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B47837 Jahrgang 10 – 02/2007 April / Mai 2007 www.crescendo-magazin.de Keine Zauberei Adam Fischer über Magie: Haydn-Philharmonie auf Tour und bei den Haydntagen plus regional Lexikon der Stars: Das Klassik ABC Donna Leon: Mein Händel Rolando Villazón: Ich, der Tenor ? Jürgen Flimm: Salzburger Geschichte Interview Der Pianist Arcadi Volodos über die Virtuosität Plus: Rezensions-Teil Nicole Cabell Alan Curtis u.a. DVDs und CDs Mit Beihefter CLASS aktuell Weitere Autoren: Konrad Beikircher, Peter Gulda, Klemens Renoldner, Uwe Schneider u.a. Christian Thielemann Der Deutsche Klang: Warum der Dirigent moderner ist als sein Ruf

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April / Mai 2007 www.crescendo-magazin.de

Keine Zauberei Adam Fischer über Magie: Haydn-Philharmonie auf Tour und bei den Haydntagen

plus regional

Lexikon der Stars:

Das Klassik ABC■ Donna Leon: Mein Händel■ Rolando Villazón: Ich, der Tenor ?■ Jürgen Flimm: Salzburger Geschichte

InterviewDer Pianist Arcadi Volodos über die Virtuosität

Plus: Rezensions-TeilNicole CabellAlan Curtis u.a.DVDs und CDs

Mit Beihefter CLASS aktuell

Weitere Autoren: Konrad Beikircher, Peter Gulda, Klemens Renoldner, Uwe Schneider u.a.

Christian ThielemannDer Deutsche Klang: Warum der Dirigent moderner ist als sein Ruf

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» Sie ist Feuer und Eis, Vernunft undLeidenschaft in einer Person. Die junge Pianistin Hélène Grimaud hat die künstlerische Reife der ganzGroßen erreicht.«

www.warnerclassics.de . www.warnerclassics.com

Die berührendsten Erfolge der grossen Pianistinjetzt bei WarnerClassics

(Le Monde de la Musique)

SCHUMANN Klavierkonzert, a Moll, Op.54, 1. SatzBRAHMS Klavierstücke Op.118,119, Nr.3BEETHOVEN Klavierkonzert Nr.4, G-Dur, Op.58, 1.SatzGERSHWIN Klavierkonzert, F-Dur, 3.Satz-FinaleBEETHOVEN Klaviersonate, As-Dur, Op.110, 1., 3. SatzBRAHMS Klavierkonzert Nr.1, d-Moll, Op.15, 3.Satz

Deutsches Sinfonieorchester/ D.Zinman; Staatskapelle Berlin/ K.Sanderling;New York Philharmonic/ K.Masur

Hélène Grimaud - Portrait

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Worte stehen im Lexikon: „Arie“, „Beethoven“ oder „crescendo“. Dort werden sie definiert – aber sie bleiben meist tot. Worte haben für jeden Menschen andere Bedeutungen: Wie denkt der Beethoven-Spezialist und Kabarettist Konrad Beikircher über den Komponisten? Warum reist Krimi-Autorin Donna Leon Händel Opern hinterher? Und wie definiert

eigentlich ein Virtuose wie Arcadi Volodos das Virtuosentum? In diesem crescendo geben sie Antworten auf ihr persönliches ABC der Klassik.

Dass Klassik längst keine Nischenkunst mehr ist, habe ich neulich in meiner Berliner Stammkneipe, der „Pinguin Bar“ in Schöneberg gemerkt. Hier geht es auch

nicht um Begriffe, sondern um Leidenschaften. Als ich hereinkam, drehte Chaos, einer der Barkeeper (siehe Foto unten), Musik auf, die ich kann-te: Rimsky-Korsakows „Hummelflug“. Gespielt von „Manowar“, die im „Guinness-Buch der Rekorde“ als lauteste Band der Welt geführt werden. Bei ihnen heißt dieses Stück „Sting of the bumblebee“.

Die „Pinguin Bar“ gilt als Heimat der Berliner Rock-Freaks. Manchmal wird an der Theke die „Rock“-Edition von „Trivial Pursuit“ gespielt. Aber selbst hier ist die Klassik zu Hause. Irgendwann hörte ich einen Mann an der Bar fluchen – über einen Artikel, den ich über Simon Rattle geschrie-ben hatte und über den Deutschen Orchesterklang. Musik hört eben nicht im Konzertsaal auf. Sie ist immer ein guter Grund, um kultiviert zu streiten.

Und noch ein Schwank aus der „Pinguin Bar“. Die Kneipe hat einen eigenen Fußballclub. Der trifft sich einmal die Woche zum Training und kickt an den Wochenenden gegen andere Berliner Vereine. Schatzmeister der „Pinguine“ ist – Sie ahnen es schon – einer der wichtigsten Männer bei einem der wichtigsten Deutschen Plattenlabel. Und weil er so viel zu tun hat, dass er nicht regelmäßig zum Training kommt, hat er einen Fußball in seinem Büro. Zum Üben.

Klassik ist keine elitäre Kunst. Sie ist im „Pinguin“ zu Hause wie bei den „Salzburger Festspielen“. Deren Intendant, Jürgen Flimm, hat mich nach unserem letzten „Lieto fine“ angerufen – nicht, um sich über den „Gewerkschaftsbart“ zu beschweren, den wir ihm angedichtet haben, son-dern um zu diskutieren.

Das Streitgespräch lesen Sie in dieser Ausgabe. Übrigens, Flimm ließ seinen Koffer in der Coffeebar stehen und sagte zur Bedienung: „Wenn jemand ohne Gewerkschaftsbart und Brille ihn mitnimmt, schreien Sie. Auf den anderen mit Bart und Brille passe ich selbst auf“. Ich hatte mich für das Gespräch nicht rasiert. Klassik ist überall – und sie kann sogar sehr lustig sein. Ein Flimm-Porträt können Abonnenten auch auf unserer premium-CD hören. Texte, zu denen Sie Musik auf der CD für Abonnenten finden, ist mit einem Lautsprecher gekennzeichnet.

Viel Spaß beim Lesen wünschtIhr Axel Brüggemann

Geschichten aus derPinguin Bar

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So modern ist ThielemannClaudia Elsässer über den Deutschen Klang

Aufstand der SchönheitDonna Leon über ihre Händel-Leidenschaft

RezensionenDie besten CDs und DVDs

Nicht immer lustigErnst Theis über die Operette

Wiener SchuleKlemens Renoldner über Österreich

Schwarzer MozartDoris Mahlknecht über Xenophobie

Magisches DirigierenAdam Fischer über den Zauber

premiumSie sollten crescendo abonnieren

TermineDie wichtigsten Veranstaltungenin Ihrer Region

Kennen Sie Beethoven? Konrad Beikircher

über den Bonner Meister

Gulda das KindPeter Gulda über Vater Friedrich

Salzburg-GeschichteJürgen Flimm über die Festspiele

Erfolg in der NischeUwe Schreiber über Independents

Musik als GlaubeBenedikt XVI. über Liturgie

Ich bin kein TenorRolando Villazón über seinen Job

Der KönnerArcadi Volodos über den Virtuosen

Lieto fineIst Simone Young

der weibliche Kent Nagano?

Deutscher Klang

Festspiele Händel

Liturgie

Virtuose

Österreich

das Klassik ABC

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Klassik-Lexikon 4 | crescendo 02 2007

Beet|ho|ven, Lud|wig van [* 16. Dezember 1770 in Bonn; † 26. März 1827 in Wien]Komponist der klassisch-romantischen Epoche, der die Musik seiner Zeit durch die Sprengung alter ➔ Formen vorangetrieben hat. Beetho-ven hat in Sinfonien, Klaviersonaten, Klavierkonzerten, Streichquar-tetten und in seiner Oper „Fidelio“ immer wieder musikalische Grenzen ausgelotet. Seine ➔ Konzertmusik gehört bis heute auf die Spielpläne aller großen Orchester. Besonders bekannt ist seine 9. Sinfonie mit dem Schlusschor „Freude schöner Götterfunken“ und seine dritte Sinfonie „Eroica“.

Fakten, mit denen Sie punkten können

Der unbekannte BeethovenDer Publizist und Kabarettist Konrad Beikircher ist einer der kurzweiligsten Klassik-Plauderer. Sein Buch „Andante spumante“ war ein Bestseller. Exklusiv für crescendo verrät er nun einige Details aus dem Leben des Komponisten, die selbst Kennern un-bekannt sein dürften. Beethoven für Neugierige und Anfänger.

VON KONR AD BEIKIRCHERAls Südtiroler Wahlrheinländer und Beethoven-Verehrer möchte ich Ihnen im Folgenden nicht die üblichen Daten über den Komponisten servieren – ich nehme einfach an: Wenn Sie dieses Heft in der Hand halten, werden Sie schon wissen, dass „ta – ta – ta – taa“ nicht der Titel eines neuen Ego-Shooter-Spiels ist. Deshalb möchte ich ein paar Dinge mitteilen, die Sie vielleicht noch nicht gewusst haben und die Ihnen bei jedem Gespräch helfen werden, als Kenner zu gelten!

Beethoven wurde in Bonn geboren – wer wüsste es nicht, desgleichen, dass er vom kölnischen Kurfürsten Maximilian Franz, als jüngstes Kind der Kaiserin Maria Theresia Habsburger reinsten Blutes, 1792, also mit 22 Jahren nach Wien geschickt wurde. Die Freunde in Bonn trugen sich ins Stammbuch ein, das in Witwe Koch’s Weinhaus „Zehrgarten“ auflag. Graf Waldstein formulierte in diesem Büchlein die wunderbaren vier Sätze, die in keiner Beethoven Biographie fehlen dürfen: „Sie reisen itzt nach Wien zur Erfüllung ihrer so lange bestrittenen Wün-

sche. Mozart’s Genius trauert noch und beweinet den Tod seines Zöglings. Bey dem unerschöpflichem Hayden fand er Zuflucht, aber keine Beschäftigung; durch ihn wünscht er noch einmal mit jemandem vereinigt zu werden. Durch ununterbro-chenen Fleiß erhalten Sie: Mozart’s Geist aus Hayden’s Händen.“

Mit 22 Jahren ist Beethoven also 1792 allein in Wien angekommen. Und ist im Grunde bis zu seinem Lebensende allein geblieben. Soweit die Legende. Na ja, die Biographen konzentrieren sich gerne ausschließlich auf die Person, die sie beschreiben, und übersehen dabei manchmal offenkundige Zusammenhänge. Tatsächlich war es nämlich so, dass Beethoven zwar etwas früher als andere aus Bonn nach Wien kam, dass er in der Metropole aber durchaus nicht allein war. Schon einige Monate später trudelten sie ein: die Freunde und Brüder auf der Flucht vor Napoleon, der gerade dabei war, das Rheinland zu erobern.

Im Mai 1794 kam Beethovens Bruder Caspar Carl nach Wien (vier Jahre jünger als Ludwig), ihm folgten Beethovens Jugendfreund Franz Gerhard Wegeler, Lorenz von Breuning, Nikolaus Johann, der zweite Bruder Ludwigs (sechs Jahre jünger), die

A, BArie [ital. aria: Weise, Luft, lat. aera von aer: Luft]Ein solistisch vorgetragenes Gesangsstück, das in der Regel von Ins-trumenten begleitet wird. Arien sind meist Teil eines größeren Werkes so wie eines ➔ Singspieles, einer Kantate oder eines Oratoriums. Die Arie vermittelt Gefühle und Stimmungen und übernimmt damit eine andere Rolle als etwa das Rezitativ, das hauptsächlich die Handlung vorantreibt. Eine wichtige Stellung hat die Da-capo-Arie mit dreiteiliger A–B–A-Form, in welcher der erste Arienteil am Ende wiederholt wird. Sie tauchte zuerst in Monteverdis „L’Orfeo“ auf und ist fester Bestand-teil in den Opern ➔ Georg Friedrich Händels.

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* Artikel mit Lautsprecher vor den Texten: Hören Sie die Musik zum Text auf der crescendo-premium-CD. Seite 47

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crescendo 02 2007 | 5 Klassik-Lexikon

Sängerin Magdalena Willmann, die Vettern Andreas und Bernhard Romberg – alle aus Bonn. Selbst der Kurfürst kam zurück nach Wien und ist 1801 in Hetzendorf bei Wien gestorben. Mit Magdalena Willmann soll Beethoven 1795 sogar Heirats-absichten unterhalten haben, wie Konrad Küster in seiner Biographie schreibt.

Das alles heißt: Beethoven war nicht allein in Wien. Er lebte – wenn auch sicher in lockerem Zusammenhang – in einer kleinen Emigrantengemeinde, die ihm sicherlich das Leben in der ihm zunächst fremden Großstadt erleichterte – ein „klein rheinisch Inselchen“ mitten in Wien quasi!

Um den Preußenkönig Friedrich Wilhelm II. rankt sich übrigens noch eine hübsche Beethoven-Geschichte, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte.

Im „Dictionnaire historique des Musiciens“, das in Paris 1810 erschien und von den Herren Alexandre Choron und François Fayolle verfasst war, taucht zum ersten Mal eine Behauptung auf, die in der Folge immer wieder kolportiert wurde. Die Behauptung nämlich, Beethoven sei der uneheliche Sohn dieses Preußen-königs Friedrich Wilhelm II. gewesen. Woher dieses Gerücht seine Wurzeln nimmt

und wie das denn gegangen sein soll, dass die ehrenwerte Maria Magdalena van Beethoven, verwitwete Leym, geborene Keverich aus Ehrenbreitstein bei Koblenz zwischen Trauer und Wiederverheiratung mal eben nach Berlin gedüst und da ausgerechnet dem König in die Arme gelaufen sei – oder war der Cellist und König in – sagen wir mal – Bad Breisig um die Witwe auf dem Weg von Koblenz nach Bonn abzufangen? – Das steht auf einem anderen Blatt.

Tatsache ist, dass dieses Gerücht die Freunde Beethovens aufgeregt hat, vor allem diejenigen, denen die Mutter Beethovens noch im Gedächtnis war.

Der Bonner Freund Beethovens aus alten Tagen, Franz Gerhard Wegeler, will diesen Schmutz aus der Welt schaffen und schreibt am 28. Dezember 1825 aus Koblenz an Ludwig van Beethoven, indem er einen großen Bogen über die Jahr-zehnte schlägt: „Wenn du binnen den 28 Jahren, daß ich Wien verließ, nicht alle zwei Monate einen langen Brief erhalten hast, so magst du dein Stillschweigen auf meine ersten als Ursache betrachten. Recht ist es keineswegs und jetzt um so weniger, da wir Alten doch so gern in der Vergangenheit leben, und uns an Bildern

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Beethoven ist die emotionale Triebkraft in Stanley Kubricks

Filmklassiker „A Clockwork Orange“.

»Ta-ta-ta-taa ist nicht der Titel eines neuen Ego-Shooter Spieles.«

Konrad Beikircher über Beethovens Fünfte Sinfonie

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Klassik-Lexikon 6 | crescendo 02 2007

aus unserer Jugend am meisten ergötzen. Mir wenigstens ist die Bekanntschaft und die enge, durch deine gute Mutter gesegnete, Jugendfreundschaft mit dir ein sehr heller Punkt meines Lebens, auf den ich mit Vergnügen hinblicke (...) Gottlob, daß ich mit meiner Frau, und nun später mit meinen Kindern von dir sprechen darf; war doch das Haus meiner Schwiegermutter mehr dein [meint wohl: mein] Wohnhaus als das deinige, besonders nachdem du die edle Mutter verloren hattest. (...) Warum hast du deiner Mutter Ehre nicht gerächt, als man dich im Conversations-Lexikon, und in Frankreich zu einem Kind der Liebe machte? (...) Nur deine angebohrne Scheu etwas an-deres als Musik von dir drucken zu lassen, ist wohl schuld an dieser sträflichen Indolenz.

Willst du, so will ich die Welt hierüber des Richtigen belehren. Das ist doch wenigstens ein Punkt, auf den du antworten wirst“.

Fast ein Jahr später (!), am 10. Dezember 1826 antwortet Beethoven und entschuldigt sein Säumen: „Freylich hätte pfeilschnell eine Antwort (... ) erfolgen sollen; ich bin aber im Schreiben überhaupt etwas nach-lässig, weil ich denke, daß die bessern Men-schen mich ohnehin kennen.

Im Kopf mache ich öfter die Antwort, doch wenn ich sie niederschreiben will, werfe ich meistens die Feder weg, weil ich nicht so zu Schreiben im Stande bin, wie ich fühle. (...) Du schreibst, daß ich irgendwo als na-türlicher Sohn des verstorbnen Königs von Preußen angeführt bin; man hat mir davon schon vor langer Zeit ebenfalls gesprochen. Ich habe mir aber zum Grundsatze gemacht, nie weder etwas über mich selbst zu schrei-ben, noch irgendetwas zu beantworten, was über mich geschrieben worden. Ich überlasse dir daher gerne, die Rechtschaffenheit mei-ner Altern, u. meiner Mutter insbesondere, der Welt bekannt zu machen.“

Was Freund Wegeler dann in seinen „Biographischen Notizen über Ludwig van Beethoven“ auch getan hat, mit durchaus großem Effekt. Denn: hatte der Herr der Nachschlagewerke, Brockhaus, in der 1830er Ausgabe noch dieses Gerücht kol-portiert – in der 1833er Ausgabe war es bereits verschwunden.

Dennoch geistert dieses Gerücht immer wieder durch die Biographien – so wadenbeißerisch-hartnäckig ist offenbar nach wie vor das Interesse daran, die Großen auf das unerträgliche Niveau des privaten Luder-Fernsehens herabzuzie-hen. Punkt.

Dass Beethoven Humor hatte, einen wohl eher bärbeißigen, wissen wir schon lange. Ein Beispiel gefällig? Er hat ja gern über die Wiener geschimpft, Phäaken hat

er sie genannt, also mehr so Tachinierer, Lebemenschen ohne Tiefgang, das haben andere auch so gesehen, aber einmal hat er den Nagel auf den Kopf getroffen. Da hat er nämlich gesagt: „Eigentlich hätte in diesen Zeiten jetzt eine Revolution ausbrechen müssen. Aber ich glaube, solange der Österreicher noch braunes Bier

und Würstel hat, revoltiert er nicht.“Dass Beethoven aber auch als kleiner Junge

nicht auf den Kopf gefallen war, wissen wir seit November 2006, als Margot Wetzstein mit bril-lanten Kommentaren die Aufzeichnungen des Bonner Bäckermeisters Gottfried Fischer heraus-gegeben hat („Familie Beethoven im kurfürstli-chen Bonn“, Verlag Beethoven-Haus Bonn, ein MUSS für jeden Beethovenfreund!).

Im Hause Fischer lebte die Familie Beethoven viele Jahre lang und die Erinnerungen Gottfrieds (10 Jahre jünger als Beethoven) bestechen durch Präzision und ihren warmen Tonfall. Der kleine Beethoven steht da vor uns, dass es einem schier ans Herz geht.

Zum Beispiel in der Geschichte vom Eier-Diebstahl: Die Hausfrau Fischer (Gottfrieds Mama) hatte in der Zeit Hühner, sie beklagte sich, sie sagte, ich füttere gut, bekomme sonst viele Eier und jetzt wenig Eier, sie hat aufpassen lassen, konnte keinen finden, bis zufälligerweise, da sie an nichts dachte, sie auf den Hof kam und sah, dass sich Ludwig van Beethoven am Gegitter in das Hühnerhaus einschlich.

Frau Fischer sagte: „Ha! Ha! Ludwig was machst du da?“. Er sagte: „Mein Bruder Caspar hat mir mein Taschentuch da rein geworfen, das wollt ich wieder heraus holen.“ Frau Fischer sagte: „Ja! Ja! Das mag wohl sein, dass ich so wenig Eier bekomme.“ Ludwig sagte: „O, Frau Fischer, die Hühner verlegen oft die Eier, wenn sie sie dann mal wieder finden, dann freuen sie sich umso mehr. Es gibt aber auch Füchse, wie man sagt, die holen auch die Eier.“ Frau Fischer sagte: „Ich glaube, du bist auch einer von den schlauen Füchs’, was wird aus dir noch werden?“ Ludwig sagte, „O, das weiss der Himmel, nach Ihrer Aus-sage bin ich noch bis dato ein Noten-Fuchs.“

Da sagt Frau Fischer: „Ja, auch ein Eier-Fuchs.“ Da liefen die beiden wie die Schelmen fort und lachten, Frau Fischer musste auch mit lachen und konnte sie als Bubenstreich weiter nicht mehr be-schuldigen.

Konrad Beikircher. Nach seinem Studium war er als Gefängnispsychologe tätig. Seitdem arbeitet er als Kabarettist, Komponist, Radio- und Fernsehmoderator. Seine Konzertführer „Andante Spumante“ und „Scherzo furioso“ wurden Bestseller.

Beethoven-Jahr 2007Auch in der klassischen Musik gibt es so etwas wie Mo-den. Das letzte Jahr war dem Gedenken Mozarts gewid-met. 2007 scheinen sich die Musiker selbst als Beetho-ven-Jahr auserkoren zu haben – besonders die Pianisten. crescendo stellt Ihnen die wichtigsten Neuerscheinungen dieses Jahres vor.

Bereits auf dem Markt ist der erste Teil des atemberaubenden Beethoven- Projektes von Mikhail Pletnev (DG). Der Pianist und Dirigent spielt alle Sinfonien und Klavierkonzerte ein – virtuos, eiskalt und verblüffend neu. Da dürfte es Lang Lang (DG) schwer haben, mit diesem Maß an Beethoven-Exegese gleichzuziehen. Seine Inter-pretationen stehen in der Gefahr, dass er sich zu sehr gehen lässt und nicht zum Punkt kommt. Er hat Beethovens erstes und viertes Klavierkonzert mit Christoph Eschenbach aufgenommen. Bereits erschienen ist eine sehr hö-renswerte Aufnahme des dritten Kla-vierkonzertes von Michael Rische (Arte Nova), der unter Marcus Bosch ebenfalls zu den Neuhörern gehört. Und das macht die Renaissance Be-ethovens aus: Weniger Ölfarbe, mehr Pastell. „Beethoven ist für mich mehr Philosophie in Musik als ein Abbild seiner politischen Wirklichkeit“, sagt Hélène Grimaud (DG) – auch ihr Beethoven Album wird im Sommer erschei-nen. Gespannt sein darf man auch auf die Fortsetzung des Beethoven-Zyklus‘ mit Leiv Ove Andsnes.

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Klassik-Lexikon 8 | crescendo 02 2007

cres|cen|do [ital. : wachsend]Vortragsbezeichung für das allmähliche Anwachsen der Tonstärke in der ➔ Musik. Ein crescendo wird mit dem Zeichen „<“ notiert, das Abfallen der Tonstärke (das decrescendo) mit einem „>“. crescendo ist außerdem eines der wichtigsten deutschen Klassikmagazine.

crescendo der StarsDie Klassik-Zeitschrift crescendo ist ein Heft für Klassik-Laien und Klassik-Profis. Es versucht die Welt der Klassik unserer Ge-

genwart zu öffnen. In dieser Ausga-be finden Sie Klassik-Stars, die das Heft lesen und gleichzeitig als Auto-ren des Klassik-ABC in Erscheinung treten und ihre privaten Begrifflich-keiten erklären. Hier sehen Sie die Pianistin Hélène Grimaud vertieft in die letzte Ausgabe des crescendo.

Deutsch und traditionell? Von wegen!

So modern ist Christian ThielemannIm letzten Jahr haben die Feuilletons eine endlose Debatte über den Deutschen Klang geführt. Es ging um die Berliner Philhar-moniker, die ihn unter Simon Rattle zu verlieren scheinen, und um Christian Thielemann, der ihn mit den Münchner Philhar- monikern wiederbelebt. Aber worum geht es tatsächlich? Versuch einer Begriffsklärung und Beweisführung dafür, dass der Deut-sche Klang alles andere als altbacken ist.

VON CL AUDIA ELSÄSSERNeulich in der Münchner Philharmonie: Christian Thielemann hat das Podium betreten. Wie immer ein bisschen staksig, steif in den Knien, selbst beim Gehen. Den Taktstock hat er vor sich getragen wie eine Wünschelrute. Kein Zucken, kein Beben – obwohl er schon Wagnerluft witterte. Der Dirigent hat sich noch schnell durch die Haare gestrichen und ohne Umschweife den Einsatz gegeben. Schwung-voll, lässig, rasch. Die „Festwiese“ der „Meistersinger“. Rasanter hat man den „Tanz der Lehrbuben“ selten gehört. Dennoch leichtfüßig das alles.

So kapellmeisterhaft knorrig Thielemann den Takt vorgab, so volltönend und süffig spielte sein Orchester. Und das ausgerechnet in dieser Oper, dem vielleicht problematischsten deutschen Singspiel, das im größenwahnsinnigen Hans Sachs Monolog endet („Verachtet mir die Meister nicht (...) was deutsch und echt wüßt keiner mehr.“). Die Lieblingsoper der Nazis. Thielemann schien all das nicht zu in-teressieren. Er gab den Takt an, den Rest hatte er bereits in den Proben erledigt.

Kein Muff, keine Butzenscheiben, kein aufgesetzter Modernismus – aber auch keine verdrängte Vergangenheitsbewältigung. In einer Zeit, in der selbst Hoch-glanzmagazine mit dem Slogan „Ein neues Magazin für ein neues Deutschland“ antreten, könnte Christian Thielemann den Soundtrack zu eben diesem Deutsch-land abliefern. Nur sein musikalisches Bild unterscheidet sich von jeglichem Wischiwaschi-Glamour, von dem hohlen Berlin-Mitte-Flirt mit einem wiederent-deckten Nationalstolz. Thielemann ist kein politischer Dirigent, er macht Musik. Und die spielt – besonders im romantischen Repertoire – mit der Tradition des Sinnlichen, der Sehnsucht und des Transzendenten. Aber bei ihm klingt das nicht wie von gestern, sondern erfrischend unbefangen. Thielemanns Heimat ist nicht Deutschland, sondern der Klang. Und dieser Klang entsteht aus der Tradition und wird aus dem Jetzt heraus neu befragt.

„Wir sollten Mut haben, Antworten auf die Musik in der Gegenwart zu finden“, hat der Dirigent vor seiner Einspielung der ersten Brahms Sinfonie gesagt. Das

B, C, DDeut|scher Klang [dt., undefinierte Feuilleton-Erfindung]Unter dem Deutschen Klang versteht man im Allgemeinen den erdigen und eher schweren Klang eines Orchesters. Ensembles wie die Berli-ner Philharmoniker mit schweren Streichern und dominanten Bläsern stehen für diese Art der Interpretation. Protagonisten des Deutschen Klanges waren unter anderen der Dirigent Wilhelm Furtwängler. Heute werden mit dem Deutschen Klang die Dirigenten Daniel Barenboim und Christian Thielemann in Verbindung gebracht.

da ca|po [ital. : vom Anfang]Da capo ist die Anweisung ein Musikstück bis zum „Fine“ oder einem anderen Schlusszeichen zu wiederholen. Da capo ist die Anweisung ein Musikstück bis zum „Fine“ oder einem anderen Schlusszeichen zu wiederholen. Da capo ist die Anweisung ein Musikstück bis zum „Fine“ oder einem anderen Schlusszeichen zu wiederholen. Fine.

De|bus|sy, A|chille-Claude [*22. August 1862 in Saint-Germain-en-Laye; † 26. März 1918 in Paris]Französischer Komponist des Impressionismus. Debussy war weit da-von entfernt, mit Musik Geld zu verdienen. Umso günstiger erwies es sich, dass eine reiche Frau einen Reisebegleiter durch Europa suchte. Nadeschda Filaretowna von Meck hatte bereits den sein Leben lang mittellosen Peter Tschaikowski protegiert. In seiner Bohème-Zeit arbei-tete Debussy nebenbei als Musikkritiker für die Revue Blanche. Auf der Weltausstellung im Jahr 1889 war er vom Klangbild eines javanischen Gamelan-Ensembles fasziniert. Er adaptierte diese „fremdartige“ Mu-sik und ihr schwebendes Klangideal in seinem Kompositionsstil, ohne ihn direkt zu kopieren. Er begann, auf eine zielgerichtete Auflösung harmonischer Spannungen zu verzichten. Daher gilt er musikhistorisch als Vertreter des Impressionismus. (Quelle: Wikipedia)

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Bie|le|fel|der Ka|ta|log [Nachschlagewerk]Standard-Nachschlagewerk für alle Klassik-Tonträger-Informatio-nen. Der Bielefelder Katalog, der jährlich erscheint, ist der größte und wichtigste Katalog, in dem eine repräsentative Auswahl lieferbarer Tonträger (CD, LP, MC, DCC, MiniDisc und Musikvideos) des klassi-schen Repertoires sowie Folklore-Aufnahmen verzeichnet sind. Unter www.bielekat.de ist der Bielefelder Katalog für die klassische Musik, online im Internet vertreten.

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Ergebnis ist auf der neuen CD zu hören: Eine bis in die Nuancen der vielschichtigen Partitur geistig geordnete Architektur, in der sich Thielemann hier und da die Frei-heit zum Gehenlassen, zum Rausch, zur Begeisterung nimmt. Und wenn es so weit ist, macht er es stets kompromisslos und radikal. So kompromisslos und radikal wie bei den Münchner „Meistersingern“. Nach der schwungvollen Eröffnung trat er auf die Bremse und machte die Stille zur lautesten und beklemmendsten aller Musiken. Und das vor dem „Wacht auf“-Chor. Stereotype, die man mit ihm in Verbindung bringen mag, waren wie weggewischt.

Christian Thielemann ist kein kopfloser Bauchmensch. In erster Linie ist er ein Handwerker. Ja, vielleicht ist auch das eine sogenannte „deutsche Tugend“. Aber das Handwerk ist für den Kapellmeister nur die Grundvoraussetzung zum Musizieren. Das Wissen um die Partitur. Erst wer denkt, kann fühlen – wenn

»Wir sollten Mut haben, Antworten auf die Musik in der Gegenwart zu finden.«

Christian Thielemann über das Dirigieren

er sich nicht in Gefahr begeben will, dass seine Gefühle zu einem belanglosen Irisieren werden, haltlos und Formen sprengend.

Der oft zitierte Deutsche Klang ist in der musikalischen Tradition gewachsen, die ihren Anfang in einem bestimmten Repertoire fand, bei Beethoven, Wagner oder Brahms. Ein Klang, der für etwas steht, für eine Sinnsuche und ein Sehnen, oder in Musik gesprochen, für das formal geordnete Emotionale. Eine Idee, die durch verschiedene Orchester und ihre Dirigenten immer wieder der Gegenwart angepasst wurde, die an der Aktualität justiert worden ist. Der Deutsche Klang war nie im Museum zu Hause – und dort ist er auch bei Thielemann nicht.

Die aktuelle Feuilleton-Debatte hat sich eigentlich an der Kritik Simon Rattles entzündet, an der Frage, ob der Brite sich überhaupt der Arbeit der Berliner Phil-harmoniker am Deutschen Klang bewusst ist – ob er diese Tradition fortführt oder,

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Klassik-Lexikon 10 | crescendo 02 2007

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Herbert von Karajan PFINGSTFESTSPIELE 25. Mai bis 3. Juni 2007

Festspielhaus Baden-Baden Ticket-Service 0 7221/3013-101 www.festspielhaus.de

Fr/So/Di 25./27./29. Mai Verdi: „Falstaff“, Thomas Hengelbrock Musikalische Leitung, Philippe Arlaud Inszenierung/BühnenbildAmbrogio Maestri, Michael Volle, Véronique Gens, Maria Bengtsson, Jane Henschel, Raúl Hernández, Karine Motyka,Jean Paul Fouchécourt, Graeme Broadbent, Balthasar-Neumann-Chor und -Ensemble

Sa 26. Mai Ivo Pogorelich, KlavierabendMo 28. Mai Thomas Quasthoff, LiederabendDo 31. Mai Deborah Voigt Sopran, Christian Thielemann Dirigent, Münchner PhilharmonikerFr/So 1./3. Juni Anne-Sophie Mutter, Mozart-Violinsonaten I + IISa 2. Juni Bruckner: Sinfonie Nr. 8, Michael Gielen Dirigent, SWR Sinfonieorchester

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ob er bewusst mit ihr bricht. Auch das wäre ein durchaus nachvollziehbarer Ansatz. Schließlich gehört Rattle zu jener Dirigenten-Generation, die in den 80er Jahren eine radikale Neubelebung der Klassiker gesucht hat. So wie die Welt im Zeitalter des aufkommenden Internets, der Vernetzung jeder Provinz mit den Metropolen, nicht mehr als Ganzes gegriffen werden konnte, suchten auch Dirigenten ihr Heil in den Details, stürzten sich auf Atome der Partituren, stöberten das bis dahin Ungehörte auf und brachten es zum Glänzen. Rattles Arbeit in Birmingham war damals innovativ. – Er hat die Postmoderne in die Musik geholt. Umso älter sieht er jetzt aus, da er noch immer an eben diese Ideale glaubt.

Thielemann hat all das nie ignoriert. Ebensowenig wie er die Tradition ad acta gelegt hat. Es geht ihm nicht darum, Furtwängler zu kopieren. Was er kopiert, ist dessen Dirigenten-Philosophie: die Entstehung des Klanges aus dem wissen-den Moment. Eine Tugend, die Thielemann übrigens mit einem Dirigenten wie Daniel Barenboim vebindet. Beide glauben noch an die ungebrochene Form, an die Ideale der Romantik, an so etwas pathetisches wie die Sehnsucht. Und die findet Thielemann in der Musik, mit der er kein Abbild der kurzlebigen und zersprengten Gegenwart abliefert, sondern ein idealistisches Gegenmodell der Entschleunigung, des Pathos und der organisierten Sinnlichkeit. In diesem Sinne ist Thielemann nicht von gestern, son-dern eher von morgen – kein Traditionalist, sondern ein Dirigent für das Zeitalter nach der Postmoderne.

Sowohl seine Münch-ner „Meistersinger“ als auch seine neue Brahms CD räumen mit alten Klischees auf, die über ihn bestehen. Sie sind der Musik als Projek- tionsfläche zu verdan-ken und verraten mehr über die Zuhörer als über den Dirigenten.

Thielemann: CD und KonzerteThielemanns neueste CD: Die erste Sin-fonie von Johannes Brahms, wird im März erscheinen. Eine er-frischende Aufnahme, die zwischen Tra-dition und Moderne schwankt. Live zu sehen ist der Dirigent im Festspielhaus Baden-Baden, wo er am 31. Mai gemeinsam mit den Münchner Philharmonikern und Deborah Voigt Werke von Richard Strauss und Richard Wagner interpretieren wird.

Informationen: www.festspielhaus.de

Do|mi|nan|te [lat. dominari: herrschen]Der Begriff Dominante bezeichnet in der musikalischen Funktions- theorie die Tonart, deren Grundton eine Quinte über dem Grundton der Haupttonart Tonika liegt. Das bedeutet: Die Dominante von C-Dur ist G-Dur. Rameau, der als Begründer der Funktionstheorie gilt, fand heraus, dass Akkorde, die andere Akkorde vorbereiten, meistens eine Quinte über oder eine Quarte unter dem Zielakkord liegen. Diesen Ak-kord, der dem Hörer als natürliche Überleitung vorkommt, weil nach ihm die Tonika erwartet wird, nannte er Dominante. Später wurde der Begriff nur auf den Akkord angewendet, der den Akkord der Hauptton-art Tonika vorbereitet. In einer Dur-Tonleiter ist dieser Akkord immer ein Durakkord und enthält als Durterz den charakteristischen Leitton, der zum Grundton hinleitet. In Moll ist der Leitton nicht leitereigen, wird aber häufig bei Verwendung der Dominante hinzugefügt (harmo-nisches Moll). Dann ist der Dominantakkord auch bei einer Moll-Tonika ein Durakkord. Wird der Leitton nicht verwendet, spricht man auch verdeutlichend von einer „Moll-Dominante“.

Do|nau|esch|ing|er Mu|sik|ta|ge [* 1921 und nicht tot zu kriegen]Die Donaueschinger Musiktage wurden 1921 gemeinsam mit dem Süd-westfunk Baden-Baden gegründet, um die internationalen Ideen zur neuen Musik vorzustellen und zu debattieren. Zahlreiche Komponisten wie Luigi Nono, Pierre Boulez oder György Ligeti haben hier gemeinsam am Klang experimentiert. In den 70er Jahren wurden die Donaueschin-ger Musiktage allerdings immer weltfremder, haben sich zum Elfenbein-turm der Avantgarde entwickelt und Komponisten wie Hans Werner Henze vertrieben. Heute erleben sie eine neue Renaissance.

E|lek|tro|ni|sche Mu|sik Unter elektronischer Musik versteht man jede ➔ Musik, bei deren Entstehung oder Wiedergabe elektronische Mittel eingesetzt werden. Komponisten: Berio, Nono, Kagel, Koenig, Ligeti, etc.

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crescendo 02 2007 | 11 Klassik-Lexikon

EEn|fant ter|ri|ble [franz. : fürchterliches Kind, umgangssprachlich für einen Aufsässigen]Im allgemeinen Sprachgebrauch wird dieser Ausdruck für eine Person benutzt, die durch unangepasstes und zügelloses Verhalten andere provoziert. Bekannte Enfants terribles sind: Gloria von Thurn und Taxis, Mario Basler, Nigel Kennedy, Klaus Kinski, Jean-Paul Gaultier, Chris-toph Schlingensief oder eben der Pianist Friedrich Gulda.

Père perdu!Friedrich Gulda war nicht nur genial, sondern auch herrlich durchgeknallt. Ein Enfant terrible der Klassik. Betörend schön, wenn er Mozart spielte, ungeheuer provokant in seinen Nackt-Auftritten. crescendo druckt eine Hommage an das Kind im Klaviermann – von seinem Sohn.

VON PAUL GULDAEnfant terrible – das war das kurze, einprägsame Etikett für meinen Vater Friedrich Gulda. Die Presse hat es irgendwann erfunden. Ausgesucht hätte er sich die Defi-nition wohl nicht, aber er wusste damit zu leben, und tatsächlich in jedem Sinn

zu spielen. Und er war ja wirklich fast noch ein Kind, als er kaum 16-jährig in Genf den Ersten Preis gewann.

Dank seiner enormen Bega-bung eroberte er sich in Kürze die Eckpfeiler des klassischen Re-pertoires, die Karriere explodierte förmlich, und er war auf allen

Erdteilen engagiert. So hätte es weitergehen können: ein ernsthafter (mit diesem Wort ermahnte er auch mich gerne), erfolgreicher junger Pianist, enthusiastisch gefeiert. Doch bald wurde ihm die Etabliertheit zur Einbahnstraße, die Klassik zu eng und eingleisig: er entdeckt und erkämpft sich den Jazz, gründet ein Eurojazz-orchester, erregt und entzündet mit seinen Festivals, wo die E-Musik auf Ethno und Elektro trifft. Die Verleihung des Beethovenrings 1969 wird zum Eklat, als er in einer Brandrede die Wiener Akademie erstarrt und engstirnig nennt.

Der entwachsene, erwachsene Friedrich Gulda ist eigenwillig, exzentrisch, ex-travagant – und lebt endlich seine Emotionen, in den Experimenten der Freien Musik, ehrlich bis zur Entblößung. Enfant terrible, Père perdu.

Französische Musik war ihm wichtig: seine Debussy-Préludes, jetzt neu ediert bei MPS, haben Eleganz, Esprit, Eloquenz und Emphase. Doch mit 50 setzt er noch einmal zu einer Entwicklung an:Es folgt eine Ernte an eklektischen Eigenkompo-sitionen, der exotische und erotische Reiz von Dancefloor und verwandten Genres („Musik meiner Enkel“), und immer wieder Mozart – ersehnte Entrückung. Der lebenslange Egozentriker wird zum Einsiedler am Attersee, Mozart sein eigentlicher Gesprächspartner.

Das Ende des Einzelgängers, einsam, an Mozart s Geburtstag. „Und solang du das nicht hast, / Dieses Stirb und Werde! Bist du nur ein trüber Gast / auf der dunklen Erde.“ (Goethe, „Selige Sehnsucht“, vertont von Friedrich Gulda).

Ein Leben der Extreme, für mich zu erwerbendes, ehrenvolles Erbe und ermu-tigendes Exempel zugleich.

PS: Edward Elgar war ihm egal.

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: priv

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Friedrich Gulda

www.matthiassoucek.com

Matthias Soucek · P.i.a.n.o

homage toMozartTHE FIRST POP-ARTIST

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Klassik-Lexikon 12 | crescendo 02 2007

Fest|spiel [dt., das]Festspiele sind in der Regel alljährlich wiederkehrende Veranstaltun-gen. Sie finden häufig über mehrere Tage und gelegentlich auch mit mehreren Bühnen statt. Im Klassik-Bereich haben die Bayreuther Fest- spiele, die dem Werk ➔ Richard Wagners gewidmet sind und die Salz-burger Festspiele eine herausragende Bedeutung, die von Hugo von Hofmannsthal, Max Reinhardt und Richard Strauss begründet wurden.

Wofür steht der Salzburg-Intendant?

Repressive GesellschaftJürgen Flimm übernimmt in diesem Jahr die Intendanz der Salz-burger Festspiele von Peter Ruzicka. Er gilt als Haudegen des Regietheaters, der seine Netzwerke in der Opernwelt gespannt hat. Aber wofür steht er wirklich? Was ist aus seinen politischen und ästhetischen Idealen geworden, die sich in den 68ern geprägt haben?

INTERVIEW MIT JÜRGEN FLIMMHerr Flimm, die Reihe der Salzburg-Protagonisten ist so groß wie heterogen: Karajan, Mortier, Ruzicka – und nun Jürgen Flimm…Jürgen Flimm: Das kann man wohl sagen. Ich habe ja das Ende der Karajan-Zeit noch miterlebt, als ich 1987 am Landestheater gearbeitet habe. Vom großen, angeblich so goldenen Betrieb habe ich allerdings nicht viel mitbekommen. Es gibt auch viele Vorurteile über diese Zeit. Neulich hat mir Wolfgang Rihm erzählt, dass es unter Karajan mehr Ur-aufführungen gab als unter der Ära von Gérard Mortier. Außerdem waren damals die Regisseure zu erleben, die angesagt waren: Schenk, Ponnelle oder der eher gemä-ßigte Hampe. Da war schon ganz schön was los. Auf der anderen Seite gab es aber auch viel Routine, und Mortier hatte den Vorteil, dass er zur Zeitwende kam. Er hat das damals noch junge, sogenannte Regietheater geholt: Wernicke, Bondy, die Herr-manns, Neuenfels und meine Wenigkeit. Heute wird oft gesagt, dass Mortier sich mit den Leuten ästhetisch angelegt hat – ich glaube, das ist eine Mär. Na ja, mit der letzten „Fledermaus“-Produktion haben Neuenfels und er schon die Revolution gegen den Salzburger Klassik-Klunker-Klan inszeniert. Ein Affront gegen das zahlungsfähige Parkett. Flimm: Das stimmt wohl, aber das war am Ende eine Gaudi. Was heute oft ver-gessen wird, ist, dass der Revoluzzer und Provokateur Mortier der Erfinder der Hauptsponsoren war. Die Abteilung war ihm persönlich unterstellt – heute unter-steht sie der Festspielpräsidentin. Inzwischen ist auch die Ära Ruzicka vorbei – er hat einen Schlussstrich mit dem gigantischen Projekt „Mozart 22“ gezogen.Flimm: Ich habe nicht daran geglaubt, dass dieses Projekt Sinn macht. Aber ich habe schon Abbitte geleistet und Ruzicka dazu gratuliert – aus vollem Herzen. Üb-rigens darf man nicht vergessen, dass er die so genannten entarteten Komponisten rehabilitiert und Henzes „L’Upupa“ uraufgeführt hat. Alles große Verdienste.Sagen Sie mal, muss man als Intendant der Salzburger Festspiele eigentlich parkettsicher sein?

Flimm: Nein, man macht, was man für richtig hält. Man geht zu den Galas und zu einigen Sponsor-Veranstaltungen. Und das ist ja auch richtig so, die zahlen immerhin viel Geld. Da muss man sich nicht verbiegen. Auch nicht, wenn man bei Eliette von Karajan im Salon sitzt?Flimm: Nein, bei Eliette sitzt man ja nicht, man trifft sie hier und dort, und sie ist auch eine sehr lustige Gesprächspartnerin. Aber Intendanten müssen keine Partytiere sein.Karajan der Diktator, Mortier der Revoluzzer, Ruzicka der Schöngeist – über Sie gibt es schon vor Amtsantritt ein Urteil: Flimm der Opern-Appa-ratschik.Flimm: Ja, das haben Sie in Ihrer Zeitung ja auch schon geschrieben: mein Ge-werkschaftsbart! Hat mich sehr amüsiert. Aber die Wahrheit ist, dass Netzwerke immer entstehen. Ich mache den Job jahrelang, und da entwickeln sich künstleri-sche Freundschaften, ich habe mit vielen Dirigenten, Intendanten und Regisseuren gearbeitet, gestritten und debattiert. Wie haben Sie den Spielplan Ihrer ersten Saison aufgestellt? Was waren die wichtigsten Ideen?Flimm: Ich habe mir erst einmal angeschaut, was in Salzburg noch nicht oft gespielt wurde. „Eugen Onegin“ wurde noch nie gegeben, der letzte „Freischütz“ liegt 50 Jahre zurück, und den sehr schwierigen „Benvenuto Cellini“ kennt man fast gar nicht. Am merkwürdigsten ist allerdings, dass in der Mozartstadt nie Haydn gespielt wurde – mit einer Ausnahme: „Die Welt auf dem Mond“. Nach dem Mozartjahr schien mir seine „Armida“ sehr geeignet. Das alles geht gut mit unse-rem Thema „Die Nachtseite der Vernunft“. Aber ehrlich gesagt, Herr Flimm, das hört sich nun eher nach Intendanten-Handwerk als nach Inspiration an.

Flimm: Die Intendanterei ist zum großen Teil leider Gottes eine Frage des Handwerks. Da müssen sie Stücke finden und Vernetzungen schaffen, den Dirigenten mit dem Regisseur zusammenbringen, vermitteln, Sänger suchen. Bei „Ben-venuto Cellini“ war das nicht einfach, das kann ich Ihnen sagen – nun haben wir ein Traumpaar, den Filmemacher Philipp Stölzl und den Dirigenten Valery Gergiev. Da ist viel Reden und Reisen dabei. Das genialische Feuer brennt

nach Findung des Spielplanes ziemlich niedrig und wird bald durch harte Arbeit ersetzt.Sie sammeln bereits Ihre Rentenansprüche, etwa vom „Thalia“, das mit Ihnen als Intendant zweimal „Theater des Jahres“ geworden ist. Sie sind ein Haudegen, der am besten war, wenn er frei war. In Salzburg gibt es sicher-lich viele Zwänge, in denen Sie sich bewegen müssen.Flimm: Das „Thalia“ war nicht nur eine Spielwiese, es war auch hart. Als wir zum ersten Mal Robert Wilson eingeladen haben, protestierten die Leute wie wild. Nein, es hat nicht immer die Sonne geschienen – die Zeit lässt sich nicht nur verklären. Immerhin aber waren wir 15 Mal beim Theatertreffen.Aber Sie haben gelernt, für Ihre Meinung zu stehen und zu kämpfen. Schon mit Ihrem Engagement bei der RuhrTriennale wurde das anders: Dort haben sie tatsächlich eine Spielwiese, oder?Flimm: Gérard Mortier hat die RuhrTriennale toll eingerichtet. Das ist sehr angenehm, mit einem kleinen Team, wir sind gerade einmal 30 Leute, in beweg-lichen Strukturen zu arbeiten. In Salzburg ist alles viel größer und festgelegter, da hat die Einnahmeseite auch erhebliches Gewicht. Das beginnt schon mit den Spielstätten, die vordefiniert sind: das große Festspielhaus, das neue Haus für Fo

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»Bei Eliette von Karajan sitzt man nicht.

Intendanten sind keine Party-Tiere.«

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crescendo 02 2007 | 13 Klassik-Lexikon

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»In Salzburg ging es schon immer um Einschaltquoten.«

Jürgen Flimm über die Festspiele

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Klassik-Lexikon 14 | crescendo 02 2007

Mozart, das Landestheater, das Stadtkino, die Perner- insel und der Domplatz mit dem ewigen „Jeder-mann“. In diese Abläufe muss man sich hinein- begeben. Wir haben ein Projekt mit Jan Fabre. Da wurde ich gefragt, was er denn macht. Meine Antwort war: „Der ist ein toller Künstler, irgendetwas Groß-

artiges wird er schon machen“. In der „RuhrTrien-nale“ ist das normal, aber diese Arbeitsweise kannten die in Salzburg gar nicht.Da wird das Theatermachen eher nach den Re-geln des Fernsehens gemacht: Es geht immer um Einschaltquoten.Flimm: In Salzburg ging es schon immer um Ein-schaltquoten! Als ich „Benvenuto Cellini“ vorge-schlagen habe, haben die mich mit großen Augen angesehen und gefragt: „Wer soll das denn kaufen?“ In Salzburg wird ein Stück vorgeschlagen, dann wer-den seine Chancen kalkuliert, und diese Kalkulatio-nen machen schließlich den Etat aus – da hat man eine unglaubliche Verantwortung. Umso schöner ist die Erfahrung, dass sich Risiko auszahlt: Der „Ben-venuto Cellini“ ist sehr gut im Vorverkauf. Damals, als ich „King Arthur“ inszeniert habe, sagten alle, dass niemand Purcell sehen will. Ich habe gedacht, Mensch, da dirigiert der Harnoncourt, da singen die Bonney und der Schade. Und trotzdem: Keiner hat dran geglaubt. Am Ende waren alle Vorstellungen ausverkauft.Aber die Kritiken waren hundsmiserabel.Flimm: Das ist doch immer so, dass man ein paar hinter die Löffel bekommt. Es gab aber auch nette. Das ist wie ein Fluss: Auf der einen Seite stehen die

F. Kennedy längs erzählt. Das ging einige Bilder lang gut – aber dann fiel das ganze Konzept in sich zu-sammen.Warum war die Oper früher überhaupt so po-litisch?Flimm: Weil das im Schauspiel lange so betrieben wurde. Wir sind damals vom Begriff der repressiven Gesellschaft ausgegangen, den die APO in den 70er Jahren erfunden hatte. Heute wissen wir, dass wir ei-nem Irrtum aufgesessen waren. Rückblickend waren die 50ies toll, Grass spricht vom Mief. Ich habe bei Fluxus mitgemacht, es gab die tolle Galerieszene in Köln, Christo war damals schon aktiv, Beuys, Paik, Vostell. Ich habe „Musik der Zeit“ im WDR gehört, Nono, Maderna und Zimmermann etc. Was da los war mit dem „Living Theater“, in den 60ern – alles andere als Muff. Damals hat jeder von der Gesellschaft – repressiv oder nicht – gesprochen. Auch von diesem poli-tisierten Begriff haben wir uns längst entfernt, oder?Flimm: Der alte Gesellschaftsbegriff taugt heute nicht mehr. Sie brauchen sich ja nicht einmal mehr für die SPD entscheiden. Der Schröder geht nicht mehr in den Irakkrieg, die Merkel macht das etwas dezenter mit ihrer Kritik an den Amis. Wir müssen nicht einmal mehr eine Demo anstiften. Die Demo gegen Vietnam war wichtig, weil wir da im Recht wa-ren. Das gibt es ja heute so nicht mehr.Da sind wir wieder bei der Oper. Sie ist eben kein politisches Gesellschaftsmodell, sondern in ihr entstehen Gesellschaften nur in der Interaktion der einzelnen Menschen. Bei Mozart ist das am besten zu sehen.Flimm: Ja, bei ihm wechseln die Konstellationen und damit die Atmosphäre der Gesellschaft in je-der Sekunde. Auf der einen Seite ist er unglaublich unmoralisch, feiert aber gleichzeitig die Moral. Ich denke an „Così“, da wird am Ende das „Fortunato“ gesungen – in C-Dur. Ich habe gedacht, das ist fröh-lich, obwohl die Situation so verstörend ist. Nikolaus Harnoncourt hat mir damals erklärt, dass die Tonart erst in der Romantik als uneingeschränkt positiv ver-standen wurde.In crescendo hat Harnoncourt von der Subversi-vität des Lieto fine gesprochen und das Politische als Interaktion der Menschen umgedeutet.Flimm: Die Subversivität ist sicherlich ein Schlüssel. In den drei großen Da Ponte Opern haben wir es mit diesen merkwürdigen Schlüssen zu tun. Alle ver-sprechen eine bessere Welt – und wir sollten keinem trauen. Mozart bedient sich einer konventionellen

FKritiker, auf der anderen Seite das Publikum, und zwischendrin rauscht es. Daran gewöhnt man sich, wenn man so lange dabei ist.Glauben Sie, dass die Oper sich in den letzten Jahren verändert hat? Ich finde, dass gerade die jungen Leute wieder eine ernsthafte Auseinan-dersetzung mit der Oper pflegen.Flimm: Das ist meiner Meinung nach nicht neu. Schon in den 70er und 80er Jahren mit Gruber an der Schaubühne fing das sogenannte Regietheater an – da haben wir die Oper sehr ernst genommen. Aber Sie haben auch Recht. Es ist derzeit eine span-nende Bewegung im Gange. Ich habe das in den Vorbereitungen mit Philipp Stölzl gesehen. Es ging um den Chor am Anfang von „Benvenuto Cellini“. Ich habe ihm geraten, ihn in einem Rahmen oder hinter Fenstern zu verstecken, weil das eine wahn-sinnig schwierige Szene ist. Da hat er mich gefragt, warum er das machen sollte, das Schwierige sei doch gerade das Interessante. Das dürfe man doch nicht verstecken. Später saßen wir bei Gérard Mortier in der Opéra Bastille, weil der die Aufführung koprodu-zieren wollte. Er hatte ebenfalls Bedenken mit dem Werk, besonders mit dem Karnevalsbild. Stölzl saß da, mit seiner Mütze, in Mortiers noblem Büro über den Dächern von Paris und hat geantwortet: „Wieso denn, das ist doch lustig.“ Dieses Wort „lustig“ hat den Mortier in Harnisch gebracht. Aber Stölzl meint mit lustig gar nicht lustig, sondern, dass es schön zu arbeiten ist. Das ist eine sehr ernsthafte Grundhal-tung. Das trifft auch auf die anderen Regisseure zu, Breth, Loy, Richter.Eine Grundhaltung auch, in der die Oper nicht mehr als bierernstes Politikum, sondern als Spiel begriffen wird.Flimm: Ich habe 1981 an der Staatsoper in Ham-burg so schon „Hoffmanns Erzählungen“ inszeniert – nur aus der Sicht des Dichters. Ich bin da, ob Sie es glauben oder nicht, ganz ohne rote Fahnen aus-gekommen. Für diesen Paradigmenwechsel waren übrigens Schriftsteller wie Botho Strauss verantwort-lich. Sie haben sich plötzlich wieder für das Subjekt interessiert. Ja, aber um das Subjekt in einer definierten Gesellschaft. Und ich glaube, dass es dieses Ge-sellschaftsbild heute bei jungen Regisseuren gar nicht mehr gibt.Flimm: Das könnte sein. Wahr ist, dass wir früher in der Begeisterung für neue Lesarten oft Konzepte über Opern gestülpt und den Rest mit der Hecken-schere abgeschnitten haben. Ich habe einmal einen „Maskenball“ inszeniert und alles am Mord an John

»Es ist doch immer so, dass man ein paar hinter die

Löffel bekommt.«

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crescendo 02 2007 | 15 Klassik-Lexikon

FAusführung. Allein zwischen den Noten ist zu lesen, dass etwas anderes gemeint sein muss. „Figaro“, „Don Giovanni“ und „Così“ haben am Ende diese merkwürdigen Maschinenmusiken. Da geht das Pu-blikum dann nach Hause und ist beruhigt, weil alles gut geworden ist. Ich möchte gern mal sehen, wie die alten Paare am nächsten Morgen frühstücken, oder wie der Graf und die Gräfin miteinander umgehen. Die Aussage „alles wird gut“ ist doch fürchterlich. Die Wahrheit ist, dass Strindberg die Mozart-Opern zu Ende geschrieben hat, oder Ibsen, der bei „Così“ allen eine Pistole in die Hand drücken würde.Ich glaube, dass das Publikum gar nicht so denkt. Gerade durch das offene Lieto fine hat Mozart die Opern sehr wohl zu Ende komponiert – aber er kalkuliert, dass der Schlussstrich in der Of-fenheit seiner Musik besteht, dass jeder Hörer ihn selbst ziehen muss. Nach bestem Wissen und Gewissen.Flimm: Das nehme ich mal zur Kenntnis – aber ich weiß nicht, ob ich das glauben soll. Die Verführung dieser Schlüsse ist unwahrscheinlich groß. Das „Per-dono“ im „Figaro“ ist so himmlisch, dass man ihm kaum misstrauen will. Überall findet der Aufruf an die Vernunft statt, der bei Mozart ein Aufruf an die Konvention ist. Bei „Benvenuto Cellini“ kommt am

Ende gar der Papst und der braucht noch den Lieben Gott, damit Kunst entsteht. Man könnte auch sagen: Vor der Erlösung steht die Gesundheitsreform.Die haben wir doch en passent schon geregelt. Ich glaube, dass wir im Diskurs tatsächlich gerade in der Ära des Lieto fine stecken. Wir debattieren die Welt in einer neuen Offenheit – moralisch und ästhetisch.

Flimm: Tatsächlich glaube ich auch, dass die Real-politik ihren Stellenwert verloren hat. In der Konse-quenz erkennen wir, dass viele Dinge nicht mehr al-lein rational, sondern auch emotional zu debattieren sind. Und diese Diskussionen können wir am besten in der Kunst führen. Denn sie ist keine rationale An-gelegenheit – das anzunehmen war übrigens auch ein großer Irrtum der 68er. Welche Mozart-Interpretation hat Ihnen in den letzten Jahren am besten gefallen?Flimm: Loys „Finta semplice“ und viele andere, Kusej, Haneke, Herrmann. Ich fand Herrheims Salzburger

„Entführung“ ganz phantastisch, vielleicht ein bis-schen viel. Die 13 Bräute waren eventuell aus der Mottenkiste des Regietheaters geklaut, und ich habe ihm auch gesagt, dass man einen Bassa Selim nicht streichen sollte. Aber er ist sehr, sehr begabt, weil er den Versuch unternimmt, die Oper aus einer ganz anderen Perspektive zu betrachten. Er hat eigentlich Ruzickas geniales credo bedient, dass wir mehr Neu-gier als Altgier haben sollten.Ich habe ein anderes Problem mit dieser Insze-nierung. Sie arbeitet mit einem überkommenen Eklektizismus, sie sprengt die erzählerische Form der Oper. Heute sehnen wir uns doch wieder nach dem Epischen. Andere Regisseure suchen längst wieder die Geschichten in der Oper.Flimm: Das ist eine Tugend, die mir an Philipp Stölzl so gefällt. Er kommt vom Video, ist aber ein wunder-barer Erzähler. Er entflammt für das Narrative, hat ein Storyboard gezeichnet, fügt Filme wie „Blade- runner“ ein, bleibt aber immer am roten Faden. In der Musik ist das Interesse am Epischen übrigens auch zu beobachten. Deshalb hat mich mein erster Weg zu Daniel Barenboim geführt. Nach meiner Er-nennung bin ich nach Berlin gereist, habe mit ihm beim Italiener gegessen und gefragt, was er machen will. An Barenboim fasziniert mich, dass er einen

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»Was wir dringend brauchen, ist eine neue

Wertedebatte.«

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Klassik-Lexikon 16 | crescendo 02 2007

Form [musikalische Form]Die musikalische Form beschreibt die Ordnung innerhalb einer Komposition. Diese Form be-zieht sich sowohl auf die verwendeten ➔ Harmonien und Töne als auch die Anordnung der einzelnen Teile einer Komposition. Es gibt strenge Formen, die vorgegeben sind und vom Komponisten eingelöst werden, aber es gibt auch musikalische Formen, die sich beim Kom-ponieren entwickeln. In der musikalischen Interpretation spielt die Form eine wichtige Rolle. Wie viel Freiheit kann sich der Interpret innerhalb einer Form leisten? Der Dirigent Christian Thielemann sagt dazu: „Man muss sich über die Form bewusst werden, um die Architektur einer Komposition nicht zu zerstö-ren, gleichzeitig muss man sich die Freiheit der Interpretation innerhalb einer Form genehmi-gen, um seine eigene Sicht klar zu machen.“

Gei|ge [oder: Violine]Saiteninstrument, das auch Violine genannt wird, was so viel wie „kleine Viola“ bedeutet. Die ursprüngliche Bezeichnung war Viola con tre corde senza tasti (dreisaitige Viola ohne Bünde). Um 1523 ist im Französischen der Be-griff Vyollon nachgewiesen. Der Begriff Geige stammt aus dem deutschen Sprachraum. Der italienische Begriff Violino taucht erstmals um 1540 auf. Die herkömmliche Geige hat vier Saiten (G-D-A und E. Merksatz: „Geh du alter Esel“) und wird mit dem Bogen gestrichen. Nicolai Paganini hat die Geigenliteratur durch seine ➔ virtuosen Stücke entscheidend vorangetrieben. Heute gehören Anne-Sophie Mutter und Hilary Hahn zu den bekanntesten Geigerinnen.

So wurde ich GeigerinHilary Hahn hat sich mit Kindern getrof-fen, um für die Serie „Der kleine Hörsaal“ über die Geige zu reden. Wir veröffentli-chen eine Mitschrift des Gespräches.

KINDER FR AGEN HIL ARY HAHNKinder: Wie bist du eigentlich zum Geigen ge-kommen?Hilary Hahn: Es war ein Spaziergang. Mein Vater und ich haben ein Schild gesehen. Darauf stand „Musikunterricht für Vierjährige“. Wir sind einfach

rein gegangen, und ich habe einen kleinen Jungen auf einer kleinen Geige spielen sehen. Und da habe ich gedacht, das würde ich auch gern machen. Also habe ich angefangen, Geige zu lernen. Einfach so.Hast Du eigentlich gern geübt, als du klein warst?Hahn: Üben mach natürlich nicht immer Spaß. So mit zehn Jahren habe ich drei Stunden am Tag geübt – aber nicht an einem Stück. Ich habe auch gern gelesen und gezeichnet. Also sind meine Eltern immer wieder ins Zimmer gekommen und haben gesagt: „Hilary, es ist Zeit zum Üben!“ Ich habe dann geantwortet: „Ja, ich komme gleich, ich muss noch eben das Kapitel zu Ende lesen.“ Und so ging das hin und her. Aber wenn ich dann angefangen habe, mit dem Üben, dann hat es eigentlich auch immer sehr viel Spaß gemacht.Hilary, was machst du eigentlich, wenn du mal nicht geigst?Hahn: Ich mache natürlich Tourneen und spie-le viele Konzerte. Aber in meiner Freizeit male ich gern und tanze – eigentlich gefällt mir alles, was kreativ ist. Das macht mir Spaß. Manchmal bin ich in irgendeinem Hotelzimmer mit dem Kopfhörer auf den Ohren und tanze vor dem Spiegel. Dann freue ich mich, dass niemand da ist, der zuschaut, weil ich wie eine Idiotin aussehe.Ist es nicht anstrengend, dauernd durch die Ge-gend zu reisen? Was machst du dann?Hahn: Ich liebe Tiere. Ich hatte eine Maus, die immer mit mir gereist ist, leider ist sie im Januar gestorben. Sie ist in meiner Hosentasche mitgereist, im Flug-zeug, und war auch bei mir im Hotelzimmer. Ich hatte einen Käfig, und die Maus hatte einen großen Koffer, in dem ihr Futter, ihr Käfig und ihre Spiel-zeuge waren. Weil ihr Koffer so groß war, musste ich immer mit einem kleinen reisen. (Die Fragen stellten Denis, Julia, Valentino und Marie.)

Die Salzburger FestspieleThema der diesjährigen Salzburger Fest-spiele ist „Die Nachtseite der Vernunft“. Zu

diesem Thema hat Jürgen Flimm fol-gende Premieren drapiert: Händels „Armida“ in der Regie von Christof Loy, „Eugen One-gin“ unter dem Di-

rigat von Daniel Barenboim und „Benvenut-to Cellini“ – inszeniert von Philipp Stölzl, der bislang Videoclips u.a. für Madonna gedreht hat. www.salzburgfestival.at

epischen Bogen spannt und gleichzeitig über den Tellerrand der Oper hinwegschaut – wenn er diri-giert, dirigiert er Weltbilder.Ist es also das Epos und das Pathos der Oper, das wir nach der Politisierung der Oper und ihrer postmodernen Zerfetzung brauchen?Flimm: Ich glaube, dass es darum gehen muss, eine neue Wertedebatte zu führen. Mit ihr können wir nach den letzten innovativen Jahren wieder eine Standortbestimmung vornehmen. Wir müssen uns fragen: „Was bedeutet Freiheit überhaupt? Was ist Solidarität?“ Übrigens gibt es diesen Diskurs ja, und er wurde nicht allein von rechter Seite angeschoben, sondern auch von linker.Plötzlich klingen Sie absolut enthusiastisch. Das kommt bei Ihnen eher selten vor. Ist es schwieri-ger geworden, heute für etwas zu kämpfen?Flimm: Wir leben in einer Gegenwart, in der die Gefahr besteht, dass alles wegdifferenziert wird. Des-halb haben wir ja auch ein Motto über die Festspiele gesetzt, quasi als Aufruf zum Streit: „Die Nachtseite der Vernunft.“ Wir werden da Gespräche führen und fragen, ob die Vernunft noch zu retten ist. Peter Sloterdijk hat dazu schon eine gute Antwort gegeben: Er sagt, dass man Kant heute nur noch lesen kann, wenn man ihm sinnlich begegnet. Da sind wir dann auch wieder bei der Oper und bei Mozart, dem Kant der Musik...Flimm: … dem Liebhaber der Menschen. Vielleicht geht es ganz einfach darum. Und das ist doch auch mit Werten gemeint – die Frage nach dem Umgang der Menschen untereinander. Wenn die Oper da Lö-sungen und Ideen vorstellen kann, brauchen wir sie nötiger denn je.

(Das Gespräch führte Axel Brüggemann.)

Der kleine Hörsaal auf CD„Der kleine Hörsaal“ ist die neue Klassik-Serie für Kinder – sie fragen die Musikstars und hören gemeinsam Mu-sik. Im April erscheint sie mit Hilary Hahn, die über die Geige redet und mit Thomas Quasthoff, der über das Singen spricht. In Planung: Aufnahmen mit Christian Thiele-mann und Albrecht Mayer.

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CLAUS OgERMANNCLAUS OGERMANN: Werke für Violine und Klavier

Yue Deng, Violine

Jean-Yves Thibaudet, Klavier

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Klassik-Lexikon 18 | crescendo 02 2007

»Noble Menschen singen noble Dinge.«

Donna Leon über Händel-Opern

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crescendo 02 2007 | 19 Klassik-Lexikon

Hän|del, Ge|org Fried|rich [* 23.2.1685 in Halle (Saale); † 14.4.1759 in London]Deutscher Komponist des Barock. Bekannt wurde Händel durch seine rund 40 Opern und Oratorien, darunter noch heute viel gesungene Werke wie der „Messiah“. Am Londoner King’s Theatre wurde er Direktor der Royal Academy of Music. Die Spekulation um die South Sea Company blühte, und das Unternehmen wurde als Aktiengesellschaft mit einem Grundkapital von £ 10.000 gegründet. Eines der ersten kapitalistisch arbeitenden Opernhäusern mit großem Erfolg. Für die Anwerbung einer Sängertruppe konnte er in Dresden mehrere Sänger abwerben (darunter den Starkastraten Senesino), für die er einzigartige ➔ Arien schrieb.

Bekenntnisse einer Krimi-Autorin

Aufstand der SchönheitDie Literatin Donna Leon ist ein Händel-Freak. In seiner Musik findet sie Schönheit und Nobilität, die sie sich in unserer Zeit ersehnt. Für crescendo erklärt sie, warum sie ausgerechnet die Barock-Musik begeistert. Und warum Händel-Opern sie an den Film „The Queen“ erinnern.

VON DONNA LEONIch bin keine Musikerin. Deshalb sind meine Reaktionen auf die Musik auch akademisch ungewaschen, ebenso wie meine musikalischen Betrachtungen. Um ganz ehrlich zu sein: Ich kann nicht einmal eine Partitur lesen. Mein Freund, der Dirigent Alan Curtis, will mir diese Kunst seit Jahren beibringen, aber ich musste ihn immer und immer wieder vertrösten – ich finde einfach keine Zeit. Deshalb kann ich über die Musik auch nur aus meiner persönlichen Begeisterung heraus sprechen, nicht aus meinem musikalischen Wissen. Eines kann ich aber sehr wohl sagen: Ich begegne der Musik, und besonders den Opern Georg Friedrich Händels, auf den Knien – erfüllt von Demut.

Es ist die pure Euphorie, die mich für seine Opern und Oratorien quer durch die Welt reisen lässt. Und ich denke mir oft, dass es zum Glück nicht meine Pflicht ist. So unterscheide ich mich also von den Vizepräsidenten irgendwelcher Firmen, die man an Premierenabenden im Smoking neben ihren Frauen im Parkett beim Schlummern beobachtet. Man sieht ihnen an, dass sie zu Hause auf dem Sofa viel glücklicher wären und lieber „Die Sopranos“ im Fernsehen schauen würden.

Dabei ist die Oper eine Kunst, von der wir so unglaublich viel lernen können, die uns – wenn sie gut aufgeführt wird – glücklich machen kann. Wir leben in der Ära einer Scheidungsrate von über 50 Prozent, in der Ära von Viagra und Sex-Tourismus. Es wird immer schwieriger, an die romantische Liebe zu glauben. Woran wir aber nach wie vor glauben können, ist der noble Geist der Menschen.

Es kann sein, dass uns Puccinis Frauen, die sentimental liebenden Musettas, Mimis oder Madama Butterflys inzwischen zum Lachen bringen. In der Barockoper begegnen wir allerdings ganz anderen Charakteren. Sie definieren ihre Pflichten, ringen und kämpfen mit ihrem Verantwortungsbewusstsein. Das sind sehr aktuelle Kämpfe, und ich glaube, dass diese Gefühle letztlich auch den Erfolg eines Filmes wie „The Queen“ ausmachen: Eine Frau, die gegen die Verlockungen der Gegenwart

einfach ihre Pflicht tut. In der Opera Seria können wir die Kämpfe erleben, die derartiger Standhaftigkeit vorausgehen.

Ich verfolge die Renaissance der Barockmusik als Fan schon seit ihren Anfän-gen. Früh hat sich bei mir dabei alles um Georg Friedrich Händel gedreht. Meine erste Aufführung war „Giulio Cesare“, damals noch mit Beverly Sills an der New York City Opera in den 60er Jahren – sie war so etwas wie ein Erweckungserlebnis. Nicht allein für mich, sondern für alle Barock-Liebhaber.

Händels Opern sind für mich Hymnen der Fröhlichkeit. Ich glaube mehr noch als bei anderen Barock-Komponisten. Wir wissen, dass Händel unter Depressionen litt, dass er nach Spa ging, um sich auf Kuren zu erholen. Umso verblüffender ist die Schönheit seiner Musik, die mich – immer wenn ich sie höre – einfach glücklich macht.

Nach meiner ersten Begegnung mit Händel kam ein wenig später die nächste Oper, „Rinaldo“, hinzu, dann „Ariodante“ und „Alcina“. Aber irgendwie hat sich da immer wieder eine neue, unbekannte Oper von der Seite eingeschlichen, so wie „Amadigi“. Plötzlich haben die Leute geschrien: „Wow, was für wundervolle Musik“, und dann wurde dieses vergessene Werk an unterschiedlichen Häusern nachgespielt und entwickelte sich zum Teil des Händel-Repertoires. Besonders ist mir das bei „Rodelinda“ aufgefallen, die ja eigentlich dem Geschmack der großen Opern wie „Giulio Cesare“ folgt, aber lange Zeit unbekannt war.

Da ich den meisten Dingen zynisch begegne, wage ich an dieser Stelle auch die Behauptung, dass die Barockoper alle Erfordernisse des Musik-Bizz’ erfüllt. In den Bibliotheken und Archiven der Welt schlummern so viele ungehörte Opern von Komponisten wie Johann Adolph Hasse und vielen anderen, die nicht so bekannt sind wie Händel. Wenn sie ausgegraben werden, haben sie den großen Vorteil, dass man sie als Sensation und als neu verkaufen kann. Einen neuen Verdi gibt es nicht! Einen neuen Mozart auch nicht! Der Umstand, dass die Barockmusik so lange vernachlässigt wurde, hat dazu geführt, dass sie nun einen enormen Marketing-Vorteil hat.

Gleichzeitig, glaube ich, gibt es aber einen ästhetischen Grund für die anhal-tende Renaissance des Barock. Die Opera Seria lebt von noblen Gefühlen und noblen Handlungen. Sie geben uns ein Verständnis vom menschlichen Benehmen. Noble Menschen sagen noble Dinge. Und vielleicht ist die Opernbühne inzwischen der letzte Ort, an dem das heute noch passiert. Wir leben in einer Zeit, in der ein Mensch, der aufsteht um etwas Nobles zu sagen, gern als Träumer ausgebuht wird. In der Barockoper wird er dafür zu Recht bejubelt.

Ein Teil des Noblen liegt sicherlich in der A-B-A Form der Opera Seria. Diese Grundstruktur der Arien entspricht unserem archaischen Gefühl der Symmetrie. Wir sehen sie bei Fischen, bei Tieren und bei uns Menschen – es gibt immer zwei ähnliche Seiten. Wahrscheinlich fühlen wir uns unterbewusst zu diesen archaischen Formen hingezogen. Der Erfolg von A-B-A scheint mir einer inneren Ästhetik zu folgen, der wir gern erliegen: Schnell-langsam-schnell oder langsam-schnell-langsam. Gleichzeitig ist diese strenge Form so offen, dass man sich frei in ihr bewegen kann.

Das ist wohl auch der Grund, warum Menschen Poesie lieben. Sie folgt eben-falls der Symmetrie und damit einer ursprünglichen Form. Gleichzeitig gibt es natürlich einen großen Unterschied zwischen dem geschriebenen Wort und der Musik – und der lässt mich demütig werden. Wörter tragen stets einen intellektuel-len Kontext. Wenn jemand schreibt: „Die Katze saß auf dem Tisch“, weiß man viel. Man weiß, dass die Handlung von der Katze ausgeht, und dass diese Handlung ab-geschlossen ist, weil sie in der Vergangenheit steht. Wir haben es mit sechs Worten Fo

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Klassik-Lexikon 20 | crescendo 02 2007

zu tun und erhalten eine klare Botschaft. Aber es macht eben keinen Unterschied, wie man es sagt. Der Satz bedeutet immer das Gleiche. Wenn man nun eine Arie nimmt, zum Beispiel den Text „Ich muss ihm treu sein“, bestimmt die Musik, welche Bedeutung dieser Satz bekommt. Man hat die Stimme und den Sound, um die Gefühle in unterschiedlichen Nuancen und Bedeutungen auszudrücken.

Eine der schönsten Aufführungen, die ich je gesehen habe, war die Insze-nierung von „Il Trionfo del Tempo“. Jürgen Flimm hat das Händel-Oratorium in Zürich inszeniert. Eigentlich geht es um eine mehr oder weniger langweilige Geschichte, um Tugenden, Mut und Liebe. Aber als ich das Werk auf der Bühne gesehen habe, hat mich seine Kraft schier umgehauen. Flimm hat es geschafft, ein Drama zu erzählen, in dem sich alles um die Schönheit dreht – um Desillusion und Freude. Die Schönheit pendelte immer zwischen Lust, Mut und Verzweiflung. Am Ende konnte man eine Stecknadel im Theater fallen hören. Noch 20 Sekunden, nachdem sich der Vorhang gesenkt hatte, war es still im Saal. Es war ein Ereignis, dass jemand im Jahre 2003 die Behauptung gewagt hatte: Wir müssen die Freude wiederentdecken, um unsere Seelen zu retten.

Ich habe Händels Opern inzwischen von vielen Regisseuren gesehen und lese regelmäßig die Feuilletons. Dabei stört mich eine Sache besonders: Warum in Teu-fels Namen wird über die Inszenierung eines Regisseurs als „So-und-sos Cesare“ gesprochen? „Gulio Cesare“ ist nicht die Oper eines Regisseurs, sondern es ist und bleibt die geniale Oper Georg Friedrich Händels. Ich finde diese Differenzierung sehr wichtig. Denn letztlich sollten Regisseure nichts anderes sein als Diener der genialen Komponisten.

Mit den Dirigenten verhält es sich meiner Meinung nach ähnlich. Ich bin sehr froh darüber, dass dieser unsägliche Streit um die historische Aufführungs-praxis beendet scheint. Ich finde es wunderbar, dass wir diese alten Instrumente hören können, dass wie die Möglichkeit haben, uns ein Bild davon zu machen, wie sie zu Händels Zeiten ausge-sehen oder geklungen haben. Natürlich würde heute auch der manischste Verfechter der histo-rischen Aufführungspraxis nicht mehr behaupten, dass die Opern mit diesen Instrumenten genau so klingen wie zur Zeit Händels – aber es ist fantastisch, dass wir sie so hören können.

Selbst meine untrainierten Ohren bemerken den Unterschied, ob da nun mit alten oder neuen Instrumenten gespielt wurde, aber ich könnte nicht sagen, worin die-ser Unterschied genau liegt. Ich kann eine Aufführung auf alten Instrumenten von einer mit neu-en eigentlich nur emotional un-terscheiden.

Wenn ich gemeinsam mit Alan Curtis eine Aufführung besuche, will er mit mir danach immer so-fort über die Instrumente reden.

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Händel-Opern auf CD■ In ihrem Aufsatz schreibt Donna Leon über ihren Freund, den Dirigenten Alan Curtis. Der hat nun gerade bei Archiv seine eigene Fassung der lange vergessenen Händel-Oper „Floridante“ herausgegeben – eine revolutionäre Einspie-lung (Siehe ausführli-che Rezension S. 28).

■ Eine weitere Hän-del-Oper ist gerade bei Virgin erschienen: „Fernando“ – und auch für diese mitreißende Ein-spielung zeichnet Donna-Leon-Freund Curtis verantwortlich.

■ Wer Händel aus der guten alten Zeit hören will, dem sei noch das Recital von Russell Oberlin empfohlen, das gerade bei DECCA erschienen ist.

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Bleibet meine Freude, die neue CD von François Leleux,ist ganz J. S. Bach und dessen „göttlicher Musik“ gewidmet.

Der Weltklasseoboist spielt mit dem Chamber Orchestra

of Europe u. a. das berühmte Doppelkonzert c-Moll

und Bearbeitungen wie Bachs „Air“ und das Adagio aus

dem Osteroratorium.

„Makellose Technik. Geradezu berauschende

Klangschönheit seines Tons, der an Süße kaum

zu übertreffen ist.“ (Süddeutsche Zeitung)

www.sonyclassical.de

Von klein auf haben sie zusammen musiziert und auch

schon zahlreiche hochgelobte Konzerte miteinander

bestritten: Jetzt veröffentlichen Baiba und Lauma Skride

ihre erste gemeinsame CD The Duo Sessions mit

Violinsonaten von Schubert, Brahms und Ravel sowie

Ravels Virtuosenstück „Tzigane“.

„Baiba und Lauma – raffiniert und unwiderstehlich.“

(Süddeutsche Zeitung)

Eine Koproduktion mit

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crescendo 02 2007 | 21 Klassik-Lexikon

55. Festspiele

Europäische Wochen Passau

14. 6. bis 22. 7. 2007

„Im Europäischen Haus“

75 Veranstaltungen zum Thema Europa(Solo-, Kammer-, Symphonie-, Chor- und

Jazzkonzerte, Theateraufführungen,Lesungen, Vorträge, Filme und Ausstellungen)

in den schönsten Kirchen, Klöstern,Schlössern und Museen

in Ostbayern, Böhmen und Oberösterreich

Baiba Skride und das Symphonieorchester

des Bayerischen Rundfunks,

Konzert des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin,

Royal Philharmonic Orchestra, London,

Vadim Repin und das Vilnius Festival Orchestra,

Alina Pogostkin und das Georgische

Kammerorchester,

Reinhold Friedrich und das Ensemble

Concerto grosso,

Elisabeth von Magnus, Jörg Widmann,

Keller Quartett, Fauré Quartett,

Prazak Quartett, La Petite Bande,

Minguet Quartett, Petersen Quartett,

Ferhan und Ferzan Önder,

Isabelle Faust und Andreas Melnikov,

Arabella Steinbacher,

Evgeni Koroliov, Paul Lewis, Attila Siirala,

Doris Schade, Walter Jens, Liz Verhoeven,

Moscow Art Trio, Blechschaden

und viele andere

Tickets:Kartenzentrale der Europäischen Wochen,

Schustergasse 21, 94032 Passau,Tel: 0851-75 20 20 und 516 89, Fax 0851-490 34 24

e-mail: [email protected]: www.ew-passau.de

Ich spreche aber lieber über die Stimmen. Aber Alan lässt sich nicht beirren, schwärmt, „Donna, hast du diese wundervolle Oboe gehört?“ Leider muss ich ihm in diesen Situationen antworten: „Oh, Alan, ich habe gar nicht gemerkt, dass da eine Oboe war.“ Ich bin eben eine dieser Operngängerinnen, die mit ihrem Opernglas immer nur auf den Tenor und den Sopran schaut. (Der Beitrag von Donna Leon ist die Zusammenfassung

eines Interviews, das crescendo mit ihr geführt hat.)

Har|mo|nie [griech. harmonia: Zusammen-fügung. indogerman. Silbe ar oder har: Ver-einigung von Entgegengesetztem zu einem Ganzen]Harmonie bedeutet die Gestalt und Funktion einzelner Teile eines Ganzen so abzustimmen, dass die Funktion der jeweils anderen Teile und vor allem die Funktion des Ganzen maxi-mal befruchtet werden. So entstehen harmo-nische ➔ Formen. In der Musik gehören zum Beispiel die Tonarten und ihre Verwendung zur Harmonielehre.

KlangkreisEr ist ins Fitness-Studio gegangen, weil er in der Schule keine Freunde hatte – da half auch das Klavierspielen nicht. Dabei ist Tzimon Barto einer der klügsten Pianis-ten: Nach philosophischer Morgenlektüre schreibt er Gedichte. Erst dann beginnt er zu üben. Für crescendo erklärt er seine Philosophie der Harmonie.

VON TZIMON BARTOViele Musiker quälen sich mit der Harmonielehre. Ich glaube, dass sie nicht nur leicht zu verstehen ist, sondern, dass man an ihrer Entwicklung auch die Entwicklung des Menschen ablesen kann. Meine Theorie ist nicht sehr verbreitet, aber ich finde sie schlüssig und spannend. Denn sie zeigt auch, dass sich die Musik nicht abgesondert von den Menschen, sondern mit ihnen entwickelt.

Die ersten mehrstimmigen Stücke, die entstanden sind, wurden in Oktav-Parallelen notiert – Sopran und Tenor haben die gleichen Töne parallell gesun-gen, nur in anderen Höhen. Später wurde die Quinte (also der fünfte Ton auf dem Grundton) als Wohl-klang empfunden, und das harmonische System öffnete sich. Allmählich kam auch die Terz hinzu. Nun sind wir beim sogenannten vierstimmigen Satz angekommen. Aber die Evolution der Harmonie hörte nicht auf.

Komponisten haben nun auch Halbtonschritte entdeckt, die Chromatik. Wagner, Debussy oder Ravel haben mit ihr experimentiert. In der Zweiten Wiener Schule standen dann alle zwölf Töne gleichberech-tigt nebeneinander, bis auch das nicht mehr reichte und Kompositionen mit Viertel- und Achteltönen entstanden. Danach geht es nicht weiter? Doch! Der nächste Schritt, war, Geräusch im Allgemeinen als musikalische Harmonie wahrzunehmen – etwa bei John Cage. Das Verblüffende ist, dass wir nach so viel Evolution nun wieder zurückkehren, sehnsüchtig, die alten, archaischen Harmonien, die Oktaven, Terzen und Quinten wieder schätzen.

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Donna Leon ist Krimiautorin und lebt in Venedig. Bekannt wurde sie durch ihren Kommissar Brunetti. Im Juni erscheint ihr Roman: „Wie durch ein dunkles Glas“ (Diogenes).

Tzimon Barto ist Pianist und Autor. Gerade ist von ihm eine CD mit Werken von Ravel erschienen (Ondine).

Haus|mann [altdt.]Zuweilen in Österreich und Deutschland verwendetes Wort für den Türmer oder den Stadtmusikus.

Hit|pa|ra|de [oder: Charts]Ein Begriff der Popmusik. In der Hitparade werden die meistverkauften CDs aufgelistet. Der Klassik-Bereich hat eine eigene Hitpara-de, an deren Spitze in den letzten Monaten sehr wenig passiert ist : ➔ Anna Netrebko überall! Und dennoch, die Klassik-Branche feiert regelmäßig Erfolge, wenn Künstler der Nischenkunst die Hitparadenplätze des Pop stürmen. In letzter Zeit ist das auch Cecilia Bartoli gelungen.

Il|lu|si|on [von lat. ludere: spielen]Bezeichnet eine mit technischen Mitteln her-beigeführte Sinnestäuschung. In der Oper

55. Festspiele

Europäische Wochen Passau

14. 6. bis 22. 7. 2007

„Im Europäischen Haus“

75 Veranstaltungen zum Thema Europa(Solo-, Kammer-, Symphonie-, Chor- und

Jazzkonzerte, Theateraufführungen,Lesungen, Vorträge, Filme und Ausstellungen)

in den schönsten Kirchen, Klöstern,Schlössern und Museen

in Ostbayern, Böhmen und Oberösterreich

Baiba Skride und das Symphonieorchester

des Bayerischen Rundfunks,

Konzert des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin,

Royal Philharmonic Orchestra, London,

Vadim Repin und das Vilnius Festival Orchestra,

Alina Pogostkin und das Georgische

Kammerorchester,

Reinhold Friedrich und das Ensemble

Concerto grosso,

Elisabeth von Magnus, Jörg Widmann,

Keller Quartett, Fauré Quartett,

Prazak Quartett, La Petite Bande,

Minguet Quartett, Petersen Quartett,

Ferhan und Ferzan Önder,

Isabelle Faust und Andreas Melnikov,

Arabella Steinbacher,

Evgeni Koroliov, Paul Lewis, Attila Siirala,

Doris Schade, Walter Jens, Liz Verhoeven,

Moscow Art Trio, Blechschaden

und viele andere

Tickets:Kartenzentrale der Europäischen Wochen,

Schustergasse 21, 94032 Passau,Tel: 0851-75 20 20 und 516 89, Fax 0851-490 34 24

e-mail: [email protected]: www.ew-passau.de

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Inde|pen|dent [engl. : unabhängig]Independent Labels sind das Gegenteil der sogenannten Major Labels. In den Jahren der Klassik-Krise haben Independents sich durch ihre strenge Programmpolitik behauptet. In-zwischen sind sie einflussreicher als je zuvor und beleben mit ihren großen Katalogen die Vielfalt auf dem Klassikmarkt.

Unabhängig: Beispiel cpo

Spannung in der NischeIndependent Labels kämpfen meist mit kleinen Mitteln für eine große Sache: Die Vielfalt auf dem Klassik-Markt. Sie enga-gieren junge Künstler und arbeiten das fehlende Repertoire auf. Wie erfolgreich Independents sein können, erzählt Uwe Schneider am Beispiel von cpo. Er hat sich die Aufnahmen der letzten Monate ange-hört – und viel Spannendes gefunden.

VON U WE SCHNEIDERLängst schon haben die großen Labels ihre Quali-täts- und Programmhoheit auf dem Klassik-Markt verloren. Das digitale Zeitalter hat kleineren Produk-tionsfirmen vergleichbare technische Möglichkeiten beschert. Die Erfolgsgeschichte des Labels Naxos, das als einer der Vorreiter schon lange den Beigeschmack des Billiglabels abgelegt hat und im weltweiten Um-satz in führender Position steht, ist bekannt.

Während große Labels das immer gleiche Reper-toire mit ihren jeweils tagesaktuellen Traum-Stars auf den Markt werfen, haben sich aus Nischen, die

Iwird mit der Illusion von Wirklichkeit gespielt. Der Begrif f beschäftigt den Komponisten ➔ Wolfgang Rihm und den Philosophen Zlavoy Zizeck in ihren musiktheoretischen Schriften. Für Rihm darf die Oper nicht mehr illusionär sein, sondern dekonstruierend, weil wir längst begriffen haben, dass die Wahrheit im Schein liegt. Zizeck vergleicht sie mit der Kunst eines Zauberers, von dem das Publikum weiß, dass er nicht wirklich zaubern kann – aber gern der Illusion erliegt.

»Der Bildungskanon ist hier Realität.«

Uwe Schneider über Independent-Labels

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crescendo 02 2007 | 23 Klassik-Lexikon

DIE KLASSISCHE ENTSCHEIDUNG

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I, Jkleinere Labels einst besetzten, künstlerisch über-zeugende und wirtschaftlich tragende Konzepte ent-wickelt. Das bei Osnabrück beheimatete Klassik-Label cpo ist hier ein besonders prägnantes Beispiel.

Bei cpo stehen Werke und Komponistenreihen im Vordergrund, ist Entdeckerfreude und Neugier ein bestimmendes Merkmal des beständig wachsenden Kataloges. Einen Verzicht auf künstlerische Qualität bedeutet das keineswegs, denn fernab der Handvoll promoteten Starinterpreten der Großen, gibt es na-tional wie international eine beachtliche Zahl von Spezialisten und mutige Interpreten. In Eigenpro-duktion oder Kooperation (oft mit Rundfunkanstal-ten) hat cpo seit 1986 ein Programm entwickelt, das seinesgleichen sucht. Von der Renaissance bis zur Gegenwart reicht das Repertoire.

Neben gezielt geplanten Einzeltiteln pflegt man konsequent Editionen von Komponisten und Werk-reihen, entdeckt Vergessenes, pflegt Entlegenes. Der bildungsbürgerliche Kanon vergangener Jahrzehnte, er ist hier der Realität musikhistorischer Entwick-lungslinien gewichen. Wer beispielsweise wissen will, was Mozarts Zeitgenossen tatsächlich hörten, der wird bei cpo in großem Umfang fündig.

Neugier ist eine im öffentlichen deutschen Kul-turwesen (und -marketing) längst noch nicht aus-geschöpfte Größe. Immer nur Haydns, Mozarts und Beethovens Sinfonien? Hören Sie doch mal die neue CD mit Sinfonien von Paul Wranitzky, einst einer der bekanntesten Komponisten Wiens, unter Howard Griffith an – sie werden Ohren machen, was da um 1800 noch passierte!

Nicht selten, so ist zu vernehmen, stehen Partitur- studium und wissenschaftliche Sichtung des Mate-rials am Anfang einer Produktion. Die fundierten Beihefte zu den CDs sind vorbildlich in ihrer wis-

senschaftlichen Qualität und Lesbarkeit. Wo große Labels Fotostrecken ihrer Stars unterbringen, führen die cpo-Booklets in Werk und Werkgeschichte ein.

Auch das ist Firmenphilosophie: Für jedes Werk sucht man passende Interpreten, in den meisten Fällen geht das auf. Nur selten – wie im Falle der Lehàr-Edition oder der Klavierwerke Offenbachs – ist das stilistisch streitbar.

Anderes überrascht. Auch in der Qualität der künstlerischen Interpretation. So der Zyklus von Orchesterwerken Felix Weingartners mit dem Sin-fonieorchester Basel unter der mitreißenden Leitung Marko Letonjas oder die Werke des Richard Strauss Zeitgenossen von Reznicek. Zwei anspruchsvolle Sin-fonien des Brahms-Freundes Heinrich von Herzogen-berg erweckte jüngst Frank Beermann mit Kräften des NDR zu neuem, bedenkenswertem Leben.

Man muss nur stellvertretend die Neuveröffent-lichungen der letzten Monate überblicken, um zu sehen, was hier geleistet wird: Die Edition der spätro-mantisch-unzeitgemäßen Musik Siegfried Wagners etwa, die gerade mit seiner großen Oper „Rainulf und Adelasia“ einen interpretatorischen Höhepunkt feiern kann.

Daneben stehen sinnlich-komplexe geistliche Vokalwerke Samuel Scheidts in der plastischen Les-art von La capella Ducale und Musica Fiata unter Roland Wilson. Das Ensemble Epocca Barocca steu-ert eine spannende CD mit atemberaubend prägnant musizierten Trios und Sonaten von Johann Fried-rich Fasch bei. Die jeweils zweite Folge der vollstän-digen Violinkonzerte Telemanns (mit dem L’Orfeo Barockorchester und Elizabeth Wallfisch) und der Cembalokonzerte J. S. Bachs (mit dem Concerto Copenhagen und Lars Ulrik Mortensen), zeigen deut-lich welch aufregend neue Ansätze eine jüngere, be-

reits etablierte Ensemble-Generation an kanonische Komponisten heranträgt. Und die Gegenwart ist mit der expressiven, vor Ideen überbordenden Kammer-musik des Finnen Aulis Sallinen vertreten.

Also lieber das eifrig beworbene Mozart-Requiem des teutonischen Pultstars oder doch lieber die Ent-deckung der Cellokonzerte Carl Davidoffs? Letzteres lohnt sich hundertprozentig, ersteres… nun ja…

cpo: Unabhängigkeit auf CDEin Label wie cpo läuft zwar unter dem Schlagwort „independent“, aber es produ-ziert inzwischen mehr CDs als zahlreiche der sogenannten Major-Labels. Allein in den letzten Monaten sind bei cpo einige hochspannen-de CDs erschienen – viele von ihnen Teile dramatur-gisch angelegter Zyklen, in denen vergessene Werke ausgegraben wer-den. Unter anderem die Operntrouvaille „Rainulf und Adelasia“ von Sieg-fried Wagner, der Zyklus von Orchesterwerken Felix Weingartners mit dem Sinfonieorchester Basel, die Vokalwerke Samuel Scheidts unter Roland Wilson oder die Sinfonien Paul Wranitz-kys, einem der größten Wiener Komponisten.

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Debüt-CD von Nicole Cabell

Anfang einer neuen Opern-Ära?Der Gute vorweg: Lange ist die legendäre Platten-firma DECCA ein wenig orientierungslos vor sich hingeeiert, hat seine historische Größe, beson-ders im Bereich der Oper und des Gesanges aus den Augen verloren. Immerhin haben unter dem Namen der DECCA Stars wie Sir Georg Solti ihre besten Aufnahmen eingespielt. Aber die Briten haben im Spagat zwischen dem Insel-Crossover-Markt und dem der ernsthaften Klassik in Rest-Europa ein bisschen die Übersicht verloren. Nun scheinen sie allerdings zu beginnen, wieder an den Gesang zu glauben und bauen eine neue Ära auf. Eingeläutet wird sie mit dem Soloalbum der amerikanischen Sopranistin Nicole Cabell.

Und da liegt leider auch die Crux. Nicole Cabell hat eine schöne Stimme – mehr aber nicht. Sie singt die Hits der Opernliteratur: „La Bohéme“, „Roméo et Juliette“, „Gianni Schicchi“ und „Don Pasquale“. Und das könnte sich als Fehler herausstellen. Denn keine einzige dieser Interpretationen über-zeugt so sehr, dass sie den Hörer vom Sessel reißt. Cabell hat eine wohlgeschulte Stimme, zuweilen

eine angenehme, tiefe und samtene Grundierung ihres Soprans, die sie hier und da ausstellt, be-sonders in den Legato-Passagen wie bei „o mio babbino caro“.

Aber nach der letzten Sopran-Erfindung der Deutschen Grammophon, nach dem Medien-Hype um Anna N. aus St. P. wird nicht so recht deutlich, wohin die Reise der DECCA jetzt eigentlich ge-hen soll. Eine weitere hübsche Frau mit hübscher Stimme? Oder gar die Hoffnung auf ein neues Opernmärchen?

Aus dem Haus in London hört man, dass Cabell nicht die letzte Sängerverpflichtung ist, dass an-dere kurz bevor stehen. Und, ja, dass man dann auch mal wieder ins Studio gehen will, um neue Operngesamteinspielungen zu produzieren.

Die Richtung ist richtig. Und wenn man Nicole Cabell einmal live auf der Bühne gesehen hat, weiss man auch, dass in ihrer Stimme mehr zu

holen ist als auf dieser eher langweiligen CD.

Felix von Freuden

Nicole Cabell: „Soprano“ (DECCA)

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: DEC

CAHoffnung eines neuen Opernteams: Nicole Cabell

RezensionenAuswahl der besten CDs, DVDs und Bücher

1 Netrebko, Gergejew „Russian Album“ (Deutsche Grammophon)

2 Sting, Edin Karamazov Dowland: „Songs From The Labyrinth“ (Deutsche Grammophon)

3 Zubin Mehta, Wiener Philharm. „Neujahrskonzert 2007“ (Deutsche Grammophon)

4 Rolando Villazón „Gitano. Zarzuela Arias“ (Emi)

Mal keine Oper, aber deshalb nicht weniger Feuer. Vil-lazón in der spani-schen Operette.

5 Anna Netrebko, Rolando Villazón, Thomas Hampson. Verdi: „Violetta. Arien aus „ ,La Traviata‘ “ (DG)

6 Lang Lang/ Long Yu „Dragon Songs“ (Deutsche Grammophon)

7 Elina Garanca, Fabio Luisi „Aria Cantilena“ (DG)

8 Netrebo, Villazón, Domingo „Waldbühnen Konzert“ (DG)

9 Yo-Yo Ma: „Appassionata“ (Sony BMG)

10 Janine Jansen: Bruch: „Romanze u.a.“ (DECCA)

An der Seite von Riccardo Chailly in die Top-10 gegeigt. Gratulation.

11 Anna Netrebko, Claudio Abbado, Mahler Chamber Orchestra „Sempre Libera“ (Deutsche Grammophon)

12 Lang Lang „Memory“ (Deutsche Grammophon)

13 Albrecht Mayer Händel: „New Seasons. Für Orchester“ (Deutsche Grammophon)

14 Rolando Villazón, Anna Netrebko

Donizetti: „Liebestrank“ (EMI)

Das Traumpaar zum Sehen auf DVD.

15 Martin Stadtfeld Mozart: „Klavierkonzerte“ (Sony BMG)

Klassik-Charts:

Die Klassik-Charts wurden ermittelt durch Mediacontrol im Auftrag des Bundesverbandes der phonographischen Wirt-schaft e.V.

Die Bestseller Die Besten

1 Mikhail Pletnev Beethoven: „Klavierkonzerte 1&3“ (DG)

2 Meysel, Pulver Offenbach: „Orpheus in der Unterwelt“ (arthaus)

Retro wie es kann: Ope-rette mit den größten Deut-schen Stars.

3 Alan Curtis, Lawrence Zazzo Händel: „Fernando“ (Virgin)

4 Christian Zacharias Schubert: „Piano Works“ (MDG)

5 Sting, Edin Karamazov Dowland: „Songs from the Labyrinth“ (Deutsche Grammophon)

6 Minutillo, Trekel Wagner: „Rainulf und Adelasia“ (cpo)

Eine Echte Trou-vaille. Oper von Wagner-Sohn Siegfried. Er-staunlich schön.

7 Andreas Scholl Händel: „El duello armoroso“ (harmonia mundi)

8 Daniel Barenboim Mahler: „Sinfonien 7&9“ (Warner)

9 Quasthoff/Brönner „Jazz Album“ (Deutsche Grammophon)

10 Stefan Vladar Mozart: „Piano Concer- tos“ (harmonia mundi)

11 Arcardi Volodos Liszt: „Recital“ (SonyBMG)

Virtuosität? Hier ist sie zu hören – geboren aus der tiefen russi-schen Schule.

12 Café Banlieu „Tango à trois“ (Farao)

13 Vivica Genaux „Arien“ (EMI)

14 Rolando Villazón „Gitano. Zarzuela Arias“ (Virgin)

15 Jan Vogler „My Tunes“ (Sony BMG)

Die crescendo Klassik-Charts werden in der Redaktion ermit-telt. Zu Grunde liegen Einspie-lungen der letzten Monate.

rezension 24 | crescendo 02 2007

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crescendo 02 2007 | 25 rezension

Zacharias mit Schuberts Klavierwerken

Ernst und ernst zu nehmenBemerkenswert klug. Schuberts große A-Dur Sonate D. 959 gehört zu den besonderen Herausforderungen der Klavierliteratur. Die Schwierigkeit besteht darin, der epischen Länge beizukommen und zugleich ein breites Spektrum von Form- und Ausdrucksmomenten zu integrieren. Christian Zacharias, der über-raschende „Artist of the Year“ der midem classical awards, begegnet dem mit einer bemerkenswerten Palette an Phrasierungs- und Anschlagsvariabilität. Geradezu klassizistisch wirkt das im Detail, nie übertrieben im Ansatz, immer wieder in die Sangbarkeit der melodischen Linie zurückgeholt. Das erinnert an Rudolf Serkins Einspielungen die jegliche Showeffekte vermeiden und sich

dennoch ganz dem Ausdruck widmen. Doch weicher bleibt das Klangbild bei Zacharias, das Pedal tut seinen Dienst. Lediglich das dynamische Spektrum wünscht man sich mehr ausgekostet. Uwe Schneider

Schubert: „Piano Works“, Zacharias (MDG)

Zinmans neuer Mahler-Zyklus

Ordentlich und klar, aber ist das schon alles?Kontrollierte Details. Über eine Million Mal haben sich die Beethoven-Sin-fonien mit dem Tonhalle Orchester Zürich unter David Zinman verkauft. Nun beginnt beim Label RCA ein Zyklus aller Mahler-Sinfonien. Sauber, ordentlich und solide ist die 1. Sinfonie samt dem seltener zu hörendem Blumine-Satz geworden. Zinmans Hauptmerk liegt auf den vielfältigen Farbgebungen und Schattierungen der Instrumentation, der Schilderung der Naturbilder. Das ist im Detail immer wieder gelungen und von den Zürichern mit internationaler Klasse gespielt. Was jedoch auch deutlicher wird, ist das Fehlen eines zusam-menhaltenden Gestus’, einer Binnenstruktur die Innenspannungen schichtet, einer Zuspitzung, die die Einzelteile zum Ganzen fügt. Bäuerliche Derbheit

und gebrochener Trauermarsch bleiben ebenso kon-trolliert, wie die „große Wildheit“ des Finalsatzes. Angesichts der großen Konkurrenz ist das dann doch etwas wenig. Uwe Schneider

Mahler: „Symphony No.1“, Zinman (RCA)

Leipziger Streichquartett: Beethoven

Sinnlich durchdrungen, emotional: grandios!Im Dienst des Ausdruckes. Das Leipziger Streichquartett ist eines der renommiertesten deutschen Quartette. Seit über 15 Jahren gibt es die Forma-tion aus ehemaligen Gewandhausmusikern, bei denen Beethoven im Zentrum steht. Der gefeierte Aufnahmezyklus bei MDG zeugt davon. Mit dem op.130 und der entstehungsgeschichtlich eng verquickten „Großen Fuge“ liegt nun ein erstes Resümee dieses Projektes vor. Es zeigt die Homogenität des Zu-sammenspiels, die Unerschütterlichkeit der Tongebung, die Variabilität der Spielarten, das Bewusstsein für Struktur und Form, die wirkungsästhetisch überzeugende Synthese von intellektueller Durchdringung und sinnlicher Ver-

mittlung. Der klangliche Effekt ist bei den Leipzigern kein Selbstzweck, sondern steht ganz im Dienst des Ausdrucks. Grandios! Uwe Schneider

Beethoven: „String Quartets“, Leipziger Streichq. (MDG).

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rezension 26 | crescendo 02 2007

Stefan Vladars Kontraste

Mozart im Jahr danachBeredsam und mitteilungsbedürftig. Wer denkt, das Mozartjahr 2006 hätte alles gesagt, irrt. Stefan Vladar und die bestens präparierte Camerata Salzburg erzählen nun sprudelnd, über-schäumend, ruppig, Pointen setzend, plappernd und im rechten Moment auch innehaltend, davon, dass die Interpretationsgeschichte kein Ende hat und haben sollte. Mozart als Komponist der Kontraste, das mag zwar keine neue Erkenntnis sein, wie Vladar das aber umsetzt, beeindruckt. Ihm gelingt in den beiden populären Klavierkonzerten C-Dur KV 467 und c-Moll KV 491 jener Ausdruck einer selbstver-ständlichen Leichtigkeit in den virtuosesten Pas-sagen, die so natürlich wirkt, dass man über sie gar nicht erst nachdenkt. Das Pulsierende der Be-gleitung, die sich aufschwingenden Melodielinien, die warm gezeichneten Harmonien, sie verführen zur Auseinandersetzung beim Hören. Wenig war im Mozart-Jahr so beredsam, so mitteilungsbe-dürftig wie diese aus der Masse so erfreulich he-

rausstechende Einspielung.Uwe Schneider

Mozart: „Piano Concertos“, Vladar (harmonia mundi)

Van Deldens String Quartets

Surreale KlangmalereiVerwirrende Ordnung. Die Kompositionen des holländischen Komponisten Lex van Delden hören sich erst einmal wirr und unruhig an. Sie erregen das Gemüt und verbreiten Unbehaglichkeit – eine innere Leere. Die Stimmung der Nachkriegs- und Umbruchszeit, in der die Kompositionen entstan-den sind. Aber alle hier aufgenommenen Stü-cke teilen sich auch die federnde Vitalität und großzügige Geisteshaltung, die Lex van Deldens Persönlichkeit kennzeichnen — sie wurde zum großen Teil durch seine traumatischen Erfahrun-gen als Jude im Zweiten Weltkrieg geformt. Nach klanglichen Experimenten sucht man vergebens. Van Delden versucht lediglich, neue Klänge auf Grundlage bekannter Harmonien zu schaffen. Das Booklet zeigt Gemälde von Carell Willink, der im Stil Dalís malt. Die Bilder strahlen aus, was in der Musik zu hören ist: Leere, Unmut, Schlichtheit, apokalyptische Prophezeiung und bedrohliche Entfremdung. Das Utrecht String Quartet spielt mit tragischer Größe. Ein klingender Zeitzeugen-

bericht. Anna Drechsler

Lex van Delden: „Complete String Quartets“, Utrecht String Quartet (MDG)

Focus: 400 Jahre Oper

Revue mit Hopps und FloppsOhne Gegenwart. Das Vorhaben ist so spannend wie aussichtslos: Eine audivisuelle Dokumentation der 400 Opernjahre – von Monteverdi bis heute. Das haben sich der „Focus“ und „Universal“ vor-genommen. Herausgekommen ist eine Edition mit Hopps und Flopps. Auf den vier Doppel-CDs präsentiert die Plattenfirma Highlights aus ihrem Archiv neben Ausschnitten aktueller Einspielun-gen, etwa dem Debütalbum von Nicole Cabell, die neben Montserrat Caballé, Renée Fleming, Fritz Wunderlich und anderen Legenden eher ein-sam dasteht. Die Schuber sind unter den Titeln „Französische Oper“, „Italienische Meisterwer-ke“, „Romantische Oper“ und „Wiener Klassik“ sortiert. In der Gegenwart kommen sie nicht an. Auch nicht in der DVD-Serie, in der „Carmen“ mit Agnes Baltsa (nicht Julia Migenis) und „Traviata“

mit Frank Lopardo (nicht Domingo) zu sehen ist.

Axel Brüggemann

Focus Edition: „400 Jahre Oper“ (Universal)

Katrin Scholz‘ Brahms

Introvertiert ohne es zu wollenPenible Atmosphäre. Brahms Violinkonzert endet mit einem feurigen, hungaresken Finalrondo, das-jenige von Sibelius bietet geradezu rhapsodische Kadenzen und glutvolle Passagen. So mag man meinen. Katrin Scholz`s nun vorgelegte Interpre-tationen der beiden Konzerte sehen das etwas anders. Hier herrscht eine fast schon zaghafte Kontrolle über Ausdruck und Ausbruch vor. Sie sind ein gutes Beispiel dafür, dass technisches Können und strukturelles Verständnis noch keine aufregen-de Lesart garantieren. Etwas schläfrig kommen die beiden Werke daher, was auch an der zwar formenden doch behäbigen Leitung von Michael Sanderling liegt. Katrin Scholz´s Ton ist im Charak-ter introvertiert, vermutlich ohne das zu wollen. Es ist keine selbstbewusste, explosive Romantik, die hier erklingt, sondern eine etwas verkopfte, penible

Atmosphärenmalerei. Uwe Schneider

Brahms/Sibelius: „ Violinkon-zerte“, Katrin Scholz (Berlin Classics)

Arnold SchönbergMoses und AronLive aus der Staatsoper Wien 2006Mit Franz Grundheberund Thomas MoserKat.Nr. 101 259

Opera Highlights Vol. IThe Best of

Italian Opera mit Marilyn Horne,

Eva Marton,Joan Sutherland,Roberto Alagna,

Angela Gheorghiu u.v.a.Kat.Nr. 102 047

Three by DV8 Physical TheatreKat.Nr. 102 093

Mariss Jansons in RehearsalBéla Bartók: Suite fromthe Miraculous MandarinKat.Nr. 100 318

Gioacchino Rossini La Gazza Ladra

Eine Michael HampeInszenierung mit

Ileana Cotrubas undDavid Kuebler

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crescendo 02 2007 | 27 rezension

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Preisträger 2004: Peter Ruzicka

Preisträger 2007:

Andreas Scholl: Händel

Weg zur UnsterblichkeitWucht und Pathos. Händel war Anfang 20, als er in Italien die musikalischen Stile und Moden seiner Zeit in sich aufsog. Eine Fülle von Werken, darunter virtuose Kammerkantaten, sind in jenen Jahren nach 1706 entstanden. Vier davon hat nun Andreas Scholl, die deutsche Autorität unter den Countertenören, mit der wieder einmal springle-bendig und kammermusikalisch luftig aufspielen-den Accademia Bizantina unter Ottavio Dantone eingespielt. Mit seinem geschmeidig geführtem Material, dem androgynen Timbre gestaltet Scholl nicht nur die verhaltenen Kantilenen und die virtu-os überbordenden Gesangslinien, er widmet sich auch einer inhaltlichen Ausgestaltung der kleinen Szenen pastoraler Lyrik. Wandelte Scholl in einem seiner letzten Projekte noch auf den Spuren des großen Kastraten Senesino, so singt er sich von CD zu CD selbst in die Galerie der musikgeschicht-

lich unverzichtbaren Inter-preten.

Uwe Schneider

Händel: „Il duello amoroso“, Scholl (harmonia mundi)

Drei neue Cello CDs

Evolution eines KlangkörpersIm Orchester hatte das Cello keinen Anspruch auf ein eigenes Notensystem, wurde unbeachtet als Generalbassinstrument mit den Kontrabässen als „bassi“ notiert. Erst die Suiten von Johann Sebas-tian Bach waren der Beginn der Sololiteratur, und seit Beethoven kann sich das Instrument auch im Kontext des Orchesters beweisen. Im 20. Jahr-hundert diente es dem experimentellen Bereich. Das Cello hat sich emanzipiert – ein Selbstbe-wusstsein der aktuellen Renaissance.

Die Alben der Cellisten Jan Vogler, Gavriel Lipkind und Claudio Bohórquez ordnen sich in die Entwicklungsgeschichte ein. Jan Vogler spielt auf „My Tunes“ gemeinsam mit den Dresdner Kapell-solisten unter Helmut Branny, ein „Best of“. Stücke, die ihn seit seiner Kindheit begleiten. Voglers Melodien schreiben Reisebilder, vertonen Eindrü-cke des Weges von St. Petersburg nach New York. Die Lieder und Melodien stammen hauptsächlich von Komponisten der Emigranten-Generation, die in den Kriegswirren des 20. Jahrhunderts von Russland über Europa nach Amerika vertrieben wurden. Der dezente Klang des Instrumentes und der introvertierte Stil verleihen ihm vornehme Ele-ganz, ohne dabei romantisierend zu wirken.

Gavriel Lipkinds Album „Johann Sebastian Bach – 6 Suites“ besticht durch ein elegant ge-arbeitetes Cover aus Leder in raffinierter Klapp-technik. Von den Suiten gibt es keinen Autogra-phen und keine Handschrift. Es existiert nur eine Abschrift des Notentextes ohne den Vermerk

von Bindebögen oder Betonungszeichen. Lipkind entschied sich für den einfühlsamen Stil. Er spielt nicht rein vibratolos, sondern lässt Tonhöhen-schwankungen in leichten Schwingungen ange-deutet. Er spielt in einer hohen Tempoauslegung und mit schwebendem Klang.

Als experimentierfreudig erweist sich Claudio Bohórquez. Seine Aufmerksamkeit gilt zeitgenös-sischen Komponisten. Unter anderem experimen-tiert er in Happenings mit Verbindungen aus Musik und Bildender Kunst. Bohórquez öffnet sich auf „The Vision“, einem zweimal im Jahr erscheinen-den Album für Nachwuchskünstler, veröffentlicht von der Kronberg Academy, erstmalig der elektro-nischen Musikwelt. Er experimentiert mit Raum, Zeit und Klang und versucht sie in einen neuen

Kontext zu setzen und die Perspektive der Komponis-ten Hayden Chrisholms und Markus Schmicklers auszu-leuchten. Die Frage nach Ton und Umfang zeigt in der Spielpraxis Schwierig-keiten, die ein hohes Maß an instrumentaler Präzision erfordert. Anna Drechsler

Jan Vogler: „My Tunes”, Dresdner Kapellsolisten (Sony Classical); J. S. Bach: „6 Suites“, Gavriel Lipkind (edel classics); Claudio Bohórquez: „The Vision” (Kronberg Academy)

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Schneller als der Fotograf: Jan Vogler

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rezension 28 | crescendo 02 2007

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Martha Argerich im Konzert

Mutter-Musiklädt zum SpielUnter Freunden. Konzerte werden viele gegeben – und meistens sind sie für die Besucher einmalige Erlebnisse. Aber nicht jedes Konzert muss gleich dokumentiert werden. Im Fall von Martha Argerich ist das anders. Die Auftritte bei ihrem Klavierfes-tival sind von einer einzigartigen Stimmung be-gleitet – von der Lust einer Handvoll Freunde, Mu-sik zu machen. Und von dieser Stimmung erzählt auch die neue DVD. Die Mutter-Musik hat Renaud und Gautier Capuçon eingeladen, mit ihr zu spie-len. Gemeinsam mit dem Dirigenten Alexander Rabinovitch-Barakovsky stehen Prokofjews 1. Sin-fonie, sein Klavierkonzert und Schumann-Sonaten auf dem Programm. Und es ist erstaunlich, wie en passant die große Musik im Kreise von Freun-den klingen kann, wie unaufgeregt und dennoch

intensiv. Argerich und ihre Freunde schaffen, worum es bei Konzerten geht: eine intime Atmosphäre.

Axel Brüggemann

„A Piano Evening with Martha Argerich“ (TDK)

Minkowskis Offenbach

Renaissance made in FranceKraft und Raffinesse. Natürlich ist Offenbach anders! Zumal wenn sich Mark Minkowski mit seinen Musiciens du Louvre dem „Mozart der Champs-Elysées“ widmet. Offenbachs Bissigkeit, sein bewusstes Spiel mit Publikum und Interpre-ten, seine fordernde Geste zur Grenzüberschrei-tung, all das gehört zu seinem musikalischen In-ventar – in den zumeist unsäglichen deutschen Bearbeitungen ist davon nur noch der Ruf übrig.

Offenbach ist auch anders, weil er nicht nur der Schöpfer grandioser Bühnenwerke ist, sondern auch ein beachtenswertes Œuvre an Kammer- und Orchestermusik hinterlassen hat. Darunter das nun rekonstruierte und mit Erfolg in ganz Europa wieder aufgeführte 45-minütige Cellokonzert mit dem charakterisierenden Beina-men „militaire“. Ein meisterhaftes Stück, voller Kraft und Raffinesse.

Minkowski und der enthusiastisch-virtuose Jérôme Pernoo am Cello erwecken es als Stück explosiver Musizierfreude, als Ausdruck der Präg-nanz von Melodie und Rhythmus zu neuem Leben. Hier erklingen die modernen Aspekte der Romantik um 1850, die auf Berlioz’ Klangwelten verweisen, auf Saint-Saëns’ große Solokonzerte, auf Liszt Narrativik und strukturell und harmonisch Mah-lers Sinfonik erahnen lassen. Das ist Offenbach,

wie er derzeit in Frankreich wieder entdeckt wird. Uwe Schneider

Offenbach: „Romantique“, Minkowski, Pernoo (Archiv)

Curtis‘ „Floridante“

Händels Barock-ReißerHändel rasant. Unbeirrt von so mancher Stimme, die Alan Curtis einen etwas trockenen, ja anämi-schen Barock-Stil bescheinigt, hat er sich zusam-men mit seinem virtuosen Originalklangensemble „Il Complesso Barocco“ zum Spezialisten für Hän-del-Raritäten gemausert.

Mit einer eigenen Fassung von „Floridante“ (1721), einer jener vergessenen soap operas um „Sex, Gewalt, Gier, Inzest, Eifersucht und Verrat“ (Donna Leon), die nicht nur das 18. Jahrhundert so liebte, hält Curtis mit rasanten Tempi und kräfti-gen Dynamikakzenten dagegen.

Freilich trägt vor allem ein exquisites Sänger-ensemble in Bravourarien, dramatischen Szenen und betörenden Andantewelten durch die musi-kalisch ausgeklügelte Affektdramaturgie. In den agilen Kehlen von Marjana Mijanovic, Joyce Di-Donato und Roberta Invernizzi wird jede Nummer zur ausdrucksreichen Referenzinterpretation.

Vito Priante, Sharon Rostorf-Zamir und Riccar-do Novaro sind auf Augenhöhe. Ein musikalischer Reißer für Stimmfetischisten, Barockfans und Entdecker, spannend bis in die Rezitative hinein. Qualitativ steht „Floridante“ hinter bekannteren Händel-Opern keineswegs zurück. Und auch die Interpretation reiht sich in die erfolgreichen Ein-spielungen der Händel-Renaissance unbedingt ein,

das ist auch ein Verdienst von Alan Curtis.

Uwe Schneider

Händel: „Floridante“, Curtis (Archiv)

Pappano mit Tschaikowsky

Mit Mut zum großen PathosEmpfindsame Romantik. Es ist merkwürdig, dass der Dirigent Antonio Pappano in Deutschland noch immer nicht richtig angekommen ist. Dabei hat er bei der EMI bereits wegweisende Dinge dirigiert – etwa den „Tristan“ mit Domingo. Nun stellt er sich mit Tschaikowskys Ouvertüren und Phantasien vor. Pappano dirigiert das Orchestra dell‘Accademia di Santa Cecilia mit Verve, hem-mungsloser Lust und russischer Empfindung. Er hat keine Angst vor dem Pathos, dreht auf, wo es

laut sein muss und sticht ins Herz, wo es weh tut.

Felix von Freuden

Tschaikowsky: „Overtures& Fantasies“, Pappano (EMI)

Tzimon Barto: Ravel

Impressionen der KlugheitScharfsinnig. Bereits in seinem Artikel für die-ses crescendo (Seite 21) wird klar, dass Tzimon Barto ein Pianist ist, der über den Tellerrand schaut. Er liest Griechisch, um nicht einzurosten, Schreibt Gedichte und Bücher. Musik ist für ihn kein Elfenbeinturm. Und das ist auch seiner neu-en Aufnahme mit Ravels „Gaspard de la nuit“, „Mirors“ und „Jeux d‘eau“ anzuhören. Eine Wan-derung zwischen Schein und Sein, Wirklichkeit und Wahrhaftigkeit. So muss Impressionismus

klingen. Nicht gedanken-verloren, sondern scharf-sinnig. Moritz Meinken

Ravel: „Miroirs u.a.“, Tzimon Barto (Ondine)

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crescendo 02 2007 | 29 rezension

Inge Meysel in der Operette

So lässig warendie 60er JahreGute alte Zeit. Eine der schönsten DVD-Edi- tionen ist gerade bei „arthaus“ erschienen. Eine Serie mit Opern- und Operettenaufnahmen der Hamburgischen Staatsoper aus den 60er und 70er Jahren. Darunter die Märchenoper „Globolinks“ von Menotti, „Wozzek“ mit Hans Sotin und Kurt Moll, und – als Highlight und Muss im DVD-Regal – „Orpheus in der Unterwelt“ mit Starbesetzung: Liselotte Pulver, Kurt Marschner, Theo Lingen, Urszula Koszut, Cvetka Ahlin, Franz Grundheber und einer herrlichen Inge Meysel als Öffentliche

Meinung. Die Serie er-scheint im Einheitslook mit 70er Jahre Tapeten-Hinter-grund. Aber miefig ist da nichts. Axel Brüggemann

Offenbach: „Orpheus in der Unterwelt“ (arthaus)

Thibaudet in der Oper

Ohne Worte – am KlavierOper für 20 Finger. Franz Liszt hat das Genre der Opernadaptionen für Klavier perfektioniert – seit-her gibt es zahlreiche Variationen, in denen Pianis-ten das Klavier zum „singen“ bringen wollen. Der Vorteil: Die ganze Partitur liegt in zwei Händen – inklusive der Stimmen. Jean-Yves Thibaudet ge-lingt das in seinem Recital „Aria – Opera without Words“ sehr eindrucksvoll. Er spielt sich durch Bellini, Gluck, Puccini, Saint-Saëns und Wagner – einige Arrangements hat er selbst bearbeitet. Was diese Aufnahme hörenswert macht, ist, dass sie eben keine Oper für Klavier ist, sondern jeder Arie zum individuellen Musiktheater-Kom-

mentar des Pianisten wird. Hübsch. Axel Brüggemann

Jean-Yves Thibaudet: „Aria – Opera without Words“ (DECCA)

Konzert des MonatsDie Klavierspielerin Hélène Grimaud

Gerade hat sie eine Beethoven-CD eingespielt, die bei der Deutschen Grammophon im Spätsommer erscheinen wird. Warner bringt ihre früheren Erfolge noch einmal heraus, und live ist sie in Deutschland nun auch zu sehen. Hélène Grimaud präsentiert sich und ihr Repertoire vom 13. bis 15. April im Fest-spielhaus Baden-Baden. Dort tritt sie gemeinsam mit Thomas Quasthoff auf, gibt ein Konzert-Recital und an einem Abend haben die Veranstalter ihr eine „cart blanche“ gegeben – dann darf sie spielen, wozu sie Lust hat. Wir haben die Französin gefragt, was Musik für sie bedeutet.

1. Die Musik: Frau Grimaud – was bedeutet Ihnen das Musizieren?

Musik ist eine Welt, in der alles möglich ist. Wenn man sich in Musik auflöst, können sogar die Körper fliegen..

2. Die Sprache: Ist Musik eine eigene Sprache?

Wenn Sie sich zum Beispiel die Kompositionen von Clara und Robert Schumann anhören, stellen Sie schnell fest, dass die beiden sich in ihrer Musik viel mehr gesagt haben als in allen Worten. Das sind klingende Liebeserklärungen.

3. Die Form: Es gibt Klavierspielerinnen, die gern improvisieren. Sie auch?

Um ehrlich zu sein – ich bewundere das und ich kann das glaube ich auch. Aber wenn ich mich wirklich entspannen will, dann komme ich nach Hause und lege mir Noten auf den Flügel. Die Konzentration, eine fertige Komposition zu spielen ist für mich die größte Form der Entspannung.

4. Die Intuition Wie verhält es sich bei Ihnen mit der Freiheit und der Form?

Gute Kompositionen folgen immer einer Form – man darf sie nicht zerstören. Und gute Formen erlauben dem Künstler ein Maximum an Freiheit.

5. Das Projekt Sie haben Beethoven aufgenommen – was bedeutet er Ihnen?

Ein Genie, das seine Zeit verstehen wollte und eine musikalische Philosophie ge-funden hat, um sie zu ordnen.

Cello Octet Conjunto Ibérico

Cooler Geist, lodernde KörperTango at its best. Um den guten Ruf braucht sich das Cello Octet Conjunto Ibérico nicht zu sorgen. Als es 1989 gegründet wurde, unterstütze Mstislav Rostropovich die acht Musiker. Zu ihren größten Fans gehört der Cellist Yo-Yo Ma. Der sagte ein-mal über den Gründer: „Elias Arizcuren ist ein Vi-sionär, der mit seinem Ensemble etwas ganz und gar Einmaliges geschaffen hat.“ Und das ist auf der inzwischen 13. CD der Gruppe wieder einmal zu hören. „Pasión Argentina“ präsentiert die Sängerin Elena Gragera – heißblütig, melancholisch und voller Lust am puren Leben. Musik, die Geist ist und brennender Körper. Was will man mehr von

einem Album mit Tango-Musik? Moritz Meinken

Cello Octet Conjunto Ibérico: „Pasión Argentina“ (Challenge Classics)

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Klassik-Lexikon 30 | crescendo 02 2007

Kon|zert [lat. concertare: wetteifern, conse-rere: zusammenfügen; ital. : concerto]Der Begriff trat erstmals im 16. Jahrhundert auf. Mit ihm war die vokale oder instrumen-tale Ensemblemusik gemeint. Das Konzert im heutigen Sinne entstand mit Beginn des bür-gerlichen Musiklebens. Zuvor war die öffent-liche Musikdarbietung meist an religiöse oder höfische Ereignisse gebunden; der ➔ Liturgie, einer Zeremonie oder eines Banketts.

Die 5 besten Konzert-CDsEs gibt Millionen Konzertaufnahmen.crescendo stellt Ihnen die fünf CDs vor, die auf keinen Fall in Ihrer Plattensammlung fehlen dürfen.

1Wilhelm Furtwängler: Beethovens 9. Sinfonie (DG)Meister der Effekte – hochemotio-nal und endlos klug. Furtwängler dirigiert ein All-Star-Ensemble mit Elisabeth Schwarzkopf.

2 Leonard Bernstein: Mahlers 6. Sinfonie (DG)Bernstein ist der Erfinder der Mahler-Renaissance. Der Frei-geist hat das Chaos in den Noten emotional geordnet – eine ein-drucksvolle Klangwelt.

3 Claudio Abbado: Verdi Requiem (EMI) Der erkrankte Dirigent scheint sein eigenes Requiem zu diri-gieren. Kraftvoll, himmlisch, lebenswütig.

4 Gould: Beethoven Konzert Nr. 5 (Sony)Nicht nur ein Meister bei Bach. Gemeinsam mit Leonard Bern-stein sind hier zwei Exzentriker am Werk, die den Hörer aus dem Sessel reißen.

5 Harnoncourt: Mo-zart Requeim (Warner)Provokant und genialisch. Alter neuer Klang.

K, LLi|tur|gie [griech. leiturgia: öffentl. Dienst]In der katholischen Kirche gilt die Liturgie seit dem 16. Jahrhundert als Messe, im 19. Jahr-hundert wurde der Begriff auf die Gesamtheit des kirchenrechtlich geordneten Gottesdiens-tes ausgeweitet.

Der Geist der LiturgieIn seinem Aufsatz-Bändchen „Der Geist der Liturgie“ (Herder) hat sich Papst Be-nedikt XVI., damals noch als Kardinal, ausführlich mit der Liturgie und speziell mit der Rolle der Kirchenmusik innerhalb des Gottesdienstes auseinandergesetzt. Einsichten in die Wirkung von Musik und ihre spirituellen Möglichkeiten. Wir dru-cken die wichtigsten Zitate dieses verblüf-fenden Essays, der sich auch um die Frage von Pop und Klassik dreht.

VON BENEDIKT X VI.Das zweite Kapitel widmet Benedikt dem Thema „Musik und Liturgie“ und kommt schnell auf die Rolle der klassischen Musik innerhalb des Gottesdienstes. Dabei wägt er das Sakrale gegen das Opernhafte ab:

„Ob wir Bach oder Mozart in der Kirche hören – beide Male spüren wir auf wunderbare Weise, was Gloria Dei – Herrlichkeit Gottes – heißt: Das Myste-rium der unendlichen Schönheit ist da und lässt uns Gottes Gegenwart lebendiger und wahrer erfahren, als es durch viele Predigten geschehen könnte.

Aber schon melden sich Gefahren an: Noch ist das Subjektive und seine Leidenschaft gebändigt durch die Ordnung des musikalischen Kosmos, in der sich die Ordnung der göttlichen Schöpfung selber spiegelt. Aber schon droht der Einbruch des Virtuosentums, die Eitelkeit des Könnens, die nicht mehr dienend im Ganzen steht, sondern sich selber in den Vorder-grund rücken will. Das hat im 19. Jahrhundert, dem Jahrhundert der sich emanzipierenden Subjektivität, vielerorts zum Überwuchern des Sakralen durch das Opernhafte geführt und jene Gefahren neu präsent gemacht, die seinerzeit das Konzil von Trient zum Eingreifen gezwungen hatten.

In ähnlicher Weise hat nun Pius X. das Opernhafte aus der Liturgie zu entfernen gesucht, den Gregori-

anischen Choral und die große Polyphonie der Zeit der katholischen Erneuerung (mit Palestrina als he-rausragender Symbolfigur) zum Maßstab liturgischer Musik erklärt, die klar von allgemein religiöser Musik zu unterscheiden ist, ähnlich wie Bildende Kunst in der Liturgie anderen Maßstäben zu gehorchen hat als allgemeine religiöse Kunst. Kunst in der Liturgie steht in einer ganz spezifischen Verantwortung und ist gerade so immer wieder Ursprung von Kultur, die sich letztlich dem Kult verdankt.“Die Verantwortung der Kunst richtet sich nach Benedikt immer an der Zeit aus, in der sie in Erscheinung tritt. Im folgenden Abschnitt geht es ihm um die Frage nach den christlichen Aspekten der Musik und dem Anspruch auf Universalität des Glau-bens. Und darum, was den Pop von der Klassik unterscheidet:

„Heute stehen wir nach der Kulturrevolution der letzten Jahrzehnte vor einer Herausforderung, die gewiss nicht geringer ist als die der drei Krisenzeiten, denen wir eben bei unserer geschichtlichen Skizze begegnet sind: die gnostische Versuchung, die Krise des endenden Mittelalters und der beginnenden Neuzeit, die Krise zu Beginn unseres Jahrhunderts, die den Auftakt zu den noch radikaler gewordenen Fragen der Gegenwart bildete.

Drei Entwicklungen der jüngeren Zeit bezeich-nen die Problematik, der sich die Kirche in der Frage liturgischer Musik stellen muss. Da ist zunächst die kulturelle Universalisierung, die von der Kirche zu leisten ist, wenn sie die Grenzen des europäischen Geistes definitiv übersteigen will, also die Frage, wie Inkulturation im Bereich der musica sacra aussehen muss, damit einerseits die Identität des Christlichen bestehen bleibt und andererseits seine Universalität zur Entfaltung kommt. Da sind dann zwei Entwick-lungen in der Musik selbst, die zunächst im Westen ihren Ursprung haben, aber in der sich bildenden Weltkultur längst die ganze Menschheit betreffen.

Die sogenannte moderne E-Musik („Klassik“) hat sich inzwischen – von Ausnahmen abgesehen – weithin in ein elitäres Ghetto hineinmanövriert, in das nur Spezialisten eintreten mögen und auch sie vielleicht manchmal mit gemischten Gefühlen. Die Musik der Massen hat sich davon gelöst und geht einen ganz anderen Weg. Da ist zum einen die Pop-musik, die freilich nicht mehr vom „Volk“ (Pop) im alten Sinn getragen, sondern dem Phänomen der Masse zugeordnet ist, industriell hergestellt wird und letztlich als ein Kult des Banalen bezeichnet werden muss. „Rock“ ist demgegenüber Ausdruck elemen- Fo

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crescendo 02 2007 | 31 Klassik-Lexikon

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»Bei Bach und Mozart spüren wir die Herrlichkeit Gottes.«

Benedikt XVI. über die Liturgie

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Klassik-Lexikon 32 | crescendo 02 2007

tarer Leidenschaften, die in den Rockfestivals kulti-schen Charakter angenommen haben, den Charakter eines Gegenkultes zum christlichen Kult allerdings, der den Menschen im Erlebnis der Masse und der Erschütterung durch Rhythmus, Lärm und Licht- effekte sozusagen von sich selbst befreit, in der Ekstase des Zerreißens seiner Grenzen den Teilhaber aber sozusagen in der Urgewalt des Alls versinken lässt. Die Musik der nüchternen Trunkenheit des Heiligen Geistes scheint da wenig Chancen zu haben, wo das Ich zum Kerker, der Geist zur Fessel geworden ist und das Ausbrechen aus beidem als die wahre Verheißung der Erlösung erscheint, die wenigstens für Augen- blicke verkostet werden kann.“

Inzwischen wird sie, obwohl sie sich nie dem Crossover hingegeben hat, also keinen „Verrat“ an der Oper beging, und sich noch immer gern als ernst-hafte Sängerin präsentiert, in den Kulturteilen der Zeitungen zunehmend fallengelassen: Ihre Stimme sei zu „perfekt“, das „Menschliche“ würde ihr abge-hen, sie habe keine „Ecken und Kanten.“ Und wenn sie der „Stern“ dann doch mal befragt, will er von ihr nichts über die Klassik wissen, über Rolleninterpre-tationen oder künstlerische Visionen, sondern fragt, ob sie ein Popstar sei, und wie es ihren Depressionen ginge.

Nun hat Anna Netrebko ein neues Album auf-genommen. Gemeinsam mit Rolando Villazón. Im Booklet zu „Duetto“ sind die beiden vor einem Schloss zu sehen – Händchen haltend und küssend. Ein Ambiente wie aus der „Wüstenrot“-Werbung. Villazón ist anders als Netrebko: Er ist ein Herzblut- tenor, einer der bis an die Grenzen singt, sie manchmal überschreitet, aber nie ohne Leidenschaft bleibt.

Anna Netrebko wird es schwer haben, wenn sie sich keine Zeit nimmt, nachzudenken, sich zu ord-nen, das Bild in der Öffentlichkeit und ihre eigenen Visionen in Einklang bringt. Es bleibt zu hoffen, dass sie Villazón nicht mit hinabreißt. Es mag so gewesen sein, dass er sie brauchte, um berühmt zu werden. Nun braucht sie ihn, um sich zu orientieren, wie groß und wahrhaftig, die Welt der Oper sein kann.

L, M, N

Bedenedikt XVI. gilt als großer Theoretiker. In seiner Schrift „Der Geist der Liturgie“ defi-niert er scharfsinnig die Rolle des Gottesdienstes und widmet der Musik ein eigenes Kapitel.

Ne|a|po|li|ta|ni|sche Sex|te [Akkord, auch Neapolitaner]Mollsubdominant-Dreiklang, bei dem die Quinte durch eine kleine Sexte ersetzt wird. Der Neapolitaner wurde in der neapolitani-schen Schule des 18. Jahrhunderts eingeführt und steht für den Tod oder das Sterben. Aber auch früher sind Neapolitaner bekannt, etwa in Bachs Orgeltoccata F-Dur.

Mu|sik [griech. musiké (téchne): Kunst der Musen, lat. (ars) musica: Tonkunst, Tonwerk, musikalische Darbietung, Althochd. Lehn-wort]Musik ist im wesentlichen gestaltete Zeit (im Gegensatz etwa zur bildenden Kunst, die Raum gestaltet). Diese Begriffserklärung hat damit zu tun, dass Musik vorwiegend als Ablauf in der Zeit erlebt wird, der in Rhythmus, Melodie ➔ Harmonie und Dynamik organisiert ist. In Einzelfällen wird auch ein räumlicher Effekt, der dadurch entsteht, dass jedes Instrument an bestimmter Stelle erklingt gezielt eingesetzt.Beim Menschen spielen akustische Reize und ihre Wahrnehmung durch das Ohr und das Gehirn eine wichtige Rolle, denn sie treffen, ähnlich wie Gerüche, auf tiefer liegende Re-gionen des limbischen Systems im Cortex als z. B. visuelle Eindrücke. Musiktheoretiker des 19. Jahrhunderts wie z.B. Hugo Riemann, die die evolutionsgeschichtliche Perspektive in ihrer Theoriebildung rezipierten, haben den Gebrauch der Stimme als Mittel der Kommu-nikation zum Akt der Ur-Entstehung der Musik erklärt. Es lässt sich nicht mehr bestimmen, ob sich Musik als Mittel der Kommunikation vor der Sprachentwicklung ausgebildet hat oder ob sich Musik und Sprache in wechselseitiger Beeinflussung ausdifferenziert haben.

(Quelle: www.wikipedia.de)

Ne|treb|ko, Anna [* 18. September 1971 in Krasnodar]Russische Sängerin aus der St.Petersburger Kaderschule. Anna Netrebko wurde auf den Salzburger ➔ Festspielen entdeckt und ist die derzeit erfolgreichste Sängerin auf dem Deutschen Markt. Mit ihren Alben stürmt sie die ➔ Hitparaden.

Klassischer Popstar?Vor einem Jahr hat crescendo Anna Netrebko mit Maria Callas verglichen. Heute ist dieser Vergleich überall nach-zulesen – und fällt nicht gut aus für die Russin.

Vor einigen Monaten hat die Fachzeitschrift „Die Opernwelt“ in einer launigen Kolumne den Ver-gleich angestellt: Ist Anna Netrebko die neue Maria Callas? Die Antwort fiel klar und deutlich aus: Nein. Der Netrebko fehle die Leidenschaft. Und vor einigen Wochen hat sich Christine Lemke Matwey im Berliner „Tagesspiegel“ das Phänomen Anna Netrebko vorge-nommen – und die Diva dabei mit dem Ex-It-Girl Paris Hilton verglichen. Der Grund: die beiden sind sich auf dem Wiener Opernball begegnet. Matwey kam zum gleichen Schluss wie „Die Opernwelt“: Maria Callas habe auf der Rasierklinge gelebt und gesungen, bei der Russin sei das nicht der Fall. Was ist los mit dem Opern-Medienwunder Anna Netrebko und den Medien?

Fakt ist: Anna Netrebko hat eine wunderschöne Stimme. Und: Sie wurde nicht als Popstar bekannt, sondern als ernsthafte Sängerin, vom ernsthaften Feuilleton entdeckt, als sie auf den Salzburger Fest-spielen Mozarts Donna Anna gesungen hat. Erst mit ihrer CD und den dazu nötigen Fotos, wurde sie zum Medienstar, der auch auf dem Boulevard angekom-men ist: Netrebko ist ein „Housoldname“ von „Bild“ bis „Bunte“.

No|ten [lat. nota: Kennzeichen, Mal]Noten sind Zeichen zur schriftlichen Wieder-gabe von musikalischen Tönen. Noten geben die Tondauer an und die Tonhöhe innerhalb des Tonsystems, der Notenlinien. Eine Note besteht in der Regel aus einem rundlich- ovalen Notenkopf und einem seitlich daran ansetzenden Notenhals in Strichform.

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Das „Lieto fine“ aus dem crescendo März 2006.

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crescendo 02 2007 | 33 Klassik-Lexikon

OO|pe|ret|te [ital. : kleine Oper]Ein musikalisches Bühnenwerk. Die Bezeich-nung gibt es seit dem 17. Jahrhundert. Bis zum 20. Jahrhundert hat sie einen erheblichen Bedeutungswandel erfahren.

Nicht immer nur lachenDer Chefdirigent der Staatsoperette Dres-den, Ernst Theis, erklärt, warum die Ope-rette besser ist als ihr öffentliches Bild.

VON ERNST THEIS

Die Kunstgattung Operette nahm seit Ihrer Entste-hung eine ebenso interessante wie turbulente Ent-wicklung und war und ist zum Teil umstritten wie kaum eine andere Kunstform. Dabei ist die Sicht, dass Operette historisch und inhaltlich gesehen nur den Anspruch erhob, zu unterhalten, keineswegs korrekt. Operettenformen, wie die „opéra comique“ Jacques Offenbachs in Frankreich und die „Operette“ Johann Strauss’ in Österreich, die als die wichtigsten Vertreter der goldenen Operette bezeichnet werden können, hatte in ihrer Funktionalität für die dama-lige Gesellschaft durchaus reflektierenden, kritischen Charakter. Werke dieser beiden Komponisten waren nicht selten hochbrisant, behandelten sie doch poli-tisch relevante Themen.

Die Operette war sozusagen ein Massenmedium, das in Verbindung mit großen Darstellerpersönlich-keiten eine Art Ventil für die Artikulation von Kritik an der jeweiligen politischen und sozialen Gesell-schaft und deren Repräsentanten und Ausformungen darstellte. Im Vergleich mit der Kunstgattung „Oper“ war sie eigentlich die viel aktuellere, griffigere Gat-tung, mit deutlich unmittelbarerer Wirkung auf ihre Zielgruppen.

Während sich die Oper meist mit historischen oder frei erfundenen Themen auseinander setzte, also mit Inhalten, die im wesentlichen historische Fakten oder Fiktionen darstellten, handelte die Operette häufig für alle erkennbar in der damaligen Gegenwart oder in der unmittelbaren Vergangenheit (Johann Strauss, „Fledermaus“) oder behandelte aktuelle Themen im historischen Kleid („Orpheus in der Unterwelt“, Offenbach). Und eben weil diese Themen für die gesamte Gesellschaft erkennbar und dadurch so brisant waren, konnten sie häufig nicht direkt ange-sprochen werden. Es mussten also Mittel gefunden werden, wie die Themen vermittelt werden konnten, ohne sich als Autor selbst angreifbar zu machen. Die Autoren entwickelten dafür ganz eigene Wege. Mit

Bildern, Metaphern, indirekten Anspielungen, dem aktuelle Ereignisse kommentierende Couplet oder der Kombination von Kunstformen wurden die verschie-denen Themen aufbereitet und mittels einer eigenen, sehr subtilen Sprache so vermittelt, dass nicht selten die eigentliche in den Texten steckende Wahrheit erst zwischen den Zeilen erkennbar wurde. Die Interak-tion zwischen Autoren, Darstellern und Publikum hatte in dieser Kunstform ein Konkretheit erlangt, wie sie andere Kunstformen nicht vorweisen konnten.

Warum schlitterte dieses Genre dann in den Geruch der Minderwertigkeit? Einerseits wurde die Operette bereits vor und nach dem 1. Weltkrieg Opfer der Kommerzialisierung dieser Kunstform. Immer mehr wollte man Unterhaltung um der Unterhaltung willen. Dies nahm der Operette die Schärfe – Geld macht eben willig. Eine wichtige Rolle spielte danach das Nazi-Regime. Circa 80 Prozent der Operetten-Autoren waren jüdischer Herkunft. Diese Tatsache reichte dem Hitler-Regime aus, um die Operette in Misskredit zu bringen. Hinzu kamen die mitunter nicht genregerechte Interpretationspraxis der Nach-kriegszeit, welche die Operette auf den rein unterhal-tenden Aspekt der schönen Melodien und die damit verbundenen und durchaus auch gewollten Heile-Welt-Suggestion reduzierte und einen der wichtigsten Faktoren an der Operette, die Gegenwartsreflexion ausblendete. Nicht zuletzt sei auch erwähnt, dass na-türlich wie auch bei der Kunstform Oper, der Operette die Gegenwartsform fehlt.

Heute kann man durchaus von einer Re-naissance der Operette sprechen, die nicht zu-letzt durch die Auseinandersetzung mit die-sem Genre durch namhafte Künstler wie z.B. Nikolaus Harnoncourt, John Elliot Gardiner, Walter Felsenstein, Peter Konwitschny nachhaltig beeinflusst wurde. Es ist zu hoffen, dass aus all den Ambitionen im Zusammenhang mit dieser Kunst-form auch jene Mittel gefunden werden, welche die Operette einstmals auszeichneten und sich in der Folge auch eine aktuelle Form entwickeln wird.

Staatsoperette Dresden

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Klassik-Lexikon 34 | crescendo 02 2007

O, P, QÖs|ter|reich [Republik]Das Land Österreich erstreckt sich in west-östlicher Richtung über maximal 575, in nord-südlicher über 294 Kilometer. Seine Haupt-stadt ist Wien. Etwa 60 % des Staatsgebietes sind gebirgig und haben Anteil an den Ost-alpen, weshalb das Land umgangssprachlich gelegentlich auch „Alpenrepublik“ genannt wird. Zahlreiche große Musiker kommen aus Österreich, Heimat der Ersten und Zweiten Wiener Schule.

Wiener Schule? Welcher Jahrgang?Wer aus Österreich kommt, hat es nicht leicht – das kleine Land trägt ein großes musikalisches Erbe. Zwei der wichtigsten musikalischen Schulen waren in Wien be-heimatet – die Erste und die Zweite Wiener Schule. Da kann man schon mal durchei-nander kommen. Also haben wir einen Österreicher gebeten, uns das mit Mozart und Schönberg mal genauer zu erklären – hier der Artikel eines Mannes, der es ei-gentlich wissen muss.

VON KLEMENS RENOLDNERLange habe ich nicht gewusst, wovon die Rede ist, wenn weltgewandte Menschen von der „Zweiten Wie-ner Schule“ sprachen, und als ich es dann heraus-gefunden hatte, was gemeint war, fand ich diese Be-zeichnung erst recht unsympathisch und hochnäsig, weil sie mir deutlich machte, dass ich nicht einmal wusste, wer in die „Erste Wiener Schule“ gegangen war – und das als Österreicher.

Heute, wo es sich selbst bis zu mir herumge-sprochen hat, dass mit „Zweite Wiener Schule“ eine Gruppe von Wiener Komponisten gemeint ist, die nach ihren Kompositions-Lehrern Alexander Zem-linsky und Arnold Schönberg, als Schüler der Zwölf-tonmusik-Schule angesehen werden, vermeide ich diesen Begriff. Klar, Arnold Schönberg konnte wirk-lich einen enormen künstlerischen Elan entwickeln, sogar als Schriftsteller und Maler. Er spielte nicht nur in bürgerlichen Konzertsälen seiner Heimatstadt (wo er mit Uraufführungen seiner Werke mehrere handfeste Skandale auslöste) sondern trat auch in den Wiener Arbeiterheimen auf.

Schönberg war nicht nur in Wien ein vielseitig begabter Oberlehrer, sondern wurde sogar als Pro-fessor für Komposition an die Musikhochschule in Berlin berufen. Dass die Komponisten Alban Berg oder Anton von Webern mit ihrem Ranzen und mit selbstgezogenen Notenlinien auf ihren Notenblättern und fein gespitzten Bleistiften zu ihm in diese „Zweite Wiener Schule“ hineingegangen wären, das geht mir nicht in den Schädel. Viel zu eigenwillig hat jeder von ihnen gearbeitet, und erst recht wenn ich an Alban Bergs Opern „Wozzeck“ oder „Lulu“ denke, zwei Stücke, die für mich zu den aufregendsten Werken des Musiktheaters zählen, dann nehme ich natürlich niemals an, dass das womöglich ein Schüler aus ir-gendeiner Schule komponiert hat, sondern natürlich ein Meister.

Interessanter wäre es schon, einzelne Werke wie Schönbergs „Pierrot lunaire“ oder die Oper „Moses und Aron“ anzuhören, Konzeptionen dieser Werke zu studieren oder zu fragen, warum die Zwölftonmusik in Wien so ein unglaubliches Fiasko auslöste, in wel-chem kulturhistorischen Klima sich das alles ereig-nete. Es ist nämlich die Geburtsstunde der Moderne. Als Schönberg im Jahre 1911 seine (dem Schriftsteller Karl Kraus gewidmete) Harmonielehre veröffentlich-te, fand (nicht nur in Wien) auch in den Bereichen von Architektur, Malerei, im Schauspiel und in der Literatur ein gewaltiger Umbruch statt, dem mit dem 1. Weltkrieg dann ein politischer folgen sollte.

Viele tolle Geschichten ließen sich über Schön-berg, Berg und Webern erzählen, z. B. haben die drei Komponisten auch Werke anderer Komponisten be-arbeitet. Sehr faszinierend, wie dank ihnen Walzer von Johann Strauß im klanglichen Gewand eines Streichquartetts daherkommen. Und dann gibt es da noch den wüsten Plagiatsstreit: In Wien arbeitete zur gleichen Zeit auch der Komponist Josef Mathias Hauer, der später behaupten sollte, Schönberg habe seine Zwölftontechnik von ihm geklaut.

Es ist unrichtig, dass alle gute Musik aus Wien kommt, richtig ist vielmehr, dass Monteverdi, Pur-cell und Schostakowitsch mit Wien nicht so viel zu tun haben. Wien ist die Stadt der Musik, wird gerne gesagt, tatsächlich gibt es in Wien ein großartiges Angebot an Konzerten und Opern, aber gibt es das nicht in Berlin, München und Hamburg auch?

Und was die Schulen betrifft: Ich bin da nie gern hingegangen, und obwohl ich als 16jähriger einige Kompositionen versuchte, an der Wiener Universität ein glückliches Semester lang über der Partitur von Bruckners fünfter Symphonie gesessen bin, fühlte

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Sergei Prokofiev Symphony No 1 "Classical" Piano Concerto No 1 in D flat major

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www.tdk-music.comVertrieb in Deutschland:

LIVE La Roque d'Antheron Piano Festival 2005

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MarthaArgerichMartha Argerich Renaud & Gautier CapuçonFlanders Symphony Orchestra

Alexander Rabinovitch-Barakovsky

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crescendo 02 2007 | 35 Klassik-Lexikon

»Es ist unrichtig, dass alle gute Musik aus Wien kommt.«

ich mich nie als Schüler einer weiß-Gott-wievielten Schule.

Ich verstehe auch nicht, dass die viel Berühmte-ren Haydn, Mozart, Beethoven und Schubert angeb-lich in irgendeine „Erste Wiener Schule“ gegangen sein sollen. Wer so was nur erfindet?! Auch das ist ein Gerücht, das schon allein zeitlich hinten und vorne nicht passt. Mozart war bereits sechs Jahre tot als Schubert geboren wurde, Beethoven war im Vor-schulalter, da feierte Haydn seinen 45. Geburtstag. Irgendwie kann das in dieser „Ersten Wiener Schule“ doch nicht so eine urcoole Klassengemeinschaft ge-wesen sein.

Ou|ver|türe [frz. : Eröffnung]Unter Ouvertüre versteht man die Eröffnungs-musik eines Oratoriums oder einer Oper. Dass sich die Ouvertüre als Eröffnung dieser geschlossenen Werke erhalten hat, verdankt sie dem Umstand, dass im 18. Jahrhundert öffentliche Veranstaltungen gern mit mu-sikalischen Einlagen eröffnet wurden. In diesen Vorspielen (oft Trompetenfanfaren) liegt die Tradition der Ouvertüre. Die franzö-sische Bezeichnung tauchte in ihrer aktuellen Bedeutung zum ersten Mal 1640 bei einem in Paris uraufgeführten Ballett auf. Dass Ouver-türen und selbständige Instrumentalstücke zu Suiten zusammengestellt wurden, führte dazu, dass Komponisten auch selbständige Orchestersuiten komponiert haben. Parallel

zu den Opern-Ouvertüren entwickelte sich auch die Form der sogenannten Konzert- und Programmouvertüren, wie sie unter anderen Mendelssohn Bartholdy und Hector Berlioz geschrieben haben. Sie mündeten wiederum in der Form der Sinfonischen Dichtung.

Quantz, Jo|hann Jo|a|chim [* 30. Januar 1697 in (Ober-)Scheden (Hannover); † 12. Juli 1773 in Potsdam]Quantz wurde 1697 in Oberscheden geboren. Nach dem Tod der Eltern übernahmen sein Onkel Justus und der Organist Kiesewetter die Ausbildung. Auch der Onkel starb, und Quantz wurde bei dessen Nachfolger Johann Adolf Fleischhack ausgebildet, und wurde 1714 Stadtpfeifer in Pirna. Nach Abschluss

Klemens Renoldner über seine Heimat

Prof. Dr. Klemens Renoldner ist Österreicher, war Schauspieldirektor in Freiburg und ist Schnitzler-Experte. Derzeit arbeitet er für die Kulturabteilung der Österreichischen Botschaft in Berlin.

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Klassik-Lexikon 36 | crescendo 02 2007

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2. Eine Informationsquelle oder Fakten,auf die andere verweisen.

1Puccini „Tosca“: Callas, Gobbi, Sabata (EMI) Besser geht es nicht. Maria Callas singt Puccinis Opernheldin auf der Rasierklinge – Tito Gobbi als archaisch böser Bösewicht. So wirklich und echt und groß wie hier war Oper nie wieder.

2 Wagner „Die Walküre“: Varney, Hotter, Keilberth (Testament Note1) Der erste Stero-„Ring“ live von den Bayreuther Festspielen. Mit einem All-Star-Ensemble, das noch frischer und dynamischer klingt als auf der späte-ren Solti-Aufnahme. 1955 auf-genommen, wurde die einstige DECCA-Produktion erst jetzt ver-öffentlicht und begeisterte nicht nur eingefleischte Wagnerianer.

3 Bizet „Carmen“: Corelli, Price, Karajan (RCA Red Seal)Bei „Carmen“ gibt es nur zwei Möglichkeiten – ent-weder den hocherotischen Film mit Plácido Domingo und Julia Migenis, oder aber eben diesen Karajan-Klassiker mit Leontyne Price und Franco Co-relli. Hier werden alle Klischees bedient: Verrauchte Pinten, Eros und Tod. Eine Aufnahme, in der die Oper zum Seelen- spektakel wird. Nichts für schwache Nerven.

4 Mozart „Le Nozze di Figaro“: Gens, Jacobs (harmonia mundi)Klar, ein Böhm tut es auch. Aber ein Jacobs ist aktu-eller, brisanter, offener, spannender. Aus der histori-schen Aufführungspraxis ist Mo-zart mit dieser Aufnahme mitten in der Gegenwart angekommen. Moderner als bei Jacobs kann die Klassik derzeit nicht sein.

5 Wagner „Tannhäuser“: Kollo, Sotin, Solti (DECCA)Keine Angst vor Richard Wagner. Wer hört, wie Sir Georg Solti den Pilgerweg nach Rom dirigiert, und wie René Kollo erzählt, dass der Papst ihn verflucht hat, der spürt, wie groß die Welt zwischen Himmel und Hölle ist. Eine Aufnahme, die in keinem Regal fehlen darf.

der Ausbildung bekam er im März 1716 eine Anstellung in der Stadtkapelle Dresden (Oboe und Flöte). Um beruflich weiter zu kommen, studierte er 1717 bei Jan Dismas Zelenka und Johann Joseph Fux in Wien; im Jahr darauf nahm er in Dresden Querflötenunterricht und begann zu komponieren. Im Jahr 1728 wurde er Flötist bei der Säch-sisch Königlichen Kapelle und lernte den da-maligen preußischen Kronprinzen Friedrich kennen, dem er fortan Flötenunterricht erteil-te. Nachdem Friedrich König geworden war, wurde Quantz 1741 als Kammermusikus und Hofkomponist an den preußischen Hof nach Berlin berufen. Außerdem baute er selbst Flö-ten, verbesserte sie durch Hinzufügung der zweiten Klappe und schrieb 1752 das Flöten-Lehrbuch „Versuch einer Anweisung die Flöte traversière zu spielen“. (Quelle: Wikipedia)

Rihm, Wolf|gang [*13. März 1952 in Karlsruhe]Rihm ist einer der wichtigsten Deutschen Ge-genwartskomponisten und lehrt als ordent- licher Professor für das Fachgebiet Kompo-sition am Institut für neue Musik und Medien der Hochschule für Musik Karlsruhe.

Sing|spiel [dt., das]Das Singspiel entwickelte sich als bürgerli-ches Gegenstück zur Oper. Im Unterschied zur Oper tritt anstelle der ➔ Arie zunächst das Lied und an die Stelle des Rezitativs das ge-sprochene Wort. Die Bezeichnung Singspiel existiert in Deutschland bereits seit etwa 1580. Im Barock entwickelte sich das pasto-rale Singspiel nach italienischem Vorbild mit Heinrich Schütz‘ „Daphne“ (Libretto von Martin Opitz). Durch Johann Adam Hillers Einfluss er-reichte das deutsche Singspiel seine Blütezeit im 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts.

Die 5 besten Opern CDsInzwischen ist die Einspielung von Opern bei den Plattenfirmen selten geworden – dennoch gibt es von den großen Musik-stücken zahlreiche Aufnahmen. crescendo stellt Ihnen die besten Opern- und Singspiel-CDs vor, die auf keinem Fall in Ihrem Plattenschrank fehlen sollten.

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crescendo 02 2007 | 37 Klassik-Lexikon

Tam|tam [malaiisch]Das Tamtam oder Tam-Tam ist ein Gong mit ca. 60-130 cm Durchmesser. Besonders ist der langanhaltende Nachklang. Auf ihm wird mit filzüberzogenen Holzkopfschlägeln gespielt. In Europa wurde das Tamtam zum ersten Mal zum Begräbnis des französischen Politikers Graf von Mirabeau geschlagen.

Te|nor [lat. tenere: halten]Im Mittelalter stand Tenor noch nicht für einen Sänger, sondern dafür, einen Ton besonders lang zu dehnen – angezeigt wurde diese An-weisung durch ein „t“ in der Partitur. Erst im 13. Jahrhundert taucht Tenor als eigenstän-dige Stimme auf, von der die Komposition ausgeht. Inzwischen ist mit Tenor auch der Sänger gemeint, der im Tonumfang von c-a1 singt. Man unterscheidet lyrische Tenöre, Heldentenöre, Tenorbuffo und Tenorbariton.

Darsteller statt TenorEr ist vielleicht der beste lebende Sänger. Und trotzdem: Tenor nennt sich Rolando Villazón nicht gern. Er versteht sich eher als Darsteller, dem es um die Belebung sei-ner Charaktere auf der Bühne geht.

VON ROL ANDO VILL AZÓNIch habe mir lange überlegt, was ich bin. Und ich glaube, ich bin kein Sänger und auch kein Tenor – ich bin ein Darsteller. Tenor – das war viel zu lange aufgeteilt in die einzelnen Fächer, in lyrische, drama-tische oder Spinto-Tenöre. Dieses Kästchendenken ist eine Art der Verdinglichung.

Ich will mich all das gar nicht fragen. Ich singe nicht deshalb den Herzog in „Rigoletto“ nicht, weil ich ihn nicht singen könnte, sondern weil ich mit dieser Rolle momentan nur wenig anfangen kann. Ich singe den Bajazzo nicht, weil ich das Gefühl habe, dass diese Rolle bei mir nicht zu ihrem Recht kommt. Ich lasse Rolando Villazón in der Garderobe, wenn ich singe. So wie ich die Charaktere auf der Bühne lasse, wenn ich fertig bin. Ich habe nichts mit Don José zu tun, aber ich muss mich mit seiner Leidenschaft aus- einandersetzen, die dazu führt, dass er Carmen tötet.

Auf der Bühne muss man zwar singen, sollte aber kein Sänger sein – ich meine, mit all dem Wissen, das dazugehört. Klar, ich liebe die Bravos, die Auf-

merksamkeit. Jeder Künstler ist schließlich Narziss. Und ich brauche das Publikum. Gleichzeitig singe ich aber nicht für das Publikum. Sobald man Erwartun-gen befriedigen oder geliebt werden will, ist man zum Scheitern am eigenen Empfinden verurteilt.

Ich erwarte schon ein aktives Publikum. Letzt-lich findet ein metaphysischer Austausch zwischen Publikum und Sängern statt. Natürlich merkt man, ob die Leute schlafen oder ob sie konzentriert sind,

ob Montag ist oder Samstag. Auf der anderen Seite darf sich ein Künstler nicht beklagen, wenn jemand hustet. Unterbewusst wird jede Regung in das eigene Spiel integriert.

Man darf nur nicht den Fehler machen, das Ver-halten im Auditorium auf sich selbst zu beziehen, denn dann ist man nicht mehr Don José, sondern wieder der Sänger Rolando Villazón. Es ist fürch-terlich, aus der Oper in den profanen Zustand der Wirklichkeit des Opernhauses zu fallen. Es geht also um die Balance aus Distanz und Nähe, zu sich und der Rolle, zum Innen und Außen.

Wenn wir die Oper ernsthaft als Teil unserer Wirk-lichkeit begreifen, dürfen wir uns nicht wundern, dass sie sich den Gesetzen der Gegenwart anpasst: Sänger sitzen heute mehr Zeit im Flugzeug, als dass sie auf der Bühne stehen. Immer mehr Interviews halten uns von der Vorbereitung ab. Aber während das Geschäft um die Oper schneller wird, bleibt die Oper selbst ein herrlicher Anachronismus. Sie ist einer der wenigen Orte, an denen die Zeit noch ausgehebelt wird, an dem selbst der geschäftigste Manager sein Mobiltelefon für einige Stunden ausschalten muss. Ich suche natürlich auch die Momente der Stille, aber ich liebe das Drumherum genauso. Manchmal frage ich mich, ob das an meinem Geltungsdrang liegt. Aber dann antworte ich mir klar und deutlich:

„Nein!“ Ich liebe den Kontakt mit Menschen, die Si-tuationen, die Spontaneität. Und ja, da bin ich auch mal Clown. Ich verkörpere privat sicherlich mehr Rollen als auf der Bühne.

Die Gefahr besteht darin, dass Stimmen über den Starkult zu Produkten gemacht werden sollen. Denn das ist die andere Seite der Gegenwart: eine kontinu-ierliche Verdinglichung.

Sänger haben es mit der eifersüchtigsten aller Göttinnen zu tun, mit der Göttin der Oper. Sie vergibt Schwächen, Fehler, aber keine Leidenschaftslosig-keit. Die Kunst der Oper ist die Kunst des Unterbe-wusstseins. Sie erzählt Geschichten, die in unserer verdinglichten Welt nur selten thematisiert werden. Stinknormales wird mit einem Orchester, mit einer Seele, mit Musik und Leben aufgeladen. Wir lernen, dass leben bedeutet, die Lust und das Leid gleicher-maßen zu akzeptieren.

(Der Text ist Teil eines Interviews, das Axel Brüggemann mit Rolando Villazón geführt hat.)

The|maEin musikalischer Gedanke, der in sich ge-schlossen ist und innerhalb der ➔ Form eines Musikstückes eine besondere Bedeutung hat. Ein gutes Thema ist durch seine Rhythmik, Melodik und ➔ Harmonie besonders einpräg-sam. Das Thema ist so etwas wie das Gerüst eines Musikstückes.

To|c|ca|ta [auch: Tokkata, ital. : Schlagstück]Toccata ist eine der ältesten Bezeichnungen für Instrumentalstücke, speziell für Tasten- instrumente, und ursprünglich von Sonata, Fantasia, Ricercar etc. nicht sehr verschieden, jedoch meist von freier musikalischer Struk-tur, etwa einer geschriebenen Improvisation gleich. Die ältesten Toccaten für Orgel wur-den von Claudio Merulo 1598 herausgegeben, jedoch viel früher geschrieben. Sie beginnen in der Regel mit einigen vollen ➔ Harmonien, allmählich setzt sich mehr und mehr Läufer-passagenwerk an und kleine fugierte Sätz-chen werden eingestreut. Über die Jahrhun-derte hinweg wurden Toccaten zumeist für Tasteninstrumente komponiert und wurden im Barock vor allem als Präludium vor einer Fuge eingesetzt. Toccaten bewegen sich meist in kurzen Notenwerten. (Quelle: Wikipedia)

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Klassik-Lexikon 38 | crescendo 02 2007

Vir|tu|ose [ lat. virtus: Tugend; ital. virtuoso: fähig]Mensch, der über besondere Fähigkeiten verfügt. In erster Linie wird der Begriff für großartige Musiker und Sänger verwendet. Paganini war ein Virtuose auf der Geige, Liszt und Chopin am Klavier. Inzwischen ist der Begriff des Virtuosen auch auf andere Disziplinen ausgeweitet: Virtuosen am Ball sind besonders gute Fussballspieler.

Was wir von Liszt lernen können

Virtuosen sind Illusionskünstler Er spielt wie einst Horowitz, aber er redet ungern über Musik. Dabei hat Arcadi Volodos einiges zu sagen: Über die vermeint-lichen Virtuosen-Kollegen, über die Offenheit der Kunst und darüber, dass er immer wieder über sich selbst staunt.

INTERVIEW MIT ARCADI VOLODOSHerr Volodos, Sie lieben Liszt, den Klavier-Virtuosen par excellence. Aber was ist für Sie eigentlich ein Virtuose?Arcadi Volodos: Wohl nicht das, was die Meisten dafür halten: jemand, der viele Noten in kurzer Zeit technisch brillant spielen kann. Davon gibt es unendlich viele Klavierspieler. Aber ich glaube, die sind im Zirkus besser aufgehoben als auf den Konzertpodien. Wenn das Virtuosen sind, brauchen wir keine mehr, denn wir haben Computer. Sie können die Partituren sicherlich besser, schneller und genauer spielen als wir Menschen. Aber wenn Sie schon Liszt anführen, wissen wir genau, dass es ihm weniger um technische Brillanz gegangen ist oder um die raffinierten Details als um den Inhalt und das gesamte Bild seiner Werke. Und darin liegt für mich auch das Virtuosentum, in der Fähigkeit eine Welt in Musik zu errichten. Ein Fehler, eine falsche Note, sind nur Beweise, dass hier Menschen am Werk sind und fühlen.Die eigentliche Kunst besteht also nicht darin, die Noten korrekt zu spielen, sondern ihnen einen Sinn zu geben?Volodos: Auf jeden Fall eine Sinnlichkeit. Für mich ist ein Virtuose ein Zauberer, ein Magier – und bei denen geht es ja auch nur zum Teil um die Technik, viel wichtiger ist die Illusion, der Aufbau einer phantastischen Welt, das Spiel mit dem Schein und dem Sein. „Virtus“ kommt übrigens aus dem Lateinischen und bedeu-tet Tugend – ein Virtuose muss die Tugend der Musik transportieren, ihre unbe-dingte Emotionalität. Erst im Italienischen wurde das „virtuoso“ zum Synonym für „fähig.“ Aber Fähigkeit ist eine Grundvoraussetzung des Musizierens so wie in der Gymnastik oder in vielen anderen Disziplinen – sie ist an sich allerdings keine Besonderheit.Aber dass die Finger laufen, ist doch eine Grundvoraussetzung, die man sich hart erarbeiten muss… Volodos: Da bin ich anderer Meinung. Die Technik ist einem in die Wiege gelegt oder nicht. Ich sage Ihnen: Um eine schwierige Stelle zu meistern, taugen die Hände gar nichts. Alles was sie brauchen, ist der Kopf. Das Geheimnis der tech-nischen Brillanz liegt allein im Gehör. Ich kenne Pianisten, die schneller spielen

V

»Es zählt der Kopf, nicht die Hände.«

Arcadi Volodos über Virtuosität

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crescendo 02 2007 | 39 Klassik-Lexikon

als sie hören können – das kann nicht gut gehen! Dann spielen sie am Ende nur noch Noten. Aber das ist sinnlos und wider die Musik. Tonfolgen, harmonische Strukturen, die Form einer Komposition muss erst verstanden werden, durch den Geist gehen, empfunden werden. Erst wenn das der Fall ist, liegt sie ganz natürlich in den Händen.Das lässt sich leicht sagen, wenn man’s kann. Sie sollten mich mal üben hören…Volodos: Dann sind Sie nicht zum Klavierspielen geboren, mein Freund. Damit müssen Sie sich abfinden. Und das ist ja auch kein Problem. Ich glaube übrigens fest daran, dass auch Üben keinen Meister aus Ihnen machen wird. Ich habe mich immer um das Üben gedrückt, und mich selten gequält, wenn ich geübt habe. Das mag überheblich klingen, aber so ist es nun einmal: Musikmachen ist für echte Musiker ein Kinderspiel.Bei Liszt nehmen Sie selbst Bearbeitungen an den Urtexten vor – war Ihnen der Komponist nicht brillant genug?Volodos: Im Gegenteil: Die Brillanz bei Liszt liegt darin, dass er die Musik im-mer als offene Kunst verstanden hat. Er hat ein Leben lang an der Entwicklung seiner Vorstellungen getüftelt und jeden Vorschlag dankend aufgenommen. Als sein Schüler Alexander Siloti ihm eine seiner Kompositionen vorgespielt und dabei verändert hat, sagte Liszt: „Das ist viel besser als meines!“ Liszt hat, wie Sie wis-sen, viele Operntranskriptionen geschrieben. Und dabei hatte er nur ein Ziel: dem ursprünglichen Komponisten treu zu bleiben. Und das ist auch mein Anspruch in den Bearbeitungen, Liszt treu zu bleiben, mich in der Atmosphäre zu bewegen, die er erfunden hat, ihm vielleicht näher zu kommen als ein Komponist sich selbst sein kann. Bei Liszt geht das, bei Komponisten wie Brahms oder Chopin würde ich nicht eine Note ändern, weil sie ihre Werke hermetisch angelegt haben – sie haben voll-endete Stücke geschrieben, die interpretiert aber nicht transkribiert werden sollten. Ihr Anspruch als Komponist war grundlegend anders als der von Chopin.Gibt es in dieser Offenheit auch eine Offenheit der Interpretation?Volodos: Das ist unglaublich spannend – ja, natürlich! Als ich die „Ungarische Rhapsodie“ als Jugendlicher gespielt habe, fand ich sie heiter, aufregend und schön.

Inzwischen lese ich in ihr die Musik der Melancholie, des stillen Leidens. Das sind auch die Punk-te, an denen man erkennt, wie viel eigenes Leben in den Inter-pretationen steckt. Ich glaube in-zwischen, dass Musik und Leiden sehr eng zusammengehören.Das sagen viele Musiker. Viel-leicht liegt es daran, dass sich die Menschen in der Musik und im Schmerz am nahsten sind

– die Musik ist die einzige Kunst, die ohne einen Gegenüber auskommt. Der Philosoph Peter Sloterdijk hat einmal geschrieben, dass wir nur in der Musik sein können, wenn wir Musik hören, dass es uns unmöglich ist, uns von ihr und uns zu distanzieren.Volodos: Musik ist die unmittelbarste aller Künste, und gleichzeitig nimmt sie das gesamte Universum in sich auf. Musik erzählt von der Erde und vom Mars.Ist dem Pianisten all das bewusst, wenn er spielt, kennt er seine eigene Botschaft überhaupt?

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Klassik-Lexikon 40 | crescendo 02 2007

Volodos: Musik ist auf der einen Seite sicherlich eine Sache der Logik, aber sie funktioniert nicht ohne Intuition und Spontaneität. Pianisten müssen ja immer den Spagat zwischen Komponist und sich selbst überbrücken, zwischen dem Früher und dem Jetzt, dem Toten und dem Lebenden. Dabei kann man nicht definieren, wie viel Volodos in meinem Liszt steckt, aber es ist doch erstaunlich, wie viel man in der Musik über sich selbst erfährt.Was erfahren Sie denn genau über sich?Volodos: Das kann ich Ihnen nicht sagen, weil die Erfahrungen, die ich mache, mir in der Sprache der Musik erscheinen und keine Worte kennen.Es heißt, dass Sie ungern Interviews geben. Quält es Sie, über Musik zu sprechen?Volodos: Es gibt angenehmere Dinge. Wie wäre es mit diesem Vorschlag: Das nächste Gespräch nehmen wir auf CD auf. Ich stelle ihnen Fragen und Sie antworten mit Musik.Volodos: Dann würden Sie sicherlich viel klügere Dinge hören.

(Das Gespräch führte Axel Brüggemann.)

Der neue Volodos auf CDJahrelang hat Arcadi Volodos keine CD mehr auf-genommen. Jetzt ist er wieder ins Studio gegan-gen (Sony Classical). Der Virtuose spielt Stücke des größten Musik-Virtuosen überhaupt. Werke von Franz Liszt: „La vallée d‘Obermann“, „Il penseroso“, „La prédi-cation aux oiseaux“, „Bagatelle sans tonalité“, „Hungarian Rhapsody

Vio|li|ne ➔ Geige

Vi|val|di, An|to|ni|o Lu|cio [* 4. März 1678 in Venedig; † 28. Juli 1741 in Wien]Italienischer Komponist und Violinist. Der als „roter Priester“ bekannte Musiker aus Venedig hat die Formen der Oper (➔ Singspiel ) und des ➔ Konzertes miteinander verbunden und das „Aria-Concerto“ erfun-den. Außerdem hat er bis heute bekannte Stücke wie „Die Vier Jah-reszeiten“ komponiert. Nach seinem Tod wurde Vivaldi weitgehend vergessen. Erst 1927 machte Gentili in einem Kloster in Piemont einen umfangreichen Notenfund, der zu einer Vivaldi-Renaissance auf inter-nationalen Bühnen führte.

Voix mixte [franz.: gemischte Stimme]Die aus Brust- und Kopfregister gemischte Stimme, die unter ande-rem für die zarte Tongebung in den höheren Lagen der Männerstimme wichtig ist. Der Bariton Thomas Quasthoff benutzt diese Stimme gern, zum Beispiel in seiner Interpretation von Schubert-Liedern. Die Voix mixte sorgt hier dafür, dass ein innerlicher Klang entsteht, der dem ro-mantischen Ideal sehr nahe ist. Die Voix mixte ist nicht mit dem Falsett zu vergleichen, mit dem eine Fistelstimme gemeint ist, in der die Stimm-bänder schlaff gehalten werden und nur an den Seiten schwingen.

V, WWag|ner, Ri|chard [* 22. Mai 1813 in Leipzig † 13. Februar 1883 in Ve-nedig]Deutscher Komponist, der besonders durch seine ➔ Singspiele bekannt geworden ist. Mit „Die Meistersinger von Nürnberg“, „Tristan und Isol-de“ oder „Parsifal“ hat er die herkömmliche Form der Oper gesprengt. Wagners Werke nutzen die Chromatik und zehren von „endlosen Me-lodien“, statt von geschlossenen Teilen. Nachdem der Komponist in Dresden bei der Revolution von 1849 teilgenommen hatte, wurde er strafrechtlich verfolgt und floh ins Zürcher Exil. Erst die Bekanntschaft mit Bayernkönig Ludwig II. rehabilitierte den Künstler. Wagner baute ein Festspielhaus für seine Opern in Bayreuth. Dort finden seither die „Bayreuther Festspiele“ statt, die dieses Jahr mit dem Regiedebüt von Wagner-Urenkelin Katharina Wagner eröffnet werden. Sie inszeniert „Die Meistersinger“.

Wett|be|werb [dt., der]Bei Wettbewerben streiten verschiedene Akteure einer Disziplin um den Titel. In der Musik haben Wettbewerbe eine lange Tradition. Schon Walther von der Vogelweide buhlte auf der Wartburg um den ersten Preis. Inzwischen sind Musikwettbewerbe eine beliebte und erfolgver-sprechende Art, die eigene Karriere voranzubringen.

Die 5 wichtigsten MusikwettbewerbeIn der goldenen Ära der Klassik waren Musikerkarrieren mit einer Ochsentour verbunden: kleine Engagements, die Häuser wurden größer, die Plattenfirmen kamen – der Star wurde geboren. Heute fehlt für derartige Karrieren die Infrastruktur. Ein abgeschlosse-nes Musikstudium macht noch keinen Musiker, und an den Opern-häusern werden die Ensembles zusammengeschrumpft. Umso wichtiger werden Wettbewerbe, auf denen sich Instrumentalisten und Sänger einer Jury stellen. crescendo stellt fünf vor.

1Deutscher Musikwettbewerb Dieses Jahr feiert der größte Deutsche Musikwettbewerb sein 30. Jubiläum. In den letzten Jahren gab es über 2500 Teilnehmer in fast allen Instrumentengruppen und in der Disziplin Gesang. In Berlin wurden bislang 170 Preisträger gefeiert, 350 Stipendiaten entlassen und an die 10.000 Konzerte gegeben. Über 70 Künstler legten hier ihre Debüt-CDs vor. Die Anmeldung für 2007 ist ausgelaufen. Ab April beginnt die Ausschreibung für 2008. www.deutscher-musikrat.de/dmw

2 Internationaler Musikwettbewerb der ARD Zum 56. Mal findet 2007 der Musikwettbewerb mit der längsten Tradition statt. Jährlich wird er in unterschiedlichen musikalischen Disziplinen ausgeschrieben. Dieses Jahr können Oboisten, Schlagzeuger, Posaunisten und Klaviertrios um das Preisgeld von insgesamt über 130.000 Euro kämpfen. Außerdem werden Auftritts-möglichkeiten ausgelobt – Karrieresprungbretter für den Nachwuchs.

www.ard-musikwettbewerb.de

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crescendo 02 2007 | 41 Klassik-Lexikon

W3 Competizione dell’OperaDer internationale Gesangswettbe-werb der italienischen Oper wurde vor zehn Jahren ins Leben gerufen und ist mittlerweile in Dresden beheimatet: Vorsingen finden auf allen Kontinenten statt. Die Teil-nehmer singen eine von sechs vor-bereiteten Arien, und neben dem

Siegergeld von 10.000 Euro gibt es mehrere Sonderpreise. Interessant: Kontakte, die sich den Nachwuchssängern durch die einzigartige Größe und internationale Zusammensetzung der Jury öffnen. www.competizionedellopera.de

4 Internationaler Klavierwettbewerb „F. Busoni“Einer der renommiertesten Klavierwettbewerbe. Nach der internationalen Voraus-scheidung kommen die Finalisten aus aller Welt ein Jahr später für die zweite Run-de nach Bozen, um sich den ersten Preis zu erspielen – der wird allerdings nicht immer vergeben. Aber wenn, ist der Erfolg umso größer. Die strenge Auswahl bringt den Preisträgern weltweite Beachtung, eine CD-Einspielung und 22.000 Euro.

www.concorsobusoni.it

5 WestLB MusikwettbewerbDer Musiker Lohn muss nicht immer Bares sein. Beim „WestLB Musik-Wettbewerb Instrumentenvergabe“ in Zusammenarbeit mit der Europäischen Kulturstiftung Europamusicale werden als Preis zwei ganz besondere Instrumente ausgeschrieben. Die Stradivari „ExCroall“ aus dem Jahre 1684 und ein Violoncello von Giuseppe Rocca aus dem Jahre 1860, die die Bank aus ihrem Eigentum den Siegern für drei Jahre zur Verfügung stellt. Nachdem der letzte Wettbewerb 2006 ausgetragen wurde, müssen sich die Streicher dringend das Jahr 2009 vormerken!

www.europamusicale.eu(Ausgewählt und kommentiert von Doris Mahlknecht.)

Wie|ner Klas|sik [Stilrichtung]Die Wiener Klassik (ca. 1780–1827) ist eine Stilrichtung der europä-ischen Kunstmusik. Ihr gehören Joseph Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van ➔ Beethoven an. Außerdem wird der Begriff benutzt, um eine Epoche zu beschreiben, die „Zeit der Wiener Klassik“. Daher werden manchmal Komponisten wie Michael Haydn oder Carl Ditters von Dittersdorf hinzugerechnet. In ➔ Österreich entwickelte sich im 20. Jahrhundert außerdem die „Zweite Wiener Schule“, zu der Berg, Schönberg und Webern gerechnet werden.

Wolf, Hu|go [* 13. März 1860 in Windischgrätz; † 22. Februar 1903 in Wien]Publizist und Komponist. Bevor Wolf mit seinen Liedern bekannt wurde, machte er Karriere als Musikkritiker. 1884 schrieb er für die Wiener Boulevardzeitung Salonblatt und gewann durch seinen beißenden und sarkastischen Stil Berühmtheit. Klar, dass sie für seine späteren, musi-kalischen Arbeiten die Feinde in Position brachte. Seine glühende Ver-ehrung für Wagner war mit einer harten Ablehnung Brahms‘ verbunden, dessen Werk er zeitlebens verachtete. 1887 veröffentlichte Wolf zwölf Lieder, kündigte seine Stellung beim Salonblatt und begann, sich nur noch der Komposition zu widmen. Er verschrieb sich dem Komponieren. Perioden intensiver Schaffenskraft wechselten sich mit Zeiten geisti-ger und physischer Erschöpfung ab. Im September 1897 machten die Auswirkungen der Syphilis, die Wolf sich im Alter von achtzehn Jahren zugezogen hatte, eine Einweisung in eine Nervenheilanstalt notwendig, aus der er im folgenden Januar entlassen wurde. Einige Monate spä-ter, nach einem Selbstmordversuch im Traunsee, ging er auf eigenen Wunsch in die Anstalt zurück. Nach vier leidvollen Jahren verstarb er am 22. Februar 1903. Seine Grabstelle befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof. Eine der umfangreichsten Wolf-Sammlungen haben der EMI-Produzent Walter Legge und seine Frau Elisabeth Schwarzkopf zusammengetragen. Um seine Lieder kennen zu lernen, sollte man sie sich in der Interpretation von Hermann Prey anhören.

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Klassik-Lexikon (Regional Süd) 42 | crescendo 02 2007

Xe|no|pho|bie [ griech.: Fremdenangst]Xenophobie bezeichnet die Scheu oder die Furcht vor dem Fremden. Es handelt sich um eine Verhaltensweise gegenüber Menschen und Grup-pen, die vermeintlich oder real fremd sind. Sie kann sich durch Furcht, Meidung, Geringschätzung, Spott oder Feindseligkeit ausdrücken.

Fast ein schwarzer Mozart

Die Zicken von der Pariser OperEr hätte als schwarzer Mozart in die Musikgeschichte eingehen können. Aber Joseph de Bologne Chevalier de Saint-George fiel der Xenophobie seiner Zeit zum Opfer. Die Sängerinnen an der Pari-ser Oper boykottierten den Mulatten. Die Mozartstadt Augsburg widmet ihm nun – mehr als 200 Jahre später, im Jahr nach dem Mozart-Jubiläum – einen Programmschwerpunkt.

VON DORIS MAHLKNECHTNoch nie vom „Schwarzen Mozart“ gehört? Das kann daran liegen, dass Joseph de Bologne Chevalier de Saint-George zwar ein begnadeter Geiger und Fechter war, aber knapp daran scheiterte, Operndirektor an der „Académie Royale de Musique“ in Paris zu werden. Grund war, dass die Sängerinnen der Oper sich 1774 geweigert hatten, unter den Anweisungen eines Mulatten zu singen. Das war dem Nachruhm des Musikers abträglich. Saint-George wurde als Sohn einer schwarzen Sklavin und eines französischen Adligen geboren. König Louis XVI. gehörte zu seinen Verehrern, aber gegen die Xenophobie der Menschen konnte nicht einmal die Protektion des Herrschers etwas ausrichten.

Die Biografie Joseph de Bolognes liest sich wie ein Abenteuerroman: geboren auf der Karibikinsel Guadeloupe kam er mit acht Jahren nach Paris und erhielt dort zunächst die typische Ausbildung eines jungen Adligen. Anfangs glänzte der Mulatte dabei weniger im musikalischen, als viel mehr in sportlichen Disziplinen. Im Schwimmen und besonders im Fechtkampf stellte er sich äußerst geschickt an. Dann, 1772 debütierte der 27jährige mit zwei eigenen Violinkonzerten und machte sich innerhalb kürzester Zeit einen Namen als Geigenvirtuose.

Louis XVI. nahm ihn als Chevalier in seine Garde auf und ernannte ihn außer-dem zum Musiklehrer der jungen Marie Antoinette. Bei Männern gefürchtet durch seinen rasanten Fechtstil war Joseph de Bologne bei Frauen hingegen durchaus beliebt und als Charmeur bekannt. Ausnahme dabei bleiben – wie bereits erzählt – die Zicken von der Oper.

Als Schüler von François-Joseph Gossec übernahm Joseph de Bologne acht Jahre lang die Leitung der Concerts des Amateurs in Paris und führte das Orchester zu Weltruhm. In den 1780er Jahren stürzte er allerdings in eine finanzielle Krise, durch die er sich im wahrsten Sinne des Wortes schlug und zwar mit sensationel-len Fechtwettkämpfen gegen den 16jährigen Transvestiten Charles de Beaumont. Ergriffen von der revolutionären Gesinnung seiner Zeit trat er schließlich in die französische Nationalgarde ein.

Während der Herrschaft Robespierres wurde Saint-George denunziert und ins Gefängnis geworfen. Nach seiner Freilassung widmete er sich wieder der Musik

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Doris Mahlknecht über den schwarzen Mozart

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crescendo 02 2007 | 43 Klassik-Lexikon (Regional Süd)

und dirigierte mit großem Erfolg bis an sein Lebensende die Konzerte des Cercle de l’harmonie im Palais Royal.

Nun, über 200 Jahre später, hat sich Augsburg an den, in unserer Zeit fast vergessenen Musiker erinnert. Vom 16. bis 20. Mai stellt das Augsburger Mozartfest diese wichtigste Persönlichkeit der französischen Violinliteratur des ausgehenden 18. Jahrhunderts in den Mittelpunkt eines ganzen Festivals. Die Geburtsstadt des allseits bekannten, „echten“ Mozarts schlägt damit gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Einerseits bleibt sie Ihrem Namen treu – sie ist und bleibt eine Mozartstadt. Andererseits schafft es die Stadt mit diesem thematischen Schwerpunkt, nach dem bis zum Exzess gefeierten Jubiläumsjahr zum 250. Geburtstag Amadés, ein neues Kapitel seiner Zeit aufzuschlagen. Damit kann man auch die Mozartmüden vom letzten Jahr wieder erreichen!

Während der fünf Tage sind internationale Künstler und Ensembles eingeladen, die sich für die Programmidee des Augsburger Festivals auf neue Pfade des Konzert-repertoires begeben. Neben den Violinkonzerten Joseph de Bolognes werden auch selten gespielte Werke von Simon Le Duc und Pierre-Montan Berton l‘Ainé zu hören sein. Außerdem gibt es neben den Violinkonzerten des schwarzen Mozarts auch die Gelegenheit, in den Rokokosälen von Augsburg kammermusikalische Werke beider Mozarts und einiger ihrer Zeitgenossen wie Haydn, Gossec und Leduc zu hören. Wo Mozart draufsteht, muss somit nicht immer nur Mozart drin sein!

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Mozartfest Augsburg: 16. bis 20. Mai

Zum Augsburger Mozartfest 2007 wer-den internationale Künstler und En-sembles erwartet, die das Programm zu dieser Wiederentdeckung neu erar-beiten. Das Eröffnungskonzert am 16. Mai wird von dem belgischen Origi-

nalklang-Ensemble „Les Agrémens“ unter der Leitung von Guy van Waas gestaltet. In einem Duo-Programm werden Jos van Immerseel (Hammerklavier) und Midori Seiler (Violine), ebenfalls aus Belgien, im prachtvollen Festsaal des Augsburger Schaezlerpalais´ zu erleben sein. Aus Österreich reisen die Wiener Akademie mit Martin Haselböck und dem Geiger Thomas Fheodoroff in die Deutsche Mozartstadt. Aus der Schweiz werden Quatuor ad Fontes und das junge und aufstrebende Tecchler Trio erwartet. Dirigent Reinhard Goebel wird zusammen mit der Bayerischen Kammerphilharmonie und der Geigerin Yura Lee ein Violinkonzert von Saint-George in Erinnerung rufen. Tickets/Information: Tel. 0821-3244900, www.mozartstadt.de

Y|saÿe Eu|gène [* 16. Juli 1858 in Lüttich; † 12. Mai 1931 in Brüssel]Geiger, der 1894 die renommierten Brüsseler Ysaÿe-Konzerte ins Leben rief und das Ysaÿe-Streichquartett mit Mathieu Crickboom als zweitem Geiger gründete. Hatte eine Professur am Brüsseler Konservatorium und wurde bekannt, als er gemeinsam mit Clara Schumann die c-Moll-Sonate von Ludwig van Beethoven aufführte. 1880 wurde er Konzert-meister des Orchesters von Benjamin Bilse in Berlin. Er schloss Freund-schaft mit César Franck (1822-1890), der seine berühmte Violinsonate für Ysaÿe komponierte.

Mittwochs um halb acht19.30 Uhr – PrinzregententheaterNeu: nach dem Konzert Künstlertreff im Gartensaal

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Zau|ber [dt., der]Unter Zauber oder Zauberei versteht man die rational nicht nachvoll-ziehbare Art, etwas Unmögliches zu tun. Zauberer können zum Beispiel Hasen verschwinden lassen oder herbeizaubern. In der Musik spricht man von Klangzauber. Gemeint ist damit eine rational nicht erklärbare Intensität der musikalischen Interpretation.

Die lange Arbeit an einer Idee

Keine Zauberei Der Dirigent Adam Fischer ist ein Weltstar. Er dirigiert in Bayreuth und kehrt regelmäßig zu seiner Haydnphilharmonie zurück. Mit ihr geht er auf Tour und gastiert bei den Haydntagen in Eisenstadt. Er gilt als Genie und musikalischer Zauberer. Hier versucht er, zu erklären, worin der Zauber der Musik liegen könnte.

VON ADAM FISCHERDie Entstehung von Klang kommt ohne Handwerk nicht aus – aber dieses Hand-werk findet nicht unbedingt verbal statt. Es kann schon in der Schlagtechnik liegen, ob die einzelnen Gruppen richtig atmen, ob sie singen. So entsteht ein Klang ohne Worte. Viele glauben, dieser Prozess ist eine Art Zauber. Aber ehrlich gesagt: All das gehört zur Grundlage des Dirigierens. Es ist eine Mischung aus kapellmeisteri-scher Arbeit, der Entwicklung einer gemeinsamen Idee und der Persönlichkeit der gemeinsam miteinander musizierenden Musiker.

Letztlich ist der Klang eine Frage, über die sich ein Dirigent bereits in der Vorbe-reitung Gedanken macht. Aber diese individuellen Gedanken, die man sich im An-gesicht der Partitur macht, taugen am Ende nur, wenn man auf die Gedanken der Musiker eingeht. Wenn man seine Ideen mit ihnen teilt und entwickelt. Wenn man überhaupt von Zauber sprechen will, dann liegt er sicherlich in diesem Prozess.

Mit der Haydnphilharmonie verbindet mich eine Beziehung wie mit meiner Frau. – Ich weiß, ich sollte das eine nicht mit dem anderen vergleichen! Aber trotzdem: Ich bin in dieser Frage sehr konservativ und glaube an Werte. Was ich sagen will, ist, dass es wunderschön ist, durch die Welt zu gehen, dieses und jenes zu hören, und sich zu Hause gemeinsam darüber auszutauschen.

Mit der Haydnphilharmonie haben wir eine musikalische Sprache entwickelt. Wir kennen uns. Von Anfang an herrschte eine Art Festspielstimmung. Es war für jeden Musiker etwas anderes als der Alltag in ihren Heimensembles. Dabei haben wir im Laufe der Jahre eine gemeinsame „Identität“ entwickelt. Am Anfang habe ich mich ertappt, wie ich mit unterschiedlichen Methoden probte.

Mittlerweile ist zusammengewachsen, was zusammen gehört, und ich genieße die Arbeit mit den Musikern außerordentlich. Wenn dabei so etwas wie Zauber entsteht – mich würde es nicht stören.

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Klassik-Lexikon 44 | crescendo 02 2007

»Klang entsteht ohne Worte.«

Adam Fischer über den Zauber

Haydntage Eisenstadt und TourneeDie Haydnphilharmonie und der Oboist Albrecht Mayer (Foto) auf Tournee: 18.04. Wilhelmshaven, 19.04. Hamburg, 20.04. Berlin, 22.04. Dortmund und Düsseldorf, 23.04. Braunschweig. Vom 6. bis 16. Sep-tember finden unter dem Motto „Haydn & die Romantik“ im österreichi-schen Eisenstadt die Haydntage statt. Gäste: Grace Bumbry, Rudolf Buchbinder, Freiburger Barockorchester u.v.a. Information: www.haydnphil.com, www.haydnfestival.at

Zi|tat [lat. citare: herbeirufen]Wie in der Sprache ist das Zitat auch in der Musik das Aufnehmen eines bereits formulierten Gedankens. Zitate rufen Erinnerungen an etwas be-reits Gehörtes wach und setzen es innerhalb eines neuen musikalischen Werkes in einen anderen Kontext.

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plus regional nord-mitte | 46 crescendo 07 2006

Weitere Termine25. MärzNeustrelitz, Landestheater: Adriana Lecouvreur (Cilea), www.theater-und-orchester.de

ab 25. MärzChemnitz, Opernhaus: Iris (Mascagni),www.theater-chemnitz.de

29./30.MärzFrankfurt, Alte Oper: hr-Sinfoniorchester spielt Mahler & Messiaen. Leitung: Paavo Järvi.www.alteoper.de

30. MärzLüneburger Heide, Haus Spöktal:Einführungskonzert Jean-Barrière-Projekt. www.haus-spoektal.de

1. AprilKiel, Oper: Ninotschka (Porter)www.theater-kiel.de

14. April (Premiere)Hildesheim, Stadttheater: Kassandra ruft, Tanzabendwww.stadttheater-hildesheim.de

15. April (Premiere)Frankfurt: Eine florentinische Tragödie / Der Zwerg (Zemlinsky), Kinderoperwww.oper-frankfurt.de

21. April (Premiere)Eisenach, Landestheater: La Cenerentola (Rossini)www.theater-eisenach.de

22. AprilLudwigshafen, BASF Gesellschaftshaus: Zypressen (Dvorák)www.basf.de/kultur

28. April (Premiere)Berlin, Deutsche Oper: Sylvia, Ballettwww.staatsballett-berlin.de

29. April (Premiere)Bonn, Theater: Sorotschinskaja jarmarka (Mussorgskij)www.theater-bonn.de

10. Mai (Premiere)Schwerin, E-Werk: Lysistrate, Ballett.www.theater-schwerin.de

12. MaiLeipzig, Gewandhaus: Abschlusskonzert des Festivals für Vokalmusik www.a-cappella-festival.de

27. April - 01. MaiLübeck, Musikhochschule: Brahms Festivalwww.mh-luebeck.de

Klassik im Kino Wenn Sie mal wieder keine Karten für die Oper bekommen, gehen Sie doch ins Kino! Im April sehen Sie „Falstaff“ unter der Lei-tung von Georg Solti. Im März ist Paul Hindemiths Oper „Cardil-lac“ in einer Aufführung der Bayerischen Staatsoper München zu bestaunen.

Alle Termine, Hintergründe und das Kino-verzeichnis bundesweit unter: www.klassik-im-kino.de

Saarbrücken: Edvard GriegSo etwas gab es noch nie: Die Musikfestspiele Saar widmen sich eine Woche lang dem Gesamt-werk des größten Komponisten Norwegens: Ed-vard Grieg. Eine Hommage zum 100. Todestag. 22. bis 29.4., Tel. 0681-397359, www.musikfestspiele-saar.de

Hamburg: Rhapsodie-Espagnole Für die beiden Schwestern Katia und Marielle Labèque ist es kein Problem von Barockmusik auf Ragtime zu wechseln, von Liszt auf Gershwin oder von Strawinsky auf Brahms. Für Ihren Auftritt in der Laeiszhalle haben sie sich mit der katalanischen Flamenco-Sängerin Mayte Martín zusammengetan und geben sich ganz den spanischen Rhythmen hin. bis 25.4., Tel. 040-346920, www.laeiszhalle.de

Hameln: Colours of Dance Ein Abend voller Kontraste: Klassische Ele-mente werden kombinier t mit Modern Dance und ergeben zusammen mitreissende Choreografien unterschiedlicher Stilrich-tungen. 4.5., Tel. 05151-916220, www.theater.hameln.de

Leipzig: 6. RundfunkkonzertDas MDR Sinfonieorchester hat besondere musikalische Lecker-bissen auf Lager: u. a. Alban Bergs „Fünf Orchesterlieder nach Ansichtskarten-Texten von Peter Altenberg“ und Heinz Hol-ligers „Sechs Lieder auf Gedich-ten von Christian Morgenstern“. Dementsprechend das Motto des Abends, den Holliger selbst dirigiert: Zwischen Natur und Legende. 3.4., Tel. 0341-141414, www.mdr.de/konzertsaison

Hannover: Grigory SokolovDer russische Pianist ist immer in Bewegung und besticht sowohl durch die Tiefe seiner Interpretationen, als auch durch die Größe und Originalität seines Repertoires. Bei diesem Konzert fängt er mit Schubert an – um mit Scriabin aufzuhören. 27.4., Tel. 0511-363817 www.promusica-hannover.de

Dortmund: Sonia Wieder-AthertonDie Cellistin und Filmkomponistin ist in Deutschland mit dem Kinokonzert „D‘est en musique“ zu hören: eine musikalische Performance vor Bildern aus Chantal Akermans Dokumentarfilm „D‘Est“ über ihre Reise in den Osten Europas. Auftakt zum Frauenfilmfestival. 17.4., Tel. 0231-5027710 www.frauenfilmfestival.eu

Wiesbaden: Faust Charles Gounods Verto-nung der Gretchentra-gödie aus Goethes Dra-ma war schon zu seinen Lebzeiten ein Erfolg. Der Franzose Jean-Christophe Maillot zeichnet sich für die Neuinsze-nierung der immer noch aktuellen Oper in Wiesbaden verantwortlich. Premiere am 31.3., Tel. 0611-132325www.staatstheater-wiesbaden.de

Diese Termine sollten Sie nicht

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Dresden

Berlin

Leipzig

Weimar

crescendo 07 2006 47 | plus regional nord-mitte Sonderveröffentlichung/Anzeigen

Wolfsburg: MovimentosIn diesem Jahr steht bei den Movimen-tos Festwochen der Autostadt der Begriff „Respekt“ im Mittelpunkt. Die-

sem Überbegriff wird in mehrfacher Hinsicht Rechnung getragen: Sei es die respektvolle Begegnung unterschiedlichster tänzerischer Ausdrucks- formen, als auch das Miteinander von Menschen verschiedener Nationen, die dieses Festival so einzigartig werden lassen. Zum Schwerpunkt Tanz werden auch szenische Lesungen, Gespräche und Konzerte geboten. 14.4. bis 20.5., Tel. 0800-288678238 (kostenlos) , www.movimentos.de

Dresden: Philharmoni-sches KonzertUnter der musikalischen Leitung von Rudolf Barschai kombinieren die Dresdner Philharmoniker eine Sinfo-nie von Schostakowitsch mit einem Konzert für Vio-loncello und Orchester von Haydn. 28./29.4., Tel. 0351-4866866, www.dresdnerphilharmonie.de

Berlin: Mahler-ZyklusNachdem in den vergangenen Jahren die Staatskapelle Berlin wiederholt einzelne Werke Gustav Mahlers erfolgreich zur Aufführung gebracht hat, wagt sich das Orchester nun unter der Leitung von Daniel Barenboim und Pierre Boulez an eine bei-spiellose Herausforderung: Zu den Festtagen 2007 präsentieren sie sämtliche neun Sinfonien. Ergänzt durch „Das Lied der Erde“ und den Zyklus mit Orchester-Liedern ergibt das zehn Tage reines Mahler-Vergnügen. 1. bis 12.4., Tel. 030-20354555, www.staatsoper-berlin.de

Weimar: Die Walküre Nach der viel beach-teten Inszenierung von „Das Rheingold“ geht der „ring in wei-

mar“ in die zweite Runde. Unter der musi-kalischen Leitung von Carl St. Clair und in der Regie von Michale Schulz wird Wag-ners Bühnenfestspiel fortgesetzt.15.4., Tel. 03643-755334 www.nationaltheater-weimar.de

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MITTWOCH, 2. Mai, 20 Uhr (ausverkauft)ALFRED BRENDEL, KlavierHaydn, Beethoven, Schubert, Mozart

DONNERSTAG, 3. Mai, 20 UhrANDREA LAUREN BROWN, SopranMARK PADMORE, TenorANDREW W , KlavierBRUNO GANZ, LesungAdès, T.S. Eliot, Britten, Tippett

FREITAG, 4. Mai, 20 UhrBELCEA QUARTETMozart, Bartók, Beethoven

SAMSTAG, 5. Mai, 20 UhrMARK PADMORE, TenorANDREW WEST, KlavierANDREJ KURKOW, LesungKATHARINA NARBUTOVIC, ModerationHenze, Kurkow

SONNTAG, 6. Mai, 20 UhrBELCEA QUARTETNATALIE CLEIN, VioloncelloHaydn, Adès, Schubert

KUNST · KULINARIUM · KONZERTexklusive Kunstführung Gaumenfreuden, Hörgenuss

2. – 6. Mai 2007

Leipzig: Hilary HahnSie bezeichnet sich selbst als „moder-nen Troubadour“, immer auf Reisen um ihre Geige zu spielen. Ihre aktuelle Tournee führt sie ne-ben Leipzig u.a. auch nach Frankfurt und Düsseldorf. 7.5., Tel. 01805-969000556 (14Ct/Min) , www.deag.de

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Bad Kissingen

Heidelberg

plus regional süd | 48 crescendo 07 2006 Sonderveröffentlichung/Anzeigen

Schwetzingen

Friedrichshafen

Luzern

Freiburg

Heidelberg: Jonas KaufmannDas Internationale Musikfestival „Hei-delberger Frühling“ ist über einen Monat lang Treffpunkt für hervorragende Mu-

siker. Neben vielen anderen Highlights sollten Sie sich den Liederabend mit Schuberts „Winterreise“ von Jonas Kaufmann nicht entgehen lassen.

22.4., Tel. 06221-142221, www.heidelberger-fruehling.de

Weitere Termine24. März.Unterschleissheim, Bürgerhaus: Anna Gourari, Klavierkonzert www.forum-unterschleissheim.de

31. März (Premiere) Passau, Opernhaus: The Turn of the Screw (Britten)www.suedostbayerisches-staedtetheater.de

3. April.Wien, Theater an der Wien: Giulio Cesare in Egitto (Händel) www.osterklang.at

5. AprilMiesbach, Waitzinger Keller: Internationales Harfenfestivalwww.waitzinger-keller.de

4.-6. April Graz, Rheinische Kantorei: Psalm 2007www. rheinischekantorei.de

15. April (Premiere)Pforzheim, Stadttheater: Die Dreigroschenoper (Brecht)www.theater-pforzheim.de

16. AprilMünchen, Herkulessaal:15. Oster-Akademie-Konzertwww.kulturbananen.de

17. AprilStans, Kleintheater Chäslager: Christof Dienz, modernes Zitherspielwww.stansermusiktage.ch

20. AprilMünchen, Prinzregententheater: Abdullah Ibrahim www.bellarte-muenchen.de

21.-30. April.Würzburg, Theater: Würzburger Flamenco Festivalwww.salon77.de

27. AprilIsmaning, Kallmann Museum: Charles Davis, Sven Götz, Ahmet Yüzen, Jazzkonzertwww.kallmann-museum.de

29. April (Premiere)Stuttgart, Opernhaus: Pelléas et Mélisande (Debussy)www.staatstheater.stuttgart.de

28. AprilHohenems, Markus Sittikus Saal: Artemis Quartett, Kammerkonzertwww.schubertiade.at

1. Mai Kempten, Kornhaus: Kenny Ball and his Jazzmenwww.klecks.de

5. Mai.München, Gasteig: Winners & Masters: Ben Kim, Klavierwww.gasteig.de

6./10./12. MaiMünchen, Staatsoper: Der Rosenkavalier (Strauss)www.bayerische.staatsoper.de

9. und 10. MaiMünchen, Philharmonie: Russian State Academic Symphony Orchestra www.musikerlebnis.de

Diese Termine sollten Sie nicht

Schwetzingen: Iveta Apkalna Die junge Organistin Iveta Apkal-na ist Meisterin Ihres Faches und verhilft der Orgel zu mehr Aufmerk-samkeit als Konzertinstrument. Die „Königin der Instrumente“ hat in der lettischen Künstlerin eine wür-dige Repräsentantin gefunden.

3.5., Tel. 07221-300500 www.schwetzinger-festspiele.de

Andechs: MatthäuspassionIn der einzigartigen Umgebung des Klosters Andechs wird Johann Sebastian Bachs Ver-tonung des Matthäus-Evangeliums zu einem besonders intensiven Musikerlebnis. 6.4., Tel. 08801-2211, www.andechs.de

Luzern: Festival zu OsternDer Schwerpunkt dieses Festivals

liegt bei den sinfonischen Werken mit nicht weniger als fünf Sinfoniekonzerten in einer Woche. Den Abschluss bildet der Londoner King‘s Consort and Choir mit Men-delssohns Oratorium „Elias“. 24.3. bis 1.4., Tel. +41- (0)41-2264480www.lucernefestival.ch

Friedrichshafen: Jan Garbarek GroupSeit drei Jahrzehnten ist der norwegische Saxofonist in der Jazz-Szene durch seinen

individuellen Klang erfolgreich. Im Rahmen des Bodenseefestivals kommt er mit seiner Band nach Friedrichshafen. 3.5., Tel. 07541-2883333www.bodenseefestival.de

Bad Kissingen: Konzert zum Kar-freitagIm Rahmen der Kissinger Oster-klänge spielt das Bayerische Kammerorchester geistliche Werke von Mozart und Pergo-lesi unter der Leitung von Ulf Klausenitzer.6.4., Tel. 0971-8048444www.badkissingen.de

Freiburg: Ro-berto FonsecaDer kubanische Pia-nist arbeitete mit den Legenden des Buena Vista Social Clubs zu-sammen. Auf seiner Europatournee mischt er kubanischen Soul mit Jazz-Finessen.20.4., Tel. 01805-556656 (14 Ct/Min) ,www.jazzhaus.de

München: Ballettwoche 2007Nach 30 Jahren ist das Moskauer Bolschoi-Ballett wieder im Nationaltheater mit drei Vorstellungen von „Don Quixote“ zu Gast. Ansonsten steht die traditionelle Fest-woche des Bayerischen Staatsballetts im Zeichen Petipas.28.4. bis 5.5., Tel. 089-21851920 www.bayerisches.staatsballett.de

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München

Regensburg

Andechs

Bayreuth

Wattens

Salzburg

crescendo 07 2006 49 | plus regional süd Sonderveröffentlichung/Anzeigen

Wattens: Musik im Riesen Das Festival der Kammermusik und Literatur bringt in den Swa-rovski Kristallwelten Persön-lichkeiten wie Alfred Brendel und Bruno Ganz zusammen. 2. bis 6.5., Tel. +43-(0)5224-51080 www.swarovski.com/kristallwelten

Salzburg: Stille StückeNach den pompösen Feierlichkeiten des Mozartjahres 2006 will das Dialoge-Festival das genaue Hin-Hören und Hin-Sehen wieder in den Fokus stellen. Der Mittelteil des drei-geteilten Festivals „Stille Stücke“ führt die Wahrnehmung ins Extreme, sowohl im Hören von Musik als auch im Sehen von Körpern, Tanz und Bewegung. Wegschauen gilt nicht und führt zu neuer Aufmerksamkeit für das Dargebotene.

10. bis 14.5., Tel. +43- (0)622-873154, www.dialoge-festival.at

Bayreuth / Pleystein: Bayreuther Osterfestival / Osterfestival Nördliche Oberpfalz Seit 13 Jahren veranstaltet die Kultur- und Sozialstiftung Internationale Junge Orchesterakademie im Rahmen von Osterfestivals Benefizkonzerte zugunsten krebskranker und schwerstkranker Kinder. Höhepunkt dabei bil-den die Sinfoniekonzerte, aber auch Oper, Kammermusik, Festival-Brass und Jazz-Nights werden von jungen Musikern aus der ganzen Welt dargeboten. Musik auf hohem Niveau an historischen Orten in Bayreuth und wunderschö-nen Plätzen der nördlichen Oberpfalz.

6. bis 15.4. / 31.3. bis 9.4., Tel. 09654-914141, www.osterfestival.de

München: Der Herr Der Ringe SinfonieMittelerde ist überall! All jenen, die die be-rühmte Filmtrilogie nach Tolkiens Roman „The Lord Of The Rings“ schon auswendig kennen, gibt es eine neue Gelegenheit, tiefer in die Welt der Hobbits einzutauchen. Die Filmmusik von Howard Shore wurde in eine zwei-stündige Sin-fonie mit sechs Sätzen für Chor und Orchester umgewandelt. Unterlegt ist das musikalische Werk mit multimedial inszenierten Original- illustrationen der Buchausgaben. 12.4., Tel. 01805-969000556 (14Ct/Min), www.deag.de

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Regensburg: Junge Choreografen Mitglieder des Ballettensembles führen ihre eigenen choreogra-fischen Vorstellungen vor. Hier trifft klassisch auf modern, Spit-

ze auf Step – den Tänzern sind keine Grenzen gesetzt. Ein bunter Tanzabend, der mit einigen Überraschungen aufwarten kann. 11./22.5., Tel. 0941-5072424, www.theater-regensburg.de

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5.–28. JuliPassionsspielhaus ErlGesamtleitung: Gustav Kuhn

Information & Kartenwww.tiroler-festspiele.at, T+43 (0)512/57888813

Wagners Ring hat 7 Teile.Innerhalb einer Woche zu erleben:Der Ring des Nibelungen + Tristan + Meistersinger (Lesung) + Parsifal

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Impressum

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Verlag: Port Media GmbHSenefelderstraße 14, 80336 MünchenTelefon: +49-89-741509-0, Fax: [email protected]: Winfried [email protected]: Axel Brüggemann (verantwortlich)[email protected]:Stefan Steitz (verantwortlich)[email protected] Redaktion:Doris [email protected] Michaela Wurstbauer

plus regional:Projektleitung: Liselotte [email protected]:Michaela WurstbauerAutoren dieser Ausgabe:Tzimon Barto, Konrad Beikircher, Axel Brüggemann, Anna Drechsler, Claudia Elsässer, Adam Fischer, Felix von Freu-den, Peter Gulda, Donna Leon, Doris Mahlknecht, Moritz Meinken, Klemens Renoldner, Uwe Schneider, Ernst Theis, Rolando Villazón.Grafik und Zeichnungen:Titelseite: Stefan SteitzNord: Haydn-PhilharmonieSüd: Augsburger Mozartfest

Produktionsmanagement:Michaela WurstbauerAuftragsmanagement:Petra Lettenmeier (verantwortlich)[email protected] [email protected] Verlagsrepräsentanten:Petra [email protected] & Markenartikel: L. Richter-Lux [email protected] Kremer, [email protected] Kibbel, [email protected]ültige Anzeigenpreisliste: Nr. 9 v. 1.1.07Druck:Westermann Druck, Braunschweig

Erscheinungsweise:crescendo erscheint mit sechs Ausgaben pro Jahr und zusätzlichen crescendo-themenspecials.crescendo ist bei Opern- und Konzert-häusern, im Kartenvorkauf und im Hifi- und Tonträgerhandel erhältlich. Copyright für alle Bei träge bei Port Media GmbH. Namentlich gekennzeichnete Bei-träge geben die Meinung des Verfassers, nicht unbedingt die der Redaktion wieder. Nachdruck und Vervielfältigung, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Ge-nehmigung des Verlags. Für unverlangt eingesandte Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. Angabe d. Beteiligungsverhältnisse:Gesellschafter der Port Media GmbH: 100 % Winfried Hanuschik (Werbekauf-mann), München

BeilageDiese Ausgabe enthält eine Beilage der C. Bechstein Pianofortefabrik AG.Abonnement-Preis:crescendo premium inklusive sechs premium-CDs: Inland: EUR 34,- pro Jahr inkl. 7% MwSt. Bei Zahlung per Rechnung fallen zusätz-lich EUR 5,- Bearbeitungsgebühr an. Europäisches Ausland: zzgl. EUR 10,- Bank-/ PortospesenKündigung: vier Wochen zum Ende des KalenderjahresVerbreitete Auflage: 103.171 (laut IVW-Meldung IV/06) ISSN: 1436-5529 geprüfte Auflage

Am 10. April 2007 erscheint das crescendo Themenspecial festspiel-guide.

lieto fine 50 | crescendo 02 2007

Ist Nagano die männliche Simone

Die Dirigentin Simone Young und ihr Kollege Kent Nagano sind sich sehr ähnlich. Zwei sachliche Musiker.

Die HeimatDie Australierin Young ist Musikchefin in Hamburg, der Kalifornier Nagano in München. Beide sind in ihren Städten nicht angekommen – die Schuhe ihrer Vorgänger (Ingo Metzmacher und Zubin Mehta) schei-nen zu groß.

Die Musik Beide gehören zu den sachlichen Dirigenten. Sie schlagen Takte, selten Gefühle. Angst vor der emotionalen Auflösung?

Strauss-ExpertenNagano hat seine Ära mit Strauss‘ „Salome“ eröffnet, Young die „Frau ohne Schatten“ dirigiert. Beide hatten wenig zu sagen, ein-dimensionale Klangfarben, Bodenhaftung selbst in den größten Schwelge-Passagen. Einziger Unterschied: Ihr Publikum. Buhs für Young, Bravos für Nagano.

KentIst Nagano die KentIst Nagano die

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Kent Nagano und Simone Young

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