Upload
others
View
3
Download
0
Embed Size (px)
Citation preview
NACHRICHTENINFO
Geleitwort . Impressum 02 . 03
Bundestagspräsident Lammert besucht
die Gedenkstätte 04
BB-Ministerin Ziegler besucht die Gedenkstätte 05
HE-Staatsminister Hoff besucht die Gedenkstätte 06
Hoher Besuch aus dem Irak 07
(Nachlese) Besuch
Bundesfinanzminister Steinbrück 08
Schülerwettbewerb „Freiheit wird volljährig“ 09
Früheres Stasi-Haftkrankenhaus eröffnet 10
Ausstellung „Bilder einer Seele“ eröffnet 11
Ausstellung „Robert Havemann“ eröffnet 12
Ausstellung „Verdeckt und getarnt“ eröffnet 13
Diskussion „Mielke und das runde Leder“ 14
Der Förderverein im Bundespresseamt 15
Star-Architekt soll Ex-Stasi-Gefängnis
umbauen 16 . 17
Kurznachrichten 18 . 19
Personalia 20 . 22
Standpunkte 23
Alltagsgeschichte 24
Nachrichteninfo . Heft 12 . 2008 . 4. Jahrgang
Geleitwort
Liebe Mitglieder und
Freunde des Förder-
vereins,
mit dem Versand des
Nachrichteninfos ha-
ben wir dieses Mal ein wenig gewartet,
um Ihre mittelfristige Terminplanung zu
erleichtern. Nach einer zeitaufwendigen
und auch nervenaufreibenden Vorberei-
tungsphase steht fest:
Der Hohenschönhausen-Preis wirdam 27. November 2008, 20 Uhr, in derLV Saarland erstmals verliehen.Bereits um 18 Uhr treffen sich dieMitglieder zur Jahresmitgliederver-sammlung, ebenfalls in der Landes-vertretung.
Der Förderverein freut sich, dass damit
eine Punktlandung gelungen ist. Einige
Mitglieder werden sich erinnern: Der
Förderverein wurde am 27. November
2003 in der Landesvertretung des
Saarlandes gegründet. Seit fünf Jahren
ist für den Förderverein „In den Minis-
tergärten 4“ alljährlich die erste Adres-
se. Jahresmitgliederversammlungen,
Lesungen, Ausstellungseröffnungen –
die Gastfreundschaft begann mit unse-
rem Gründungsmitglied, Frau Sts. a. D.
Monika Beck, und wird fortgesetzt
durch ihren Nachfolger, Herrn MinDir.
Jürgen Lennartz.
Natürlich hofft der Vorstand auf eine
gute Präsenz sowohl bei der JMV als
auch anlässlich der öffentlichen Preis-
verleihung. Und die zahlreichen Man-
datsträgern unter unseren Mitgliedern
seien darauf hingewiesen, dass der
27. November 2008 in eine Sitzungs-
woche des Deutschen Bundestages
fällt.
Der Vorstand nimmt erfreut zur Kennt-
nis, dass eine steigende Zahl von
Mitgliedern und prominenten Besu-
chern des früheren Stasi-Gefängnisses
auch öffentlich auf die Arbeit der
Gedenkstätte hinweist. So hat Dr. Vol-
ker Wissing, MdB, während einer
Talkshow der Kommunistin Sahra
Wagenknecht die Menschenrechtsver-
letzungen vorgehalten, die im einstigen
Zentralen Untersuchungsgefängnis des
Staatssicherheitsdienstes begangen
wurden. Der Galionsfigur der „Kommu-
nistischen Plattform“, die vom Verfas-
sungsschutz beobachtet wird, fiel dazu
nichts ein: Sie schwieg beredt. Und der
Sprecher der niedersächsischen Lan-
desregierung, Olaf Glaeseker, hat sei-
nen Verbandskollegen unmissverständ-
lich deutlich gemacht, was er von einer
Einladung Dr. Gregor Gysis, MdB, hält:
Nichts (s. Seite 23).
Bundesminister Peer Steinbrück sind
wir sehr dankbar, dass er im Plenum
des Deutschen Bundestages auf seinen
vom Förderverein betreuten Besuch in
der Gedenkstätte hingewiesen hat (s.
Seite 8). Herzlichen Dank möchten wir
auch unseren Mitglied Mario Röllig
sagen. Der vielfach angefragte Besu-
cherreferent nennt seinen Gästen stets
die Kontonummer des Fördervereins,
wenn diese die Gedenkstätte finanziell
unterstützen wollen. Den Schatzmeis-
ter freut`s.
Interna 02
Mit Respekt und Anerkennung würdigt
der Förderverein die hoch verdiente
Auszeichnung seines Gründungsmit-
glieds Karl Wilhelm Fricke. Der renom-
mierte Publizist ist mit dem Einheits-
preis der Bundeszentrale für Politische
Bildung ausgezeichnet worden. Er habe
nach der Wiedervereinigung mit seinen
Arbeiten und Beiträgen erheblich zur
Aufarbeitung und Überwindung der
Folgen der SED-Diktatur und damit
auch zum Zusammenwachsen der zwei
deutschen Staaten beigetragen, heißt
es in der Begründung. Herzlichen
Glückwunsch! Vor vier Jahren hatte der
Förderverein die hohe Auszeichnung
erhalten.
Ich wünsche Ihnen im Namen des
Vorstands eine anregende Lektüre und
freue mich auf ein Wiedersehen am
27. November, dem fünften „Geburts-
tag“ des Fördervereins. Ein angemes-
sener Anlass, um erstmals den „Hohen-
schönhausen-Preis“ zu verleihen.
Ihr Jörg Kürschner
�
Spendenkonto des FördervereinsCommerzbank Berlin . Kontonummer 622 622 900 . Bankleitzahl 120 400 00
Impressum
Herausgeber Förderverein Gedenkstätte Hohenschönhausen
Nibelungenstraße 36 A . 13465 Berlin
Telefon/Fax + 49 . 30 . 22 48 99 20
www.foerderverein-hsh.de . [email protected]
Text/Redaktion Dr. Jörg Kürschner, André Gaedecke, Andreas Borsch
Layout Anne Dück
Auflage 500 Druck-Exemplare
Interna 03
Besucher 04
Mit Norbert Lammert hat zum ersten
Mal ein Präsident des Deutschen
Bundestages die Gedenkstätte Berlin-
Hohenschönhausen seit der Gründung
1995 offiziell besucht. Während eines
zweistündigen Rundgangs zeigten der
frühere Häftling Reinhard Fuhrmann
und Gedenkstättendirektor Hubertus
Knabe dem CDU-Politiker das einstige
zentrale Untersuchungsgefängnis des
DDR-Staatssicherheitsdienstes.
Bedrückt und schweigsam ließ sich
Lammert über die unmenschlichen
Haftbedingungen der sowjetischen
Besatzungsmacht und der Staats-
sicherheit unterrichten. Die Gedenk-
stätte sei „ein wichtiger und unverzicht-
barer Beitrag zum nationalen Gedächt-
nis“, den es zu bewahren und zu erhal-
ten gelte, betonte der Parlamentspräsi-
dent anschließend. „Es freut uns sehr,
dass Dr. Lammert gerade zu dem histo-
rischen Datum des 13. August die
Gedenkstätte besucht“, sagte Knabe.
Das zeige, dass Mauerbau und Verfol-
gung in der DDR auch heute noch im
Bewusstsein des deutschen Parla-
ments präsent seien.
�
Bundestagspräsident Lammert besucht die Gedenkstätte
von Jörg Kürschner
Dr. Knabe, Präsident Dr. Lammert, R.Fuhrmann
(v.l.)
R. Fuhrmann, Präsident Dr. Lammert, Dr. Knabe
im „Tigerkäfig“ (v.l.)
Besucher 05
Brandenburgs Sozialministerin Dagmar
Ziegler macht aus ihrer tiefen Abnei-
gung gegen Bündnisse ihrer Partei mit
der SED-Nachfolgepartei „Die Linke“
keinen Hehl. „Für mich käme es nicht in
Frage, Ministerin in einer rot-roten
Regierung zu sein“, erklärte die SPD-
Politikerin kürzlich. Ende August
besuchte Ziegler das ehemalige Stasi-
Gefängnis, herzlich begrüßt von
Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe.
„Gerade vor dem Hintergrund der rück-
läufigen Zahlen von Besuchern aus den
neuen Bundesländern, freut uns der
Besuch ganz besonders“. Er hoffe,
dass Zieglers Interesse an der Arbeit
der Gedenkstätte viele Bürger aus
Brandenburg zu einem Abstecher in das
frühere Stasi-Gefängnis motivierten,
betonte Knabe. FV-Mitglied Mario Röl-
lig, der 1987 im damaligen Untersu-
chungsgefängnis des Ministeriums für
Staatssicherheit inhaftiert war, führte
die Politikerin durch die Gedenkstätte.
�
Ministerin Ziegler besucht die Gedenkstätte
von Jörg Kürschner
Ministerin D. Ziegler während des Rundgangs mit FV-Mitglied M. Röllig
Kurz vor der politischen Sommerpause
hat der hessische Staatsminister für
Bundes- und Europaangelegenheiten,
Volker Hoff, das ehemalige Stasi-
Gefängnis besucht.
Nach dem Rundgang sagte der CDU-
Politiker, das Land Hessen werde die
Arbeit der Gedenkstätte jederzeit unter-
stützen. „Das ist auch deshalb nötig,
weil die Linkspartei die schlimmen
Menschenrechtsverletzungen in der
DDR-Diktatur verharmlost und relati-
viert“. Da müsse energisch gegenge-
steuert werden. Gedenkstättendirektor
Hubertus Knabe würdigte insbesondere
die gute Zusammenarbeit mit der hessi-
schen Landesvertretung in Berlin. Dort
finde die Gedenkstätte immer ein offe-
nes Ohr.
Inzwischen haben die Besuche hessi-
scher Bundes- und Landespolitiker im
früheren Stasi-Gefängnis eine gewisse
Tradition. Den Anfang machte vor eini-
gen Jahren Ministerpräsident Roland
Koch, der mit seiner Familie in Hohen-
schönhausen zu Gast war.
Es folgten FV-Mitglied Innenminister
Volker Bouffier, Justizminister Christean
Wagner und kürzlich Bundesverteidi-
gungsminister Franz Josef Jung und
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries.
�
Minister V. Hoff, Dr. Bernadette Droste (LV
Hessen), Dr. H. Knabe, Dr. J. Kürschner (v.l.)
Minister Hoff besucht die Gedenkstätte
von Jörg Kürschner
Besucher 06
Minister V. Hoff, Dr. J. Kürschner, Dr. H. Knabe
nach dem Rundgang (v.l.)
Menschenrechtsministerin Wijdan M.
Salim hat das ehemalige Stasi-
Gefängnis Anfang Juli unter hohen
Sicherheitsvorkehrungen besucht.
„Irak steht vor einer ähnlich Aufgabe
wie Deutschland: Die Geschichte politi-
scher Verfolgung muss in Erinnerung
behalten und an die nachwachsenden
Generationen weiter vermittelt wer-
den“, betonte die Ministerin am Ende
ihres einstündigen Rundgangs. „Für
uns ist es von großem Interesse, wie
Deutschland mit den Zeugnissen der
kommunistischen Diktatur umgeht“.
Gedenkstättendirektor Hubertus Knabe
sagte, viele ehemalige politisch Ver-
folgte aus der DDR hätten den Sturz
Saddam Husseins mit großer Sym-
pathie verfolgt. „Wir wünschen Ihnen
von Herzen, dass sich Freiheit und
Demokratie auch im Irak dauerhaft
durchsetzen werden“. Mit dem Chef
des Untersuchungskomitees für Inter-
nierungslager und Gefängnisse, Saad
Sultan Hussein, wurde eine Fortsetzung
des Erfahrungsaustausches vereinbart.
�
Besucher 07
Hoher Besuch aus dem Irak
von Jörg Kürschner
Menschenrechtsministerin Salim zusammen mit ihrer Delegation, rechts Besucherreferent Reinhard
Bernauer, Dr. H. Knabe
Im April hatte Bundesfinanzminister
Peer Steinbrück zusammen mit seiner
Familie das einstige Stasi-Gefängnis
besucht.
Der stellvertretende SPD-Bundesvor-
sitzende ist bekannt für seine klare Hal-
tung gegenüber den politischen Erben
Erich Honeckers.
Bei der 1. Lesung des Haushalts fand
Steinbrück am 19. September im Deut-
schen Bundestag deutliche Worte
gegenüber der Links-Partei Abgeord-
neten Gesine Lötzsch.
„Da ist mit mir nicht zu reden, beson-
ders nicht nach einem Besuch des
Stasi-Gefängnisses in Hohenschönhau-
sen. Sind Sie mal da gewesen ? Wissen
Sie, wie das hieß, wie die ungefähr
210.000 bis 250.000 Menschen, die
von der Stasi verhaftet worden waren,
da behandelt worden sind …
Revolutionäre Verurteilung auf dem
neuesten Stand der Technik?
Die im Wahlkreis Lichtenberg/Hohen-
schönhausen direkt gewählte Parla-
mentarierin entgegnete in einer Kurz
intervention: „In der Gedenkstätte
Hohenschönhausen war ich bestimmt
schon öfter als Sie; aber darauf will ich
jetzt gar nicht eingehen. Ich finde nur,
dass es ein billiger Trick ist, immer
dann, wenn Sie in der Politik versagen
‚Stasi!' zu rufen“.
�
Nachlese Bundesfinanzminister Steinbrück
von Jörg Kürschner
Besucher (Nachlese) 08
Ehepaar Steinbrück zusammen mit Besucherre-
ferent D. von Wichmann im berüchtigten U-Boot
Familie Steinbrück zusammen mit Vize-Gedenk-
stättenchef S. Reiprich, D. von Wichmann und
Dr. Jörg Kürschner
Großer Andrang herrschte am Samstag
(27.9.) bei der Schülerpressekonferenz
„Freiheit wird volljährig“ im früheren
Stasi-Gefängnis Berlin-Hohenschön-
hausen. 40 Schülerzeitungsredakteure
aus ganz Deutschland waren der
Einladung der Gedenkstätte in Koope-
ration mit der Berliner Senatsverwal-
tung für Bildung, Wissenschaft und
Forschung gefolgt und erfuhren im
Rahmen zahlreicher Aktionen Interes-
santes über das Innenleben der ehema-
ligen DDR.
Die Schüler führten Zeitzeugeninter-
views, recherchierten in echten Stasi-
akten, fahndeten nach den Tätern und
erlebten Führungen durch das ehemali-
ge Stasi-Gefängnis. Und die Schüler dis-
kutierten mit Bildungssenator Jürgen
Zöllner. Der SPD-Politiker rechtfertigte
die Koalition mit der Linkspartei. Es
gehe um das Jetzt nicht um das
Gestern. Selbstverständlich müsse indi-
viduelle Schuld während der SED-
Diktatur geklärt werden. Die DDR sei
eine „widerliche Diktatur” gewesen,
ein „nicht legitimer Versuch, eine bes-
sere Gesellschaftsordnung zu schaf-
fen”, sagte Zöllner. Bis Ende 2008 sind
die Schüler aufgerufen, ihre Arbeiten
zum Thema „Freiheit“ einzureichen –
ganz gleich ob als Textbeitrag, Handy-
Movie oder mp3-File.
�
Der bundesweite Schülerwettbewerb
wäre ohne die vielfältige, umfassende
und uneigennützige Hilfe von zwei Mit-
gliedern des Fördervereins nicht zustan-
de gekommen. Der Vorstand des För-
dervereins dankt Herrn Jürgen Wagen-
trotz und dem Eigentümer der renom-
mierten PR Agentur Deutscher Presse-
stern (Wiesbaden), Herrn Ferdinand
Stern, an dieser Stelle sehr herzlich.
Veranstaltung 09
Schülerwettbewerb „Freiheit wird volljährig”
von Jörg Kürschner
Zwei Schülerinnen recherchieren zusammen mit
WELT-Redakteur Uwe Müller und Bildungsse-
nator Prof. Jürgen Zöllner (re.)
Hochkarätiges Podium vor dem Journalisten-
nachwuchs: Bildungssenator Prof. Jürgen Zöllner,
André Kokisch und Dr. Hubertus Knabe (v.re.)
Veranstaltung 10
Nach jahrzehntelangem Leerstand und
zeitraubenden aufwändigen Sanierung-
sarbeiten können Besucher der Ge-
denkstätte jetzt auch das ehemalige
Stasi-Haftkrankenhaus besichtigen. Seit
Mitte September sind Krankenzellen,
Operationssaal, Leichenkammer und
Behandlungsräume im Rahmen einer
Führung frei zugänglich. In dem Gefäng-
niskrankenhaus waren angeschossene
Flüchtlinge, schwer erkrankte Häftlinge
und Inhaftierte, die in Hungerstreik
getreten waren, untergebracht.
Das behandelnde Personal bestand aus
Stasi-Mitarbeitern, die eng mit den
anderen Abteilungen des Staatssicher-
heitsdienstes zusammengearbeitet
haben. „Der Eid des Hippokrates wurde
systematisch verletzt, da die ärztliche
Schweigepflicht außer Kraft gesetzt
war“, betonte Gedenkstättendirektor
Hubertus Knabe bei der Eröffnung des
früheren Haftkrankenhauses. Er bedau-
erte, dass keiner dieser „Ärzte“ bisher
zur Rechenschaft gezogen worden sei.
Ein „Neurologe“ betreibe in der Nähe
Gedenkstätte eine Praxis. „Für Ärzte
und Krankenschwester war ich ein
Schwerverbrecher“, berichtet Hans-
Jürgen Fricke, der 1983 wegen eines
Unterschenkeldurchschusses in Hohen-
schönhausen „behandelt“ wurde.
DDR-Grenzer hatten den 29jährigen bei
einem Fluchtversuch am einstigen
Grenzübergang Marienborn niederge-
schossen.
�
Früheres Stasi-Haftkrankenhaus eröffnet
von Jörg Kürschner
Zeitzeugen im Haftkrankenhaus, darunter Wolf-
gang Hinkeldey
Wolfgang Hinkeldey im ehemaligen Operations-
saal des Haftkrankenhauses
Es war eine ungewöhnliche Ausstel-
lung, die Justizsenatorin Gisela von der
Aue zusammen mit Gerichtspräsident
Jürgen Kipp und Gedenkstättendirektor
Hubertus Knabe Anfang Juni im
Oberverwaltungsgericht Berlin-Branden-
burg eröffnet haben. „Bilder einer
Seele“ heißt die Reihe von Fotografien
des Künstlers Matthias Melster, der
Ende der achtziger Jahre selbst als poli-
tisch Verfolgter im Stasi-Gefängnis
Berlin-Hohenschönhausen einsaß.
Gemeinsam mit seinem künstlerischen
Lehrer Oliver Scholten präsentierte er
ungewohnte Sichtweisen auf das frühe-
re Stasi-Gefängnis. Melsters Werke sind
geprägt vom Spiel mit Schärfe und
Unschärfe wobei sich Schwarz-Weiß-
Abbildungen und ausgewählte Farb-
motive abwechseln. „Mich bewegt die
künstlerische Frage, was es heute an
den Orten der Demütigung zu sehen
gibt“, beschreibt Melster seine Moti-
vation. Die Fotografien geben persönli-
che Einblicke in das Gefühlsleben eines
unschuldig Inhaftierten und wecken
damit Emotionen beim Betrachter.
Heute führt Melster Besucher durch die
Gedenkstätte.
Mit der Ausstellung im OVG sollen
Bilder der Justiz eines Unrechtsstaates
als Kontrast an einem Ort gezeigt wer-
den, wo heute der Rechtsstaat Recht
spricht. Es ist die dritte Station der
Wanderausstellung, die 2005 in der
Gedenkstätte vorgestellt und ansch-
ließend in Stettin gezeigt worden ist.
�
Veranstaltung 11
Ausstellung „Bilder einer Seele” eröffnet
von Jörg Kürschner
Justizsenatorin Gisela von der Aue im Gespräch
mit Matthias Melster
OVG-Präsident Jürgen Kipp eröffnet die Ausstel-
lung
Veranstaltung 12
Wanderausstellung in Berlin-Hohen-
schönhausen informiert über den
berühmten DDR-Regimekritiker
Kaum eine Biografie ist so vom Wider-
stand gegen die beiden deutschen
Diktaturen des 20. Jahrhunderts geprägt
wie die von Robert Havemann. Erst-
mals ist die Wanderausstellung „Robert
Havemann 1910–1982“ der Robert-
Havemann-Gesellschaft in der Gedenk-
stätte Berlin-Hohenschönhausen zu
sehen. Sie zeichnet mit historischen
Text- und Bilddokumenten den Werde-
gang des Widerstandskämpfers in der
Zeit des Nationalsozialismus und des
Dissidenten im SED-Regime in fünf
Kapiteln eindrucksvoll nach.
Schon 1933, im Jahr der sogenannten
„Machtergreifung“, tritt Havemann aktiv
dem deutschen Widerstand bei. Er hilft
verfolgten Juden, gründet zu Beginn
des 2. Weltkrieges die Widerstands-
gruppe „Europäische Union“ und unter-
hält auch intensiven Kontakt zur Gruppe
„Rote Kapelle“. Nur durch Glück über-
lebt er die Gestapohaft und ein NS-
Todesurteil des Volksgerichtshofs unter
Roland Freisler. Nach 1945 zunächst
überzeugter SED-Anhänger, keimen mit
dem Aufstand vom 17. Juni 1953 Zwei-
fel in Havemann auf. Der Dissens mit
der SED-Führung nimmt stetig zu und
mündet schließlich Ende 1965 in
Havemanns Verbannung aus dem
öffentlichen Leben der DDR. Die Re-
pressalien des SED-Regimes gipfeln
1976 in einem Hausarrest für Have-
mann, dessen Haus in Grünheide bei
Berlin zum Zentrum der Protestbewe-
gung gegen die Ausbürgerung seines
Freundes Wolf Biermann zu werden
droht. Über drei Jahre hinweg ist er in
seinem Haus eingesperrt und herme-
tisch von der Außenwelt abgeschirmt.
1982 stirbt Robert Havemann, kurz
nach der Veröffentlichung seines be-
rühmten „Berliner Appells – Frieden schaf-
fen ohne Waffen“, den er gemeinsam
mit Rainer Eppelmann verfasst hatte.
Die Wanderausstellung ist noch bis
2. November 2008 täglich von 9 bis 18
Uhr in der Gedenkstätte Berlin-Hohen-
schönhausen zu sehen.
Der Eintritt ist frei.
�
Havemann – ein Leben wider die deutschen Diktaturen
von Andreas Borsch
Ein Blick in die Austellung
Auf eine große Resonanz ist in der
Gedenkstätte die Ausstellung „Verdeckt
und getarnt“ gestoßen, die den Be-
suchern einen guten Einblick in die
Methoden der Stasi- Überwachung ver-
mittelt hat. Dokumentiert wurden
während der Sommermonate Ausspä-
hungsmethoden, die von Telefonmit-
schnitten über heimliche Wohnungs-
durchsuchungen bis hin zu so genanten
Sonderleerungen öffentlicher Brief-
kästen reichten. Aus dem Repertoire
der Observationsgeräte waren unter
anderem eine „Gießkannen-Kamera“
und ein „Wanzen-Füller“ zu sehen. Die
Überwachungsgeräte der Stasi wurden
vom „Operativ-Technischen Sektor“ im
ehemaligen Sperrbezirk in Hohenschön-
hausen entwickelt. Über 1.000 Mitar-
beiter waren hier für die Anfertigung von
Geheimdiensttechnik verantwortlich.
�
Veranstaltung 13
Ausstellung „Verdeckt und getarnt” eröffnet
von Jörg Kürschner
Überwachungsobjekte des Staatssicherheitsdienstes, benutzt von der Nationalen Volksarmee (NVA)
und der Gesellschaft für Sport und Technik (GST)
Eine präparierte Gießkanne, die mit einer Kamera
ausgestattet ist
Veranstaltung 14
„Ich liebe Euch doch alle, alle Men-
schen“, verkündete der gefürchtete
Stasi-Minister Erich Mielke kurz vor
dem Untergang der DDR - und die
Sportler ganz besonders“, hätte er hin-
zufügen können, denn in der DDR war
der Sport in erheblichem Maße Sache
des Staatssicherheitsdienstes.
Für die Kontrolle des Leistungssports
unterhielt die Stasi sogar eine eigene
Abteilung. Zwangs-Doping gehörte
ebenso zum Alltag des DDR-
Spitzensports wie die Rundum-Überwa-
chung der Sportler. Doch letztlich
bemühte sich Erich Mielke vergeblich
mit der ganzen Macht seines Ministe-
riums und mit seinem Verein „BFC
Dynamo Berlin“, den DDR-Fußball zu
internationalen Erfolgen zu führen.
Die Gedenkstätte nahm die Fußball-
Europameisterschaft zum Anlass, um
mit Sportlern, Journalisten und Histo-
rikern über die Lehren zu diskutieren,
die aus dem Sportbetrieb in der DDR zu
ziehen sind. In der Landesvertretung
Thüringen saßen auf dem Podium Jutta
Braun, Autorin von „Sportstadt Berlin
im Kalten Krieg“, Ines Geipel, DDR-
Sportlerin und Autorin von „No Limit,
wie viel Doping verträgt die Gesell-
schaft“, Hanns Leske, Autor von
„Mielke und das runde Leder“, sowie
Heribert Schwan, Mielke-Biograph
sowie Autor des Buches und des
Filmes „Tod dem Verräter. Der lange
Arm der Stasi und der Fall Lutz
Eigendorf“. Moderiert wurde die ange-
regte Diskussion von Vize-Gedenkstät-
tenchef Siegfried Reiprich.
�
Diskussion „Mielke und das runde Leder”
von Jörg Kürschner
Engagiert diskutierte das Podium mit den zahlrei-
chen Gästen über den Staats-Fußball in der DDR
Erneut war die Gedenkstätte Gast in der Berliner
Landesvertretung des Freistaates Thüringen
Veranstaltung 15
Der Förderverein im Bundespresseamt
von FV-Mitglied André Gaedecke
Premiere beim „Tag der offenen Tür“
der Bundesregierung: Nicht nur die
Bundeskanzlerin und ihre Minister
reservierten sich am 23./24. August
Zeit, um mit ihren „Staatsgästen“ ins
Gespräch zu kommen. Erstmals infor-
mierte auch der Förderverein zusam-
men mit der Gedenkstätte und der
„Buchhandlung 89“ interessierte Besu-
cher über Geleistetes und künftige
Projekte. Das Bundespresseamt hatte
einen günstig gelegenen Stellplatz
reserviert; dementsprechend erfreulich
war die Resonanz.
�
Noch Fragen ? – Förderverein und Gedenkstätte informieren im Bundespresseamt
Julia Spohr und Andreas Borsch, Mitarbeiter der
Gedenkstätte, sowie FV-Mitglied André Gaedecke
Aus der Gedenkstätte 16
Mehr als 200.000 jährliche Besucher
erfordern dringend einen Umbau der
ehemaligen Untersuchungshaftanstalt
des Ministeriums für Staatssicherheit
(MfS). Die Bundesregierung und das
Land Berlin haben dafür 13,2 Millionen
Euro bereitgestellt.
Wie kann man aber das ehemalige
Stasi-Gefängnis besuchergerecht um-
bauen, ohne seinen bedrückenden
Charakter zu zerstören? Würden aus
den beeindruckenden Täter- und Opfer-
räumen auf dem gesamten Areal durch
massive Eingriffe und radikale Um-
gestaltungen zukünftig etwa neutrale
Ausstellungsflächen und leere museale
Funktionsräume? Freunde und Mitar-
beiter der Gedenkstätte sahen deshalb
mit einiger Sorge den Ergebnissen des
Architektenwettbewerbs entgegen.
Am 07. Juli 2007 präsentierten Kultur-
staatssekretär André Schmitz und
Gedenkstättenleiter Dr. Hubertus Knabe
gemeinsam mit der Vorsitzenden des
Preisgerichts, der Architektin Regine
Leibinger, die Vorschläge zum partiellen
Umbau der Gedenkstätte.
Im „Begrenzt offenen Realisierungs-
wettbewerb“ gingen der 18 Entwürfe
ein. Den Zuschlag bekam schließlich
das Büro „HG Merz Architekten
Museumsgestalter”. Die Jury empfahl
einstimmig, die mit dem Sonderpreis
ausgezeichnete Arbeit zur Grundlage
der weiteren Bearbeitung zu machen.
Kulturstaatssekretär André Schmitz
nannte die einstimmige Empfehlung
einen „Glücksfall für Berlin”. Die Grund-
idee von Merz sei es, die geplanten
Servicefunktionen für einen neuen zen-
tralen Ausstellungsbereich der Stasi-
Gedenkstätte Hohenschönhausen in
den ehemaligen Garagengebäuden
unterzubringen und somit die histori-
sche Substanz des Hauptgebäudes mit
seiner „nachhaltigen Trostlosigkeit” zu
erhalten.
Neben einem Empfangsbereich mit
Laden, Bibliothek und Toiletten entste-
hen erstmals spezielle Ausstellungs-
räume. Neben den geplanten 13,2
Millionen Euro für den Umbau der
denkmalgeschützten Gebäude werden
weitere drei Millionen Euro in die
Vorbereitung und Einrichtung einer
Dauerausstellung investiert. Die Kosten
teilen sich Land und Bund.
Die Idee, in der Stasi-Gedenkstätte
separate Ausstellungsräume einzurich-
ten, gibt es schon lange. „Wir haben
2001 ein Konzept für eine Ausstellung
erarbeitet”, sagt Gedenkstätten-Leiter
Hubertus Knabe. Die Ausstellung soll
die Geschichte des Gefängnisses the-
matisieren, aber auch Informationen
zum umliegenden Sperrgebiet liefern
und zum System der politischen Justiz.
Diese Pläne scheiterten bislang am feh-
lenden Geld. Das gibt es nun.
Star-Architekt soll Ex-Stasi-Gefängnis umbauen
von FV-Mitglied Hubertus Fedke
Das Büro Merz kennt sich aus mit
musealen und denkmalgeschützten
Bauten. Es gestaltete unter anderem
das Mercedes-Benz-Museum in Stuttgart
und die Station Z in der KZ-Gedenkstät-
te Sachsenhausen. Auch der Lesesaal
der Staatsbibliothek Unter den Linden
wird zurzeit nach Merz' Entwürfen
umgestaltet. „Dass sich ein so renom-
mierter Architekt an unserem Wett-
bewerb beteiligt hat, zeigt die
Bedeutung unserer Gedenkstätte”,
sagte Hubertus Knabe.
Statt eines Neubaus schlägt Merz vor,
die alten Garagen als Aufenthaltsfläche
für die Besucher umzubauen. Die
Ausstellungsräume werden unter ande-
rem im früheren Küchentrakt geschaf-
fen. „Mir war wichtig, den Ort nicht
umzunutzen oder zu ästhetisieren”,
führt der Architekt aus. Was neu ist,
müsse eindeutig als neu zu identifizie-
ren sein. Um den historischen Boden zu
schonen, soll beispielsweise ein Steg
durch die Ausstellungsräume führen.
„Uns war wichtig, dass die gesamten
Spuren im Haus erhalten bleiben.”
Erschreckend sei allerdings, wie "herun-
tergekommen" dieses historisch so
bedeutsame Bauwerk sei.
Die Vorschläge von Merz werden jetzt
konkretisiert. Spätestens 2009 sollen
die Arbeiten beginnen, denn 2011 soll
alles fertig sein. „Bis dahin muss das
Geld ausgegeben worden sein”, sagte
der Gedenkstättenleiter.
�
Aus der Gedenkstätte 17
Abb. 1: Entwurf HG Merz 1; Gelände der Gedenk-
stätte, geschwärzt die ehem. Garagenanlagen,
die alle „Funktionsräume“ aufnehmen sollen.
Diese Räume sollen sich in Glasboxen befinden,
die in die Garagen eingestellt werden, so dass
auch die ehem. Garagentore erhalten bleiben.
Abb. 2: Entwurf HG Merz 2; das Hauptgebäude
bleibt in der jetzigen Gestalt vollständig erhalten.
Der Ausstellungsrundgang erfolgt auf einem
reversibel verlegtem Erschließungssteg (Stahl-
bauweise), Einbau einer Fahrstuhlanlage und drei
behindertengerechten Hubanlagen.
Aus der Gedenkstätte 18
Kurznachrichten
von Jörg Kürschner
� Gedenkstättendirektor Hubertus
Knabe hat anlässlich des 55. Jahres-
tages des Volksaufstandes am 17. Juni
1953 dazu aufgefordert, den Wider-
stand gegen die SED-Diktatur stärker zu
würdigen. Die Politik müsse mehr tun,
damit das damalige Aufbegehren für
Freiheit und Demokratie nicht in
Vergessenheit gerate. Nur wenige wüs-
sten, dass die Aufständischen damals
bereits in vielen ostdeutschen Städten
die Macht übernommen hätten, hob
Knabe hervor. Er schlug vor, den 17.
Juni künftig als nationalen Gedenktag
zu begehen.
� FV-Mitglied Philipp Mißfelder hat
eine umfassende Aufklärung in den
Schulen über die Geschichte der DDR
und die Verbrechen der SED ange-
mahnt. „Gerade die junge Generation
muss wissen, dass die DDR kein Sozial-
paradies, sondern eine menschenver-
achtende Diktatur mit Todesstrafe,
Schießbefehl und Zersetzungsmaßnah-
men der Staatssicherheit war“, betonte
der Bundestagsabgeordnete anlässlich
des 47. Jahrestages des Mauerbaus
durch die SED-Führung. Als Vorsitzen-
der der Jungen Union hatte Mißfelder
am 13. August an Demonstrationen teil-
genommen, die die CDU-Nachwuchs-
organisation vor den Geschäftsstellen
der Linkspartei organisiert hatte.
� FV-Mitglied Hendrik Wüst hat sich
besorgt über das defizitäre Wissen vie-
ler Schüler über die DDR-Diktatur
gezeigt. Eine Studie der Freien Univer-
sität Berlin hatte ergeben, eine Mehr-
heit der Schüler wisse nicht mehr, dass
die DDR eine Mauer baute und ein
Schießbefehl existierte. „Die Lehrer
müssten mit ihren Schülern öfter
Gedenkstätten der Stasiverbrechen
besuchen, wie die in Berlin-Hohen-
schönhausen“, betonte der Landtags-
abgeordnete.
� Der Menschenrechtsbeauftragte
der Bundesregierung, Günter Nooke hat
von den deutschen Rundfunkanstalten
mehr Sendezeit für die Opfer des SED-
Regimes verlangt. „Es ist skandalös,
dass in den letzten 19 Jahren die Sen-
dezeiten für die Täter der SED-Diktatur
die Sendezeiten für die Opfer dutzend-
fach übersteigen“, sagte der ehemalige
DDR-Bürgerrechtler. Allein der Links-
partei-Fraktionschef Gregor Gysi ist
Statistiken zufolge nicht weniger als 22
Mal in der Talkshow „Christiansen“ auf-
getreten.
� In unmittelbarer Nähe des früheren
Staatssicherheitsministeriums ist in
Berlin die Kneipe „Zur Firma“ eröffnet
worden. Der Staatssicherheitsdienst
wurde von den DDR-Deutschen häufig
„Die Firma“ genannt. Eine DDR-Fahne
gehört in der Gaststätte ebenso zur
Dekoration wie ein Porzellanteller mit
dem Stasimotto „Gemeinsam für den
Schutz der Arbeiter- und Bauernmacht“.
Mit einer IM-Karte wird Stammgästen
Rabatt gewährt. „Wir haben an eine
Bereicherung des touristischen Ange-
bots gedacht“, rechtfertigten die Wirte
ihre Stasikneipe. Einen „völligen Mangel
an Sensibilität“, konstatierte Gedenk-
stättendirektor Hubertus Knabe. FV-
Mitglied Adelheid Buscher aus Eschede
bat ihren örtlichen Bundestagsabgeord-
neten die Verklärung der DDR-Diktatur
zu thematisieren.
� Gedenkstättendirektor Hubertus
Knabe hat einen Stopp der Werbekam-
pagne der Automarke Dacia gefordert.
In Fernsehen und in Zeitungen treten
darin prominente kommunistische Dik-
tatoren auf und erklären, es sei Zeit für
eine neue Revolution. Dazu wird das
Dacia-Modell Sandero gezeigt. „Die
bildliche Darstellung von Massenmör-
dern zu Werbezwecken ist geschmack-
los“. Der frühere chinesische KP-Chef
Mao Zedong zum Beispiel habe mehr
Tote zu verantworten als Adolf Hitler.
� Die Gedenkstätte Berlin-Hohen-
schönhausen verbucht einen Rekord
junger Besucher. Im ersten Halbjahr
2008 besichtigten mehr als 60.000
Schüler und Studenten das einstige
Stasi-Gefängnis. Für das ganze Jahr
werden 120.000 junge Gäste erwartet,
teilte Vizedirektor Siegfried Reiprich
mit. Beunruhigend sei aber, dass in den
letzten Jahren der Anteil junger Gäste
aus Ostdeutschland stagnierte. Ge-
wachsen sei das Interesse westdeut-
scher Schüler.
� Die Gedenkstätte Berlin-Hohen-
schönhausen stößt auf immer größeres
Interesse bei Besuchern aus dem
Ausland. Während 2004 noch 8.500
Besucher das ehemalige Stasigefängnis
besichtigten, kamen 2007 bereits
25.485 ausländische Gäste, wie Direk-
tor Hubertus Knabe mitteilte. Die mei-
sten kämen aus Norwegen, Dänemark
und den Niederlanden. Hinzu würden
Tausende Spontanbesucher kommen.
Die Gedenkstätte bietet deshalb ab
sofort jeden Samstag um 14 Uhr eng-
lischsprachige Führungen an. Zudem
gibt es auch eine englische Version der
Homepage und des Museumskatalogs.
� Die Gedenkstätte Berlin-Hohen-
schönhausen hat sich Ende August
erstmals nicht mehr an der „Langen
Nacht der Museen“ beteiligt. Gedenk-
stättenchef Hubertus Knabe begründe-
te diesen Schritt mit der schlechten
Busverbindung im Rahmen des Shuttle-
Dienstes. „Wenn die Busse nicht direkt
vom Alexanderplatz starten, ist der Weg
vielen Besuchern einfach zu lang. Die
Besucherzahlen in der Museumsnacht
sind deshalb zuletzt immer weiter zu-
rückgegangen“. Um interessierte Besu-
cher nicht zu enttäuschen, hatte die
Gedenkstätte am 30. August auf eigene
Faust geöffnet. Zahlreiche empörte
Besucher fragten, auf welche politi-
schen Motive das „Abklemmen“ der in
Berlin erfolgreichsten Gedenkstätte
vom Shuttle-Service zurückzuführen
sei.
Aus der Gedenkstätte 19
Personalien 20
Ende Juni galt es den runden Geburts-
tag eines Mannes zu feiern, dessen
Engagement für den Förderverein und
die Gedenkstätte von sehr großer
Bedeutung ist. Dazu hatte Hans-
Eberhard Zahn Freunde und Weg-
gefährten in das Clubhaus der Freien
Universität geladen, das die illustre und
bunte Gästeschar kaum fassen konnte.
US-Botschafter William Robert Timken
zählte ebenso dazu wie ehemalige
Kollegen der FU und einstige Haft-
kameraden. HEZ, wie er in der Gedenk-
stätte auch genannt wird, nahm die
seine Verdienste würdigenden Reden
mit der ihm eigenen Gelassenheit zur
Kenntnis. Dabei konnte und wollte er
die innere Freude nicht verbergen, die
er beim Anblick seiner Gäste verspürt
hat. Der 1928 in Stettin geborene
Psychologe hat unter den Kommunisten
schwer leiden müssen. Das Stadt-
gericht (Ost)-Berlin verurteilte ihn 1953
wegen angeblicher Militärspionage zu
sieben Jahren Zuchthaus, die er voll-
ständig absitzen musste. In Wahrheit
hatte der Westberliner Student Ange-
hörige ostdeutscher Kommilitonen über
das ASTA-Sozialreferat finanziell unter-
stützt. HEZ gehört zu den Gründungs-
mitgliedern des Fördervereins. Zusam-
men mit dem Verfasser dieser Zeilen
hat er im Herbst 2003 den Entwurf der
Satzung formuliert, die Grundlagen für
die Startphase gelegt und bis 2005 dem
Vorstand angehört. Bereits seit 2001
führt das Beiratsmitglied der Gedenk-
stätte Besuchergruppen durch das ehe-
malige Stasi-Gefängnis. Hans-Eberhard
scheut auch die direkte Konfrontation
mit den ehemaligen Stasi-Offizieren
nicht. In erregten Wortduellen hält er
ihnen dann gern die heute noch zutref-
fende Wertung des früheren SPD-Vor-
sitzenden Kurt Schumacher vor, Kom-
munisten seien nichts anderes als rot
lackierte Nazis.
Ad multos annos lieber Hans-Eberhard.
�
Hans-Eberhard Zahn wird … Jahre
von Jörg Kürschner
Zwei Besucherreferenten unter sich:
Hans-Eberhard Zahn und Hartmut Rührdanz
HEZ, wortgewaltig in Aktion
Personalien 21
Die Gedenkstätte konnte zwei neue
Mitarbeiter in den letzten Monaten
dazugewinnen. Für den Besucherdienst
wurde Frau Hardburg „Hardy“ Stolle
und für die Presse- und Öffentlichkeits-
arbeit Herr André Kockisch willkommen
gehießen. Aufgrund der vergangenen,
besucherstarken Monate musste sich
Frau Stolle in kürzester Zeit einarbeiten
und die „Besonderheiten“ ihres Ar-
beitsplatzes aneignen. Durch ihre stets
freundliche und hilfsbereite Art, ihrem
beherzten „Guten Morgen“ und ihrer
oft problemerlösenden Antwort „Ja
klar, kein Problem, machen wir!“ hat sie
sich viele Sympathien und Anerken-
nung, nicht nur im Besucherreferenten-
kreis, erworben.
Kein „Boss“ sein, darauf legt Herr
Kockisch großen Wert, nicht nur im
Bezug auf seine Anzugsmarke. Seine
akribische Arbeitsweise und seine
Erfahrungen aus der Pressearbeit beim
Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB)
konnte er schon unter Beweis stellen.
Den Koffer mit vielen, lohnenswerten
Ideen und Impulsen für eine noch bes-
sere Öffentlichkeitsarbeit hat er nicht
irgendwo in Berlin stehen lassen, son-
dern mit in die Gedenkstätte gebracht.
Zudem setzt Herr Kockisch schon eine
liebgewonnene Tradition von passio-
nierten Hobbyköchen unter den Mitar-
beitern in der Gedenkstätte fort.
�
Personelle Aufrüstung
von Andreas Borsch
„Das kriegen wir in Griff“ – Andrè Kokisch und Hardburg „Hardy“ Stolle
Der von der Hamburger Körber-Stiftung
ausgerichtete Geschichtswettbewerb
für Schüler steht 2008/09 unter dem
Motto „Helden: verehrt - verkannt - ver-
gessen”.
Die Teilnehmer des Wettbewerbs –
Schüler zwischen acht und 20 Jahren –
sind aufgefordert, an ihrem Wohnort
oder in ihrer Region auf Heldensuche zu
gehen. Als Anregung bietet das Aus-
schreibungsheft „spurensuchen“ der
Körber-Stiftung ein Kaleidoskop von 20
möglichen Helden.
Unter anderem wird hier auch der stell-
vertretende Vorsitzende des Förderver-
eins Matthias Bath genannt, der in
Kenntnis der damit verbundenen Gefahr
am 9. April 1976 versucht hatte, drei
Menschen im Kofferraum eines Pkws
aus der DDR zu schmuggeln. Die ver-
stärkte Heckfederung des Fahrzeugs
war jedoch bereits bei der Einreisekon-
trolle aufgefallen, so dass Baths Fahr-
zeug bei der Ausreise genauestens kon-
trolliert wurde, und die Fluchthilfe
aufflog. Bath sollte seinen Einsatz für
die Freiheit teuer bezahlen und blieb bis
Sommer 1979 in der DDR inhaftiert.
�
Personalien 22
Einsatz für die Freiheit
Matthias Bath 1976 bei seiner Festnahme am
Grenzübergang Marienborn/Helmstedt
Politik 23
Standpunkte (Gysi spaltet Sprecherverband)
Üblicherweise lädt der Bundesverband
der Pressesprecher (BdP) zu seiner re-
nommierten Speakers Night im Oktober
in Berlin einen Gastredner ein. In diesem
Jahr sorgte die Wahl der Verbandsspitze
jedoch für Irritationen. Denn LINKE-Frak-
tionschef Gregor Gysi wurde eingeladen,
um vor mehr als tausend Multiplikatoren
aus der Pressesprecherbranche und Gäs-
ten aus Politik, Wirtschaft und Medien zu
sprechen. Nachdem erneut Vorwürfe be-
kannt wurden, nach denen Gysi seinen
Mandanten, den Regimekritiker Robert
Havemann, verraten habe, wurde im
Vorstand des Verbandes über einen
Antrag zur Ausladung Gysis abgestimmt.
Das Ergebnis fiel denkbar knapp aus: 13
stimmten für die Aufrechterhaltung der
Einladung des Mannes, der jeden ver-
klagt, der ihn als Stasispitzel bezeichnet,
zwölf dagegen.
Für den niedersächsischen Landesgrup-
penkoordinator, Regierungssprecher Olaf
Glaeseker, Anlass genug, nicht wieder
für sein Amt zu kandidieren. Er sei
Mitglied im Förderverein Hohenschön-
hausen und empfinde es inakzeptabel,
dass einer zwielichtigen Person wie Gysi
ohne Not ein Forum geboten werde. mh
�
FV-Mitglied Olaf Glaeseker, Sprecher der nieder-
sächsischen Landesregierung
Personalien 24
Alltagsgeschichte „Dich hat man vergessen zu erschießen!”
von FV-Mitglied Cliewe Juritza
Buchhandlung ´89 . Genslerstraße 66 13055 Berlin
Tel. 030 . 98 60 82 507
Fax 030 . 49 78 54 80
E-Mail: [email protected]
Dass das Einstehen gegen das Verges-
sen und Leugnen des DDR-Unrechts
immer wieder auf heftigen Widerstand
stößt ist – zumindest bei denjenigen, die
sich damit beschäftigen – hinlänglich
bekannt. Die Vehemenz und der Haß,
der mir vor Kurzem unvermutet entge-
gen gebracht wurde, war mir neu.
An der Tramhaltestelle Friedrich-Ludwig-
Jahn-Sportpark an der Eberswalder
Straße warte ich auf eine Schulklasse
aus dem fränkischen Herzogenaurach,
die ich von hier die Bernauer Straße ent-
lang bis zum Dokumentationszentrum
Berliner Mauer begleiten werde. Eine
ältere Frau steht neben mir und beklagt
sich über die Baustelle, die sich schon
seit Wochen auf dem Gehweg an der
Eberswalder Straße entlang zieht. Ihr
Mann kommt hinzu und schimpft über
die Sanierungsmaßnahmen am Gehweg
und in Prenzlauer Berg im Allgemeinen.
Ich erinnere ihn daran, wie herunterge-
kommen Prenzlauer Berg zu DDR-
Zeiten war. Offensichtlich habe ich
damit einen wunden Punkt getroffen,
denn der Mann erklärt mir, die BRD sei
schon in den 80er Jahren pleite gewe-
sen, schon damals habe es in der BRD
Obdachlose auf den Straßen gegeben.
Nochmals erinnere ich ihn an die Ver-
gangenheit, diesmal an den Milliarden-
kredit der Bundesrepublik für die DDR,
eingefädelt durch Franz-Josef Strauß.
Längst reden wir beide etwas lauter und
er fuchtelt mit seiner Hand vor meinem
Gesicht und meiner Brust herum „Sie
sind aus dem Westen!“ schmettert er
mir entgegen. „Ich bin aus der DDR und
war im Gefängnis, weil ich das Land ver-
lassen wollte!“ stelle ich klar. Die Tram
kommt und er steigt mit seiner Frau ein
„Dich hat man vergessen zu erschie-
ßen!“ ist das letzte was er mir entgegen
brüllt bevor die Tür schließt.
�