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1872. ANNALEN *v 2. DER PHYSIK UND CHEMIE. BAND cxm. I. Ueber die Bildung des mit dern Steinsak vorkonimenden Anhydrits j von d'. R ose. (Aus dem Monatsberichte d. kunigl. Aknd. d. \Vissensch. vom Juli 1871. Mit splteren Zusiitzen). I n einer von V o 1 g e r herausgegebenen Schrift : ,,Das Steinsalzgebirge von Liineburg, ein Seitenstiick von dem- jenigen zu Stasfurt' fiihrt V olger die in dem Gyps und AnhydriC von Ltineburg vorkommenden Mineralien auf, die Moderstoffe, den Eisenglimmer, Eisenkies, Borazit und Quarz, und sucht aus der Art, wie sie sich gegenseitig umschliefsen und begranzen, ihr Alter festzustellen. ,,Die Moderstoffe", sagt er l), ,erscheinen zwar in ihren klein- sten Theilen formlos; wenn wir aber die Schweife und Wolkchen derselben ungestort nicht allein diirch den Gyps und Anhydrit , sondern auch durch die eingeschlossenen Borazit -Krystalle und die Bergkrystalle hindurchzieheii sehen, so konnen wir nicht zweifeln, dafs sie dter sind, als alle diese Korper. Die Schwefelkies-Krystalle erschei- nen, durch ihren engen Anschluls an die Moderstoffe und allbekannten Vorgange, als Erzeugnisse der auf Eisensalze einwirkenden Moderung selbst. Ihr von mir beobachtetes Auftreten im Innern von Borazit-Krystalleu bezeugt ihre diesen Krystallen vorausgegangene Bildung. Die rothen Schweifchen und Wiilkchen des Eisenglanzes laufen eben- falls durch die Bergkrystalle, ndcht aber auch durch die Borazit-Krystalle hindurch und sind somit alter als jene, aber jlinger als diese. Keine unmittelbare Bestimmiing 1) A. a. 0. S. 2. Poggendorffe Annal. Bd. CXLV. 12

I. Ueber die Bildung des mit dem Steinsalz vorkommenden Anhydrits

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1872. A N N A L E N *v 2.

DER PHYSIK UND CHEMIE. B A N D cxm.

I. Ueber die Bildung des mit dern Steinsak vorkonimenden Anhydrits j von d'. R ose .

(Aus dem Monatsberichte d. kunigl. Aknd. d . \Vissensch. vom Juli 1871. Mit splteren Zusiitzen).

I n einer von V o 1 g e r herausgegebenen Schrift : ,,Das Steinsalzgebirge von Liineburg, ein Seitenstiick von dem- jenigen zu Stasfurt' fiihrt V o l g e r die in dem Gyps und AnhydriC von Ltineburg vorkommenden Mineralien auf, die Moderstoffe, den Eisenglimmer, Eisenkies, Borazit und Quarz, und sucht aus der Art , wie sie sich gegenseitig umschliefsen und begranzen, ihr Alter festzustellen. ,,Die Moderstoffe", sagt er l), ,erscheinen zwar in ihren klein- sten Theilen formlos; wenn wir aber die Schweife und Wolkchen derselben ungestort nicht allein diirch den Gyps und Anhydrit , sondern auch durch die eingeschlossenen Borazit -Krystalle und die Bergkrystalle hindurchzieheii sehen, so konnen wir nicht zweifeln, dafs sie dter sind, als alle diese Korper. Die Schwefelkies-Krystalle erschei- nen, durch ihren engen Anschluls an die Moderstoffe und allbekannten Vorgange, als Erzeugnisse der auf Eisensalze einwirkenden Moderung selbst. Ihr von mir beobachtetes Auftreten im Innern von Borazit-Krystalleu bezeugt ihre diesen Krystallen vorausgegangene Bildung. Die rothen Schweifchen und Wiilkchen des Eisenglanzes laufen eben- falls durch die Bergkrystalle, ndcht aber auch durch die Borazit-Krystalle hindurch und sind somit alter als jene, aber jlinger als diese. Keine unmittelbare Bestimmiing

1) A. a. 0. S. 2. Poggendorffe Annal. Bd. CXLV. 12

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liefa sich bis jetzt begriinden fur das gegenseitige Ver- haltnifs von Moderstoffen nebst Eisenkies - Krystallen und den Eisenglanz-Blattchen, welche sich iibrigens gegenseitig einigermafsen meiden ; ebensowenig zwischen Bergkrystallen und Borazit-Krystallen, bei welchen Aehnliches stattfindet, so dafs mir nie gellingen ist, sie miteinander in Beriihrung zu treffen. Dadurch aber, daB die Eisenglanz-Flitterchen nie in die Rorazit -Krystalle hineinragen, vielmehr streng von diesen ausgeschlossen sind, ergiebt sich unmittelbar, dafs der Eisenglanz jiinger ist, als die Borazit-Krystalle ; die Bergkry stalle dagegen , welche Eisenglanz sehr haufig umschliersen, sind ebenso zuverlassig jiinger ale dieser, und somit um so mehr jiinger als die Borazit-Krystalle.U

,Kein Zweifel bleibt ferner, dafs der Gyps jiinger ist als die Bergkrystalle und die Borazit-Krystalle. Es finden sich Beweise far das Entstehen des Gypses aus Anhydrit, sowohl durch die beobachteten Uebergange uud durch Gesteinsmassen, in welchen der bereits stofflich vollendete Gyps noch das Gefiige des Anhydrits bewahrt, auch noch Kernreste von Anhydrit umschliefst, als auch durch die in der Umgebung der Borazit-Krystalle nicht selten auf- tretenden Anzeichen einer geschehenen Anschwellung des Gesteins, wie solches bei der in einer Wasseraufnahme bestehenden und so h a d g auftretenden Umwandlung des Anhydrites in Gyps mit Nothwendigkeit erfolgen mids."

,,Die graue und rothe Farbung tritt in dem Gypse und im Anhydrite ganzlich in gleichartiger Weise auf. Wo der Anhydrit in Gyps iibergeht, sieht man die Far- bungen unveriindert durchlaufen. Es ist also zunichst klar, dafs, was jetzt weifser, grauer und rother Gyps ist, zuvor weifser und grauer und rother Anhydrit gewesen ist.'

,,Aber die Bergkrystalle und Borazit-Krystalle sind ebenso entschieden alter als der' Anhydrit, wie dieses aus dem Verhalten der Krystallk8rperchen des letztereu zu ersteren unverkennbar hervorgeht. "

,,Es ist klar, dafs die Moderwiilkchen , die Schwe'fel- kia- Krystallchen, welche jetzt in den Borazit -Krystallen

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und in den Bergkrystallen, und d& die Eisenglanz-Bliitt- chen, welche jetzt in den Bergkrystallen eingeschlossen und welche nachweisbar friiher als diese vorhanden ge- wesen sind, vor der Bildung der letztern nicht frei in der Luft oder in einer andern Fliissigkeit geschwebt haben kiinnen, sondern bei ihrer Bildung bereits eine anderwei- tige tragende und umhiillende Masse vorhanden gewesen seyn mufs, innerhalb welcher sie ihre Stellung und An- ordnung einzunehrnen vermochten."

V o l g e r kommt nun zu dem Schlufs, dafs diese um- htillende Masse keine andere wie Steinsalz gewesen ist, die dann spater durch Anhydrit verdrangt ist, ,,indem Theilchen fiir Theilchen gegen ein sich auflosendes Salz- theilchen aus einer Losung von schwefelsaurer Kalkerde sich abschied und an dessen Stelle setzte.' Zum Beweise der friiheren Steinsalzumgebung ftihrt er an: ,,Die zahl- reichen an den Borazit -Krystallen beobachteten Vertie- fungen, welche ganz bestimmt die Abformung von Salz- wiirfelchen sind, das von ihm, wie auch friiher schon von L e o p o l d G m e l i n festgestellte Vorkommen noch wohl- erhaltener Salzreste in der Nghe der Borazit-Krystalle und in jenen Vertiefungen derselben ; endlich das Verhalten der Anhydrit-Krystalle gegen solche, stellenweise zwischen denselben als Ueberreste noch vorkorumende Salz - Nester und sogenannte Einsprenglinge , das Auftreten desselben rothen Eisenglanzes in diesem Salze und der Schwefelkies- Krystallchen in demselben.

Die Beobachtungen von V o 1 g e r uber die gegenseitige Begranzung der in dem Gypse von Liineburg einge*ach- senen Krystalle sind gewifa richtig, aber sie sind unvoll- stlindig ; es kommen aufser den angegebenen Verhaltnissen noch andere vor, die von V o l g e r nicht beobachtet sind, die aber die aus den Beobachtungen gezogenen Folgerun- gen abbdern und zuletzt zu ganz andern Schl-sen ffibren. Nach V o l g e r riihren alle die kleinen Hbhlungen und Eindriicke , die besonders die grafseren Borazitkrystalle vom Kalkberge bei Liineburg auf ihrer Oberflische zeigen,

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von Steinsalz her; eine Behauptung, die meiner Meinung nach’durchaus nicht begriindet ist, denn wenn es mir such sehr wahrscheinlich geworden ist, d a b alle die gro- fseren mehr unregelmgsigen Hohlungen in manchen der grb- fseren Borazitkrystalk mit Steinsalz friiher ausgefilllt waren, da, wenn ich solche Krystalle einige Zeit hatte in Wasser lie- gen lsesen, dasselbe fast immer mit salpptersaurem Silber nach einiger Zeit einen sichtbaren Niederschlag gab, in den Hohlungen also noch ein kleiner Rest von Steinsalz enthalten gewesen war (ein wohlekhaltenes Salzkorn , wie G m e li n und V o l g e r , habe ich in diesen Hohlungen nie beob- achtet), so rUhren die hei weitem haufigeren kleineren und mehr regelmiifssigen Hohlungen , die fast in allen Borazit- krystden vorkommen , offenbar von Anhydrit her. Der- selbe kommt in kleinen rectanguliiren Prismen sowohl in den Borazitkrystallen als auch in dem den Borazit beglei- tenden Gyps vom Kalkberge eingeschlossen vor. Ich habe mehrere grofse Borazitkrzstalle von diesem Fundort zer- schlagen, die solche Anhydritkrystalle sehr deutlich enb hielten; sie machen sich auf der glasglhinaenden musch- ligen Bruchfliiche des Borazits sehr kenntlich durch ihren starken Perlmutterglanz , ihre sehr scharfe regelmafsige Begranzung, und charakterisiren sich ah Anhydrit auch noch dadurch, daL sie sich nicht im Wasser auflosen, wie auch das Wasser, worin sie gelegen, mit salpetersau- rem Silber keinen Niederschlag gab und beim Gliihen sich nicht verlndern. In dem begleitenden Gypse, wo man sie f i r kleine Gypskrystalle selbst gehalten hat, bringen sie das blitzen einzelner Punkte hervor, wenn man die Bruchflbhe eines solchep Stiickes Gyps etwas bewegt. Ebenso sitzen sie oft noch recht erhalten auf den Bora- razitkrystallen und hinterlassen beim Herausnehmen der Bo- razitgl;ystalle Eindriicke in dem glattflachigen Abdruck auf dem Gyps, die ihrer Form entsprechen. Hii+ sind sie aber ia Gyps umgewmdelt und zerstiirt oder ganz verschwundm, in w d c b m Fall ihre Eindrlicke re& den

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Anschein haben konnen, als rlihrten sie von Hexaedern von Steinsalz her, was wohl zu Tiiuschungen Veranlassung geben kann, und auch wohl Volger getliuecht haben mag. Vie1 haufiger und grolser finden sich die wohlerhaltenen Anhydritkryetalle auf dem in Combinationen mit vorherr- schenden TetraEderfllichen krystallisirten Borazit vom Sebild- stein bei Laneburg, wo uberhaupt der Anhydrit in vie1 griilseren Krystallen vorkommt; sie ragen dann in dem Borazit als atere Bildung, und von dem Borazit zum Theil umschlossen hinein. Es ist demnach offenbar, dals e8 der Anhydrit ist, der die vielen kleinen Hohlungen in dem Borazit hervorgebracht hat, und nicht das Steinsalz.

Rother Eisenglimmer, der nach V o l g e r in dem Borazit nie vorkommt, habe ich in unter dem Mikroskop erkenn- baren, netten, deutlichen sechsseitigen Tlifelchen krystalli- sirt, in klaren durchsichtigen Boratzitkrystallen sowohl vom Balkberge als auch vom Schildstein, nicht blofs in dem Borazit dieser Fundorter, sondtrn auch in dem voii Segeberg eingewachsen gefunden.

Quarzkrystalle kommen allerdings selten mit Borazit- krystallen vor; sie finden sich vorzugsweise im Kalkberge, kommen aber hier nicht mit dem Borazit zusammen vor, wenigstens enthalten alle GypsstIicke von diesem Berge, die sich in dem berliner mineralogischen Museum finden, wenn in ihnen Borazit vorkommt, keinen Quarz, und um- gekehrt. Am Schildstein aber kommen die Quarzkrystalle, wenn anch von geringerer Grbl'ee, mit den Borazitkrystallen vor, und hier habe ich schon 5 Borazitkrystalle gefunden, die Quarzkrystalle so eingeschlossen enthalten, dds sie zum Theil aus d e n Borazit hervorragen. Die Flille sind so deutlich, der Quarz ist so bestimmt von dem Borazit umschlossen, d d s man hier nicht daran zweifeln kann, d& der .Quare alter als der Borazit iet. Hier am Schildstein kommen auch Quarzkry stalle gaaz bestimmt mitten im bliittrigen Anhydrit, sowie auch im blrttrigen Gypse ein- gewachsen vor, und in beiden Fiillen so, d d s sie beini

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Herausnehmen aus ihrer Umhiillung ganz glatte Hbhlun- gen in denselben hinterlasseu, was mit den V o 1 g e r '- schen Beobachtungen iibereinstimmt.

Was nun das Verhiiltnifs des Anhydrits zum Gypse betrifi, so hat der erstere iiberall, wo er mit Steinsalz vorkommt, so wenig den Charakter diner urspriinglichen Bildung, so dafs ich mich veranlafst sehe, auch das An- sehen desselben von einigen andern Orten als von Liine- burg, nach den im mineralogischen Museum befindlichen Stiicken naher anzufiihren.

A n h y d r i t v o n T i e d e b e i B r a u n s c h w e i g .

' Der Anhydrit ist hier eine grobkornige Mass,, deren kbrnige Zusarnmensetzungsstiicke von etwa Erbsengrofse mit rauher Obedache wiederum aus kurzstrahligen, sich urn den Mittelpunkt radial verbreitenden ZusammensetzFngs- stiicken bestehen und in dem Mittelpunkt einen Kern von einer dichten Masse haben l), von lichte graulich- bis blau- lichweifser Farbe und Perlrnutterglanz. In dieser kornigen Masse liegen einzelne Krystalle von Anhydrit, deren nahe quadratische und rectangulare Durchschnitte auf der Bruch- flache des Gesteins, die ersterc 1 bis 1; Linie breit, die letztern 2 bis 3 Linien lang erscheinen. Sparsamer finden sich darin noch einzelne unregelmiilsig begranzte Korner von Steinsalz.

Der Anhydrit giebt vo1: dem Lothrohr im Kolben nur Spuren von Wasser. Gegliiht wird er schneeweirs; die stiingligen Stiicke erscheinen unter dem Mikroskop noch durchsichtig und zeigen die Form des Anhydrits. Lafst man das gegliihte Pulver unter Wasser steben, so bilden sich neben dem Anhydrit einige unter dem Mikroskop siclitbare Krystalle von Gyps. Gepulvert und mit Wasser begossen, giebt dasselbe, auch wo die Masse kein sicbt- bares Steinsalz eingemengt enthalt , rnit salpetersaurem

1) In einem Diinnechlitf unter dem Mikroskop erseheint dieser Kern als eine Zusamnienhaufung von lauter Anhydritk6rnern.

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Silber einen Niederschlag, und wenn die Masse einige Zeit mit Wasser gestanden hat, auch mit Chlorbaryum.

Die Masse besteht also vorzugsweise aus Anhydrit, die aufser einigen grbfsern Kbrnern von Steinsalz, dem Auge nicht sichtbare Theile von Steinsalz und Gyps in geringer Menge beigemengt enthat.

Anhydrit von S e g e b e r g in Holstein.

Er besteht aus tibereinander liegenden mehr oder we- niger gekriimmten Lagen, die 2 bis 3 Linien dick sind und aus diinnstsngligen Zusarnmensetzungsstiicken bestehen, die gegen die Oberfliiche der Lagen rechtwinklig geneigt sind. In dem Querbryche der Lagen sieht man hier immer eine Grgnze, in der die stangligen Stiicke von der obern und [intern Seite zusammenstofsen, die oft eine gewisse Dicke hat, und aus einer diinnen Schicht kiirnigen Anhydrits be- steht , die graulichweifs und durchscheinend ist , wiihrend die stiingligen Stiicke schneeweifs sind. In dem Querbruch haben diese Lagen ganz das Ansehen wie der in Platten gegossene Zucker (die sog. Bonbons) im Querbruch, wenn er einige Zeit gelegen hat und nun kryetallinisch gewor- den ist: er wird dann auch faserig, und die Fasern stehen senkrecht auf der Oberflache der Platten, und stofsen in der Mitte zusammen. Zwischen diesen Platten oder La- gen von fasrigem Anhydrit liegen nun ganz unregelmiifsig grofse durchsichtige Krystalle von Anhydrit, einen halben bis dreiviertel 2011 lange rectangulare Prismen. Sie durch- setzen die Lagen nach allen Richtungen, werden von die- sen umschlossen, und verhalten sich tiberall als die frnher gebildeten. Sie sind wie fiberall, nach allen Flschen des geraden rectanguliiren Prismas sehr vollkommen spaltbar, sind stets nach einer Richtdng, die der Kante zwischen der ersten und dritten Spaltungsflsche T und P parallel geht I), verlangert; die erste Spaltungsfliiche T bildet die eine breitere Seitenfllche, die dritte P die andere gewbhn-

1 ) Vergl. Hessenberg’s Abhandlung iiber den Anhydrit in den Abh. d. Senkenberg’schen naturf. Ges. in Frankfurt a. M. B. VIII.

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lich schmalere, und die zweite Spaltnngsflache M die End- flache, Die Krystalle losen sioh oft von der Masse, worin sie sitzen, mit ganz glatten F lbhen ab, und 60 sieht man auf der Bruchflache des' Stiickes theils fast quadratische Eindriicke der Endflache der Krystalle, theils rectangulare von den Seitenflachen ; die der dritten Spaltungsflache ent- sprechende Seitenflache der Krystalle fand ich immer matt.

Der fasrige Anhydrit ist nicht mehr ganz frisch; er giebt im Kolben, vor dem Lothrohr erhitzt, stets etwas Wasser, wird schneeweifs und leicht zerreiblich ; aber die zerdriickte Masse unter dem Mikroskop betrachtet, erscheint in rectangularen Prismen und ist noch dnrchsichtig , wenn auch rnit schwarzen Rissen durchsetzt, und mit schwarzen Punkten erfiillt. Dieser Anhydrit ist also schon etwas zersetzt, hat Wasser ilufgenommen, und ist Zuni Theil in Gyps umgeandert. Vielleicht ist auch noch etwas Gyps zwischen den stangligen Stiicken und zwischen den Lagen enthalten, denn gepulvert und einige Zeit in Beriihrung mit Wasser gelassen, lost dieses auch etwas Gyps auf, und die Anflosung giebt mit Chlorbarium einen starken Niederschlag ; aber sie giebt auch mit salpeter- saurem Silber eine leise Triibung, zum Zeichen, dals auch etwas Steinsalz darin enthalten ist.

Das mineralogische Museum besitzt 3 Stiicke von der beschriebenen Art ; sie enthnlten keine Borazitkrystalle, wenigstens habe ich sie nicht darin gesehen. Das Museum enthalt aulserdem noch viele andere Stiicke , in welchen hier und da einzelne kleine Borazitkrystalle sitzen , die bekanntlich immer HexaBder mit nur schwachen Ab- stumpfungsflachen der Kanten und abwechselnden Ecken sind , und diese haben eine etwas andere Beschaffenheit. Die Lagen von fasrigem Anhydrit sind nicht so dick und grofs, oft gleich brcit wie lang; sie liegen auch oft noch in paralleler Richtung iibereinander, doch unregelmafsiger wie bei den vorigen Stiicken; die Masse des kornigen An- hydrits zwischen den Lager1 ist grober, und mehr massen- weise eusammengehanft, zwischen den Fasern aber meisten-

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theils sehr diinn, so dafs die Granze zwischen den obern und untern Fasern gewohnlich nur als feine Linie erscheint. Die Borazitkrystalle liegen meistentheils in dern k6rnigen, zuweilen auch in dem fasrigen Anhydrit, immer nur spar- Sam. Die langen prismatischen Krystalle von Anhydrit fehlen. Kleine Stiicke im Kolben untersucht, geben nur Spuren von Wasser; der fasrige Anhydrit wird auch bier schneeweil‘s , der kornige behiilt Glanz und Durcheichtig- keit und die mehr graulichweifse Farbe.

Anhydri t von S t a s f u r t aus 104 Lachter Teufe des Kunstschachts v o n der H e y d t.

Die Stiicke dieses Fundorts bestehen aus 2 bis 3 Linien &ken gekriimmten Lagen dickstangligen Anhydrita von der Beschaffenheit wie in Segeberg, doch von lichte blau- lichgrauer Farbe; sie sind dabei stark durchscheinend, perl- muttergliinzend una VOXI sehr frischem Ansehn. Dae zeigt auch das Verhalten des Anhydrits vor dem Liithrohr, da er im Kolben erhitzt, kein Wasser giebt; er wird zwar dabei schneeweifs, behirlt aber Glanz und Festigkeit. Die Lagen schliehen unregelmii.Lsig begrilnzte Raume von kor- nigem Anhydrit ein von stellenweise graulichbrauer Farbe, mehr aber noch lgngliche Raume, die hohl und nur an den Wiinden mit nadelformigen, durch eingemengten Eisenglimmer ganz roth gefarbten zwei bis drei Linien lan- gen Krystallen von Anhydrit besetzt oder mit weil‘sem Steinsalz ausgeftillt sind. Vielleicht waren die ersten Raume friiher auch mit Steinsalz ausgefiillt, dss spatter ausge- waechen ist.

A n h y d r i t a u s dem e h e m a l i g e n sog. R a t h s s t e i n b r o c h b e i S tas fur t , in welchem jetzt der Anhalt’sche Schacht abgeteuft ist.

Der Anhydrit dieses Fundorts hat , nach den Stiicken zu urtheilen, die Hr. Dr. E w a l d an Ort und Stelle selbst gesammelt und mir zur Untersuchung gefalligst mitgetheilt hat, ganz das Ansehen des Tieder Anhydrits; er besteht hauptsachlich aus erbsengrol’sen kornigen Theilen, die au8

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radial stangligen Zusammensetzungsstiicken bestehen, nur selten sieht man darin ails solchen stangligen Stiicken be- stehende plattenforniige Massen. Darin liegen aber Stiicke hlattrigen durch eingemengten Eisenglimmer ganz roth ge- farbten Gypses, die oft noch eine ganz regelmUsige Form haben, und zwar die der Spaltungsstiicke des Gypses. Es sind rhomboidale Tafeln mit Winkeln von 114O 24', deren Seiten uber zolllang sind. In diesen sind aber von den Seiten nadelfdrmige Krystalle von Anhydrit einge- wachsen, sich von Punkten des Randes radial verbreitend, aber auch von Punkten, die wenn auch zunachst dem Rande, doch ganz im Gypse liegen, so dafs nur die Mitte desselben ganz frei von eingemengtem Anhydrit ist. Andre Stiicke von dem rothen Gypse sind auch ganz unregel- miifsig begranzt, und wenn sie klein sind, mit kleinen An- hydritnadeln ganz durchwachsen. Erhitzt man einen sol- chen Gyps iiher der Gaslampe, so wird er ganz weifs, erdig, iind lafst sich leicht zerdriicken, aber in dem Pulver erkennt man unter dern Mikroskop schr gut die durchsich- tig gebliebenen nttdelfdrmigen Krystalle des Anhydrits. Bei mehrrren der mir mitgethcilten Stiicke ist auch die verwitterte Oberflache zu sehen; dieselbe ist voller Hoh- lungen, die an den Wanden mit kleinen Anhydritnadeln hesetzt sind, offenbar waren diese mit Gyps erfiillt, der von den Tagewassern nufgelost und fortgewaschen ist.

A n h y d r i t vom S c h i l d s t e i n b e i Liineburg.

Ein parallelepipedischea Stuck des mineralogischeti Museums iiber furslang, enthalt 4 Linien dicke Lagen, die fiber die ganze 6 Zoll grofse Breite des Stiickes in mehr oder weniger gerader Linie fortlaufen. Sie sind faarig, die Fnsern rechtwinklig auf der Oherflache der Lagen. und stofsen in der Mitte ohne sichtbare Zwischenlagerung von kornigem Anhydrit ziisammen ; stark seidenglanzend, graulichweil's und sehr frischen Ansehns. Die Lagen lie- gen hiiufig dicht iibereinander, oder es lie@ dazwiachen in grbfserer oder geringerer Menge ein korniger Anhydrit,

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von kohligen schwarzen Adern dnrchzogen, die aiich oft die Lagen einfassen , und ferner bliittriger durch Eisen- glimmer roth gefarbter Gyps, oft ein fiber zollgrofses un- regelmiifsig begriinztes Xndividuum, das den Raum ganz ausfullt und bei welchem dann der Eisenglimmer beson- ders in der Mitte angehaufk ist oder das in der Mitte einen Drusenraum hat, der an den Wanden mit von rothem Eisenglimmer bedeckten Gypskrystallen besetzt ist. Zu- weilen sieht man auch zwischen den Lagen grofsen blatt- rigen Anhydrit, auch einzelne fast wasserhelle regelmal'sig begranzte Krystalle, die fasrigen Lagen in allen Rich- tungen durchsetzend, wie bei dem Segeberger Anhydrit. Die Borazitkrystalle liegen in den fasrigen Lagen, einzeln oder oft in grofser Menge dicht nebeneinander, auch in Gruppen zusammengehauft; sie finden sich aber auch in dern blattrigen Anhydrit und Gyps, in beiden beim Heraus- nehmen glatte und glanzende Eindriicke hinterlassend. Kleine Hexagder von Eisenkies kommen zuweilen in und neben den ohen erwiihnten kohligen Adern vor. Der fa- srige Anhydrit giebt vor dem Lathrohr im Kolben etwas Wtlsser, wird schneew+fs, hleibt aber gliinzend und unter dem Mikroskop durchsichtig.

An andern Stacken dieses Fundorts sieht man gar keinen Eisenglimmer und Gyps j zwischen den fasrigen Lagen befinden sich grofsere in die Lange gezogene hohle Riiume, von oft grofserer Dicke als die Lagen selbst, die an den Wanden mit kleinkugligem Anhydrit mit rauher Oberflache, der oft Krystalle von Anhydrit umschliefst, besetzt sind, oder andere kleinere, die mit reinem durch- sichtigen Steinsalz ganz ausgeflillt sind. Die ersten Rliume sind auch mit blofsen Anhydritkrystallen besetzt, die von einer Wand des Drusenraums nach der andern hertibergewachsen und wie bei den Segeberger Krystallen in der Richtung der Kante der ersten und dritten Spal- tiingsflache verlangert sind, auch wohl Abstumpfungflschen der Seitenkanten enthalten, die ich aber stets matt befun- den habe, 'SO dafs sie nicht gemessen werden konnten.

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Wieder in andern Stiicken ist sehr vie1 durch Ein- niengung von Eisenglimmer roth gefarbter Gyps enthalten ; die fasrigen Lagen, die in allen solchen Sttickon mehr graiilichweifs gefarbt sind , entfernen sich haufig von ein- ander, und schliefsen unregelmalsige langliche Raume ein, die rnit durch Eisenglimmer roth gefarbten Gypskrystallen hesetzt sind, welche nett krystallidrt in den rhombischen Prismen von 111O 14’, mit breit abgestumpften scharfen Sei- tenkanten und an den Enden mit den vordern und hin- tern schiefen Prismen begrinzt sind; sie haben in einem Drusenraum iiberall eine parallele Lage und schillern priichtig, da sie auch aufserlich rnit Eisenglimmer bedeckt sind. Zuweilen fiillt auch der Gyps in einem Individuum den Raum ganz aus, und enthlilt dann an den Wandcn fasrigen An hydrit in kleinen kugligen Zusammenhhfungen wie bei den Stiicken aus dem Rathssteinbruch von Stas- furt. Einzelne Anhydritkrystalle kommen in und zwischen den fasrigen Lagen vor. Die Borazitkrystalle sitzen in diesen wie auch iru blattrigen Anhydrit und Gyps und oft in grofser Menge und von verschiedener Grofse. Zn- weilen kommen auch in diesen weilse Quarzkrystalle vor, doch stets nur von geringer Griibe. In Stiicken dieser ,4rt habe ich auch die oben S. 181 erwiihnten Borazitkry- stalle mit eingeschlossenen Quarzkrystallen gefunden.

G y p s v o m Kalkberge b e i L i n e b u r g .

Ebenso wie die Borazitkrystalle des Schildsteins voii denen des Kalkberges ganz verschieden sind, bei erstern die Tetragderform vorherrscht, bei letztern die des Hexa- eders, so ist auch das Gestein, worin die Krystalle beim Kalkberg eingewachsen sind , wesentlich von dem deo Scbildsteins verschieden. Es ist tiberall nur ein feinkor- niger Gyps, worin ganz kleine Krystalle des Anhydrits porphyrartig eingeschlossen sind; zuweilen iet er such rnit Rissen durchsetzt, und auf diesen finden sich lauter An- hydritkrystalle, wie die in der Masse eingeschlossenen, nie lnng prismatisch , sondern hexaiiderilhnlich. Gltiht man

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StQcke dieses Gypses im Platintiegel, so wird er weilb: und undurchsichtig, die eingeschlossenen Anhydritkrystalle behalten aber ihren Glanz und ihre Durchsichtigkeit, und k h n e n nun um so leichter erkannt werden ’). Die Bora- zitkrystdle unterscheiden sich aufser ihrer Form auch durch ihre Grofse; sie ubertreffen darin die des Schild- steins bedeutend; die Eindrucke, die sie auf der Ober- flache haben, sind daher auch grolser und deutlicher als bei diesen. Sie riihren von Anhydrit her, zum Theil auch von Gyps, welche beide auf der Oberflache noch erhalten sind, und von denen Anhydritkrystalle hiinfig, zweifel- hafter Gyps im Innern eingeschlossen sind. Ebenso kommt etwas Eisenglimmep in den Borazitkrystdlen eingeschlossen vor, seltener jedoch in diesen a18 in denen des Schildstein, wie oben schon angegeben. Die Borazitkrystalle des Kalk- berges lbsen sich leicht von dem Gypse, in welchem sie eingeschlossen sind, ah ; die Eindriicke in diesem sind glatt, aber die glatten Flachen der Eindriicke haben doch oft viele Zwischenraume, denn jede Flache wird durch lauter kleine in paralleler Richtung nebeneinander liegende Gypskrystalle gebildet , die sammtlich au der angriinzen- den Flache des Borazits abschneiden. Zuweilen hat sie, wie auch oben angegeben, kleine Erhabenheiten, die von den in den Gyps eingemengten Anhy dritkrystallen herruhren, der dann die Eindriicke in deru Borazit ver- ursacht hat. Die Borazitkrystalle des Kalkberges sind durchsichtig bis stark durchscheinend und stark gliinzend, w e n sie frisch sind, sie erscheinen aber haufig triib und undurchsichtig, und bestehen dann im Innern aus fasrigeii Zusammensetznngsstiicken, die auf den Dodekagderflachen rechtwinklig stehen ’) und sind dann in Pseudomorphosen von Stasfurtit umgehdert. Sie finden sich auch nur am Kalkberge, nnd fehlen ganz dem Schildstein. Die gr8Cseru

1 ) Der Anhydrit fehlt also keineswegs in dem Gyps des Kalkberges, wie hiinfig angegeben; vgl. Zeitechr. d. geol. Ges. von 1853, 8.867.

2 ) Sie sind in der Monographie den Borazits von Volger S. 203 bis 229 sehr ausfiihrlich beschrieben.

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rauchgrauen Quarzkrystalle kommen in einem Gypse vor, wie der ist, welcher die beschriebenen Borazitkrystalle ent- halt, wiewohl sie nicht zusammen vorkommen. Auch wird der Kalkberg immer als Fundort der Quarzkrystalle ange- sehen ; dafs aber auch am Schildstein Quarzkrystalle vor- kommen, ist oben angefiihrt.

Aus dem Angegebenen ergiebt sich, dak der sammt liche fasrige Anhydrit , der in Tiede , Segeberg, Stasfurt, Lfineburg vorkommt, eine secundare Bildung ist und sein Zusammenvorkommen mit Gyps zeigt deutlich, dafs er aus diesem hervorgegangen ist. Dals solche Umanderungen von Gyps in Anhydrit auch kiinstlich dargestellt werden konnen, dariiber haben uns die schonen Versuche von Hoppe-Seyler belehrt '). Er erhitzte krystallisirten Gyps (Marienglasj in einer Glasrohre mit Wasser in Oel bis zu eiiier Temperatur von 140O; das Marienglas verlor d a d u h seine Durchsichtigkeit , zerkliiftete zu seidenglanzenden Faseru, und war iiuu in eine Verbindung von schwefel-

saurern Kalk n i t nur ein halb Atom Wasser C a S + a k unigewandelt. Als er diels in kaltem Wasser liegen liefs, iiberzogen sich die glanzenden Fasern bald mit einer dich- ten Vegetation von Gypskrystallen.

Als er das Marienglaa in einer geslittigten Steinsale- losung bis 125 bis 130° erhitzte, zerklufiete dasselbe auch erst in seidenglanzende Fasern, wurde aber bald darauf in eine porzellanartige milchweifse derbe Masse verwandelt, die nur Spuren von Wasser enthielt, ein spec. Gew. 2,937 hatte und unter dem Mikroskop aus laiiter kleinen rectan- gularen Prismen bestand, also Anhydrit war.

Ich habe die Versuche nachgemacht. Hr. Prof. Hof- m a n n verstattete gern, dal's sie in seinem Laboratorium mit seinen Apparaten angestellt wurden, und Hr. Dr. B a n - n o w war so gefallig, sie in meinem Beisein auszuftihren. Zwei starke, an einem Ende zugeschmolzene Glasrohren von etwa 1; bis 2 Fufs Lange wurden zu ewei Drittheil,

1) Pogg. Ann. 1866 Bd. 127, S. 161.

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die eine mit einer concentrirten Auflosung von Chlorna- trium, die andere mit Wasser gefiillt, dann in beide meh- rere Stiicke krystallisirten Gypses gelegt , die Rohren an dem offenen Ende zugeschmolzen, und nun in zwei eiserne Rohren gelegt, und in einem Luftbade bis zu einer Tem- peratur von 120 bis 130° erhitzt. Nach Verlauf von meh- reren Stunden, nach welchen das hineingethane Marienglas ganz schneeweifs geworden war, lief8 man die RZihren erkalten. Die Chlornatriumlosung der einen Rohre gab mit Chlorbaryum einen Niederschlag, und als ich sie in einem Becherglase eintrocknen liel's, bildete sich ein diin- ner weiber, mit Chlornatriumkrystallen reichlich bedeckter Bodensatz. Unter dem Mikroskop betrachtet, bestand der- selbe aus lauter kleinen Gypskrystallen, die Chlornatrium- losung hatte also auch etwas aufgelosten Gyps entbalten l).

Das Marienglas , welches ich in die Rohren hineinge- legt hatte , bestand auA durchsichtigen Bruchstiicken von Krystallen , die mit den drei Spaltungsfliichen des Gypses begrsnzt waren; sie hatten also die Form von geraden rhombofdischen Tafeln mit Winkeln von 114O 24'. Die Spaltungsflachen nach dem rhombofdischen Prisma siiid bekanntlich nur unvollkommen und von sehr verschiedenem Ansehen; die eine ist von fasriger BeschaEenheitZ), die

1) Ich hatte indessen den Versuch rnit dem Chlorbaryum erst den fol- genden Tag nach der Erhitzung des Msrienglases gemacht; bis da- hin war die Chlornatriumlosung in der Rohre iiber dem Marienglase geblieben. Es konnte daher seyn, dafs von dem gebildeten Anhydrit sich nach dem Erkalten in der Chlornatriumliisung wieder etwas auf- gelost hatte. Hr. Dr. B a n n o w erbot sich daher mit !iebenswiirdiger Bereitwilligkeit, den Versnch in der Rohre noch einmal zu machen, und die noch heifs aus der Rohre genommene Chlornatriumlosung anf Gyps zu nntersuchen. Er fand, dafs auch in diesem Fall mit Chlorbaryum sogleich ein Niederschlag entstand. Es lBst sich also in der That gleich bei der Anhydritbildung schon etwas Gyps auf. Wahrscheinlich enthilt auch dns Wasser , welches mit Marienglas in der Rohre erhitzt ist, etwas Gyps aufgelost, was ich zufallig zn unter- suchen unterlassen habe.

'2 ) Das fasrige Ansehen dieser Spaltungsflache entsteht bekanntlich daher, dafs sich in dieser Richtung eigentlich drei Spaltungsflacheu finden,

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andere springt oft in den muschligen Bruch fiber; man bezeicbnet die beiden Spaltungsfliichen gewohnlich mit dem Namen des fasrigen und muschligen Bruches. I n der Richtung des erstern ist der Gyps auch biegsam, und beim Zerbrechen der Bruchstiicke, um sie in die Rohren zu legen, bogen sich die meisten Stiicke, was nun ein gi tes Mittel abgab, urn die beiden Flachen, die dem fasri- gen und muschligen Bruch entsprechen, auch iiach dem Erhitzen, wodurch ibre eigenthumliche Beschaffenheit ver- loren ging, zu erkenuen. Sowohl das in dem Wasser ale in der Chlornatriumlosung erhitzte Marienglas war schnee- weirs, undurchsichtig und fasrig und zwar parallelfasrig geworden; die Fasern gingen nicht, wie man erwarten sollte, dem fasrigen, sondern stets dem muschligen Bruche parallel. Bei dem in Wasser erhitzten Marienglas gingen die Faseru ohne Unterbrechung durch das gaiize Sttick hindurch , und hatten starken Seidenglanz , bei dem im Chlornatrium erhitzten waren die Fasern feiner und kurzer, uiid wenn auch im Allgemeinen der angegebenen Richtung folgeiid, wareii mehrere oft buschelformig, ja sogar radial gruppirt; auch waren sie matt und von geringem Glanz. Unter dem Mikroskop hetrachtet , waren die Fasern der einen Rohre wie der andern durchsichtig, ganz besonders die im Wasser erhitzten, und beide erwiesen sich nach den Beobachtnngen des Dr. G r o t h , der sie auf meine Bitte im polarisirten Lichte untersuchte, rhombisch und durchaus nicht monoklinisch wie der Gyps.

Es bedarf aber gar nicht so grofser Hitze, um das Marienglas in Anhydrit umzulndern. Ich habe Stucke Marienglas nur kurze Zeit in der Platinschale mit einer Chlornatriumlosung gekocht ; die Stucke wurden dadurch nur an den Randern umgeandert, und die Fasern von An- hydrit waren besonders von der Seite des muschligen Bruchs hineingedrungen, wie bei dem in der R8hre er-

nach einem rhombischen Prisma von 138O 44', and nach der geraden Abstnmpfungsfliichs der stumpfen Kante dieses Prismaa, nnd die Spal- tongsflache nun an8 der einen Richtung atets in die andere iiberepringt.

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hitzten Marienglaa. Die Stiicke gleichen aufs Vollkommenste dem oben beschriebenen nur zum Theil verandertem Marieaglas aus dem Rathssteinbruch bei Stasfurt. Als ich Gypspulver auf diese Weise behandelte, anderte siuh der ganze Gyps in kleine prisrnatische Anhydritkrystalle urn, und als ich eine concentrirte Auflijsung von Gyps mit einem gleichen Raumtheile einer concentrirten Stein- salzlZisung mischte, und in der Platinschale abdampfte, er- hielt ich ebenfalls die Anhydritkrystalle , doch waren sie mikroskopisch klein, und die abgedampfte Masse schien sich ganz in Wasser aufzulosen; wenn ich aber etwas von derselben auf eine Glasplatte legte und mit Wasser be- feuchtete, konnte ich unter dem Mikroskop sehr bestimmt die kleinen prismatischen Krystalle des Anhydrits neben den Chlornatriumhexaedern erkennen, und nun auch in der Platinschale nach der Aufliisung der abgedampften Masse in Wasser den kleinen Riickstand von Anhydrit erkennen und sammeln. Dr. G r o t h hat auch diese so dargestellten Anhydritkrystslle im polarisirten Lichte untersucht , und mit den in der R6hre dargestellten ganz iibereinstimmend gefunden. Legt man eine kleine Menge der in der Pla- tinschale abgedampften Masse auf eine Glasplatte, befeuchtet sie mit so vielem Wasser, dafs das Chlornatrium sich auf- lbsen kann, kfs t man dann das Wasser auf der Glasplatte verdunsten, iind betrachtet die Masse unter dem Mikroskop, so sieht man, dafs sich sammtlicher Anhydrit wieder in Gyps umgelndert hat. Bei grofsern Anhydritkrystallen und bei gepulvertem natiirlichen Anhydrit andert sich nicht aller Anhydrit um, Gyps aber bildet sich stets. Gyps tindert sich also mit Chlornatriumauf losung hei hiiherer Temperatur in Anhydrit um, wie Anhydrit bei niederer Temperatur in Gyps. Ueberliirst man die oben erwahnte Mischung einer Gypslosung und Chlornatriumllisung der Geiwilligen Verdunstung , so bilden sich Krystalle von Chlornatrium und von Gyps, letztere nur von geringer Griifse und nadelfijrmig, aber doch ganz deutlich und schon mit blofsen Augen erkennbar und bestimmbar.

PoggendorfFe A n d . Bd. CXLV. 13

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Es ist also keine Frage mehr, dal’s der Gyps sich mit Hiilfe von Chlornatrium in Anhydrit umandern kann, und man kann sich nur dariiber wundern, dafs bis jetzt noch gar keine Pseudomorphosen von Anhydrit in deutlicher Gypsform bekannt geworden sind. Sie kommen aber nichts desto weniger vor, und ich habe dergleichen iiber zoll- grofse Pseudomorphosen an Anhydritstucken von Sulz am Neckar beobachtet. Der hier vorkommende Anhydrit ist smalteblau, dicht, rnit splittrigem Bruch, off aber auch kurz- und verworrenfasrig. Die Pseudomorphosen sitzen zu mehreren auf einem Stiicke und lassen die Form des Gypses ganz deutlich erkenen, niedrige rhombische Pris- men mit W-inkeln von I l l 0 14, die an den scharfen Sei- tenkanten stark abgestumpft und an den Enden mit detri bekannten vordern und hintern Prisma begriinzt sind. Die Flachen sind glatt; im Bruche haben die Pseudomorphosen dasselbe Ansehen wie die derbe Masse.

Wenn man sich hiernach der Ueberzeugung nicht ver- schliefsen kann, dak der fasrige Anhydrit an den genann- ten Orten aus Gyps entstanden ist, so kann doch diese Art der Entstehung nicht auf die grofsen Krystalle von Anhydrit angewandt werden , die namentlich in Segeberg und am Schildstein vom fasrigen Anhydrit umschlossen werden. Zwei so verschiedene Formen einer Substanz konnen nicht zu gleicher Zeit gebildet seyn. Die grofsen Krystalle von Anhydrit miissen schon da gewesen seyn, als sich der Gyps bildete, welcher sich spater in Anhydrit umgnderte. In dem Kalkberge bei Liineburg findet sich der fasrige Anhydrit nicht. Die Masse des Berges ist, nach den Stiicken zu urtheilen, die sich in dem berliner mineralogischen Museum finden, wie oben angegeben, ein Gemenge von vorherrschendem Gyps mit kleinen Krystallen von Anhydrit. Diefs ist wahrscheinlich der Zustand, in welchem sich auch die iibrigen Gypsberge zu Tiede, Sege- berg und der Schildstein befunden haben, nur mit dem Unterschiede, daL sich hier noch grobere Krystalle von Anhydrit gebildet haben. Bei ihnen ist dann spater der

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Gyps in Anhydrit umgeandert, was bei dem Kalkberge nicht der Fall ist, der also noch die urspriingliolie Bildung abgiebt. Mit den Krystallen von Anhydrit habeii sich ziemlich gleiohzeitig oder vor ihnen Eisenkies, Eisenglini- mer, Quarz und Borazit ausgeschieden. Da es vielleicht nur von geringen Unterschieden der Temperatur abhangt, ob sich Anhydrit oder Gyps bildet, so niogen an den an- gegebenen Orten beide wohl an der Granze fiir die Bil- dung des einen und des andern entstanden seyn; eine ge- ringe Erniedrigung der Temperatur mag zuerst eine wei- tere Anhydritbildung verhindert und eine Gypsbildung hervorgebracht haben, die sich dann wieder bei etwas er- htihter Temperatur ganz oder zum Theil in Anhydrit uni- gnderte. Warum von dieser letzten Veranderung der Kalk- berg, in dem sich gar kein fasriger Anhydrit mehr findet, nicht Theil genommen bat, daruber konnen vielleicht Un- tersuchungen an Ort und Stelle Aufschlds geben. Was- serfreie und wasserhaltige Verbindungen gleicher Art kommen iibrigens nicht blos beim Anhydrit und Gyps vor; auch in dern Galmei vom Altenberge bei Liittich sind nach Monheim Willemit und Kieselzinkerz enthalten , nur mit dem Unterschiede, dafs hier der wasserfreie Willemit vor- waltet ( 57,64 Proc. ) und das wasserhaltige Kieeelzinkerz untergeordnet vorkommt ( 9,19 Proc. ) 1) Rotheisenerz und Brauneisenerz nicht gemengt, wechseln aber in Lagen mit- einander, und so mijgen sicb noch viele Falle von dein Zusammenvorkommen einer Verbindung im wasserfreieri und wasserhaltigen Zustande finden.

Wie am Kalkberge die Gypsmasse vorwaltet und der eingemengte Anhydrit nur untergeordnet vorhanden ist, so kommt auch das Umgekehrte vor. In dem feinkornigen bis dichten Anhydrit von Eisleben, der weifs aber auch ganz rauchgrau , auch weifs und mit Stinkstein gemengt ist, kommen einzelne Partien von blattrigem Gyps ganz

1 ) Vergl. Verhandlungen des natnrhistorischen Vereins der Preufsischen Rheinlande von 1848, Bd. 4, S. 165.

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uiitergeordnet vor. Es ist diefs wahrscheinlich wie beim Kalkberge eine ursprungliche Bildung, da der Anhydrit feinkornig ist, und gar nicht das Ansehn einer pseudomor- phcn Bildung hat.

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11. Siidarnerika's ;

won H e i n r i c h . H u r k h a r t - J e x l e r in Bahia.

Die Abendlichter an der ostlichen Kiiste

w a h r e n d einer betrachtlichen Reihe von Jahren meines Aufenthaltes an der Kiiste von Siid- und Nordbrasilien habe ich Gelegenheit gehabt, auffallige Himmelserschei- nungen' zu beobachten, welche dort vor und nach Sonnen- untergang zuweilen auftreten und an Schonheit und Far- benglanz die zu entsprecheiiden Zeiten in Mitteleuropa wahrzunehmenden iibertreffen. Die an ihnen entschieden hervortretesden Eigenthiimlichkeiten desselben diirften iiber den meteorologischen Vorgang ein gewisses Licht ver- breiten, welche im Allgerneinen den farbigen Lichtern an Wolken und Diinsten zu Grunde liegen, und noch jetzt zum grofsen Tlieil in einem zweifelhaften Halbdunkel liegen. Da Zeit und Umstande nur die Beobachtung der abend- lich auftretenden Erscheinungen dieser Art gestatteten, so werden sich Vergleiche, die zwischen ihnen und ihren ent- sprechenden Phanomenen in hohern Breiten sich einstellen, nur auf das Abendroth beziehen konnen. Bekanntlich be- steht das, was man Abendroth nennt, darin, dals nach oder vor Sonnenuntergang bei hellem Wetter an dem West- oder Osthimmel rothe und orangefarbene auch gelbe Dampfe und Wolken sich zeigcn, deren farbige Beleuchtung zu- letzt in einem weitslichen Scheine am westlichen Horizonte verlischt , worauf dann vollige Dunkelheit eintritt. Wohl bekannt ist es m c h , dafs die Dammerung linter niedwn