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80 Healthcare Marketing 1-2/2016

Karriere

Hochschulen

Schafft Qualitätsmanagement- zertifizierung Effizienzgewinne?

Fast jedes zweite Krankenhaus hat mittlerweile eine Qualitätsmanagement-zertifizierung. Zum Einsatz kommen dabei fast ausschließlich Zertifizierungen nach KTQ und ISO. Untersucht man die Effizienz der Krankenhäuser nach der Zertifizierung, kann jedoch nur ein Zertifizierungsverfahren punkten.

Autoren: Dr. Ivonne Lindlbauer, Prof. Dr. Jonas Schreyögg und

Prof. Dr. Vera Winter, Hamburg Center for Health Economics

Krankenhäuser sind seit dem Jahr 2000 verpflichtet, ein internes Qua li täts ma-nage mentsystem einzuführen. Obwohl eine formale Zertifizierung dieser Syste-me freiwillig ist, ist die Anzahl an Zerti-fi zierungen stetig angestiegen. Kranken-häuser nutzen Zertifizierungen nach KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität) und ISO (DIN ISO 9001:2000 ff) in der Regel auch als Marketingin-stru ment in ihrer Kommunikation nach außen. Dies brachte den Häusern dabei nicht nur positive Resonanz, sondern oft den Tenor einer reinen Werbemaß-nahme. Einen Nachweis, welche Effekte diese Qualitätssicherungsmaßnahmen für die Krankenhäuser wirklich haben, gab es bisher in Deutschland nicht. Im Hamburg Center for Health Economics (HCHE) wurde in den letzten Jahren intensiv in den Bereichen Effizienz und Qualität im Krankenhaus geforscht. Um herauszufinden, ob Zertifizierungen

neben der potenziellen Verbesserung der Qualität einen Einfluss auf die Effizienz der Krankenhäuser haben, wurde die Studie mit dem Titel ‚Changes in techni-cal efficiency after quality management certification: A DEA approach using difference-in-difference estimation with genetic matching in the hospital indust-ry‘ durchgeführt. Als Datenbasis wurden die Zahlen des statistischen Bundesamts über deutsche Allgemeinkrankenhäuser in den Jahren von 2000 bis 2010 mit In-formationen zu den Zertifizierungen der Krankenhäuser kombiniert. Von insge-samt 830 betrachteten Krankenhäusern hatte fast die Hälfte eine Zertifizierung, 273 von ihnen waren KTQ-, 101 ISO-zertifiziert. Die anschließenden Berechnungen erfolg-ten in drei Schritten. Zunächst wurde die Effizienz für jedes Krankenhaus pro Jahr (2000 bis 2010) geschätzt. Hierzu kam das Verfahren Data Envelopment Analy-

sis (DEA) zur Anwendung. Es misst die Effizienz als Relation von Outputs zu be-nötigten Inputs. Als Outputgröße wurde in diesem Fall die Anzahl der behan-delten Fälle unter Berücksichtigung der Schwere der Erkrankung beziehungswei-se des erwarteten Behandlungsaufwands herangezogen. Den Faktor Input bestim-men der Personalaufwand, insbesondere die Anzahl der Ärzte, Pflegekräfte sowie wei teren Personals, und die Sachkos-ten. DEA identifiziert die effizientesten Krankenhäuser, also diejenigen, die am wenigsten Kosten für die Behandlung der Patienten benötigen, und setzt alle an deren Krankenhäuser in Relation zu diesen. In einem zweiten Schritt wurde die Ver-änderung der Effizienz, die auf die Zer-tifizierung zurückzuführen ist, bestimmt. Zu diesem Zweck vergleicht man die Effizienzveränderungen von zertifizierten und nicht-zertifizierten Krankenhäusern. Um zu gewährleisten, dass die nicht-zer-tifizierten Krankenhäuser den zertifizier-ten Krankenhäusern ähnlich sind (z. B. in Hinblick auf Größe und Effizienz vor der Zertifizierung) – man also nicht Äpfel mit Birnen vergleicht –, wurde ein soge-nanntes Genetic Matching durchgeführt, bei dem aus allen nicht-zertifizierten Krankenhäusern nur diejenigen ausge-wählt wurden, die mit dem zertifizierten vergleichbar waren. Um abschließend den Einfluss der Zer-

Strategie der Forschungsarbeit

Die Berechnung der Effizienzgewinne der Krankenhäuser erfolgte in drei Schritten

Quelle: HCHE

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tifizierung zu ermitteln, wurde die Ver-änderung der Effizienz, die auf die Zer-tifizierung zurückzuführen ist, mittels Regressionen geschätzt.

Effizienzgewinne bei KTQ

Die Datenanalyse zeigt, dass die KTQ-Zertifizierung einen positiven Einfluss auf die Krankenhauseffizienz hat. Der Effizienzgewinn durch Zertifizierung be-läuft sich ein Jahr nach dem Erhalt der Zertifizierung auf 1,7 Prozent, zwei Jahre danach auf 1,9 Prozent. Drei Jahre nach der KTQ-Zertifizierung ist jedoch kein systematischer Effizienzgewinn mehr zu beobachten. Das könnte unter anderem daran liegen, dass zu dem Zeitpunkt die Re-Zertifizierung ansteht, die wiederum Ressourcen bindet. In Hinblick auf die ISO-Zertifizierung zeigt sich ein komplett anderes Bild: Hier ist kein Effizienzgewinn, sondern vergli-chen mit den Vergleichskrankenhäusern in den meisten Jahren ein Effizienzver-lust zu beobachten – zum Beispiel drei Jahre nach Zertifizierung in Höhe von 4,2 Prozent, vier Jahre danach in Höhe von 3,2 Prozent. Dementsprechend hat die ISO-Zertifizierung einen negativen Einfluss auf die Effizienzentwicklung in Krankenhäusern.

Spurensuche

Eine Vermutung, wie es zu den entge-gengesetzten Ergebnissen der beiden Zertifizierungsformen kommt, ist, dass die beiden Zertifizierungsprozesse sehr unterschiedlich sind. Mit der ISO-Zer-

tifizierung geht ein höherer Implemen-tationsaufwand – beispielsweise durch umfassendere Dokumentationsanfor-derungen – einher, der viele Ressourcen bindet und somit die Effizienz negativ beeinflusst. Ebenso kann es sein, dass die ISO-Zertifizierung positivere Auswir-kungen auf die Qualität der Versorgung haben könnte, die im Trade-off zur Ef-fizienz stehen könnte. Dieser Trade-off wurde im Gesundheitswesen schon häu-fig beobachtet und würde in diesem Fall bedeuten, dass die ISO-Zertifizierung vielleicht aus Qualitätsaspekten hilfrei-cher ist als die KTQ-Zertifizierung. Ein weiterer Erklärungsansatz liegt im unterschiedlichen Marketingeffekt. Die KTQ-Zertifizierung ist eigens für das Gesundheitswesen entwickelt worden und sendet eventuell stärkere Qualitäts-signale an potentielle Patienten als die

ISO-Zertifizierung, die stärker mit indus-trieller Produktion verbunden wird. Die Anziehung von zusätzlichen Patienten kann zu einer besseren Auslastung und damit einer erhöhten Effizienz führen. Letztlich kommt bei jeder Zertifizie-rungsmaßnahme der Kommunikati-on – sowohl der internen als auch der externen – eine entscheidende Rolle zu. Für die Außenkommunikation gilt es, gut und ausgewogen sowohl über die Zertifizierung selbst als auch über die dadurch erfolgten Qualitätsverbesse-rungen zu kommunizieren. Bei der in-ternen, an die Mitarbeiter adressierten Kommunikation steht die Motivation für die Change-Prozesse im Vorder-grund. Sie bestimmt wesentlich über Er-folg oder Misserfolg der Qualitätsmaß-nahme und wirkt sich dementsprechend auch auf die Effizienz aus.

Das Hamburg Center for Health Economics (HCHE)ist ein gemeinsames Forschungszentrum der Uni Hamburg und der Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf. Am 2010 gegründeten HCHE forschen mittlerweile über 50 Wissenschaftler an aktuellen und künf-tigen Fragestellungen zu gesundheitspolitischen Themen. Autoren der hier dargestellten Effizienz-Studie sind die HCHE-Kernmitglieder Dr. Ivonne Lindlbauer, Prof. Dr. Jonas Schreyögg und Prof. Dr. Vera Winter (v.l.). Prof. Schreyögg ist wissenschaftlicher Direktor des HCHE.

� www.hche.uni-hamburg.deFoto

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Zertifizierungen in Krankenhäusern

Die meisten Krankenhäuser sind KTO-zertifiziert

Quelle: HCHE