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12 IN|FO|NEUROLOGIE & PSYCHIATRIE 2012; Vol. 14, Nr. 2 Schlaganfall Journal Screen Middleton S, McElduff P, Ward J et al; QASC Trialists Group. Implementation of evidence-based treatment protocols to manage fever, hyperglycaemia, and swallowing dysfunction in acute stroke (QASC): a cluster randomised controlled trial. Lancet 2011; 378: 1699 –706 Schlaganfalltherapie auf Stroke-Units Implementierung von Leitlinien verbessert das Outcome Fragestellung: Verbessert die Implementierung multi- disziplinärer Behandlungsprotokolle den Outcome von Patienten mit akuten Schlaganfällen in Stroke-Units? Hintergrund: In den letzten 20 Jahren wurde in vielen Ländern das Konzept der Stroke-Unit zur Behandlung von Patienten mit akutem Schlaganfall implementiert. Aufgabe der Stroke-Unit ist es nicht nur, eine rasche Diagnose zu stellen und gegebenenfalls eine systemische Thrombolyse oder Thrombektomie durchzuführen, sondern auch Komplikationen zu vermeiden. Dafür gibt es entsprechende Leitlinien. Es besteht allerdings ein großer Unterschied, ob diese tatsächlich in die tägliche Praxis umgesetzt werden. Patienten und Methodik: In die QASC-Studie (Qua- lity Acute Stroke Care) wurden Stroke-Units in New South Wales in Australien entweder einer Interventions- oder einer Kontrollgruppe zugeordnet. Die Methode entspricht einer einfachblinden, Cluster-randomisierten kontrollierten Studie. Alle teilnehmenden Stroke-Units hatten unmittelbaren Zugang zur Bildgebung und er- füllten die formalen Kriterien für eine Schlaganfall- station. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter über 18 Jahren, die einen ischämischen Insult oder eine in- trazerebrale Blutung hatten und die innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Symptome auf der Stroke-Unit aufgenommen wurden. In den Zentren, in denen eine aktive Intervention vorgenommen wurde, wurden die Protokolle, mit denen derer erhöhte Körpertemperatur, Hyperglykämie und Schluckstörungen erfasst und behandelt wurden, mit einem multidisziplinärem Team erörtert und strukturiert implementiert. In den Schlaganfallstationen die als Kon- trolle dienen, wurden lediglich die existierenden Leit- linien verteilt. In allen beteiligten Stroke-Units wurden zunächst Patienten vor der Intervention erfasst und in einer zwei- ten Studienphase nach der Intervention. Endpunkte der Studien waren die modifizierte Ranking-Skala nach 90 Tagen, der Barthel-Index und der SF-36. Ergebnisse: Zehn Stroke Units wurden der Interven- tionsgruppe und neun der Kontrollgruppe zugeteilt. Für die endgültige Analyse standen Ergebnisse von 1.696 Patienten zur Verfügung, davon 687 vor der Intervention und 1.009 nach der Intervention. Die Analyse zeigte, dass unabhängig von der Schwere eines Schlaganfalls Stroke-Units mit strukturiertem Umgang mit erhöhter Körpertemperatur, Hyperglykämie und Schluckstö- rungen ein besseres Outcome hatten als Patienten in Stroke-Units der Kontrollgruppe. So betrug der Anteil der Patienten mit einer modifizierten Ranking-Skala ≥ 2 nach 90 Tagen in der Interventionsgruppe 58% verglichen mit 42% in der Kontrollgruppe. Dieser Un- terschied war statistisch signifikant; die Number-Nee- ded-to-Treat betrug 6,4. Es ergaben sich allerdings kei- ne Unterschiede in der Sterblichkeit, in der Lebensqua- lität und beim Barthel-Index. Schlussfolgerungen: Die strukturierte Implementie- rung und Umsetzung von Behandlung und Leitlinien auf der Stroke-Unit verbessert eindeutig die Prognose von Patienten, die dort aufgenommen werden. Kommentar: Diese Studie aus Australien ist für den klinischen Alltag außerordentlich wichtig, denn sie zeigt, dass es keineswegs reicht, Leitlinien zu schreiben, sondern dass diese auch in die Behandlungsrealität umgesetzt werden müssen. Dies ist nicht allein die Aufgabe von Ärzten, sondern hier müssen Ärzte, Pfle- gepersonal, Physiotherapeuten, Schlucktherapeuten sowie Logopäden eng zusammenarbeiten. Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass durch die strukturierte Imple- mentierung bestehender Leitlinien die Prognose von Patienten auf Stroke Units deutlich verbessert werden kann. Hans-Christoph Diener, Essen Leitlinien müssen nicht nur geschrieben, sondern auch um- gesetzt werden. Nach Ann Neurol 2011 Nach Ann Neurol 2011 Nach Ann Neurol 2011 © SDSH

Implementierung von Leitlinien verbessert das Outcome

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12 IN|FO|Neurologie & Psychiatrie 2012; Vol. 14, Nr. 2

Journal Screen SchlaganfallJournal Screen

Middleton S, McElduff P, Ward

J et al; QASC Trialists Group.

Implementation of evidence- based

treatment protocols to manage fever, hyperglycaemia, and swallowing

dysfunction in acute stroke (QASC): a

cluster randomised controlled trial.

Lancet 2011; 378: 1699–706

Schlaganfalltherapie auf Stroke-Units

Implementierung von Leitlinien verbessert das OutcomeFragestellung: Verbessert die Implementierung multi­disziplinärer Behandlungsprotokolle den Outcome von Patienten mit akuten Schlaganfällen in Stroke­Units?

Hintergrund: In den letzten 20 Jahren wurde in vielen Ländern das Konzept der Stroke­Unit zur Behandlung von Patienten mit akutem Schlaganfall implementiert. Aufgabe der Stroke­Unit ist es nicht nur, eine rasche Diagnose zu stellen und gegebenenfalls eine systemische Thrombolyse oder Thrombektomie durchzuführen, sondern auch Komplikationen zu vermeiden. Dafür gibt es entsprechende Leitlinien. Es besteht allerdings ein großer Unterschied, ob diese tatsächlich in die tägliche Praxis umgesetzt werden.

Patienten und Methodik: In die QASC­Studie (Qua­lity Acute Stroke Care) wurden Stroke­Units in New South Wales in Australien entweder einer Interventions­ oder einer Kontrollgruppe zugeordnet. Die Methode entspricht einer einfachblinden, Cluster­randomisierten kontrollierten Studie. Alle teilnehmenden Stroke­Units hatten unmittelbaren Zugang zur Bildgebung und er­füllten die formalen Kriterien für eine Schlaganfall­station. Eingeschlossen wurden Patienten im Alter über 18 Jahren, die einen ischämischen Insult oder eine in­

trazerebrale Blutung hatten und die innerhalb von 48 Stunden nach Beginn der Symptome auf der Stroke­Unit aufgenommen wurden.

In den Zentren, in denen eine aktive Intervention vorgenommen wurde, wurden die Protokolle, mit denen derer erhöhte Körpertemperatur, Hyperglykämie und Schluckstörungen erfasst und behandelt wurden, mit einem multidisziplinärem Team erörtert und strukturiert implementiert. In den Schlaganfallstationen die als Kon­trolle dienen, wurden lediglich die existierenden Leit­linien verteilt.

In allen beteiligten Stroke­Units wurden zunächst Patienten vor der Intervention erfasst und in einer zwei­ten Studienphase nach der Intervention. Endpunkte der Studien waren die modifizierte Ranking­Skala nach 90 Tagen, der Barthel­Index und der SF­36.

Ergebnisse: Zehn Stroke Units wurden der Interven­tionsgruppe und neun der Kontrollgruppe zugeteilt. Für die endgültige Analyse standen Ergebnisse von 1.696 Patienten zur Verfügung, davon 687 vor der Interven tion und 1.009 nach der Intervention. Die Analyse zeigte, dass unabhängig von der Schwere eines Schlaganfalls Stroke­Units mit strukturiertem Umgang mit erhöhter Körpertemperatur, Hyperglykämie und Schluckstö­rungen ein besseres Outcome hatten als Patienten in Stroke­Units der Kontrollgruppe. So betrug der Anteil der Patienten mit einer modifizierten Ranking­Skala ≥ 2 nach 90 Tagen in der Interventionsgruppe 58% verglichen mit 42% in der Kontrollgruppe. Dieser Un­terschied war statistisch signifikant; die Number­Nee­ded­to­Treat betrug 6,4. Es ergaben sich allerdings kei­ne Unterschiede in der Sterblichkeit, in der Lebensqua­lität und beim Barthel­Index.

Schlussfolgerungen: Die strukturierte Implementie­rung und Umsetzung von Behandlung und Leitlinien auf der Stroke­Unit verbessert eindeutig die Prognose von Patienten, die dort aufgenommen werden.

Kommentar: Diese Studie aus Australien ist für den klinischen Alltag außerordentlich wichtig, denn sie zeigt, dass es keineswegs reicht, Leitlinien zu schreiben, sondern dass diese auch in die Behandlungsrealität umgesetzt werden müssen. Dies ist nicht allein die Aufgabe von Ärzten, sondern hier müssen Ärzte, Pfle-gepersonal, Physiotherapeuten, Schlucktherapeuten

sowie Logopäden eng zusammenarbeiten. Die Studie zeigt eindrucksvoll, dass durch die strukturierte Imple-mentierung be stehender Leitlinien die Prognose von Patienten auf Stroke Units deutlich verbessert werden kann.

Hans-Christoph Diener, Essen

Leitlinien müssen nicht

nur geschrieben, sondern auch um-

gesetzt werden.

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