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E. H. Kiesenfdd 11. T. L. Chang. Homogrnr Renktionrn iim. 22!1 Homogene Reaktionen mit wellenfijrmigem Geschwindigkeitsverlauf Von E. H. RIESENFELD und T. L. CHANG Mit 8 Figuren im Text Wahrend bei normalem Reaktionsverlauf die Geschwindigkri t einer homogenen Reaktion mit der Konzentration der reagierenden Stoffe ansteigt, wurde bei einer Anzahl solcher Reaktionen ein wellen- fiirmiger Reaktionsverlauf gefunden. Dieser entsteht dadurch, daG in einem beschrankten Konzentrationsbereich die Reaktionsgeschwin- digkeit mit steigender Konzentration fallt. Da im iibrigen die Reali- iionsgeschwindigkeit mit der Konzentration ansteigt, so verlauft die Kurve, die die Abhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Konzentration wiedergibt, wellenformig. Ein solcher Geschwindig- keit,sverlauf wurde zuerst bei der Einwirkung von Wasserstoffperoxyd auf Permanganat gefundenl). I n der Zwischenzeit wurden noch mehrere andere derartig verlaufende Reaktionen entdeckt. Dadurch ist erwiesen, daI3 es sich bei der zuerst gefundenen Renktion nicht um eine vereinzelte Erscheinung handelt. Im folgenden ist erst das Beobachtungsmaterial zusammengestellt nnd hierauf eine Erklarung dcr neuen Erscheinung gegeben. Experimenteller Teil Zunachs t wnrde die fruher aufgefundene Permanganat-Wasser- stoffperoxydreaktion nach verschiedenen Richtungen hin nlhcr nntersucht. Die Versuchsanordnung war dieselbe wie in cler fruheren Arbeit2) und es wurde in derselben Weise wie dort die Entfarbungs- zeit gemessen. In einen in ein Wasserbad tauchenden Porzellan- tiegel wurde die erforderliche Menge Wasserstoffperoxyd, Schwefel- saure und gegebenenfalls auch Mangan (11)-sale gegeben und dazu 1 Tropfen Kaliumpermanganatlosung unter Umschiitteln hinzugefugt. Das Gesamtvolum der Losung betrug 1 em3, die Temperatur 20°C und die Wasserstoffperoxydkonzentration wurde im VerhBltnis ~ ~ _ _ l) E. H. RIESENFELD, Z. anorg. 11. allg. Chem. 21s (1934), 260. ?) 1. c., S. 258.

Homogene Reaktionen mit wellenförmigem Geschwindigkeitsverlauf

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Page 1: Homogene Reaktionen mit wellenförmigem Geschwindigkeitsverlauf

E. H. Kiesenfdd 11. T. L. Chang. Homogrnr Renktionrn i i m . 22!1

Homogene Reaktionen mit wellenfijrmigem Geschwindigkeitsverlauf

Von E. H. RIESENFELD und T. L. CHANG Mit 8 Figuren im Text

Wahrend bei normalem Reaktionsverlauf die Geschwindigkri t einer homogenen Reaktion mit der Konzentration der reagierenden Stoffe ansteigt, wurde bei einer Anzahl solcher Reaktionen ein wellen- fiirmiger Reaktionsverlauf gefunden. Dieser entsteht dadurch, daG in einem beschrankten Konzentrationsbereich die Reaktionsgeschwin- digkeit mit steigender Konzentration fallt. Da im iibrigen die Reali- iionsgeschwindigkeit mit der Konzentration ansteigt, so verlauft die Kurve, die die Abhangigkeit der Reaktionsgeschwindigkeit von der Konzentration wiedergibt, wellenformig. Ein solcher Geschwindig- keit,sverlauf wurde zuerst bei der Einwirkung von Wasserstoffperoxyd auf Permanganat gefundenl). In der Zwischenzeit wurden noch mehrere andere derartig verlaufende Reaktionen entdeckt. Dadurch ist erwiesen, daI3 es sich bei der zuerst gefundenen Renktion nicht um eine vereinzelte Erscheinung handelt. Im folgenden ist erst das Beobachtungsmaterial zusammengestellt nnd hierauf eine Erklarung dcr neuen Erscheinung gegeben.

Experimenteller Teil

Zunachs t wnrde die fruher aufgefundene Permanganat- Wasser- stoffperoxydreaktion nach verschiedenen Richtungen hin nlhcr nntersucht. Die Versuchsanordnung war dieselbe wie in cler fruheren Arbeit2) und es wurde in derselben Weise wie dort die Entfarbungs- zeit gemessen. In einen in ein Wasserbad tauchenden Porzellan- tiegel wurde die erforderliche Menge Wasserstoffperoxyd, Schwefel- saure und gegebenenfalls auch Mangan (11)-sale gegeben und dazu 1 Tropfen Kaliumpermanganatlosung unter Umschiitteln hinzugefugt. Das Gesamtvolum der Losung betrug 1 em3, die Temperatur 20°C und die Wasserstoffperoxydkonzentration wurde im VerhBltnis ~ ~ _ _

l) E. H. RIESENFELD, Z. anorg. 11. allg. Chem. 21s (1934), 260. ?) 1. c . , S. 258.

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240 Zeitschrift fiir anoganische und allgenieine Chemie. Rand 230. 1937

1 : 50000 variiert. In dem Gebiet, in dem die Beaktion autokata- lytisch verlauft, ist; der Augenblick der Entfarbung sehr scharf er- kennbar. Im anderen Gebiet erfolgt die Entfarbung langsamer. I )ie Losung erscheint d a m farblos, wenn die Konzentration des Per- inanganats 0,00001 normal oder kleiner ist. 1:s wurden 5 derartige l’ersuchsreihen rnit verschiedenen Mengen Perinanganat und Schwefel- siiure mit oder ohne Mangan (II)-salz angestellt. Tabelle 1 elithalt ihre Ergebnisse. Am SchluB dieser T’abelle ist die Lage des Maximums und die des Minimums der Reaktionsgeschwindigkeit fur jede Ver- snchsreihe angefuhrt. Eine graphische Darstellixng dieser Versuchca

ist in Fig. 1 gegeben. Iii dieser ist der Logaritli- mus der Wasserstoffper- oxydkonzentration als Abszisse nnd der Log- arithmus der reziprokeri Entfarbungszeit als Ordi- nate aufgetragen. Aus dem Kurvenverlauf er- sielit man die Abhangig-

Kurve 1. -0 Grundversuch. 0,001 n-KMnO,; creschwindigkeit der 0,01 n-H,SO,

Konzentration des vari- ICiirve 11. 0- - Anderung der KMiO,-Konzen- tration. 0,0025 n-KMnO,; 0 , O l n-H,SO, ablen Reduktionsteilneh-

Kurve 111. + - h d e r u n g der H,SO,-Konzen- mers. Das Analoge gilt tmtion. 0,001 n-KMnO,; 0,1 n-H,SO, auch fur die folgenden

Kiirvo IV. -X- Mn”-Katalyse. 0,001 n-ICMnO,; Piguren. 0,00002 n-BInSO,; 0,01 n-H,S04 Wahrend in der obeii

angefbhrten Abhandlungl) angenommen wurde, daB das Maximum iind das Minimum der Reaktionsgeschwindigkeit nur von der Per- oxydkonzentration der Losung abhgngt , von der Konzentration der anderen Reaktionsteilnehmer aber unabhiingig ist , beweisen die neuen unter starkerer Anderung der Konzentrationsverhaltnisse angestellten Versuche, daB eine, wenn auch kleine, Verschiebung des Maximums und eine etwas grol3ere Verschiebung des Minimums der Reaktionsgeschwindigkeit deutlioh zu beobachten ist. Steigende Permanganatkonzentration (vgl. Kurve I und I1 von Fig. 1) ver- schiebt Maximum und Minimum in das Gebiet hoherer Peroxyd- koneentrationen also in der graphischen Darstellung nach rechts.

log n HzOz J?ig 1 . W?sserstof€~roxyd-Pernianganatreaktion keit der Reaktions-

b

~. -~ ~ -

I ) 1. c., S. 266.

Page 3: Homogene Reaktionen mit wellenförmigem Geschwindigkeitsverlauf

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P x % B

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242 Zeitschrift fiir morganische und allgemeine Chernie. Band 230. 1937

Die Unabhangigkeit der Lage des Maximums und Minimums der Reaktionsgeschwindigkeit von der Konzentration des Perman- ganats wurde in der oben zitierten Arbeit als Stutze fur die Annahme einer Polymerisation des Wasserstoffperoxycls in konzentrierten Losungen angefuhrt. Ehe diese Annahme fallen gelassen wurde, wurden eingehende Untersuchungen uber den Molekularzustand des Wasserstoffperoxyds ausgefuhrt . Aber weder die Abhangigkeit des Absorptionsspektrums noch die der Gefrierpunktserniedrigung, der Dichte oder der Leitfahigkeit von der Konzentration konnte eine Stutze fur die Annahme einer bei einer bestimmten Konzentration einsetzenden Polymerisation geben.

Ein Zusatz von Manganosalz (Verhaltnis KMnO, : MnSO,=20 : 1) hat, wie der Vergleich der Zahlenreihen und Kurven von Versuchs- reihen I und IV beweist, im Gebiet der kleinen Peroxydkonzen- trationen einen groJ3en EinfluB auf die Reaktionsgeschwindigkeit. Die Beschleunigung betragt nahezu 2 : 1. Der EinfluS sinkt mit steigender Wasserstoffperoxydkonzentration and wird schlieBlich kleiner als 10%.

Eine Erhohung der Saurekonzentration beschleunigt die Reaktion in dem Gebiet der kleinen und grofien Wasserstoffperoxydkonzen- trationen und verlangsamt dieselbe im Gebiet der mittleren Wasser- stoffperoxydkonzentrationen. Daher steigt im untersuchten Bereioh, wie der Vergleich von Versuchsreihen I und I11 lehrt, die Wellen- hohe mit steigender H'-Konzentration an.

In diesen Versuchen wurde die Zeit gemessen, in der die Ge- samtreaktion ablauft. An Stelle der Gesamtzeit kann man auch die erste oder zweite Halbwertzeit bestimmen, d. h. die Zeit, in der die Reaktion bis zur Halfte ablauft oder die Zeit, in der die aweite Halfte des anfanglich vorhandenen Permanganats reduziert wird. Wie auf S. 240 gesagt, wurde als Endpunkt der Reaktion der Zeit- punkt gemessen, bei dem 99% des Permanganats umgesetzt waren. Wir bezeichnen also, wie ublich, als erste Halbwertzeit die Zeit, in der 0-50°/0 umgesetzt werden. Als zweite Halbwertzeit wird die Zeit bezeichnet, in der die Reaktion praktisch zu Ende geht, also in der 50-99°/0 umgesetzt werden. In Versuchsreihe V wurde

so vie1 Permanganat genommen wie in Versuchsreihe I und auoerdem wurde von vornherein die Manganosalzmenge hinzu- gefugt, die bei der Reduktion der halben Permanganatmenge von Versuchsreihe I gebildet wird. In dieser Weise kann die Zeit, die der Ablauf der zweiten Halfte der Reaktion erfordert, direkt be-

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E. H. Riesenfeld u. T. L. Chang. Homogene Reaktionen usw. 243

stimmt werden. Zieht man diese Zeit von der durch Versuchsreihe I bestimmten Gesamtzeit ab, so erhalt man die fur den Ablauf der ersten Halfte der Reaktion erforderliche Zeit. Die Zahlenreihe V I von Tabelle 1 und Kurve V I von Fig. 2 geben diese Werte an.

Bildet man die Differenz der Logarithmen der reziproken Zeiten fur den Ablauf der zweiten und der ersten Halfte der Reaktion und tragt diese als Funktion der Konzentration auf, so erhalt man Kurve VII von Fig. 2. Bei kleinen Wasserstoffperoxydkonzen- trationen ist die Differenz positiv, d. h. die zweite HBlfte Permanganat wird schneller reduziert als die erste. Das ist nur bei autokatalytisch verlaufen- den Reaktionen moglioh und der Wert der Diffe- renz kann als MaBstab fiir die Starke der Autokata- lyse dienen. Bei steigen- den Peroxydkonaentratio- nen steigt also, wie die Betrachtung der KurveV1l Fig. 2. Wasserstoffperoxyd-Permanganatmaktion

Fig-2 lehrt, dieAuto- Kurve V. -0- Zweite Halbwertszeit des katalyse an. Die Kurve Grundversuchs. 0,0005 n-KMnO,; erreicht dann ein Maxi- 0,0002 n-MnSO,; 0,Ol n-H,SO, mum, nimmt ab, geht Eiurve VI. -*- Erste Halbwertzeit des

durch den Nullpunkt und Kurve vII. ~ Verhaltnis der beiden Halb- nahert sich asymptotisch wertzeiten dem Wert - 0,75. Das

Grundversuchs

bedeutet, daB bei hohen Wasserstoffperoxydkonzentrationen, wie bei allen normal verlaufenden Reaktionen, der zweite Teil der Reaktion infolge der verminderten Konzentration Iangsamer ablauft als der erste.

Unter der Voraussetzung gleicher Anfangskonzentration und gleicher Geschwindigkeitskonstanten 1aBt sich das Verhaltnis der reziproken aweiten Halbwertaeit our reaiproken ersten Halbwertzeit im Sinne obiger Definition und daraus der Logarithmus dieses Ver- haltnisses berechnenl). Diese Voraussetaung trifft hier zu, da die Konzentration des Permanganats konstant gehalten ist und sich das

l) E. H. RIESENFELD, Lehrbuch der anorganischen Chemie. Leipzig 1934, S. 238.

16*

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244 Zeitschrift fur morganische und allgerneine Chemie. Band 230. 1937

Wasserstoffperoxyd in diesem Gebiete in vie1 tausendfachem Uber schuB befindet. Man erhalt durch obige Berechnung fur Reaktionen 1. Ordnung einen Wert von - 0,752, fur Reaktionen 2. Ordnung - 1,99 und fur Reaktionen 3. Ordnung einen noch groBeren negativen Wert. Die Ubereinstimmung des experimentell gefundenen Wertes mit dem unter Annahme einer Reaktion 1. Ordnung berechneten Wert ist so gut, daB kein Zweifel daruber herrschen kann, da13 die geschwindigkeitsbestimmende Reaktion bei der Reduktion von Per- manganat in konzentriertem Wasserstoffperoxyd eine Reaktion 1. Ordnung ist. Da der eine der beiden Reaktionsteilnehmer in grofiem OberschuB vorhanden ist, so ist es wahrscheinlich, daB die Reaktion pseudomonomolekularl) verlauft. Fur die vorliegende Untersuchung, bei der nicht die Aufklarung der Permanganat- reduktion, sondern die des wellenformigen Reaktionsverlaufes das Ziel war, ist das wichtige Ergebnis dieses Teiles der Untersuchung, daB die Autokatalyse im Gebiete der ansteigenden Reaktions- geschwindigkeit zu- , im Gebiete der sinkenden Reaktionsgeschwin- digkeit abnimmt und daB im Gebiete der wieder aufsteigenden Reaktionsgeschwindigkeit der Reaktionsverlauf der einer normalen Reaktion, hier also Reaktion 1. Ordnung ist.

Da die ersten und zweiten Halbwertzeiten der Reaktion genau so wie die Gesamtreaktion ein Geschwindigkeitsmaximum und -minimum aufweisen, beschranken wir uns im folgenden auf die Messung der Zeiten der Gesamtreaktion.

Zunachst wurde die Beeinflussung des Reaktionsverlaufes durch Verwendung anderer Sauren als Schwefelsaure untersucht. Die Er- gebnisse sind in Tabelle 2 zusammengestellt, in der die Sauren und ihre Ionisierungskonstanten in Spalten 1 und 2 stehen. Spalte 3 zeigt die der maximalen Geschwindigkeit entsprechende Peroxyd- konzentration und Spalte 4 die entsprechende Entfarbungszeit. Die folgenden Spalten 5 und 6 geben die entsprechenden Daten fur die minimale Geschwindigkeit wieder. Man ersieht, daB die der maxi- malen und minimalen Reaktionsgeschwindigkeit entsprechende Per- oxydkonzentration bei versehiedenen Sauren sehr versehieden ist. Obwohl sich die starken Sauren etwa gleich verhalten, ist doch keine gesetzmafiige Abhangigkeit des Reaktionsverlaufes vom Ionisierungs- grad EU erkennen. Ebensowenig liefi sich irgendeine andere funktio- nelle Abhangigkeit feststellen.

s. 479. l) J. EGGERT, Lehrbuch der physikalischen Chemie, 3. Aufl., Leipzig 1931,

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E. H. Riesenfeld u. T . L. Chang. Homogene Reaktionen usw. 245

Schwefelsiiure . . Pikrinsliure . . . Cm'sche Siiure . Dithionsgure . . KieselfluBsaurr . Perchlorsaure . . Perschwefelsilurc. . Phosphorsiiure. . Malonsaure . . . o-Phthalsaure . . PluBsiiure . . . .

Tabelle 2 Maximum und Minimum der Reaktionsgeschwindigkeit

bei Zusatz verschiedener Siiuren

2 -10-1 (18O) 1,6

1,l (18O) , 1,63.10-3 (25O) I 1,26. lo-: (26") 7.2 -10-2 C25G)

KMnOl = 0 001 n; Sliure = 0,Ol n; bei 20'3

1 Ionisierungs- 1 Maximale { Minimale Geschwindigkeit

Essigsaure . . . Nikotinsaure . . Stickstoffwasser-

stoffsiiure . . .

basische Sawen)

1,82.10-5 (18") 1,4 -10-5 (25")

1,2 .10-5 (200)

___ 0,Ol 0,Ol 0,Ol 0 , O l 0,Ol 0,006 0,Ol

0,02 0 , O l 0.02

-

0;008 0,Ol 0,Ol

0,04

Nur Oxalsaure bildet eine Ausnahme und gibt normalen Reaktionsverlauf. DaB auch Borsaure keinen wellenformigen Geschwindigkeitsverlauf zeigt, hangt mit ihrer allzu schwachen Aziditat zusammen. Denn bei der Reduktion von Permanganat in neutraler und alkalischer Lo- sung konnte in keinem Falle wellenformiger Reaktionsverlauf beobachtet werden. Ahnlich wie Borsaure verhalt sich auch das fast neutrale Dikaliumphosphat. Das stgrker same Monokalium- phosphat gibt zwar ebenso wie Phosphorsaure noch ein deut- liches Minimum aber kein Maxi- mum mehr, wahrend bei Phos- phorsaure das Maximum zmar

Entfar- mngszeit in Sek.

6 3 20 9

17 16 20 7

14 15

7 65 60 40

22

_I_

-

098 1

0;03 1

Entfar- bungszeit in Sek.

850 520 800 800 600 900 800

9200 280

1500 200

1600 630 360

120

Fig. 3. Verschwinden des wellenformigen Verlaufes der Wasserstoffperoxyd-Per-

manganatreaktion. Entfiirbung von 0,001 n-KMnO, durch H,O,

Kurve I. -0- I n 0,Ol n-H,C,O, Kurve 11. -0- In 0,Ol n-H3B0, Kurve 111. -+- I n 0,Ol m-K,HPO, Kurve IV. - X - I n 0,005 m-KH$04 Kurve V. -A- In 0 , O l n-H,PO,

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246 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 230. 1937

I1

ebenfalls nicht meBbar, auf seine Existenz aber aus dem Kurven- verlauf zu schlieaen ist. Wieder beobachten wir also ein Steigen der Wellenhohe mit ansteigender H'-Konzentration (vgl. S. 242). Den Verlauf der in diesem Abschnitte besprochenen Reaktionen 0r- sieht man aus Fig. 3.

Es wurde nun die Entfarbungszeit der Mischung von 0,001 n- KMnO,, 1 n-H,O, und 0,01 n-H,S04 von 0-1000 gemessen. Man bekommt einen konstanten Temperaturkoeffizienten der Reaktions- geschwindigkeit, namlich 1,63 fur je 100 Anstieg in diesem Tempe- raturgebiet .

Tabelle 3 Entfiirbungszeit in Sekunden der Permanganatreduktion durch Hydroxylamin,

Hydrazin und Unterphosphorsiiure Konstant: KMnO, = 0 001 n und H,SO,. Variabel: Reduktionsmittel

I11 Vers.-Reihe 1 I

NH,OH),H,SO, + 0,5 n-H,SO, bei 20"

NH,NH,-H,SO, + 0,l n-H,SO, bei 20"

- ___ _

0,00025 0,0005 0,001 0,002 0,005 0 , O l 0,02 0,05 091 092 0,5 1

_

Reduktions- mittel m

(RrR + o:ol OH) n$zsO: H SO bei 20°

m fiir max. Geschwind. m fiir min. Geschwind.

13 12

0,0005

0,005

~~ -~ _ -

36 34 36 38 43 47 55 64

IV

NaHPO, 0,l n-H,SO, bei 80" . - __ ___ - _ ~ _ _ - - -

60 38 34 34 42 50

0,015

-

Neuerdings fand S C H R ~ E R ~ ) , daB die Permanganat-Oxalsaurc- reaktion einen ahnlichen wellenformigen Geschwindigkeitsverlauf be- sitzt. Wir haben weitere Reaktionen von Permanganat mit einigen anorganischen Reduktionsmitteln untersucht und dabei gefunden, daB sich auch Hydroxylamin, Hydrazin und Unterphosphorsaure ahnlich wie Wasserstoffperoxyd und Oxalsanre verhalt . Die Ergeb- nisse dieser Versuchsreihen sind in Tabelle 3 zusammengestellt und in Fig. 4 graphisch aufgetragen. Genau wie im Fall der Wasserstoff- peroxyd-Permanganat,reaktion durchlauft die Geschwindigkeit der

1) E. SCEROER, Z. phys. Chem. (A) 176 (1936), 45.

Page 9: Homogene Reaktionen mit wellenförmigem Geschwindigkeitsverlauf

die Wellenhohe einen Maximalwert hat. Die Reaktion von Permanga- nat mit Hydrszin bzw. Unterphos- phorsaure zeigt eine Teilstrecke des wellenformigen Verlaufes der Re- a,ktionsgeschwindigkeit. Bei Unter- phosphorsaure ist das Maximum deutlich erkennbar, bei Hydrazin nimmt im untersuchten Gebiet die Geschwindigkeit mit steigen- der Konzentration ab. Maximum und Minimum sind aus experi- mentellen Grunden (2. kleine Los- lichkeit von HydraBinsulfat im konzentrierten, BU kleines Reduk- tionsvermogen desselben im ver- dunnten Gebiete) nicht mehr be- obachtbar .

E. H. Riesenfeld u. T. L. Chang. Homogene Reaktionen usw. 247

Permanganat-Hydroxylaminreaktion mit zunehmender Hydroxyl- aminkonzentration erst ein Maximum und d a m ein Minimum. Steigende H'-Konzentration verzogert bei dieser Reaktion im Ge- biete kleiner Hydroxylaminkonzentrationen die Reaktionsgeschwin- digkeit und erhoht sie im Gebiet groBer Hydroxylaminkonzentra- tionen. Diese Wirkung kann so gro13 werden, daD der wellenformige Reaktionsverlauf ganz verschwindet (Versuchsreihe 11). Da die Reaktion auch in neutraler Losung normal verlauft, so mu13 es bei dieser Reaktion eine bestimmte H'-Konzentration geben , bei der

log in Reduktonsminel

Fig. 4. Reduktion von Kaliumperman- ganat durch Hydroxylamin, Hydrazin und Unterphosphorsaure. Entfiirbung

von 0,001 n-KMnO, durch: Kurve I. -0- (NH20H),H,S0, +

0,Ol n-H,SO, Kurve 11. -0- (NH,OH),H,SO, +

0,5 n-H,SO, Kurve 111. -+- ~H,NH,.H,SO, +

0,l n-H,SO, Kurve IV. -x- NaHPO, + 0,l u-

HZSO,

War bei den bisherigen Versuchsreihen die Konaentration von Permanganat und der anderen Reaktionsteilnehmer konstant und wurde die des Wasserstoffperoxyds variiert, so wurde bei den folgen- den Versuchsreihen umgekehrt die Konzentration des Wasserstoff- peroxyds und der anderen Reaktionsteilnehmer konstant gehaIten und diejenige des Permanganats variiert. Das Ergebnis dieser Ver- suche geht aus Tabelle 4 und Fig. 5 hervor. Wieder beobachtet man Minimum und Maximum der Reaktionsgeschwindigkeit, aber man kann es nicht mehr in der gleichen Versuchsreihe beobachten. Bei kleiner Wasserstofiperoxydkonzentration (Fig. 5 , Kurve I) ist das Maximum experimentell bestimmbar, bei zunehmender Konzen- tration des Wasserstoffperoxyds verschiebt sich, genau so wie in den fruheren Versuchsreihen (Fig. 1, Kurve I und XI), die Kurve

Page 10: Homogene Reaktionen mit wellenförmigem Geschwindigkeitsverlauf

248 Zeitschrift fur anorganische und allgemeine Chemie. Band 230. 1937

Tabelle 4 Wasserstoffperoxyd- und Hydroxylamin-Permanganatreaktion

Entftirbungszeit in Sekunden bei 20° Konstant: H,O, bzw. NH,OH und H,SO,. Variabel: KMnO

Versuchsreihc ~~

KMnO, n

0,0001 0,0002 0,0005 0,001 0,002 0,005 0,Ol 0,02 0,05

_____ .____

nKMnO, fii maximale Ge schwindigkei nKMnO, f i i minimale Ge schwindigkei

I

0,005

-

I1

D , 1 n-H,O, 1,l n-H,SO,

450 16 3;5 2 3 18

c

-

- I11 1 IV

___

820 210 780 210 590 180 340

~ 80 180 24

V

0,005 m- NH,OH),-

&SO4

10 15 25 28 23 497 I,5

-

0,001

__- .

VI

0,05 m- NH,OH)*-

HZSO,

232 40 575 6 8 8,s

5,2 1.2

10 10

Fig. 5. Umkehrung der Variablen Permanganatreduktion

Variabel: 1CNnO4 Kurve I. -0- 0,Ol n-H,O,;

Kurve 11. -6- 0,l n-H,O,;

Kurve 111. -+- 1,5n-H,OZ;

Kurve IV. -x- 1,5n-H,O,;

Kurve V. -A- 0,005m- (NHzOH),H%SO4

Kurve VI. -0- 0,05 m-

H,SO,

H804

H80,

H804

(NH,OH) ,H,S 0,

-

0.008

in der

0,l n-

0,l Yl-

0,l n-

1,5 n-

nach den hohen Konaentrationen des variablen Reaktionsteil- nehmers zu. Die bei den fruheren Versuchen schwache Verschiebung ist aber bei diesen Versuohen so stark, daB man bei mittlerer Wasser- stoffperoxydkonzentration (Fig. 5 , Kurve 11) nur den ansteigenden Ast der Geschwindigkeitskurve erhalt und bei hohen Wasserstoff- peroxydkonzentrationen (Fig. 5 , Kurve 111) nur das Gebiet in der Nahe des Minimums der Reaktionsgeschwindigkeit. Dasselbe gilt,

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E. H. Riesenfeld u. T. L. Chmg. Homogene Reaktionen UBW. 249

wie die Versuchsreihen V und V I (Tabelle 4 und Fig. 5) beweisen, fur Hydroxylaminsulfat als Reduktionsmittel. Zunehmende H'-Kon- zentration wirkt (vgl. Versuchsreihe I11 und N) im gesamten der Untersuchung leicht zugiinglichen Konzentrationsgebiet beschleu- nigend auf die Reaktionsgeschwindigkeit.

I n gleicher Weise wie die Permanganatreduktion wurde auch die Wasserstoffperoxydreduktion durch ein KaIiumjodid-Thiosulfat- gemisch studiert. Hier ist die Reaktionsgeschwindigkeit der Per- oxydkonzentration proportional (Fig. 6, Kurve I). Diese Re- aktion verhalt sich also vollig normal. Dies hangt damit zu- -7 sammen, daB diese Reaktion nicht vie die Permanganat- reduktion autokatalytisch ver- 5 Iauft. Aber auch beiautokata- 7 lytischen Reaktionen braucht -s nicht immer das Maximum und Minimum in das Gebiet der leicht beobachtbaren Geschwin- -$J digkeiten zu fallen. Bierfur

Fig. 6. Reduktion von Wasserstoffperoxyd bzw. KaIiumpermanganat haben wir schon viele Beispiele

kennengelernt : Kurven I, 11 Und Kurve 1. -0- Variabel: n-H,O,. Ken- 111 in Fig. 3, Kurven I1 und stant: 0,Ol n-KJ; 0,001 n-Na,S,O,; I11 in Fig. 4 nnd Kurve I1 in 0,Ol n-H,SO,; 0,04% Stiirke pig. 5. n - NaNO,

Konstant : 0,001 n - KMnO, ; 0,l n - H,SO,

manganat 3 die such in SaUrer Konstant: 0,001 n-KMnO,; 0,l n-H,SO, Losung normal verliiuft , ist die duroh salpetrige und ein anderes die durch unterphosphorige Saure (Fig. 6, Kurven I1 und 111). In Fig. 6 ist der Logarithmus der Konzentration in Normalitiiten bzw. bei NaHzPOz in Molari- taten als Abszisse und der Logarithmus der Reaktionszeit, also in Kurve I der Zeit bis zum Auftreten der Blaufarbung und in Kurve I1 und 111 der Zeit bis zur Entfarbung, als Ordinate auf- ge tragen .

AuBer den autokatalytischen Reaktionen konnen auch antiauto- katalytische Reaktionen wellenformigen Geschwindigkeitsverlauf be- sitzen. Als antiautokatalytische Reaktionen bezeichnen wir solche, bei denen ein den Fortgang der Reaktion hemmender Stoff durch

-2

~i~ weiteres ~ ~ i ~ ~ i ~ l Kurve 11. -0- Variabel: fur cine Reduktion Per- Kurve 111. -+- Variabel: m-NaH,PO,

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250 Zeitschrift fur anorganische und allgerneine Chemie. Band 230. 1937

die Reaktion gebildet wird. Ein Beispiel fur den wellenformigen Reaktionsverlauf bei einer derartigen Reaktion ist die Oxydation von Eisen (11)-ionen durch salpetrige Saure, die von SCEIROER~) sehr eingehend studiert ist.

Theoretischer Teil

Schematisch ist der wellenforniige Reaktionsverlauf in den Fig. 7 und 8 wiedergegeben. Fig. 7 bezieht sich auf Fall I, bei dem die Konzentration des den Katalysator bildenden Stoffes konstant gehalten und die des anderen Reaktionsteiliiehmers variiert wird. Die Geschwindigkeitskurve zerfallt in 3Aste. Im Ast a steigt die Reaktionsgeschwindigkeit mit steigender Xonzentration in normaler Weise an. Die Geschwindigkeit ist go13 im Verhaltnis zur Konzen- tration der Reaktionskomponenten. Es ist diese das Gebiet der

Fig. 7 Fig. 8

Fig. 7. Schematisierter Geschwindigkeitsverlauf: Fall I, bei dem die Konzen-

Fig. 8. Schematisierter Geschwindigkeitsverlauf: Fall 11, bei dem die Konzen-

Autokatalyse. Im Ast b wird mit steigender Konzentration des Reaktionspartners der Autokatalysator mehr und mehr abgefangen. Daher nimmt jetzt trotz steigender Konzentration die Geschwindig- keit ab. 1st aller Katalysator abgefangen, so steigt die Geschwindig- keit wieder in normaler Weise mit der Konzentration an. Bei der Permanganatreduktion weiB man, daB diese Reaktion durch Hinzu- fugen von Mn"-Ionen katalytisch beschleunigt wird. Man wird daher annehmen, da13 Ast a das Gebiet der Mn"-Ionenkatalyse, Ast b das Gebiet des Abfangens der Mn"-Ionen durch die anderen Reaktionsteilnehmer und Ast c das Gebiet der direkten Einwirkung des Reduktionsmittels auf Permanganat ist, wobei also die An- wesenheit von Mil"-Ionen keinen EinfluB mehr ausubt. Fur diese Erklarung spricht einmal der Vergleich der Reaktionszeiten der ersten und zweiten Halfte der Reaktion (S. 241) und zweitens die direkte Messung der sogenannten Mn"-Ionenkatalyse in den ver- schiedenen Konzentrationsgebieten (S. 241).

tration des den Katalysator bildenden Stoffes konstant ist

tration des den Katalysator abfangende Stoffes konstant ist

l) E. SCHROER, 1. c., S. 46.

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E. H. Riesenfeld u. T. L. Chang. Homogene Reaktionen usw. 251

Wird umgekehrt die Konzentration der den Katalysator biIden- den Reaktionskomponente variiert und die andere konstant gehalten, so liegt Fall I1 (Fig. 8) vor. Die Geschwindigkeitskurve besteht dann nur aus 2 Asten. Im Ast c' sinkt die Geschwindigkeit, d. h. steigt die Reaktionszeit mit ansteigender Konsentration des den Katalysator bildenden Stoffes. Dieser Verlauf ist zu erwarten, wie am besten an einem bestimmten Beispiel geseigt wird. Gibt man zu einem groBen UberschuB von H202 einmal die Menge A, ein sndermal die Menge A + I3 und ein drittes Ma1 die Menge A +B + C- Permanganat, so wird bei normalem Reaktionsverlauf fur die Ent- farbung von A + B + C-Permanganat eine langere Zeit erforder- lich sein als fur die Entfarbung von A + B, und fur die Entfarbung von A + B-Permanganat eine langere Zeit als fur die Entfiirbung von A. In diesem Gebiete verlauft also die Reaktion nicht auto- katalytisch. Infolge des grol3en Uberschusses des anderen Reaktions- teilnehmers ist gensu wie in Ast c bei Fall I der Katalysator voll- sttindig abgef angeii.

Steigt die Menge des den Katalysator bildenden Stoffs im Ver- haltnis zum anderen Reaktionsteilnehmer, so reicht dieser schlieB- Iich nicht mehr aus den Katalysator abzufangen, und es setzt all- niahlich die autokatalytische Reaktion ein. Das geschieht in Ast a, der dern Ast a in Fall I entspricht. Bei weiterem Anstieg der Kon- sentration des den Katalysator bildenden Stoffs befinden sich schlieSlich die beiden Reaktionskomponenten in aquivalenten Mengen- verhaltnissen. In diesem Gebiete wird gegen Ende dc.r Reaktion die Konzentration beider Komponenten so klein, daJ3 das letzte Stuck der Reaktion recht langsam verlauft. Daher knickt der Ast a unmittelbar vor der Erreichung des Aquivalenzpunkts noch einmal um.

Sehr eingehende Untersuchungen wurden daruber angestellt, wodurch der Katalysator - nach der bisherigen Annahme also die Mn"-Ionen - bei zunehmender Wasserstoffperoxydkonzentration ab- gefangen werden. 33s konnten weder Anlagerungsprodukte von Wasserstoffperoxyd an Mangan (11)-salze dargestellt noch auch konnte eine solche Anlagerung in Losungen durch kolorimetrische Mes- sungen oder Untersuchung des Absorptionsspektrums nachgewiesen werden. SchlieSlich ftihrte die Tatsache, da13 bei der Permanganat- reduktion durch jeden UberschuB an Reduktionsmitteln, gleichgultig welches Reduktionsmittel verwandt wird, der Autokatalysator ab- gefangen wird, zu dem SchluB, dalj nicht, wie man bisher annahrn,

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die Mn"-Ionen selbst autokatalytisch wirken, sondern eine oder mehrere Molekiilarten, die bei der Einwirkung von Mn" auf MnO,' entstehen also III-, IV- odei- V-wertiges Mangan. Diese mittlere Wertigkeitsstufen bilden sich Bus Mn" und MnO,' und stehen mit diesen beiden in einem sich nur verhaltnism5Big langsam ein- stellenden Gleichgewicht. Sie reduzieren einerseits MnO,' schneller als das eigentliche Reduktionsmittel und werden anderseits durch das Reduktionsmittel schneller als MnO,' eu Mn" reduziert. Ein UberschuB an Reduktionsmitteln vermindert daher die Konzentration dieser mittleren Oxydationsstufe des Mangans und verzogert da- durch die Reaktion.

Zusammenf assung

1 . Homogene Reaktionen, die in einem gewissen Konzentrations- gebiet autokatalytisch verlaufen, konnen einen wellenformigen Ge- schwindigkeitsverlauf aufweisen, wie er durch die Fig. 7 und 8 schematisch dargestellt ist. Die abwechselnde Zu- und Abnahme der Reaktionsgeschwindigkeit riihrt daher, da13 2 Reaktionen (die nor- male und die autokatalytische) nebeneinander ablaufen und in einem Konzentrationsgebiet die eine, in einem anderen die andere uberwiegt.

2 . Einen wellenformigen Reaktionsverlauf zeigt z. E. die Re- duktion von Permanganat mit Wasserstoffperoxyd, Oxalsaure, Hydr- oxylamin, Hydrazin und Unterphosphorsaure. J e nach den Reak- tionsbedingungen konnen nicht bei allen Stoffen alle 3 Aste der Wellenkurve beobachtet werden, sondern bisweilen nur 2 Aste oder sogar nur der mittlere Ast.

3. Aus dem gleichen Grunde wie autokatalytische konnen auch antiautokatalytische Reaktionen einen wellenformigen Reaktions- verlauf haben. Ein Eeispiel fur eine solche Reaktion ist die Ein- wirkung der salpetrigen Saure auf Eisen (11)-salze.

4. Bei der Reduktion von Permanganat in saurer Losung wirken die Mangan (11)-ionen nicht, wie man bisher annahm, direkt kataly- sierend, sondern indirekt, indem sie sich mit den Permanganationen zu einer mittleren Oxydationsstiife umsetzen, die den eigentlichen Katalysator bildet.

Stockholm, K . Vetens7capsakademiens Nobelinstitut, Dez. 1936.

Bei der Redaktion eingegangen am 6. Dezember 1936.