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THOTs Infoheft des Collegium Aegyptium e.V. Förderkreis des Instituts f ür Ägypt ologie der Uni München Heft 7 EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, nunmehr zum siebten Mal informieren Vorstand und Beirat in einer weiteren Ausgabe von THOT´s über Ereignisse der vergangenen Monate, bereits stattgefundene Veranstaltungen des Collegium Aegyptium und zu im Winter- semester 2011/2012 geplanten Vorträgen. An erster Stelle ist die zwischen dem Institut für Ägyptologie und dem Staatli- chen Museum Ägyptischer Kunst Ende Juni geschlossene Kooperationsver- einbarung zu nennen. In enger Zusammenarbeit sollen die Bestände des Mu- seums und des Instituts an Originalobjekten wissenschaftlich erschlossen und in herkömmlichen Publikationsformen sowie online aus einem digitalen Me- dienbestand abrufbar der Forschung zugänglich gemacht werden. Der Text der Kooperationsvereinbarung ist in diesem Heft abgedruckt. An der Veran- staltung mit der feierlichen Unterzeichnung nahmen auch Mitglieder von Vor- stand und Beirat des Collegium Aegyptium teil. Anfang Juli fand im Institut ein wissenschaftliches Kolloquium des Archaeo- BioCenters der LMU München statt, welches vom Collegium Aegyptium fi- nanziell unterstützt wurde. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissen- schaftler aus dem In- und Ausland berichteten vor einer großen Teilnehmer- zahl zu bereichsübergreifenden Untersuchungen. Das Thema der Tagung lautete „Interdisziplinarität als Chance vom Studium bis zur Forschungspra- xis“. Vorbereitet und organisiert wurde die Tagung von Teilnehmern des Pro- motionsprogramms des ArchaeoBioCenters unter Leitung von Frau J. Sigl (Institut für Ägyptologie). Für das kommende Wintersemester ist es gelungen, fünf Vortragende mit in- teressanten Themen zu gewinnen. Eine Gesprächsrunde ergänzt das Pro- gramm. Verschiedene Beiträge zu ägyptologischen Themen sowie Kurzfas- sungen einiger Vorträge des vergangenen Semesters bieten unseren Lese- rinnen und Lesern interessante Informationen. Prof. Dr. Dr. F. Müller-Römer Oktober 2011

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THOTs Infoheft des Collegium Aegyptium e.V. � Förderkreis des Instituts für Ägyptologie der Uni München � Heft 7

EDITORIAL Liebe Leserinnen und Leser, nunmehr zum siebten Mal informieren Vorstand und Beirat in einer weiteren Ausgabe von THOT´s über Ereignisse der vergangenen Monate, bereits stattgefundene Veranstaltungen des Collegium Aegyptium und zu im Winter-semester 2011/2012 geplanten Vorträgen. An erster Stelle ist die zwischen dem Institut für Ägyptologie und dem Staatli-chen Museum Ägyptischer Kunst Ende Juni geschlossene Kooperationsver-einbarung zu nennen. In enger Zusammenarbeit sollen die Bestände des Mu-seums und des Instituts an Originalobjekten wissenschaftlich erschlossen und in herkömmlichen Publikationsformen sowie online aus einem digitalen Me-dienbestand abrufbar der Forschung zugänglich gemacht werden. Der Text der Kooperationsvereinbarung ist in diesem Heft abgedruckt. An der Veran-staltung mit der feierlichen Unterzeichnung nahmen auch Mitglieder von Vor-stand und Beirat des Collegium Aegyptium teil. Anfang Juli fand im Institut ein wissenschaftliches Kolloquium des Archaeo-BioCenters der LMU München statt, welches vom Collegium Aegyptium fi-nanziell unterstützt wurde. Renommierte Wissenschaftlerinnen und Wissen-schaftler aus dem In- und Ausland berichteten vor einer großen Teilnehmer-zahl zu bereichsübergreifenden Untersuchungen. Das Thema der Tagung lautete „Interdisziplinarität als Chance vom Studium bis zur Forschungspra-xis“. Vorbereitet und organisiert wurde die Tagung von Teilnehmern des Pro-motionsprogramms des ArchaeoBioCenters unter Leitung von Frau J. Sigl (Institut für Ägyptologie). Für das kommende Wintersemester ist es gelungen, fünf Vortragende mit in-teressanten Themen zu gewinnen. Eine Gesprächsrunde ergänzt das Pro-gramm. Verschiedene Beiträge zu ägyptologischen Themen sowie Kurzfas-sungen einiger Vorträge des vergangenen Semesters bieten unseren Lese-rinnen und Lesern interessante Informationen. Prof. Dr. Dr. F. Müller-Römer Oktober 2011

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IM BRENNPUNKT

NACHRICHTEN AUS DEM INSTITUT

von Prof. Dr. Friedhelm. Hoffmann Schon wieder liegt ein ereignisreiches Semester hinter uns. Ich möchte die Gelegenheit benutzen, Ihnen allen für Ihre großzügige Unterstützung des In-stituts zu danken und Sie zugleich bitten, uns auch weiterhin zu helfen. Die wichtigsten Ereignisse der letzten Monate sind in chronologischer Folge: Am 29. Juni haben das Staatliche Museum ägyptischer Kunst und das Institut für Ägyptologie feierlich eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen, mit der die Zusammenarbeit beider Institutionen auf eine neue Basis gestellt wird. Die Unterzeichnung, zu der sich neben Mitarbeiterinnern und Mitarbeitern beider Institutionen auch zahlreiche Studentinnen und Studenten sowie Kol-legen von der Ludwig-Maximilians-Universität eingefunden hatten, fand in der Naga-Ausstellung statt (Text siehe weiter unten). Die in der Vereinbarung an-gesprochene Kooperation des Museums mit dem Münchner Zentrum für Anti-ke Welten wurde am selben Tag direkt im Anschluss unterzeichnet.

Foto mit freundlicher Genehmigung von Frau Bicker

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Ein weiterer Höhepunkt des Sommersemesters war das in unserem Hause stattfindende Kolloquium des ArchaeoBioCenters der Ludwig-Maximilians-Universität am 8. und 9. Juli. Die erstmals stattfindende Tagung befasste sich mit dem Thema „Interdisziplinarität als Chance vom Studium bis zur For-schungspraxis“. Die Veranstaltung war von den Doktorandinnen und dem Doktoranden des Promotionsprogramms des ArchaeoBioCenters organisiert worden, zu denen von ägyptologischer Seite Frau Sigl, M.A. gehört (jetzt auch B. Link, M.A.). Die Tagung war gut besucht und konnte mehrere hoch-karätige Gäste anlocken. Ein Schwerpunkt lag auf der Präsentation naturwis-senschaftlicher Untersuchungen im Bereich historischer Fächer, ein anderer auf der Diskussion, ob und ggf. wie Interdisziplinarität in Studiengängen ver-ankert werden soll. Ansonsten gibt es nun eine neue wissenschaftliche Reihe, nämlich „Tuna el-Gebel“, die Frau Floßmann-Schütze, M.A., Herr Prof. Dr. Kessler und ich he-rausgeben. Der erste Band wird die Publikation der Oberbauten des Ibio-tapheions von Tuna el-Gebel durch Herrn Prof. Dr. Kessler sein. Verlegt wird die neue Reihe des Münchner Instituts vom P. Brose-Verlag. Vom 3. August an hatten wir für einige Tage Handwerker im Institut. Die Bö-den im Assistenten-, Sekretariats- und Vorstandszimmer wurden abgeschlif-fen und neu eingelassen, außerdem wurden alle diese drei Zimmer sowie die beiden Flurräume neu gestrichen. Offene Baustellen – im übertragenen Sinne – sind nach wie vor die Stellensi-tuation und die Raumfrage. Der Beschluss der Fakultät, keine Professoren-stelle zu streichen, der auch vom MZAW mitgetragen wurde, stieß bei der U-niversitätsleitung auf wenig Entgegenkommen. Doch liegt die Entscheidung bis Sommer 2012 auf Eis. Dann nämlich wird klar sein, ob die LMU – speziell das MZAW – mit dem Antrag auf eine Graduiertenschule erfolgreich war. Wenn ja, bestehen gute Chancen, dass jegliche Stellenstreichung an unserer Fakultät vorübergeht. Was die beengte Raumsituation anbelangt, so ist die Situation mehr als kom-pliziert. Ministerium, Staatliches Hochbauamt, Zentralinstitut für Kunstge-schichte, Institut für Klassische Archäologie und Gipsabgusssammlung ver-stecken sich mit großem Bedauern hintereinander und sehen sich leider au-ßer Stande, uns zu helfen oder auch nur alte Abmachungen bei den geänder-ten Rahmenbedingungen in irgendeiner Form für weiterhin wirksam anzuse-hen. Einen Plan für ein Master-Studium (MA) „Ägyptologie und Koptologie“ haben wir inzwischen erstellt – trotz immer wieder geänderter Vorgaben – und wer-den ihn voraussichtlich im Oktober einreichen. Unserer Studiengangskoordi-natorin, Frau Dr. Eberle, gilt mein besonderer Dank für ihren unermüdlichen Einsatz. Wir hoffen nun, dass der Studiengangsentwurf von der Rechtsabtei-lung akzeptiert wird. Schließlich sollen im Wintersemester 2012/13 die ersten

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Absolventen des BA-Studiengangs ihr Studium im Master-Programm fortset-zen können. Zum Schluss möchte ich nochmals für die vielfältige Unterstützung, die das Institut durch das Collegium Aegyptium erfährt, herzlich danken. Wenn wir nicht nachlassen, werden wir die zukünftigen Aufgaben gemeinsam meistern. Uns allen wünsche ich ein ertragreiches Wintersemester und wieder viele in-teressante persönliche Begegnungen.

Kooperationsvereinbarung

zwischen Institut für Ägyptologie, Department für Kulturwissenschaften und Altertums-

kunde der LMU München (Institut) und

Staatliches Museum Ägyptischer Kunst München (Museum) Im Rahmen der Bestrebungen des Bayerischen Staatsministeriums für Wis-senschaft, Forschung und Kunst, den europaweit führenden Forschungs-standort Bayern weiter auszubauen und sein kulturelles Potential zu bewah-ren und zu fördern, beabsichtigen das Institut und das Museum, ihre Zu-sammenarbeit zu intensivieren. Hierzu schließen sie folgende Vereinbarung. § 1 Die Bestände des Museums und des Instituts an Originalobjekten sol-len wissenschaftlich erschlossen und in traditionellen Publikationsformen sowie online in digitalen Medien der Forschung zugänglich gemacht werden. Die sehr zahlreichen Grabungsfunde mit gesicherter Herkunft sind für die Forschung von besonderem Wert. Die Erfassung der Grunddaten der Museumsobjekte mit dem international verbreiteten Datenbanksystem Museum Plus bildet die Grundlage der wis-senschaftlichen Erschließung und garantiert den weltweiten Zugriff. § 2 Das Kooperationsprojekt soll in die Forschungsstrukturen der LMU ein-gebunden werden, insbesondere in das Münchner Zentrum für Antike Welten (MZAW), in die IT-Gruppe Geisteswissenschaften, das ArchaeoBioCenter und das Projekt Aigyptos. Das Kooperationsprojekt pflegt den Kontakt zu ähnlichen Projekten, u. a. zum Interdisziplinären Zentrum Antike Welt (IZAW) und zum Berliner Antike-Kolleg (BAK). § 3 Vorrangig soll das altägyptische Textmaterial dokumentiert und er-schlossen werden. Die einzige umfassende Veröffentlichung hieroglyphi-scher Inschriften des Museums ist der 1904 erschienene Band von K. Dyroff und B. Pörtner, „Grab- und Denksteine“. Diese und andere verstreut publi-zierte Texte in einer aktuellen wissenschaftlichen Standards genügenden

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Form vorzulegen, ist ebenso forschungsrelevant wie die Erstpublikation der vielen bislang unveröffentlichten Texte. Der zeitliche Horizont reicht von der Frühzeit um 3000 v. Chr. bis in die christliche Epoche. Das Textmaterial umfasst die hieroglyphischen, hierati-schen, demotischen, aramäischen und koptischen Schrift- und Sprachstufen und schließt alle Arten von Textträgern ein – u. a. Statuen, Reliefs, Papyri, Ostraka, Särge und Objekte der „Kleinkunst“. Die Ergebnisse der Texterfassung und -erschließung sollen in die internatio-nal vernetzten Projekte „Topographical Bibliography“ (Griffith Institute Ox-ford), „Wörterbuch der ägyptischen Sprache“ (Berlin-Brandenburgische Aka-demie der Wissenschaften), „Papyrusportal“ (u. a. Papyrussammlung der Staatlichen Museen zu Berlin), „Chicago Demotic Dictionary“ (Oriental Insti-tute Chicago) und „Demotische Wortliste“ (München) einfließen. § 4 Die Arbeit an den Texten wird begleitet von der Erfassung und Er-schließung der Objekte unter archäologischen und kunstwissenschaftlichen Aspekten. In der Reihenfolge der Prioritäten handelt es sich hierbei um Rundplastik, Relief, Keramik, Objekte der Grabausstattung und Kleinkunst (z.B. Skarabäen und Amulette). § 5 Bei der Erfassung und Erschließung der archäologischen Objekte soll die in München vorhandene große Kompetenz naturwissenschaftlich-technischer Einrichtungen im Bereich der Archäometrie genutzt werden. Ins-besondere wird die Zusammenarbeit angestrebt bzw. vertieft mit dem Doer-ner Institut, dem Lehrstuhl für Restaurierung und dem Institut für Holzfor-schung der TUM, dem Department für Geo- und Umweltwissenschaften – Geologie der LMU, dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege und der Archäologischen Staatssammlung. Die in München aufgebaute Klemm-Collection des British Museum soll für Gesteinsbestimmungen herangezogen werden. § 6 Eine digitale Bilddatenbank der Objekte und Texte soll in die in Mün-chen entwickelte webgestützte Artemis Bilddatenbank integriert werden. § 7 Die personelle Betreuung des Kooperationsprojektes erfolgt vorrangig durch die wissenschaftlichen und technischen Mitarbeiterinnen und Mitarbei-ter des Instituts und des Museums. Sie werden unterstützt durch Studierende des Instituts, die im Rahmen des Projekts Qualifikationsarbeiten erstellen können, sowie durch Stipendiatinnen und Stipendiaten internationaler Aus-tauschprogramme und des Promotionsprogramms Altertums-wissenschaften (PAW) der Graduiertenschule Altertumswissenschaften (GSA). Die fallweise Beteiligung von Gastwissenschaftlerinnen und Gastwissenschaftlern aus dem In- und Ausland erscheint angesichts der großen inhaltlichen Breite des Materialbestandes wünschenswert. § 8 Im Rahmen des Kooperationsprojekts bietet das Museum den Studie-renden studienbegleitende Praktika an. Das Institut bietet projektbezogene

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Lehrveranstaltungen in Form von Seminaren oder Übungen und vergibt ent-sprechende Lehraufträge. Die Projektarbeit wird durch wissenschaftliche Ta-gungen und Sommerschulen vertieft. § 9 Die Kooperationspartner bemühen sich um die Einwerbung von Dritt-mitteln. § 10 Die Kooperationspartner veranstalten pädagogische Programme, u. a. „Denkwerk: Schüler, Lehrer und Geisteswissenschaftler vernetzen sich“ (Ro-bert Bosch Stiftung) und präsentieren sich gemeinsam gegenüber der Öffent-lichkeit, z. B. bei den Münchner Wissenschaftstagen und der Langen Nacht der Museen. Die Kooperation zwischen dem Museum und dem Münchner Zentrum für An-tike Welten (MZAW) in Vertretung für die Graduate School Distant Worlds wird angestrebt und in einer eigenen Absichtserklärung geregelt. Die Kooperation von Institut und Museum eröffnet eine neue Ära der ägypto-logischen Forschung in München zu einem Zeitpunkt, an dem das Museum einen eigenen Neubau beziehen wird und das Institut durch die Neubeset-zung des Lehrstuhls für Ägyptologie für eine optimale Ausschöpfung der sehr reichen ägyptologischen Ressourcen Münchens eintritt. München, den 29.06.2011 Prof. Dr. Friedhelm Hoffmann Dr. Sylvia Schoske Vorstand Leitende Direktorin Institut für Ägyptologie Staatliches Museum Ägyptischer Kunst

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COLLEGIUM AEGYPTIUM

VERANSTALTUNGEN – VORTRÄGE Vortragsbeginn jeweils 19 Uhr im großen Hörsaal (Raum 242 / II) des Instituts für Ägyptologie, Katharina-von-Bora-Str. 10, 80333 München. Eintritt für Mit-glieder frei, von Nichtmitgliedern wird eine Spende erbeten. Im Anschluss fin-det ein kleiner Umtrunk mit Gelegenheit zum Meinungsaustausch statt. DIE DEN HERRN BEIDER LÄNDER MIT IHRER SCHÖNHEIT ERFREUT. NEUE STUDIEN ZUR KÖNIGIN TEJE Dr. Christian Bayer, Universität Münster Donnerstag, 10. November 2011 WO DIE WASSER WEINEN. DIE ARBEITEN DER HUMBOLDT UNIVERSITY NUBIAN EXPEDITION AM VIERTEN NILKATARAKT Prof. Dr. Claudia Näser, Humboldt-Universität Berlin Donnerstag, 01. Dezember 2011 ARCHÄOLOGISCHE PROSPEKTION PD Dr. Jörg Faßbinder, Bayrisches Landesamt für Denkmalpflege, München Donnerstag, 08. Dezember 2011 ‚... UND FRAGET NACH DEN WEGEN DER VORZEIT ...‘ NEUE FORSCHUNGEN ZUR SAKRALEN LANDSCHAFT IN ABYDOS Dr. Andreas Effland, Universität Hamburg Donnerstag, 12. Januar 2012 Neue Forschungsergebnisse am Münchner Ägyptologischen Institut BIER UND BIERBRAUEN IM ALTEN ÄGYPTEN. EINE UNTERSUCHUNG VON DER VORZEIT BIS ZUM NEUEN REICH. Barbara Link, M.A., LMU München Donnerstag, 02. Februar 2012

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GESPRÄCHSRUNDE Thema: BAUTECHNISCHES AUS DEM ALTEN ÄGYPTEN Buchpräsentation „Der Bau der Pyramiden im Alten Ägypten“ von Frank Mül-ler-Römer Kurzbeiträge: Einführung: Prof. Dr. Kessler Bereichsübergreifende (interdisziplinäre) Untersuchungen zum Pyramiden-bau: Prof. Dr. Dr. Müller-Römer Erdbeben im Alten Ägypten: Dr. Steffen Müller Donnerstag, 27. Oktober 2011, 19h00 im Großen Hörsaal des Instituts Anschließend Gedankenaustausch und Diskussion zum Thema mit Stehemp-fang.

REISE NACH ÄGYPTEN Vom 12. – 26. Februar 2012 findet für Mitglieder des Collegium Aegyptium ei-ne Studienreise nach Ägypten statt, die von Frau Gresser organisiert wird. Die wissenschaftliche Reiseleitung hat Herr Prof. Dr. Kessler übernommen. Reiseziele sind das Wadi Natrun, die Oase Siwa, Alexandria, Ismaylia sowie Qantir, Bubastis und Tanis. Auf die Reiseankündigung mit den Anmeldemodalitäten, die an alle Mitglieder des Collegium Aegyptium versandt wird, sei hingewiesen.

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RÜCKSCHAU - VORTRÄGE „DAS BISSCHEN HAUSHALT MACHT SICH NICHT ALLEIN…“

DIE VERSORGUNGSMANNSCHAFT UND DIE ORDNUNGSKRÄFTE VON DEIR EL-MEDINE

von Kathrin Gabler, M.A. (München) Deir el-Medine war die Arbeitersiedlung auf dem thebanischen Westufer, die während der 18. bis 20. Dynastie (1500 bis 1050 v. Chr.) gut 450 Jahre lang von den Arbeitern und deren Familien bewohnt wurde, die für den Bau der Gräber im Tal der Könige und im Tal der Königinnen zuständig waren. Eine dazugehörige Versorgungsmannschaft (smd.t n bnr) versorgte die damalige Bevölkerung mit allen lebensnotwendigen Objekten, und eine eigene Ord-nungseinheit, die Medja (mDAj.w), sollte die Sicherheit rund um die Einrichtung gewährleisten. Die Angehörigen dieser beiden Institutionen wohnten selbst nicht in Deir el-Medine, waren aber durch ihre Aufgaben bedingt in unter-schiedlichem Maße für die Bewohner der Siedlung zuständig.1

Blick von der Qurn auf Deir el-Medine (Foto: K. Gabler)

1 Die Medja von Deir el-Medine waren 2009 Gegenstand meiner Magisterarbeit und die Versor-gungsmannschaft bildet das Thema meiner Dissertation.

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Der Name Deir el-Medine bezeichnet heute in Theben-West das Gebiet zwi-schen dem Hügel Qurnet Murrai und dem Bergmassiv, das die Arbeitersied-lung vom Tal der Könige trennt. In antiker Zeit wurde die Stätte pA dmj (die Stadt/der Ort) genannt. Das Areal setzt sich aus einer von einer Umfas-sungsmauer gerahmten Siedlung mit 68 Häusern zusammen, an die sich eine Ost- und eine Westnekropole mit knapp 400 Gräbern an den umliegenden Hängen anschließen. In direkter Umgebung befinden sich einige Heiligtümer, wie der Hathortempel, der in seiner heutigen Form aus ptolemäischer Zeit stammt.

Plan von Deir el-Medine (Bildnachweis: M. Bierbrier, The Tomb-Builders of the Pharaohs, London 1982, S. 66/7.)

Die Arbeitersiedlung wurde aus verschiedenen Gründen am Ende des Neuen Reiches aufgegeben. Mit KV 4, das für Ramses XI. geplant war, wurde das letzte Königsgrab im Tal der Könige begonnen, der Herrscher dort jedoch nicht mehr bestattet. Die Arbeiter, deren Aufgabe der Bau dieser Anlagen

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war, waren somit „arbeitslos“ und die Aufrechterhaltung ihrer Aufgaben und Siedlung nicht mehr von Nöten. Die Versorgungsmannschaft und die Ord-nungskräfte wurden ebenso „überflüssig“, weshalb sie nach dem Neuen Reich in Theben-West nicht mehr nachzuweisen sind. Die Siedlung wurde nie überbaut, doch die Nekropolen und Tempeleinrichtungen waren bis in die Spätzeit weiter in Gebrauch. Der Hathortempel wurde in koptischer Zeit als Klosteranlage genutzt, woher der arabische Name Deir el-Medine/a (das Kloster der Stadt/des Dorfes) rührt. Der gute Erhaltungszustand Deir el-Medines und die tausenden erhaltenen Artefakte, v. a. Texte, sind der Grund, warum die Stätte heute einen wissenschaftlichen Sonderfall in der Ägyptolo-gie darstellt, der einen „Blick hinter die Kulissen“ in das alltägliche Leben der Menschen, die dort und in der Umgebung lebten, ermöglicht.

Seit 1917 besitzt das Institut français d’archéologie orientale (IFAO) die Gra-bungskonzession in der Arbeitersiedlung. Mit den Forschungen sind beson-ders zwei Personen in Verbindung zu bringen: Der Franzose Bernard Bruyère (1879–1971), der Hauptausgräber von 1922 bis 1951 und der Tscheche Ja-roslav Černý (1898–1970), der mit der Edition und Auswertung der schriftli-chen Quellen betraut war. Bruyères archäologische Untersuchungen zeigen, dass aus der 18. Dynastie und damit der eigentlichen Gründungsphase Deir el-Medines nur wenige Quellen bekannt sind. Die Siedlung muss jedoch zunächst kleiner gewesen sein, als ihre heutigen Umrisse offenbaren, weil zwei Erweiterungsphasen archäologisch nachgewiesen werden können. Die Erweiterungen wurden wahrscheinlich notwendig, weil sich die Arbeiterzahl und somit die gesamte Bevölkerungszahl der dort lebenden Familien erhöht hatte. Aus Texten ist be-kannt, dass diese insgesamt zwischen 16 und 120 Mann2 variierte; nicht ein-gerechnet sind allerdings Frauen und Kinder, sowie die Versorgungsmann-schaft und die Ordnungskräfte, die ja nicht in Deir el-Medine lebten.

Černý war es hingegen, der Deir el-Medine anhand des Textmaterials ü-berhaupt als Wohn- und Lebensstätte der Arbeiter identifizieren konnte. Bei dem Textmaterial handelt sich vorwiegend um Ostraka und Papyri, die bis heute viele detaillierte Informationen über die Menschen, ihr tägliches Leben und Arbeiten in und um Deir el-Medine preisgeben.3 Schätzungen der erhalte-nen Ostraka4 belaufen sich auf rund 20.000. Ein Großteil davon stammt aus den Grabungen unter Bruyère, aber bis zum heutigen Tag treten auch Neufunde von Ostraka hinzu. Sog. Textostraka sind dabei sehr häufig. Die früheren Bewohner fertigten diese zu Tausenden an. Die darauf notierten Texte können literarischer und administrativer Art sein und sind überwiegend in hieratisch, der ägyptischen Kursivschrift, und in Neuägyptisch abgefasst. Die Mehrheit der Texte ist in fragmentarischem Erhaltungszustand überliefert und die Ostraka selbst liegen oft in Bruchstücken vor, was deren Lesung und Interpretation teilweise erschwert. 2 P. Turin Cat. 1891, Zeit Ramses’ IV. 3 J. Černý, A Community of Workmen at Thebes in the Ramesside Period, BdE 50, Kairo 2001. 4 Ostraka sind Gefäßscherben oder Steinsplitter (meist aus Kalkstein), die mit Schrift und/oder Bil-dern versehen wurden.

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O. Berlin 1121 vs., in Z. 2 Nennung des Wasserträgers Pn-&A-wr.t (Bildnachweis: G. Burkard, M. Goecke-Bauer, S. Wimmer, Deir el-Medine online, http://dem-online.gwi.uni-muenchen.de/, Zugriff am 10.08.2011.) Die nicht-literarischen, administrativen Texte können offiziellen und privaten Charakter aufweisen. Zu den offiziellen oder staatlichen Dokumenten sind z. B. das sog. Nekropolentagebuch, das den Arbeitsstand der königlichen Graban-lage, den Arbeitsablauf, die daran be-teiligten Personen, usw. enthielt, oder Lieferungen diverser Objekte, die der Versorgung der Arbeiter und Familien dienten, zu zählen. Gleichermaßen existieren viele private Textzeugnisse von persönlichen Aktivitäten der Ar-beiter, die beispielsweise ihre Fähig-keiten privat anboten und vielfältige Geschäfte untereinander abhandelten, um sich so den Lohn aufzubessern. Zu nennen sind u. a. Notizen von privaten

Geschäftsabschlüssen und Gerichtsdokumente, weil verschiedene Transakti-onen vor Gericht endeten, wenn sie nicht eingehalten wurden. In beiden Textkategorien – offiziell und privat – werden die Versorgungsmannschaft und die Ordnungskräfte vielfach genannt, weil diese in direktem Zusammenhang mit der Arbeitersiedlung standen. Die Texte sind sozusagen der Schlüssel, um den Aufbau und die Organisation Deir el-Medines zu begreifen. Deir el-Medine war eine staatlich gegründete und verwaltete Einrichtung, weil die Hauptaufgabe der Bewohner die Anfertigung der königlichen Grabanlagen war. An der Spitze stand der König als Auftraggeber, der vor Ort in Theben durch verschiedene lokale Instanzen vertreten wurde, nämlich durch den We-sir, der die Baustellen zeitweise besichtigte, die Bürgermeister von Theben sowie die Schreiber. Diese Schreiber waren die direkten Kontaktpersonen zu den Arbeitern und ihren Familien. Sie organisierten und dokumentierten den gesamten Arbeitsablauf. Die Schreiber lebten mit den Arbeitern in der Sied-lung und bildeten zusammen mit zwei Vorarbeitern den Vorstand der Mann-schaft des Grabes, der Arbeiterschaft. Zwei Vorarbeiter waren notwendig, weil die gesamte Arbeitstruppe in eine rechte und eine linke Arbeiterhälfte ge-teilt war, nach deren Prinzip die Gräber bearbeitet wurden. Jedem Vorarbeiter war jeweils ein Stellvertreter zugeordnet. Schließlich folgten die normalen Ar-beiter gemäß rechter und linker Seite. Darüber hinaus sind der Nachwuchs der Arbeiter sowie ältere Arbeiter, die nicht mehr im Berufsleben standen, und natürlich die Frauen und Kinder zu erwähnen.

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Zusätzlich kann die gesellschaftliche und arbeitstechnische Struktur Deir el-Medines in einen inneren und einen äußeren Bereich getrennt werden. Mit „innen“ (n Xnw) wurden alle Personen betitelt, die direkt in Deir el-Medine leb-ten und am Grabbau mitwirkten, dementsprechend alle Arbeiter samt Famili-en. Im Gegensatz dazu meinte „außen“ (n bnr) den Personenkreis, der au-ßerhalb der Siedlung wohnte, keinen direkten Bezug zum Bau der königlichen Grabanlage besaß, der aber dafür zuständig war, die in Deir el-Medine le-benden Personen zu versorgen und so mit ihnen in häufigem persönlichem Kontakt stand. Diese Versorgungsmannschaft oder die Hilfskräfte von außen (smd.t n bnr), sowie die Ordnungskräfte bestanden aus unterschiedlichen Be-rufsgruppen, die die Arbeiter und ihre Familien mit allen lebensnotwendigen Utensilien ausstatteten. Die beiden Institutionen waren erforderlich, weil Deir el-Medine abseits des Nils und der unentbehrlichen Wasserversorgung sowie abseits des Frucht-landes und damit des landwirtschaftlich nutzbaren Bodens liegt. Die Siedlung ist zwar in unmittelbarer Nähe hierzu am Wüstenrand gelegen, ihre „versteck-te“ Lage und die „freie“ Beweglichkeit ihrer Bewohner sind in der Forschung allerdings umstritten. Unabhängig von dem Diskussionspunkt, ob und wie frei sich die Arbeiter in Theben-West bewegen konnten, war es ihre Aufgabe, die Gräber zu bauen. Allein aus diesem Grund war eine eigene Versorgung mit Nahrungsmitteln schwer auszuführen. Die Männer pendelten zwischen dem Königsgräbertal und ihrem eigentlichem Wohnort Deir el-Medine, weshalb es schwierig gewesen sein dürfte, sich zusätzlich um den Lebensunterhalt zu kümmern, den die Frauen dann hätten meist alleine bestreiten müssen. Die Existenz einer Versorgungsmannschaft an und für sich belegt – sei es auf-grund der Abwesenheit der Männer, der Vereinfachung der Arbeitsabläufe, der geographischen Lage u. ä. –, dass das Dorf nicht ohne eine Truppe aus-kommen konnte, die es mit Wasser, Nahrungsmitteln (Getreide, Gemüse, Obst, Fisch), Feuerholz und frischer Wäsche beinahe täglich versorgte. Eine genaue Definition aller zur Versorgungsmannschaft gehörigen Tätig-keitsfelder ist aus ägyptischen Quellen nicht ableitbar. Die Zahl ihrer Mitglie-der schwankte vermutlich je nach Stärke und Zusammensetzung der Arbei-terschaft, weil demnach mehr oder weniger Produkte gebraucht wurden. Im Zusammenhang mit Deir el-Medine wird der Begriff smd.t erstmals unter Me-renptah auf einem Kairener Ostrakon5 genannt. Einzelne Titelträger wie Wä-scher, Töpfer und Medja sind bereits am Ende der 18. Dynastie nachweisbar. Die Entstehung der smd.t und der mDAj.w ist wohl mit der Einrichtung und/oder Ausweitung der Siedlung parallel anzusetzen.

Zu den Hilfskräften werden deswegen von mir alle mit der Versorgung und Sicherung des Dorfes in Zusammenhang stehenden Tätigkeitsgruppen ge-rechnet. Dies sind: Die smd.t-Schreiber, die die Vorgesetzten der Truppe bildeten; Holzschneider/-träger, die für den Transport von (Brenn)Holz verantwortlich waren;

5 O. Cairo CG 25581.

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Wäscher, die eine Art mobilen Waschservice für die Bewohner der Siedlung darstellten und Kleidung/Stoffe reinigten sowie gewaschen zurückbrachten; Fischer, die das Dorf mit verschiedenen Fischarten und Fischprodukten belie-ferten; Wasserträger, die die Wasserversorgung Deir el-Medines sicher stellten; Töpfer und Gipshersteller, die u. a. Krüge herstellten sowie Gips übergaben; Diener und Dienerinnen, die verschiedenen Familien im Haushalt zur Hand gingen; Gärtner mit ihren Gesellen, deren Aufgabe wahrscheinlich der Gemüseanbau für die Bewohner war; Dattelsammler/Konditoren, die für „Süßspeisen“ zuständig waren; Schmiede, die die im Grabbau benötigen Werkzeuge reparieren sollten; Schuster/Sandalenmacher, die wohl die Bewohner u. a. mit neuem Schuh-werk ausstatteten; ein Arzt und der sog. Skorpionbändiger – eine Mischung aus Arzt und Magier, der bei Skorpionstichen und Schlangenbissen hinzugezogen wurde –, waren für das physische Wohlbefinden der Einwohner zuständig; die Torwächter, sowie die Medja, eine Wach- oder Schutztruppe. Die Titelträger waren bis auf die Dienerinnen alle männlich. Abgesehen vom Beruf des Schreibers erforderte vermutlich keiner der Berufe besonders aus-gebildete Fähigkeiten. Einige der Berufe sind in gewöhnliche Hilfskräfte und Vorgesetzte/Chefs gegliedert, wie Ober-/Cheffischer und normale Fischer, Wasserträger, Torwächter und die Medja. Unter den Berufsbezeichnungen kann man sich die jeweilige Tätigkeit dem Wortsinn entsprechend als berufli-che Hauptaufgabe vorstellen: Ein Töpfer fertigt getöpferte Gefäße an und ein Wasserträger trägt Wasser. Die Begriffe basieren auf den Übersetzungen der ägyptischen Termini: Den Wasserträger kann man z. B. auf „einen, der Was-ser bringt, einen Wasserbringer“ (jnj-mw) zurückführen. Die Wasserträger wa-ren für den Transport des Wassers nach Deir el-Medine zuständig, weil die Siedlung weder über eine Quelle, noch einen Brunnen oder sonstigen Was-serzugang verfügte. Aus den vielen Personen der Versorgungs- und Ord-nungsmannschaft wurden im Vortrag zwei Personen vorgestellt, die anhand des erhaltenen Textmaterials als gut dokumentiert gelten können: Ein Was-serträger aus der Truppe der Versorgungsmannschaft und ein Medja aus dem Berufsfeld der Ordnungskräfte.

Die Medja waren ursprünglich ein nomadischer Stamm aus Nubien, welcher seit dem Alten Reich vom ägyptischen Staat als Dienstleister in Anspruch ge-nommen wurde. Zu diesen Dienstleistungen zählten das Fährtenlesen, der Begleitschutz für ägyptische Expeditionen, sowie Anstellungen als Wach- o-der Schutzmannschaften für ägyptische Städte. Die spezifischen Eigenschaf-ten, die der Medja-Stamm aufwies, wurden im Laufe des Mittleren Reiches in ein ägyptisches Berufsbild umgewandelt, das mit Aufgaben von Polizisten, Soldaten oder Wachpersonen in Verbindung gebracht werden kann. Im Neu-en Reich handelt es sich dann bei dem Begriff mDAj um einen reinen Titel, der ab der 18. Dynastie von Ägyptern getragen wurde, was nicht ausschließt,

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dass ein ethnischer Medja diesen nicht auch führen konnte. Eine gängige Übersetzung des Titels mDAj als Polizist ist heute verbreitet, meinen Untersu-chungen zufolge aber nicht zutreffend. In meiner Magisterarbeit wurden 200 Texte ausgewertet, die sich mit den mDAj.w von Deir el-Medine beschäftigen, doch nur in 20 Texten (10 % aller Quellen) konnten Eigenschaften von Poli-zisten oder Soldaten nachgewiesen werden. Um alle Aspekte, die das Be-rufsbild Medja im Neuen Reich in Theben umfasste, darstellen zu können, sollte meiner Meinung nach der Terminus mDAj im modernen Sprachgebrauch beibehalten werden.

Bekannt sind die Medja von Deir el-Medine von ihrer vermutlichen Hauptauf-gabe, die königlichen Gräber, ihre Erbauer und Siedlung zu schützen. Die Truppe spielte eine große Rolle während Vorgängen, die auf den sog. Grab-räuberpapyri6 erhalten sind. Die Papyri werden so bezeichnet, weil sie Pro-zessprotokolle enthalten, die gegen Grabräuber unter Ramses IX. und XI. ge-führt wurden. Sie protokollieren in mehreren Prozessen die Plünderung könig-licher und privater Grabanlagen in Theben-West. Während die Medja meist die Nekropole inspizierten, um die Grabstätten auf ihren intakten Zustand zu kontrollieren, standen sie jedoch genauso neben Fischern oder Kupfer-schmieden als Angeklagte vor Gericht. Sie sollten Objekte aus den Gräbern entfernt oder potenziellen Grabräubern assistiert bzw. diese in/direkt unter-stützt haben, weil sie vermutlich ihr Wissen über die Lage der Grabbauten preisgaben. Derzeit sind ca. 100 Personen namentlich bekannt, die den Titel mDAj in Theben-West führten.

Der Medja Jmn-xa wird hier exemplarisch für die mDAj.w vorgestellt, während der Wasserträger Pn-&A-wr.t die smd.t vertreten soll. Beide Personen amtierten in der Zeit Ramses’ III. bis VI. und sind auf 18 bzw. 19 Dokumenten nachzu-weisen. Jmn-xa ist auf 17 Ostraka und einem Papyrus belegt. Man könnte ihn neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit als Medja, wo er z. B. als Lieferant für die Arbeiter aktiv war, auch als den „Eselshändler“ der Siedlung bezeichnen. In sieben Fällen mietete er Esel, vermietete seinen eigenen Esel, verhandelte ein Tier an Dritte weiter, stand wegen ausstehender Mietschulden vor Gericht oder war als Zeuge bei Streitigkeiten anderer bei Eselsgeschäften zugegen.7 In Jacobus J. Janssens Untersuchung über den Esel in Deir el-Medine sticht Jmn-xa mit seinen häufigen Nennungen in Zusammenhang mit Eseln so her-vor, dass Janssen zum Schluss gelangt „Evidently, Amenkhew made don-keys his private business beside his job as a policeman.“ „(C)learly this po-liceman dealt regularly with donkeys.“8

6 T. E. Peet, The Great Tombrobberies of the Twentieth Egyptian Dynasty, 2 Bd., Oxford 1930; T. E. Peet, The Mayer Papyri A & B, Nos. M. 11162 and M. 11186 of the Free Public Museums, Liv-erpool / London 1920. 7 O. Ashmolean Museum 137, 162, O. DeM 133, 136, 369, 696, 1068, O. Glasgow D. 1925.78, O. IFAO 250, 765, 1257, O. Michaelides 84, O. Queen’s College 1115, O. UC 39607, O. Turin N. 57151, 57204, O. Wien H. 2, P. Turin Cat. 2044. Die unterstrichenen Dokumente kennzeichnen eine Eselstransaktion. 8 Jac. J. Janssen, Donkeys at Deir el-Medîna, EU 19, Leiden 2005, S. 22 und 97.

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Ein Esel kostete im ramessidenzeitlichen Theben 20 bis 40 Deben, ver-gleichsweise so viel wie ein Sarg. Und Särge zählten zu einem der teureren Objekte der damaligen Lebensgemeinschaft. Sich einen Esel leisten zu kön-nen und zu besitzen, war mit gewissem Kapital verbunden und dürfte es ihren Besitzern ermöglicht haben, sich durch Vermietung der Tiere ihren Lohn auf-zubessern. Janssens Auswertung zeigt, dass zwar in 90 % der Eselstransak-tionen Arbeiter als Besitzer der Tiere genannt werden können und nur zwei Schreiber, ein Töpfer und vier Medja ebenfalls Esel besaßen. Aber fast keine anderen Titelträger waren so oft in Eselsgeschäfte verwickelt wie Medja Jmn-xa und Wasserträger Pn-&A-wr.t. Die Personen, die die Esel mieteten, waren wiederum beinahe ausnahmslos Angehörige der Hilfsmannschaft, vorwie-gend Wasserträger, die die Tiere wohl für den Transport des Wassers benö-tigten. Schnittpunkt zwischen dem mDAj Jmn-xa und dem jnj-mw Pn-&A-wr.t stel-len damit die Eselsgeschäfte dar. Denn Pn-&A-wr.t tritt in 19 ihn bezeugenden Texten neunmal davon im Zusammenhang mit Eseln auf.9 Obwohl kein Beleg dafür existiert, dass Jmn-xa und Pn-&A-wr.t direkt miteinander zu tun hatten, weil sie in keiner Quelle zusammen genannt werden, ist die Wahrscheinlich-keit doch hoch, dass sich beide zumindest „vom Sehen“ gekannt haben dürf-ten. Die Gemeinschaft um Deir el-Medine war klein und beide Titelträger sind zeitgleich in den Dokumenten belegt. Im Gegensatz zu Jmn-xa, der ein vielfältiges Handelswesen mit Eseln betrieb, ist Pn-&A-wr.t immer nur als Mieter der Tiere zu identifizieren. Er lieh sich die Lasttiere meist von den Arbeitern. Er wurde deswegen mehrmals vor Gericht angeklagt, weil er die Mieten nicht immer begleichen konnte, die fristgerechte Rückgabe der Tiere verpasste, sogar wissentlich einen falschen Esel zurück-gab oder die Esel während der Mietdauer bei ihm verstarben. Der Wasserträ-ger war in mindestens drei von nur acht dokumentierten Todesfällen von E-seln während ihrer Mietzeiten involviert gewesen. Der jnj-mw dürfte über we-niger Mittel verfügt haben, um sich ein eigenes Tier leisten zu können, konnte aber anscheinend ohne die Mietverhältnisse nicht auskommen. Unter den Wasserträgern findet sich kein einziger Eselsbesitzer. So sind uns einige der Personen aus dem Umkreis Deir el-Medine und deren Angelegenheiten auf-grund der erstaunlichen Überlieferungssituation der Texte bis heute im Ge-dächtnis geblieben. Die Bevölkerung Deir el-Medines profitierte sicherlich von ihrer Versor-gungsmannschaft und v. a. die Frauen hatten im Gegensatz zum Vortragstitel wohl wenig Grund zur Klage. Denn die Frauen hätten das Lied „Das bisschen Haushalt macht sich nichtnichtnichtnicht allein“ wahrscheinlich nicht gesungen, und zwar nicht nur, weil es nicht existiert hätte, sondern, weil sie jede Menge Unterstüt-zung im Haushalt durch die smd.t erfuhren und diese Arbeiten fast ausschließ-lich von Männern ausgeführt wurden: Feuerholz wurde von den Holzschnei-dern gebracht und Wasserträger lieferten das zum Kochen und für den Ab-

9 O. AG 77, 88, 90, O. Ashmolean Museum 1933.810, 56, 212, 288, O. Berlin 1121, O. Cairo CG 25598, O. DeM 70, 415, 555, 627, 648, 709, O. IFAO 424 + O. UC 39612, O. Louvre E. 27677, O. UC 39621, 39664, P. Turin Cat. 1880, evtl. P. Turin Cat. 2014. Die unterstrichenen Dokumente zeigen den Bezug zu einem Esel an.

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wasch benötigte Wasser. Fisch, Gemüse und Süßwaren erhielten die Damen durch Fischer, Gärtner und Dattelsammler. Neues Geschirr fertigen die Töp-fer an. Die Wäsche wurde sogar abgeholt und frisch gewaschen zurückge-bracht; diese Aufgabe übernahmen die Wäscher. Zusätzlich konnte jede Fa-milie auf ein Kontingent an Diener/Innen zurückgreifen, die von Haushalt zu Haushalt pendelten, um die Familien darin zu unterstützen. Darüber hinaus sorgten ein Arzt, ein Skorpionbändiger und die Ordnungseinheit der Medja für das Wohlbefinden und die Sicherheit in und um die Siedlung. Die Frauen des Dorfes hätten so getrost dem ursprünglichen Motto des Liedes von Johanna von Koczian folgen können, weil sich „ihr Haushalt zumindest fast vonvonvonvon allein“ oder zumindest leichter gemacht haben dürfte als im restlichen Theben des Neuen Reiches. DIE KÖNIGLICHE CACHETTE GRAB TT 320 UND DIE KÖNIGLICHEN MUMIEN. von Prof. Dr. Erhart Graefe Ausgangspunkt des Vortrages war die auch dem breiten Publikum bekannte Geschichte der Auffindung des Mumienverstecks etwa 1875 durch einheimi-sche Grabräuber, deren Verfolgung und die in 48 Stunden im Juli 1881 erfolg-te undokumentierte Ausräumung des Grabes in Deir el-Bahri durch Emil Brugsch. Edward Loring, Basel, gab durch eine Stiftung 1998 den Anstoß, im Rahmen einer deutsch-russischen Mission den lange wieder auf natürlichem Wege versandeten Zugangsschacht freizulegen und das Grab überhaupt zum ersten Mal zu vermessen, zu beschreiben und zu dokumentieren. Es zeigte sich, dass das Grab, bestehend aus einem 13m tiefen Zugangsschacht und drei unterschiedlichen langen Korridoren auf drei immer tiefer führenden E-benen schließlich nach rund 70m in einer unvollendet gebliebenen Grab-kammer endet. Da nach der Ausräumung der Eingang am Ende des Schach-tes offen gelassen worden war, ist er ca. 1894 bei einem Unwetter voll Was-ser gelaufen. Der Wasserschwall brachte eine große Menge von Schlamm mit sich (am Ende des ersten, 7,40m langen Korridors 80cm dick). In der Grabkammer stand das Wasser dann 50cm hoch und verdunstete mit der Zeit. Vielleicht war diese Feuchtigkeit der Grund, warum große Partien der Seitenwände und Teile der Decken einstürzten. Es zeigte sich aber, dass be-reits in der Antike in der hinteren rechten Ecke der Grabkammer ein Teil der Decke heruntergekommen war und dort deponierte große Gefäße und einen hölzernen Stuhl zerschlagen hatte. Die ca. 40 Särge, die bis 1881 in der Grabkammer und den Korridoren gestanden hatten (heute in Kairo), hatten noch keinen Steinschlag erlitten. Bei der eiligen Ausräumung 1881 wurden Gefäße und Gefäßfragmente sowie Hunderte von kleineren Fragmenten von Grabbeigaben (Uschebtifragmente, Bruchstücke von Glasbechern etc.) und beim Abtransport abgesplitterten Teilen der Dekoration von Särgen (Holz, Stuck, Leinen, Blattgold, Einlagen aus Halbedelstein, Glas, Fayence) einfach liegengelassen, ebenso wie größere Reste von diversen Mumien abgerisse-nen Stoffbahnen und manches mehr. All das wurde von uns aufgesammelt

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und dokumentiert. Die wichtigste Arbeit nach der Entfernung der abgestürzten Felspartien war die exakte Planaufnahme. Es handelte sich offenbar um ein Grab nicht genau bestimmbarer Zeitlage, das unvollendet gelassen worden war wegen der instabilen Felsstruktur. Als dann aber die zweite Frau des the-banischen Hohepriesters des Amun Pinudjems II. (ca. 990-969 v. Chr.) mit Namen Neschons gestorben war, wurde das Grab dennoch für deren Bestat-tung benutzt und fünf Jahre später für Pinudjem II. selbst. Nochmals rund ein-hundert Jahre später aber diente das Grab dann in einem oder mehreren Schüben der Aufnahme weiterer (früher sichergestellter) Reste von geplün-derten Begräbnissen von königlichen Personen des Neuen Reiches und der 21. Dynastie.

Isometrische Darstellung der Königlichen Cachette. Gesamtlänge etwa 70m. Der Boden der Grabkammer liegt ungefähr 22m tiefer als die Mündung des Schachtes A.

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Korridor C vor der Schuttbeseitigung 1998. (Photo Erhart Graefe)

Korridor C nach der Schuttbeseitigung 2004. Die nur noch am Boden sichtbare Original-breite betrug zwischen 1,10 und 1,40m. Man blickt bis zum Anfang der Treppe D. Hier standen einmal die königlichen Särge einer hinter dem anderen. (Photo George Johnson)

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AUS DEM INSTITUT Im März erhielten drei Studentinnen (I-Ting Liao, Barbara Link, Edina Pe-tersmarck) ein Stipendium der Dr. Ludwig Wolde-Stiftung mit einer Laufzeit von jeweils zwölf Monaten. Frau I-Ting Liao, M.A. und Frau Edina Peters-marck, M.A. wurden auch ins Promotionsprogramm Altertumswissenschaften (PAW) des Münchner Zentrums für Antike Welten (MZAW) aufgenommen. Inzwischen hat Frau Liao, M.A. noch ein zweijähriges Stipendium der Gerda Henkel-Stiftung erhalten. Allen sei herzlich gratuliert.

WISSENSCHAFTLICHE ARBEITEN Im vergangenen Sommersemester 2011 wurden am Institut für Ägyptologie folgende Studienabschlüsse erlangt: DISSERTATION

Andreas Hutterer: „Historische Studien zu Amenemhet II.“

MAGISTERARBEITEN

Rachel Fey: „Grabbau und Befund. Amarnazeitliche Bestattungen außerhalb der Nekropole von Tell el-Amarna“

Elisabeth Grießbeck: „Die schöne Literatur der 21. bis 31. Dynastie

Allen Absolventen sei zu den erfolgreichen Studienabschlüssen sehr herzlich gratuliert!

PERSONALIA Seit Juni 2011 ist Andreas Hutterer, finanziert von der Mellon-Foundation, für das jetzt gemeinsam mit der University of Oxford durchgeführte Projekt der Online Egyptological Bibliography (OEB) tätig, in welche die Literaturdaten-bank Aigyptos künftig integriert wird. Frau PD Dr. Martina Ullmann hat bei dem Zustandekommen dieser Kooperation, an der auch die Universität Hei-delberg weiterhin beteiligt ist, maßgeblich mitgewirkt.

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ZUR AKTUELLEN SITUATION IN TUNA EL-GEBEL Von Mélanie Flossmann-Schütze, M.A. Die für März und April 2011 geplante Grabungskampagne wurde kurz nach Ausbruch der Revolution verständlicherweise abgesagt. Bei dieser Entschei-dung spielte die seit Jahren beobachtete unsichere politische Lage in Mittel-ägypten, vor allem in der Region um Mallawi, eine besondere Rolle, die nicht mit der sozialen und politischen Situation in Ober- und Unterägypten zu ver-gleichen ist. Darüber hinaus erfuhren wir, u.a. über die Homepage von Dr. Zahi Hawass, von mehreren Einbrüchen in den Magazinen auf unserem Gra-bungsareal, die den unsicheren Zustand der Region bestätigten. Nach eini-gen Wochen des Abwartens und ausdrücklichen Aufforderungen der lokalen Inspektoren, nach Tuna el-Gebel zu kommen, um die möglichen Schäden zu dokumentieren und zu beheben, flogen von dem ursprünglich fünfzehnköpfi-gen Team lediglich Mélanie Flossmann-Schütze, M.A., Patrick Brose und Stephan Unter am 1. April 2011 nach Kairo.

Abb. 1 und 2: Edith Bernhauer, Mélanie Flossmann-Schütze, Patrick Brose und Stephan Unter am Midan Tahrir Nach einem zehntägigen Aufenthalt in Kairo und zahlreichen Verhandlungen mit dem SCA, der Cairo University, der Polizei und dem Militär erfolgte die eingeschränkte Genehmigung nach Tuna el-Gebel fahren zu können. Aus Si-cherheitsgründen wurde uns die Erlaubnis, im Grabungshaus nächtigen zu können, nicht erteilt. Das Areal musste jeden Tag vor Einbruch der Dunkelheit verlassen werden. Das gut bewachte Gästehaus der koptischen Kirchenge-meinde in Mallawi bot uns dankenswerterweise eine Unterkunft an. So konnte mit der eigentlichen Aufgabe, nämlich der kompletten Inventarisierung sämtli-cher Magazine auf dem Grabungsareal, begonnen werden. Unterstützung bei dieser zunächst endlos erscheinenden Aufgabe erfuhr das eigentliche Team durch die ehrenamtliche Hilfe der Collegiums-Mitglieder Angela Gresser und Josef Flossmann sowie durch die Ägyptologinnen Dr. Véronique Berteaux

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und Dr. Edith Bernhauer. Ihnen allen sei hier ausdrücklich für das Abarbeiten zahlreicher Listen sowie für ausgelassene Abende in Mallawi gedankt. An dieser Stelle sei angemerkt, dass das Münchner Team sehr herzlich und of-fen in dem koptischen Viertel aufgenommen wurde. Besonderes Wohlwollen wurde uns nicht nur in den Coffee-Shops, Falafel-Buden und Zuckerrohrsaft-Ständen zuteil, sondern auch durch eine Konditorei, die uns eine große herz-förmige Sahnetorte als Willkommensgeschenk überreichte.

Abb. 3 und 4: Die Koptische Kirche und ihr Gästehaus in Mallawi Die Inventarisierung und das Erstellen von Fehllisten erfolgten parallel zur Dokumentation der Beschädigungen. Diese schwierige Aufgabe konnte dank der Unterstützung der lokalen Inspektoren zügig abgeschlossen werden, so dass noch einige Tage für die Fundaufarbeitung zur Verfügung standen. Im Mittelpunkt stand nun das hölzerne, polychrome Funerärbett B2 sowie die vergoldeten und mit Glaseinlagen versehenen Mumien M 1 und M 2 aus dem römerzeitlichen, pyramidenförmigen Grab TG2006.G7, die bislang aufgrund ihres fragilen Zustandes nicht ausreichend dokumentiert werden konnten. Nach reichlicher Überlegung, vor allem in Hinblick auf potentielle Einbrüche nach unserer Abreise, wurde der Entschluss gefasst, sämtliche Betteile sowie die Mumien nochmals mit besserer Ausrüstung zu fotografieren und zu do-kumentieren. Hierbei kamen bislang unbekannte Ritualzenen und Glaseinla-gen zum Vorschein, die derzeit für die Publikation aufgearbeitet werden.

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Abb. 5-7: Das Team bei der Arbeit in Tuna el-Gebel Nicht nur das neu aufge-nommene Material und die ausgefallene Gra-bungskampagne, son-dern auch die Zeit zur Selbstreflexion führten schließlich zu einer Ver-schiebung des Projekt-schwerpunktes. In die-sem und im kommenden Jahr sollen vorrangig die Ergebnisse der Untersu-

chungen im Tierfriedhof sowie der letzten Grabungskampagnen zügig publi-ziert werden. Hierfür wurde im August dieses Jahres eine institutseigene Do-kumentationsreihe „Tuna el-Gebel“ gegründet, die im Verlag Patrick Brose erscheinen und von Prof. Dr. Friedhelm Hoffmann, Prof. Dr. Dieter Kessler und Mélanie Flossmann-Schütze, M.A., herausgegeben wird. Für den ersten im Oktober erscheinenden Band zu den Oberbauten des Tierfriedhofs hat die Deutsche Forschungsgemeinschaft den Herausgebern dankenswerterweise einen Druckkostenzuschuss genehmigt, der sämtliche Ausgaben abdecken wird. Die nicht zweckgebundenen Mittel, die im Rahmen des Spendenaufrufs des Collegium Aegyptium im letzten Winter für Tuna el-Gebel eingeworben wurden, werden im Rahmen von Werkverträgen mit den studentischen und wissenschaftlichen Mitarbeitern des Projektes für folgende Publikationen ver-wendet:

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Mélanie C. Flossmann-Schütze, unter Mitarbeit von Patrick Brose, Mandy Mamedow, Alexander Schütze und Christopher Waß:„Das römerzeitliche Grab TG2006.G6“ sowie „Die Keramik aus Grab TG2006.G6“ Alexander Schütze, unter Mitarbeit von Patrick Brose und Mélanie C. Floss-mann-Schütze: „Das römerzeitliche Funerärensemble aus Grab TG2006.G7“ Patrick Brose, unter Mitarbeit von Mélanie C. Flossmann-Schütze und Barba-ra Link: „Das ptolemäerzeitliche Grab TG2004.G2 und sein Umfeld“. Durch den Einsatz von Herrn Prof. Dr. Hoffmann und durch die Unterstützung des ArchaeoBioCenters gelang es, für das Projekt neue Kooperationspartner zu gewinnen. Besonders hervorgehoben werden soll hier der Kooperations-vertrag mit dem Deutschen Archäologischen Institut, Abteilung Kairo, der eine logistische und ideelle Unterstützung des Grabungsprojektes beinhaltet. Be-reits im April 2011 konnten die einzelnen Kooperationspunkte mit Prof. Dr. Seidlmayer in Kairo erarbeitet werden. Das Team möchte sich an dieser Stel-le für die freundliche Aufnahme und kostenlose Unterbringung im DAI Kairo während der zehntägigen Wartezeit bedanken. Im Rahmen des ArchaeoBio-Centers erfolgte ebenfalls eine Vernetzung mit Prof. Dr. Stefan Hölzl und sei-nen Mitarbeitern am Department für Geo- und Umweltwissenschaften, Palä-ontologie und Geobiologie, mit denen ein größeres Projekt in Planung ist, um Isotopenanalysen an Tier- und Menschenmumien in Tuna el-Gebel durchzu-führen. Darüber hinaus freut sich das Projektteam über die neue Kooperation und Mitarbeit von PD Dr. Jörg Faßbinder vom Landesamt für Denkmalpflege Bayern, der in den nächsten Jahren mit seinem Team geophysikalische Me-thoden der Prospektion wie Magnetometrie, Wiederstandsprospektion und Georadar an den verschiedenen Siedlungsplätzen anwenden wird, um die Siedlungsstrukturen und –netzwerke von Tuna el-Gebel zu erfassen. Zuletzt sei noch erwähnt, dass Frau Flossmann-Schütze, M.A. und Herr Prof. Dr. Hoffmann mit finanzieller Unterstützung der DFG-Programmpauschale der Fakultät 12 zurzeit einen Projektantrag zur Förderung durch die Fritz-Thyssen-Stiftung erarbeiten. Ziel des auf drei Jahre angelegten Forschungs-projektes ist es, die Lebenswelt einer ptolemäerzeitlichen Kultgemeinschaft an einem ägyptischen Tierfriedhof zu rekonstruieren. Der Schwerpunkt liegt hierbei auf der Siedlungsarchäologie und der Untersuchung von sakralen Räumen. Weiterführende Informationen zu diesem Projekt sowie zum Aus-

tausch mit dem DAI Kairo werden an anderer Stelle folgen. Abb. 8: Die herzförmige Torte als Willkommensgeschenk

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Verlag Patrick Brose NEUERSCHEINUNGEN 2011

Am Institut für Ägyptologie und Koptologie ist eine neuen Reihe mit dem Titel "Tuna el-Gebel" [TeG] gegründet worden, die im Verlag Patrick Brose erscheinen wird. Ziel der Reihe ist es, die Forschungsergebnisse des Grabungsprojektes in einer geeigneten Form zu veröffentlichen. Reihenherausgeber sind Prof. Dr. Friedhelm Hoffmann, Prof. Dr. Dieter Kessler und Mélanie C. Floßmann-Schütze, M.A. Als erster Band erscheint im Oktober 2011:

ISBN: 978-3981200010 478 Seiten mit 428 Abbildungen 79,90 Euro

Tuna el-Gebel 3 Dieter Kessler Die Oberbauten des Ibiotapheion von Tuna elDie Oberbauten des Ibiotapheion von Tuna elDie Oberbauten des Ibiotapheion von Tuna elDie Oberbauten des Ibiotapheion von Tuna el----GebelGebelGebelGebel Die Nachgrabungen der Joint Mission der Universitäten Kairo und München 1989 – 1996 unter Mitarbeit von Patrick Brose, Mahmoud Ebeid, Abd-el-Halim Nur-el-Din und Frank Steinmann

Die Publikation der Oberbauten des Tierfriedhofs (Ibiotapheion) von Tuna el-Gebel beinhaltet die Ergebnisse der Grabungskampagnen von 1989 bis 1994. Vorgestellt werden die vier Zugänge zu dem un-terirdischen Friedhof, ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei auf dem Tempel des Osiris-Pavian und dem daneben liegenden Pries-terhaus. Auf fast fünfhundert Seiten mit über vierhundert Abbildungen, viele davon farbig, werden ausführlich die Ergebnisse der sechsjährigen Grabung und die erstmalige Freilegung des Areals durch den ägypti-schen Wissenschaftler Sami Gabra ab 1938 vorgestellt.

Im Mai 2011 erschien außerdem eine Festschrift als kleine Hommage an Herrn Prof. Dr.-Ing. Dr. phil. Frank Müller-Römer. Einige wenige Exemplare der ersten Auflage sind noch erhältlich.

ISBN: 978-3-98120006-5 58 Seiten 12,00 Euro

Martina Ullmann [Hrsg.] Und eines Tages, da erbauten sie die Pyramiden Und eines Tages, da erbauten sie die Pyramiden Und eines Tages, da erbauten sie die Pyramiden Und eines Tages, da erbauten sie die Pyramiden − aber wie?− aber wie?− aber wie?− aber wie? Eine kleine Hommage an Frank MüllerEine kleine Hommage an Frank MüllerEine kleine Hommage an Frank MüllerEine kleine Hommage an Frank Müller----RömerRömerRömerRömer Martina Ullmann (Laudatio), Günter Burkard (Ostrakon Berlin P 10652: Kopie einer Grabinschrift aus dem Neuen Reich), Patricia Cichon (Eine kleine Hommage), Andrea Eberle (Mit Worten lässt sich ein System bereiten), Mélanie Flossmann-Schütze (Von sitzenden, hockenden und schreitenden Ibissen. Einige Gedanken zu Kultge-nossenschaften in Tuna el-Gebel), Friedhelm Hoffmann (Das Un-mögliche möglich machen? Einige merkwürdige ägyptische Felder), Andreas Hutterer (Herr Müller-Römer und/in AIGYPTOS), Dieter Kessler (Frank Müller-Römer und die Wissenschaften: eine Würdi-gung), Silvia Rabehl (Notizen zu zwei Collegiums-Reisen), Regine Schulz (Ruderer und Steuermänner), Joachim Willeitner (Ein Skara-

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boid mit ungewöhnlicher Herkunft), Stefan Jakob Wimmer (Isar-Pyramiden und andere ägyptische Reminiszenzen in München)

Zu einem um 5,00 Euro reduzierten Preis können Mitglieder des Collegium Aegyptium die letzten Exemplare des Vorberichtes über das Grab TG2006.G7 erwerben:

ISBN 978-39812000-0-3 104 Seiten, 164 Abb., 19,80 Euro 14,80 Euro

Ägyptens letzte PyramideÄgyptens letzte PyramideÄgyptens letzte PyramideÄgyptens letzte Pyramide Das Grab des Seuta(s) in Tuna elDas Grab des Seuta(s) in Tuna elDas Grab des Seuta(s) in Tuna elDas Grab des Seuta(s) in Tuna el----GebelGebelGebelGebel von Dieter Kessler, Patrick Brose

2006 entdeckten Münchner und Kairener Ägyptologen das pyrami-denförmige Grab TG2006.G7. Im Inneren des ungestörten Grabes in Tuna el-Gebel fanden sich fünf Bestattungen mit außergewöhnlichen Grabbeigaben wie Totenbetten, Amuletten und Statuen. Das Buch stellt die Grabungsergebnisse kurz nach der Öffnung des Grabes und die Bergung der Funde vor. Zudem beschreibt es Gräber und Bauwerke der direkten Umgebung, die bislang unpubliziert sind.

Weitere Publikationen aus dem Verlagsprogramm:Weitere Publikationen aus dem Verlagsprogramm:Weitere Publikationen aus dem Verlagsprogramm:Weitere Publikationen aus dem Verlagsprogramm:

Frank Dörnenburg Pyramidengeheimnisse? Enträtselte MPyramidengeheimnisse? Enträtselte MPyramidengeheimnisse? Enträtselte MPyramidengeheimnisse? Enträtselte Mysterienysterienysterienysterien

Mystiker und Esoteriker sehen in den ägyptischen Pyramiden Ge-heimnisvolles und Übersinnliches. Auf unterhaltsame Art löst der Autor fundiert diese „Rätsel“ auf. ISBN 978-3981200034 178 Seiten, 126 Abbildungen 24,95 Euro

Drei Generationen einer Familie, drei Romane aus dem alten Ägypten. Die Historische Romantriologie von Joachim Baum:

Horus AntefHorus AntefHorus AntefHorus Antef ISBN: 978-3981200027 290 Seiten 9,90 Euro

SenneferSenneferSenneferSennefer ISBN 978-3981200041 388 Seiten 14,90 Euro

Heret Heret Heret Heret ISBN: 978-3981200058 296 Seiten 9,90 Euro

Weitere Informationen und Bestellmöglichkeiten unter:

www.verlag-pb.de

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TECHNISCHES KONZEPT DER KONKA-VEN UND SCHWINGENDEN MAUERN IM ALTEN ÄGYPTEN von Dr. Steffen Müller Einleitung Über die im Alten Ägypten seit der Spätzeit verbreiteten konkaven und schwingenden Mauern ist bereits ein umfangreiches Schrifttum vorhanden. Dennoch soll aus Anlass der jüngsten bautechnischen Befunde an den Turmhäusern von Tuna el-Gebel (Flossmann-Schütze 2011) hier erneut auf dieses Phänomen eingegangen werden. Die bisherigen - z.T. kontroversen - Diskussionen gingen vor allem von den schwingenden Umfassungsmauern der großen Tempelbezirke aus und bezogen sich sowohl auf deren techni-schen Zweck als auch auf ihre religiös-symbolische Bedeutung. Inzwischen sind jedoch konkave Mauern auch von zahlreichen anderen sakralen und pro-fanen Gebäuden bekannt geworden, woraus zu schließen ist, dass es sich hier offenbar um ein verbreitet eingeführtes bautechnisches Konzept handelt. Dieses Konzept wird im Folgenden detaillierter beschrieben. Beschreibung der schwingenden und konkaven Mauern Die Bezeichnung „schwingende Mauern“ bezieht sich auf Umfassungsmau-ern, die über lange Strecken wechselweise aus konkaven und konvexen Ab-schnitten bestehen. Die Ziegelschichten beschreiben somit schwingende Li-nien, denen sich auch die Kontur der Mauerkrone anpasst (Abb. 1). An der Basis sind die Schwingungen entweder durch Steinfundamente vorgezeich-net oder sie werden durch gewölbte bzw. keilförmige Ziegelkörper erzeugt. In der Regel sind nur die außenliegenden Ziegelschichten des Mauerkörpers – das Verkleidungsmauerwerk - sorgfältig gemauert und gemörtelt, im Inneren dagegen besteht der Mauerverband nur aus locker gelagerten Läufern, die schichtweise flach oder hochkant und ohne Mörtel verbaut sind (Abb. 2). Zur Stabilisierung und Feuchtigkeitsregulierung sind im Mauerwerk Holzstämme, Gras- oder Schilflagen und Lüftungskanäle angeordnet. Die Mauerbreite nimmt zur Erhöhung der Standfestigkeit von der Basis zur Krone ab. Ur-sprünglich sollen die Mauern überwiegend verputzt gewesen sein, die Wel-lenstruktur wäre also nur an der Mauerkrone erkennbar gewesen (Arnold 1996). Die wohl zum Schutz und zur Abgrenzung der Tempelbezirke errichte-ten Mauern waren mächtige Bauwerke mit Breiten bis zu 8, Höhen bis zu 25 und Längen von mehreren hundert Metern.

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Abb. 1: Schwingende Mauer, Karnak, Umfassungsmauer des Tempelbezirkes des Amun-Re (Foto E. Bernhauer)

Abb. 2: Mauerquerschnitt, Karnak, Umfassungsmauer des Tempelbezirk des Amun-Re (aus Golvin al. 1993, Pl.IIa)

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Typisch „konkave“ Mauern sind von Wohngebäuden, wie z.B. den Turmhäu-sern von Tuna el-Gebel (Flossmann-Schütze 2011) oder von Karanis im Fay-um (Husselman 1979) bekannt. Ein typisches Beispiel aus Tuna el-Gebel zeigt die Graphik Abb. 3. Deutlich ist darin zu erkennen, wie die konkave Form an der Basis der Mauer durch zur Mitte hin ausstreichende Ziegelkörper erzeugt wird. Im Mauerverband wechseln Läufer und Binder schichtweise ab. In Karanis sind nur die tragenden Außenmauern konkav ausgebildet, die Zie-gelschichten der inneren Trennwände liegen dagegen horizontal. Bei den Gebäudemauern sind die Ziegel sorgfältig gemörtelt. Konkave Mauern wer-den nicht nur im Ziegelbau, sondern auch im Steinbau angetroffen, wie das in Abb. 4 dargestellte Beispiel von Philae zeigt. Dort ist konkave Schichtung so-wohl im Längs- als auch im Querschnitt zu erkennen. Schwingende Mauern treten bei Gebäuden wegen der begrenzten Längen nicht auf.

Abb. 3: Konkave Ziegelmauer(Graphik Steinmann, Projekt Tuna el-Gebel)

Abb. 4: Konkave Steinmauer, Philae (Foto E. Bernhauer)

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Vorläufer der konkaven und schwingenden Mauern Die schwingenden Mauern sind eine relativ späte Entwicklung in der ägypti-schen Bautechnik. Vorgänger waren unter anderem zunächst die seit frühdy-nastischer Zeit verbreiteten Nischenmauern mit einfachen bis mehrfach ge-staffelten Nischen (Abb. 5). Im Mittleren Reich erscheinen Mauern mit wellen-förmigem Grundriss (Abb. 6). Im Neuen Reich folgen dann festungsartige Mauern mit glatter Außenfassade unterbrochen von vorgezogenen rechtecki-gen Türmen. Ein Beispiel aus der 19. Dynastie ist die Umfassungsmauer des Millionenjahrhauses Sethos' I. in Qurna (Rekonstruktion Abb. 7). Erwähnt sei in diesem Zusammenhang der Tempel von Amenophis III. (18. Dynastie) in Soleb, der zunächst von einer Nischenmauer, nach Erweiterungen des Tem-pelbezirkes jedoch von einer festungsartigen Mauer umgeben wurde (D. Ar-nold, 1996, S. 73 - 75).

Abb. 5: Beispiel einer Nischenmauer: Anlage des Chasechemui, Abydos (Foto E. Bern-hauer)

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Abb. 6: Beispiel einer wellenförmige Mauer: Anonyme Pyramide aus dem Mittleren Reich in Saqqara-Süd (aus Goyon et al. 2004, S. 113, Abb. 96)

Abb. 7: Beispiel einer festungsartigen Mauer: Rekonstruktion des Millionenjahrhauses Sethos‘ I. in Qurna. (D. Arnold 1996, S. 133)

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Mit dem Aufkommen der konkaven und schwingenden Mauern etablierte sich schließlich ein bautechnisch neuer Weg, der dann in Variationen bis zum En-de der griechisch-römischen Epoche beibehalten wurde. Wann die schwin-genden Mauern bei Tempelanlagen zuerst aufgetreten sind, ist wohl noch nicht letztgültig geklärt. Nach Pirelli (1999) schwanken die Angaben zwischen dem Neuen Reich etwa ab der 19. Dynastie und der Spätzeit ab der 30. Dy-nastie. Als früher Vorgänger könnte die konkave Mauer über dem Eingang zum Osireion am Tempel von Sethos I. in Abydos angesehen werden. Sicher nachgewiesen ist die Neuerung zuerst bei den großen Umfassungsmauern der Tempelanlagen in der 30. Dynastie (Golvin 1990). Anlass für die Einführung des neuen bautechnischen Konzeptes Über die Frage, warum die Ägypter zu einem neuen Konzept des Mauerbaus übergegangen sind, ist viel diskutiert worden. Dabei stehen sich zwei Auffas-sungen gegenüber: Zum Einen werden religiös-symbolische Gründe hierfür angeführt (z.B. Barguet 1962), zum Anderen bautechnische Gründe: Durch die neue Technik sollte das Auftreten von Mauerschäden wie Riss-Bildungen etc. begrenzt oder vermieden werden (z.B. Chevrier 1964). Im Folgenden soll zunächst untersucht werden, welche Ursachen und For-men von Mauerschäden häufig auftreten. Schadwirkungen infolge der Lehmziegelbauweise Als mögliche Ursachen für die Entstehung von Mauerschäden werden in der Literatur zunächst die Materialeigenschaften der luftgetrockneten Lehmziegel genannt. Hierüber ist bereits ein umfangreiches Schrifttum vorhanden (z.B. Spencer 1979, Kemp 2000): Luftgetrocknete Lehmziegel sind nicht volumenkonstant, sondern schrumpfen durch Abgabe der Restfeuchte auch noch nach dem Einbau. Dies kann zu Kontraktionen im Mauergefüge und zu Setzungen führen. Zusätzliche Set-zungen können durch Kompaktierung eingelagerten organischen Materials verursacht werden. Lehmziegel schrumpfen und quellen durch Schwankungen der Luftfeuchtig-keit, was zur Lockerung des Mauergefüges und zu inneren Spannungen füh-ren kann. Lehmziegelmauern weisen eine geringe Zugfestigkeit auf. Lehmziegelmauern sind gegenüber Steinmauern gleicher Abmessung we-sentlich leichter und damit weniger standfest. Gegenüber lateralen und longi-tudinalen Beanspruchungen wie z.B. durch die Horizontalbeschleunigung bei Erdbeben oder durch schnellen Wechsel von Zug- und Druckkräften (Schwingungen) sind sie anfälliger. In der Summe verursachen oder fördern diese Aspekte das Auftreten von Setzungen, Rissen und Brüchen im Mauerkörper. Das Baukonzept der schwingenden Mauern sollte diesen Schäden entgegenwirken.

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Schadwirkungen infolge seismischer Aktivitäten Bisher wurden Erdbebenaktivitäten im Alten Ägypten kaum im Zusammen-hang mit dem Mauerbau behandelt. Daher folgt hier ein kurzer Überblick über die Seismizität Ägyptens. Die ersten Zusammenstellungen historischer Erd-beben entstanden vorwiegend aus geologisch / geophysikalischem Interesse z.B. im Zusammenhang mit der Risikoabschätzung und Gefahrenabwehr. Altägyptische Angaben über Zeit und Wirkung von Erdbeben sind allerdings oft unsicher und widersprüchlich: Da Erdbeben als göttliches Wirken verstan-den wurden (Aufstieg des toten Pharaos, Anwesenheit Gottes, göttlicher Zorn etc.), sind sie weniger als Ereignisse unmittelbar dokumentiert, sondern wur-den eher im Zusammenhang mit Anlässen für göttliches Handeln gesehen. Die in nachstehender Tabelle aufgeführten historisch überlieferten Erdbeben sind verschiedenen Katalogen entnommen (z.B. Maamoun et al. 1984, Gui-doboni 1994), wobei allerdings in den neueren Listen die altägyptischen Er-eignisse wegen der genannten Unsicherheiten nicht mehr enthalten sind. Einzig das Beben um 2200 v. Chr. ist durch Risse und Erdaufbrüche konkret belegt. Tabelle 1: Erdbebenereignisse nach altägyptischen Angaben Datum Lokalisierung Beschreibung Um 2200 v. Chr.

Sharquia Provinz, Tell Basta

Epizentrum unbekannt, schweres Beben, dokumentiert durch Risse und Erdaufbrü-che im Raum von Tell Basta. Geschätzte Stärke VII im Bereich Tell Bas-ta.

Um 1210 v. Chr.

Nähe Abu Simbel

Verursachte Risse im Tempel von Ramses II. Geschätzte Stärke VI. Zeitgenössisches Erdbeben als Ursache der Risse ist nicht gesichert, spätere Beben wahrscheinlich beteiligt.

Um 600 v. Chr.

Oberägypten, Nähe Theben

Keine authentischen textlichen Erwähnun-gen, widersprüchliche historische Verknüp-fung.

221 v. Chr. Oase Siwa Geschätzte Stärke VII in der Oase Siwa. 27 v. Chr. Oberägypten

Nähe Theben Schweres Beben mit starken Zerstörungen.

Römische Ziffern: Geschätzte Erdbeben-Intensitäten nach Mercalli-Skala Die Unsicherheiten der altägyptischen Überlieferungen können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch das alte Ägypten von Starkbeben betrof-fen gewesen sein muss. Dies lässt sich aus der Häufigkeit zuverlässig do-kumentierter Starkbeben der letzten tausend Jahre ableiten, wenn akzeptiert wird, dass sich die Seismizität in Ägypten in den letzten 2500 Jahren nicht wesentlich geändert hat.

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Tabelle 2: Historische Erdbeben in Ägypten Jahre: 1000 – 2000 n. Chr., Stärke: > 5 Jahr Ort Stärke Quelle März 1068

Aqaba-earthquake, Golf von Suez

? Kebeasy (1990)

Mai 1111

East Cairo earthquake VI El-Sayed (2008)

Aug. 1303

Offshore Mediterranean earthquake

IX El-Sayed (2008)

Okt. 1698

Rosetta earthquake VI El-Sayed (2008)

Sept. 1754

Tanta area earthquake VIII El-Sayed (2008)

Aug. 1847

Fayum earthquake VIII El-Sayed (2008)

June 1870

Offshore earthquake VII Kebeasy (1990)

Sept. 1955

Alexandria earthquake 6.7/VIII El-Sayed (2008)

Nov. 1955

Abu Dabbab earthquake 5.5 Kebeasy (1990)

März 1969

Shadwan Island earthquake 6.3/IX El-Sayed (2008)

Dez. 1978

Gilf El-Kebir earthquake 5.3 Kebeasy (1990)

Nov. 1981

Kalabsha earthquake 5.5 Kebeasy (1990)

Juli 1984 Abu Dabbab earthquake 5.1 Kebeasy (1990)

Okt. 1992

Cairo earthquake 5.9/ VIII

El-Sayed (2008)

Nov. 1995

Gulf of Aqaba earthquake 7.2/IX El-Sayed (2008)

Arabische Ziffern: Magnituden nach der Richterskala Speziell für Alexandria wurde außerdem eine Zusammenstellung historischer Erdbeben für den Zeitraum von 300 – 1400 n. Chr. basierend auf den Aussa-gen von byzantinischen und arabischen Zeitzeugen erstellt (Taher 1998). Diese Liste enthält 27 Ereignisse, die allerdings nur den subjektiven Eindruck der Zeugen wiedergeben, die Lage der zugehörigen Epizentren und die Stär-ke sind unbekannt. Dennoch ist auch diese Liste eine wertvolle Quelle im Hinblick auf die Häufigkeit und damit allgemeine Gefährdung der Region durch Erdbeben. Inzwischen hat sich die Datenlage zur Seismizität des Landes jedoch erheb-lich verbessert: In Ägypten wurde mit dem Aufbau eines neuen, modernsten

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technischen Anforderungen entsprechenden seismischen Überwachungssys-tems die Grundlage für eine flächendeckende Erdbebenüberwachung ge-schaffen ( El-Sayed et al. 2008). Das ENSN (Egyptian National Seismic Net-work) mit Zentrum in Helwan wurde 1997 in Betrieb genommen. Mit diesem System können neben den großen, überregional spürbaren Erdbeben (Magnitude >= 6) auch die kleineren und mittleren Beben erfasst und deren Zentren lokalisiert werden. Bereits die ersten 10 Betriebsjahre des ENSN bis 2007 erbrachten überraschende Ergebnisse (El-Sayed et al. 2008) und führ-ten zu einer Neubewertung der Seismizität des Landes: Neben den bekann-ten Schwerpunkten der seismischen Aktivitäten im Bereich des Roten Meeres und des Golfes von Suez wurden entlang des Nils und im Deltabereich neben einigen mittleren Beben der Stärke 4 – 5 eine sehr große Zahl von kleineren Beben registriert (s. Abb. 8).

Abb. 8: Lokale Erdbeben in Ägypten 1997 – 2007, Registrierungen des ENSN (aus El-Sayed et al. 2008, S. 99) Dies führte zu einer Neuausweisung von Zonen mäßiger bis hoher Erdbe-benaktivität entlang des Niltals. Es werden nunmehr folgende seismisch akti-ve Bereiche unterschieden: Bereich des südlichen Assuan-Stausees Bereich des nördlichen Assuan-Stausees

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Talabschnitt Edfu-Luxor Talabschnitt El Minya - Sohag Bereich Beni-Suef Zone Cairo - Suez Inwieweit diese Erkenntnisse auf altägyptische Verhältnisse übertragen wer-den können, hängt im Wesentlichen von folgenden Bedingungen ab: Die seismischen Aktivitäten in Ägypten haben sich über einen Zeitraum von ca. 2500 Jahren wenig geändert. Diese Aussage gilt sicher für die Ursachen, d.h. die geotektonischen Verhältnisse im Niltal und die plattentektonischen Rahmenbedingungen nördlich und östlich des Landes. Inwieweit sie auch für die zeitlichen und räumlichen Fluktuationen der Seismik gilt, ist jedoch unbe-kannt. Die Messungen sind zuverlässig und nicht wesentlich durch Anlauffehler des neu installierten Mess-Systems beeinflusst. Mit dieser erweiterten Datenbasis lässt sich der seismische Einfluss auf die Bautechnik nun erheblich besser einschätzen. Neben den zerstörerischen Wirkungen der selteneren Starkbeben müssen danach auch die Vibrations- oder Rütteleffekte der häufigen kleineren und mittleren Beben im Niltal stärker beachtet werden. Das muss auch den Baumeistern im Alten Ägypten bewusst gewesen sein und sie veranlasst haben, im Laufe der Zeit beständig nach technischen Möglichkeiten zur Schadensbegrenzung sowohl im Ziegel- als auch im Steinmauerbau zu suchen. Das bautechnische Konzept der konkaven und schwingenden Mauern Die größte Gefahr für Ziegelbauwerke wie Mauern bildet das Auftreten von Zugkräften. Wenn diese einen bestimmten Wert überschreiten - was bei gelo-ckertem Mauerverband schnell der Fall ist -, entstehen Risse, die wiederum Scherkräften ein bevorzugtes Angriffsziel liefern. Letztlich wird damit die Sta-bilität des Bauwerkes gefährdet. Zugkräfte können sowohl intern durch die Schrumpfung der Ziegel entstehen als auch extern durch Erdbeben erzeugt werden. Früh wurde bereits erkannt (z.B. Chevrier 1964), dass die ägypti-schen Baumeister durch die konkave Form der Ziegelschichten offenbar den Widerstand der Mauern gegen Zugkräfte erhöhen wollten: Damit wird in jeder Ziegelschicht durch das Eigengewicht der Ziegel ein lateraler Druck von bei-den Enden her auf das Zentrum der Schicht erzeugt (Abb. 9). Je steiler der Ziegel im Mauerverband liegt, desto größer ist sein Beitrag zur Druckkompo-nente entlang der Ziegelschicht. Der Ziegel in der Schichtmitte erzeugt selbst keinen Druck mehr, empfängt ihn jedoch von beiden Seiten. Die Mauer wird erst dann aufreißen, wenn diese lateralen Druckkräfte von internen oder ex-ternen Kräften (z.B. Schrumpfung oder Seismik) übertroffen werden. Dieses einfache aber wirksame Konzept wird bei vielen Ziegel- aber auch Steinmau-ern angetroffen.

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Abb. 9: Schematische Darstellung der Druckkräfte in konkaven Mauerabschnitten Das Konzept kann allerdings nur bei Mauern begrenzter Länge angewandt werden, da sonst die Krümmung der Ziegelschichten (d.h. das Verhältnis von L zu S in Abb. 9) und damit der laterale Druckeffekt zu gering würde. Bei sehr langen Mauern müssten also mehrere konkave Abschnitte aneinander gereiht werden. An den entstehenden Stoßstellen würden die Mauern jedoch bevor-zugt aufreißen, da dort zwangsläufig Zugkräfte entstehen und zu einem Aus-einanderklaffen führen können (Abb. 10). Daher wird zwischen je zwei konka-ve Abschnitte ein konvexer Abschnitt eingefügt. An den Abschnittsgrenzen wird eine durchgehende Fuge so angeordnet, als würden die Ziegelschichten des konkaven Abschnittes ihre Fortsetzung im konvexen Abschnitt finden. Damit verläuft diese Fuge nicht senkrecht, sondern ist schräg geneigt. Die konkaven Abschnitte sind damit nach oben, die konvexen Abschnitte nach unten konisch verjüngt. Wichtig ist, dass entlang der Fugen zwischen den konkaven und konvexen Anschnitten Ausgleichbewegungen durch Setzungen möglich sind (Abb. 10).

Abb. 10: Schematische Darstellung von Struktur und Funktion konvexer Mauerabschnitte

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Im Bereich der konvexen Abschnitte führen Zugspannungen zu einer Locke-rung des Mauerwerkes und damit zu Setzungen. Da die seitlichen Fugen nach unten konisch zulaufen, wird durch die Setzungsbewegung des konve-xen Mauerkörpers ein lateraler Gegendruck erzeugt, der ein Aufreißen ver-hindert. Die konvexe Überhöhung verstärkt den vertikalen Setzungsdruck zu-sätzlich. Vereinzelt sind statt der konvexen Abschnitte auch solche mit hori-zontalen Ziegelschichten anzutreffen, eine Modifikation, die bautechnisch ein-facher zu bewerkstelligen ist, ansonsten aber nach dem gleichen Konzept in-terpretiert werden kann. Sollten an den konvexen Abschnitten dennoch Risse auftreten, erlaubt die segmentierte Struktur der Mauer Reparatur- oder Er-satzmaßnahmen ohne Auswirkungen auf die benachbarten konkaven Ab-schnitte. Beim Zusammenwirken von konkaven und konvexen Mauerkörpern sind die konkaven Abschnitte die primären Körper, während die Konvexen - wie oben dargestellt - als Zwischenglieder anzusehen sind. Dies äußert sich darin, dass die Konvexen im Allgemeinen kürzer und schmäler ausgebildet sind. Der angestrebte Spannungsausgleich soll damit auf diese Abschnitte kon-zentriert werden. Die Wechselwirkungen zwischen den Abschnittstypen in-nerhalb der Mauer lassen erkennen, dass zwar konkave Abschnitte allein möglich sind, konvexe Abschnitte jedoch nur im Verbund und nicht am Ende einer Mauer angeordnet werden können. Die Geometrie der schwingenden Mauern erfordert außerdem, dass die primären konkaven Mauerkörper zeit-versetzt vor den konvexen begonnen werden müssen. In Pirelli (1999) werden Berechnungen zum Setzungsverhalten konvexer Mauerabschnitte präsentiert. Diese Berechnungen beruhen auf der Annahme, dass die Schrumpfungen im konvexen Mauerkörper allein durch den Abbau der konvexen Überhöhung kompensiert werden. Dabei wird übersehen, dass die Überhöhung durch das entsprechend geformte Fundament fixiert ist. Im hier dargestellten Konzept erfolgt der Druckausgleich dagegen durch Bewe-gungen entlang der beidseitigen Trennfugen; die o.a. Berechnungen sind also hier nicht anwendbar. Werden in den konkaven oder konvexen Abschnitten die Krümmungen zu flach, wird auch der laterale Druck zu klein, um lokal auftretende Zugspan-nungen im Mauerkörper kompensieren zu können. Die Spannungen können sich daher bereichsweise konzentrieren und dort zu Schäden führen. In die-sen Fällen kann sich die lockere Lagerung der unvermörtelten Ziegel als Vor-teil erweisen: Ungleichmäßige Spannungsverteilungen können durch Bewe-gungen der Ziegel innerhalb des Mauerverbandes - z.B. infolge des Rüttelef-fektes seismischer Erschütterungen - zumindest graduell ausgeglichen wer-den. Bisher wurden nur die Mauern im Längsschnitt betrachtet, doch die gleichen Anforderungen an die Stabilität und Standsicherheit müssen auch für die Gestaltung im Querschnitt gelten. Bei den Umfassungsmauern mit ihren er-

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heblichen Mauerstärken wirkt schon allein die Masse stabilisierend. Die Be-funde zur Ziegelschichtung dagegen sind unterschiedlich. Im Allgemeinen liegen wohl die Außenflächen der Ziegel bündig in den Außenflächen der Mauern. Bei senkrechten Außenflächen, wie z.B. bei den Mauern von Wohn-gebäuden, liegen damit die Ziegelschichten horizontal. Bei schräg nach innen geneigten Flächen ergäben sich konkave Schichten. Die breiten Umfas-sungsmauern der großen Tempelanlagen weisen zwar schräge Außenflächen auf, der Ziegelverband im Inneren ist jedoch davon nur bedingt abhängig (s. o.). In statischer Hinsicht würde man einen konkaven Schichtverlauf erwarten, um einen Druck nach innen zu erzeugen analog dem Konzept in Längsrich-tung. Lateral nach außen gerichtete Druckkomponenten dagegen, wie sie z.B. durch Ausweichbewegungen infolge seismischer Rütteleffekte entstehen können, würden die Außenverkleidung erheblich beanspruchen und dort im Extremfall zu flächigen Ausbrüchen führen. Solche Ausbrüche sind mehrfach zu beobachten (z.B. Abb. 1, links im Bild). Bei konvexer Schichtung der Zie-gellagen im Querschnitt müsste der nach außen gerichtete Druck durch die nach innen gerichtete Schrägstellung des äußeren Verkleidungsmauerwerks kompensiert werden. In der Literatur werden zur Lage der Ziegelschichten im Querschnitt unter-schiedliche Auffassungen vertreten: Als eindeutig konvex stellen Golvin et al. (1993, Abb. 3, S. 155) die Ziegellagen in einem rekonstruiertem Querschnitt des Amun-Tempels von Karnak dar. In Goyon et al. (2004) dagegen wird auf Seite 118, Abb. 110 d 4 dieser Vorschlag modifiziert: Nunmehr wechseln die Ziegellagen im Querschnitt von konvex im konkaven Abschnitt zu konkav im konvexen Abschnitt (Abb. 11).

Abb. 11: Struktur schwingender Mauern nach Vorschlag von Goyon et al. (2004, S. 118, Abb. 110 d 4)

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Dabei ist der Übergang kontinuierlich, was zur Folge hat, dass jeder Quer-schnitt zwischen den Mitten benachbarter Abschnitte eine andere Krümmung der Ziegellagen aufweist. An der Grenze zwischen zwei Abschnitten liegen die Ziegel horizontal. Leider finden sich in der Veröffentlichung zu diesem bautechnisch komplizierten Vorschlag keine Abbildungen realer Fallbeispiele. Möglich wäre auch, dass sich die hohen und mächtigen Mauern im Quer-schnitt heute nicht mehr im Originalzustand befinden. Durch Setzungen und Rütteleffekte kann eine Verformung des Querschnittes durch beiderseitiges Absinken der Außenbereiches entstanden sein. Ehemals konkav oder hori-zontal gelagerte Schichten würden dadurch allmählich im Querschnitt eine konvexe Form annehmen. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass abgesehen von der Quer-schnittsgestaltung die Befunde an Gebäudemauern und den großen Umfas-sungsmauern der Tempelbezirke mit dem dargestellten bautechnischen Kon-zept der konkaven und schwingenden Mauern in Einklang stehen. Dies gilt sowohl für Ziegel- als auch für Steinmauern. Die Annahme, dass es sich bei den konkaven Steinmauern um Imitationen von konkaven Ziegelmauern han-delt (Spencer 1979, Goyon et al. 2004), kann damit entfallen. Mit dem dargestellten bautechnischen Ansatz konnten wohl Mauerschäden bei mäßiger Belastung vermieden werden, er bot jedoch keinen Schutz vor massiven Erschütterungen wie z.B. größeren Erdbeben. Dies zeigt das Bei-spiel der Mauerreste von Dimeh (Abb. 12 aus Petrie 1938, IV, 13): Die Abbil-dung zeigt mächtige Dehnungsrisse im Bereich der Trennfugen zwischen den konkav ausgebildeten Eckmauern und den anschließenden konvexen Ab-schnitten. Als Ursachen kommen hier nur starke seismische Erschütterungen in Betracht. Es fällt auf, dass innerhalb des konkaven Abschnittes (Abb. 12, links) ebenfalls vertikal durchgehende Risse vorhanden sind, diese jedoch geschlossen geblieben sind. Abgesehen von diesen außerordentlichen externen Einwirkungen muss die neue Bauweise jedoch erfolgreich gewesen sein, da sie über Jahrhunderte beibehalten wurde. Ihre Wirksamkeit wird auch von Chevrier (1964) anhand von Rekonstruktionsarbeiten an der Umfassungsmauer von Karnak belegt: Neu errichtete Abschnitte mit horizontaler Schichtung wiesen bald Schrump-fungsrisse auf, während die nach dem Konzept der schwingenden Mauern errichteten Teile ohne Schäden blieben.

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Abb. 12: Mauerschäden, Dimeh (Petrie 1938, IV, 13) Deutung der schwingenden Mauern Mit dem Übergang von den festungsartigen Mauern zu den schwingenden Mauern hat sich auch ein Wandel in der religiösen Deutung vollzogen: Wäh-rend aufgrund des wehrhaften Charakters der festungsartigen Mauern die Tempelanlage als „Götterfestung“ symbolisiert wurde, fasste man die schwin-genden Mauern mit ihrer umlaufenden Wellenkrone als Sinnbild des den Ur-Hügel der Schöpfung umgebenden Wassers des Ur-Ozeans Nun auf (Bar-guet 1962, Pirelli 1999). Es wird in der Literatur kontrovers diskutiert, ob die Mauern ihre schwingende Form primär aus bautechnischen oder aus religiösen Gründen erhalten ha-ben. Gegen bautechnische Aspekte wird z.B. eingewandt, dass schwingende Mauern nur als Umfassungsmauern von Tempelanlagen vorkommen, dass echte Schwingungen nur bei Ziegelmauern angetroffen werden und konkave Steinmauern als Imitationen von Ziegelmauern aufzufassen sind, oder dass schwingende Mauern nachweislich keine Riss-Bildung verhindern könnten und damit statisch keine Bedeutung hätten. Alle diese Einwände sind inzwi-schen entkräftet worden. Andererseits musste sich der Mauerbau im Alten Ägypten neben anderen As-pekten auch durchgehend mit materialtechnischen und seismischen Proble-men auseinandersetzen und Lösungen dazu finden: Bei den Nischenmauern erhöhen die Rippen zwischen den Nischen die Steifigkeit und damit die Stützwirkung der Außenfassaden, wobei die stabilisierende Wirkung mit zu-nehmender Gliederungstiefe steigt. Bei den im Grundriss wellenförmigen Mauern kann die Amplitude der Schwingung als eine Verbreiterung der Basis

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und damit als Erhöhung der Stabilität gegenüber seismisch bedingtem Hori-zontalschub betrachtet werden. Bei den festungsartigen Mauern bewirkt die Stützung durch die eingeschalteten Türme eine höhere Standfestigkeit, und die schwingenden Mauern schließlich können sogar als das Ergebnis einer Optimierung zur Schadensabwehr verstanden werden. Bei jedem der hier angeführten Mauertypen ist zwar ein bautechnisches Kon-zept vorgegeben, die architektonische Ausgestaltung konnte jedoch jeweils im Sinne symbolisch-religiöser Vorstellungen angepasst werden: Bei den Ni-schenmauern und den festungsartigen Mauern ist der symbolische Charakter des Bauwerkes als Götterfestung durch die Anlagen selbst realisiert. Bei den schwingenden Mauern hätte man zwar das technische Konzept auf verschie-dene Weise umsetzen können, offenbar wurde jedoch der angestrebte Wel-lencharakter gezielt durch geeignete Wahl des Verhältnisses von Wellenlän-gen und Amplituden zur Gesamthöhe des Bauwerkes besonders betont. Dies zeigt, dass die ägyptischen Baumeister durchaus in der Lage waren, das je-weilige bautechnische Konzept und seine religiös–symbolische Ausgestaltung mit einander in Einklang zu bringen. Abbildungen

1. Schwingende Mauer, Karnak, Umfassungsmauer des Tempelbezirkes des Amun-Re (Foto E. Bernhauer)

2. Mauerquerschnitt, Karnak, Umfassungsmauer des Tempelbezirk des Amun-Re (aus Golvin et al. 1993, Pl IIa)

3. Konkave Ziegelmauer (Graphik Steinmann, Projekt Tuna el-Gebel) 4. Konkave Steinmauer, Philae (Foto E. Bernhauer) 5. Beispiel einer Nischenmauer: Anlage des Chasechemui, Abydos (Foto E. Bernhau-

er) 6. Beispiel einer wellenförmigen Mauer: Anonyme Pyramide aus dem Mittleren Reich

in Saqqara-Süd (aus Goyon et al. 2004, S. 113, Abb. 96) 7. Beispiel einer festungsartigen Mauer: Rekonstruktion des Millionenjahrhauses

Sethos‘ I in Qurna. (D. Arnold 1996, S. 133) 8. Lokale Erdbeben in Ägypten 1997 – 2007, Registrierungen des ENSN (El-Sayed et

al. 2008, S. 99) 9. Schematische Darstellung der Druckkräfte in konkaven Mauerabschnitten 10. Schematische Darstellung von Struktur und Funktion konvexer Abschnitte 11. Struktur schwingender Mauern nach Vorschlag von Goyon et al. (2004, S. 118, Abb.

110 d 4) 12. Mauerschäden, Dimeh (Petrie 1938, IV, 13)

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DIEBE DER REVOLUTION

ÄGYPTEN NACH DER REVOLUTION Impressionen von Angela Gresser, Anfang September 2011 Sieben Monate nach dem Ende der Revolution sind Ernüchterung und man-cherorts Enttäuschung eingekehrt. Wo sind die gut ausgebildeten, unzufrie-denen, tatkräftigen jungen Frauen und Männer, die den Geist der Freiheit auf den Tahrir Platz trugen? Der Volksaufstand hatte keinen Anführer, das war seine Stärke. Aber jetzt sagt den Helden der Revolution niemand, was zu tun ist. Erst als sich die Massen aus den Elendsvierteln anschlossen und auf die Straße gingen, waren die Tage Mubaraks gezählt. Die Menschen in den „Ashwa`iyat“ mit ihren ca. 10 Millionen Bewohnern werden eine gewichtige Rolle spielen, sie sehen sich als das Blut der Revolution – und sie haben nichts zu verlieren. Die Elite im Cafe Horreya mit den neuesten iPhones und Blackberrys hat den Geist der Freiheit in den ersten Stunden entfacht. Sie ist gut informiert und gebildet. Aber sie hat keinen wirklichen Führer, ist zersplittert und noch immer nicht organisiert. Sie hat sich in kleine Gruppen aufgespalten. Ihre Eltern sind Rechtsanwälte, Ärzte usw. Die Elite lebt in einer anderen Welt. Wie soll sie die Massen in Sharabiya, Zarayeb und Imbaba erreichen? Kairo hatte zu Beginn des 20 Jahrhunderts ca. 1 Million Einwohner, die Zahl ist nunmehr auf ungefähr 25 Millionen angewachsen. Was wird werden, wenn sich unter einer demokratisch gewählten Regierung die Lebensbedingungen der Slumbewohner nicht verbessern? Die Erwartungen an das „neue Ägyp-ten“ sind von allen Seiten her enorm. Täglich werden neue Parteien gegrün-det und neue Bündnisse geschlossen. Genauso schnell bewaffnet sich die Gesellschaft. Die Kriminalität steigt rasant. Besonders unter den ganz Armen der Gesellschaft. Für viele bedeutet Freiheit, das zu tun, was man möchte. Die Polizei hält sich zurück, hat kaum mehr etwas zu sagen. Im Moment je-denfalls. Oftmals wird die Polizei selbst zum Opfer. Die Hälfte der 85 Millionen Ägypter lebt von weniger als 2 Dollar pro Tag. Daneben sind Mietwohnungen am Nil für monatlich 15.000 Dollar und mehr sehr begehrt. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn jede Hilfe dankbar an-genommen wird. In den ersten Tagen der Revolution war nichts zu hören und nichts zu sehen von einer bestimmten Gruppe: von den Moslembrüdern. Jetzt sind sie überall präsent, die Diebe der Revolution, die Islamisten. Hier in den Slums, in dieser halben Apokalypse und in den Dörfern unterhalten sie Kran-kenhäuser, Kindergärten und Schulen. Sie helfen mit Lebensmitteln, organi-sieren Hochzeiten und kümmern sich um vieles andere. Finanziell sind die

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Moslembrüder gut ausgestattet. Sie besitzen Firmen und Hotels, treiben Handel. Ihr größter Geldgeber aber ist mit Abstand Saudi Arabien. „Zakat ge-ben“, wird es laut Koran genannt. Nicht auszudenken, wenn sie bei der Wahl die stärkste Kraft würden. Während der Revolution standen Kopten und Muslime Seite an Seite, sie hat-ten ein gemeinsames Ziel: Mubarak musste weg. Aber die Gemeinsamkeiten waren schnell verflogen. Wenige Wochen nach der Revolution werden Frau-en mit Säure besprüht, weil sie kein Kopftuch tragen. Ein koptischer Priester wurde in seinem Haus mit dem Ruf „allahu akbar“ erstochen. Die Polizei rück-te nicht an. Ein Sinnbild für den Überlebenskampf der Christen ist Zarayeb. Hier in dem schlimmsten Slum leben ca. 70.000 Kopten im Müll, von den Ab-fällen der großen Stadt. Manche junge Moselmbrüder geben sich moderat, sie sagen, sie seien für Demokratie und Menschenrechte, die auch für die Kopten gelten sollen. Alles wird davon abhängen, welche Verbindungen die moderaten Moslembrüder mit den Salafisten eingehen, welche Allianzen sie schmieden. Unter Mubarak waren die Salafisten stark unterdrückt und verfolgt. Jetzt sind sie wieder auf-getaucht, genießen ihre Freiheit. Sie verprügeln Frauen auf offener Straße, zünden Alkoholläden an und brennen Kirchen nieder. In Mittelägypten werden jetzt noch öfter als früher unliebsame koptische Kon-kurrenten überfallen. Die Prozedur des Abtrennens eines Ohres hat Konjunk-tur. Die Salafisten wollen so leben wie der Prophet vor 1400 Jahren und sie betrachten Osama bin Laden als Märtyrer. Aber es gibt auch Positives zu berichten. Viele Errungenschaften, wie freier Meinungsaustausch, Prozesse gegen Minister und Polizeioffiziere u.ä. lassen sich nicht mehr stoppen. Es wird hoffentlich vieles besser werden. Kein einzi-ger Tourist kam während der Revolution oder danach zu Schaden, und es ist auch keine einzige Aktion gegen den Fremdenverkehr bekannt, die für den Fremdenverkehr hätte gefährlich werden können. Im ganzen Land steigen die Tourismuszahlen wieder an, besonders am Roten Meer und in Luxor. Jeder einzelne Besucher ist gerade jetzt ein wichtiger Beitrag für die Stabilität des Landes und für den Erhalt der so wichtigen Arbeitsplätze. Fahren Sie nach Ägypten, Sie werden ein interessantes Land vorfinden! Ägypten freut sich auf alle Besucher.

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BEDEUTENDE ÄGYPTOLOGEN HEINRICH BRUGSCH –„DER GENIALSTE DEUTSCHE ÄGYPTOLOGE“ (F. W. v. BISSING) Teil 3 (Schluss) von Patricia Cichon Zusätzlich zu den Baukosten für den Suezkanal verschlang die kostspielige Ambition des Khediven, die Stadt Kairo zu einem afrikanischen Paris mit Gar-tenanlagen, Theatern und Palastbauten umzubauen, Unsummen. Die finan-zielle Situation des Landes verschlechterte sich rapide, so dass selbst für die notwendigsten Staatsausgaben keine ausreichende Deckung mehr bestand. Ägypten wurde zum Spekulationsobjekt der großen europäischen Bankhäu-ser, die gegen Unterpfänder immer neue Anleihen zeichneten. Heinrich Brugsch berichtet von Mufettisch Ismail, dem Milchbruder des Khediven, der als Wesir das ägyptische Finanzwesen in Ordnung bringen sollte, aber hauptsächlich auf seinen eigenen finanziellen Vorteil bedacht war und Hein-rich später in eine prekäre finanzielle Situation bringen sollte. Auf Brugschs Anregung wurde in Kairo eine geografische Gesellschaft mit einer entsprechenden Bibliothek durch den Khediven gestiftet, mit dem Ziel, die eroberten Gebiete im Süden einer wissenschaftlichen Betrachtung und Darstellung zu unterziehen. Mit der besoldeten Leitung dieser Gesellschaft wurde Georg Schweinfurth betraut, der im Auftrag der Humboldtstiftung Afrika bereiste und sich zu dieser Zeit in Kairo aufhielt. Mit einigen militärischen Be-gleitern (General Stone und Offizieren) besuchte Schweinfurth die neu er-oberten Gebiete und wurde mit seinen Expeditionsberichten zu einem Mittel-punkt der Kairoer Gesellschaft10. Brugsch berichtet von einigen Gefangenen aus dem Inneren Afrikas, die dem Khediven als Proben seiner neuesten Un-tertanen vorgeführt wurden und schildert deren Kriegstänze und sonstiges Verhalten. Heinrich Brugsch war als Reisebegleiter prominenter Reisender, z.B. des Erzherzogs Rainer, des Kronprinzen Rudolf und des Kaisers von Brasilien, sehr gefragt und dadurch immer öfter von seiner Schule in Kairo abwesend. So sehr er diese Reisen mit den Möglichkeiten zur Erkundung und Erfor-schung des gesamten Ägypten bis in den Sudan und auf den Sinai auch ge-noss und sie durch Zeichnungen und Abschriften eifrig dokumentierte, war der „Reisemarschall“ doch nicht seine Profession.

10

Georg Schweinfurth: Im Herzen von Afrika 1868–1871.

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Im Jahr 1871 wurde Brugschs „Ägyptologenschule“ in Kairo plötzlich aufge-löst, weil auf Heinrich Brugsch eine neue Aufgabe wartete. Ägypten war ein-geladen worden, an der Weltausstellung 1873 in Wien teilzunehmen und Heinrich sollte als Generalkommissar der Ausstellungskommission fungieren. 1872 reiste er zusammen mit dem Architekten Schmoranz nach Wien, um die Arrangements der Musterbauten im arabischen Stil (zwei Moscheen, Palast des Khediven, ein vornehmes ägyptisches Wohnhaus, ein Fellachendorf mit voller Ausstattung sowie Tieren und Menschen) für die Ausstellung aufzu-bauen. Aus allen Teilen Ägyptens wurden Produkte der Landwirtschaft, der Industrie und des Kunstgewerbes, alltägliche Gegenstände von Trachten bis zu unscheinbaren Töpfen nach Wien gebracht. Der ägyptische Beitrag zur Weltausstellung war nach Brugschs Ansicht ein glänzender Erfolg, der Wie-ner Hof zeigte sich begeistert und entzückt von der Schönheit der Gebäude und Kunstgegenstände. Der Architekt Schmoranz, dem es gelang, die Eigen-tümlichkeit des arabischen Baustils zu erfassen und umzusetzen, machte Fu-rore. Heinrich Brugsch führte prominente Zeitgenossen durch die Weltausstellung, wie die Kaiserin Auguste, die er im Haus des Khediven bewirtete. Er traf mit einigen alten Bekannten, wie dem Kaiser von Brasilien, dem Schah und Kronprinz Rudolf zusammen. Der Kaiserin Elisabeth von Österreich überließ er auf deren Wunsch hin seinen nubischen Diener. Die Weltausstellung wurde überschattet von einem Börsenkrach11 und dem Ausbruch der Cholera in Wien, wodurch wesentlich weniger Besucher die Weltausstellung besuchten als erwartet. Heinrich Brugsch gibt auch der Pres-se, die die Choleragefahr nach seiner Meinung unnötig aufgebauscht hatte, eine Mitschuld am Ausbleiben der Besucher. Der Khedive, der sich zur Zeit der Weltausstellung als Gast des Sultans in Konstantinopel aufhielt, erfuhr aus der Weltpresse vom glänzenden Erfolg der ägyptischen Ausstellung und schrieb Brugsch Lobes- und Dankesbriefe. Die Auflösung und Regulierung der letzten Geschäfte in Wien nahmen noch einige Monate in Anspruch, so dass Heinrich Brugsch Anfang 1874 abreisen konnte. In Kairo angekommen, wurde er vom Khediven mit großen Ehrenbe-zeugungen empfangen und zum Bey ernannt12. In der Folge war er häufig – auch privat – Gast des Khediven und als dessen Ratgeber geschätzt. Zur Weltausstellung in Philadelphia 1876 wurde Heinrich Brugsch, trotz sei-ner Bedenken wiederum zum Organisator des ägyptischen Beitrags be-stimmt. Seine Einwendung, dass die Exponate der Wiener Weltausstellung als Geschenke in Österreich geblieben seien und in der kurzen Zeit keine

11

Börsenkrach von 1873, von dem Wien in besonders starkem Maße betroffen war durch Firmenpleiten und Zusam-

menbrüche von Bankhäusern. 12

Bey: militärischer und auch ziviler Titel von Beamten der gehobenen Rangstufe.

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neue adäquate Sammlung angelegt werden könne, blieb ebenso wie der Hinweis auf die prekäre Lage der Staatsfinanzen ungehört. Im Dezember 1875 traf Heinrich Brugsch in Begleitung seines Bruders Emil, der ihm als Kommissar zu geteilt worden war und ihn beim Zeichnen der Plä-ne unterstützte, in Philadelphia ein. Heinrich begann sofort mit der Organisa-tion der Ausstellung und schloss die entsprechenden Verträge mit Lieferanten und Handwerkern ab. Bei einem New Yorker Bankhaus war ihm von der ä-gyptischen Regierung ein Kredit mit zehntausend Pfund Sterling zur Verfü-gung gestellt worden. Als Heinrich in New York eine Geldsumme abheben wollte, wurde ihm zu sei-ner großen Bestürzung ein Telegramm vorgelegt, das diesen Kredit aussetz-te. Brugsch sah sich nun persönlich den Forderungen der amerikanischen Lieferanten und Handwerker ausgesetzt und musste außerdem fünf Beamte aus Ägypten versorgen. Tief beunruhigt stellte er einige persönliche Wechsel aus. Auf seine Telegramme und Briefe erhielt er keine Antwort aus Kairo, so dass er sich gezwungen sah, nach Kairo zu reisen und persönlich vorstellig zu werden. In Kairo weigerte sich allerdings der Wesir der Finanzen, Mufet-tisch Ismail, Brugsch überhaupt zu empfangen. Erst nach heftigen Schwierig-keiten und Intervention der preußischen Regierung nahm die Angelegenheit für Heinrich einen positiven Ausgang. Der ägyptische Staatshaushalt blieb trotz des Verkaufs der ägyptischen Su-ezkanalaktien an Großbritannien in einem desolaten Zustand. Als Ägypten im Jahr 1878 keinen Schuldendienst mehr leisten konnte, richteten Frankreich und Großbritannien eine Kontrollkommission für die zerrütteten ägyptischen Finanzen ein. In das Regierungskabinett wurden auf Druck der Gläubiger ein Engländer als Finanzminister und ein Franzose als Arbeitsminister berufen. Die beschlossenen Sparmaßnahmen wirkten sich fatal auf die Staatsbediens-teten, darunter auch Heinrich Brugsch, aus. Alle ausländischen Staatsbe-diensteten wurden wie auch viele ägyptische Beamte mit kleiner Abfindung aus dem Staatsdienst entlassen. Die Besoldung der im Dienst belassenen Beamten wurde erheblich verringert. Da Brugschs fünfjährige Beurlaubung ohnehin zu Ende ging, wollte auch er Ägypten verlassen und in Göttingen seine Vorlesungen wieder aufnehmen. Der Khedive aber beschwor ihn, in seinen Diensten zu bleiben, so dass Brugsch auf Kosten des Khediven nach Berlin reiste und beim deutschen Kaiser Wilhelm I. um die Verlängerung seiner Beurlaubung ansuchte. Da der Kaiser das Renommee Preußens durch solche Auslandseinsätze gesteigert sah, erlaubte er Heinrich Brugsch, solange im ägyptischen Staatsdienst zu bleiben, wie es die Verhältnisse dort gestatteten. Brugsch verkaufte sein Haus in Göttingen und mietete sich und seine Familie für die Sommermonate in der Nähe von Graz ein. Die landschaftlichen Schönheiten der Steiermark, der niedrige Mietzins und die Verkürzung des

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Reisewegs von und nach Ägypten (über Triest) waren der Grund für diese Wohnungswahl. Brugsch beschreibt in höchst amüsanter Weise die Merk-würdigkeiten seiner neuen europäischen Heimstätte in der Steiermark. Zurückgekehrt nach Kairo, wurde Heinrich Brugsch in den Hofstaat des Khe-diven integriert und erhielt seine Besoldung vom ägyptischen Unterrichtsmi-nisterium. Die nächsten Jahre konnte er in ruhiger wissenschaftlicher Tätig-keit verbringen, bis sich die Aufmerksamkeit der englischen Finanzprüfungs-kommission auch auf ihn richtete. Brugsch erhielt eines Tages die Aufforde-rung, sich beim englischen Prüfungskommissar für das Finanzwesen zu mel-den, der ihm eröffnete dass er künftig als Beamter des ägyptischen Finanz-ministerium Dienst zu tun habe. Heinrichs Einwand, er verstünde nichts vom Finanzwesen wurde vom englischen Prüfungskommissar mit der Frage ge-kontert, was er denn überhaupt sei und könne. Die Unterhaltung mit dem Kommissar war für Brugsch so demoralisierend, dass er sich gezwungen sah, seinen Dienst am ägyptischen Hofe schriftlich zu quittieren und unverzüglich nach Deutschland zurückzukehren. In Graz leitete er die endgültige Übersiedelung seiner Familie nach Berlin in die Wege und kaufte in Charlottenburg ein Haus, in dem er seinen wissenschaftlichen Arbeiten nachging und das hieroglyphisch-demotische Wörterbuch fertig stell-te. Auf die dringliche Bitte seines alten Freundes Auguste Mariette reist Heinrich 1879 nach Kairo, da der schwerkranke Mariette Brugschs Hilfe bei seinem letzten Forschungsprojekt benötigte. Heinrich Brugsch sollte mit seinen Fertigkeiten in der altägyptischen Paläo-grafie die neu entdeckten hieroglyphischen Wandinschriften in einigen Pyra-miden in Sakkara identifizieren. Mit seinem Bruder Emil, der als Konservator im Ägyptischen Museum Kairo angestellt war, untersuchte Heinrich Brugsch die betreffenden Pyramiden der 6. Dynastie und es gelang ihm, die Pyrami-dentexte zu identifizieren. In einer der Pyramiden stießen die Brüder Brugsch auf die Mumie eines Man-nes, den sie für den dort bestatteten Herrscher hielten. Sie beschlossen spon-tan, dem todkranken Mariette durch den Anblick dieser Mumie eine letzte Freude zu bereiten und transportieren sie per Esel und Eisenbahn von Sakka-ra nach Kairo an Mariettes Krankenbett. Für Mariette war dieser vermeintliche Fund einer Herrschermumie aus dem Alten Reich in situ eine Sensation, lei-der starb er aber einige Tage später, am 17. Januar 1880, wahrscheinlich an den Folgen einer Diabeteserkrankung. Auf Druck Frankreichs wurde zum Nachfolger Mariettes als Leiter des Service d'Antiquités Égyptiennes und des Boulaq-Museums umgehend Gaston Maspero bestimmt. Heinrich Brugschs große Enttäuschung hierüber wurde

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durch seine Ernennung zum Pascha13 durch den Khediven Mohammed ge-mildert. Einige Monate nach Mariettes Tod erhielt Brugsch die Anfrage, den Kronprin-zen Rudolf auf eine Ägyptenreise bis nach Philae mit dem vizeköniglichen Dampfer zu begleiten. Brugsch nahm den Auftrag gerne an und schreibt mit Hochachtung von des Kronprinzen liebenswürdiger Art, bescheidenem Sinn und nüchterner Weltanschauung. Kronprinz Rudolf verarbeitete diese Ägyp-tenreise im ersten Teil seines Werks „Eine Orientreise“. In Brugschs Autobiografie nehmen die Begegnungen und die Freundschaft mit dem Kronprinzen Rudolf einen gewissen Raum ein. Heinrich Brugsch be-suchte das Kronprinzenpaar 1881 für einige Wochen in Prag und beschrieb seinen täglichen Umgang mit dem jungen, nach seiner Beobachtung glückli-chen Ehepaar. Über den tragischen Tod Rudolfs im Jahr 1889 äußerte er sich in seinen Memoiren sehr bestürzt. Heinrich Brugsch war auch mit dem Prinzen Friedrich Karl von Preußen, freundschaftlich verbunden. 1882 reiste der Prinz incognito mit Brugsch nach Ägypten, Palästina und weiter über Damaskus nach Palmyra.14 Im Verlauf dieser skurrilen Reise fachsimpelte Brugsch mit dem russischen Großfürsten Konstantin über morgenländische Sprachen und wurde von Heinrich Schlie-mann höchstselbst durch das antike Athen geführt. Die nächsten Stationen dieser Reise führten nach Neapel, Pompeji und Rom. 1885 wurde Heinrich als Legationsrat Mitglied der ersten außerordentlichen (kaiserlichen) Gesandtschaft an den persischen Hof. Über Breslau und Odes-sa fuhr die vierköpfige Gesandtschaft nach Teheran, an den Hof des Schah Nasr el Din. Heinrich erneuerte die Freundschaft mit einigen alten Bekannten von seinem ersten Aufenthalt in Persien 1860/61. Nach siebenmonatigem Aufenthalt in Teheran, der durch eine schwere Fie-bererkrankung Heinrichs überschattet war, kehrte die Gesandtschaft nach Berlin zurück. Nach dem Tode von Richard Lepsius wurde Heinrich Brugsch in keines der Ämter Lepsius’ berufen, weder in die Direktion des Ägyptischen Museums noch in die ordentliche Professur für Ägyptologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität. Beide Ämter übernahm Adolf Erman. Heinrich Brugsch lehrte indessen als Privatdozent an der Friedrich-Wilhelms-Universität und hielt als „Reiseprediger“ öffentliche Vorträge überall im Lan-de. In den „Vossischen Sonntagsbeilagen“ veröffentliche er regelmäßig Bei-träge zur Ägyptologie, wobei ihm die vielfältigen Anfragen seiner Leserschaft große Freude und Bestätigung bereiteten. 13

Pascha: Titel von Beamten der höheren Rangstufe, nachrangig dem Großwesir und den Wesiren. 14

Brugsch, Heinrich, Prinz Friedrich Karl im Morgenland.

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In den Jahren 1891 und 1892 erhielt Heinrich Brugsch den staatlichen Auf-trag, Papyri und Artefakte für die preußischen Museen anzukaufen. M. de Morgan, Masperos Nachfolger als Leiter des Service d'Antiquités Égyptien-nes erteilte Brugsch die Erlaubnis, eigenständige Nachgrabungen zur Auffin-dung von Denkmälern in Unterägypten und im Fayum durchzuführen und die Funde nach Berlin zu schaffen. In Kairo wurde Heinrich Brugsch mit der beginnenden Tourismusindustrie konfrontiert, die in den 1890er Jahren Ägypten entdeckt hatte. Nach seiner Beobachtung hatte sich Ägypten unter dem Einfluss Englands durch die Be-endigung des Bakschischunwesens, Ausbau der Kanalisation und Verbesse-rung der Landwirtschaft stark gewandelt. Kairo sei zu einer afrikanischen Weltstadt mit europäischem Gepräge und einem hohen Sicherheitsstandard geworden. Am 09.09.1894 verstarb Heinrich Brugsch in Berlin-Charlottenburg. Friedrich Wilhelm von Bissing bezeichnete Heinrich Brugsch in seiner Biogra-fie15 nicht umsonst als den genialsten deutschen Ägyptologen, ohne dessen Arbeiten die Entwicklung der Ägyptologie in der zweiten Hälfte des 19. Jahr-hunderts nicht möglich gewesen wäre. Heinrich Brugsch hinterlässt ein reich-haltiges Werk, das weit über die Ägyptologie, Paläophilologie und Paläografie hinaus eine Chronik seiner Zeit darstellt und historische Ereignisse und Per-sonen aus seiner persönlichen Perspektive beschreibt. Durch seine Genialität und wohl auch wegen seiner humorvollen und unspek-takulären Persönlichkeit erwarb er sich die Sympathie und Hochachtung der politischen und wissenschaftlichen Elite seiner Zeit. Als hochgeschätzter Wissenschaftler und Reisebegleiter begegnete Heinrich Brugsch vielen histo-rischen Persönlichkeiten außerhalb des üblichen Standesdünkels auf Augen-höhe. Daher erhält man in Brugschs Werken auch einen kleinen, ganz eigenen Blick auf Menschen von weltgeschichtlicher Bedeutung, denen er begegnet und häufig in Freundschaft (oder Abneigung) verbunden war. Auch in der Literatur seiner Zeit ist Heinrich Brugsch präsent, beispielsweise in den Werken von Theodor Fontane16 oder Richard Burton17, der ihn als Rat-geber sehr schätzte.

15

Friedrich Wilhelm von Bissing: Brugsch, Heinrich. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 2, Berlin 1955, S.

667f. 16

Theodor Fontane, Wanderungen durch die Mark Brandenburg. 17

Richard F. Burton, The Land of Midian.

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Die wichtigsten Werke, mit denen Heinrich Brugsch seit seinem 17. Lebens-jahr Furore machte und sich auch einige erbitterte Feinde schuf, lauten:

• Scriptura Aegyptiorum demotica, 1848 • Numerorum apud veteres Aegyptios demoticorum doctrina, 1849 • Die Inschrift von Rosetta, 1850 • Reiseberichte aus Ägypten, 1855 • Monuments de l'Égypte, 1857 • Geographische Inschriften altägyptischer Denkmäler, Band 1 – 3, 1857–1860 • Recueil des monuments égyptiens, 6 Teile, 1862–1885 • Reise der königlich preußischen Gesandtschaft nach Persien Band 1 und 2,

1862/1863 • Hieroglyphisch-demotisches Wörterbuch Band 1 – 7, 1867–1882 • Prinz Friedrich Karl im Morgenlande, 1884 • Im Lande des Schahs, 1886 • Steininschrift und Bibelwort, 1891 • Ägyptologie, 1891 • Aus dem Morgenlande: Altes und Neues, 1893 • Mein Leben und mein Wandern. 1894

MISCELLANEA

NEWSTICKER Von Silvia Rabehl ÄGYPTEN ● Neuaufstellung des Supreme Council of Antiquities Am 18. August wurde offiziell Mohamed Abdel Fatah durch den aktuellen ä-gyptischen Premierminister Essam Sharaf zum neuen Leiter des SCA beru-fen. Laut ägyptische Online-Ausgabe von Al-Ahram vom 20.09. ist Fatah in-zwischen von seinem Amt zurückgetreten, und der Posten wieder vakant.

• Zur Causa Hawass: Gegen Zahi Hawass wird zur Zeit wegen illegalen Antiquitätenhandels und Korruption ermittelt. Am 16.8. meldete er sich nichts desto trotz mit seinem Blog zurück, in dem er sich zu den Vorwürfen äußert und auch über seine Zukunftspläne als Privatmann berichtet. (Quelle: www.drhawass.com/blog/message-all-my-friends) (http://english.youm7.com/News.asp?NewsID=342487&SecID=12) • Luxor und Karnak – neue Leitung Zum Leiter des Bereichs Luxor / Karnak ist nach neuesten Informationen aus Luxor Ibrahim Soliman vom SCA ernannt worden (Quelle: http://luxor-news.blogspot.com/2011/09/sca-changes-ibrahim-soliman-promoted.html)

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Forschung und Restaurierung • Wiederaufnahme der Grabungen ausländischer Forschungsteams in Ä-

gypten Mit Montag, 5. September, sollen laut Dr. Mohamed Ismail Khaled, dem für nichtägyptische Grabungsteams zuständigen Direktor innerhalb des SCA, insgesamt 75 ausländische Grabungs- und Forschungsteams ihre Tätigkeiten in Ägypten wieder aufnehmen, darunter befinden sich auch 15 neue Projekte von US-amerikanischen, italienischen und deutschen Wissenschaftlern (Quelle: Al Masry Al Youm vom 3.9.: www.almasryalyoum.com/en/node/491878) und ebenfalls: (http://www.iae-gyptology.org/ ) • UNESCO bietet Unterstützung Nach Auskunft von Mohamed Abdel Fatah, dem Leiter des SCA, hat die U-NESCO in einem Treffen am 12. September ihre volle Kooperation bei der Restaurierung und Erhaltung sämtlicher ägyptischer Monumente zugesichert, die zum Weltkulturerbe zählen, und darüber hinaus ihre besondere Unterstüt-zung bei der Restaurierung der Nekropole von Memphis so wie bei der Aus-bildung von Kuratoren für das Neue Ägyptische Museum zugesichert. (Quelle: http://english.ahram.org.eg/News/21050.aspx) • Nofretete Der bald ein Jahrhundert zählende Streit um die Büste der Nofretete geht neuesten Erkenntnissen einer Kunsthistorikerin der TU Berlin, Bénédicte Sa-voy, zufolge auf die deutsch-französische Feindschaft nach dem Ersten Welt-krieg zurück. Sie gründet ihre These auf einem bislang unbekannten Akten-konvolut, insbesondere auf einer Akte aus dem Nachlass des Ägyptologen Pierre Lacau. (Quelle: http://www.pressestelle.tu-berlin.de/medieninformationen/2011 au-gust_2011/medieninformation_nr_2412011/ und B. Savoy (Hrsg.), Nofretete. Eine deutsch-französische Affäre 1912-1931, Köln 2011 GESTOHLEN / WIEDERGEFUNDEN • (10. September) In Minia (Mittelägypten) sind 12 Schmuggler von Antiqui-

täten beim versuchten Verkauf von 27 gestohlenen Objekten verhaftet worden (Quelle: http://english.youm7.com/News.asp?NewsID=344775) • 122 bereits im November letzten Jahres in einem Melbourner Auktions-

haus

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entdeckte, offensichtlich aus Ägypten nach Australien geschmuggelte Antiqui-täten wurden jetzt offiziell der Ägyptischen Regierung zurückgegeben. (Quellen: http://www.canberratimes.com.au/news/local/news/general/egyptian-artefacts-are-homeward-bound/2295111.aspx und http://www.canberratimes.com.au/news/local/news/general/egyptian-artefacts-are-homeward-bound/2295111.aspx) Zu Zerstörung und Raub nach der Januarrevolution ist außerdem ein höchst informatives Interview von Stefan Seidlmayer, dem Leiter des DAI Kairo in der SZ vom 20.07. nachzulesen unter: (www.sueddeutsche.de/wissen/aegypten-revolution-und-archaeologie-die-raeuber-konnten-seelenruhig-vorgehen-1.1122140) KONGRESSE • Absage des Internationalen Ägyptologenkongresses 2012 in Kairo Nach Mitteilung des Internationalen Ägyptologenverbandes (IAE) vom 10.08. ist der ursprünglich für 2012 in Kairo geplante Internationale Ägyptologen-kongress auf Grund der schwierigen Situation vor Ort und innerhalb des SCA von den ägyptischen Kollegen abgesagt worden. Ein neuer Veranstaltungsort wird derzeit gesucht. Da die Vorbereitung einige Zeit in Anspruch nimmt, ist mit einem neuen Termin für den ICE frühestens ab 2013 zu rechnen. (http://www.iae-egyptology.org/) • IV. Internationaler Kongress für junge Ägyptologen (ICYE) 2012 in Sofia Die Registrierung für den vom 22. bis 25. September 2012 in Sofia stattfin-denden Kongress ist seit Anfang September möglich über das Internet-Portal: http://congress.egyptology-bg.org/ MUSEUMSNEUIGKEITEN • Ägyptisches Museum Kairo Die Inventarisierung des Gesamtbestandes des Ägyptischen Museums soll nach Aussage von Ra'fat Al Nabarawy, einem Mitglieds des zuständigen Ko-mitees, noch etwa zwei Jahre in Anspruch nehmen. (Quellen: http://www.almasryalyoum.com/en/node/488690 http://english. youm7.com/News.asp?NewsID=342964&SecID=97&IssueID=149>) • Leipzig: Steindorff-Sammlung bleibt im Besitz der Uni Eine gütliche Einigung konnte doch noch erreicht werden zwischen der Je-wish Claims Conference (JCC) und der Universität Leipzig zum Verbleib von 163 Objekten aus der Sammlung des einstigen Ordinarius Georg Steindorff

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im Eigentum der Universität Leipzig. Es wurde verabredet, so Custos Dr. Diet-rich Raue, dass die Universität - unter Anerkennung des verfolgungsbeding-ten Entzugs der Sammlung - den Lebensweg Georg Steindorffs weiter inten-siv aufarbeitet und publiziert, und diesen der Öffentlichkeit im Rahmen der Sammlung zugänglich macht. • Nofretete: 100. Geburtstag in Berlin Im kommenden Jahr feiert Berlin den 100. Jahrestag der Entdeckung der Büste der Nofretete. Dazu ist ab Ende 2012 eine Sonderausstellung unter dem Titel „Amarna 2012 mit Spitzenobjekten auch aus dem Metropolitan Mu-seum New York geplant. (Mehr dazu im nächsten THOTs) • Speyer: Schätze des Museums Turin Unter dem Titel „Ägyptens Schätze entdecken. Meisterwerke aus dem Ägyp-tischen Museum Turin“ plant das Historische Museum der Pfalz in Speyer ab März bis September 2012 eine Sonderausstellung mit z.T. bisher noch nicht in der Öffentlichkeit zu sehenden Objekten LAUFENDE AUSSTELLUNGEN Berlin (Für alle, die die Ausstellung in München verpasst haben, oder gerne noch-mals sehen möchten. Naga wurde Juli 2011 übrigens in die World Heritage List der UNESCO aufgenommen) • KönigsstaKönigsstaKönigsstaKönigsstadt Naga dt Naga dt Naga dt Naga –––– Grabungen in der Wüste des Sudan Grabungen in der Wüste des Sudan Grabungen in der Wüste des Sudan Grabungen in der Wüste des Sudan Kunstforum der Berliner Volksbank, Budapester Straße 35, Berlin-Charlottenburg 31. August 31. August 31. August 31. August –––– 18. Dezember 2011 18. Dezember 2011 18. Dezember 2011 18. Dezember 2011 http://www.aegyptisches-museum-berlin-verein.de/ Bonn • Zwischen den Welten. Grabfunde von Ägyptens Südgrenze“Zwischen den Welten. Grabfunde von Ägyptens Südgrenze“Zwischen den Welten. Grabfunde von Ägyptens Südgrenze“Zwischen den Welten. Grabfunde von Ägyptens Südgrenze“ Jubiläumsausstellung 10 Jahre Ägyptisches Museum der Universität Bonn Ägyptisches Museum der Universität Bonn – Bonner Sammlung von Aegyptiaca. Regina-Pacis-Weg 7, 53113 Bonn 1. September 2011 1. September 2011 1. September 2011 1. September 2011 –––– 1. April 2012 1. April 2012 1. April 2012 1. April 2012 http://www.aegyptisches-museum.uni-bonn.de/

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Gezeigt werden eigene Grabfunde des Museums von der Qubbet el-Hawa, der Nekropole der Fürsten von Elephantine, dem heutigen Assuan, aus der Grabung von Elmar Edel zwischen 1959 und 1984. Hannover • Lost! Die ÄgyptenLost! Die ÄgyptenLost! Die ÄgyptenLost! Die Ägypten----Sammlung und ihre (KriegsSammlung und ihre (KriegsSammlung und ihre (KriegsSammlung und ihre (Kriegs----)Verluste)Verluste)Verluste)Verluste Museum August Kestner, Trammplatz 3, Stadtteil Mitte, 30159 Hannover, NoNoNoNoch bis 6. November 2011ch bis 6. November 2011ch bis 6. November 2011ch bis 6. November 2011 http://www.hannover.de/kestner/vorst/index.html Die Ägypten-Sammlung des Museums, ursprünglich bestehend aus dem von August Kestner erworbenen Bestand von etwa 1000 Objekten und 1935 er-gänzt durch einen Ankauf von 1500 Stücken aus der Privatsammlung von Bissings, erlitt in ihrem Bestand durch Zerstörung während des Zweiten Welt-kriegs enorm hohe Verluste. Viele der 1935 ins Museum gelangten Objekte wurden sofort auf Glasnegative aufgenommen. Die Ausstellung macht die verlorenen gegangenen Objekte, durch Fotos dokumentiert, nun auch der Öf-fentlichkeit wieder zugänglich. Leipzig • Forscher Forscher Forscher Forscher –––– Pfarrer Pfarrer Pfarrer Pfarrer –––– Sammler. Die ägyptischen Altertümer des Dr. Julius Sammler. Die ägyptischen Altertümer des Dr. Julius Sammler. Die ägyptischen Altertümer des Dr. Julius Sammler. Die ägyptischen Altertümer des Dr. Julius

KurthKurthKurthKurth Ägyptisches Museum – Georg Steindorff. Goethestr. 2, 04109 Leipzig Sonderausstellung vom 23. Juni Sonderausstellung vom 23. Juni Sonderausstellung vom 23. Juni Sonderausstellung vom 23. Juni –––– 15. Dezember 2011 15. Dezember 2011 15. Dezember 2011 15. Dezember 2011 http://wwwdup.unihttp://wwwdup.unihttp://wwwdup.unihttp://wwwdup.uni----leipzig.de/~gko/aegyptischleipzig.de/~gko/aegyptischleipzig.de/~gko/aegyptischleipzig.de/~gko/aegyptischeseseses----museum/aktuelles.htmlmuseum/aktuelles.htmlmuseum/aktuelles.htmlmuseum/aktuelles.html Gezeigt werden Originale aus der Sammlung des Pfarrers Dr. Ludwig Kurth (1870 – 1949) zusammen mit dem von ihm selbst handgeschriebenen und aquarellierten Katalog. • DauerauDauerauDauerauDaueraussssstellung des Museumsstellung des Museumsstellung des Museumsstellung des Museums Das Ägyptische Museum der Universität Leipzig vergrößert sich: Mit rund 1000 Objekten aus dem Magazin, die bislang der Öffentlichkeit nicht zugäng-lich waren, soll die Ausstellung auf 7000 Exponate erweitert werden. http://wwwdup.uni-leipzig.de/~gko/aegyptisches-museum/aktuelles.html

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Stralsund • Versunken in der Elbmündung Versunken in der Elbmündung Versunken in der Elbmündung Versunken in der Elbmündung –––– Die Sammlung Minutoli und der Unte Die Sammlung Minutoli und der Unte Die Sammlung Minutoli und der Unte Die Sammlung Minutoli und der Unter-r-r-r-

gang der Greifgang der Greifgang der Greifgang der Greifsssswalder Hukergaleasse „Gottfried“ 1822walder Hukergaleasse „Gottfried“ 1822walder Hukergaleasse „Gottfried“ 1822walder Hukergaleasse „Gottfried“ 1822 Greifswalder Rathaus, 1. Etage, Markt 1, 17489 Greifswald Noch biNoch biNoch biNoch bis 3. November 2011s 3. November 2011s 3. November 2011s 3. November 2011 http://whttp://whttp://whttp://www.greifswald.de/aktuelleww.greifswald.de/aktuelleww.greifswald.de/aktuelleww.greifswald.de/aktuelle----aktionen/aktionaktionen/aktionaktionen/aktionaktionen/aktion----lesen/browse/1/article/neuelesen/browse/1/article/neuelesen/browse/1/article/neuelesen/browse/1/article/neue----ausstellungausstellungausstellungausstellung----inininin----derderderder----rathausgalerierathausgalerierathausgalerierathausgalerie----versunkenversunkenversunkenversunken----inininin----derderderder----elbmuendungelbmuendungelbmuendungelbmuendung----diediediedie----sammlungsammlungsammlungsammlung----minutoliminutoliminutoliminutoli----undundundund----der/print.PDF?tx_ttnews%5BbackPid%5D=1der/print.PDF?tx_ttnews%5BbackPid%5D=1der/print.PDF?tx_ttnews%5BbackPid%5D=1der/print.PDF?tx_ttnews%5BbackPid%5D=1 Der preußische General Heinrich von Mutoli hatte im Auftrag des preußischen Königshauses in Ägypten eine wertvolle Kollektion ägyptischer Altertümer zu-sammengetragen. Ein großer Teil dieser Sammlung versank in der Elbmün-dung und nur ein kleiner Teil gelangte nach Berlin, um dort den Grundstock des heutigen Ägyptischen Museums zu bilden. Die Ausstellung begibt sich auf die Suche nach den versunkenen Schätzen. Wien • Die Legionäre des Kaisers. Soldatenleben im römischen ÄgyptenDie Legionäre des Kaisers. Soldatenleben im römischen ÄgyptenDie Legionäre des Kaisers. Soldatenleben im römischen ÄgyptenDie Legionäre des Kaisers. Soldatenleben im römischen Ägypten Papyrusmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek, Heldenplatz, Neue Burg, 1010 Wien 17. Juni 2011 bis 14. Januar 201217. Juni 2011 bis 14. Januar 201217. Juni 2011 bis 14. Januar 201217. Juni 2011 bis 14. Januar 2012 http://www.onb.ac.at/ausstellungen/soldatenleben/index.htm Die Ausstellung beleuchtet die in Ägypten stationierte Armee des Imperium Romanum aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel: In über 60 Papyri wird ein faszinierender Blick sowohl in das private als auch in das dienstliche Leben dieser am besten dokumentierten Berufsgruppe des Altertums gewährt.

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BUCHTIPP

Chalid al Chamissi: IM TAXI – unterwegs in Kairo Leons-Verlag 2011 Besprochen von Angela Gresser Der Autor wurde 1962 in Kairo geboren, studierte Politikwissenschaften in Kairo und an der Sorbonne. Er arbeitete als Journalist für verschiedene ägyptische Zei-tungen und schrieb zuletzt für die Wochenendausgabe der Süddeutschen Zei-tung Kolumnen. Das Buch ist sehr humorvoll geschrieben, sehr kurzweilig und absolut am Puls der Zeit. Chalid al Chamissi ist ein kritischer Beobachter der gesellschaftlichen Verhältnisse in Kairo. Kaum ein Berufsstand ist näher am wirklichen Leben als die ca. 300.000 Taxifahrer in Kairo. Wer wissen will, was die Menschen umtreibt, sollte in ein Taxi steigen und zuhören, was ihm der Fahrer erzählt, z.B.: „Wir le-ben in einer einzigen Lüge und glauben daran.“ Anschließend folgen natürlich die amüsanten Erläuterungen dazu. Beim Lesen fühlt man sich selber im Taxi sitzen, und weiß, so ist es tatsächlich. Die lustige, hintergründige, ja manchmal sarkastische Erzählweise macht das Buch zu einem Highlight. Sicherlich kein großes literarisches Werk, aber eine sehr interessante Wochen-endlektüre. Eine Hommage an die oft verschmähte Kultur der Straße.

LESERFORUM

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Wir bitten zu beachten, dass Sie mit Einreichung Ihres Skripts, das auf eine DIN A4-Seite (Arial, 12 pt) beschränkt sein sollte und das Sie bitte als Anlage zu einer e-mail einreichen, einwilligen, dass es keinen Anspruch auf Ver-öffentlichung gibt und der Text gekürzt erscheinen kann.

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COLLEGIUM AEGYPTIUM E.V. Das Collegium Aegyptium unterstützt das Münchner Institut für Ägyptologie finanziell und ideell und trägt dazu bei, die Ergebnisse ägyptologischer For-schung einem interessierten Publikum bekannt zu machen. Für unsere Mitglieder veranstalten wir Vorträge zu verschiedensten ägyptologischen Themen, wozu wir Fachleute aus dem In- und Ausland einladen. Auch unternehmen wir Kurz-reisen und Ausflüge zu Ausstellungen über Altägypten. Mitglieder können die Bibliothek nutzen und nach Rücksprache Veranstaltungen des Instituts besu-chen. UNSER LOGO

Unser Logo zeigt einen Ibis der eine Papyrusrolle trägt. Durch seine Verbindung zum Gott Thot steht er für Weis-heit und damit für die Vermittlung von Kenntnissen über das Alte Ägypten.

DIE VERANSTALTUNGEN Unsere Vorträge stehen Mitgliedern wie Gästen offen, wobei wir letztere um einen Kostenbeitrag in Form einer kleinen Spende bitten. Einige Veranstal-tungen bleiben den Mitgliedern vorbehalten. WEITERE INFORMATIONEN, ERGÄNZUNGEN UND AKTUALISIERUNGEN Informationen zum Verein finden Sie auf dem Faltblatt, das Sie über die Kon-taktadresse oder per e-mail anfordern können sowie auf unserer homepage. Dieser entnehmen Sie bitte auch kurzfristige Programmänderungen oder –ergänzungen: www.collegium-aegyptium.de MITGLIEDSCHAFT IM COLLEGIUM AEGYPTIUM E.V. Jahresbeitrag 60,- Euro • ermäßigt 30,- Euro (Studenten, Familienangehörige zahlender Mitglieder). Das Beitrittsformular können Sie unter der Kontakt-adresse anfordern oder von unserer homepage (s.o.) herunterladen. KONTAKTADRESSE Collegium Aegyptium - Förderkreis des Instituts für Ägyptologie der Ludwig-Maximilians-Universität München e.V. Kath.- von Bora- Straße 10 • 80333 München • Telefon 089. 28 92 75 40 e-mail: [email protected] REDAKTION Patricia Cichon • Dr. Silvia Rabehl • PD. Dr. Martina Ullmann • Prof. Dr. Frank Müller-Römer

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