sys temen, Medienpaketen, Compu-terprogrammen und Online-Angebo-ten wählte die Jury die Gewinner des„digita 2008“. Die Preise wurden aufder „didacta – die Bildungsmesse“ inStuttgart überreicht.

In der Kategorie „Berufliche Bildung“wurde das Produkt „Unterrichtsmate-rial für die berufliche Ausbildung Anla-genmechaniker/-in Sanitär-, Hei-zungs- und Klimatechnik, Schwer-punkt Heizungstechnik“ mit dem Preisausgezeichnet. An der Entwicklungwaren das Bundesinstitut für Berufs-bildung (BIBB), das Institut für wirt-schaftliche Ölheizung (IWO), die For-schungsgruppe Praxisnahe Berufsbil-dung (FPB) der Universität Bremen,die ModernLearning GmbH und dieDr.-Ing. Paul Christiani GmbH & Co.KG beteiligt.

Das Material setzt das Konzept derOrientierung an der beruflichen Hand-lung in konsequenter Weise um und

gibt dem Ausbildungspersonal wert-volle Informationen und Unterstüt-zung. Es richtet sich an Lehrende undLernende im Ausbildungsberuf „Anla-genmechaniker/-in Sanitär-, Hei-zungs- und Klimatechnik“. Am Bei-spiel von fünf Kundenaufträgen zurModernisierung von Ölheizungen be-fassen sich Auszubildende im drittenund vierten Ausbildungsjahr auf pra-xisnahe und handlungsorientierte Artund Weise mit den erforderlichen Ar-beits- und Geschäftsprozessen.

Die Jury begründete die Entscheidungdamit, dass konzeptionell das Materialhoch aktuell sei und in seiner Gestal-tung neuen didaktischen Anforderun-gen entsprechen würde. Es stellt für

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lernen & lehren (l&l) (2008) 91 143

Lehrende und Auszubildende einewertvolle Unterstützung im lernfeld-orientierten Berufsschulunterricht dar.Grundlage des Konzeptes ist eine gutaufeinander abgestimmte Kombina-tion von digitaler Materialsammlungund Printmedien. Das Medium domi-niert nicht den Lernprozess, sondernunterstützt ihn und liefert das nötigeMaterial zum selbstgesteuerten Ler-nen. Es ordnet sich homogen in denkunden- und auftragsorientiertenLernprozess an realer Technik in derWerkstatt ein.

Seit 1995 prämieren die Veranstaltermit dem „digita“ Lehr- und Lernange-bote, die sich durch herausragendePädagogik und Didaktik, optimaleNutzung des Computers sowie über-zeugende grafische und technischeGestaltung auszeichnen. Aufgrund derzunehmenden Kombination von neu-en und herkömmlichen Medien wurdeder „digita“ von Bildungssoftware- inBildungsmedien-Preis umbenannt.Für die Hersteller soll der Preis ein An-reiz sein, hochwertige Bildungsme-dien zu produzieren, den Käufern soller eine bessere Orientierung bieten.

Weitere Informationen: Prof. MANFRED

HOPPE, Universität Bremen, For-

schungsgruppe Praxisnahe Berufsbil-dung, Wilhelm-Herbst-Str. 5, 28359Bremen, Tel.: (04 21) 2 18-20 83, Fax: -46 24, E-Mail: [email protected].

Ausbildungsordnungen der in-dustriellen Metall- undElektroberufe von 2007

Von weiten Teilen der Fachöffentlich-keit und so von manchen beruflichenSchulen unbemerkt, sind inzwischendie Verordnungen über die Berufsaus-bildung in den industriellen Metall- undElektroberufen (2004 bzw. 2003) durchneue Fassungen abgelöst worden.Derzeit gelten die Verordnung über dieBerufsausbildung in den industriellenMetallberufen vom 23.07.2007 (veröf-fentlicht im BGBL I, Nr. 35 vom27.07.2007, S. 1599 ff.) bzw. die Ver-ordnung über die Berufsausbildung inden industriellen Elektroberufen vom24.07.2007 (veröffentlicht im BGBL I,Nr. 36 vom 30.07.2007, S. 1678 ff.).Beide Verordnungen traten am01.08.2007 in Kraft.

Bei der Überführung der Erprobungs-verordnung der Metallberufe in einereguläre Verordnung wurden nach An-gaben des Bundesinstituts für Berufs-

bildung die Ausbildungsrahmenpläneund Rahmenlehrpläne sowie die Prü-fungsstrukturen, einschließlich der ge-streckten Abschlussprüfung, nichtverändert. Auch an den schriftlichenPrüfungsbereichen in Teil 2 wurdefestgehalten. Folgende Modifikationengab es:

– Die Prüfungszeit wurde im Teil 1(komplexe Arbeitsaufgabe) vonhöchstens zehn auf höchstens achtStunden gekürzt; die schriftlichenAufgaben wurden von höchstens120 Minuten auf höchstens 90 Mi-nuten reduziert.

– Die Prüfungszeit wurde im Teil 2(Variante „Betrieblicher Auftrag“) jenach Beruf um durchschnittlich dreiStunden verringert.

– Die Prüfungszeit wurde im Teil 2 (Va-riante „Praktische Aufgabe“) von 18auf 14 Stunden und die gesondertausgewiesene Durchführungszeitvon sieben auf sechs Stunden ge-kürzt. (http://www.bibb.de/de/11949.htm; Zugriff am 18.06.2008)

Die Verordnungen sind u. a. auf denSeiten der Homepage des Bundesin-stituts für Berufsbildung als pdf-Da-teien abgelegt.

KARL ULRICH LIPPOTH/WOLFGANG

SCHULZE/MANFRED SCHWERES (Hrsg.):Arbeitswissenschaft als Weiterbil-dung. Ansätze arbeitsorientierterWeiterbildung. Schwerpunkt: Wei -ter bildungsstudium Arbeitswissen-schaft Universität Hannover, Balt-mannsweiler 2007, 208 Seiten,ISBN-10: 3834001503, ISBN-13: 978-3834001504, 17 Euro

Der Begriff des lebenslangen Lernensist keine Erfindung der neuesten Zeit.Er stammt aus den Reformdebattender 1960er- und 70er-Jahre. Damalswar lebenslanges Lernen allerdingsnoch nicht verengt auf Wertsteigerungvon Humankapital, sondern wurde vorallem als Mittel zur Emanzipation derarbeitenden Menschen (Humanisie-rung der Arbeit) diskutiert. Innova-tions- und Effizienzpotenziale für dieWirtschaft wurden als willkommeneBegleiterscheinungen einer Wissen-

schafts- und Arbeitspolitik sowie Ar-beitsgestaltung gesehen, in derenMittelpunkt der einzelne Menschstand. Dieser Denkansatz hat sichheute in sein Gegenteil verkehrt.Emanzipation ist ein ökonomischesParadigma innerhalb bestehenderStrukturen geworden, eine Anforde-rung an den Einzelnen, sein Qualifika-tionsprofil um ausschnitthafte, spezifi-sche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fä-higkeiten für vorgegebene beruflicheAnforderungen zu erweitern: Bildungund Menschlichkeit verengt als An-passungsqualifizierung.

Den Weg dieser Begriffsumdeutungund Wahrnehmungsverschiebung ver-sucht das vorliegende Buch nachzu-zeichnen. Als Beispiel dient dabei dasin der Humanisierungsperiode initiierte„Weiterbildungsstudium Arbeitswis-senschaft“ an der Universität Hanno-ver. Vor dem wissenschaftlichen und

gesellschaftlichen Hintergrund dieserPhase wird insbesondere die Ausein-andersetzung um die Institutionalisie-rung und Ausrichtung der Einrichtungrekonstruiert. Zum Vergleich werdenweitere Ansätze mit ähnlichen Absich-ten dargestellt: das nie realisierte„Fernstudium Arbeitswissenschaft“ inHagen, das „Zusatzstudium Arbeits-wissenschaft“ in Bochum, die „Sozial-akademie Dortmund“, die „HWP Ham-burg“ sowie das Projekt einer „GFA-Akademie“. Zusätzlich wird auf dieTradition arbeitswissenschaftlicherWeiterbildung in der DDR eingegan-gen.

Der zweite Teil des Buches versam-melt Stellungnahmen gesellschaft-licher und wissenschaftlicher Akteurezum Thema arbeitswissenschaftlicherWeiterbildung. Der dritte Teil umfassteinige Exkurse, die das Thema der Hu-manisierung der Arbeit für Theorie und

Rezension

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Mitteilungen/Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

144 lernen & lehren (l&l) (2008) 91

Adolph, GottfriedProf. Dr. em., Hochschullehrer,Schwefelstr. 22, 51427 Bergisch-Gladbach, Tel.: (0 22 04) 6 27 73, E-Mail: [email protected]

Frommberger, DietmarProf. Dr., Hochschullehrer, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg, Fakultät für Geistes-, Sozial- und Er-ziehungswissenschaften, Institut fürBetriebs- und Berufspädagogik(IBBP), Lehrstuhl für Berufspädago-gik, Zschokkestr. 32, 39104 Magde-burg, Tel.: (03 91) 6 71 65 25, E-Mail:[email protected]

Heimann, KlausBereichsleiter Jugend-, Bildungs- undQualifizierungspolitik, IG Metall Vor-stand, Wilhelm-Leuschner-Str. 79,60329 Frankfurt am Main, Tel.: (069)66 93 22 38, E-Mail:[email protected]

Herkner, VolkmarDr., über Technische Universität Dresden, Fakultät Erziehungswissen-schaften, Institut für Berufliche Fach-richtungen (IBF), 01062 Dresden, Tel.:(03 51) 46 33 78 47, E-Mail:[email protected]

Mersch, Franz FerdinandDr., Berufsschullehrer an der marcel-breuer-schule Berlin, Gustav-Adolf-Straße 66, 13086 Berlin, Tel.: (0 30) 9 12 05 21 75, E-Mail:[email protected]

Milolaza, AnitaDipl.-Hdl., wissenschaftliche Mitarbei-terin, Otto-von-Guericke-UniversitätMagdeburg, Fakultät für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaf-ten, Institut für Betriebs- und Berufspädagogik (IBBP), Lehrstuhl fürBerufspädagogik, Zschokkestr. 32,39104 Magdeburg, Tel.: (03 91) 6 7166 22, E-Mail: [email protected]

Spöttl, GeorgProf. Dr., Hochschullehrer, UniversitätBremen, Institut Technik und Bildung(ITB), , Am Fallturm 1, 28359 Bremen,Tel.: (04 21) 2 18-46 48 E-Mail: [email protected]

Taubert, MarkoDipl.-Berufspädagoge, CamburgerStr. 40, 07743 Jena, Tel.: (01 71) 1 8511 37, E-Mail:[email protected]

Trautmann-Blasius, KatharinaDipl.-Ing., Studienrätin, Oberstufen-zentrum Elbe-Elster, Abteilung 2Metalltechnik, Berliner Straße 52,04910 Elsterwerda, Tel.: (0 35 33) 7 4046; E-Mail: [email protected]

Vermehr, BerndStudiendirektor, Achter Lüttmoor 28,22559 Hamburg, Tel.: (040) 81 99 01 56, E-Mail: [email protected]

Wehmeyer, CarstenDr., Studienrat, Walther-Lehmkuhl-Schule Neumünster, abgeordneteLehrkraft an der Universität Flens-burg, Berufsbildungsinstitut Arbeitund Technik (biat), Auf dem Campus1, 24943 Flensburg, Tel.: (04 61) 8 05-21 49, E-mail: [email protected]

Wordelmann, PeterDr., wiss. Angestellter, Bundesinstitutfür Berufsbildung, Arbeitsbereich 2.4,Robert-Schuman-Platz 3, 53175Bonn, Tel.: (02 28) 1 07-11 02, E-Mail: [email protected]

Zelger, JosefUniv.-Prof. i. R., WissenschaftlicherSupervisor sowie Lizenzgeber GABEK® und WinRelan®, UniversitätInnsbruck, Institut für Philosophie,Innrain 52, A-6020 Innsbruck, Tel.: +43 (6 99) 12 91 16 66, E-Mail:[email protected]

Möhring-Lotsch, NadineDipl.-Hdl., wissenschaftliche Mitarbei-terin, Otto-von-Guericke-UniversitätMagdeburg, Institut für Berufs- undBetriebspädagogik (IBBP), Zschokkestr. 32, 39104 Magdeburg,Tel.: (03 91) 6 71 63 69, E-Mail: [email protected]

Pahl, Jörg-PeterProf. Dr., Hochschullehrer, TechnischeUniversität Dresden, Institut für Beruf-liche Fachrichtungen (IBF), 01062 Dresden, Tel.: (03 51) 46 33-7847, E-Mail: [email protected]

Reinisch, HolgerProf. Dr., Hochschullehrer, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Wirtschafts-wissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhlfür Wirtschaftspädagogik, Carl-Zeiß-Str. 3, 07743 Jena, Tel.: (0 36 41) 9433 30, E-Mail: [email protected]

Schiller, StefanieDipl.-Hdl., wissenschaftliche Mitarbei-terin, Friedrich-Schiller-UniversitätJena, WirtschaftswissenschaftlicheFakultät, Lehrstuhl für Wirtschaftspä-dagogik, Carl-Zeiß-Str. 3, 07743Jena, Tel.: (0 36 41) 94 33 38, E-Mail:[email protected]

Schulz, JoannaDiplom-Psychologin, Wissenschaftli-che Mitarbeiterin, Universität Bremen,Institut Technik und Bildung (ITB), AmFallturm 1, 28359 Bremen, Tel.: (04 21) 2 18-82 70, E-Mail: [email protected]

Schwenger, UlrichDipl.-Ing., Oberstudiendirektor, Leiter des Nicolaus-August-Otto-Be-rufskollegs Köln, Eitorfer Str. 16,50679 Köln, Tel.: (02 21) 22 19 11 41,E-Mail: [email protected]

Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

Praxis in die Gegenwart fortzuschrei-ben und u. a. seine Bedeutung fürWissensgesellschaft und Innovations-politik darzulegen versuchen. Wer dieErneuerungsfähigkeit von Wirtschaftund Gesellschaft einfordert, muss alle

Voraussetzungen arbeitsorientierterAus- und Weiterbildung zur Mitgestal-tung durch die Beschäftigten schaf-fen. Vor dem Hintergrund derzeitigerhochschulpolitischer und gesell-schaftlicher Entwicklungen entsteht

dabei das Bild eines nicht nur hochak-tuellen, sondern dringend zu erinnern-den Denkansatzes zur Steuerung dergesellschaftlichen Entwicklung.

GEORG SPÖTTL

Page 51: Heft 91 08.qxd:Heft91 2d - · PDF fileEUR 7,68 ISSN 0940-7440 23. Jahrgang 2008 lernen & lehren Elektrotechnik-Informatik/Metalltechnik Inhaltsverzeichnis Schwerpunkt Europa – aktuelle

Hinweise

Call-for-paperAufruf der BAG Elektrotechnik-Informatik:

Beiträge zur Darstellung guter Unterrichtspraxis und aktueller Forschungskonzepte auf der beruflichen Fach- und Fortbildungstagung

„Vernetztes Lernen?!“

Versprochen ist versprochen – wie auf dem Flyer, dem Plakat und der Home-page der Bundesarbeitsgemeinschaft Elektrotechnik-Informatikangekündigt, bietet die BAG auch 2009 wieder eine aktuelle berufliche Fach-und Fortbildungstagung. Sie fokussiert diesmal das up-to-date-Thema „Ver-netztes Lernen?!“.

Die Tagung findet am 6. und 7. März 2009 in den Berufsbildenden SchulenNeustadt a. Rbge. statt (http://www.bbs-nrue.de). Diese Schule ist als Kom-petenzzentrum für die berufliche Bildung in der Region Hannover u. a. diezentrale Berufsschule der niedersächsischen Landeshauptstadt für Automa-tion und Mechatronik.

„Das bedingungslose Bedürfnis nach Wissensaustausch zwischen Lehr -kräften ist eine idealistische Annahme. Wissen (bzw. Unterrichtsmaterial) ist nicht neutral, es ist mit Bewertungen ver-bunden, die gefürchtet oder erhofft werden.“

Martin Fischer (Universität Karlsruhe)

Diese Feststellung führt zu der Erkenntnis, dass der Austausch von Unterrichtsmaterialien, Informationen und Erfahrungenoffensichtlich in deutlich geringerem Maße stattfindet, als dies wünschenswert ist. Die BAG versteht sich deshalb auch als

Angebotsplattform für Informations- und Erfahrungssharingund bittet dementsprechend für die geplante up-to-date-Fach- und Fortbildungstagung 2009 um konzeptionelle Beiträgeaus Berufsschulen, Ausbildungsbetrieben und Universitäten ebenso wie um erfolgreiche Beispiele aus der Unterrichts-,Ausbildungs- und Lehrpraxis.

Und Sie haben damit jetzt die Möglichkeit, zum aktuellen Stichwort „Vernetztes Lernen?!“ als Kolleginnen und KollegenIhre guten Unterrichts- und Ausbildungsbeispiele, die in vernetzten Lernsystemen auf vernetzten Lernwegen beruflicheHandlungskompetenz fördern, als Best-Practice vorzustellen oder als Wissenschaftler aktuelle Konzepte undForschungsergebnisse zum vernetzten Lernen zu präsentieren.

Mit dem Motto „Vernetztes Lernen“ sind eine Vielzahl von Ideen verknüpft:– vernetztes berufliches Lernen mit Multimedia und Internet (Web 2.0)– vernetzte technische Infrastrukturen für berufliches Lehren und Lernen an Schulen, Betrieben und Überbetrieblichen

Berufsbildungsstätten– Ausstattungskonzepte mit vernetzten technischen Anlagen, Systemen und Komponenten– vernetzte Lernorte Berufsschule, Ausbildungsbetrieb und Überbetriebliche Berufsbildungsstätte– vernetztes Arbeiten in Bildungsgangteams

Zu allen diesen Bereichen können Ihre Unterrichts- und Ausbildungsbeispiele, Konzepte und Forschungsergebnisse denTeilnehmerinnen und Teilnehmer der Fach- und Fortbildungstagung nicht als „Kopiervorlage“, sondern – mit einem freund -lichen Danke und gegebenenfalls einem Quellenhinweis – als inspirierende Ideen für angestrebte eigene Entwicklungendie nen!

Senden Sie uns bitte Ihr Teilnahme-Angebot spätestens bis zum 27.Oktober 2008 mit einer Kurzfassung des Beitragesvon maximal einer DIN-A4-Seite „per Netz“ an

[email protected] Beiträge werden nach Zusendung dem geplanten Tagungsprogramm zugeordnet. Zeitnah erfolgt danach die Be-nachrichtigung der Referentinnen und Referenten.

Im nächsten l&l-Heft wird die BAG den geplanten Tagungsverlauf vorstellen und alle Mitglieder zur Teilnahme an der beru-flichen Fach- und Fortbildungstagung einladen –

sind Sie als Referentin/Referent dabei?

Page 52: Heft 91 08.qxd:Heft91 2d - · PDF fileEUR 7,68 ISSN 0940-7440 23. Jahrgang 2008 lernen & lehren Elektrotechnik-Informatik/Metalltechnik Inhaltsverzeichnis Schwerpunkt Europa – aktuelle

lernen & lehren

Eine Zeitschrift für alle, die in

Betrieblicher Ausbildung,Berufsbildender Schule,

Hochschule und Erwachsenenbildung sowieVerwaltung und Gewerkschaften

in den Berufsfeldern Elektrotechnik-Informatik und Metalltechnik tätig sind.

Inhalte:

– Ausbildung und Unterricht an konkreten Beispielen– Technische, soziale und bildungspolitische Fragen beruflicher Bildung

– Besprechung aktueller Literatur– Innovationen in Technik-Ausbildung und Technik-Unterricht

lernen & lehren erscheint vierteljährlich, Bezugspreis EUR 25,56 (4 Hefte) zuzüglich EUR 5,12 Versandkosten (Ein-zelheft EUR 7,68).

Von den Abonnenten der Zeitschrift lernen & lehren haben sich allein über 600 in der Bundesarbeitsgemeinschaft fürBerufsbildung in der Fachrichtung Elektrotechnik-Informatik e. V. sowie in der Bundesarbeitsgemeinschaft für Be-rufsbildung in der Fachrichtung Metalltechnik e. V. zusammengeschlossen. Auch Sie können Mitglied in einer derBundesarbeitsgemeinschaften werden. Sie erhalten dann lernen & lehren zum ermäßigten Bezugspreis. Mit der bei-gefügten Beitrittserklärung können Sie lernen & lehren bestellen und Mitglied in einer der Bundesarbeitsgemein-schaften werden.

58: Lernfelder in technisch-ge-werblichen Ausbildungsberufen

59: Auf dem Weg zu dem Berufs-feld Elektrotechnik/Informatik

60: Qualifizierung in der Recycling-und Entsorgungsbranche

61: Lernfelder und Ausbildungsre-form

62: Arbeitsprozesswissen – Lern-felder – Fachdidaktik

63: Rapid Prototyping

64: Arbeitsprozesse und Lernfelder

65: Kfz-Service und Neuordnungder Kfz-Berufe

66: Dienstleistung und Kunden-orientierung

67: Berufsbildung im Elektrohand-werk

68: Berufsbildung für den informa-tisierten Arbeitsprozess

69: Virtuelles Projektmanagement

70: Modellversuchsprogramm„Neue Lernkonzepte“

71: Neuordnung der Elektroberufe

72: Alternative Energien

73: Neue Technologien und Unter-richt

74: Umsetzung des Lernfeldkon-zeptes in den neuen Berufen

75: Neuordnung der Metallberufe

76: Neue Konzepte betrieblichenLernens

77: Digitale Fabrik

78: Kompetenzerfassung und -prüfung

79: Ausbildung von Berufspädago-gen

80: Geschäftsprozessorientierung

81: Brennstoffzelle in beruflichenAnwendungsfeldern

82: Qualität in der beruflichen Bil-dung

83: Medientechnik und beruflichesLernen

84: Selbstgesteuertes Lernen undMedien

85: Die gestreckte Abschlussprü-fung

86: Innovative Unterrichtsverfahren

87: Kosten, Nutzen und Qualität inder beruflichen Bildung

88: Entwicklung beruflicher Schu-len

89: Fachkräftebedarf im gewerb-lich-technischen Bereich

90: Berufsbildung für nachhaltigeEntwicklung

Bezug über:Heckner Druck- und Verlagsgesellschaft GmbHPostfach 15 59, 38285 WolfenbüttelTelefon (0 53 31) 80 08 40 • Fax (0 53 31) 80 08 58

Von Heft 16 „Neuordnung im Handwerk“ bis Heft 56 „Gestaltungsorientierung“ ist noch eine Vielzahl von Heften erhältlich. Informationen über: Donat Verlag • Borgfelder Heerstraße 29 • 28357 Bremen • Telefon (04 21) 27 48 86 • Fax (04 21) 27 51 06