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Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer Rehabilitationen Autoren: Dr. Christian Ullrich - Prof. Dr. Dr. Eric-Peter Franz, M. Sc.

Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

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Page 1: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

Indikationsbezogene

Diagnostik und Planung

komplexer Rehabilitationen

Autoren: Dr. Christian Ullrich - Prof. Dr. Dr. Eric-Peter Franz, M. Sc.

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Inhaltsverzeichnis Kapitel I. Anforderungen an den Behandler, Patientenauswahl, Indikationen, Kontraindikationen ............ 3 Kapitel II. Implantologische Behandlungsplanung in Abhängigkeit vom Zahnverlust ................................. 13 Kapitel III. Chirurgische Behandlungsplanung in Abhängigkeit vom Knochenangebot .............................. 15 Kapitel IV. Navigation in der dentalen Implantologie ......................................................................................... 26

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I.

Anforderungen an den Behandler, Patientenauswahl, Indikationen, Kontraindikationen

Anforderungen an den Behandler:

Die dentale Implantation verlangt vom Behandler ein fundiertes biologisches, biomechani-

sches, chirurgisch-restauratives und auf die Patientenbetreuung bezogenes therapeutisches

Spektrum und Fachwissen. Derjenige, der eine langfristig erfolgreiche enossale Implantolo-

gie in seiner Praxis betreiben will, muss praktische Erfahrungen und profunde Kenntnisse auf

dem Gebiet der Oralchirurgie, der Prothetik, der Parodontologie und der zahnärztlichen Pro-

phylaxe besitzen. Weiterhin sollte die Praxis organisatorisch und strukturell so organisiert

sein, dass ein strenges Recall-System gewährleistet ist.

Sind diese Voraussetzungen in einer Praxis nicht gegeben, muss dieser Mangel an enger

Zusammenarbeit mit einem entsprechend spezialisierten Fachkollegen ausgeglichen wer-

den. In vielen Fällen ist deshalb eine fachliche Zusammenarbeit zwischen einem chirurgisch

spezialisierten und einem prothetisch erfahrenen Kollegen als bestmögliche Alternative an-

zusehen.

Eine erfolgreich arbeitende, implantologisch tätige Praxis muss grundsätzlich folgende Krite-

rien erfüllen:

1. Adäquates apparative instrumentelle und personelle Ausstattung

2. Hohes chirurgisches Niveau bei Zahnarzt, Personal und Instrumentarium

3. Umfassende persönliche implantologische Erfahrung

4. Hohes prothetisches Niveau beim Zahnarzt und Zahntechniker

5. Dokumentationssysteme für Röntgen, Foto, Recall etc.

6. Genügend Patienten für implantologische Versorgung zur Erlangung notwendiger

Routine

Die Erfahrung zeigt, dass ein Großteil implantologischer Misserfolge auf unzureichende spe-

zielle fachliche Aus- und Weiterbildung sowie mangelnde Erfahrung des behandelnden

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Zahnarztes zurückzuführen ist. Im Wesentlichen können Misserfolge auf folgendes Fehlver-

halten des implantologisch tätigen Zahnarztes zurückgeführt werden:

1. Gewagte Indikation

2. Mangelnde Asepsis

3. Insuffiziente Suprakonstruktion

4. Ungenügende Operationstechnik

5. Schlechte Implantatsystemauswahl

Der Erfolg implantologischer Behandlungen hängt somit im Wesentlichen ab von den fachli-

chen Kenntnissen und Erfahrungen des behandelnden Zahnarztes, der Auswahl geeigneter

Patienten sowie der Praxisstruktur, d. h. ihrer adäquaten Ausstattung.

Patientenauswahl – spezielle intraorale Kontraindikation:

Durch die erste Befundaufnahme wird weitgehende Klarheit darüber gewonnen, ob der Pa-

tient für eine implantologisch-prothetische Behandlung geeignet ist. Die extraorale Untersu-

chung ermöglicht durch Beobachtung und Palpation Aufschlüsse über das mögliche Vorlie-

gen eines Kiefergelenk-Dysfunktionssyndroms. Die intraorale Inspektion gibt u. a. Auskunft

über die Morphologie der Kieferkämme, die intermaxilläre Beziehung, die Situation der

Mundschleimhaut sowie den Sanierungszustand des Restgebisses. Die Auswertung eines

Orthopantomogramms ermöglicht deutlichere Aussagen über das vorhandene Knochenan-

gebot sowie das evtl. Vorliegen pathologischer Befunde im Kieferknochen. Die Inspektion

eines evtl. getragenen Zahnersatzes gibt Hinweise auf spezielle zahnärztlich-prothetische

Probleme sowie die Psyche des Patienten. Schon während der ersten Befundaufnahme

können somit temporäre oder generelle Kontraindikationen zur implantologischen Behand-

lung erkannt werden.

Intraorale Kontraindikation:

1. Anatomisch extrem ungünstige Kieferverhältnisse

2. Schwierige Okklusions- und Funktionsverhältnisse

3. Pathologische Befunde im Kieferknochen

4. Pathologische Schleimhautveränderungen

5. Xerostomie

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6. Makroglossie

7. Nicht saniertes Restgebiss/schlechte Mundhygiene (temporär)

1. Anatomisch ungünstige Kieferverhältnisse:

Ergibt sich aus Inspektion, digitaler Palpation und der Auswertung des Orthopantomo-

gramms ein ungünstiges Knochenangebot und eine schwierige Kieferrelation, sollte insbe-

sondere der wenig Erfahrene auf implantologische Maßnahmen verzichten.

2. Schwierige Okklusionsverhältnisse:

Bei Vorliegen von Dysgnathien sind nur in Ausnahmefällen implantologische Maßnahmen

indiziert. Eindeutige und länger bestehende Funktionsstörungen des Kauorgans schließen

implantologische Maßnahmen im Normalfall aus.

3. Pathologische Befunde im Kieferknochen:

Wurzelreste, Zysten, Fremdkörper, Granulome, entzündliche Veränderungen etc. im Im-

plantationsbereich stellen zumindest eine temporäre Kontraindikation dar. Erneute Beurtei-

lung nach Sanierung und knöcherner Regeneration.

4. Pathologische Schleimhautveränderungen in Form einer Leukoplakie oder eines Li-

chen ruber planus verbieten eine Implantatinsertion nicht mehr generell. Stomatitiden sind oft

Symptome unterschiedlichster Allgemeinerkrankungen (z. B. Infektionen, Autoimmunerkran-

kungen etc.)

5. Xerostomie

Speichel hat eine reinigende und bakterienreduzierende Eigenschaft. Reduzierter Speichel-

fluss ist als relative Kontraindikation anzusehen. Als Ursache kommen die altersabhängige

Reduktion des Speichelflusses (Menopause), Autoimmunerkrankungen, medikamentöse

Therapie und andere in Frage.

6. Makroglossie:

Patienten mit länger bestehender partieller oder totaler Zahnlosigkeit können eine Vergröße-

rung der Zunge entwickeln (prothetische Probleme, Parafunktion). Makroglossien findet man

bei Patienten mit Myxödem, Makromegalie und Syndromen.

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7. Nicht saniertes Restgebiss, schlechte Mundhygiene:

Zum Zeitpunkt der Verankerung eines Implantats muss ein zumindest provisorisch saniertes

Restgebiss vorliegen und eine gute Mundhygiene gesichert sein (Schwierigkeiten bestehen

bei der prospektiven Beurteilung der Mundhygiene zahnloser Patienten).

Patientenauswahl – Temporäre Kontraindikation:

1. Akut entzündliche Erkrankungen und Infektionen

2. Schwangerschaft

3. Temporäre Einnahme bestimmter Medikamente

4. Körperliche und seelische Stresssituationen

5. Zustand nach Strahlentherapie im Kieferbereich

1. Akut entzündliche Erkrankungen und Infektionen:

Grippale Infekte, Bronchitiden, Gastroenteritiden, Sinusitiden, entzündliche Erkrankungen

des Urogenitaltraktes u. a. sind bei entsprechender Therapie zeitlich limitiert.

2. Schwangerschaft:

Bei bestehender Schwangerschaft sollte nach Möglichkeit auf implantologische Maßnahmen

verzichtet werden (Stressfaktoren, Auftreten einer Schwangerschaftsgingivitis).

3. Temporäre Einnahme bestimmter Medikamente:

Antikoagulanzien und Immundepressiva werden oft nur vorübergehend verabreicht. Einer

Implantation zu einem späteren Zeitpunkt steht nichts im Wege.

4. Körperliche und seelische Stresssituationen:

Körperliche Belastung oder psychosoziale Veränderungen sollten bei der Operationsplanung

berücksichtigt werden (Gefahr der psychischen und physischen Überforderung).

5. Z. n. Strahlentherapie:

Bei Zustand nach Strahlentherapie im Kieferbereich (Zell- und Gefäßwandschädigungen) ist

besondere Zurückhaltung angeraten. Die regenerativen Vorgänge verlaufen stark abge-

schwächt. Die Gefahr einer Osteoradionekrose mit chronischer Ulzeration des Knochens

besteht. Vor Ablauf eines Zeitraumes von mindestens zwölf Monaten nach Beendigung der

Strahlentherapie sollte nicht implantiert werden. Die Implantation sollte unter Antibiotikathe-

rapie erfolgen.

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Patientenauswahl – psychisch bedingte Kontraindikationen:

1. Mangelnde Patienten-Compliance

2. Alkohol- und Drogenabusus

3. Neurosen, Psychosen

4. Problempatienten

1. Mangelnde Patienten-Compliance:

Deuten die psychische und intellektuelle Verfassung oder aber die Kooperationsbereitschaft

des Patienten auf eine mangelnde Mitarbeit hin, muss von implantologischen Maßnahmen

abgesehen werden.

2. Drogen-, Alkohol- und starker Nikotinabusus:

Diese Patientengruppe ist in ihrer Mitarbeit und Motivation als unzuverlässig einzustufen

(schlechte Mundhygiene). Häufig finden sich Fehlernährung mit genereller Abwehrschwäche.

3. Neurosen, Psychosen:

Aufgrund des komplexen, zu Rezidiven neigenden Krankheitsgeschehens stellen derartige

Erkrankungen eine absolute Kontraindikation für Implantationen dar.

4. Problempatienten:

Emotional instabile Patienten (unrealistische Erwartungshaltung etc.) sollten zur Vermeidung

späterer Komplikationen zwischen Zahnarzt und Patient möglichst mit weniger invasiven

Therapien versorgt werden.

Da sich nur wenige Autoren bisher mit dem fachübergreifenden Randgebiet der allgemein-

medizinischen Kontraindikationen beschäftigt haben, entspringen die ausgesprochenen

Empfehlungen aus logischen Überlegungen und langjähriger Erfahrung mit Implantatpatien-

ten. Bei der Vielzahl möglicher allgemeinmedizinischer Kontraindikationen liegt deshalb

eines der größten Probleme in der adäquaten Bewertung und Gewichtung der einzelnen

Krankheitsbilder. Eine gewisse Zurückhaltung bei Vorliegen einer allgemeinmedizinischen

Erkrankung ist jedoch begründet, da ein Teil der implantologischen Misserfolge aus chirur-

gisch-prothetischer Sicht nicht erklärbar ist.

Lokal entzündliche Vorgänge, iatrogene Fehler und werkstoffbedingte Probleme werden bis-

her in erster Linie für Implantatverluste verantwortlich gemacht. Das immer bessere Wissen

und zelluläre und immunologische Vorgänge im periimplantären Grenzgebiet lassen erwar-

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ten, dass in Zukunft Erkenntnisse über bisher nicht erklärbare Implantatverluste und damit

auch über die Bedeutung von Begleiterkrankungen zur Verfügung stehen werden.

Patientenauswahl – allgemeinmedizinische Kontraindikationen einer

Implantattherapie:

Bestehen zahnärztlicherseits Hinweise auf ein aktuelles, abklärungsbedürftiges allgemein-

medizinisches Krankheitsgeschehen, so sollte eine Konsiliaruntersuchung durch den Allge-

meinmediziner oder Internisten veranlasst werden. Anästhesiologische, chirurgische oder

psychologische Risiken, mögliche Probleme im Hinblick auf die Langzeitintegration der Im-

plantate sowie mögliche Langzeitauswirkungen der Implantate auf die Gesundheit diese Pa-

tienten können dadurch präoperativ weitestgehend erkannt werden Wenn auch der Anteil der

allgemeinmedizinischen Kontraindikationen an der Summe sämtlicher Faktoren, die einen

implantologischen Misserfolg begründen können, relativ klein zu sein scheint, so stehen

außer Zweifel, dass Risikopatienten präoperativ erkannt werden müssen. Hinsichtlich des

zeitlichen Verlaufs kann zwischen temporär begrenzten und generellen Kontraindikationen

und hinsichtlich der auftretenden Symptomatik zwischen psychischen und somatischen Kon-

traindikationen unterschieden werden.

1. Allgemeiner und Ernährungszustand – Alter

2. Aktuelle und frühere Medikation

3. Stoffwechselerkrankungen

4. Hämatologische Erkrankungen

5. Herz- und Kreislauferkrankungen

6. Osteoporose und systemische Knochenstoffwechselstörungen

7. Kollagenosen

8. Das Implantat als potenzieller bakterieller Fokus

1. Allgemeiner und Ernährungszustand – Alter:

Kachektische sowie auch stark adipöse Patienten stellen immer ein größeres Risiko dar.

Hinsichtlich des Alters entscheidet das biologische, nicht das kalendarische Alter. Eine mini-

male Lebenserwartung des Patienten (ca. 5 Jahre) sollte allerdings vorausgesetzt werden.

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2. Aktuelle und frühere Medikation:

Je nach Wirkung und Nebenwirkung bestimmter Medikamente sind intraoperative oder auch

Langzeitkomplikationen möglich (z. B. Kortikosteroide, Immunsuppressiva, Bisphosphonate,

Langzeit-Antibiotikatherapie). Abklärung über den Hausarzt ist notwendig.

3. Stoffwechselerkrankungen:

Diabetes mellitus:

Hier haben sich Veränderungen im Vergleich zu früheren Lehrmeinungen ergeben. Nur der

schlecht eingestellte Diabetes mellitus gilt als absolute Kontraindikation. Der gut eingestellte

juvenile Diabetes (Typ I) ohne diabetische Folgeerkrankungen (Mikroangiopathien, Augen-

und Nierenveränderungen) und auch der gut eingestellte Altersdiabetes sind relative Kon-

traindikationen. Ein schlecht eingestellter Diabetes (Typ I und II) gilt generell als absolute

Kontraindikation.

Hyperthyreose:

Entscheidend sind die mögliche Osteoporose und der geistige Leistungsabfall.

4. Hämatologische Erkrankungen:

Hämatopoetische Erkrankungen und leukämische Erkrankungen mit gestörter Infektabwehr

stellen oft eine absolute Kontraindikation dar.

Erkrankungen des Gerinnungssystems (hämorrhagische Diathesen) stellen eine relative

Kontraindikation zum enossalen Implantat dar. Hier ist zu prüfen, ob vor einer Implantatthe-

rapie Gerinnungsfaktoren gegeben werden müssen, z. B. Faktor VIII. Die Behandlung ist

dann unter stationären Bedingungen erforderlich und kann wegen der oft mehrere Tage not-

wendigen Faktorensubstitution sehr teuer werden.

5. Herz- und Kreislauferkrankungen:

Abhängig vom NYHA-Stadium ist der operative Eingriff meist möglich, stellt jedoch ein er-

höhtes kardiales Risiko dar. Die Überprüfung der Kreislaufparameter sowie Kenntnisse der

kardialen Erkrankungen präoperativ sind unbedingt Voraussetzung der Operationsplanung.

anhand der Befunde wird entschieden, ob der Eingriff ohne intraoperatives Monitoring erfol-

gen kann oder nicht.

Sowohl Patienten mit Herzinfarkten als mit Z. n. Apoplex werden in der Regel mit Antikoa-

gulanzien therapiert.

Hier ist es u. U. gemäß neuerer internistischer Leitlinien nicht statthaft, das Antikoagulanz

abzusetzen und stattdessen niedermolekulares Heparin s. c. zu geben. Die Heparine werden

auch z. T. zu hoch dosiert und es ist mit einer Nachblutung zu rechnen.

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Insbesondere muss vor einer Mehrfach-Implantation unter laufender ASS-Therapie und/oder

Therapie mit Clopidogrel (z. B. Iscover) gewarnt werden. Hier können lang anhaltende und

kaum stillbare Blutungen entstehen, die im Falle einer Mundbodenblutung letal enden kön-

nen.

6. Osteoporose, systemische Knochenstoffwechselstörungen:

Bei der Osteoporose (25 % der Frauen über 60 Jahre) muss zwischen Ausprägung, Nutzen

und Risiko abgewogen werden. Zunächst sollte die Osteoporose mit einer standardisierten

Untersuchung beim Radiologen nachgewiesen worden sein. Dann ist die Ausprägung ent-

scheidend, denn die Wirbelkörper, Rippen und Extremitätenknochen sind meist mehr vom

Knochenmasseverlust betroffen als desmal gebildete Knochen. An der Mandibula z. B. ist

die Osteoporose oft wenig ausgeprägt, wenn sie auch am Wirbelkörper schon nachgewiesen

wurde. Erkennbar ist eine manifeste Osteoporose an der Mandibula oder Maxilla in der Pa-

noramaschichtaufnahme durch die Rarefikation der Knochenbälkchen. Die Kortikalis wird

erst spät ausgedünnt.

Wichtig ist die Frage nach einer früheren oder laufenden Bisphosphonat-Therapie, z. B. mit

Zoledronsäure (Zometa) oder Pamidronsäure (Aredia). Die Bisphosphonate verursachen

durch die Anreicherung in den Gesichtsschädelknochen bei einem Teil der Patienten sterile

Osteonekrosen. Diese treten gehäuft nach chirurgischen Eingriffen auf. Deshalb besteht ein

nicht abschätzbares, individuell unterschiedliches Risiko einer Wundheilungsstörung mit

möglichem Implantatverlust. Das Risiko besteht unabhängig von einer begleitenden Antibio-

tikatherapie bzw. ist durch sie nicht immer abwendbar. Somit besteht eine absolute Kontra-

indikation.

Systemische und lokale Knochenerkrankungen sind absolute Kontraindikationen (Osteo-

malazie, Ostitis deformans, Osteogenesis imperfecta etc.).

7. Kollagenosen:

Es handelt sich um eine große, heterogene Krankheitsgruppe mit einer autoimmun beding-

ten Fehlsteuerung des Immunsystems. Entzündliche Veränderungen der kollagenen Binde-

gewebe des Körpers kennzeichnen alle Krankheitsbilder (z. B. Sklerodermie, Sjögren-Syn-

drom, rheumatoide Arthritis). Die medikamentöse Immunsuppression durch Kortison-Dauer-

therapie beinhaltet ein höheres Risiko von Wundheilungsstörungen. Das als Standardbasis-

therapeutikum in der Rheumatologie geltende Methotrexat wird heute vor Operationen nicht

mehr abgesetzt. Das Risiko, einen entzündlichen Schub der Grunderkrankung auszulösen,

ist zu hoch.

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Es besteht keine generelle Kontraindikation gegen Implantate, aber die Implantattherapie

sollte unter einer begleitenden Antibiotikatherapie erfolgen.

8. Das Implantat als potenzieller bakterieller Fokus:

Ein hohes Risiko einer dauerhaften Bakteriämie durch Spalträume zwischen Implantat und

Aufbau besteht bei Patienten mit Herzklappenprothesen und einem Status nach bakterieller

Endokarditis. Alloplastische Gewebsprothesen (aorto-koronarer Bypass, Schrittmacher etc.)

werden als weniger risikoreich angesehen.

Patientenauswahl – Aufklärung und Einverständnis:

Ein ausführliches Gespräch mit dem Patienten und eine eindeutige Aufklärung über den bei

ihm vorliegenden Befund mit Hinweis auf die differentialtherapeutischen Möglichkeiten und

deren Risiken schließt den ersten Behandlungskomplex ab. Der Patient muss das Gefühl

haben, in den Entscheidungsprozess mit einbezogen zu werden. Art, Vorgehen und Bedeu-

tung des Eingriffs müssen von ihm deutlich erkannt werden. In besonderen Fällen sollte das

Gespräch in Anwesenheit von Zeugen geführt werden. Sowohl für die Erhebung der Anam-

nese als auch für die Einwilligung zur implantologischen Behandlung hat es sich als hilfreich

erwiesen, entsprechende Formulare zu verwenden. Sie dienen als Grundlage des ärztlichen

Gesprächs und können bei evtl. rechtlichen Auseinandersetzungen für den Zahnarzt eine

Dokumentationshilfe darstellen.

Anamnese-Erhebungsbogen:

Implantologische Maßnahmen können vom Zahnarzt als dem letztendlich Verantwortlichen

erst dann konkret geplant werden, wen nach Beantwortung eines weitgehend schematisier-

ten Anamnesebogens durch den Patienten keine Kontraindikationen zur Implantation sicht-

bar werden. Finden sich Kontraindikationen, so ist es Aufgabe des Zahnarztes, die aktuelle

klinische Relevanz zu werten und bei Unklarheiten weitere diagnostische oder therapeuti-

sche Maßnahmen über den Hausarzt bzw. Internisten einzuleiten.

Einverständniserklärung:

Nach wie vor gilt die Forderung „Einwilligung nach Aufklärung“. Im Streitfall muss der behan-

delnde Arzt beweisen, dass er seiner Pflicht zur Aufklärung ordnungsgemäß nachgekommen

ist. Aufzuklären ist über die Diagnose, Therapie, implantologisch-prothetische Tragweite des

Eingriffs und über die mit dem Eingriff verbundenen Kosten und möglichen Risiken. Es ist

deshalb notwendig, sich vom Patienten eine schriftliche Zustimmung für die geplante im-

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plantologische Behandlung geben zu lassen. Im Rahmen der in meiner Praxis durchgeführ-

ten implantologischen Beratung (Implantat-Sprechstunde) werden Formblätter genutzt und

zudem immer auch detaillierte Gespräche mit den Operateuren durchgeführt.

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II.

Implantologische Behandlungsplanung in Abhängigkeit vom Zahnverlust

Die Indikationsklassen in der dentalen Implantologie wurden letztmalig 2002 überarbeitet.

Sie stellen keine festen Vorgaben dar, sondern sind als Behandlungsempfehlung für den

„Normalfall“ in den jeweiligen Klassen anzusehen.

Seit 2002 haben sich verschiedene neue Verfahren aber auch neue Implantate in der Im-

plantologie etabliert. Dem trägt die Neubeschreibung Rechnung. Bei Zahnverlust in der Un-

terkieferfront war wegen durchmesserreduzierter Implantate eine Neubewertung notwendig.

Bei reduziertem Restzahnbestand wird nun die Prognose von Pfeilerzähnen berücksichtigt,

bei Feiendlücken der Zahn 7.

Die Neubeschreibung der Indikationsklassen in der Implantologie wurde vom Berufs-

verband BDIZ EDI vorgenommen. Die weiteren Berufsverbände, die sich unter dem Dach

der Konsensuskonferenz in Deutschland vereinigen, haben die Vorschläge des BDIZ abge-

ändert und eine deutlich restriktivere Einteilung formuliert.

Indikationsklassen zur Implantattherapie nach dem „Konsensuspapier“ der Verbände

BDO, DGMKG, DGI und DGZI vom 03.12.2008 bzw. 04.03.2009:

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Die Empfehlungen zu den Indikationsklassen nach der Konsensuskonferenz Implantologie

Text KK-Sitzung vom 04.03.2009

Präambel: Die optimale Therapie des Zahnverlustes ist der Ersatz jedes einzelnen Zahnes durch ein Implantat. Dabei ist der Zahn 8 eines Quadranten in der Regel nicht zu ersetzen. Da die optimale Therapie aus verschiedensten Gründen (insbesondere anatomi-schen, aber auch finanziellen) nicht immer durchgeführt werden kann, wurden die nachfolgenden Empfehlungen für Regelfall-versorgungen aufgestellt:

Indikationsbeschreibung für Regelfallversorgungen in der Implantologie

Klasse I: Klasse Ia „Frontzahnersatz“

Einzelzahnersatz und Schaltlücke Wenn Zähne der Oberkieferfront fehlen, die Nachbarzähne nicht behandlungsbedürftig oder Erfolg versprechend behan-delbar sind: 1 Implantat je fehlendem Zahn

Wenn Zähne der Unterkieferfront fehlen, die Nachbarzähne nicht behandlungsbedürftig oder Erfolg versprechend behan-delbar sind: 1 Implantat je fehlendem Zahn unter Berücksichtigung der speziellen anatomischen Verhältnisse

Klasse Ib „Seitenzahnersatz“

Fehlen im Seitenzahnbereich Zähne aus der geschlossenen Zahnreihe, so soll bei nicht behandlungsbedürftigen oder Erfolg versprechend behandelbaren Nachbarzähnen jeder fehlende Zahn durch ein Implantat ersetzt werden.

Klasse II: Grundsatz

Reduzierter Restzahnbestand und Freiendlücke Bei der implantologischen Versorgung des reduzierten Rest-gebisses ist die Bezahnung und Versorgung sowie die Anzahl und Lokalisation der Pfeiler des Gegenkiefers bei der Pla-nung zu berücksichtigen. Darüber hinaus gelten die Regeln der konventionellen Prothetik.

Für eine festsitzende Versorgung im Oberkiefer werden in der Regel 8 Pfeiler benötigt, im Unterkiefer in der Regel 6 Pfeiler. Natürliche Pfeilerzähne können an-gerechnet werden, wenn diese an statisch günstiger Po-sition stehen und eine gute Prognose aufweisen.

Für eine herausnehmbare Versorgung im Ober-kiefer werden in der Regel 6 Pfeiler benötigt, im Unter-kiefer in der Regel 4 Pfeiler. Natürliche Pfeilerzähne können angerechnet werden, wenn diese an statisch günstiger Position stehen und eine gute Prognose auf-weisen.

Klasse IIa „Freiendlücke“

Zahn 8 fehlt: Keine Indikation zur Implantation

Zähne 7 und 8 fehlen: Indikation für 1 Implantat

Zähne 5 bis 8 fehlen: Indikation für 2 – 3 Implantate

Zähne 4 bis 8 fehlen: Indikation für 3 Implantate

Klasse III: Für die Verankerung festsitzenden Zahnersatzes

Zahnloser Kiefer Im zahnlosen Oberkiefer: 8 Implantate

Im zahnlosen Unterkiefer: 6 Implantate

Für die Verankerung eines herausnehmbaren Zahnersat-zes:

Im zahnlosen Oberkiefer: 6 Implantate

Im zahnlosen Unterkiefer: 4 Implantate

In Abhängigkeit von individuellen, anatomischen und prothetischen Gegebenheiten kann im einzelnen Fall eine von der oben beschriebenen Anzahl von Implantaten abweichende Versorgung indiziert sein.

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III.

Chirurgische Behandlungsplanung in Abhängigkeit vom Knochenangebot

Leitfaden für die Behandlungsplanung einer komplexen implantatprothetischen

Rekonstruktion:

Da die Patienten zunehmend einen herausnehmbaren Zahnersatz ablehnen, sollte nach

Befundaufnahme dezidiert mit dem Patienten besprochen werden, welche Behandlungs-

möglichkeiten im individuellen Falle möglich sind. Unter Berücksichtigung der allgemeinen

Anamnese bzw. von Vorerkrankungen sollten dem Patienten alle zur Verfügung stehenden

Therapieoptionen genannt werden. Dis ist auch im Rahmen der Aufklärungspflicht vor einer

komplexen Behandlungsmaßnahme erforderlich. Dabei sollten frühzeitig auch finanzielle

Gesichtspunkte besprochen werden, da die weitere Planung wesentlich davon abhängt.

Zunächst müssen die nicht erhaltungswürdigen Zähne festgelegt werden. Unter Berücksich-

tigung der späteren prothetischen Versorgung muss nun die Anzahl der notwendigen Pfeiler-

zähne bzw. Implantate festgelegt werden. Liegt eine parodontale Erkrankung vor, sollten

zunächst eine Extraktionstherapie und anschließend einen Parodontaltherapie erfolgen. Die

Mundhygiene-Verbesserung ist hierbei besonders wichtig, da sie für die Implantattherapie

eine unabdingbare Voraussetzung darstellt.

Nach erfolgreicher Vorbehandlung kann nun entweder eine augmentative Maßnahme, eine

kombiniert augmentativ-implantologische oder eine rein implantologische Maßnahme statt-

finden.

Sollten umfangreiche Augmentationen erforderlich sein, bietet es sich manchmal an, später

extraktionswürdige Zähne zunächst zu belassen, um diese als Halteelement für Provisorien

zu nutzen. Dabei darf es sich jedoch keinesfalls um Zähne mit apikalen Parodontopathien in

unmittelbarer Nachbarschaft von geplanten Implantatregionen handeln, da hier eine fortge-

leitete Infektion möglich ist. Diese später zu extrahierenden Zähne können günstigstenfalls

sowohl über den Zeitraum einer etwaigen Transplantateinheilung als auch der Implantatein-

heilung erhalten werden. Sie werden dann erst kurz vor Eingliederung der bleibenden pro-

thetischen Restauration entfernt. Wenn es sich um einen herausnehmbaren Zahnersatz

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handelt, ist die spätere Unterfütterung unproblematisch. Eine Brücke sollte provisorisch ein-

zementiert werden. Nach Abheilung der Alveolenregion kann dann nachträglich die Keramik-

verblendung verändert werden.

Als wichtig hab sich erwiesen, dass bei der Behandlungsplanung dem Patienten die Zeit-

dauer der einzelnen Behandlungsschritte und die Dauer der Gesamtbehandlung genannt

werden. Auch wesentliche Vor- und Nachteile der heute zur Verfügung stehenden Behand-

lungsmethoden sollten frühzeitig skizziert werden.

Viele Patienten mit dem Wunsch nach einer Implantatinsertion haben ein nicht ausreichen-

des Knochenangebot. Gerade bei den Patienten mit unzureichend dimensionierten bzw.

atrophierten Alveolarkämmen besteht jedoch häufig ein Implantatwunsch.

Aufgrund der Resorptionsvorgänge müssten bei diesen Patienten Implantate in ungünstiger

Position gesetzt werden, wenn man sich nur am vorhandenen Restknochen orientieren

würde. Da jedoch eine gute prothetische Versorgung in ästhetischer und funktioneller Hin-

sicht das Endziel der Behandlung ist, muss ein sog. „Backward-planning“ erfolgen. Das be-

deutet, dass ausgehend von der gewünschten Versorgungsform die Implantatposition im

Kiefer bereits bei der prothetischen Planung festgelegt wird. Fehlt dort das Knochenangebot,

muss primär in die Behandlungsplanung eine augmentative Therapie einfließen. Dies betrifft

auch alle Fälle, in denen ein Implantat an dem geplanten Ort im Kausystem nicht primär

stabil verankert werden kann oder für die zu erwartende Belastung zu wendig Kontaktfläche

mit dem ortständigen Knochen erhält, d. h. wenn ein ungünstiges Implantat-/ Kronenverhält-

nis entsteht.

Das minimale Knochenangebot für eine Implantatinsertion liegt bei einer Kieferkammhöhe

von ca. 6 mm im Oberkiefer und 8 bis 10 mm im Unterkiefer. Die geforderten Mindestdimen-

sionen sind auch abhängig von der Implantatlokalisation. Im Seitenzahnbereich kann ober-

halb des Nervus alveolaris inferior bzw. unterhalb der Kieferhöhle in den Alveolarfortsätzen

ein kurzes, oft jedoch breiteres Implantat eingesetzt werden.

Atrophieformen des Ober- und Unterkiefers:

Je nach Dauer der Zahnlosigkeit und Belastung des unbezahnten Alveolarkamms kommt es

in individuell unterschiedlich zeitlichem Verlauf zu einer deutlichen Knochenatrophie. Die

Atrophie verläuft dabei im Ober- und Unterkiefer nach einem anderen Muster.

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Bei den Atrophieformen nach Zahnverlust unterscheidet man die vertikale von der horizon-

talen Resorption. Während die vertikale Resorption durch den Verlust der Zähne als Inakti-

vitätsatrophie gedeutet und durch schleimhautgetragene Prothesen verstärkt wird, entsteht

die horizontale Resorption durch den muskulären Druck von Lippen, Wange und Zunge. Da-

bei kann es zu einer raschen Resorption sowohl der bukkalen als auch der lingualen bzw.

palatinalen Alveolenwände kommen. Die durchschnittliche vertikale Resorptionsrate ist im

Unterkiefer etwa viermal größer als im Oberkiefer. Im Gegensatz dazu ist die horizontale

Resorptionsrate in etwa gleich. In fortgeschrittenem Stadium unterscheidet sich die horizon-

tale Resorptionsrichtung des Alveolarkamms an der Maxilla und Mandibula grundsätzlich.

Im Oberkiefer findet eine zentripetale Resorption der Alveolarkämme statt, was zu einer Ver-

kürzung und Verschmälerung der Oberkieferkammdimensionen führt. Im Unterkiefer führt die

Resorption der im Vergleich zur Unterkieferbasis nach lingual geneigten Alveolarkämme zu

einer zentrifugalen Resorption. Im späteren Verlauf entsteht dadurch eine progrediente

Achseninkongruenz zwischen Ober- und Unterkiefer. Dies resultiert bei späteren Behand-

lungsmaßnahmen in einer Kreuzbissverzahnung im Seitenzahnbereich.

Eine gute anatomische Einteilung der Resorptionsvorgänge am Ober- und Unterkiefer wurde

von den Autoren CAWOOD und HOWELL sowie von FALLSCHÜSSEL für den Oberkiefer

publiziert.

Abb. 1 Sagittale Resorptionsrichtung der Alveolarfortsätze Abb. 2 Transversale Resorptionsrichtung der Alveolarforsätze

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Abb. 3 Unterkiefer

Abb. 4 Oberkiefer

Resorptionsklassen nach CAWOOD und HOWELL:

Klasse 1: bezahnt

Klasse 2: unmittelbar post extractionem

Klasse 3: gut gerundeter Kieferkamm mit adäquater Höhe und Breite

Klasse 4: messerscharfe Kammform mit adäquater Höhe und inadäquater Breite

Klasse 5: flacher Kieferkamm mit inadäquater Höhe und Breite

Klasse 6: hoch atrophe Kammform mit teilweise negativen Kieferkämmen

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Oberkieferatrophie:

Die Atrophie des Oberkiefers wurde von FALLSCHÜSSEL sehr gut untersucht.

Abb. 5 Oberkieferatrophie

Abb. 6 Oberkieferatrophie

Der Oberkieferalveolarfortsatz atrophiert deutlich langsamer und nach einem anderen Muster

als der Kamm des Unterkiefers. Ein Hauptgrund hierfür dürfte das größere Prothesenlager

sein. Der stärkste Resorptionsschub ist im ersten Jahr nach dem Zahnverlust zu beobach-

ten. Danach verlangsamt sich der Abbau. Im zeitlichen Verlauf der Resorption im Oberkiefer

kommt es zunächst zu einer Abrundung des Kammprofils. Anschließend bleibt über einen

längeren Zeitraum die Höhe des Kieferkamms erhalten. Er verschmälert sich jedoch im

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Laufe der Jahre. Schließlich kommt es zu messerscharf auslaufenden Kieferkämmen bei

noch erhaltener Kieferkammhöhe. Dabei erstreckt sich die Resorption überwiegend auf die

bukkalen Anteile des Alveolarkamms.

Die vertikale Resorptionsrate der Maxilla wird nach ATWOOD und COY (1971) sowie von

TALLGREN (1972) mit 0,1 mm jährlich angegeben. Andere Autoren geben Resorptionswerte

bis zu 0,5 mm pro Jahr (JACKSON und RALPH, 1990). FALLSCHÜSSEL (1986) teilte die

Abbauvorgänge am Proc. alveolaris maxillae in fünf Klassen ein. Die RKL 0 entspricht der

vollständig erhaltenen, bezahnten Alveole. RKL 1 bis 5 stellen die Resorptionsklassen dar.

Erst hiernach kommt es zum Höhenverlust des Oberkieferalveolarfortsatzes. Dieser ist ins-

besondere im Bereich der Oberkieferfront dann deutlich erhöht, wenn ein anteriores Restge-

biss im Unterkiefer vorhanden ist. Ein Abschmelzen des Alveolarkamms bis zum Nasenbo-

den ist möglich. Im zahnlosen Oberkiefer finden sich meist ausreichend hohe Kieferkämme,

auch im Bereich der seitlichen Alveolarfortsätze. Die Resorption kann so stark sein, dass

zum Nasenboden nur noch eine 1 bis 2 mm Restknochenschicht erhalten bleibt.

Am seitlichen Oberkiefer zeigt sich nach Zahnverlust die Resorption der zahnlosen Kiefer-

kammabschnitte im Wesentlichen durch vertikalen Knochenabbau des Alveolarfortsatzes am

Kieferhöhlenboden.

Eine normal pneumatisierte Kieferhöhle beim bezahnten Patienten hat einen Volumeninhalt

von ca. 15 ml. Bei Zahnlosigkeit kann sich die Kieferhöhle bis zu einer Größe von 30 ml aus-

dehnen. Die äußere Form des Kieferkamms bleibt jedoch weitestgehend erhalten. Ein in-

adäquates Knochenangebot kann so völlig durch die Schleimhaut maskiert sein. Aufgrund

der Dicke der Schleimhaut im Oberkiefer wird häufig eine ausreichend breite und hohe Kie-

ferkammsituation vorgetäuscht.

Page 21: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

21

Unterkieferatrophie:

Am Unterkiefer zeigt sich, im Gegensatz zum Oberkiefer, nach Zahnverlust primär eine deut-

liche vertikale Resorption, d. h. ein Höhenabbau. Bei der sich anschließenden horizontalen

Resorption wird die bukkale Kompakta stärker resorbiert als die linguale. Ursächlich ist die

Biomechanik des Unterkiefers, der bei der Kaubewegung einer ständigen Zug- und Biegebe-

anspruchung unterliegt. Außerhalb der spannungsfreien Zone, die im Wesentlichen dem

Verlauf des N. alveolaris inferior entspricht, zeigen sich deutliche Umbauprozesse im Bereich

der Spongiosa und der angrenzenden Kortikalis.

Der Höhenabbau der Alveolarkämme beträgt im ersten Jahr durchschnittlich 1,2 mm und

verlangsamt sich ab dem zweiten Jahr auf 0,4 mm Höhenverlust jährlich. Der Höhenverlust

ist jedoch progredient, so dass es nach jahrzehntelangem Tragen von Totalprothesen oft zu

einem vollständigen Verlust der Alveolarkämme kommt. Es bleiben dann nur die Unterkiefer-

basen erhalten. Dies führt auch zu einer Lageveränderung des Foramen mentale. Dieses

wandert von einer früher seitlichen Position mit weitem Abstand zur Kauebene auf den

crestalen Kieferkamm. Hier finden sich dann häufig Dauerschmerzen bei Prothesenträgern

infolge der Druckbelastung. Bei beidseitigem Molarenverlust mit anteriorem Restgebiss im

Unterkiefer findet man durch die langjährige Belastung mit Prothesensätteln oft eine deutli-

che Druckatrophie der seitlichen Kieferkammabschnitte.

Auch die Unterkieferbasen können zusätzlich weiter atrophieren, so dass letzten Endes ein

konkaves Profil entsteht, was der Basis der getragenen Unterkieferprothese weitestgehend

entspricht. Im Seitenzahnbereich kann die Unterkieferbasis bis zu einer Resthöhe von nur 5

oder 6 mm abgebaut werden, so dass hier Spontanfrakturen oder Frakturen bei Bagatell-

traumata möglich sind.

Der Verlauf der Atrophie des Unterkiefers findet sich in der guten klinischen Einteilung von

CAWOOD und HOWELL wieder.

Page 22: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

22

Abb. 7 Unterkieferatrophie

Abb. 8 Zeichnerische Darstellung der Resorptionsvorgänge der Mandibula im Bereich des Foramen mentale (RKL 3 bis 6). Durch den Vertikalverlust kommt es zu einer Resorption des Canalis mentalis, wodurch sich dessen Austrittspunkt, das Foramen mentale, immer mehr nach lingual in den Bereich des Kieferkamms verlagert.

Page 23: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

23

Knochenqualität:

Auch die Knochenqualität verändert sich nach eingetretener Zahnlosigkeit bzw. im Alter.

Durch Knochenmasseabbau sehen wir eine Rarefizierung der Spongiosa mit einer fettigen

Involution. Die verminderte Dichtigkeit geht mit einer radiologischen Vergröberung der Spon-

giosa einher.

Im Unterkiefer führt der progrediente Knochenabbau dazu, dass nur noch wenig Spongiosa

verbleibt. Kaudal bleibt die mehrere Millimeter dicke Kortikaliszone des Unterkieferkorpus

erhalten. Hier ist bei Implantatinsertionen zu beachten, dass es ohne ausreichende Kühlung

bei der Bohrung schnell zu einer lokalen Überhitzung des Knochens kommen kann. Dies ist

bei spongiösem Kochen wegen der hier möglichen Wärmeableitung weniger Häufig.

Zeitpunkte der Implantatinsertion:

a) Sofortimplantation:

Bei fehlender apikaler Entzündung und weitgehend erhaltener Alveole ist eine Sofortimplan-

tation nach Entfernung eines nicht erhaltungswürdigen Zahns möglich. Hier handelt es sich

häufig um traumatische Wurzelfrakturen. Die horizontale Positionierung des Implantates er-

folgt dabei so, dass es im Vergleich zum natürlichen Zahn geringgradig nach palatinal oder

lingual versetzt inseriert wird. Hierdurch wird mehr Platz für eine optimale ästhetische Ver-

blendung geschaffen.

Die vertikale Position ergibt sich durch Positionierung der Implantatschulter 3 mm apikal-

wärts von der Kante der Gingiva propria des entfernten Zahnes. Zu den Nachbarzähnen

sollte ein minimaler Abstand von 1,5 mm eingehalten werden, um eine Resorption der inter-

dentalen Knochenlamelle zu vermeiden. Ein zu breites Implantat kann infolge der Resorption

der Knochenlamelle zu einer Retraktion der Papille führen. Die Verwendung wurzelförmiger

Implantate bietet bei der Sofortimplantation den Vorteil, dass der knöcherne Spalt zwischen

Implantatschulter und Alveolenwand minimiert werden kann. Nach Angabe verschiedener

Autoren wird ein Knochenspalt von 1 (- 2) mm Breite vollständig im Rahmen der Osteoge-

nese überbrückt. Bei einer Spaltbreite von 2 mm kann es jedoch bereits zum Einwachsen

von Bindegewebe kommen. Wir empfehlen daher die Auffüllung eines solchen Kno-

chenspaltes mit intraoperativ entnommenem Knochenmehl. Da aus der Alveole apikal nur

geringe Mengen an Knochen genommen werden können, kann die vestibuläre Kompakta in

der unmittelbar benachbarten Alveolarkammregion als Spenderareal dienen. Hier kann der

Knochen ultraschallgestützt mittels Piezosurgery-Gerät oder mittels rotierenden Fräsen ab-

gespant werden. Es wird von der Assistenz durch einen Knochenfilter gesaugt, z. B. Kno-

Page 24: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

24

chenfilter des ASTRA-Implantatsystems. Der gewonnene Filterknochen ist von seiner Korn-

größe her besonders gut geeignet, enge Knochenspalten zwischen Implantat und Alveolen-

wand auszugleichen.

b) Verzögerte Sofortimplantation:

Hier wird das Implantat in einem Zeitraum zwischen sechs und acht Wochen nach Zahnent-

fernung inseriert. Dieses Verfahren ist bei apikal entzündeten Zähnen oder entzündlichen

Parodontalerkrankungen empfehlenswert. Es kommt zu einer lokalen Abheilung des ent-

zündlichen Geschehens und einem Abheilen der Schleimhautdecke über der Extraktions-

alveole. Dadurch tritt eine Weichgewebe-Vermehrung ein, die bei späteren Augmentationen

sehr hilfreich ist.

c) Spätimplantation:

Man spricht von einer Spätimplantation, wenn die Implantatinsertion mehr als sechs Monate

nach Zahnverlust durchgeführt wird. Zu diesem Zeitpunkt ist bereits eine geringgradige Re-

sorption des Alveolarfortsatzes mit einer Abrundung der Alveolen crestal eingetreten. Die

bedeckende Schleimhaut ist geschrumpft. Die Knochenneubildung in der Alveole ist abge-

schlossen, was als besonders vorteilhaft angesehen werden kann.

Zeitpunkt der Belastung der Implantate:

Die früheren Postulate einer Einheilzeit von drei Monaten im Unterkiefer und von sechs Mo-

naten im Oberkiefer gelten heute nicht mehr. Die früher für diese Empfehlung maßgebenden

knöchernen Voraussetzungen des Ober- und Unterkiefers haben sich nicht geändert. Durch

die technische Weiterentwicklung zu Implantaten mit besserer Retention durch schrauben-

förmiges oder wurzelförmiges Design und insbesondere auch die Verbesserung der Implan-

tatoberflächen ist eine Verringerung der Einheilzeiten möglich. Viele Implantathersteller ha-

ben Freigaben für eine Sofortbelastung oder eine verzögerte Sofortbelastung ihrer Implan-

tate durch die FDA erhalten. Wichtig ist, dass zwischen einer Sofortbelastung und einer So-

fortversorgung unterschieden wird. Unter einer Sofortbelastung versteht man die protheti-

sche Versorgung eines Implantates innerhalb von 48 Stunden mit voller Belastung durch den

eingebrachten Zahnersatz. Dies ist möglich durch die Verblockung mehrerer Implantate, wie

sie bereits vor Jahrzehnten im Unterkiefer in der interforaminären Region durch LEDER-

MANN an großen Patientenkollektiven erfolgreich nachgewiesen wurde. Hier werden vier

Implantate (LEDERMANN) oder drei Implantate (Brånemark-Protokoll) in der interforaminä-

ren Region des Unterkiefers inseriert und mittels einem gegossenen oder gelöteten Steg

Page 25: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

25

primär miteinander verblockt. Der Steg fixiert dann eine Unterkiefertotalprothese. Das gleiche

Verfahren ist auch bei kurzspannigen Brücken oder Einzelzahnersatz bei einem Implantat

möglich. Hierbei wird jedoch empfohlen, die okklusale Belastung der Brücken bzw. der

Zahnkrone deutlich zu verringern oder diese nicht in okklusalen Kontakt zur Gegenbezah-

nung zu stellen. Dann spricht man von einer Sofortversorgung. Bei großen Brückenspannen

ist diese Sofortversorgung ebenso wie bei zahnlosem Kiefer nicht möglich. Hier ist die So-

fortversorgung immer gleichzusetzen mit einer Sofortbelastung.

Problematisch ist das Auftreten von Relativbewegungen zwischen Implantat und periim-

plantärem Knochen. Mikrobewegungen des Implantates mit mehr als 100 µm Auslenkung

behindern die periimplantäre Knochenapposition. Auch die Deformation des perimplantären

Knochens durch die Belastung darf den physiologischen Bereich nicht überschreiben. Blei-

ben die eingeleiteten Kräfte im physiologischen Bereich, ist die Knochenapposition u. U. ver-

stärkt. Ein solches Knochentraining kann die Implantateinheilung also beschleunigen.

Der einzige klinische Parameter, der eine Aussage über eine sofortige Belastung eines Im-

plantates zulässt, ist das terminale Drehmoment beim Einsetzen des Implantates. Liegt die-

ses in einem Bereich von 30 bis 40 N/cm, ist eine Sofortbelastung möglich. Im Gegensatz

zur Messung des Drehmomentes hat die Resonanzfrequenzanalyse sich als untauglich zur

Prognose der Implantatstabilität erwiesen.

In mehreren Untersuchungen hat sich gezeigt, dass die sichersten Ergebnisse mit sofort

belastbaren Implantaten im Rahmen von Spätimplantation mit Erfolgsquoten von bis zu 90 %

im Ober- und Unterkiefer beschrieben wurden.

Bei der sofortigen Belastung eines Sofortimplantates sind die Erfolgsraten deutlich niedrigen

und weisen eine breite Streuung mit Werten zwischen 80 und 95 % auf.

Page 26: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

26

IV.

Navigation in der dentalen Implantologie

Vorbemerkung:

Operative Eingriffe erfordern eingehende Kenntnisse der anatomischen Verhältnisse. Insbe-

sondere im Schädelbereich liegen wichtige anatomische Strukturen eng beieinander,

wodurch an den Operateur besondere Anforderungen während der Präparation gestellt wer-

den. Nur durch eine exakte Planung, eine vorsichtige schichtweise Präparation und ein lang-

sames Herantasten an den Befund kann eine Verletzung wichtiger Strukturen vermieden

werden.

Mit Hilfe bildgebender Verfahren können Veränderungen der anatomischen Situation noch

vor einer Operation näher analysiert werden. Ältestes bildgebendes Verfahren ist die kon-

ventionelle Röntgenaufnahme. Die Analyse solcher Aufnahmen ist jedoch schwierig, da sich

hier die anatomischen Strukturen überlagern, zudem geben sie nur ein zweidimensionales

Bild wider. Um eine räumliche Aufschlüsselung zu bekommen, müssen daher die Röntgen-

aufnahmen aus verschiedenen Ebenen angefertigt werden. Diese Technik vermittelt selbst

der erfahrenen Röntgenologen nur ein relativ ungenaues plastisches Bild. Eine deutliche

Verbesserung der Diagnostik ergab sich durch die Einführung der Computertomografie (CT):

Mit Hilfe der elektronischen Datenverarbeitung wurde es möglich, sehr dünne Schichtbilder

bestimmter Körperregionen herzustellen. Die Bilder werden im Gegensatz zu den Röntgen-

bildern vom Computer errechnet und mit Hilfe verschiedener Grauwertstufen dargestellt.

Auch hierbei handelt es sich nur um ein zweidimensionales Bild, d. h. um die Darstellung

einzelner flächenhafter Schichten des betreffenden Körperabschnitts. Da jedoch mehrere

Schichten angefertigt werden, kann sich der Arzt durch gedankliches Zusammensetzen der

Einzelschichten ein genaueres plastisches Bild machen, als mit der herkömmlichen Rönt-

genaufnahme. Zusätzlich entfallen hier störende Überprojektionen. In jüngster Zeit wurde es

durch die Entwicklung leistungsfähiger Rechner möglich, die Schichtbilder reich rechnerisch

zu einem plastischen Bild zusammenzusetzen. Dieses Verfahren wird 3D-Computertomo-

grafie genannt. Dieses plastische Bild kann für jeden Betrachtungswinkel hergestellt werden.

Die Plastizität dieser Abbildung wurde in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Dies

gelang vor allem durch den Einsatz imaginärer Lichtwellen, die rein rechnerisch einen Licht-

Page 27: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

27

schatteneffekt erzeugen, so dass das Bild kontrastreicher erscheint. Vor einem operativen

Eingriff kann sich der Arzt nun ein genaues plastisches Bild von der topografisch-anatomi-

schen Situation des knöchernen Schädels erstellen, im Bereich der Weichgewebe ggf. kom-

biniert mit der Magnetresonanztomografie (MRT). Da es sich hier primär bereits um eine

dreidimensionelle Bildgebungstechnik handelt, sind ebenfalls dreidimensionelle Analysen

und Visualisierungen möglich.

Analyse zum Stand der Technik

Bildgebung

Der intraoperative Einsatz der bildgebenden Verfahren war bisher nur in beschränktem

Maße möglich. Eine Orientierung während der Operation erlaubte bislang lediglich der soge-

nannte C-Bogen, ein konventionelles Röntgengerät. Damit können während der Operation

kurze Momentaufnahmen vom Operationsgebiet gemacht werden. Wegen der Röntgen-

strahlung ist dies sehr aufwändig und belastend für Patient und Operateur und bedingt eine

Verzögerung des operativen Eingriffs. Um einen mehrdimensionalen Eindruck zu erhalten,

müssen die Bilder aus verschiedenen Ebenen angefertigt werden. Dies bedeutet eine wei-

tere Strahlenbelastung des Patienten. Die intraoperative 3D-Bildgebung mit Ultraschall und

MRT ist zzt. noch aufwändig und nur in experimentellem Stadium verfügbar. Somit kann das

Ziel der interaktiven Nutzung der dreidimensionalen Bilddaten intraoperativ nur mit Techni-

ken der computergestützten Chirurgie erreicht werden.

Operationsplanung

Goldstandard in der modernen Implantologie ist das so genannte „backward-planning“, bei

dem vor der Implantation vom Prothetiker und Zahntechniker gemeinsam unter ästhetischen

und statischen bzw. funktionellen Gesichtspunkten die spätere prothetische Versorgung in

Form eines „Wax-up“ erarbeitet wird. Des Weiteren sollten eine genaue Analyse der beste-

henden anatomischen Verhältnisse und eine sorgfältige präoperative Planung jeder Implan-

tatinsertion vorausgehen.

Diese Planung kann heutzutage – wie im Vorfeld beschrieben – basierend auf 3D-Bilddaten

(Computer- oder Volumentomografie) mit Hilfe von CAD-Programmen erfolgen. Um die vom

Prothetiker und Zahntechniker geplante prothetische Versorgung auch in den der CAD-Pla-

nung zugrunde liegenden 3D-Bilddaten sichtbar zu machen, trägt der Patient während der

CT-Datenakquisition eine röntgenopake Schiene basierend auf dem Wax-up. So ist die ge-

plante prothetische Versorgung im Bilddatensatz und in der CAD-Planung gut sichtbar, was

Page 28: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

28

die Platzierung der Implantate in anatomisch korrekter Position erleichtert. Seit kurzem sind

Instrumentennavigationssysteme verfügbar, die es dem Operateur erstmals ermöglichen, die

aktuelle Instrumentenposition im Operationssitus auf dem dreidimensional rekonstruierten

Bilddatensatz des Patienten darzustellen. So ist es umgekehrt möglich, die Lage einer ana-

tomischen Struktur des Patienten im Operationssitus gezielt aufzusuchen.

Der Zeitaufwand der computergesteuerten Planung ist deutlich höher, aber es kann präope-

rativ auch abgeklärt werden, ob das Knochenangebot mit der prothetischen Planung korre-

liert, d. h. ob die aus prothetischer Sicht angestrebte Implantatposition realisierbar ist. Aug-

mentationsbedarf wird vorab erkennbar und planbar. Neue Techniken, z. B. die Implantation

am Nerv vorbei (lateral bypass operation), Zygoma-Implantate ohne direkte Darstellung oder

die optimale Nutzung vorhandener Knochenstrukturen, z. B. von Kieferhöhlensepten, werden

möglich.

Planungsübertragung auf den Patientensitus

Entscheidend ist nun die Übertragung der mittels CAD erfolgten Implantatplanung auf den

Patientensitus. Diese Übertragung kann prinzipiell auf folgende Weise erfolgen:

1. Konventionell, d. h. der Implantologe überträgt die Planung frei auf den Patienten und

bedient sich zur Orientierung anatomischer Strukturen, die sich gemäß der Planung

auch beim Patienten verifizieren lassen.

2. Mit Hilfe einer Bohrschablone. Dabei werden die geplanten Implantatpositionen

dergestalt auf eine Kunststoffschablone übertragen, dass Metallhülsen die anatomie-

und achsgerechte Bohrerposition vorgeben. Man unterscheidet zwischen schleim-

hautgetragenen und knochengestützten Schablonen.

3. Navigiert, d. h. während der Implantation werden die Position des Patienten und des

Implantatbohrers erfasst und die Bohrerposition kann in den Bilddatensätzen des Pa-

tienten dargestellt bzw. in die entsprechende CAD-Planung in Echtzeit eingespielt

werden.

Vergleicht man diese drei unterschiedlichen Möglichkeiten der Übertragung der CAD-Pla-

nung auf den Patienten miteinander, so ist die konventionelle Methode sicher die schlech-

teste. Sie ist grundsätzlich sehr schwierig, erfordert ein sehr gutes räumliches Vorstellungs-

vermögen und viel Erfahrung des Behandlers. Selbst dem erfahrensten Implantologen wird

es nicht gelingen, die Planung mit so hoher Präzision auf den Patientensitus zu übertragen,

Page 29: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

29

dass die prothetische Versorgung zu 100 % gemäß der präoperativen Planung erfolgen

kann. Auch der sichere Schutz anatomisch sensibler Strukturen, wie beispielsweise des Ner-

vus alveolaris inferior, ist bei entsprechend nervnaher Planung nicht unbedingt gegeben oder

aber erfordert einen entsprechenden Sicherheitsabstand bei der Planung. Letztendlich muss

man den Mehraufwand der 3D-bildbasierten CAD-Planung bei dieser Form der Planungs-

übertragung sogar in Frage stellen, da die Vorteile des höheren Informationsgehalts und des

„backward-planning“ nicht adäquat genutzt werden.

Schablonen erlauben eine erheblich präzisere Übertragung der Planung auf den Patienten.

Dennoch birgt die Schablone auch Nachteile. Die schleimhautgetragene Schablone erlaubt

aufgrund der Beschaffenheit der Schleimhaut noch einige Toleranzen bei der Platzierung

bzw. ist insbesondere nach mit der Injektion von Lokalanästhetikum verbundenen Schleim-

hautveränderungen (z. B. Schwellung) oftmals nicht mehr eindeutig platzierbar. Die kno-

chenbasierte Schablone hingegen lässt sich meistens eindeutig und sicher platzieren, erfor-

dert jedoch eine großflächige Präparation der Schleimhaut bzw. des Mukoperiosts mit den

damit verbundenen Unannehmlichkeiten wie ausgedehnter postoperativer Schwellung,

Schmerzen, einer erhöhten Infektionsrate für den Patienten, ggf. sogar ein Knochenverlust

im Limbusbereich durch die Knochendenudierung des versorgten Periosts bei dünnen Kno-

chenlamellen, besonders in der OK-Front. Beiden Schablonen gemeinsam ist die fehlende

intraoperative Flexibilität. Bei der intraoperativen Notwendigkeit, von der präoperativen Pla-

nung abweichen zu müssen, z. B. aufgrund unzureichender lokaler Knochenqualität, ist die

Schablone nicht mehr zu gebrauchen und die Operation muss konventionell mit den vorbe-

schriebenen erheblichen Einschränkungen und Nachteilen fortgesetzt werden. Des Weiteren

ist die Nutzung von Schablonen in Bezug auf die Bohrtiefe des Implantatbettes nur sehr ge-

ring.

Bei der navigierten Implantatinsertion werden die Positionen des Bohrers mittels eines

Werkzeug-Trackers und des Patienten meistens mit Hilfe eines an eine Bissschablone an-

polymerisierten Patienten-Tracker verfolgt. Die Anatomie des Patienten kann so mit den

präoperativ akquirierten Bilddaten in Übereinstimmung gebracht werden und er Bohrer wird

in die CAD-Planung eingespielt. Somit kann die Planung einerseits mit ausreichend hoher

Präzision auf den Patienten übertragen werden, andererseits erlaubt eine intraoperative Ab-

weichung von der Planung die genaue Verfolgung des Instruments in Relation zur Patien-

tenanatomie anhand der Bilddaten. Ein Wechsel von dem Navigations- in den Planungsmo-

dus erlaubt sogar eine intraoperative Korrektur der Planung und die erneute navigationsge-

stützte Übertragung des modifizierten Plans auf den Patienten.

Page 30: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

30

Die Instrumentennavigation kann so einerseits für unerfahrene Chirurgen und andererseits in

schwierigen Fällen mit geringem Knochenangebot auch für erfahrene Implantologen sehr

hilfreich sein. Für den Anwender sind bei der Nutzung von entsprechenden Planungs- und

Navigationssystemen eine einfache und übersichtliche Bedienerführung, kurze Rüstzeiten

und maximale Flexibilität in Bezug auf die Aufstellung des Navigationssystems bei gleichzei-

tiger hoher Sicherheit und Präzision von entscheidender Bedeutung für die effektive und

kostendeckende Nutzung solcher Systeme. Speziell moderne Navigationssysteme, die klein,

mobil, präzise und einfach zu handhaben sind, kombinieren ein Maximum an Flexibilität mit

hoher Sicherheit (CASAP et al. 2004). Die Nutzung solcher Systeme ist selbst unter steigen-

dem Kostendruck sinnvoll möglich. Die Patienten profitieren dabei immer von der intraopera-

tiven Navigation in der dentalen Implantologie (MEYER et al. 2003, HOFFMANN et al. 2005).

Vergleicht man nun die verschiedenen Möglichkeiten der Implantation miteinander, so sind

die Implantatinsertion unter Verwendung einer Schablone und die navigierte Implantatinser-

tion der konventionellen Implantation weit überlegen und es lässt sich mit höherer Konstanz

ein präziseres Ergebnis erzielen. Aufgrund der bereits beschriebenen Nachteile der Schab-

lonen in Bezug auf die Pass-Ungenauigkeiten der schleimhautgetragenen Schablone und die

Notwendigkeit der ausgedehnten Gewebepräparation bei der knochenbasierten Schablone

sowie aufgrund der mangelnden intraoperativen Flexibilität ist die navigierte Implantation

auch diesen Verfahren grundsätzlich deutlich überlegen. Des Weiteren ist der Nutzen von

Schablonen in Bezug auf die Bohrtiefe des Implantatbettes nur sehr gering und die Schab-

lone ist nicht mehr zu gebrauchen, sobald von der präoperativen Planung z. B. aufgrund un-

zureichender lokaler Knochenqualität abgewichen werden muss. Die Operation kann dann

nur konventionell mit den vorbeschriebenen erheblichen Einschränkungen und Nachteilen

fortgesetzt werden. Auch diesbezüglich ist die navigierte Implantation aufgrund der intraope-

rativen Instrumentendarstellung und der Möglichkeit der Planungsänderung überlegen.

Lediglich bei einem Totalausfall des Navigationssystems wäre auch mit dieser Methode eine

Fortsetzung der Operation nur konventionell mit den entsprechenden Nachteilen notwendig.

Alternativ besteht hier aber die Möglichkeit eines Operationsabbruchs und der späteren Fort-

setzung ohne logistischen Mehraufwand, wohingegen bei einer nicht mehr brauchbaren

Schablone eine Neuplanung und die Fertigung einer modifizierten Schablone notwendig

werden.

Metrische Genauigkeitsprüfung computertomografischer Daten

Die metrische Genauigkeit der dreidimensionalen Vermessung von CT-Daten liegt bei etwa

0,3 mm für Unterkiefer- und 0,5 mm für Oberkieferpräparate (HASSFELD 2000).

Page 31: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

31

Klinische Bewertung

Risiken/Nutzen

Das neue Planungs- und Navigationssystem MONA_DENT® ist modular aufgebaut. Das

System basiert auf der bereits etablierten Planungs-Software implant3D (med3D GmbH,

Heidelberg). Diese Planungs-Software nutzt konventionell akquirierte Computertomografie-

(CT) oder Volumentomografie- (VT) Daten im DICOM-3-Format, die üblicherweise mittels

CD-ROM direkt auf das System übertragen werden können. Gemäß dem vorbeschriebenen

Prinzip des „backward-planning“ trägt der Patient während der Daten-Akquisition eine

röntgenopake Schiene basierend auf dem unter ästhetischen und statischen

Gesichtspunkten vom Prothetiker und Zahntechniker gemeinsam erarbeiteten Wax-up. Die

geplante prothetische Versorgung ist im Bilddatensatz gut sichtbar und erleichtert die

anatomisch korrekte Positionierung der Implantate. Die Software ermöglicht es dem

Implantologen, die Implantate frei und interaktiv in Echtzeit in den Bilddaten zu bewegen und

dabei in 2D-Ansichten und als 3D-Bilder darzustellen. So können verschiedene

Therapieoptionen beurteilt und die Therapie optimiert werden.

Für die Planungs- und Navigationsprozeduren wird ein gemäß den Anforderungen

dimensioniertes Notebook benutzt (Tecra S3, Toshiba Europe GmbH, Neuss). Des Weiteren

besteht das System aus einer Infrarot-Kamera der neuesten Generation (Polaris® Vicra ™,

Northern Digital Inc., Waterloo, Ontario, Kanada), die auf einem in alle Richtungen

beweglichen Arm montiert ist (KaVo Dental GmbH, Biberach). Die Infrarot-Kamera hat eine

Genauigkeit von 0,25 mm RMS, die Aufwärmzeit beträgt 10 Minuten. Zusätzlich sind ein

Erschütterungsdetektor, ein USB 2.0 Interface sowie Wartungs- und Diagnose-Tools

vorhanden. Nach der Implantatplanung können die Registrierung und der Bohrprozess auf

einem farbigen 5“ TFT-Display (T050Q1D1, distec GmbH, Germering) verfolgt werden, der

für die optimale Positionierung in der unmittelbaren Nähe des Operationsfeldes auf einem

Schwanenhals montiert ist.

Page 32: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

32

Um die Position des Patienten in den Bilddaten mit der realen Position des Patienten wäh-

rend der Operation zu korrelieren, wird zur Kalibrierung ein Navigationsbogen am Kiefer des

Patienten mit einer individuellen Bissschiene befestigt. Der Navigationsbogen hat integrierte

Titanmarker in präzise definierten Positionen. Zusätzlich wird ein LEGO®-Stein mit definier-

ter Geometrie am Navigationsbogen befestigt. Nach der Datenakquisition im CT werden die

Marker von der Planungs-Software aufgesucht und die Implantate in Relation zu den Mar-

kern geplant. Während der Operation trägt der Patient den Navigationsbogen und einen Pa-

tienten-Tracker mit passiven Markern (Passive Spheres™, Northern Digital Inc., Waterloo,

Ontario, Kanada), um die Lage der Kiefer des Patienten zu verfolgen.

Der Patienten-Tracker kann auf beiden Seiten mit Markern in geringfügig unterschiedlicher

Geometrie bestückt werden, so dass der Patienten-Tracker gleichermaßen im Ober- und

Unterkiefer zur linken und rechten Seite des Patienten herausgeführt werden kann ((Abb. 2).

Die Position des Patienten-Trackers wird seitens der Navigations-Software automatisch er-

kannt. Mit einer speziellen Halterung kann der Werkzeug-Tracker in zwei verschiedenen Po-

sitionen für den Ober- und Unterkiefer mit dem Implantathandstück verbunden werden, um

den Bohrer während des Bohrvorgangs in Echtzeit und in Relation zum Patienten zu verfol-

gen (Abb. 3).

Abb. 1: Die Komponenten des neuen Planungs- und Navigationssystems MONA_DENT®: Infrarot-Kamera (1), Notebook (2), Chassis (3), 5“ TFT-Display (4), standfestes Drehgestell (5)

1

2

3

4

1

5

Page 33: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

33

Bilder

Nach einer Modifikation des Kameraarms, um Limitationen in den Gelenken des Arms zu

eliminieren, konnte die Infrarotkamera sehr leicht adjustiert werden. Speziell das TFT-Display

ist hilfreich, um die richtige Position des Kameraarms ohne Schwierigkeiten zu finden, indem

verschiedenfarbige Patientensymbole durch Bewegen des Kameraarms zur Deckung ge-

bracht werden (Abb. 4).

Wie der Patienten-Tracker auf beiden Seiten mit massiven Markern bestückt werden kann,

kann der Tracker auf der linken und rechten Seite jedes Kiefers positioniert werden. Aus die-

sem Grund kann das Navigationssystem von Rechts- und Linkshändern gleichermaßen ge-

nutzt werden. Aufgrund der geringfügig unterschiedlichen Markergeometrie auf beiden Sei-

ten des Trackers kann das Navigationssystem automatisch die Orientierung des Patienten-

Trackers erkennen.

Abb. 2: Patienten-Tracker: Auf beiden Seiten mit je 3 passiven Markern in

unterschiedlicher Geometrie bestückbar.

Abb. 3: Werkzeug-Tracker: Mit einer Halterung zur Montage an der Ober- und Unterseite des Handstücks.

Page 34: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

34

Letztendlich können alle realistischen Implantatpositionen im Ober- und Unterkiefer (17 bis

47) unabhängig von der Händigkeit des Implantologen erreicht werden. Die Positionierung

von Navigationssystem und Infrarotkamera ist grundsätzlich in allen in Abb. 5 dargestellten

Konfigurationen möglich, die Konfigurationen 5 und 6 (gelb) eignen sich jedoch in Abhängig-

keit des zahnärztlichen Behandlungsstuhls nicht oder nur bedingt und sind lediglich bei der

Lagerung des Patienten auf einem Operationstisch möglich.

Abb. 4: Modus zur Einrichtung der Infrarot-Kamera: Die Patientensymbole müssen zur Deckung gebracht werden und bei korrekter Positionierung wechselt die Farbe zu grün.

Abb. 5: Ergonomieversuche mit unterschiedlichster Positionierung von Chassis und Kamera. Die grünen Konfigurationen sind unproblematisch, die gelben nur bedingt realisierbar.

Page 35: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

35

Die Darstellung des Zielführungsmodus ist dergestalt, dass die Anzeige mit den konzentri-

schen Kreisen bezüglich der lateralen Abweichungen linear erfolgt. Die einzelnen konzentri-

schen Kreise entsprechen somit einer Seitabweichung von 1mm, 2 mm, 3 mm und 4 mm.

Hingegen entspricht in Bezug auf die Winkelabweichung jeder weiter außerhalb des Zen-

trums liegende Kreis einer zunehmenden Abweichung (0,5°, 3°, 7°, 17°) (Abb. 6).

Durch Bohrversuche an einem Patienten-Dummy einer dentalen Simulationseinheit

(DSEplus, KaVo Dental GmbH, Biberach) (Abb. 7) unter Verwendung von hochpräzisen

CNC-gefertigten Kunststoffmodellen mit definierter Geometrie (Abb. 8) konnte nachgewie-

sen werden, dass die klinisch erreichbare Präzision der Implantatbohrungen im Bereich an-

derer Navigationssysteme liegt (Tab. 1) (WANSCHITZ et al. 2002, CESAP et al. 2004,

MEYER et al. 2003, HOFFMANN et al. 2005).

Abb. 6: Navigationsmodus: Der innerste Kreis entspricht einer Abweichung von 1,0 mm und einer Verkippung von 0,5 Grad. Rechts neben den Kreisen ist die Bohrtiefe dargestellt.

Page 36: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

36

Tabelle 1: Vorläufige Ergebnisse der ermittelten Abweichungen bei den

Präzisionsversuchen

N = 586 RMS

(mittlere Genauigkeit) Mittelwert Standardabweichung

x – y Abweichung

(seitliche Abweichung) 0,67 mm 0,59 mm 0,31 mm

z-Abweichung

(Tiefenabweichung) 0,86 mm 0,69 mm 0,52 mm

Winkel-Abweichung 1,40° 1,25° 0,62°

Abb. 7: Versuchsaufbau für die Ergonomie: Die Positionen der DSEplus samt Dummy und von MONA_DENT werden anhand von Messpunkten und des Koordinatensystems reproduzierbar dokumentiert.

Page 37: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

37

Literatur

Übereinstimmung beschriebener Produkte/eigenes Produkt

Für die klinische Bewertung wird das MONA_DENT®-System auf Übereinstimmung mit

Systemen mit identischem Navigationsverfahren verglichen:

Im Rahmen der klinischen Bewertung wurden auf dem Markt befindliche Systeme

reevaluiert.

1. ARTMA MEDICAL TECHNOLOGIES AG, Virtual Patient System,

interaktives optisches Tele-Navigationssystem

2. DenX Ltd., Israel, IGI-Image Guided Implantology,

3D Echtzeit-Navigationssystem

3. Robo Dent GmbH, Robo Dent, Navi-X Navigated Control,

optische, kabellose Instrumentennavigation

Alle Systeme weisen eine Mess-Ungenauigkeit bzw. Messabweichung zwischen 0,2 bis 1

mm auf, hierbei spielen die Wertigkeit der Ausgangsdaten (CT-Auflösung) und die Erfahrung

des Behandlers eine wesentliche Rolle, da es sich hierbei um passive Systeme handelt.

Nach entsprechender Auswertung ergeben sich in den Grundparametern der Funktionsweise

des Anwendungsbereichs, der technischen Voraussetzungen, der Datengrundlage bzw. des

Datenformates, der Messgenauigkeit bzw. Messabweichung, der Volumendarstellung, der

freien Segment- bzw. Schnittauswahl, der Nachbearbeitung des Rohdatensatzes, der Er-

stellung von Lithografiemodellen, der Druckoption sowie der Artefaktausblendung, der Orien-

tierung im Raum, der Führung eines Winkelstücks, der optischen Treffkontrolle, der akusti-

schen Fehlerüberwachung, der verschiedenen Implantatsysteme in der Toolbox, der Bedie-

nung durch den Operateur selbst keine wesentlichen Unterschiede. Im Rahmen der ver-

schiedenen zusätzlichen Möglichkeiten und damit Verbesserung gegenüber den angeführten

Systemen ergeben sich folgende Punkte und Verbesserungen in der Anwendung des

MONA_DENT®-Systems:

Des Weiteren ist nach entsprechendem Literaturstudium das MONA_DENT®-System durch

entsprechenden kurzen Umbau auch für Linkshänder in vollem Umfang anwendbar.

Page 38: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

38

Zusammenfassung der Kernaussagen

Grundsätzlich ist die navigierte Implantatinsertion den anderen Methoden der Planungsüber-

tragung überlegen.

Die konventionelle Implantation ist schwierig, erfordert ein sehr gutes räumliches Vorstel-

lungsvermögen und viel Erfahrung des Behandlers und führt selbst dann noch zu größeren

Abweichungen von der Planung, so dass die prothetische Versorgung nicht zu 100 % gemäß

der präoperativen Planung umgesetzt werden kann. Auch der sichere Schutz anatomisch

sensibler Strukturen, wie beispielsweise des Nervus alveolaris inferior, ist bei entsprechend

nervnaher Planung nicht unbedingt gegeben oder aber erfordert einen entsprechenden Si-

cherheitsabstand bei der Planung. Letztendlich muss man den Mehraufwand der 3D-bildba-

sierten CAD-Planung bei der konventionellen Implantation sogar in Frage stellen, da die

Vorteile des höheren Informationsgehalts und des „backward-planning“ nicht adäquat ge-

nutzt werden.

Auch gegenüber der Schablonentechnik ist die navigierte Implantatinsertion überlegen. Die

schleimhautgetragene Schablone erlaubt aufgrund der Beschaffenheit der Schleimhaut

einige Toleranzen bei der Platzierung bzw. ist insbesondere nach mit der Injektion von Lo-

kalanästhetikum verbundenen Schleimhautschwellungen oftmals nicht mehr eindeutig plat-

zierbar. Die knochenbasierte Schablone hingegen erfordert eine großflächige Präparation

der Schleimhaut bzw. des Mukoperiosts und führt damit zu den vorbeschriebenen höheren

Belastungen und Komplikationen für den Patienten. Bei der intraoperativen Notwendigkeit,

von der präoperativen Planung abweichen zu müssen, ist die Schablone nicht mehr zu ge-

brauchen und die Operation muss konventionell mit den vorbeschriebenen erheblichen Ein-

schränkungen und Nachteilen fortgesetzt werden. Des Weiteren ist der Nutzen von Schablo-

nen in Bezug auf die Bohrtiefe des Implantatbetts nur sehr gering.

Die navigierte Implantatinsertion erlaubt grundsätzlich nicht nur die Übertragung der

präoperativen Planung mit ausreichend hoher Präzision auf den Patienten, sondern ermög-

licht es dem Behandler sogar, bei einer notwendigen intraoperativen Abweichung von der

Planung die Instrumente in Relation zur Patientenanatomie anhand der Bilddaten zu verfol-

gen. Ein Wechsel von dem Navigations- in den Planungsmodus gestattet darüber hinaus

eine intraoperative Korrektur der Planung und die erneute navigationsgestützte Übertragung

des modifizierten Plans auf den Patienten. Aufgrund dieser hohen Flexibilität ist die Instru-

mentennavigation so einerseits für unerfahrene Chirurgen und andererseits in schwierigen

Fällen mit geringem Knochenangebot auch für erfahrene Implantologen sehr hilfreich.

Page 39: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

39

Das MONA_DENT®-System im Speziellen ist zuverlässig und aufgrund seiner exzellenten

Bedienerführung selbst für computerunerfahrene Implantologen einfach zu handhaben. So-

weit wir wissen, ist dieses System das einzige, das von Rechts- und Linkshändern genutzt

werden kann. Aus den vorgenannten Gründen und aufgrund der hohen Flexibilität in Bezug

auf die Positionierung des Systems innerhalb des Behandlungsraums ist es anderen ver-

gleichbaren Systemen überlegen.

Page 40: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

40

Literaturüberblick

Brief, J; Edinger, D; Hassfeld, S; Eggers, G: Accuracy of image guided Implantology,

Clin Oral Impl Res. 2005; 16(4):495–501

Zusammenfassung:

Die Genauigkeit von zwei kommerziell erhältlichen Systemen für die bildgesteuerte Implan-

tatplatzierung, welche auf Infrarotkameras basieren, wurde mit der manuellen Implantation

verglichen. Es wurden Modelle von teilbezahnten Unterkiefern verwendet. Im Meistermodell

wurden Pilotbohrlöcher für dentale Implantate präpariert. Die Bohrlöcher wurden in Zweitmo-

dellen mit einem der bildgesteuerten System und mittels manueller Implantation reproduziert.

Die erreichten Positionen wurden mit einem Koordinatenmessgerät bestimmt und mit dem

Meistermodell verglichen.

Im Vergleich zur manuellen Implantation waren die Unterschiede in den Positionen der

Bohrlöcher, welche mit einem der System zur bildgesteuerten Implantatplatzierung ange-

bracht worden waren, signifikant kleiner.

Die bildgesteuerte Platzierung von dentalen Implantaten ist signifikant genauer als die ma-

nuelle Implantation. Jedoch ist die Genauigkeit, welche durch manuelle Implantation erreicht

werden kann, für die meisten klinischen Situationen ausreichend.

Meyer, U; Wiesmann, HP; Runte, C; Fillies, T; Meier, N; Lüth, T; Joos, U; Evaluation of

accuracy of insertion of dental implants and prosthetic treatment by computer-aided

navigation in minipigs, Brit. J. Oral Maxillofacial Surg. 2003; 41, 102 – 108

Zusammenfassung:

Mit Hilfe einer computergestützten Navigationstechnik (Robo Dent) erfolgte die Implantatin-

sertion bei Minischweinen. Postoperativ durchgeführte erneute CT-Scans zeigten, dass die

Implantate sehr exakt an die vorher bestimmten Positionen eingebracht werden konnten.

Ebenfalls konnte gezeigt werden, dass vorgefertigte prothetische Kronen eingegliedert wer-

den konnten und eine hervorragende okklusale Beziehung aufwiesen. Nachträglich durch-

geführte histologische Untersuchungen wiesen ebenfalls eine biomechanische Stabilität der

inserierten Implantate nach. Es zeigt sich anhand dieser Versuchsanordnung eine hervorra-

gende Übereinstimmung der Planung zum erreichten Ergebnis.

Evers, R; Troppe, M; Reichwein, A; Wagner, A: Computer-aided navigation in dental

implantology: 7 years of clinical experience, J Oral Maxillofac Surg 62:6 (2004)

Zusammenfassung:

Im Rahmen einer Langzeitstudie über sieben Jahre erfolgte die Bewertung einer computer-

unterstützten navigierten dentalen Implantologie. Die Studie zeigte, dass die Implantations-

Page 41: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

41

nachbehandlung als Maßstab für das entstanden operative Trauma drastisch reduziert wer-

den konnte. Als Ergebnisse konnten festgehalten werden: Nach entsprechend durchgeführ-

ter präoperativer Planung ist eine exakte Realisation mit erhöhter intraoperativer Sicherheit

über die computerunterstützte Navigationstechnik gegeben. Besonders Nervschäden im Be-

reich des Unterkiefers sowie Beschädigung benachbarter Zähne können mit hoher Sicherheit

vermieden werden.

Ng FC; Ho KH; Wexler, A: Computer-assisted navigational surgery enhances safty in

dental Implantology, Ann Aced Med Singapore 2005; 34, 383 – 388

Zusammenfassung:

Dentale Implantation erlangt im Rahmen der restaurativen Wiederherstellung des stomato-

gnathen Systems einen immer höheren Stellenwert. Nach entsprechendem Einbringen der

Implantate und stattgefundener Osseointegration werden die Implantate prothetisch versorgt.

Die bislang vorherrschende konventionelle Implantatbehandlung forderte bis dato entspre-

chende Situationsmodelle, eine Aufstellung der fehlenden Zähne (Wax-up) und mindestens

eine Orthopantomogramm-Aufnahme. Anhand dieser Daten konnte eine entsprechende

Bohrschablone angefertigt werden. Nach Einsatz dieser Bohrschablone handelt es sich im

Grunde immer noch um ein blindes Verfahren. Die Bohrung in den Knochen erlaubt keine

Kontrolle über benachbarte anatomische Strukturen. Im Rahmen der immer populärer wer-

denden computerunterstützten Navigation zeigt sich, dass eine Echtzeit-Computerunterstüt-

zung im Rahmen der dentalen Implantation eine erhöhte Genauigkeit unter Minimierung von

Komplikationen erreichen lässt. Über die navigierte Chirurgie kommt es definitiv zu einer

Reduktion des Risikos einer iatrogenen Verletzung, da bisweilen nicht darstellbare Struktu-

ren nun über die CT-Datensätze visualisiert werden können. In Regionen mit komplexer

Anatomie erweist sich die dentale Implantation über ein navigiertes System als überlegen.

Kramer, F-J; Baethge, C; Swennen, G; Rosahl, S: Navigated versus conventional

implant insertion for maxillary single toot replacement – comparative in-vitro-study,

Clin. Oral Impl. Res. 2004: 15, 1 – 9

Zusammenfassung:

Die computergesteuerte Navigation hat sich in verschiedenen chirurgischen Disziplinen als

wertvolles Werkzeug erwiesen. In der oralen Implantologie wird sie angewendet, um eine

optimale Implantatplatzierung zu erreichen und um das Risiko einer Verletzung von Nach-

barstrukturen zu verhindern. Das Ziel dieser Studie war es, die Grenzen der Präzision der

konventionellen und der navigierten Implantatplatzierung in der Praxis zu vergleichen.

Bei Oberkiefermodellen wurden Implantate eingesetzt, um den linken lateralen Schneide-

zahn (N = 40) und den rechten Eckzahn (N = 40) zu ersetzen. Jedes dieser Implantate

Page 42: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

42

wurde entweder konventionell (N = 20) oder mit Navigation (N = 20) eingesetzt. Die Implan-

tate wurden mit einem Indexaufbauteil der Länge 40 cm verbunden. Die Implantatposition,

die Angulation und die Einsetztiefe wurden auf CT-Rasteraufnahmen der Implantate berech-

net.

Die Variationen der Implantatpositionen waren mit durch Navigation gesetzten Implantate

kleiner (P < 0,05) als bei konventionell gesetzten Implantaten. Sowohl in der axialen als auch

in der transversalen Ebene waren die Unterschiede in der Implantatangulation bei den mit

Navigation gesetzten Implantaten kleiner (P < 0,05), als wenn konventionell vorgegangen

wurde.

Aufgrund der experimentellen Bedingungen kann keine endgültige Schlussfolgerung gezo-

gen werden, obwohl versucht wurde, die klinische Situation zu simulieren. Die In-vitro-An-

wendung eines Navigationssystems resultierte in einer höheren Präzision beim Setzen von

Implantaten bezüglich Position, Angulation und Einsetztiefe der Implantate. Klinische Studien

werden beweisen müssen, ob die routinemäßige Führung durch Bilder zu einem besseren

chirurgischen Resultat führen wird.

Casap, N; Wexler, A; Lustmann, J: Image-guided navigation system for placing dental

implants, Compendium 2004 (10): 25, 783 – 789

Zusammenfassung:

Das hier angewandte Navigationssystem zum Einbringen dentaler Implantate basiert auf der

Erstellung eines entsprechenden CT-Datensatzes. Das vorgestellte System erlaubt eine

kontinuierliche interoperative Koordination der Implantation nach entsprechend vorher fest-

gelegtem präoperativem Plan. Die festgestellten Ergebnisse zeigen eine minimale Abwei-

chung der erreichten Implantatposition im Vergleich zur vorhergehenden Planung.

Brief, J; Hassfeld, S; Sonnenfeld, U; Persky, N; Krempien, R; Treiber, M; Mühling, J:

Computer-guided insertion of dental implants – A clinical evaluation, Internation

Congress Series, 2001: 1230, 739 – 747

Zusammenfassung:

Im Rahmen der durchgeführten Untersuchung zeigt sich bei gut entwickelter Navigations-

Software mit Ausnutzung optimierter Computerlogarithmen eine erreichbare Planung mit

Abweichung von um 0,5 mm. Nach entsprechender präoperativer Planung zeigt sich im

Rahmen der durchzuführenden Operation bei entsprechend gut adjustierter Tracker-Schiene

ein deutlicher Zeitgewinn, da selbst eine Bewegung des Unterkiefers im Rahmen der Opera-

tion möglich ist. Als Gesamtresultat kann festgehalten werden, dass im Rahmen dieser

Nachuntersuchung in 95 % Abweichungen < 1 mm erreicht wurden.

Page 43: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

43

Shapira, L: Image-guided implantology – Real time guidance of dental implant surgery

in vitro operative filed using CT-scan-image

Zusammenfassung:

Durch den Gebrauch einer computerassistierten Implantatnavigation erreicht man eine mini-

male Traumatisierung im Bereich der Weichgewebsstrukturen sowie eine erhebliche Redu-

zierung der Operationsdauer. Des Weiteren ist eine indirekte Folge die schnellere Heilung

durch die herabgesetzte Traumatisierung des biologischen Systems. Durch die exakte Vor-

planung ist eine genauere Positionierung der Implantate erreichbar, was sich besonders in

ästhetisch-phonetischen und funktionellen Aspekten widerspiegeln kann. Besonders bei

Blasmusikern ist eine genaue Positionierung von Implantaten unerlässlich. Der Vorteil hin-

sichtlich schablonengeführter Implantation liegt in der Möglichkeit, jederzeit aktiv in die Pla-

nungsphase des Implantatsystems zu wechseln und so leichte Modifikationen während des

operativen Eingriffs vornehmen zu können.

Richter, U: Schablonengeführte Navigation – Computerplanungssystematik Rück-

wärtsplanung und das implantatprothetische Planungslumen – Teil 1, Implantologie J.

2003 (2), 20 – 24

Zusammenfassung:

Nach entsprechender CT-Datenakquisition kann über entsprechende Planungssysteme die

Implantatposition und Achsausrichtung in Form von Raumkoordinaten automatisch berech-

net werden. Über einen mit diesen Koordinaten programmierten Transfertisch erfolgt mittels

spezieller Hülsen die mechanische Übertragung der virtuellen Implantatposition und Achs-

richtung auf die Bohrschablone. Dazu werden Titanhülsen gemäß der PC-Raumkoordinaten

mit Hilfe des Transfertisches in die Bohrschablone einpolymerisiert. Im Rahmen der Übertra-

gung sprechen wir von Ungenauigkeiten von bis zu 0,2 mm. In der Addition mit der metri-

schen Genauigkeit der dreidimensionalen Vermessung von CT-Daten, die bei 0,5 mm für

den Oberkiefer und 0,3 mm für den Unterkiefer liegen, haben wir somit eine Fehlermarke, die

sich auf ungefähr 0,5 bis 0,7 mm addieren kann.

Lange, TH: Schablonengestütztes Implantieren, Implantologie J. 2005 (5): 34 – 36

Zusammenfassung:

Unter den heute zur Verfügung stehenden navigierten Verfahren haben sich schablonenge-

führte navigierte Implantationsverfahren für diese Zielsetzung bestens bewährt. Beim Med-

3D-Verfahren ist der Planungsaufwand für den Behandler mittels der hochpräzisen Pla-

nungsdiagnostik im Vergleich zu manch anderen Systemen gering. Der große Vorteil der

schablonengestützten Implantation liegt in der Vorhersagbarkeit des operativen Ergebnisses.

Hervorzuheben ist dabei auch die Möglichkeit der optimalen Ausnutzung des noch vorhan-

Page 44: Indikationsbezogene Diagnostik und Planung komplexer

44

denen Knochens. Es wird der Weg des so genannten backward-planning beschritten, unter

Vorwegnahme des optimalen ästhetischen und funktionellen Ergebnisses. Der Behandler

erhält die einzigartige Möglichkeit, eine vollständige Implantat- und Suprakonstruktionspla-

nung in Echtdimension und ihre exakte Umsetzung im Mund des Patienten selbst durchzu-

führen. Im Rahmen von In-vitro-Untersuchungen konnte nachgewiesen werden, dass eine

Umsatzgenauigkeit von < 0,5 mm zu erzielen ist. Zurzeit stehen aufgrund der problemati-

schen Kontrollmöglichkeiten noch keine klinischen Studien als Vergleichsreferenzen zur

Verfügung.

Im Vergleich zu intraoperativ direkt navigierten Systemen zeigen sich bei diesen Systemen

folgende Nachteile:

Sie sind zwar computergestützt, müssen aber trotzdem manuell geführt werden, was zu

Lasten der Genauigkeit geht, mit zusätzlich technisch höherem Aufwand und höheren Kos-

ten der Geräte.

Kritische Würdigung

Die grundsätzliche Notwendigkeit von Infrarot-Navigationssystemen für die dentale Implan-

tologie wird häufig diskutiert. Das stärkste Argument gegen dentale Navigationssysteme sind

der erhebliche Zeitaufwand für die Planung und das Setup, die Wirtschaftlichkeit [5] und der

benötigte Platzbedarf für das System während der Operation.

Kommen wir nun auf die anfangs genannten Anforderungen seitens der Anwender eines

Navigationssystems zurück, so wurden gefordert:

- einfache und übersichtliche Bedienerführung

- kurze Rüstzeiten

- maximale Flexibilität in Bezug auf die Aufstellung des Navigationssystems

- hohe Sicherheit

- hohe Präzision

- effektive und kostendeckende Nutzung

MONA_DENT® erfüllt alle diese Anforderungen, ist klein, mobil, präzise und einfach zu

handhaben, kombiniert ein Maximum an Flexibilität mit hoher Sicherheit in der Implantologie

und die Nutzung ist selbst unter steigendem Kostendruck sinnvoll möglich.

Aufgrund seiner exzellenten Bedienerführung ist MONA_DENT® selbst für computerunerfah-

rene Implantologen einfach zu handhaben. Soweit wir wissen, ist dieses System das einzige,

das gleichermaßen von Rechts- und Linkshändern genutzt werden kann. Aus den vorge-

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nannten Gründen und aufgrund der hohen Flexibilität in Bezug auf die Positionierung des

Systems innerhalb des Behandlungsraums ist es anderen vergleichbaren Systemen überle-

gen.

Zusammenfassung und Ausblick

Die computergestützte dreidimensionale Planung auf der Grundlage eines dreidimensionalen

Röntgenbildes verbessert heute schon erheblich die Möglichkeiten der modernen Implanto-

logie. Im Einzelfall muss natürlich eine Abwägung von höherem Aufwand, Kosten und

Strahlenexposition gegenüber den zu erwartenden Vorteilen bei Planung und Behandlung

erfolgen. Die direkte Umsetzung der Planung mittels Navigation halten wir für sehr erstre-

benswert. Dabei dürfte in Zukunft durch ständige Entwicklungsarbeit die klinische Anwend-

barkeit der Systeme zunehmend erleichtert und so auch für den Praktiker attraktiv werden.

Zielvorstellung ist die optimale Platzierung von Implantaten durch einen minimalen traumati-

schen Eingriff nach optimaler Planung „von der Prothetik her“ unter Berücksichtigung der

optimalen Nutzung der anatomischen Strukturen. Idealerweise kann so eine Sofortversor-

gung mit einem vorbereiteten provisorischen Ersatz durchgeführt werden.

Eine Quantifizierung der metrischen Umsetzungsgenauigkeit des Verfahrens am Patienten

ist aufgrund fehlender klinischer Kontrollmöglichkeiten bislang noch nicht möglich. Prospek-

tive multizentrische Studien zur Validierung der klinischen Behandlungsergebnisse befinden

sich in Vorbereitung und werden im Rahmen der weitergehenden Reevaluierung des

MONA_DENT®-Systems einfließen und so sicherlich zur Weiterentwicklung dieses Verfah-

rens beitragen.