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triathlon special 1/2005 22 RADFAHREN IM TOTEN WINKEL DES WINDES Der Aerodynamik-Test mit den Profis Die Aerodynamik ist der leistungslimitierende Faktor für die Geschwindigkeit beim Radfahren schlechthin. Abhängig vom Tempo wird fast die gesamte Leistung des Fahrers für die Überwindung des Luftwiderstandes verbraucht. Aber wie können wir dem Wind entgegentreten? Welche technischen Details helfen uns dabei, schneller zu fahren oder weniger Energie zu brauchen? triathlon war mit Kai Hundertmarck, Virginia Berasategui und Uli Schoberer auf der Radrennbahn und hat Laufräder, Helme, Räder und Sitzpositionen überprüft. VON NIS SIENKNECHT Uli Hergesell

IM TOTEN WINKEL DES WINDES - rsf-sassenberg.de · Wert von 500 Euro hat, ist die Anreise sowie eine Übernachtung im Maritim Hotel Bad Homburg eingeschlossen. Um an dem Gewinnspiel

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triathlon special 1/ 2005

22 RADFAHREN

IM TOTEN WINKELDES WINDESDer Aerodynamik-Test mit den Profis Die Aerodynamik ist der leistungslimitierende Faktor für die Geschwindigkeit beim Radfahren schlechthin. Abhängig vom Tempo wird fast die gesamte Leistung des Fahrers für die Überwindung des Luftwiderstandes verbraucht.Aber wie können wir dem Wind entgegentreten? Welche technischen Details helfen uns dabei, schneller zu fahren oder weniger Energie zu brauchen? triathlon war mit Kai Hundertmarck, Virginia Berasategui und Uli Schoberer auf der Radrennbahn und hat Laufräder, Helme, Räder und Sitzpositionen überprüft.

VON NIS SIENKNECHT

Uli H

erge

sell

www.tri-mag.de

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Um sich dem Thema Aerodynamik angemessen nähern zu können, sind einigephysikalische Grundkenntnisse leider unumgänglich. Wer daran kein Interessehat, der möge gleich zu den Ergebnissen wechseln. Alle anderen machen wirhier kurz mit den wichtigsten Daten und unserem Testvorgehen vertraut.

GESCHWINDIGKEIT ENTSCHEIDET

Da der Windwiderstand in erster Näherung quadratisch von der Fahrgeschwin-digkeit abhängig ist (siehe Formel), bekommt das Thema Aerodynamik eineumso größere Bedeutung, je schneller gefahren wird. Aber auch bei geringerenGeschwindigkeiten lässt sich durch verringerten Widerstand einiges an Kraftsparen. Je weniger Aufwand betrieben werden muss, um von A nach B zu gelan-gen, desto mehr Energie bleibt dafür übrig, um schneller oder länger zu fahren.

DIE FORMEL FÜR DEN WINDWIDERSTAND

Dabei ist P Luftdichte, Cw der Luftwiderstandsbeiwert, A die Stirnfläche und v die Relativgeschwindigkeit durch die Luft.

SO HABEN WIR GETESTET

Um konstante äußere Bedingungen wie Temperatur, Windverhältnisse, Luftdruckund Luftfeuchtigkeit zu schaffen, wurden alle Tests an einem Tag auf einergeschlossenen Radrennbahn durchgeführt. Als Messgerät wurde die SRM-

Wissenschaftsversion mit einer Genauigkeit von +/- 0,5 Prozent montiert.Die Wissenschaftsversion des SRM ist so konzipiert, dass mechanischeVerspannungen vollständig kompensiert werden.

Da es nahezu unmöglich ist, mit einer konstanten Geschwindigkeit zu fahren,nutzten wir als Signal zur Orientierung einen Pfiff, der jede halbe Rundeertönte. Die gefahrene Geschwindigkeit lag bei 45 km/h. Die ermitteltenWerte liegen naturgemäß nicht genau bei einem Schnitt von 45 km/h. Nebenden natürlichen Temposchwankungen müssen sich in der Kurve die Räder auf-grund der Schräglage des Fahrers schneller drehen, um der Geschwindigkeitdes Körperschwerpunktes zu folgen, der einen kleineren Kurvenradius zurück-legt. Weil die Fahrgeschwindigkeit an den Rädern gemessen wird, nimmt dieaufgezeichnete Geschwindigkeit in der Kurve zu. Um die erhobenen Datenmiteinander vergleichen zu können, werden alle Werte auf 45 km/h »bereinigt«.Dabei liegt folgende Rechnung zugrunde: Der Zusammenhang von Leistung(P) zu Geschwindigkeit (v) ist

P = v x 2,64 x Luftwiderstandskonstante + v x Reibungskonstante

Bei der Umrechnung von beispielsweise einer Durchschnittsgeschwindigkeitvon 44,61 km/h bei 363,9 Watt auf 45 km/h kann der Reibungsanteil vernach-lässigt werden, da er sehr gering ist und bei dieser Geschwindigkeitsdifferenzkeine Rolle spielt. Die Leistung für 45 km/h ist dementsprechend 373,5 Watt

Die Testlänge pro Durchgang betrug zwei Minuten ohne die Beschleunigungs-phase. Alle Laufräder wurden mit identischen Schlauchreifen beklebt (ContiCompetition, 22 mm) und auf 9 bar aufgepumpt, vor jedem Testbeginn wurdeder Radumfang durch Abrollen des Rades unter Gewichtsbelastung genauermittelt. Pro Durchgang wurde stets nur ein Detail geändert. Bekleidung,Schuhe usw. waren jeweils identisch.

Uli H

erge

sell

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INFO

DAS SRM-SYSTEM – WEIT MEHR ALS EIN RADCOMPUTER

Die Messung der reinen Leistung ist unverzichtbar für einen professionellen Trainingsaufbau.Aber wie ist diese möglich? Indirekt wurde die Messung oft über die Geschwindigkeit oder dieHerzfrequenz versucht – leider mit unbefriedigender Genauigkeit. Die Geschwindigkeit unterliegt zu vielen Einflussgrößen, die Herzfrequenz reagiert erst verzögert.

Uli Schoberer erfand 1988 die »SchobererRadMesstechnik« (SRM). Das System ähnelt einemherkömmlichen Fahrradcomputer, bietet aber entscheidende Extras. So wird neben den üblichenWerten wie Geschwindigkeit, Distanz, Tritt- und Herzfrequenz auch die Wattzahl und somit dieLeistung angezeigt, mit der der Fahrer in die Pedale tritt. Dafür wurde eine spezielle Tretkurbel entwickelt. Die Leistungsmessung erfolgt über kleine Dehnmessstreifen zwischen dem inneren undäußeren Ring in der Kurbel. Je kräftiger der Tritt, umso stärker verbiegen sich die Streifen und umsomehr ändert sich der gemessene elektrische Widerstand. Aus dem Drehmoment und der Trittfrequenzberechnet der Computer am Lenker die Leistung in Watt. Der interne Speicher ermöglicht mit derzugehörigen Software eine spätere Auswertung am PC.

Labor am LenkerNeben der genauen Trainingssteuerung bei unterschiedlichsten Bedingungen können auch Leistungstestsund Materialuntersuchungen mit dem SRM-System durchgeführt werden. In Verbindung mit leistungs-diagnostischen Untersuchungen ist eine punktgenaue Dosierung der Trainingsinhalte ebenso möglich wieein Feedback über die Trainingsfortschritte. Momentan ist das SRM-System die beste und effizientesteMethode der Leistungssteuerung beim Radfahren. Die Messung funktioniert ohne jeglichen Energie-verlust. Aus der Welt des professionellen Radtrainings sind die SRM-Geräte kaum mehr wegzudenken.

Das SRM System besteht aus:• Powermeter mit Kurbeln (Shimano oder Campagnolo, 165 – 180 mm) und Kettenblättern nach Wahl • Powercontrol: Computer zur Lenkermontage, mit Ladegerät und Halter • Sensorkabel • Interfacekabel zum Auslesen der Daten • Software zur Datenauswertung und Bedienungsanleitung

Das SRM Training System speichert und zeigt folgende Werte an:• Leistung in Watt• Herzfrequenz • Trittfrequenz • Geschwindigkeit • Fahrzeit • Wegstrecke • Temperatur • Energieverbrauch • alle Durchschnitts-

und Maximalwerte • unbegrenzte Anzahl

von Trainingsintervallen • Trainingszeiten in beliebig

einstellbaren Trainingsbereichen

Es gibt folgende SRM-Versionen:• Amateur-Version (Straße): € 1.720,– • Professionelle Version (Straße, Bahn, MTB): € 2.300,– • Wissenschaftsversion (Straße, Bahn): € 4.600,– • Neu ist das Dura Ace 10-Speed Powermeter,

welches in die Dura-Ace-Kurbeln eingebaut ist. Preis: € 2.800,– (Preise ohne Mehrwertsteuer)

Informationenwww.srm.de Tel. 0 24 61 / 69 12 30

MEHR WIDERSTAND

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DIE ERGEBNISSESITZPOSITION AUF NORMALEM RENNRAD

Als Ausgangswert für alle weiteren Messungen gilt die Sitzposition auf einemnormalen Rennrad (Cervelo Soloist), allerdings aufgrund der besseren Vergleich-barkeit mit Hochprofil-Aerolaufrädern (Zipp 909). Auf den Trainingslaufrädernsind die stets verwendeten Schlauchreifen nicht möglich. Um die Geschwindigkeitvon 45 km/h fahren zu können, war eine Leistung von 426 Watt erforderlich.Diese setzen wir als Ausgangswert für alle Verbesserungen. Da das Cervelo-Radschon aerodynamisch optimiert ist (ebenso die Laufräder) und die Sitzpositionvon Hundertmarck sich in der Überhöhung von der vieler Hobbyathletenunterscheidet, sind individuell teilweise größere Unterschiede zu erwarten.

RENNRAD MIT AUFSATZ

Viele Triathleten nutzen ein normales Straßenrennrad und montieren einenTriathlonaufsatz (Profile Design Sonic Stryke). Die damit einhergehende aero-dynamische Einsparung ohne weitere Veränderungen ist groß: 395 Watt bei45 km/h bedeuten eine Verbesserung um 31 Watt.

OPTIMIERTE POSITION AUF DEM ZEITFAHRRAD

Der Vergleich vom Straßenrenner zur aerodynamisch optimierten Sitzpositionauf dem Zeitfahrrad (Cervelo P3 mit Zipp-909-Laufrädern) beträgt satte 54 Watt.Allerdings ist die beschriebene Sitzposition (siehe Grafik) individuell angepasstund für Kai Hundertmarck ideal. Sie ist nicht für jeden fahrbar – und gelaufenwerden muss ja auch noch. Die Haltung gilt also in dieser Form nicht für jedenals Optimum.

AEROHELM (BELL)

Mittlerweile unterliegt auch jeder Aerohelm den geforderten Prüfnormen.Vorbei sind die Zeiten, als es sich nur um »Luftleitbleche« handelte. Gut fürTriathleten, denn so kann man im Wettkampf auf einen solchen zurückgreifen.Das bedeutet sechs Watt weniger Aufwand.

SCHEIBE HINTEN

Im Vergleich zum Hochprofil-Hinterrad »spart« das beliebte Scheibenrad (in diesem Falle Zipp 909) 14 Watt Leistung.

LIGHTWEIGHT-LAUFRÄDER

Sie sollen perfekt sein: Leicht, steif, aerodynamisch.Erstere Attribute gelten uneingeschränkt, im Bezug auf die Aerodynamik gibt es bessere. Mit 377 Wattaufzubringender Leistung sind sie um elf Watt»schlechter« als die Aerolaufräder von Zipp und sogar 28 Watt unter dem Wert der Xentis-Laufräder. ➜

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105°75° 112°

GEWINNSPIEL

GEWINNEN SIE EIN PERSONAL TRAINING MIT KAI HUNDERTMARCK

Sie wollten schon immer mal Trainingstipps der Profis aus erster Hand erfahren oder eine Trainingsausfahrt mit einemSpitzenathleten machen? triathlon – das magazin und die Firma Kluth verlosen ein Personal Training mit Ex-Radprofi Kai Hundertmarck in Bad Homburg. Der Preis beinhaltet ein gemeinsames Frühstück mit Absprache desTagesablaufes. Streckenführung und Länge richten sich nach dem Trainingszustand des Gewinners. Das Trainingwird mit einer Polar-Pulsuhr überwacht und anschließend ausgewertet. Während der Ausfahrt steht der Radlertalkim Mittelpunkt. Nach der Ausfahrt gibt es Tipps zur Trainingssteuerung und zur Optimierung der Position auf demRad. Das komplette Personal Training inklusive Analyse dauert rund sechs Stunden. Im Gewinnpaket, das einenWert von 500 Euro hat, ist die Anreise sowie eine Übernachtung im Maritim Hotel Bad Homburg eingeschlossen.Um an dem Gewinnspiel teilzunehmen, müssen Sie uns nur Ihren persönlichen Tipp verraten: Wie kann man denÜbergang vom Radfahren zum Laufen trainieren? Schicken Sie Ihren Tipp bis zum 20. April 2005 per Post-karte oder E-Mail mit Ihrem Namen, Ihrer Adresse und Telefonnummer an:triathlon – das magazinc/o spomedis GmbH »Kai Hundertmarck«Stahltwiete 10, 22761 Hamburg, E-Mail: [email protected]

WENIGER WIDERSTAND

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28 RADFAHREN

XENTIS MARK 1

Seit Jan Ullrich sie fährt, fragt sich jeder, ob das aus Werbe- oder aerodynami-schen Gründen geschieht. Vielleicht ja beides: Aerodynamisch sind die Lauf-räder aus Österreich unser Testsieger! Sie schnitten um drei Watt besser ab als Scheibe und Hochprofilvorderrad. Kein besonders großer Unterschied,allerdings sind sie zusätzlich vom Handling in den meisten Fällen überlegen.Vor allem bei Wind oder bergigen Strecken zahlen sich geringes Gewicht undweniger Windanfälligkeit aus.

X-TREME WINDCHEETER

Die leichten Threespokes der Firma X-Treme kommen auf einen Wert von 370Watt bei 45 km/h. Damit liegen sie vor den Lightweight-Laufrädern, schneidenaber schlechter ab als Xentis oder Zipp.

TRAININGSLAUFRÄDER

Um einen Vergleich ziehen zu können zwischen Aero- und Trainingslaufrädern,haben wir abschließend die Velomax Circuit getestet. Hierbei wurden keineSchlauchreifen gefahren wie in allen anderen Tests, sondern die ContinentalGrand Prix 3000. Der Wert gilt als Vergleich der verschiedenen Systeme – Aero-vs. Speichenrad. Die Nachteile beim Windwiderstand sind enorm: Zwischendem Testsieger Xentis und den Velomax Circuit liegen immerhin 38 Watt.

FAZIT

Aerodynamik ist entscheidend, wenn es um Zeitgewinn und Kraft sparendesFahren geht. Schon mit geringen Mitteln lassen sich große Effekte erzielen.So bewirken die Änderung der Sitzposition und die Montage eines Aufsatzesdie größten Verbesserungen. Ebenfalls sinnvoll ist die Anschaffung von gutenLaufrädern. Hier ist natürlich die Aerodynamik nicht der einzig relevante Faktor.Auch Gewicht, Langlebigkeit und die Tauglichkeit für unterschiedliche Bedin-gungen sollten in die Kaufentscheidung einfließen.

DATEN & FAKTEN

DIE MESSDATEN IM ÜBERBLICK

Test 1 Rennrad normal 426 WattTest 2 Rennrad mit Aufsatz 395 WattTest 3 Zeitfahrrad mit normalem Helm 372 WattTest 4 Zeitfahrrad mit Aerohelm 366 WattTest 5 Zeitfahrrad mit Aerohelm + Scheibe hinten 352 WattTest 6 Zeitfahrrad mit Aerohelm + Lightweight 377 WattTest 7 Zeitfahrrad mit Aerohelm + Xentis Mark 1 349 WattTest 8 Zeitfahrrad mit Aerohelm + X-Treme Windcheeter 370 WattTest 9 Zeitfahrrad mit Aerohelm + Trainingslaufrädern 387 Watt

Berlin, Rohm Ratgeber

Blaichach, Wolfi’s Tri Box

Burscheid, Campana

Dresden, Laufsportladen

Düsseldorf, Rosso Sport

Kiel, Aktiv Shop Flemming

Göppingen, PM Sport

Hamburg, Christoph Nies Cycles

Hamburg, Storm Cycles

Hannover, Laufrad

Hattingen, Biker’s World

Höchstadt, Fahrrad Dresel

Neu-Isenburg, Rad&Triathlon Shop

Remchingen, Cycle SportRemchingen

Weisloch, Marathon Vertriebs

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