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I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

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Page 1: I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

JUSTUS LIEBIG'S ANNALEN DER CHEMIE.

361. Band.

Mittheilungen aus dem Anorganisch-chemischen Institut der Konigl. Technischen Hochschule zu Berlin.

(Eingelaufen am 8. MLrz 1908.)

I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls; van Hugo Erdmann und Rudolf' Reppert.

Theoretischer Theil. Die Constitution der drei Formen des Kohlenstoffes bildet

bis zum heutigen Tage ein ungelostes Rathsel. Anders beim Arsen. Hier sind freilich die Verhaltnisse noch mannigfaltiger: wir kennen nicht weniger als vier Grundformen des Arsens, alle von einander bereits in den einfachsten physikalischen Eigen- schaften so vollkommen verschieden, dass eine Isomerie aus- geschlossen erscheint und daher alle vier Formen verschiedene Molekulargrosse besitzen miissen. Aber Fliichtjgkeit bei massiger Temperatur und Loslichlieit in handlichen Losungsmitteln, zwei Eigenschaften, die wir beim Kohlenstoff so vollkommen verniissen, finden sich bei einer d i e m Formen vereinigt, so dass ihr Molekulargewicht nach den zuverlassigsten Methoden sicher festgelegt wer'den konnte l). Es ist das jene im Gaszustande farblose Substanz, welche bei rascher Abkiihlung sich ohne Aenderung ihres Molekularzustandes zu gelben Krystallen des

') D e v i l l e und T r o o s t , Compt. rend. 56, 891; E r d m a n n und v. U n r u h , Zeitschr. f. anorg. Cliem. 32, 437 (1902).

1 Annalen der Chemie 361. Bd.

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2 E r d m a n n und R e p p e r t , Die polymeren Formen

regularen Systems verdichtet ". Dieses gelbe Aisen, As4, ist nur im festen und im gasfiirmigen Zustande bekannt ; die tropf- bar-fliissige Phase ist bisher nicht beobachtet aorden

Das gelbe Arsen, As4, ist nun mit den iibrigen Formen des Arsens durcli so eigenartige Umwandlungsvorgange ver- kniipft, dass es miiglich wird, auch deren Molekulargewichte mit grosser Wahrscheinlichkeit anzugeben und selbst Consti- tutionsformeln fur sie aufzustellen. Diese letzteren erscheinen der experimentellen Bestatigung zwar noch bediirftig, aber auch fahig, und dies ist der Grund, weshalb wir sie schon heute den Fachgenossen unterbreiten. Wer ein neues Land zum ersten Male durchstreift, wird das Bediirfniss haben, sich von dem Lauf der Flusse, dem Gang der Hijhenziige ein Bild zu machen. E r darf seine Skizze Torlegen, unbekiimmert darum, ob spatere genaue Durchforschung hier und da Einzelheiten abandert.

Fur das gelbe Arsen ist, namentlich wegen seiner Be- ziehungen zum Arsensesquioxyd As,O, ,4) eine Ringformel mit vier dreiwerthigeu Arsenatomen anzunehmen 5) . Hochst be- merkenswerth ist bei dieser Form ihr ganz iiberaus grosses Vo'olumen G), welches beim Uebergange in den metallischen Zu- stand fast auf den dritten il'heil herabsinkt.

Ueber das Wesen des metallischen Zustandes sind seit E r d m a n n's Vcroffentlichungen iiber diesen Gegenstand 7, von verschiedencu Seiten Betrachtungen angestellt wordens). E r d-

%) B e t t e n d o r f , diese Annalen 49, 254. 7 Vergl. L a u d o l t , Jahrb. f. Xin. 1869, 733. 4, H. E r d m a n n , Zeitsclir. f. anorg. Clicm. 39, 455 (1902). s, Vergl. nntcii. *) H. E r d m a n n , Ber. d. deutsch. cliem. Ges. 41, 521 (1908). ') Uebcr das Wesen des metallischen Zustandes, Zeitschr. f. anorg.

Chem. 39, 404 (1902); vergl. auch Zeitschr. f. Naturwissenschaften 65, 393 (1892). Vergl. 2 . IS. I t i e c k e , Elektricitiitsleitung in Metallen, Physikal. Zeitsclir. 2, 639 (1901); J o r d i s , Ueber die mettrllische Form der

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des Arsenmetulls. 3

m a n n kam bekanntlich zu dem Schlusse, dass die Molekule aller Metalle sowohl im festen wie im flussigen und gasfijrmigen Zustande stets nur aus einem Atom bestehen, und in den neueren Publicationen anderer Autoren finden wir nichts, was diesem Ergebniss widerspricht. E r d m a n n's Theorie des metallisclien Zustandes kann daher jetzt wohl als allgemein angenommen gelten. Betont doch neuerdings wieder E. J o r d i s Y ) ganz ausdrucklich, dass die Einatomigkeit ein cliarakteristisches Merkmal aller Metalle sei.

Bei dem durch Licht und mlssige Erwarmung bewirkten Uebergange des gelben in metallisches Arsen handelt es sich also um einen analytischen Torgang :

As, = AS,.

Dass solche Spaltungsvorgiinge haufig durch das Licht aus- gelost werden, ist bekannt; im vorliegenden Falle scheint der Zerfall noch durch die sperrige Natur des labilen MolekUles begunstigt zu werden. Die Arsenatome diirften in dem Vier- ring bereits verhaltnissmassig weit von einauder entfernt liegen, denn die Raumerfiillung des gelben Arsens ist erstaunlich gross und die beim Zerfall stattfindende Contraction ganz heispiellos hoch. Sehr beachtenswert ist aber auch der Umstand, dass das Licht m r auf festes gelbes Arsen spaltend einwirkt und dass es auf keine Weise gelingt, aus seinen Lijsungen auf diese oder eine andere Weise graues oder metallisches Arsen abzu- scheiden. Auch dies Phanomen ist nicht ohno Analogie lo)

Xetalloide, Zeitschr. f. angew.Chem. 20, 2241 (1907): R. S c l i e n c k , Die neueren Anschauungen uber die Ursachen der besonderen Eigenschaften der Metalle, Metallurgie 4, 161 (1907). Zeitschr. f. angew. Chcm. 20, 2242 (1907). Auf frisch dargestellten Bromsilbergelatineplatten ist das Brom- silber zunlclist geliist und daher durchscheinend; erst beim Liegen wird es porzellanartig und damit lichtempfindlicli. Auch hier wirkt das Licht nur auf die ausgescliiedene Substanx, nicht auf das geloste Bromsilber xersetzend ein (Privatmittbeilung von A. Miethe) .

1"

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4 Erdmalzm und Repper t , Die polymeren Formen

und es sei uns daher gestattet, einen Versuch zu seiner Er- klarung hier einzuschalten.

Im anisotropen starren Zustande treten Richtungskrafte zwischen den Molekiilen auf, welche diese in bestimmten Lagen zu einander festhalten. Die Bethatigung dieser Richtungskrlfte muss nun nothwendiger Weise eine Rtickwirkung auf das Mo- lekiil selbst haben : sie bedeutet eine Inanepruchnahme der mo- lekularen Festigkeit. Es ist denkbar, dass diese Inanspruch- nahme nahe bis an die Festigkeitsgrenze des Molekuls heran- geht, namentlich wenn das Molekiil an und fur sich schon labil ist und von seiner pyrogenen Entstehungsweise her cine Raum- erfullung beibehalten hat, welche mit der Aussentemperatur im Missverhiiltniss steht und als sperrig bezeichnet werden muss. Hier muss der leiseste Anstoss zum Zerfall des Molektlls ge- nugen und so erklart sich die eminente Lichtempfindlichkeit des festem gelben Arsens.

Wir konnten nun neuerdings feststellen, dass dieser Zer- legungsprozess in zwei deutlich von einander zu scheidenden Phasen stattfindet : das vieratomige Molekul zerfallt zunachst in zwei zweiatomige Molekule, welche sich ihrerseits wieder in einatomiges metallisches Arsen spalten:

As=As I I = 2 - i = 4As, As=As As gelbes graues metallisches Arsen Arsen Arsen.

Das zweiatomige Arsen ist zwar undurchsichtig und glan- zend, unterscheidet sich aber von dem einatomigen metallischen Arsen auf das Scharfste durch mangelnde Leitfahigkeit. Aucb hat es eine andere Krystallform und ein um eine volle Einheit niedrigeres specifisches Gewicht. Seiner Constitution ent- sprechend besitzt .es natiirlich eine grossere Bestandigkeit gegen atmospharische Einflusse a16 das metallische Arsen.

In der Molekularstructur des Vierringes erreicht das gelbe Amen ein Maximum der Raumausfullung; in dieser Form be-

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des Arsemnetalls. 5

anspruchen vier Arsenatome ebensoviel Raum wie elf ein- atomige Arsenmolekiile. Treten zwei solcher Vierringe zu einem Achtring zusammen, so ist auch dieser Polymerisations- vorgang :

As=As As=As As=As-As=As

I I = 1 I = I As=As As=As As=As-As=As

gelbes Arsen braunes Arsen

mit einer erheblichen Contraction verbunden. Die acht Arsen- atome nehmen in der Form des braunen Arsens kaum so viel Raum ein wie 13 einatomige Arsenmolekiile, also der Achtring beansprucht nur unbedeutend mehr Platz als der Vierring. Die Condensation kann auf verschiedene Arten erfolgen. Am durch- sichtigsten ist der Vorgang bei langerer Lichteinwirkung auf eine Losung des gelben Arsens. Die Geschwindigkeit des Vor- ganges wird gegenwartig von Herrn M. T h i e l e bei verschie- denen Concentrationen verfolgt und diirfte den Beweis er- bringen, dass die Reaction dimolekular ist. Auch hier findet offenbar durch die Lichtbewegung eine Auflockerung des molekularen Verbandes statt. Da aber in der gelosten Form die von Molekiil zu Molekiil gehenden Richtungskrafte fehlen, welche bei der Bildung des grauen Arsens mitarbeiten, so kommt es nicht zum ZerfalI. Nur wenn zwei vieratomigc Arsenmolekule zusammentreffen, vereinigen sie sich zu einem grosseren und stabileren Ringsystem. Da solche Zusammen- stosse relativ selten sind, so erfolgt dieser Polymerisations- vorgang viel Tausendmal langsamer als der ebenfalls durch Licht ausgeloste Spaltungsvorgang des festem gelben Arsens. Da die Zahl der Zusammenstosse mit der Concentration sehr s tark zunimmt, so ist dies auch bei der Geschwindigkeit der Reaction der Fall.

Das achtatomige Amen erinnert in mancher Hinsicht an den gelben Schwefel, fur welchen die Formel S, mit Sicherheit nachgewiesen ist ll). Bei seinem hohen Molekulargewichte

") O s t w a l d und v a n ' tHof f , Zeitschr. f. phys. Chem. 6, 358; B i l t z , Ber. d. deutsch. chem. Ges. 21, 2013.

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6 E r d m a n n und Reppert , Die polymeren Formen

(As, = 595,7) ist das achtatomige Arsen in Losungsmitteln kaum mehr loslich und konnte bisher nicht in deutlichen Krystallen erhalten werden.

Experimenteller Theil. 1. Braunes Irscn, As,.

I I . As=As-&4s=As

As=-As-As=As

J a n ow s k y I,) beobachtete einen braunen sammetartigen Korper, als e r auf Arsennatrium Wasser einwirken liess. Er hielt das braune Product fur einen festeu Arsenwasserstoff der Formel ASH. B r u n n 13) erhielt durch Einwirkung auf Arsen- wasserstoff im Dunkeln eine gleiche Substanz, die e r fur ein Gemisch von Arsen mit einem Arsenwasserstoff erklarte. Ers t G e u t h e r 14) stellte durch Analysen fest, dass sich ein chemisch reines Arsen von rothbrauiier Farbe erhalten lasst, wenn man Phosphortrichlorid mit Arsentrichlorid zusammenbringt und be- stimmte sein specifisches Gewicht zu 3,7 bei ISo. Auch E n g e 1 I!') hatte schon fruher diese Ansicht vertreten.

In neuerer Zeit stellten S t o c k und S i e b e r t Iti) braunes Arsen her, indem sie unter den verschiedensten Bedingungen auf fliissigen und gelosten Arsenwasserstoff Arsentrichlorid ein- wirken liessen. Doch geben Beide keine weiteren Daten uber diesen Korper an.

B r u n c k I i ) liess auf eine kalt gesattigte Losung von -

Ber. d. deutsch. chem. Ges. 6, 220 (1873). Is) Ber. d. deutsch. chem. Ges. 22, 3023 (1889). ") Jenaische Zetschr. f. Medicin und Naturwissenschaften 10, Suppl.

15) Compt. rend. 77, 1545 (1873). 16) Dissertation von W. S i e b e r t : ,Zur Kenntniss der Nodificationen

des Arsens u d Antimons". ") Diese Annalen 336, 286.

123 (1875).

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des Arsenmetalls. 7

arseniger Stiure einen Ueberschuss von h:atriumhydrosulfit ein- wirken unter tropfenweisem Zusatz von Salzsaure. Sofort zeigte sich ein rothhrauner Niederschlag. Da B r u n c k keine An- gaben iiber eine quantitative Analyse seines Productes liefert, so fiihrten wir eine solche aus.

1,0151 g Substaiia, griindlich mit frisch hergestelltem farblosen Schwefelamnioiiium ausgewasclien, lieferten 2,0871 g JIg,As,O,, so dass das braune Arseii zu 99,07 pC. iius Arsen bestand; iiii Filtrat des weissen Magiiesiiinip).roarseiints bcfaiicl sic11 etwa. 0,6 pC. Schwefel. Kine zweite Analyse lieferte bei 0,7148 g Substanz 1,4606 g >Ig&O,, so dass eiu Procentgelialt w n 98,98 pC. Arsen vorhanden war. Aucli in diesem Palle war ini Yiltrat Schwefelsiure enthalten, und w a r 0,s pC. Schwefel.

Diese Analysen bieten einen Anhalt fur die Annahme, dass man es bei dem braunen Arsen B r u n c k ’ s nicht etwa rnit einer Arsenverbindung, sondern rnit freieni Arsen zu tun hat, -,veIches mitunter durch etwas Arsentri- oder -pentasulfid ver- unreinigt ist. Die von uns an verschiedenen nacb B r u n c k dargestellten Producten vorgenornmenen Bestimmungen des spe- cifischen Gewichtes ergaben Werthe ron 3,03-4,13. Das ganz reine braune Arsen hat, wie wir sehen werden, ein noch nie- drigeres specifisches Gewicht.

Aus den Losungen des gelben Arsens kann man namlich nach verschiedenen Methoden reines braunes Arsen As, dar- stellen : durch Einleiten reinen Sauerstoffes, durch Belichtung, durch langes Stehen im Dunkeln oder durch katalytische Ein- wirkung von Arsenbromur ; auch Acetylentetrabromid wirkt in ahnlicher W-eise.

100 ccm einer 2,2-procentigen Liisung gelben Arsens be- fanden sich in einem schIanken Erlenmeyerkolben, in den ein Zu- und Ableitungsrohr durch einen durcbbohrten Korken fiihrte. Aus einer Sauerstoffbombe kommend, stromt der Gas- strom zuerst uber eine Schicht von gluhendem Palladiumasbest urn hier eventuell Wasserstoff in Wasser iiberzufuhren, dann durchfliesst e r eine rnit Schwefelsaure gefullte Waschflasche und schliesslich eine mit Yhosphorpentoxyd gefullte Rohre.

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8 E’rdnzann uiad R e p p e r t , Die polymeren Formen

Dann tritt der Gasstrom in die Losung ein, welche in einem verdunkelten Behalter sich befindet. Schon nach lturzer Zeit zeigte sich eln immer dichter werdender, rothbrauner, flockiger h’iederschlag, welcher sich am Boden des Gefasses absetzte.

Derselbe wurde, nachdem der Sauerstoff etwa zwei Stunden durchgeleitet worden war, abfiltrirt, zuerst mit Schwefelkoblen- stoff und dann mit Alkohol und dether ausgewaschen.

Eiiie qualitative Untersucliung des h’icdersclileges ergab keinen‘ Scliwefel. Zu eiuer quantitativen Analyse wurdeu 0,3600 g Substanz verwandt. Es ergab sicli 0,7889 g Mg,As,O,, entsprectieiid 99,08 pC, Arsen.

Sehr kleine Mengen von Arsentrihromid rermogen auch bei Abwesenheit yon Sauerstoff die gleiche Umwandlung zu be- wirken ’*). Ein Theil Arsentribromid wurde in 1000 Theilen Schwefelkohlenstoff aufgelost und 1 ccm dieser Losung zu 25 ccm einer Lijsung gelben Arsens zugegeben. Sofort zeigte sich ein sammetartiger, brauner Niederschlag, der, nachdem er abfiltrirt war, dasselbe Aeussere und dieselben Eigenschaften zeigte, wie das nach den schon erwahnten Methoden erhaltene braune Arsen. Der Iiiederschlag blieb an der Luft unver- andert, durch concentrirte Salpetersaure wurde e r unter Feuer- erscheinungen heftig oxydirt (in Folge seines amorphen Zu- standes), von einer ammoniaknlischen Wasserstoffsuperoxyd- losung wurde e r zu Ammoniumarsenint gelost.

Aus einer gelten Arsenlosung wurde das Arsen durch ge- niigende Zugabc YOU Alkohol quantitativ gefallt. Fiigt man zu diesem gelben Arsen eine grossere Menge Acetylentetra- bromid, so wandelt sich das gelbe Arsen nicht in seine graue Modification um , sondern das entstehende Product ist braunroth gefarbt und ist identisch mit dem nach den vorher- gehenden Mothoden erhaltenen braunen Arsen.

’”) Vergl. iiber die Eiuwirkung von I’liosphortribrouiid auf gelben Phosphor R. S c h e n c k , Ber. d. deutscli. chem. Ges. 36, 361 (1902).

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des Arsenmetalls. 9

Braunes Arsen scheidet sich auch aus, wenn eine gelbe Arsenlosung llngere Zeit steht. Das hier entstehende Product wurde gleichfalls schwefelfrei erhalten und besass die gleichen Eigenschaften wie das auf anderem Wege erhaltene braune Arsen.

Das aus einer Losung gelben Arsens durch Einleiten von Sauerstoff abgeschiedene braune Arsen zeigte ein specifisches Gewicht von 3,67-3,69 bei 20°. Wir haben demnach keine Veranlassung, von dem bereits von G e u t h e r festgestellten Werthe 3,70 bei Is0 abzugehen.

11, Gelhcs Arsen, As,. As=As I I . As=.is

a) Apparat zur Herstellung einer Schwefelkokleiistoffliisung von gelbent Arsen.

Zuerst bedienten wir uns zu r Darstellung des gelben Arsens des Verfahrens von E r d m a n n und v. U n r u h l Y ) ; dann fanden wir es zweckmassig, den Apparat in folgender Weise umzugestalten.

In einem 60 cm langen Aluminiumrohre A (siehe Fig. I) von 3 mm Wandstarke und 20 mm I, W. werden durch einen kleinen Verbrennungsofen circa 30 g Arsen verfliichtigt. An dieses Aluminiumrohr ist mittels eines eisernen T-Rohres R ein zweites gleich weites Aluminiumrohr angeschraubt, von dem das langere untere Ende in den Schwefelkohlenstoff taucht, wahrend durch das obere Stuck ein mittelst eines Korkes be- festigtes, bis etwa zu der Halfte des unteren Rohres, natiirlich nicht bis in den Schwefelkohleiistoff herabfuhrendes Glasrohr hinabreicht. Das Aufnahmegefass S fur den Schwefelkohlen- stoff hat bei einem Durchmesser von 18 cm eine Hohe von 10 cm, so dass sein Inhalt etwa 21i2 Liter betragt.

Dieses Aufnahmegefass ist mit drei Halsen I, 11, I11 ver- sehen. Durch den zweiten €Ids reicht, gleichfalls mittelst eines

19) Zeitschr. f. anorg. Chem. 32, 437 (1'302).

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10 E r d m a n n und I lepper t , Die polynieren E'ormen

Korkes befestigt, ein mit einem Uahne verschliessbares Glas- rohr. Auf diesem Glasrohre sitzt dicht eingeschliffen ein Scheidetrichter T, welcher zum Kachfullen von etwa ver- dunstetem Schwefelkohlenstoff dient.

Das Nachfiillen (siehe Fig. I) geschieht in der Weise, dass wir den mit Schwefelkohlenstoff gefdllten Scheidetrichter auf das dazu gehorende Glasrohr auf'setzen; die obere Oeffnung des Scheidetrichters steht luftdicht verschlossen mit dem Kohlen-

saureapparat in Verbindung, und nun drucken wir den Schwefel- kohlenstoff mittels des Kohlensaurestromes p in das Aufnahme- gefiiss S.

Der dritte IIals des Aufnahmegefasses dient zur Be- festigung eines mit -zwei Hahnen versehenen Hebers I1 und zur Anbringung eines Kugelkuhlers L , durch den die Abgase i n den Abzug entweichen.

Durch einen Kohlensaurestrom n werden die Arsendlmpfe nach dem Aufnshmegefass S getrieben. Kurz vor ihrem Ein- tritt in das Losungsmittel werden diese Diimpfe plotzlich durcb einen zweiten Kohlensaurestrom m abgekuhlt, welcher durcb

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des Arsenmelalls. 11

das an dem oberen Aluminiumansatzstucke angebrachte Glas- rohr eingeleitet aird.

Zu seiner Abkiihlung passirte dieser letztere Kohlendioxyd- strom eine Kuihlschlange K , welche, in einer Kaltemischuug vou Eis und Rohkalisalz stehend, bis zu - 26O abgekuhlt war.

Wahrend der Operation ist das in einern grossen Glas- gefass stehende, mit dern Schwefelkohlenstoff gefallte Aufnahme- gefass S durch zwei dichte Asbestwande von dem Verbrennungs- ofen getrennt, ausserdem wird dasselbe durch Eiswasser, vou dem es vollstandig umspult wird, abgekuhlt.

Die Temperatur in dem Aluminiumrohre A regelten wir mittelst eines Thermoelementes, dessen Temperaturen an dem Messinstrumente G abgelesen wurden.

Als einzige Kohlensaurequelle diente eine Kohlensaure- bombe B, die Gasstrome durchflossen zwei mit Schwefelsaure gefullte Waschflaschen. Xittelst dieser Flaschen ist die Starke der beiden Gasstriime zu erliennen, die fur die Darstellung des gelben Arsens ron grosser Bedeutung ist.

Um eine moglichst gute Ausbeute an gelbem Arsen zu erzielen, sind folgende Punkte zu beachten :

I ) der Kohlensaurestrom n , aelcher den Arsendampf vor sich hertreibt, muss starker sein, als der abkiihlende Gas- strorn m , da sich sonst leicht in dem vorderen Theile des Aluminiumrohres A, in der Xahe des T-Rohres H, ein dichter Arsenpfropfen bildet ;

2) muss der Gasstrom rn stets gut gekuhlt sein; 3) ist von Zeit zu Zeit, etwa nach je einer Stunde, die

Operation auf etwa 20-30 Minuten zu unterbrechen. Nach zwei Stunden war die Losung 0,388-procentig, nach

weiteren drei Stunden 0,85O-proceutig, d. h. nach zwei Stunden waren im Schwefelkohlenstoff 7-8 g, nach fiinf Stunden etwa 17 g gelbes Arsen gelost.

Hatte die Arsenlosung die Concentration 0,850 pC., so liessen wir sie durch den Giftheber ab und verstarkten sie durch Sbdestilliren eines Theiles des Schwefelkohlenstoffes in

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einem verdunkelten Kolben. Doch fanden wir es unzweckmassig, die Losung zu stark zu concentriren, da schon Losungen von 2-3 pC. nach wenigen Stunden schwarxe Arsenflitter absclreiden, und die Liisung sich schliesslich auf einen Gehalt von etwa 1,5-1,8 pC. einstellt.

E r d m a n n und R e p p e r t , Die polymeren Formen

b) Das specifische Gewicht des ge1be.n Arsens.

Die Bestimmung des specifischen Gewichtes , welche nach den Ausfiihrungen von P e t e r s e n zo) beim gelben Arsen von besonderer Bedeutung sein musste, stlisst auf erhebliche Schwierigkeiten , die durch dessen grosse Unbestandigkeit be- dingt sind.

Zunachst brachten wir das gelbe Arsen aus seiner Schwefel- kohlensto~~osung durch ~ u h l u n g mit Kohlendio~yd und Aether oder mit fliissiger Luft ,l) znr Abscheidung, verwandelten es durch Belichtung in graues Arsen As, und beobachteten in einem Pyknometer die mit diesen Vorgilngen verbundenen Volumveranderungen z 2 ) . Das Verfahren war recht mtihsam und erforderte mancberlei Correcturen. Auch mussten einige Be- stimmungen verworfen werden, da das gelbe Arsen sich trotz alier Vorsicht zu fruh zu zersetzen begaun. Schiiesslich wurden doch ganz leidlich ~bereinstimmende Werte erhalten.

Specifisches Gewicht des gelbe% Arsens bei niedereB Tenaperntzcren. - ;io@ -630 - 750

2,20 2,37 2,61 2,39 2,43 2.57 2.46 2.59 2 . ~ 2

Mittel 2,35 2,46 2,63.

*’) Zeitschr. f. phys. Chem. 8, 601 (1891). *I) Vergl. 0. Ruff und G. P i sche r , Ber. d. deutsch. chem, Ges. 86,

”) Die Einzelheiten befinden sieh iri R. Rep pert’s Inaug. -Dissert. 429 (1903).

(Halle 1907) auf Seite 14-31 beschrieben.

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des Arsenmetalls. 13

E. D. M e u s e 1 23) hat neuerdings das specifische Gewicht des Arsens, yon rein theoretischen Erwagungen ausgehend , zu 2,25 berechnet. Ein derartiger Werth diirfte bei massigen Kaltegraden der Wirklichkeit entsprechen, wahrend die Voraus- sagung von G. Linck2*) , nach welcher das specifische Gewicht des gelben Arsens 3,882 betragen sollte, a19 veruuglllckt be- zeichnet werden muss 'j). P e t e r s e n Z 6 ) , der das specifische Ge- wicht des gelben Arsens praktisch zu bestimrnen versuchte, hat nur dessen Urnwandlungsproduct, das graue Arsen, i n Handen gehabt.

. .

z3) Nacli giitiger Privatmittheilung. *() Ber. d. deutsch. chem. Ges. 32, 888 (1899). zs) Vergl. H. E r d m a n n , Ber. d. deutscli. chem. Ges. 41, 521 (1908). - L i n c k ' s Verdienste um die Erforscliung des' Arsens haben wir stets anerkanut (vergl. Zeitsclir. f. aiiorg. Cliem. 32, 437 [1902]). Aber bei aller dadurch gebotenen Sclionung dnrfteu wir doch auch das Verdienst niclit verschweigen, das sich Nu tli- ni a n n dnrcli die Zuriickweisung einer .entschicden verfehlteu' Tlieorie erworben liat (Ber. d. deutscli. chem. Ges. 33, 1773 [1900]). Vnter dem Einflusse dieser Tlieorie hat L i n c k einen Iiiirpcr, der uur doppeEt so schwer als Wasser is t , fur nahezu w'ema2 so schwer augeselieii. Wir erlaobteii uns dalier die Be- merkung, diese Biigabe "diirfte uiclit der Wirklichkeit ent- sprecheu".

In einer erst iiacli Absendniig vorlicgciider Arbeit an die Redaction erschienenen Notiz (Ber. d. deutsch. chem. Ges. 41, 823) mncht nun L i n c k noch einmal den Versuch, seine Proplie- eeiung zu retten. Er beruft sich anf eine friihere I'ublicatiou (ebcuda 33, 2261 [1900]), in der das Atomgewicht des Rubidiums nus sciiier Theorie berechuet wird, vergisst aber dabei, dass dieses Atomgewicht damals bereits bekaunt war. Als es sich darum handelte eine noch u?zbeku:a?t?tte Constante, niinilich das specifische Gemiclit des gelbeii Arsens zu berecliuen, habeu L i n c k ' s Theorien versagt. In rein speculativen Betrachtungeii lasseu wir nun Herrn L i n c k gcrn das letzte Wort, ebenso wie dies seiner Zeit Nutli- m a n u getlinii Iiat. K n s aber die tliatsiiclilichen Beobaclitungen aiilangt, so wird die hier folgende genaue Darlegung unserer Ver- suclie jedeu Fachgenossen in den Sta id setzen, sich durch Sacli- priifuug von cler Exactheit uuserer Xethodc zii iiberzeugen.

") Zeitschr. f. physik. Chem. 8, 601 (1691).

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14 E r d m a n n und R e p p e r t , Die polyineren Formen

Durch die Beobachtung, dass gelbes Arsen durch Alkohol- zusatz aus seiner Schwefelkohlenstoff losung in fester krystalli- sirter Form ausgeschieden wird, wurde es uns aber auch mog- lich, das specifische Gewicht des festen gelben Arsens bei gewbhnlicher Temperatur nach der Schwebemethode zu be- stimmen. Die Bestimmungen fiihrten wir mittelst der M o h r - schen Wage aus. Als Fliissigkeit, um das ausgeschiedene gelbe Arsen zum Schweben zu bringen, diente Tetrabromathan, welches ein specifisches Gewicht von 2,9 besitzt und sich leicht mit Alkohol und Schwefelkohlenstoff mischt. Die Arbeiten wurden in einem dunklen Raume ausgefiihrt, welcher von einer rothen Lampe erleuchtet wurde.

Wie durch Vorversuche festgestellt wurde, muss man, um das gelbe Arsen zum Schweben zu bringen, zu 5 ccm einer Losung von gelbem Arsen in Schwefelkohlenstoff 10 ccm Alkohol hinzufugen und dieses Gemisch dann mit circa 15 ccm Acetylen- tetrabromid versetzen.

Es wurden acht Bestimmungen ausgefuhrt, die folgender- massen verliefen.

10 ccm gelbe Arsenlosung wurden in einem etwas weiten Reagensglase mit 20 ccm Alkohol versetzt. Nachdem das mit einem Kork verschlossene Gefass mehrmals titchtig geschtittelt worden war, damit sich das As, nicht in Klumpen, welche eventuell Schwefelkohlenstoff oder Alkohol einschliessen konnten, absondere, fiigte man nach und nach Tetrabromathan hinzu, bis das zu Boden gesunkene As, zum Schweben kam. Nun begann die Wagung. Die Operationen waren naturlich in einem Mi- nimum von Zeit auszufiihren, da sonst die Bestimmungen in Folge der Umwandlung von As, leicht zu hohe Werthe zeitigten. Von den acht bei + ISo ausgefuhrten Bestimmungen seien die ftinf ubereinstimmendsten Werthe angefuhrt :

2,08 2,09 1,98 I ,95 2,03.

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des Arsennaetalls. 15

Der mittlere Werth fur das specifische Gewicht des gelben Arsens bei + 16O betragt also 2,026.

Da unsere Bestimmungen kiirzlich von L i n c k *T) be- mangelt worden sind, haben wir dem Gegenstande noch weiter unsere Aufmerksamkeit zugewendet. Der einzige experimentelle Befund, auf den L i n c k sich zu stiitzen vermag, ist die Be- obachtuug, dass Iialkspathpulrer bei der Bestimmung seines specifischen Gewichtes nach der Schwebemethode sich nur schwer aus der Losung absetzt. Wir erlauben uns d a m zu bemerken, dass der Kalkspath, wenigstens von chemischen Ge- sichtspunkten aus, nicht die mindeste Aehnlichkeit mit dem gelben Arsen besitzt. Wir haben dpher ucsere Bestimmungen mit dem gelben Phosphor, welches dem gelben Arsen in seiner Molekulargrosse, in seinen Lijslichkeitsverhaltnissen und in seiner Krystallform durchaus analog ist, xiederholt und sind dabei zu sehr befriedigenden Ergebnissen gelangt. Unter An- wendung Y O U Schwefelkohlenstoff als Ldsungsmittel, Alkoliol als Fallungsmittel und Acetylentetrabromid als Beschwerungsmittel d e r Losung wurden hiibsche Krystallchen von regularem gelben Phosphor erhalten, welche sich bei einem specifischen Gewichte d e r Mischung Ton 1,83 scharf einstellten. Eine kleine Schwie- rigkeit cntstand anfangs dadurch, dass der Phosphor in Folge seines niedrigen Schmelzpunktes g e n e in fliissigem Zustande ausfallt; doch kann durch Reiben mit einem Glasstabe, durch Kiihlung mit Eiswasser oder Impfung die Krystallisation leicht angeregt werden. Auch a19 compacte Stucke gelben Phosphors au f die gleiche Weise untersucht wurden, erhielten n i r den- selben Werth 1,83 in genauer Uebereinstirnmung mit der Lite- ratur 2s). Andere Stoffe, z. B. der S c h e n c k 'sche hellrothe Phosphor, verhalten sich freilich gegen die genannte Losungs- mischung ahnlich, wie dies L i n c k beim Kalkspath beobachtet haben will. Doch findet auch hier ein bedeutend besseres Ab- ~ . ~ . .

") Zeitschr. f. anorg. Cliem. 56, 306 (1907). '") M o i s s a n , Chimie minerale, Band I, Seite 698 (Paris 1904).

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16 Erdmanlz und R e p p e r t , Die pdymerctc. Formen

setzen statt, wenn man R o h r b a c h'sche Losung (Quecksilbcr- baryumjodidlosung) verwendet. Wenn man also sogar amorphe, weniger gut charakterisirte Korper nach der Schwebemethode untersucheu kann, haben wir um so weniger Grund, an dem yon uns festgestellten Werthe 2,03 fur das syecifische Gewicht des gelben Arsens zu zweifeln.

Verhalten des gelben Arsens gegen verscliiedene Strahlen.

Die im vorigen Abschnitte beschriebenen specifischen Ge- wichtsbestimmungen konnten wir in einem mit einer rothen Photograpbenlampe beleuchteten Zimmer ausfuhren , da wir vorher bestimmt hatten, kelche Strahlen die Umwandlungs- geschwindigkeit des As, am nieisten beschleunigen. In con- centrirtem weissen Lichte einer Bogenlampe wurde das ausge- schiedene gelbe Arsen nach vier Minuten vollstandig schwarz. Dann wurde das Reagensglas mit dem ausgeschiedenen gelben Arsen in die einzelnen Theile eines Spectrums gehalten, das wir in eineni dunklen Zimmer mit einem geradsichtigen Prisma entworfen batten. Im violetten und ultravioletten Lichte wurde das Arsen gleichfalls nach vier Minuten umgewandelt, wahrend die rothen Strahlen erst nach circa zebn Minuten ihren Ein- fluss ausserten. Die Umwandlung wird deninach durch die so-

genannten chemischen Strahlen in bedeutend stiirkerem Maasse beschleunigt, als durch die Wiirmestrahlen.

Radiumstrahlen waren dagegeii merkwurdiger Weise VOD

lteiner bemerkenswerthen Ri rkung auf das feste gelbo Arsen. Zu den folgenden Versuchen diente ein Praparnt von 10 mg chemisch reinem Radiumbromides, welches in einer Hartgummi- kapsel mit Jlessiogverschraubung eingeschlossen war. Das ,,Fenster", durch welches das Praparat wirkte, war nur mit einer ganz diinnen Glimmerschicht bedeckt. Die Wirkung dieses Praparates auf photographische Platten war naturlich eine un- gemein starke, selbst durch Metallplatten und andere fur 1,icht undurchlassige Korper hindurch.

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des Arseametalls. 17

Auf Filtrirpapier wurde etwas gelbe Arsenlosung getropft und, nachdem der Schwefelkohlenstoff verdunstet war, ein Theil des As, mit dem in einer Kapsel eingeschlossenen Radium- bromid bedeckt. Es farbte sich nach kurzer Zeit das mit dem gelben Arsen betropfte Papier mit Ausnahme der von dem Radiumbromid bedeckten Arsenschicht schwarz. Das gelbe Arsen unter der Kapsel blieb langere Zeit unverandert, bis durch die Zimmerwarme die Umwandlung in seine schwarze Modification bewirkt wurde.

Zu einem zweiten Versuche liessen wir die Radiumstrahlen etwa eine halbe Stunde auf bei - 1000 ausgeschiedenes gelbes Amen einwirken, und zwar wurden die Beobachtungen folgen- dermassen ausgefuhrt: In einem absolut dunklen Raume brachten wir gelbes Arsen bei - 1000 in einem Pyknometer, welches i n einem mit Aether gefullten W einhold’scheu Gefasse stand, zur Ausscheidung. Dann wurde das Pyknometer aus dem Aether gehoben und an dem Boden des Pyknometers mittelst eines Gummischnurchens die mit Radiumbromid gefullte Kapsel der- a r t befestigt, dass die Strahlen direct auf das gelbe Arsen ge- richtet waren. Das Ganze stellten wir in ein Reagensglas und versenkten dieses in ein Ealtebad. Nach einer halben Stnnde war das gelbe Arsen im Wesentlichen noch unverandert, und besonders an der Stelle, an der das Radiumbromid einwirken konnte, noch vollstandig gelb. Aus diesen Versuchen folgt, dass die durchdringenden Radiumstrahlen (8- und y-Strahlen) keinen Einfluss auf die Umwandlungsgeschwindigkeit des gelbeu Arsens ausuben, wenigstens nicht in knrzen Zeitraumen.

111, Graucs drsen, As,. As

As 111 *

Bei der Herstellnng der gelben Arsenlosung fanden wir des ofteren im vorderen Theile des Sublimationsapparates, also i n dem Theile, welcher in den Schwefelkohlenstoff eintaucht,

Annalen der Chemie 981. Bd. 2

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18 Erdmania und R e p p e r t , Die polymeren E’ormen

ein hellgraues Pulver, welches lose an den Wanden des Alu- miniumrohres und des in dasselbe hineinragenden Glasrohres hing, andere Theile des Aluminiumsttickes waren mit grbsseren Arsenkrusten bedeckt, welche eineii gliinzenden Spiegel zeigten ahnlich dem, den man bei der Marsh’schen Probe erhalt.

Dieses graue Pulver und diese grauen, an ihrer Aussen- flache glanzenden Arsenstiicke hoben sich augenfallig von dem Ausgangsmateriale ab, so dass wir iins genothigt sahen, dieses anscheinend durch die plotzliche Abkiihlung entstandene Pro- duct naher zu untersuchen.

Eine quantitative Aualyse ergab, dass dieser Korper zu 99,s pC. aus Arsen bestand. Durch den Sauerstoff der Luft wird dieses graue Arsen nicht beeinflusst, von Salpetersaure a i rd es schwieriger als braunes und metallisches Arsen oxydirt.

Die Bestimmungen des specifischen Gewichtes wurden mit dem Pyknometer bei + 200 ausgefuhrt, 81s Fltissigkeit diente ausgekocbtes Wasser. Dio an dem Arseii haftenden Luftblasen wurden wieder im Vacuum entfernt. Als mittleren Werth fur das specifische Gewicht des grauen Arsens bei + 20° erhielten wir 4,64.

Eino mikroskopische Untersuchung des grauen Arsens liess ausgebildete Krystalle nicht erkennen , doch zeigte sich bei einer Betrachtung des Productes bei 20-facher Vergrosserung folgendes Bild.

Die einzelnen Arsentheilchen bildeten kleiue Stamme mit zahlreichen Verastelungen, an deni Verastelungspunkte befindet sich ein rundlicher Knollen. Bei 600-facher Vergrosserung das- selbe Bild. Zahlreiche Stammchen mit kleinen Aestchen. Eine Winkelmessung der Verastelungen bei 600-facher Vergrosserung ergab, dass die Messungen der einzelnen Winkel zwischen 31,5O und 34O betragen.

Unsere Annahme, dass das graue Arsen krystallinisch sei (Herr Professor v o n G r o t h war so freundlich, einige unserer Proben mikroskopisch zu untersuchen) wurde bestatigt. Nach den in seinem Institute ausgefiihrten Messungen durch Herrn

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des Aiselzmetalls. 19

Dr. S t e i n m e t z zeigt ,,das- graue Arsen Krystallformen, welche kaum etwas anderes sein kiinnen als Rhomboeder. Der ebene Winkel an der Polecke betragt circa 970, wahrend derjenige des gewohnlichen weissen metallischen Arsens 85O ist. Dass das graue Arsen ebenfalls rhomboedrisch krystallisirt, ist von Interesse, spricht aber nicht dagcgen, denn vom Schwefel kennen wir auch mehrere monokline Modificationen. Natiirlich stehen die Axen der beiden Rhombogder i n keinem rationellen Verhaltnisse" 29).

Graues Arsen erhiilt man ebenfalls, wenn festes gelbes Arsen bei gewohnlicher oder kiinstlich erniedrigter Temperatur belichtet wird, also sowohl wenn man eine gelbe Arsenlosung bei Tageslicht mit Alkohol versetzt, als auch, wenn man sie bei Tageslicht durch Kohlendioxyd und Aether oder durch fliissige Luft abkiihlt.

Diese beiden letzteren Herstellungsweisen lieferten ein Product, welches in seiner Farbe, seiner Dichte, seinem Ver- halten dem Sauerstoffe der Luft gegeniiber vollstandig iden- tisch mit dem bei der Brsensublimation auftretenden grauen Arsen ist.

1V. Die elelitrische Leitfahigkeit des gelhen, hraunen, grauen und metallischen Arsens.

Zur Leitfahigkeitsbestimmung der verschiedenen Modifica- tionen des Arsens diente uns folgender Ayparat (Fig. 11). I n einem etwa 1,s cm weiten und 20 cm hohen Glasgefasse A mit flachem Boden, welches in einem mit schwarzem Papier um- wickelten Weinhold ' schen Gefasse steht, wurde gelbes Arsen bei - looo zur Abscheidung gebracht. Die Losung enthalt in 100 ccm 2,3 g Arsen, so dass sich also etwa 0,72 g gelbes Amen ausscheiden werden, die den Boden des Gefasses in einer Hohe von 0,2 cm bedecken. Da das sich abscheidende gelbe

"3 Vergl. v. G r o t h , Ciiemisclie Krystallographie, Bd. I , Seite 603 (1 906).

2"

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20 Erdmalzn und R e p p e r t , Die polymeren Formen

Arsen schwerer ist als Schwefelkohlenstoff, sinkt es zu Boden und kommt hier in Bertihrung mit zwei etwa cm von ein- ander entfernt im Bodcn befestigten Platindrahten.

An dem Boden des Gefasses A sind zwei sich nach oben biegende, 20 cm lange uud etwa 0,3 cm weite Glasrohren an- geschmolzen. In den beiden Rohren befindet sich Quecksilber, durch welches die Platindrahte in leitende Verbindung mit zwei Kupferdrahten gebracht werden (dass das Quecksilber bei - 39,4O gefriert, ist ohne Einfluss, da dasselbe beim Fest-

Fig. 11.

werden sich nicht ausdehnt). Die Kupferdrahte stehen in Ver- bindung, der eine mit der Stromquelle E, der andere mit einem feinen Galvanometer G,30) von der Stromquelle und dem Gal- vanometer fiihrt j e ein Kupferdraht zu dem Unterbrecher D.

Das Gefass A befindet sich nattirlich in einem absolut dunklen Raume, damit das gelbe Arsen keine Umwandluog erfhhrt. Die Bestimmung, die nu r moglich ist in Folge der

"3 Das von Professor P a s c h e n construirte Galvanometer hat eine Empfindliclikeit YOU 2 . lo-' Ampere pro Theilstrich.

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des Aisenmetalls. 21

Nichtleitfahigkeit des Schwefelkohlenstoffes, gestaltete sich folgendermassen.

Das Gefass A wurde mit der gelben Arsenliisung gefullt und die Liisung auf -- 100‘‘ abgekuhlt. h’achdem sich das gelbe Brsen am Boden des Gefasses abglagert hatte, wurde es mittelst eines stenipelartigen Glasstsbes festgedruckt und der Stromkreis geschlossen. Bei einer elektromotorischen Kraft von zwei Volt zeigte sich kein Ausschlag, desgleichen nicht, nach- dem dieselbe auf sechs Yolt erhijht wurde. h’achdem der Ap- parat in einen Stromkreis von 40 Volt eingeschaltet wurde und sich wiederum kein Ausschlag zeigte, suchten wir unsere Be- stimmungen etwas anders zu modificiren und zwar durch Yer- wendung des durch Abscheiden mittelst Alkohol aus einer Losung von gelbem Arsen erlraltenen As,.

Da gclbes Arsen ebenso wie gelber Phosphor ein plasti- scher Korper ist, versuchten wir durch Druck mittelst cines Glasstabes die einzelnen Arsentheilchen zu eineni festen Stuck zusammenzupressen, um dann an diesem compacten Stucke unsere Bestimmungen zu wiederholen.

Doch wurde durch ‘das feste Pressen”) die Umwandlungs- geschwindigkeit des gelben Arsens derart beschleunigt, dass ‘schon in kiirzester Zeit der grosste Theil des gelben Arsens seine Modification geandert hatteS2).

Da sich jedoch nsch der ersteren Methode bei fun f Be- stimmungen, imnier mittelst einer neuen Arsenliisung, keine Leitfahigkeit zeigte, und nachdem wir, wie weiterhin beschrieben wird, fwtgestellt hatten, dass die dunklen Arsenarten, das brauue und das graue Arsen, eine mcrkliche Leitfahigkeit nicht zeigen, so ltann uach dem S t r e i n t z ’schen Gesetz mit viilliger Sicherheit gefolgert werden, dass die bei starker lialte nahezu

31) S p r i n g , ner. d. deutsch. chem. Ges. 16, 1002 (1883). $3 Ueber die v011 C a r e y I, e a beobachtete Zersetzuiig lichtempfiiid-

liclier Silbersalze durch Druck yergl. Na m i a s , Theoretiscli-prak- tisches Handbuch der l’liotograpl~ie, Baud I, Seite 80 (Halle 1907).

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22 E r d m a n n und Repper t , Die polymeren Formen

farblose , hellgelbe Arsenmodification ein Nichtleiter fur den elektrischen Strom ist.

Die Bestimmung derselben Constanten bei grauem Arsen gestaltete sich sehr einfach. Diese Arbeiten wurden im An- schlusse an die eben erwahnten ausgefiihrt, und zwar so, dass das bei - l O O o ausgeschiedene gelbe Arsen durch starke Be- lichtung in graues Arsen umgewandelt wurde. 1st graues Arsen ein Leiter des elektrischen Stromes, dann musste sich ein Ausschlag an dem Galvanometer zeigen. Bei Stromen von 2, 6 und 40 Volt war ein Ausschlag nicht wahrzunehmen.

Um jedoch absolut sichere Resultate zu erzielen, sammelten wir die Mengen von grauem Arsen, wuschen sie mit reinem Schwefelkohlenstoff, Allrohol und Aether und trockneten das Arsen im Vacuum. Nachdem die Substanz vollstandig trocken war, wurde sie in eine etwa 2 mm weite Glasrohre geftillt und durch Druck von beiden Seiten mittelst zweier Glasstabe das graue Pulver fest zusammengepresst. Alsdann ftibrten wir die beiden Drahtenden in die Glasrohren ein und brachten sie i n festen Contact mit dem Arsenpfropfen.

Zur Anwendung gelangten elektromotorische Krafte von 2, 6 und 40 Volt, welche bis auf 110 Volt gesteigert wurden. Ein Ausscblag war nicht wahrzunehmen.

Sodann untersuchten wir das graue Arsen, welches en& steht, wenn man gelbes Arsen mittelst Alkohol ftillt. Bei der- selbeu Versuchsanordnung und bei denselben Stromen zeigte sich kein Ausschlag. Zu einer dritten Bestimmung wurde das graue Amen benntzt, welches sich bei der Sublimation von metallischem Arsen bildet, und zwar nahmen wir eines der glasglanzenden griisseren Arsenstticke, welches bei einer Breite von 0,s cm eine Xenge von etwa 1,5 cm hatte. Nachdem die Drahtenden sich in fester Beruhrung mit dem Arsenstticke be- fanden, wurde der Stromlrreis geschlossen. Auch hier zeigte sich bei denselben elektromotorischen Kraften keine Leit- fahigkeit.

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des Arsenmetnlls. 23

Bei normaler Temperatur ist also das graue Arsen ein

Unscre nachste Aufgabe war, Vcrsuche iiber das Leitungs- vrrmogen yon braunem Arsen auszufiihren. Mit dern nach dcm B r u n c k’schen Verfahren elhaltenen braunen Arsen wurde eine Glasrohre gefiillt und das lrrauiie Arsen in den Stromkreis ein- geschaltet. Nachdem der Strom geschlossen worden war, zeigte sich beit 2, 6, 40 und 110 Volt keine Leitfahigkeit. Dasselbc Bild wiederholte sich bei der Benutzung des brauncn Arsens, welches durch Durchleiten yon Saucrstoff durch eine gelbe Arsenlosung erhalten wird. Auch hier war nach Schliessen des Stromkreises ein Ausschlag an dein Galvanometer nicht zu con- statiren.

Aus diesen Bestimmungen ist zu schliessen, dass auch

Unsere Aufmerksamkeit wandte sich nun dem metallischen, hexagonal-rhomboGdrischen Arsen zu.

Einige Gramm dieser Modification wurden gepulvert und von ihrem Ueberzuge yon Arsensesquioryd befreit. Dann wurde mit dem Arsen eine Glasrohre gefiillt und das Arsen in den Stromkreis eingcschaltet.

Bei einer elektromotorischen Kraft von zwei Volt zeigte sich sofort ein starker Ausschlag, welcher sich bei sammtlichen angestellten Versuchen wiederholte. Demnach ist von sammt- lichen Modificationen des Arsens nur das metallische Arsen ein Leiter des elektrischen Stromes.

Nichtleiter der Elektricitat.

braunes Arsen ein Sichtleiter der Elektricitat ist.

V. Umn.rntllung der polymeren Formcn in mctalliscbes Arsen, Die Leitfiihigkeit des metallischen Arsens giebt ein be-

quemes Mittel an die Hand, um diejenigen Temperaturpunkte zu bestimmen, bei denen das braune und das graue Arsen in die metallische Form iibergehen, oder genauer ausgedruckt, die Teniperaturpunkte, bei denen die Umwandlungsgeschffindiglteit jener polymeren Formen eine messbare Grosse erlangt. Man braucht u u r eine gewisse Meiige braunes oder graues Arsen in

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24 E r d m u n n untl Repper t , Die polymeren Forwzen

einen Stromkreis cinzuschalten und yon Grad zu Grad z u er- hitzen. Sobald sich d a m ein Ausschlag an den1 Galvanometer zeigt, liest man die Temperatur ab.

B e t t ~ n d o r f ~ ~ ) hat bereits beobachtet und R. E n g e l 34)

hat es bestatigt, dass graues Arsen bci etwa 360" unter starker I.C'u,rneentzuiclieluizg in metallischcs Arsen iibergeht. Each unserer Metilode liess sich aber zeigcn, dass der Umwandlungs- puukt crheblicli niedriger liegt.

In den unteren Tlicil einer 0,5 cni weiten, U-forniig ge- bogenen liiilire aus diinnem Glase wurden ctwa 5 g graues Arsen gcprcsst. Dcu Raum iiber dem grauen Arsen hielten wir mit Kohlensaure geftillt, welche durch zwei seitlich an dem U-Kohre angebrachte Ansatze ein- und austritt. Das graue Arsen steht in innigem Contact init zwei Iiupferdrahten, welche zu der Stromquclle und zii einem feinen Galvanometer fiihren. Mittelst Korkstopfen sind die Sclienkel der U-Rohre ver- schlossen. Die U-Hiihre tauclit in ein Metallbad, bestehend aus einer Legirung von Zinn und Wismuth, welche sclion bci 1200 schmilzt und mittelst welcher man Temperaturen bis zu + 8 U O o wrfolgen kanu. Ausserdem taucht in dieses Bad ein Quecksilberthcrmometer, u m den Tenipcraturgrad zu bestinmen, bei dem das graue Arsen leiteiid wird, das lieisst bei dem das- selbe sich in das nietallische hexagonale Arsen unigewandelt hat. Wir vcrmieden es , das Thermometer in die U-liolire zu versenken, da in Folge der Wiirmeeutwickelung bei der Spal- tung sammtliclier polymeren Modificationen ein zu hoher Warme- grad angcgebeii wurde. Allmahlich wurde das Metallbad erhitzt uiid sobald die Legirung flussig geworden war, die etwas an- gewarmte U-Hiihrc und das Thermometer in dasselbe versenkt. Als die Quecksilbersaule 303O anzeigte, erfolgte cin plotzliclier Ausschlag der Magnctnadel, die Arsenmasse war leitend ge- worden. Da diese plotzlichc Leitfahiglieit jedocli vielleicht

'3) Uicse A n ~ ~ a l e n 14 a, 110. 3') Compt. rend. 96, 497 uud 1314 (1883).

Page 25: I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

des Arsenmetalls. 25

ihren Grund i n der Erwarmung des Arsens haben konnte, da umgekehrt, wie bei den Metallen, die Leitfahigkeit der Metal- loide mit der Temperatur wachst, wurde sofort die Flamme nnter dem Metallbade entfernt und ohne die U-Rohre zu be- riihren oder zu erschuttern, liessen wir das Ganze langsam er- kalten, nachdem natiirlich der Strom ausgeschaltet worden war. Als das Arsen wieder Zimmertemperatur angenommen hatte, wurde der Strom geschlossen, sofort zeigte sich ein starker Ausschlag.

Ohne Zweifel war bei circa 303O das graue Arsen in die hexagonale, metallische Modification iibergegnngen.

Nachdem das Metallbad so weit erwarmt war, um die U-Rohre zu entnehmen, wurde deren Inhalt einer genltuen Untersuchung unterzogen. Wahrend der innere Kern des Arsens noch grau war, gehorten die an dem Glase anliegenden Theile der metallischen Modification an.

Unserc nachste Untersuchung mit demselben betraf die Bestimmung des Umwandlungspunktes von braunem Arsen. Da- bei stellte es sich heraus, dass das braune Arsen beim Er- hitzen zuerst grau und dann bei 303O leitend wird:

As=As-As=As AS I I = 4111 = 8A5, . As=As-As=As AS

Den Punkt, bei dem das braune Arsen grau wird, konnten wir, da sich die U-Rohre in einem Falle in einem Oelbade, im anderen Falle in dem Metallbade befand, nicht genan fest- stellen, da ein Unterschied in der elektrischen Leitfahigkeit der beiden Korper h c h t besteht. Der Umwandlungspunkt diirfte in dem Interval1 zwischen l8O0 und 2200 liegen. In- dessen deuten einige Beobachtungen darauf hin, dass ganz reines braunes Arsen schon durch langere Behandlung mit Wasser bei dessep Siedepunkt in graues Arsen umgewandelt werden kann. Jedenfalls wird es bei dieser Behandlung schon krystallinisch und verandert seine Farbe.

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26 E r d m a n n und R e p p e r t , Die polymeren Formen

VI. Ueher die Einwirkung einer gelhen Arsenl8sung auf verschiedene RIetallsalzl8sungen,

Im Anschluss an diese Arbeiten fiihrten wir einige Unter- suchungen aus iiber das Verhalten von gelbem Arsen Metall- salzen gegeniiber, die Beweise ftir die grosse Reactions-, be- sonders Reductionswirkung des gelben Arsens und neue An- haltspunkte zu einem Yergleiche vou gelbem Arsen und gelbem Phosphor lieferten. Zu einer Losung von Silbernitrat fugten wir in einem Schiitteltrichter eine grossere Menge einer zweipro- centigen Losung von gelbem Arsen. Beim innigen Vermischen der beiden Losungen zeigte sich ein immer dunkler, schliesslich schwarz werdender Niederschlag, der sich schnell absctzt. Bei Ueberschuss der Losung von gelbem Arsen wird das Silber quantitativ aus seiner Losung gefallt, durch einen Ueberschuss von Silberuitrat dagegen wird das Arsen quantitativ aus der Losung entfernt.

Eine griissere Menge des durch einen Ueberschuss von Silbernitrat erzeugten Kiederschlages wurde auf einem Filter zunachst langere Zeit mit gereinigtem Schwefelkohlenstoff, um etwaigen bei der Reaction entstehenden Schwefel zu entfernen, behandelt und dann mit Alkohol, Aether und schlieslich langere Zeit mit heissem Wasser ausgewaschen. Eine mikroskopische Untersuchung des Niederschlages ergab die Homogenitat des Niederschlages. Derselbe war, unter dem Mikroskop betrachtet, schwarz, undurchsichtig, bei auffallendeni Lichte stark metallisch glanzend.

0,3201 g in Salpetersaure gelost, als Chlorsilber gefallt und im Wasserstoffstrome reducirt, ergaben 0,3155 g Silber, so dass der Niederschlag zu 98,56 pC. aus reinem Silber bestand. 0,2325 g ebenso ergaben 0,3021 g Chlorsilber, so dass der Procentgehalt an Silber 97,s betrlgt. Der h’iederschlag be- steht mithin aus nahezu reinem Silber.

Die fehlenden 1,5-2 pC. lassen sich erklaren durch kleine Mengen yon Arsensaure, welche im Filtrat vom Chlor-

Page 27: I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

des Arsenmetalls. 27

silber nachweisbar waren und sich aus dem moleliularen Silber schwer auswaschen liessen.

Beim Schiitteln einer Losung von gelbem Arsen mit einer Losung von Mercuronitrat entstand ein anfanglich rothlich, spater grau werdender Niederschlag, der wieder mit Schwefel- kohlenstoff, Alkohol, Aether und Wasser intensiv behandelt und dann bei l O 5 O getrocknet wurde. Hierbei ballte sich der Niederschlag zu kleinen Quecksilberperlen zusammen : er be- stand aus reinem Quecksilber.

Beim innigen Vermischen einer gelben Arsenlosung mit einer Losung von Kupfersulfat zeigte sich sofort ein starker, korniger, schwarzer h’iederschlag, der, wie bisher, mit Schwefel- kohlenstoff, Alliohol, Aether und Wasser gereinigt wurde. Zur naheren Bestimmung des Niederschlages fiihrten wir von drei verschiedenen Proben drei Analysen aus, die einen Kupfer- gehalt von 53-55 pC. ergaben.

Neben Arsensaure waren in dem Filtrat des mit Schwefel- kohlenstoff gut ausgewaschenen Schwefelwasserstoffniederschlages grossere Mengen von Schwefelsaure nachweisbar. Ein grosser Theil des Kupfers diirfte demnach als Schwefel- resp. Arsen- Kupferverbindung gefiillt werden, eine Ansicht, welche eine gewisse Restatignng durch die Arbeiten von V o g e l d. Ae.35) findet.

Beim Vermischen einer Schwefelkohlenstofflosung von gelbem Phosphor mit Kupfersulfatlosung erhielten wir sofort einen dunklen Niederschlag, dessen Beschaffenheit jedoch sehr verschieder war, j e nachdem er langere oder kiirzere Zeit rnit den beiden Liisungen in Beriihrung gestanden hatte. War derselbe langere Zeit in Contact mit der Kupfersulfat- und Phosphorlosung, dann war derselbe, nachdem er vorher rnit Schwefelkohlenstoff, Alkohol, Aether und Wasser gut ausge- waschen worden war, nach dem Trocknen schwarz und kornig. Wurde e r jedoch nach seiner Entstehung sofort gereinigt und

3b) Journ. f. prakt. Chem. 8, 108-112; diese Annalen 80, 174.

Page 28: I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

25 Erdmanii uiicl R e p p e r t , Die polymeren Formen.

getrocknet, dann konnten wir in mehreren Fallen das rothe, metallische Kupfer wahrnehmen.

Der Kupfergehalt bei yerschiedenen Proben schwankte zwischen 53 und 83 pC. Kupfer, ausserdem waren in dem Iiiederschlage Schwefel und Phosphor in Bindung mit dem Kupfer enthalten. Das bei dieser Reduction entstehende Gas bestand aus Schwefeldioxyd, denn es entfarbte eine Jodlosung und farbte ein mit Mercuronitrat befeuchtetes Stuck Filtrir- papier grau.

Losung von gelbem Phosphor giebt mit einer Losung von Silbernitrat sofort einen schwarzen Niederschlag , der mit Schwefelkohlenstoff, Alkohol, Aether und Wasser gut ausge- waschen wurde.

0,4548 g des Niederschlages ergaben nach Auflosung in Salpetersaure 0,5788 g Chlorsilber, entsprechend 95,s pC. Silber.

Ein ahuliches Ilesultat zeigte die Einwirkung einer Ltisung von gelbem Phosphor in Schwefelkohlenstoff auf Quecksilber- nitrat. Dcr entstandene Kiederschlag war grau und wurde wieder sorgfaltig ausgewaschen und analysirt. 1,5562 g in Salpetersaure gelost ergaben 1,7360 g HgS, so dass der Nieder- sclilag zu 96,3.5 pC. aus Quecksilber bestand. Das Filtrat enthielt wieder Phosphorsaure, ein kleiner Theil des Nieder- schlages war demnach in Reaction getreten mit dem Phosphor resp. der entstehenden PhosphorsBure. Als der Niederschlag langerc Zeit unter dem Einflusse der heiden Losungen und der Nebenproducte gelassen worden war, war sein Phosphor- gehalt grosser. 1,4265 g rnit Salpetersaure gelost ergaben 1,5082 g HgS, demnach bestarid der Kiederschlag zu 91,08 pC. aus Quecksilber. Die fehlenden 9 pC. finden ihre Erklarung in der in dem Fi!trat gefundenen Phosphorsaure.

Diese sammtlichen Reactionen liefern den Beweis, dass sowohl gelbes Arsen wie gelber Phosphor in ihrer Schwefel- ltohlenstofflosung starlte Reductionsmittel sind. Die Reductionen mittelst Arsen verlaufen etwas energischer wie die mittelst gelben

Ini Filtrate war Phosphorsaure vorlianden.

Page 29: I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

des Arsennietulls. 29

Phosphors, doch in den Endresultaten zeigt sich die grosste Uebereinstimmung.

V I I , C'eher die Hrystallisation von gelhem Arsen mit gelbem Phosphor.

Da gelbes Arsen und gelber Phosphor demselben Krystall- system, dem regularen, angchoren nnd da beide Korper in ihren chemischen Eigenschaften grosse Uebereinstimmung zeigen, schien e8 angebracht zu sein, Versuche daruber anzustellen, wie weit diese Analogie der beiden gelben Kiirper reicht, ob dieselben zusammen krystallisiren, ob sie Mischkrystalle bilden, da diese eines der wichtigsten Kriterien fur die Isomorphie zweier Korper sind.

Wir miissen es uns versagen, unsere miihevollen Versuche nach dieser Richtung im Einzelnen zu beschreiben ; sie wurden durch den merkwtirdigen Umstand erschwert, dass sich die hellgelben Losungen gelben Arsens und gelben Phosphors beim Mischen sehr rasch zu farben pflegen (goldgelb bis dunkelroth). Wir ziehen aber aus unseren Versuchen den Schluss, dass diese beiden Korper jedenfalls nicht in beliebigen Mischungsver- haltnissen zusammen krystallisiren konnen. Der gelbe Phosphor P4 nimmt, wenn uberhaupt, nu r sehr geringe Mengen von gelbem Arsen As, auf, und dieses ldst anscheinend tiberhaupt keinen Phosphor.

Man diirfte also gelbes Arsen und gelben Phosphor zu denjenigen streng isomorphen Korpern zahlen , welche bei grosser krystallographischer und chemischer Analogie ausserst geringe Mischbarkeit ihrer Krystalle zeigen.

Eine Erklarung fur dieses geringe Vermogen der beiden Korper Mischkrystalle zu bilden, welches doch fur die hervor- ragendste Eigenschaft isomorpher Stoffe gilt, war nicht schwer zu finden. Nach nnseren Versuchen tiber die Loslichkeit von gelbem Phosphor in Schwefelkohlenstoff werden bei mittlerer Temperatur etwa 60 g Phosphor leicht von 100 ccm Schwefel-

Page 30: I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

Nichtleiter

bezw. schlechte Leiter der E

lektrizikit. Liisliche Form

. AS, gelb.

Regular krystallisirt.

0

Spec. Gew

. =

2,02.

b, f

j

\B

"1 1

' Bei E

rwarm

en auf 180-20O0

r5 \%

I'

-

ui R

aum losliche Form

. A

s, briiun. U

nlosliche Form.

As, grim

. A

morph.

Kryptokrystallinisch.

Spec. Gew

. = 3,7.

Spec. Gew

. = 4,64. R

homboedrisch.

Leiter der E

lektrizitat.

iuf 303".

Unliisliclie Form

. As, m

etallisch. K

rystallinisch. Spec. Gew

. = 5,72.

Hexagonal-rhom

boedriisch.

--+

Page 31: I. Die polymeren Formen des Arsenmetalls

dcs Arseiimetalls. 31

her die Losung in Folge des Verdunstens des Schwefelkohlen- stoffes gesattigt ist, wird sich zuerst das gelbe Arsen ausscheiden und sich dabei umwandeln. Die Folge hiervon ist der schwarze Arsenrand der Krystallisirschale. Sobald Phosphor und Arsen zusammen auskrystallisiren, ist des letzteren Umwandlungsge- schwindigkeit grosser als seine Krystallisationsgeschwindigkeit. Aus dem gelben reguliiren Arsen wird eine einem anderen Systeme angehorende Arsenmodification, so dass der isomorphe Charakter der beiden liorper verloren gegangen ist.

Die Arsenmodificationen und ihre Eiitstehungsbedingungen lassen sich in vorhergehendem Diagramm darstcllen.