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17. Mai 2017 Wasserwirtschaft Rüdiger Deppe www.wissenswerk.org 1 Herzlich willkommen zum Work-Shop! Rufbereitschaft Was ist rechtlich zu beachten? Wie können BR / PR das praktisch umsetzen? Referent Rüdiger Deppe, WissensWerk Göttingen

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17. Mai 2017

Wasserwirtschaft

Rüdiger Deppe

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1

Herzlich willkommen zum Work-Shop!

Rufbereitschaft

Was ist rechtlich zu beachten?

Wie können BR / PR das praktisch umsetzen?

Referent

Rüdiger Deppe, WissensWerk Göttingen

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Impulsreferat:

• Bereitschaftsdienst / Rufbereitschaft

• Arbeitszeitgesetz mit Bezug auf Ruf- und Bereitschaftsdienst

• Gesundheitsschutz

• Ruhezeit

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Unterscheidung zwischen:

• Bereitschaftsdienst

• Rufbereitschaft

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Bereitschaftsdienst

- Der Arbeitnehmer muss sich außerhalb der regelmäßigen

Arbeitszeit an einem bestimmten Ort aufhalten, um auf

Anforderung die Arbeit unverzüglich aufzunehmen.

- Der Arbeitnehmer darf schlafen, muss aber sofort bereit

sein, Arbeit aufzunehmen.

- Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit und keine Ruhezeit.

- Bereitschaftsdienst darf nur angeordnet werden, wenn

erfahrungsgemäß die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt

(> 50 %).

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Rufbereitschaft

Der Beschäftigte kann, anders als beim Bereitschaftsdienst, den

Aufenthaltsort selbst bestimmen.

- Erreichbarkeit über Handy reicht.

- Arbeitnehmer muss in adäquater Zeit die Arbeit

aufnehmen können.

- Die Anordnung der Rufbereitschaft muss billigem

Ermessen entsprechen.

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- Keine Beschränkung der Häufigkeit im Tarifvertrag

- Kein Anspruch auf Rufbereitschaft

- Arbeitnehmer muss seinen Aufenthaltsort anzeigen

- Rufbereitschaft gilt als Ruhezeit.

- Die auf Abruf geleistete Arbeit zählt als Arbeitszeit.

- Die Höchstgrenzen der Ruhezeit nach Arbeitszeitgesetz

sind einzuhalten.

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Nur wenn erfahrungsgemäß in Ausnahmefällen Arbeit anfällt, soll

Rufbereitschaft eingeführt werden.

Die Tarifvertragsparteien haben nicht ausgeführt, was unter „Ausnahmefall“

zu verstehen ist.

Nach dem herkömmlichen Sprachgebrauch ist unter Ausnahme eine

Abweichung von der geltenden Regel zu verstehen. Das bedeutet,

Rufbereitschaft darf nur angeordnet werden, wenn Arbeit zwar gelegentlich

anfallen kann, die Zeiten ohne Arbeitsanfall aber die Regel sind.

Es kann nicht alleine auf eine bestimmte Prozentzahl von Arbeitsanfall

abgestellt werden; auch die Häufigkeit der einzelnen Arbeitseinsätze ist von

Bedeutung. BAG v. 04.08.1988 Az.: 6 AZR 48/86

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Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG)

Mit Bezug auf Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst

Gesetzeszweck (§ 1 ArbZG):

- Sicherheit und Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer*innen bei

der Arbeitszeitgestaltung zu gewährleisten

- Rahmenbedingungen für flexible Arbeitszeiten zu verbessern

- Schutz der Sonn- und Feiertage als Tage der Arbeitsruhe und der

„seelischen Erhebung“ zu schützen

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Auswirkungen langer täglicher Arbeitszeiten

Das Unfallrisiko bzw. das Risiko für Fehlhandlungen steigen nach der

9. Arbeitsstunde exponentiell an.

Mit der Zahl der Arbeitsstunden in Vollarbeit wachsen die körperlichen und vor

allem die psycho-vegetativen Auswirkungen auf die Beschäftigten

Nach 24-Stunden-Bereitschaftsdienst oder 12-Stunden-Schichten Vollarbeit im

Krankenhaus steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Verkehrsunfall auf das Doppelte

einer 8-Stunden-Vollarbeitsschicht. Für 12-Stunden-Nachtdienste erhöht sich das

Unfallrisiko um das Vierfache.

Die Ermüdung nimmt durch psychische und physische Belastungen oberhalb der

Dauerleistungsgrenze über die Dauer der täglichen Arbeitszeit exponentiell zu.

Das Risiko für gesundheitliche Beeinträchtigungen durch lange Arbeitszeiten erhöht

sich in Verbindung mit zusätzlichen Belastungsfaktoren wie hohe Arbeitsintensität

oder emotionalen Belastungen in besonderem Maße.

Quelle: Bezirksregierung Düsseldorf

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Dauerhaft verkürzte Schlafzeiten

Chronischer partieller Schlafentzug auf 5 Stunden Schlaf pro Nacht führt zu zur

Einschränkung der psychomotorischen Leistung.

Altersspezifische Besonderheiten

Mit zunehmendem Alter muss die Komprimierung der Arbeitszeit über den Tag,

Woche, den Monat vermieden werden. Die Vorhersehbarkeit der Arbeit soll

möglichst hoch sein.

Schwere körperliche Arbeit führt mit wachsendem Alter schneller zu

gesundheitlichen Beeinträchtigungen.

Der Erholungswert von Pausen ist für ältere Arbeitnehmer geringer als für jüngere.

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Arbeitsschutz, BGM und BEM

Sämtliche Sonderformen der Arbeit sind bei der Beurteilung der Arbeitsbedingungen im Rahmen der Gefährdungsanalyse (§ 5 ArbSchG) mit einzubeziehen, da sie teilweise (erhebliche) physische, psychische und soziale Belastungen darstellen.*

Auch bei der Implementierung eines Betrieblichen Gesundheitsmanagement (BGM) müssen die Sonderformen der Arbeit, die Häufigkeit ihrer Inanspruchnahme durch den Arbeitgeber und der Umgang mit ihnen unter gesundheitsgefährdenden Gesichtspunkten betrachtet und bewertet werden.

*Siehe dazu auch zum Gefährdungsfaktor 14 psychische Belastungen: Kollmer/Klindt, ArbSchG, Kommentar, 2. Auflage, Seite 23

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Arbeitszeitregelungen

Grundregeln

a) Arbeitszeit (§ 3 ArbZG)

Werktägliche Arbeitszeit darf 8 Stunden nicht überschreiten.

Arbeitszeit darf auf bis zu 10 Stunden verlängert werden, wenn innerhalb von 6 Kalendermonaten oder innerhalb v. 24 Wochen im Durchschnitt acht Stunden werktäglich nicht überschritten werden (bei Nachtarbeitnehmern muss Ausgleich innerhalb eines Monats erfolgen, § 5 Abs. 2 ArbZG)

b) Ruhezeiten (§ 5 ArbZG)

Ununterbrochene Ruhezeit von mindestens 11 Stunden nach Beendigung der

täglichen Arbeitszeit

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Das Arbeitszeitgesetz ermöglicht, durch Regelungen in einem Tarifvertrag

oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstverein-

barung, die Anwendung der gesetzlichen Ausnahmeregelungen des

§ 7 ArbZG, die Abweichungen von § 5 Abs. 1 ArbZG.

Der TV-V und der TVöD beinhalten keine eigenen Regelungen, des § 7

ArbZG, oder die Abweichungen von § 5 Abs. 1 ArbZG zur Ruhezeit bzw.

deren Ausgestaltung.

Auf Grundlage dieser normativen Öffnungsklausel können die

Betriebsparteien abweichende Regelungen vom ArbZG vereinbaren.

Besteht keine betriebliche Regelung, sind die 11 Stunden Ruhezeit einzu-

halten (§ 5 Abs. 1 ArbZG).

Ausnahmeregelungen

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Die Möglichkeit zu Abweichungen ist in § 7 Abs. 1 Ziff. 3 ArbZG sowie

in § 7 Abs. 2 Ziff. 1 benannt:

Erste Möglichkeit § 7 Abs. 1 Ziff. 3 ArbZG:

„In einem Tarifvertrag oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs-

oder Dienstvereinbarung kann zugelassen werden,

(...)

3. abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeit um bis zu zwei Stunden zu kürzen,

wenn die Art der Arbeit dies erfordert und die Kürzung der Ruhezeit innerhalb

eines festzulegenden Ausgleichszeitraums ausgeglichen wird,

(...)

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Zweite Möglichkeit § 7 Abs. 2 Ziff. 1 ArbZG

„Sofern der Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer durch einen

entsprechenden Zeitausgleich gewährleistet wird, kann in einem Tarifvertrag

oder auf Grund eines Tarifvertrags in einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung

ferner zugelassen werden,

1. abweichend von § 5 Abs. 1 die Ruhezeiten der Rufbereitschaft den

Besonderheiten dieses Dienstes anzupassen, insbesondere Kürzungen der

Ruhezeit infolge von Inanspruchnahmen während dieses Dienstes zu

anderen Zeiten auszugleichen,

(...)“

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Außergewöhnliche Fälle (§ 14 ArbZG)

Abweichung insbesondere von Arbeitszeit- und Ruhezeitregeln ist in

Notfällen möglich.

Aber:

Arbeitgeber muss (zumutbare) Vorkehrungen treffen, um Ausnahmeregelung

zu vermeiden.

Die Rufbereitschaft an sich ist kein Notfalldienst. Deshalb ist auch bei der

Rufbereitschaft die 10-Stunden-Grenze einzuhalten, es sei denn, es handelt

sich um einen Notfall im Sinne des Gesetzes.

Beim Stromausfall in einem Krankenhaus handelt es sich um einen Notfall,

beim Stromausfall in einem Privathaushalt nicht.

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Nach jeder Arbeitsleistung beginnt die 11 stündige Ruhezeit neu.

Dies gilt auch für eine Arbeitsleistung innerhalb der Rufbereitschaft, es sei

denn, es ist in einem Tarifvertag oder auf Grund eines Tarifvertrages in einer

Betriebs-/ oder Dienstvereinbarung etwas abweichendes vereinbart.

Ruhezeit

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Die absolute Untergrenze für die Ruhezeit ist ungeklärt.

Bei der Anwendung des § 7 Abs. 2 Ziff. 1 ArbZG legt das Arbeitszeit-

gesetz keine Mindestruhezeit fest.

Bei Ärzten reicht eine ununterbrochene Ruhezeit von unter

6 Stunden nicht.

BAG v. 24.02.1982, 4 AZR 223/80

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„Wird ein Arbeitnehmer… während der Rufbereitschaft zur Arbeitsleistung

herangezogen und besteht infolgedessen für ihn ein Beschäftigungsverbot

nach § 5 ArbZG während der im voraus geplanten Arbeitszeit, hat er

keinen Anspruch auf Gutschrift der ausgefallenen Zeiten auf seinem…

Arbeitskonto. Ein solcher Anspruch ergibt sich weder aus… (tariflichen)…

noch aus gesetzlichen Bestimmungen.“

BAG vom 13.12.2007 – 6 AZR 197/07

Vergütungsanspruch bei Beschäftigungsverbot

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BAG

Die Unmöglichkeit der Erbringung der Arbeitsleistung schließt

Entgeltansprüche des Arbeitnehmers aus. Ebenso hat der Arbeitgeber

keine Ansprüche gegenüber dem Arbeitnehmer.

Wegen dieser Rechtsprechung sollte in einer Betriebs- oder

Dienstvereinbarungen eine Gutschrift für die ausgefallenen Zeiten

festgelegt werden, z.B. im Tausch gegen verkürzte Ruhezeiten.

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Der Arbeitgeber hat den Ausfall der Schicht durch die konkrete

Inanspruchnahme des Arbeitnehmers während der Ruhezeit zu

vertreten. Nicht die Ruhezeit ist die autonome Ursache des

Schichtausfalls, sondern die Inanspruchnahme des Arbeitnehmers

durch den Arbeitgeber.

Buschmann/ Ulber, Arbeitszeitgesetz 8. Auflage

Das BAG sieht eine Vergütungspflicht nur dann, wenn es

entsprechende einzel- oder kollektivvertragliche Vereinbarungen gibt.

BAG 5.7.1975, DB 76, 1868

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Anmerkungen für die Verkürzung der Ruhezeit:

• Der Verzicht auf die volle Ruhezeit von 11 Stunden kann von

Arbeitnehmerseite der Arbeitgeberseite angeboten werden im

Tausch, unter der Bedingung, dass Vergütungsausfälle in der

Folgeschicht ausgeglichen werden.

• Eine Verkürzung der Ruhezeiten auf 9 max. 8 Stunden ist denkbar.

• Die Besonderheiten von Einsätzen und Einsatzzeiten sind zu

berücksichtigen.

• Gewährleistung des Gesundheitsschutzes durch entsprechenden

Zeitausgleich ist zwingend.

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Vielen Dank für die

Aufmerksamkeit