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HERAUS ZUM 1. MAI Wir zahlen nicht für eure Krise! D er 1. Mai ist der Tag der Arbeit. Der Tag, an dem wir unsere alltäglichen Arbeitskämpfe lautstark auf die Straße tragen. Dieses Jahr soll der Protest von der Straße ins Wohnzimmer verlegt werden. Der DGB ruſt dazu auf, im Internet zu demonstrieren. Das ist gut, aber reicht uns nicht. Die Interessen der Beschäſtigten müssen gerade in der ak- tuellen Krise offensiv zur Geltung kommen. Wir lassen uns den Tag der Arbeit nicht nehmen und wollen deshalb auch dieses Jahr unter Einhaltung des Gesundheitsschutzes auf der Straße die prekären Arbeitsbedingungen, zu niedrige Renten und die verfehlte Krisenpolitik, wie das Arbeiten ohne Schutzmaßnahmen anprangern. Die Corona-Pandemie ist unserer Ansicht nach nicht der einzige Grund für die derzeitigen Verschärfungen der Ar- beitsrechte, die enormen sozialen Missstände, in denen sich die Menschen Mieten und Essen nicht mehr leisten können, oder für die massiven Probleme im Gesundheitssystem. Dies liegt an der jahrelangen Privatisierung der Krankenhäuser und einem unverhältnismäßigen Anstieg der Mieten, an dem jahrelang betriebenen Sozialabbau durch die Regierung, an dem Ausbau des Niedriglohnsektors und der Stagnation der Reallöhne. Diese schlechten sozialen Zustände werden sich mit der Eindämmung des Virus nicht ändern, sondern nur, wenn wir aktiv werden und uns jetzt dagegen wehren. Die aktuellen Lockerungsmaßnahmen beweisen, dass es der Regierung nicht um den Schutz der Bevölkerung geht. Mit der Öffnung von Läden bis 800qm wird mit unser aller Gesundheit gespielt, statt den Kleinhandel und Selbstständige ausreichend finanziell zu unterstützen. Zusätzlich drängen die großen Unternehmen auf die Wiederaufnahme der Pro- duktion, um weiterhin ungestört Profite einstreichen zu können. Und während Bayer, Die Deutsche Post und private Kliniken ihren Aktionären weiterhin fleißig Dividenden in Milliardenhöhe ausschütten, fürchtet der Großteil von uns um seine Existenz. Verschiedene Initiativen und Einzelpersonen brin- gen derzeit ihren Protest und ihre Forderungen auf die Straße, sie stellen sich in dieser Zeitung vor und ihr tre sie am 1. Mai an verschiedenen Orten in Leipzig (siehe Karte auf der letzten Seite). Eure Probleme, Ideen und Forderungen könnt ihr uns direkt auf einer Post- karte vorbeibringen. Wir werden sie zusammentragen und veröffentlichen. Lasst uns an diesem Tag gemein- sam ein starkes Zeichen setzen. DENN SOLIDARITÄT GEHT IMMER! IN DIESER ZEITUNG Seite 2 // Der Nachbarschaſtsverein Zweieck Seite 2 // Erwerbslosigkeit in der Corona-Krise Seite 3 // Altersarmut in Deutschland Seite 4 // Lehrkräſte gegen Prekarität Seite 5 // Gesundheits- und Sozialstammtisch (GuSS) Seite 6 // Kulturstammtisch (KuKu) Seite 7 // Solidarischer Studententreff (SST) Seite 7-8 // Schule in Zeiten von Corona

HERAUS ZUM 1. MAI · 2020. 4. 28. · HERAUS ZUM 1. MAI Wir zahlen nicht für eure Krise! Seite 8 Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was

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Page 1: HERAUS ZUM 1. MAI · 2020. 4. 28. · HERAUS ZUM 1. MAI Wir zahlen nicht für eure Krise! Seite 8 Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was

HERAUSZUM 1. MAI

Wir zahlen nicht für eure Krise!

Seite 8

Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was bedeutet, dass die Schüler nun vollkommen auf sich allein gestellt sind, Aufgaben müs-sen in Einzelarbeit gelöst und fristgerecht abgegeben wer-den. Und selbst wenn Online-Unterricht angeboten wird, fehlen vielen die technische Ausstattung wie Laptops oder Internet.

Darauf kann seitens der Schule kaum Rücksicht genom-men werden. Die Lehrpläne sollen durchgezogen werden, Forderungen wie Prüfungsabsagen werden abgewimmelt. Schüler und Eltern werden mit den Herausforderungen allein gelassen. Dass man sich den Stoff selbstständig er-arbeitet hat, wird dann bei erneuter Unterrichtsaufnah-me einfach vorausgesetzt. Überforderung und Schulstress sind die Folge - und zwar bei allen Beteiligten. Auch die Schulen und Lehrer werden mit diesen Problemen al-lein gelassen: So berichten einige Kollegen, dass sie für Abschlussklassen Einzelprüfungen für jeden einzelnen Schüler ausarbeiten mussten, was für sie eine Arbeitszeit von 14 Stunden am Tag bedeutete. Auch Anrufe der El-tern nahmen stark zu. Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit. Der Tag, an dem wir unsere alltäglichen Arbeitskämpfe lautstark auf die Straße

tragen. Dieses Jahr soll der Protest von der Straße ins Wohnzimmer verlegt werden. Der DGB ruft dazu auf, im Internet zu demonstrieren. Das ist gut, aber reicht uns nicht. Die Interessen der Beschäftigten müssen gerade in der ak-tuellen Krise offensiv zur Geltung kommen. Wir lassen uns den Tag der Arbeit nicht nehmen und wollen deshalb auch dieses Jahr unter Einhaltung des Gesundheitsschutzes auf der Straße die prekären Arbeitsbedingungen, zu niedrige Renten und die verfehlte Krisenpolitik, wie das Arbeiten ohne Schutzmaßnahmen anprangern.

Die Corona-Pandemie ist unserer Ansicht nach nicht der einzige Grund für die derzeitigen Verschärfungen der Ar-beitsrechte, die enormen sozialen Missstände, in denen sich die Menschen Mieten und Essen nicht mehr leisten können, oder für die massiven Probleme im Gesundheitssystem. Dies liegt an der jahrelangen Privatisierung der Krankenhäuser und einem unverhältnismäßigen Anstieg der Mieten, an dem jahrelang betriebenen Sozialabbau durch die Regierung, an dem Ausbau des Niedriglohnsektors und der Stagnation der Reallöhne. Diese schlechten sozialen Zustände werden sich mit der Eindämmung des Virus nicht ändern, sondern nur, wenn wir aktiv werden und uns jetzt dagegen wehren. Die aktuellen Lockerungsmaßnahmen beweisen, dass es der Regierung nicht um den Schutz der Bevölkerung geht. Mit der Öffnung von Läden bis 800qm wird mit unser aller Gesundheit gespielt, statt den Kleinhandel und Selbstständige ausreichend finanziell zu unterstützen. Zusätzlich drängen die großen Unternehmen auf die Wiederaufnahme der Pro-duktion, um weiterhin ungestört Profite einstreichen zu können. Und während Bayer, Die Deutsche Post und private Kliniken ihren Aktionären weiterhin fleißig Dividenden in Milliardenhöhe ausschütten, fürchtet der Großteil von uns um seine Existenz.

Verschiedene Initiativen und Einzelpersonen brin-gen derzeit ihren Protest und ihre Forderungen auf die Straße, sie stellen sich in dieser Zeitung vor und ihr trefft sie am 1. Mai an verschiedenen Orten in Leipzig (siehe Karte auf der letzten Seite). Eure Probleme, Ideen und Forderungen könnt ihr uns direkt auf einer Post-karte vorbeibringen. Wir werden sie zusammentragen und veröffentlichen. Lasst uns an diesem Tag gemein-sam ein starkes Zeichen setzen.

D E N N S O L I D A R I TÄT G E H T I M M E R !

I N D I E S E R Z E I T U N G

Seite 2 // Der Nachbarschaftsverein ZweieckSeite 2 // Erwerbslosigkeit in der Corona-Krise

Seite 3 // Altersarmut in DeutschlandSeite 4 // Lehrkräfte gegen Prekarität

Seite 5 // Gesundheits- und Sozialstammtisch (GuSS)Seite 6 // Kulturstammtisch (KuKu)

Seite 7 // Solidarischer Studententreff (SST)Seite 7-8 // Schule in Zeiten von Corona

Diese Probleme fallen vor allem auf die Schüler zu-rück, weshalb wir unsere Hausaufgabenhilfe organisie-ren. Doch eigentlich muss es Aufgabe des Staates sein, gute Bildung zu organisieren! Weil die Regierung keiner-lei Anstalten macht, das Bildungssystem gerechter zu ge-stalten und sinnvoll in Bildung zu finanzieren, kommen wir als Eltern, Schüler und Lehrer an unsere Grenzen.

Seit Jahren werden bereits wichtige gewerkschaftli-che Forderungen gestellt: Erhöhung des Bildungsetats für eine bessere und individuellere Unterstützung der Schüler, Verringerung der zu gebenden Unterrichtsstun-den der Lehrer und schließlich Einstellung von mehr Schulsozialarbeitern. Diese werden aber mehr oder we-niger ignoriert. Wir müssen deshalb unser vereinzeltes Krisenmanagement in der Familie überwinden und uns besser organisieren. Wir dürfen nicht in Verzweiflung, Zynismus oder „Treten nach unten“ verfallen. Ganz im Gegenteil müssen wir diese Forderungen diskutieren und gemeinsam beschließen, um mit viel mehr Menschen als jetzt, Druck auf die Politik zu machen. Denn so geht es nicht weiter. Wir wollen Bildung für alle!

A M 1 . M A I F I N D E T I H R U N S A N D I E S E N 8 O R T E N :

A L L E I N F O R M AT I O N E N U N T E R

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Page 2: HERAUS ZUM 1. MAI · 2020. 4. 28. · HERAUS ZUM 1. MAI Wir zahlen nicht für eure Krise! Seite 8 Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was

D I E F O R D E R U N G E N D E S Z W E I E C K S I N D E R C O R O N A - K R I S E

1. Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 100% durch die Arbeitgeber.2. Sofortige Zurücknahme der Arbeitszeitverordnung (12h-Tag und kürzere Ruhezeiten).3. 500€ Extra-Zahlung vom Jobcenter für die Corona-Zeit für ALG II-Bezieher und sofortige Erhöhung der Grund-

sicherung um 100€, um gestiegene Lebenshaltungskosten zu kompensieren.4. Sofortige Einstellung der Arbeit in nicht lebenswichtigen Bereichen bei weiterer Lohnfortzahlung.5. Angemessene Schutzmaßnahmen für alle Beschäftigten.6. Sofortige Unterbringung von Wohnungslosen.7. Mieten nicht für Großunternehmen, sondern für Pri-

vatpersonen für die Zeit der Krise aussetzen8. Langfristig: Hartz IV durch menschenwürdige Grund-

sicherung ersetzen und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

Die Krise trifft uns nicht alle gleich

Seite 2 Seite 7

Durch Corona sind viele Menschen von Lohnaus-fall oder Kündigungen betroffen. Die Bundes-

regierung hat als Reaktion darauf Ende März ein soge-nanntes „Sozialschutz-Paket“ verabschiedet. Ziel dieses Paketes ist es, durch den Abbau bürokratischer Hürden einen schnelleren Zugang zur Grundsicherung (Hartz IV) zu gewährleisten. Das bedeutet, dass z.B. im Rahmen des „Sozialschutz-Paketes“ während des Bewilligungszeit-raum (1.März – 30. Juni 2020) vom Jobcenter die Kosten für Miete und Heizung übernommen werden, ohne der sonst üblichen Prüfung der „Angemessenheit“. Außerdem fällt bei Erstanträgen die Vermögensprüfung weg und einzelne Unterlagen dürfen nachgereicht werden. Solche Maßnahmen sind natürlich erst einmal begrüßenswert, denn es braucht sofortige Hilfen für diejenigen, die von plötzlicher Kündigung und/oder Lohnausfall betroffen sind.

Was ist aber mit denjenigen, die bereits vor Corona

Hartz IV beziehen mussten? Für jene hat das „Sozial-schutz-Paket“ nichts zu bieten. Corona-bedingte Mehr-kosten, z.B. durch einen höheren Stromverbrauch, werden nicht getragen. Auch der vereinfachte Zugang zum Kin-derzuschlag gilt hier nicht. Dabei stellt die Krise gerade diejenigen, die Hartz IV-, Sozialleistungen oder niedrige Renten beziehen vor besonders große Herausforderungen. Aufgrund von “Hamsterkäufen” sind derzeit die günsti-gen Produkte in Supermärkten oft ausverkauft. Die im Hartz IV Regelsatz (432 €/Monat) angedachten 150 Euro für Lebensmittel waren schon vor Corona kaum ausrei-chend, um sich gesund zu ernähren. Seit Beginn der Coro-na-Krise sind die Preise für Obst und Gemüse massiv ge-stiegen. Das wiegt besonders schwer, wenn man überlegt, dass derzeit für Kinder das kostenlose Kita- und Schules-sen wegfällt und die Kinder stattdessen zuhause verpflegt werden müssen.

Anträge beim Jobcenter auf zusätzliche Leistungen

Gemeinsam organisieren Eltern, Lehrer und Schü-ler in unserem Verein Zweieck eine gemeinsame,

kostenlose Hausaufgabenhilfe. In unserer Arbeit sehen wir schon lange, dass es Kinder aus nicht-akademischen und finanziell gut aufgestellten Haushalten in der Schu-le extrem schwer haben. Das belegen auch alle Studien zur Bildungsgerechtigkeit: Deutschland ist ganz vorne mit dabei, was die Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom

Schule in Zeiten von Corona Geldbeutel und Bildungshintergrund der Eltern angeht (vgl. u.A. PISA-Studien).

Unsere Kids, deren Eltern beispielsweise alleinerzie-hend in Vollzeit arbeiten, haben Schwierigkeiten ihre Hausaufgaben allein zu bewältigen. Andere bleiben we-gen sprachlicher Schwierigkeiten hängen, obwohl sie ei-gentlich gar keine Probleme mit der Lösung der Aufgaben hätten- würde es ihnen nur erklärt werden.

Wir sind Studierende verschiedener Hochschulen in Leipzig, Halle und Zwickau und wir treffen

uns seit knapp einem Jahr als Solidarischer Studententreff im ZweiEck. Von Anfang an beschäftigten uns die The-men Studienfinanzierung, BAföG, Berufsperspektiven und auch die Situation der befristeten Angestellten im Mittelbau. Die aktuelle Situation der Covid-19-Pandemie wirft viele Studierende vor verschärfte Probleme: Für vie-le ist der existenzsichernde Nebenjob weggefallen und wir sind mit finanziellen Sorgen konfrontiert; einige von uns sind doppelt belastet, da sie neben dem Studium oder der Lehre ihre Kinder betreuen müssen; der Unibetrieb wird mehr schlecht als recht ins Internet verlagert; Uni-Server sind überlastet; es gibt nicht ausreichend Zugang zu Lite-ratur. Viele Studierende, und das sind immerhin fast zwei Drittel, sind abhängig von Nebenjobs, um ihren Lebens-unterhalt während des Studiums zu finanzieren. Mit unse-ren 450 Euro Jobs sind wir natürlich die Ersten, die raus-fliegen, wenn die Betriebe wegen Corona keine Arbeit für uns haben. Während Rettungsschirme für die Wirtschaft schon längst in Milliardenhöhe beschlossen sind, fehlt uns Studierenden bislang die Perspektive. Natürlich gibt es für uns BAföG, allerdings gibt es trotz Bedürftigskeitsprü-

S O L I D A R I S C H E R S T U D E N T E N T R E F F ( S S T )

[email protected]/SolidarischerStudententreffwww.sstleipzig.wordpress.com/

D I E F O R D E R U N G E N D E S S S T

1. Kostenlose Bildung für alle, durch eine (erhöhte) Reichensteuer.2. Unkomplizierte Soforthilfe für alle Studenten in Notlage - jetzt und immer wenn nötig.3. Gleichwertige Mitbestimmung von Studierenden, Lehrenden und technischem Personal an Hochschulen.4. Nachhaltige Digitalisierung und freier Zugang zu Literatur und Software. 5. Angemessene Berücksichtigung der Corona-Pandemie für Studierende, Lehrende und befristet Angestellte in

Bezug auf: Prüfungsleistungen, Fristen, Lehre und Lernen.

Wir sind der Nachbarschaftsverein Zweieck: Im Zweieck kommen Lehrer, Studenten, Selbstständige, Ärzte, Krankenpfleger, Schüler, Erwerbslose und viele andere zusammen. Als Vereinsmitglieder blicken wir aus

verschiedenen Perspektiven auf die aktuelle Situation und sehen die Notwendigkeit, uns gut zu organisieren. Wir unterstützen uns gegenseitig bei unseren Problemen im Alltag, organisieren gemeinsame Freizeitaktivitäten, setzen uns gegenüber unseren Arbeitgebern aktiv für unsere Interessen ein und beziehen als Verein Stellung zu gesellschaft-lichen Themen.

Das alles funktioniert nur, wenn wir alle mit anpacken und uns aktiv einbringen. Wir wollen uns nicht von Stadt, Politik und Wirtschaft vereinnahmen lassen, sondern uns unabhängig eine Meinung bilden und für unsere Forde-rungen einstehen. Jeder, der mitmachen will und die einfachsten Regeln des Zusammenkommens beachtet – Res-pekt und Verantwortung für seine Mitmenschen – ist bei uns willkommen!

N A C H B A R S C H A F T S V E R E I N Z W E I E C K

[email protected]

fung genug Gründe, weshalb man keines bekommt. Doch selbst wenn ein Anspruch auf BAföG besteht, reicht dieses Geld oft nicht zum Leben.

Das Sommersemester 2020 hat vor kurzem begonnen und schon jetzt sind Studierende und Lehrende mit dem Transfer der Lehre ins Digitale überfordert. Ab nächs-ter Woche sollen wieder Präsenzveranstaltungen an den sächsischen Hochschulen stattfinden, wobei der Gesund-heitsschutz dabei wohl kaum umsetzbar sein wird. „Ein Sommersemester der Ideen und Innovationen“ solle das kommende Semester werden, heißt es von Hochschulen und Politik. Solche Aussagen verspotten die Situationen prekarisierter Studierender und ohnehin schon überlaste-ter Lehrender. Was Flexibilisierung und Kreativität unserer Gesellschaft in den letzten Jahren gebracht hat, haben wir z.B. infolge der Agenda 2010 ausreichend gesehen.

Wir Studierende sollen lernen und gut ausgebildet wer-den, um zukünftig unseren Teil zu dieser Gesellschaft beitragen zu können und unseren Lebensunterhalt eigen-ständig zu verdienen. Doch wenn uns existenzielle Sorgen plagen, wird das Lernen schwierig. Dafür brauchen wir keine individuellen Lösungen, sondern gesamtgesellschaft-liche Maßnahmen!

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ZWEI|ECKNACHBARSCHAFTSVEREIN

ANGER-CROTTENDORF

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In keiner Bevölkerungsgruppe steigt die Zahl der von Armut Betroffenen so stark wie bei den Rentne-

rinnen und Rentnern. Im Jahr 2017 belief sich die Zahl der armutsgefährdeten Rentner und Pensionäre auf 3,2 Millionen Menschen. Diese Zahl wird sich in den nächs-ten Jahren deutlich erhöhen. Gründe dafür sind zu nied-rige Löhne, Teilzeitbeschäftigung und Lücken in den Beschäftigungsbiografien. Seit der Verabschiedung der Agenda 2010 vor 17 Jahren arbeitet fast jeder vierte im Niedriglohnsektor. Damit hat Deutschland den größten Niedriglohnsektor Europas. 1,2 Millionen Erwerbstätige waren 2019 zudem noch auf zusätzliche staatliche Hilfen angewiesen, weil der Lohn nicht reichte. Das sind alles Bedingungen, die dazu führen, dass die Altersarmut stei-gen wird, dass Rentner auf Nebenjobs angewiesen sind, dass sie Pfandflaschen sammeln müssen.

Die sogenannte Standardrente lag 2019 bei 45 % des durchschnittlichen Bruttogehalts, das sind 1487,25€ im Westen und 1435,05€ im Osten. Um auf diese Ren-te zu kommen, müsste man aber 45 Jahre durchgehend gearbeitet, in die Rentenkasse eingezahlt und stets das Durchschnittseinkommen bekommen haben. Es kommt also zu Abzügen, wenn der eigene Lohn unter dem Durchschnitt liegt. Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland arbeitet im Niedriglohnsektor und somit unter dem durchschnittlichen Einkommen. Wer den ge-setzlichen Mindestlohn bekommt, müsste rund 60 Jahre arbeiten, um eine Rente auf Niveau der Grundsicherung zu bekommen. Zudem kommen nur wenige Menschen auf die 45 Beitragsjahre: beispielsweise arbeiten Frauen im Westen durchschnittlich nur 28,06 Jahre. Die Alters-armut ist also vorprogrammiert.

Seite 6 www.CORONA-NEWS-LEIPZIG.de

2007 wurde das Renteneintrittsalter unter der Koali-tion von CDU/CSU und SPD auf 67 erhöht. Unterneh-merverbände fordern heutzutage sogar eine Erhöhung auf 70. In Realität gehen die Beschäftigten aber mit 61 Jahren in Rente, weswegen dies effektiv eine Rentenkür-zung bedeutet. Die letztes Jahr von der Bundesregierung beschlossene Grundrente soll jetzt ausbügeln, was jahre-lang an Sozialabbau betrieben wurde. Voraussetzung sind 35 Jahre Einzahlung in die Rentenkasse und eine Ein-kommensprüfung. Die Grundrente soll 10% über der So-zialhilfe im Alter liegen, also bei ca. 880€. Lediglich 1,5 Millionen Rentner würden nach den Voraussetzungen die Grundrente erhalten.

Deutschland ist einer der Exportweltmeister. Das Volkseinkommen hat sich seit 1991 mehr als verdoppelt (heute ca. 2.56 Billionen €). Die Unternehmen schütten jedes Jahr horrende Summen an Dividenden aus, aber die Reallöhne stagnieren seit Jahren. Da die Beiträge zur Ren-tenversicherung Teil vom Lohn sind, stagnieren auch die Renten. Anstatt die Löhne zu erhöhen und dadurch die Rentenbeiträge zu vergrößern, sollen über Modelle wie die Grundrente Renten über Steuergelder finanziert werden.

D I E F O R D E R U N G E N D E S Z W E I E C K S Z U R R E N T E

1. Ein solidarisches Rentensystem, in das jeder einzahlen muss.2. Sofortige Rücknahme der Agenda 2010. Mindestrente bemessen am Durchschnittseinkommen.3. Zurück zur Rente mit 70% des Nettolohns. Höhere Löhne für eine höhere Rente.4. Renteneintrittsalter runter auf 60.

Altersarmut in Deutschland

wurden bisher allesamt abgelehnt. Unter anderem mit der Begründung, dass der im Regelsatz angedachte Posten für „Freizeit, Unterhaltung und Kultur“ nun ja anderweitig genutzt werden könne – so das Sozialgericht Konstanz. Zynisch, wenn man bedenkt, dass diese „anderweitige Nutzung“ auch vorher schon gängig notwendige Praxis war, da der Lebensmittelposten nicht ausreichte. Das ver-

abschiedete „Sozialschutz-Paket“ stellt also keinen sozia-len Schutz vor den Folgen der derzeitigen Krise dar. Mehr noch: es spaltet diejenigen, die Unterstützung brauchen, in zwei Gruppen. Auf der einen Seite diejenigen, die für ihre Arbeitslosigkeit aufgrund der Corona-Krise nichts können und auf der anderen Seite diejenigen, denen trotz all der vorgebrachten Gründe keine weitere Hilfe zusteht.

K U LT U R S TA M M T I S C H L E I P Z I G ( K U K U )

[email protected]/kulturstammtischleipzig

Der Kulturstammtisch Leipzig ist eine frischge-gründete Initiative, mit der wir uns als Kunst-

schaffende bereichsübergreifend über unsere Arbeitsbe-dingungen austauschen wollen. Hierbei ist uns schnell aufgefallen, dass wir alle ähnliche Probleme haben: Be-fristete Arbeitsverträge, geringe Entlohnung, unbezahlte Überstunden, Leistungsdruck, fehlende Absicherung, fehlender solidarischer Austausch,..

Also haben wir uns zusammengetan um einen Raum zu schaffen, in dem wir uns über unsere Arbeitsbedin-gungen austauschen und bei Problemen solidarisch unter-stützen können. Und das ist jetzt noch wichtiger denn je geworden, denn durch die Corona-Pandemie sind wir und ein Großteil unserer Kolleginnen und Kollegen durch Veranstaltungsabsagen, Auftragsstornierungen und dem ersatzlo-sen Wegfall von Gagen hart und zum Teil existenziell getroffen. Viele freischaffende Kunstschaffende wissen gerade nicht, wie sie nächsten Monat ihre Miete und andere Fixkos-ten zahlen sollen! Und dass die Soforthilfen des Bundes an den Arbeits- und Lebensrealitäten der zahlrei-chen Solo-Selbstständigen und Freischaffenden komplett vorbeigehen, ist mittlerweile auch kein Geheimnis mehr.

Viele Kunst- und Kulturschaffende werden daher in den nächsten Wochen auf Sozialleistungen zurückgreifen müssen.

D I E F O R D E R U N G E N D E S K U LT U R S TA M M T I S C H S

Was uns in der aktuellen Debatte über die Auswir-kung von Corona auf den Kunstbetrieb gänzlich fehlt, ist, dass an dieser Stelle nicht bedacht wird, dass uns Kulturschaffenden diese Krise nur deshalb so schwer treffen konnte, weil wir mit unserem niedrigen Gehalt niemals hätten Rücklagen bilden können, um eine Kri-se überhaupt überstehen zu können. So viele Akteure der Kunstszene müssen schon lange mit Mindesthono-raren zurecht kommen, der überwiegende Teil der frei-schaffenden KünstlerInnen lebt bereits jetzt in Armut oder ist von Altersarmut bedroht. Seit Jahren

sind wir dazu gezwungen, von der Hand in den Mund zu leben. Dabei ist der Kulturbereich mit ca. 1,7 Mil-lionen Kernbeschäftigten insgesamt (und davon ca. 500.000 Soloselb-ständigen) der drittstärkste Wirt-

schaftsfaktor in Deutschland. Wieso aber stehen die prekären Lebensbedin-

gungen von Kunst- und Kulturschaffenden in einem krassen Gegensatz zum wirtschaftlichen und ideellen Reichtum, den sie dem Bund und den einzelnen Län-dern zuteilwerden lassen? Wir finden, es ist endlich an der Zeit, die staatlichen Akteure in ihre Pflicht zu neh-men. Die Bedingungen für Kunst- und Kulturschaffen-de müssen langfristig verbessert werden!

1. Eine Corona-Soforthilfe, die nicht zweckgebun-den ausgezahlt wird und die zusätzlich zur Coro-na-Grundsicherung und etwaigen Bundeshilfen beantragt werden kann.

2. Die verbindliche Zusage langfristiger Projektförder-gelder, welche Selbstständige vor der drohenden Arbeitslosigkeit schützen.

3. Einen Kündigungsschutz für alle Festangestellten und Sperrzeit von Aufhebungsverträgen bis mindes-tens Januar 2021.

Über die Krisenzeit hinaus fordern wir: • Eine verbesserte, gesicherte Entlohnung durch Er-

höhung der Mindestgage für alle Projektbeteiligten (von Honorarkräften bis zu Praktikanten).

• Eine Transparentmachung und Vereinheitlichung des Fördermittelsystems.

• Den sofortigen Stop von Personalabbau an Kultur-institutionen.

• Die Bezahlung von Praktikantinnen und Praktikan-ten bei einem Vollzeitpraktikum.

• Eine betriebliche Regelung von Kinderbetreuung bei Abenddiensten.

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L E H R K R Ä F T E G E G E N P R E K A R I TÄT

[email protected]/LehrkraeftegegenPrekaritaetAm 1. Mai von 12-14 Uhr im Johannapark anzutreffen.

Ein leerer Bauch lehrt nicht gern

Wir sind Lehrerinnen und Lehrer, die Erwachsene unterrichten: Wir geben Sprachunterricht, Ge-

sundheits-Seminare oder Gitarrenkurse an Volkshoch-schulen oder privaten Sprachschulen.

Der Beruf des Lehrers gilt gemeinhin als gut bezahlt, angesehen und mit viel Freizeit verbunden. Das Gegen-teil müssen wir leider in der Erwachsenen- und Weiter-bildung feststellen, denn 70% von uns sind Honorarlehr-kräfte. Das bedeutet: Es gibt keinen Arbeitsvertrag, der regelt, dass wir auch im Krankheitsfall finanziell abgesi-chert sind, oder dass uns bezahlte Urlaubstage zustehen. Von unserem dürftigen Honorar müssen wir die komplet-ten Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Betriebliche Mitbestimmung steht uns nicht zu. Auch festangestellte Kolleginnen haben es schwer: Wir haben meist nur einen befristeten Arbeitsvertrag, wenige Urlaubstage und einen wöchentlichen Stundenumfang, der den eines Lehrers im Regelschulbetrieb übertrifft. Grund für unsere Prekarität ist die Unterfinanzierung und Privatisierung in diesem Bereich. Unsere Arbeit ist gesellschaftlich so wichtig: Wir Lehrer in Integrations- und Berufssprachkursen sind es, die den neu nach Deutschland gekommenen Menschen Sprache und Gesellschaftssystem nahebringen; und wir Dozentinnen in Abendkursen sind es, die das gesell-schaftliche Credo vom „Lebenslangen Lernen“ möglich machen. Trotz unserer Bedeutung werden wir nicht wert-geschätzt – bei den öffentlichen Trägern wird an Gehäl-tern gespart oder bei privaten Sprachschulen auf unsere Kosten mit Bildung Profit gemacht.

Als mit der jetzigen Krise die Schulen geschlossen wur-

D I E F O R D E R U N G E N D E R L E H R K R Ä F T E

1. Zahlung aller Ausfallhonorare.2. Erhöhung der Honorare und Gehälter - orientiert am Einkommen eines Berufsschullehrers.3. Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Bildungsträgern.4. Möglichkeiten der fachlichen Mitbestimmung.5. Keine Profite mit Bildung! Gegen die Privatisierung der Weiterbildung.6. Angemessene Vergütung der Vor- und Nachbereitungszeit. 7. Einhaltung des Bundesurlaubsgesetzes – bezahlter Urlaub für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte. 8. Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 100% durch die Arbeitgeber.9. Aufnahme von Geflüchteten - Elendslager in Griechenland schließen.

Wir als Gesundheits- und Sozialwesenstammtisch // GuSS organisieren und unterstützen uns gegen die Be-dingungen in unseren jeweiligen Berufen. Wir sind eine bunte Gruppe von Ärzten, Krankenpflegern, So-

zialarbeitern und Rettungssanitätern. Wir freuen uns über neue interessierte Menschen, die regelmäßig an unseren Treffen teilnehmen wollen. Als Gesundheits- und Sozialwesenstammtisch//GuSS, haben wir uns nach einer ausführ-lichen Diskussion dazu entschlossen, uns den Forderungen des Netzwerks aktiver Krankenhausbeschäftigter in SAT (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) in Verdi anzuschließen. Wir haben diese Forderungen jedoch um einige weitere ergänzt (Hervorhebung). Wir erwarten in dieser zugespitzten Situation die Umsetzung von Sofort-maßnahmen zum Schutze der Gesundheit von Patienten und Beschäftigten:

D I E F O R D E R U N G E N D E S G E S U N D H E I T S S TA M M T I S C H S

G E S U N D H E I T S - U N D S O Z I A LW E S E N S TA M M T I S C H L E I P Z I G ( G U S S )

www.facebook.com/GUSSLeipzigAm 1. Mai von 12-14 Uhr am Bayerischen Bahnhof anzutreffen.

1. Bereitstellung von ausreichendem Schutzmaterial für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen – notfalls durch staatliche Verordnung an entsprechende Unter-nehmen.

2. Quarantäne muss auch für infizierte Krankenhausbe-schäftigte/Beschäftigte im Gesundheits - und Sozial-wesen einschließlich des Rettungsdienst gelten, die im Kontakt mit Patienten und Klienten sind – krank ist krank.

3. Staatlich voll refinanzierte Zahlung einer steuerfreien Belastungs-Zulage von 500,00 € im Monat für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen inklusive ausge-gliederter Tochtergesellschaften sowie in weiteren ver-sorgungsrelevanten Bereichen (Einzelhandel etc.).

4. Hundertprozentige Vergütung von Arbeits- bzw. Ge-haltsausfällen (z.B. we-gen Quarantäne oder Kinderbetreuung).

5. Rücknahme des ge-lockerten Arbeits-zeitgesetzes mit einer Ausweitung des Ar-beitstages auf 12 Stun-den und eine Verkür-zung der Mindestruhe auf 9 Stunden.

6. Engmaschige Tests für jegliches Perso-nal.

7. Einbeziehung des Personals in Krisen-stäbe.

Über diese kurzfristigen Maßnahmen hinaus erwarten wir eine politische Weichenstellung für die Zukunft, wel-che grundlegende Probleme des deutschen Gesundheits-systems angeht: • Abschaffung der Fallpauschalen und kostende-

ckende Finanzierung der Krankenhäuser, Ret-tungsdienste und in Heilberufen.

• Einführung gesetzlich verbindlicher, bedarfsgerech-ter Personalschlüssel und entsprechender Konse-quenzen bei Unterschreitung.

• Rekommunalisierung des Gesundheitssystems von und für die Gesellschaft.

• Bedarfsgerechte Planung der Gesundheitssystems und sinnvolle Zusammenarbeit zwischen ambulan-ter und stationärer Versorgung.

• Insourcing von Reini-gung, Küchen und anderen ausgegliederten Servicegesell-schaften, denn auch diese Mit-arbeiter*innen sind unersetzli-che Teile des Teams.• Deutliche Anhebung der Löhne und attraktivere Arbeits-bedingungen in Gesundheits-berufen. Nur so können wir genug qualifiziertes Personal für die Gesundheitsversorgung gewinnen und halten. • Kostenloser Zugang zum Gesundheitssystem für alle Menschen.

den, bedeutete das für die Honorarlehrkräfte: totaler Einkommensausfall. Für die Festangestellten: Kurz-arbeitergeld mit 60% vom ohnehin dürftigen Gehalt.

Wir wissen: Die Krise gab es schon vor Corona und wir müssen langfristig etwas an unseren Arbeitsbedin-gungen ändern. Viele Lehrkräfte sind vereinzelt - in manchen Schulen gibt es nicht einmal ein Lehrerzim-mer. Umso wichtiger ist es darum, dass wir uns austau-schen und zusammenschließen. Wir organisieren uns gemeinsam in der Initiative Lehrkräfte gegen Prekari-tät. Wir verabreden uns derzeit online, erarbeiten Ar-tikel für unsere Facebook-Seite, planen Aktionen und schreiben Offene Briefe. Wir vernetzen uns jetzt auch städte- und bundesweit und arbeiten eng mit gewerk-schaftlichen Gruppen zusammen. Denn klar ist: Wir arbeiten gern in unserem Beruf, und wollen darin so arbeiten, dass er uns zum Leben reicht. Dafür müssen wir uns gemeinsam einsetzen!

Mit einer Flashmob-Aktion haben wir auf dem Marktplatz auf unsere leeren Taschen aufmerksam gemacht.

www.CORONA-NEWS-LEIPZIG.de

Bild: Bastian Klamke

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L E H R K R Ä F T E G E G E N P R E K A R I TÄT

[email protected]/LehrkraeftegegenPrekaritaetAm 1. Mai von 12-14 Uhr im Johannapark anzutreffen.

Ein leerer Bauch lehrt nicht gern

Wir sind Lehrerinnen und Lehrer, die Erwachsene unterrichten: Wir geben Sprachunterricht, Ge-

sundheits-Seminare oder Gitarrenkurse an Volkshoch-schulen oder privaten Sprachschulen.

Der Beruf des Lehrers gilt gemeinhin als gut bezahlt, angesehen und mit viel Freizeit verbunden. Das Gegen-teil müssen wir leider in der Erwachsenen- und Weiter-bildung feststellen, denn 70% von uns sind Honorarlehr-kräfte. Das bedeutet: Es gibt keinen Arbeitsvertrag, der regelt, dass wir auch im Krankheitsfall finanziell abgesi-chert sind, oder dass uns bezahlte Urlaubstage zustehen. Von unserem dürftigen Honorar müssen wir die komplet-ten Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Betriebliche Mitbestimmung steht uns nicht zu. Auch festangestellte Kolleginnen haben es schwer: Wir haben meist nur einen befristeten Arbeitsvertrag, wenige Urlaubstage und einen wöchentlichen Stundenumfang, der den eines Lehrers im Regelschulbetrieb übertrifft. Grund für unsere Prekarität ist die Unterfinanzierung und Privatisierung in diesem Bereich. Unsere Arbeit ist gesellschaftlich so wichtig: Wir Lehrer in Integrations- und Berufssprachkursen sind es, die den neu nach Deutschland gekommenen Menschen Sprache und Gesellschaftssystem nahebringen; und wir Dozentinnen in Abendkursen sind es, die das gesell-schaftliche Credo vom „Lebenslangen Lernen“ möglich machen. Trotz unserer Bedeutung werden wir nicht wert-geschätzt – bei den öffentlichen Trägern wird an Gehäl-tern gespart oder bei privaten Sprachschulen auf unsere Kosten mit Bildung Profit gemacht.

Als mit der jetzigen Krise die Schulen geschlossen wur-

D I E F O R D E R U N G E N D E R L E H R K R Ä F T E

1. Zahlung aller Ausfallhonorare.2. Erhöhung der Honorare und Gehälter - orientiert am Einkommen eines Berufsschullehrers.3. Tarifverhandlungen zwischen Gewerkschaften und Bildungsträgern.4. Möglichkeiten der fachlichen Mitbestimmung.5. Keine Profite mit Bildung! Gegen die Privatisierung der Weiterbildung.6. Angemessene Vergütung der Vor- und Nachbereitungszeit. 7. Einhaltung des Bundesurlaubsgesetzes – bezahlter Urlaub für arbeitnehmerähnliche Beschäftigte. 8. Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 100% durch die Arbeitgeber.9. Aufnahme von Geflüchteten - Elendslager in Griechenland schließen.

Wir als Gesundheits- und Sozialwesenstammtisch // GuSS organisieren und unterstützen uns gegen die Be-dingungen in unseren jeweiligen Berufen. Wir sind eine bunte Gruppe von Ärzten, Krankenpflegern, So-

zialarbeitern und Rettungssanitätern. Wir freuen uns über neue interessierte Menschen, die regelmäßig an unseren Treffen teilnehmen wollen. Als Gesundheits- und Sozialwesenstammtisch//GuSS, haben wir uns nach einer ausführ-lichen Diskussion dazu entschlossen, uns den Forderungen des Netzwerks aktiver Krankenhausbeschäftigter in SAT (Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) in Verdi anzuschließen. Wir haben diese Forderungen jedoch um einige weitere ergänzt (Hervorhebung). Wir erwarten in dieser zugespitzten Situation die Umsetzung von Sofort-maßnahmen zum Schutze der Gesundheit von Patienten und Beschäftigten:

D I E F O R D E R U N G E N D E S G E S U N D H E I T S S TA M M T I S C H S

G E S U N D H E I T S - U N D S O Z I A LW E S E N S TA M M T I S C H L E I P Z I G ( G U S S )

www.facebook.com/GUSSLeipzigAm 1. Mai von 12-14 Uhr am Bayerischen Bahnhof anzutreffen.

1. Bereitstellung von ausreichendem Schutzmaterial für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen – notfalls durch staatliche Verordnung an entsprechende Unter-nehmen.

2. Quarantäne muss auch für infizierte Krankenhausbe-schäftigte/Beschäftigte im Gesundheits - und Sozial-wesen einschließlich des Rettungsdienst gelten, die im Kontakt mit Patienten und Klienten sind – krank ist krank.

3. Staatlich voll refinanzierte Zahlung einer steuerfreien Belastungs-Zulage von 500,00 € im Monat für alle Beschäftigten im Gesundheitswesen inklusive ausge-gliederter Tochtergesellschaften sowie in weiteren ver-sorgungsrelevanten Bereichen (Einzelhandel etc.).

4. Hundertprozentige Vergütung von Arbeits- bzw. Ge-haltsausfällen (z.B. we-gen Quarantäne oder Kinderbetreuung).

5. Rücknahme des ge-lockerten Arbeits-zeitgesetzes mit einer Ausweitung des Ar-beitstages auf 12 Stun-den und eine Verkür-zung der Mindestruhe auf 9 Stunden.

6. Engmaschige Tests für jegliches Perso-nal.

7. Einbeziehung des Personals in Krisen-stäbe.

Über diese kurzfristigen Maßnahmen hinaus erwarten wir eine politische Weichenstellung für die Zukunft, wel-che grundlegende Probleme des deutschen Gesundheits-systems angeht: • Abschaffung der Fallpauschalen und kostende-

ckende Finanzierung der Krankenhäuser, Ret-tungsdienste und in Heilberufen.

• Einführung gesetzlich verbindlicher, bedarfsgerech-ter Personalschlüssel und entsprechender Konse-quenzen bei Unterschreitung.

• Rekommunalisierung des Gesundheitssystems von und für die Gesellschaft.

• Bedarfsgerechte Planung der Gesundheitssystems und sinnvolle Zusammenarbeit zwischen ambulan-ter und stationärer Versorgung.

• Insourcing von Reini-gung, Küchen und anderen ausgegliederten Servicegesell-schaften, denn auch diese Mit-arbeiter*innen sind unersetzli-che Teile des Teams.• Deutliche Anhebung der Löhne und attraktivere Arbeits-bedingungen in Gesundheits-berufen. Nur so können wir genug qualifiziertes Personal für die Gesundheitsversorgung gewinnen und halten. • Kostenloser Zugang zum Gesundheitssystem für alle Menschen.

den, bedeutete das für die Honorarlehrkräfte: totaler Einkommensausfall. Für die Festangestellten: Kurz-arbeitergeld mit 60% vom ohnehin dürftigen Gehalt.

Wir wissen: Die Krise gab es schon vor Corona und wir müssen langfristig etwas an unseren Arbeitsbedin-gungen ändern. Viele Lehrkräfte sind vereinzelt - in manchen Schulen gibt es nicht einmal ein Lehrerzim-mer. Umso wichtiger ist es darum, dass wir uns austau-schen und zusammenschließen. Wir organisieren uns gemeinsam in der Initiative Lehrkräfte gegen Prekari-tät. Wir verabreden uns derzeit online, erarbeiten Ar-tikel für unsere Facebook-Seite, planen Aktionen und schreiben Offene Briefe. Wir vernetzen uns jetzt auch städte- und bundesweit und arbeiten eng mit gewerk-schaftlichen Gruppen zusammen. Denn klar ist: Wir arbeiten gern in unserem Beruf, und wollen darin so arbeiten, dass er uns zum Leben reicht. Dafür müssen wir uns gemeinsam einsetzen!

Mit einer Flashmob-Aktion haben wir auf dem Marktplatz auf unsere leeren Taschen aufmerksam gemacht.

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Bild: Bastian Klamke

Page 6: HERAUS ZUM 1. MAI · 2020. 4. 28. · HERAUS ZUM 1. MAI Wir zahlen nicht für eure Krise! Seite 8 Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was

In keiner Bevölkerungsgruppe steigt die Zahl der von Armut Betroffenen so stark wie bei den Rentne-

rinnen und Rentnern. Im Jahr 2017 belief sich die Zahl der armutsgefährdeten Rentner und Pensionäre auf 3,2 Millionen Menschen. Diese Zahl wird sich in den nächs-ten Jahren deutlich erhöhen. Gründe dafür sind zu nied-rige Löhne, Teilzeitbeschäftigung und Lücken in den Beschäftigungsbiografien. Seit der Verabschiedung der Agenda 2010 vor 17 Jahren arbeitet fast jeder vierte im Niedriglohnsektor. Damit hat Deutschland den größten Niedriglohnsektor Europas. 1,2 Millionen Erwerbstätige waren 2019 zudem noch auf zusätzliche staatliche Hilfen angewiesen, weil der Lohn nicht reichte. Das sind alles Bedingungen, die dazu führen, dass die Altersarmut stei-gen wird, dass Rentner auf Nebenjobs angewiesen sind, dass sie Pfandflaschen sammeln müssen.

Die sogenannte Standardrente lag 2019 bei 45 % des durchschnittlichen Bruttogehalts, das sind 1487,25€ im Westen und 1435,05€ im Osten. Um auf diese Ren-te zu kommen, müsste man aber 45 Jahre durchgehend gearbeitet, in die Rentenkasse eingezahlt und stets das Durchschnittseinkommen bekommen haben. Es kommt also zu Abzügen, wenn der eigene Lohn unter dem Durchschnitt liegt. Fast jeder vierte Beschäftigte in Deutschland arbeitet im Niedriglohnsektor und somit unter dem durchschnittlichen Einkommen. Wer den ge-setzlichen Mindestlohn bekommt, müsste rund 60 Jahre arbeiten, um eine Rente auf Niveau der Grundsicherung zu bekommen. Zudem kommen nur wenige Menschen auf die 45 Beitragsjahre: beispielsweise arbeiten Frauen im Westen durchschnittlich nur 28,06 Jahre. Die Alters-armut ist also vorprogrammiert.

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2007 wurde das Renteneintrittsalter unter der Koali-tion von CDU/CSU und SPD auf 67 erhöht. Unterneh-merverbände fordern heutzutage sogar eine Erhöhung auf 70. In Realität gehen die Beschäftigten aber mit 61 Jahren in Rente, weswegen dies effektiv eine Rentenkür-zung bedeutet. Die letztes Jahr von der Bundesregierung beschlossene Grundrente soll jetzt ausbügeln, was jahre-lang an Sozialabbau betrieben wurde. Voraussetzung sind 35 Jahre Einzahlung in die Rentenkasse und eine Ein-kommensprüfung. Die Grundrente soll 10% über der So-zialhilfe im Alter liegen, also bei ca. 880€. Lediglich 1,5 Millionen Rentner würden nach den Voraussetzungen die Grundrente erhalten.

Deutschland ist einer der Exportweltmeister. Das Volkseinkommen hat sich seit 1991 mehr als verdoppelt (heute ca. 2.56 Billionen €). Die Unternehmen schütten jedes Jahr horrende Summen an Dividenden aus, aber die Reallöhne stagnieren seit Jahren. Da die Beiträge zur Ren-tenversicherung Teil vom Lohn sind, stagnieren auch die Renten. Anstatt die Löhne zu erhöhen und dadurch die Rentenbeiträge zu vergrößern, sollen über Modelle wie die Grundrente Renten über Steuergelder finanziert werden.

D I E F O R D E R U N G E N D E S Z W E I E C K S Z U R R E N T E

1. Ein solidarisches Rentensystem, in das jeder einzahlen muss.2. Sofortige Rücknahme der Agenda 2010. Mindestrente bemessen am Durchschnittseinkommen.3. Zurück zur Rente mit 70% des Nettolohns. Höhere Löhne für eine höhere Rente.4. Renteneintrittsalter runter auf 60.

Altersarmut in Deutschland

wurden bisher allesamt abgelehnt. Unter anderem mit der Begründung, dass der im Regelsatz angedachte Posten für „Freizeit, Unterhaltung und Kultur“ nun ja anderweitig genutzt werden könne – so das Sozialgericht Konstanz. Zynisch, wenn man bedenkt, dass diese „anderweitige Nutzung“ auch vorher schon gängig notwendige Praxis war, da der Lebensmittelposten nicht ausreichte. Das ver-

abschiedete „Sozialschutz-Paket“ stellt also keinen sozia-len Schutz vor den Folgen der derzeitigen Krise dar. Mehr noch: es spaltet diejenigen, die Unterstützung brauchen, in zwei Gruppen. Auf der einen Seite diejenigen, die für ihre Arbeitslosigkeit aufgrund der Corona-Krise nichts können und auf der anderen Seite diejenigen, denen trotz all der vorgebrachten Gründe keine weitere Hilfe zusteht.

K U LT U R S TA M M T I S C H L E I P Z I G ( K U K U )

[email protected]/kulturstammtischleipzig

Der Kulturstammtisch Leipzig ist eine frischge-gründete Initiative, mit der wir uns als Kunst-

schaffende bereichsübergreifend über unsere Arbeitsbe-dingungen austauschen wollen. Hierbei ist uns schnell aufgefallen, dass wir alle ähnliche Probleme haben: Be-fristete Arbeitsverträge, geringe Entlohnung, unbezahlte Überstunden, Leistungsdruck, fehlende Absicherung, fehlender solidarischer Austausch,..

Also haben wir uns zusammengetan um einen Raum zu schaffen, in dem wir uns über unsere Arbeitsbedin-gungen austauschen und bei Problemen solidarisch unter-stützen können. Und das ist jetzt noch wichtiger denn je geworden, denn durch die Corona-Pandemie sind wir und ein Großteil unserer Kolleginnen und Kollegen durch Veranstaltungsabsagen, Auftragsstornierungen und dem ersatzlo-sen Wegfall von Gagen hart und zum Teil existenziell getroffen. Viele freischaffende Kunstschaffende wissen gerade nicht, wie sie nächsten Monat ihre Miete und andere Fixkos-ten zahlen sollen! Und dass die Soforthilfen des Bundes an den Arbeits- und Lebensrealitäten der zahlrei-chen Solo-Selbstständigen und Freischaffenden komplett vorbeigehen, ist mittlerweile auch kein Geheimnis mehr.

Viele Kunst- und Kulturschaffende werden daher in den nächsten Wochen auf Sozialleistungen zurückgreifen müssen.

D I E F O R D E R U N G E N D E S K U LT U R S TA M M T I S C H S

Was uns in der aktuellen Debatte über die Auswir-kung von Corona auf den Kunstbetrieb gänzlich fehlt, ist, dass an dieser Stelle nicht bedacht wird, dass uns Kulturschaffenden diese Krise nur deshalb so schwer treffen konnte, weil wir mit unserem niedrigen Gehalt niemals hätten Rücklagen bilden können, um eine Kri-se überhaupt überstehen zu können. So viele Akteure der Kunstszene müssen schon lange mit Mindesthono-raren zurecht kommen, der überwiegende Teil der frei-schaffenden KünstlerInnen lebt bereits jetzt in Armut oder ist von Altersarmut bedroht. Seit Jahren

sind wir dazu gezwungen, von der Hand in den Mund zu leben. Dabei ist der Kulturbereich mit ca. 1,7 Mil-lionen Kernbeschäftigten insgesamt (und davon ca. 500.000 Soloselb-ständigen) der drittstärkste Wirt-

schaftsfaktor in Deutschland. Wieso aber stehen die prekären Lebensbedin-

gungen von Kunst- und Kulturschaffenden in einem krassen Gegensatz zum wirtschaftlichen und ideellen Reichtum, den sie dem Bund und den einzelnen Län-dern zuteilwerden lassen? Wir finden, es ist endlich an der Zeit, die staatlichen Akteure in ihre Pflicht zu neh-men. Die Bedingungen für Kunst- und Kulturschaffen-de müssen langfristig verbessert werden!

1. Eine Corona-Soforthilfe, die nicht zweckgebun-den ausgezahlt wird und die zusätzlich zur Coro-na-Grundsicherung und etwaigen Bundeshilfen beantragt werden kann.

2. Die verbindliche Zusage langfristiger Projektförder-gelder, welche Selbstständige vor der drohenden Arbeitslosigkeit schützen.

3. Einen Kündigungsschutz für alle Festangestellten und Sperrzeit von Aufhebungsverträgen bis mindes-tens Januar 2021.

Über die Krisenzeit hinaus fordern wir: • Eine verbesserte, gesicherte Entlohnung durch Er-

höhung der Mindestgage für alle Projektbeteiligten (von Honorarkräften bis zu Praktikanten).

• Eine Transparentmachung und Vereinheitlichung des Fördermittelsystems.

• Den sofortigen Stop von Personalabbau an Kultur-institutionen.

• Die Bezahlung von Praktikantinnen und Praktikan-ten bei einem Vollzeitpraktikum.

• Eine betriebliche Regelung von Kinderbetreuung bei Abenddiensten.

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Page 7: HERAUS ZUM 1. MAI · 2020. 4. 28. · HERAUS ZUM 1. MAI Wir zahlen nicht für eure Krise! Seite 8 Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was

D I E F O R D E R U N G E N D E S Z W E I E C K S I N D E R C O R O N A - K R I S E

1. Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 100% durch die Arbeitgeber.2. Sofortige Zurücknahme der Arbeitszeitverordnung (12h-Tag und kürzere Ruhezeiten).3. 500€ Extra-Zahlung vom Jobcenter für die Corona-Zeit für ALG II-Bezieher und sofortige Erhöhung der Grund-

sicherung um 100€, um gestiegene Lebenshaltungskosten zu kompensieren.4. Sofortige Einstellung der Arbeit in nicht lebenswichtigen Bereichen bei weiterer Lohnfortzahlung.5. Angemessene Schutzmaßnahmen für alle Beschäftigten.6. Sofortige Unterbringung von Wohnungslosen.7. Mieten nicht für Großunternehmen, sondern für Pri-

vatpersonen für die Zeit der Krise aussetzen8. Langfristig: Hartz IV durch menschenwürdige Grund-

sicherung ersetzen und Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich.

Die Krise trifft uns nicht alle gleich

Seite 2 Seite 7

Durch Corona sind viele Menschen von Lohnaus-fall oder Kündigungen betroffen. Die Bundes-

regierung hat als Reaktion darauf Ende März ein soge-nanntes „Sozialschutz-Paket“ verabschiedet. Ziel dieses Paketes ist es, durch den Abbau bürokratischer Hürden einen schnelleren Zugang zur Grundsicherung (Hartz IV) zu gewährleisten. Das bedeutet, dass z.B. im Rahmen des „Sozialschutz-Paketes“ während des Bewilligungszeit-raum (1.März – 30. Juni 2020) vom Jobcenter die Kosten für Miete und Heizung übernommen werden, ohne der sonst üblichen Prüfung der „Angemessenheit“. Außerdem fällt bei Erstanträgen die Vermögensprüfung weg und einzelne Unterlagen dürfen nachgereicht werden. Solche Maßnahmen sind natürlich erst einmal begrüßenswert, denn es braucht sofortige Hilfen für diejenigen, die von plötzlicher Kündigung und/oder Lohnausfall betroffen sind.

Was ist aber mit denjenigen, die bereits vor Corona

Hartz IV beziehen mussten? Für jene hat das „Sozial-schutz-Paket“ nichts zu bieten. Corona-bedingte Mehr-kosten, z.B. durch einen höheren Stromverbrauch, werden nicht getragen. Auch der vereinfachte Zugang zum Kin-derzuschlag gilt hier nicht. Dabei stellt die Krise gerade diejenigen, die Hartz IV-, Sozialleistungen oder niedrige Renten beziehen vor besonders große Herausforderungen. Aufgrund von “Hamsterkäufen” sind derzeit die günsti-gen Produkte in Supermärkten oft ausverkauft. Die im Hartz IV Regelsatz (432 €/Monat) angedachten 150 Euro für Lebensmittel waren schon vor Corona kaum ausrei-chend, um sich gesund zu ernähren. Seit Beginn der Coro-na-Krise sind die Preise für Obst und Gemüse massiv ge-stiegen. Das wiegt besonders schwer, wenn man überlegt, dass derzeit für Kinder das kostenlose Kita- und Schules-sen wegfällt und die Kinder stattdessen zuhause verpflegt werden müssen.

Anträge beim Jobcenter auf zusätzliche Leistungen

Gemeinsam organisieren Eltern, Lehrer und Schü-ler in unserem Verein Zweieck eine gemeinsame,

kostenlose Hausaufgabenhilfe. In unserer Arbeit sehen wir schon lange, dass es Kinder aus nicht-akademischen und finanziell gut aufgestellten Haushalten in der Schu-le extrem schwer haben. Das belegen auch alle Studien zur Bildungsgerechtigkeit: Deutschland ist ganz vorne mit dabei, was die Abhängigkeit des Bildungserfolgs vom

Schule in Zeiten von Corona Geldbeutel und Bildungshintergrund der Eltern angeht (vgl. u.A. PISA-Studien).

Unsere Kids, deren Eltern beispielsweise alleinerzie-hend in Vollzeit arbeiten, haben Schwierigkeiten ihre Hausaufgaben allein zu bewältigen. Andere bleiben we-gen sprachlicher Schwierigkeiten hängen, obwohl sie ei-gentlich gar keine Probleme mit der Lösung der Aufgaben hätten- würde es ihnen nur erklärt werden.

Wir sind Studierende verschiedener Hochschulen in Leipzig, Halle und Zwickau und wir treffen

uns seit knapp einem Jahr als Solidarischer Studententreff im ZweiEck. Von Anfang an beschäftigten uns die The-men Studienfinanzierung, BAföG, Berufsperspektiven und auch die Situation der befristeten Angestellten im Mittelbau. Die aktuelle Situation der Covid-19-Pandemie wirft viele Studierende vor verschärfte Probleme: Für vie-le ist der existenzsichernde Nebenjob weggefallen und wir sind mit finanziellen Sorgen konfrontiert; einige von uns sind doppelt belastet, da sie neben dem Studium oder der Lehre ihre Kinder betreuen müssen; der Unibetrieb wird mehr schlecht als recht ins Internet verlagert; Uni-Server sind überlastet; es gibt nicht ausreichend Zugang zu Lite-ratur. Viele Studierende, und das sind immerhin fast zwei Drittel, sind abhängig von Nebenjobs, um ihren Lebens-unterhalt während des Studiums zu finanzieren. Mit unse-ren 450 Euro Jobs sind wir natürlich die Ersten, die raus-fliegen, wenn die Betriebe wegen Corona keine Arbeit für uns haben. Während Rettungsschirme für die Wirtschaft schon längst in Milliardenhöhe beschlossen sind, fehlt uns Studierenden bislang die Perspektive. Natürlich gibt es für uns BAföG, allerdings gibt es trotz Bedürftigskeitsprü-

S O L I D A R I S C H E R S T U D E N T E N T R E F F ( S S T )

[email protected]/SolidarischerStudententreffwww.sstleipzig.wordpress.com/

D I E F O R D E R U N G E N D E S S S T

1. Kostenlose Bildung für alle, durch eine (erhöhte) Reichensteuer.2. Unkomplizierte Soforthilfe für alle Studenten in Notlage - jetzt und immer wenn nötig.3. Gleichwertige Mitbestimmung von Studierenden, Lehrenden und technischem Personal an Hochschulen.4. Nachhaltige Digitalisierung und freier Zugang zu Literatur und Software. 5. Angemessene Berücksichtigung der Corona-Pandemie für Studierende, Lehrende und befristet Angestellte in

Bezug auf: Prüfungsleistungen, Fristen, Lehre und Lernen.

Wir sind der Nachbarschaftsverein Zweieck: Im Zweieck kommen Lehrer, Studenten, Selbstständige, Ärzte, Krankenpfleger, Schüler, Erwerbslose und viele andere zusammen. Als Vereinsmitglieder blicken wir aus

verschiedenen Perspektiven auf die aktuelle Situation und sehen die Notwendigkeit, uns gut zu organisieren. Wir unterstützen uns gegenseitig bei unseren Problemen im Alltag, organisieren gemeinsame Freizeitaktivitäten, setzen uns gegenüber unseren Arbeitgebern aktiv für unsere Interessen ein und beziehen als Verein Stellung zu gesellschaft-lichen Themen.

Das alles funktioniert nur, wenn wir alle mit anpacken und uns aktiv einbringen. Wir wollen uns nicht von Stadt, Politik und Wirtschaft vereinnahmen lassen, sondern uns unabhängig eine Meinung bilden und für unsere Forde-rungen einstehen. Jeder, der mitmachen will und die einfachsten Regeln des Zusammenkommens beachtet – Res-pekt und Verantwortung für seine Mitmenschen – ist bei uns willkommen!

N A C H B A R S C H A F T S V E R E I N Z W E I E C K

[email protected]

fung genug Gründe, weshalb man keines bekommt. Doch selbst wenn ein Anspruch auf BAföG besteht, reicht dieses Geld oft nicht zum Leben.

Das Sommersemester 2020 hat vor kurzem begonnen und schon jetzt sind Studierende und Lehrende mit dem Transfer der Lehre ins Digitale überfordert. Ab nächs-ter Woche sollen wieder Präsenzveranstaltungen an den sächsischen Hochschulen stattfinden, wobei der Gesund-heitsschutz dabei wohl kaum umsetzbar sein wird. „Ein Sommersemester der Ideen und Innovationen“ solle das kommende Semester werden, heißt es von Hochschulen und Politik. Solche Aussagen verspotten die Situationen prekarisierter Studierender und ohnehin schon überlaste-ter Lehrender. Was Flexibilisierung und Kreativität unserer Gesellschaft in den letzten Jahren gebracht hat, haben wir z.B. infolge der Agenda 2010 ausreichend gesehen.

Wir Studierende sollen lernen und gut ausgebildet wer-den, um zukünftig unseren Teil zu dieser Gesellschaft beitragen zu können und unseren Lebensunterhalt eigen-ständig zu verdienen. Doch wenn uns existenzielle Sorgen plagen, wird das Lernen schwierig. Dafür brauchen wir keine individuellen Lösungen, sondern gesamtgesellschaft-liche Maßnahmen!

www.CORONA-NEWS-LEIPZIG.de

ZWEI|ECKNACHBARSCHAFTSVEREIN

ANGER-CROTTENDORF

Page 8: HERAUS ZUM 1. MAI · 2020. 4. 28. · HERAUS ZUM 1. MAI Wir zahlen nicht für eure Krise! Seite 8 Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was

HERAUSZUM 1. MAI

Wir zahlen nicht für eure Krise!

Seite 8

Diese Situation spitzt sich nun in der Corona-Krise zu: Unterricht entfällt, was bedeutet, dass die Schüler nun vollkommen auf sich allein gestellt sind, Aufgaben müs-sen in Einzelarbeit gelöst und fristgerecht abgegeben wer-den. Und selbst wenn Online-Unterricht angeboten wird, fehlen vielen die technische Ausstattung wie Laptops oder Internet.

Darauf kann seitens der Schule kaum Rücksicht genom-men werden. Die Lehrpläne sollen durchgezogen werden, Forderungen wie Prüfungsabsagen werden abgewimmelt. Schüler und Eltern werden mit den Herausforderungen allein gelassen. Dass man sich den Stoff selbstständig er-arbeitet hat, wird dann bei erneuter Unterrichtsaufnah-me einfach vorausgesetzt. Überforderung und Schulstress sind die Folge - und zwar bei allen Beteiligten. Auch die Schulen und Lehrer werden mit diesen Problemen al-lein gelassen: So berichten einige Kollegen, dass sie für Abschlussklassen Einzelprüfungen für jeden einzelnen Schüler ausarbeiten mussten, was für sie eine Arbeitszeit von 14 Stunden am Tag bedeutete. Auch Anrufe der El-tern nahmen stark zu. Der 1. Mai ist der Tag der Arbeit. Der Tag, an dem wir unsere alltäglichen Arbeitskämpfe lautstark auf die Straße

tragen. Dieses Jahr soll der Protest von der Straße ins Wohnzimmer verlegt werden. Der DGB ruft dazu auf, im Internet zu demonstrieren. Das ist gut, aber reicht uns nicht. Die Interessen der Beschäftigten müssen gerade in der ak-tuellen Krise offensiv zur Geltung kommen. Wir lassen uns den Tag der Arbeit nicht nehmen und wollen deshalb auch dieses Jahr unter Einhaltung des Gesundheitsschutzes auf der Straße die prekären Arbeitsbedingungen, zu niedrige Renten und die verfehlte Krisenpolitik, wie das Arbeiten ohne Schutzmaßnahmen anprangern.

Die Corona-Pandemie ist unserer Ansicht nach nicht der einzige Grund für die derzeitigen Verschärfungen der Ar-beitsrechte, die enormen sozialen Missstände, in denen sich die Menschen Mieten und Essen nicht mehr leisten können, oder für die massiven Probleme im Gesundheitssystem. Dies liegt an der jahrelangen Privatisierung der Krankenhäuser und einem unverhältnismäßigen Anstieg der Mieten, an dem jahrelang betriebenen Sozialabbau durch die Regierung, an dem Ausbau des Niedriglohnsektors und der Stagnation der Reallöhne. Diese schlechten sozialen Zustände werden sich mit der Eindämmung des Virus nicht ändern, sondern nur, wenn wir aktiv werden und uns jetzt dagegen wehren. Die aktuellen Lockerungsmaßnahmen beweisen, dass es der Regierung nicht um den Schutz der Bevölkerung geht. Mit der Öffnung von Läden bis 800qm wird mit unser aller Gesundheit gespielt, statt den Kleinhandel und Selbstständige ausreichend finanziell zu unterstützen. Zusätzlich drängen die großen Unternehmen auf die Wiederaufnahme der Pro-duktion, um weiterhin ungestört Profite einstreichen zu können. Und während Bayer, Die Deutsche Post und private Kliniken ihren Aktionären weiterhin fleißig Dividenden in Milliardenhöhe ausschütten, fürchtet der Großteil von uns um seine Existenz.

Verschiedene Initiativen und Einzelpersonen brin-gen derzeit ihren Protest und ihre Forderungen auf die Straße, sie stellen sich in dieser Zeitung vor und ihr trefft sie am 1. Mai an verschiedenen Orten in Leipzig (siehe Karte auf der letzten Seite). Eure Probleme, Ideen und Forderungen könnt ihr uns direkt auf einer Post-karte vorbeibringen. Wir werden sie zusammentragen und veröffentlichen. Lasst uns an diesem Tag gemein-sam ein starkes Zeichen setzen.

D E N N S O L I D A R I TÄT G E H T I M M E R !

I N D I E S E R Z E I T U N G

Seite 2 // Der Nachbarschaftsverein ZweieckSeite 2 // Erwerbslosigkeit in der Corona-Krise

Seite 3 // Altersarmut in DeutschlandSeite 4 // Lehrkräfte gegen Prekarität

Seite 5 // Gesundheits- und Sozialstammtisch (GuSS)Seite 6 // Kulturstammtisch (KuKu)

Seite 7 // Solidarischer Studententreff (SST)Seite 7-8 // Schule in Zeiten von Corona

Diese Probleme fallen vor allem auf die Schüler zu-rück, weshalb wir unsere Hausaufgabenhilfe organisie-ren. Doch eigentlich muss es Aufgabe des Staates sein, gute Bildung zu organisieren! Weil die Regierung keiner-lei Anstalten macht, das Bildungssystem gerechter zu ge-stalten und sinnvoll in Bildung zu finanzieren, kommen wir als Eltern, Schüler und Lehrer an unsere Grenzen.

Seit Jahren werden bereits wichtige gewerkschaftli-che Forderungen gestellt: Erhöhung des Bildungsetats für eine bessere und individuellere Unterstützung der Schüler, Verringerung der zu gebenden Unterrichtsstun-den der Lehrer und schließlich Einstellung von mehr Schulsozialarbeitern. Diese werden aber mehr oder we-niger ignoriert. Wir müssen deshalb unser vereinzeltes Krisenmanagement in der Familie überwinden und uns besser organisieren. Wir dürfen nicht in Verzweiflung, Zynismus oder „Treten nach unten“ verfallen. Ganz im Gegenteil müssen wir diese Forderungen diskutieren und gemeinsam beschließen, um mit viel mehr Menschen als jetzt, Druck auf die Politik zu machen. Denn so geht es nicht weiter. Wir wollen Bildung für alle!

A M 1 . M A I F I N D E T I H R U N S A N D I E S E N 8 O R T E N :

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