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2 Archäologie in Deutschland 1 | 2015 Faszination unter Wasser Legenden um verschollene Schiffe und geheimnisvolle Wracks auf dem Meeresgrund – viele Mythen ranken sich um die Welt unter Wasser. Und auch Archäologen sind fasziniert: Die Relikte liegen schwer zugänglich im Verbor- genen, und für ihre Erforschung ist ein immenser technischer Aufwand er- forderlich. Daher müssen Unterwasserarchäologinnen und -archäologen unter ganz besonderen Bedingungen arbeiten. Doch ihr Einsatz wird meist belohnt angesichts dessen, was sich unter Wasser an Erkenntnismöglichkeiten bietet. Unser Titelthema beleuchtet Siedlungen auf dem Meeresgrund, wiederent- deckte Schiffswracks und macht zugleich die Notwendigkeit deutlich, auch dieses kulturelle Erbe zu schützen. 1 Editorial 4 Spektrum Archäologie 6 Forschung: aDNA-Analysen Kulturwandel und Bevölkerungswandel im Neolithikum 12 International: Mexiko Hohe Baukunst der Maya auf Yucatán 18 Titelthema: Faszination unter Wasser 18 Schaufenster in eine fremde Welt 22 Forschungsabenteuer Ostsee – eine Momentaufnahme der Steinzeit Unser Titelbild zeigt eine Statue einer versunke- nen Villa des antiken Baiae, heute ein Ortsteil der Stadt Bacoli am Golf von Neapel. Inhalt 18 AiD 1 | 2015 26 Das Wrack der »Lindormen« – Maritime Archäologie im Fehmarnbelt 28 Ende einer heißen Verfolgungsjagd – das Wrack der »Hedvig Sophia« in der Kieler Bucht 32 Das größte Museum der Welt 36 Aktuelles aus der Landesarchäologie 52 Reportage: Türkei Das Deutsch-Türkische Jahr der Forschung, Bildung und Innovation 2014 58 Reportage: Zwischen Slawen und Sachsen Über Grenzen hinweg: die frühmittelalterliche Siedlung bei Högersdorf Titelthema aDNA: Gene und Kulturwandel Aufgrund seiner Lage im Herzen Europas und der Vielzahl an Kulturen gilt das Mittelelbe-Saale-Gebiet (Sachsen-Anhalt) als Schmelztiegel der Jungstein- zeit (5500–2100 v.Chr.). Verschiedene Bevölkerungs- gruppen trafen dort aufeinander und bildeten neue Kulturen. Doch geht der Kulturwandel auch mit einem Bevölkerungswechsel einher? Aktuelle DNA- Studien geben hierauf Antworten. 6 Service für unsere Abonnenten Für alle Fragen zum Bezug der »AiD« gibt es folgende Service-Nummern: Tel. 01805 002511*, Fax 01805 002513* Wie immer erreichen Sie Redaktion und Leserservice auch elektronisch unter [email protected] und [email protected]. * 14 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz, abweichende Preise aus dem Mobilfunk

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2 Archäologie in Deutschland 1 | 2015

Faszination unter WasserLegenden um verschollene Schiffe und geheimnisvolle Wracks auf dem Meeresgrund – viele Mythen ranken sich um die Welt unter Wasser. Und auchArchäologen sind fasziniert: Die Relikte liegen schwer zugänglich im Verbor -genen, und für ihre Erforschung ist ein immenser technischer Aufwand er -forderlich. Daher müssen Unterwasserarchäologinnen und -archäologen unterganz besonderen Bedingungen arbeiten. Doch ihr Einsatz wird meist belohntangesichts dessen, was sich unter Wasser an Erkenntnismöglichkeiten bietet.Unser Titelthema beleuchtet Siedlungen auf dem Meeresgrund, wiederent-

deckte Schiffswracks und macht zugleich die Notwendigkeitdeutlich, auch dieses kulturelle Erbe zu schützen.

1 Editorial

4 Spektrum Archäologie

6 Forschung: aDNA-Analysen

Kulturwandel und Bevölkerungswandel im Neolithikum

12 International: Mexiko

Hohe Baukunst der Maya auf Yucatán

18 Titelthema: Faszination unter Wasser

18 Schaufenster in eine fremde Welt

22 Forschungsabenteuer Ostsee – eine Momentaufnahme der Steinzeit

Unser Titelbildzeigt eine Statue einer versunke-nen Villa des antiken Baiae, heuteein Ortsteil der Stadt Bacoli amGolf von Neapel.

Inhalt

18

AiD 1 | 201526 Das Wrack der »Lindormen« –

Maritime Archäologie im Fehmarnbelt

28 Ende einer heißen Verfolgungsjagd – das Wrack der

»Hedvig Sophia« in der Kieler Bucht

32 Das größte Museum der Welt

36 Aktuelles aus der Landesarchäologie

52 Reportage: Türkei

Das Deutsch-Türkische Jahr der Forschung,

Bildung und Innovation 2014

58 Reportage: Zwischen Slawen und Sachsen

Über Grenzen hinweg: die frühmittelalterliche

Siedlung bei Högersdorf

Titelthema

aDNA: Gene und Kulturwandel Aufgrund seiner Lage im Herzen Europas und derVielzahl an Kulturen gilt das Mittelelbe-Saale-Gebiet(Sachsen-Anhalt) als Schmelztiegel der Jungstein-zeit (5500–2100 v.Chr.). Verschiedene Bevölkerungs-gruppen trafen dort aufeinander und bildeten neueKulturen. Doch geht der Kulturwandel auch miteinem Bevölkerungswechsel einher? Aktuelle DNA-Studien geben hierauf Antworten.

6

Service für unsere Abonnenten

Für alle Fragen zum Be zug der »AiD«gibt es folgende Service-Nummern: Tel. 01805 002511*, Fax 01805 002513*Wie immer erreichen Sie Redaktion und Leserservice auch elektronisch unter [email protected] und [email protected].* 14 Cent/Min. aus dem deutschen Festnetz, abweichende Preise aus dem Mobilfunk

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Archäologie in Deutschland 1 | 2015 3

62 Reportage: BurgenforschungVon der karolingischen Hofstelle zum Adelssitz – Haus Weitmar in Bochum

64 Museum: Keltenmuseum Hallein

Zeitsprünge – Ursprünge. Reise in die Urgeschichte Salzburgs

66 Denkmal: Brandenburg

Von der Stadtwüstung zum Archäologischen Park

68 Unterwegs: Mit dem Fahrrad auf der Römerstraße

On Tour – aber nicht immer nur geradeaus

72 Nachrichten

66Deutsch-Türkisches JahrDie Tür kei ist reich an bedeutenden Fund-stätten. Schon im 19. Jh. begannen weg -weisende Grabungen. Die 1929 gegründeteAbteilung Istanbul des DAI wurde schnellein wichtiger Knotenpunkt für die Archäo -logie. Wir berichten über vergangene undheutige Forschungen, die maßgeblich vonder DFG unterstützt werden, aber auch überPerspektiven künftiger Zusammenarbeitzwischen Deutschland und der Türkei.

52 Archäologischer ParkFreyensteinDer rasterartige Grundriss der Stadtwüs-tung Freyenstein ist typisch für die plan-mäßig angelegten Städte deutscherSiedler. Wie in einer Momentaufnahmeaus dem 13. Jh. lassen sich das Bebau-ungsmuster und die planerischen Vor-stellungen erkennen. Ein Archäolo-gischer Park macht die Stadtwüstungnun der Öffentlichkeit zugänglich.

Maya-Metropole auf YucatánUxmal zählt zu den eindrucksvollsten archäologischen Stätten in Mexiko. Sieweist außergewöhnliche Gebäudestruktu-ren auf und gehört heute zu den beliebtes-ten touristischen Ausflugszielen auf derHalbinsel Yucatán. Im Zentrum des Interes-ses steht in Uxmal vor allem ein pyrami -dales Bauwerk, das in seiner Ausprägungbislang einzigartig in Mesoamerika ist.

12

76 Bücher

78 Ausstellungen

81 Rätsel

73 Autoren dieses Heftes

80 Bildnachweis

www.aid-magazin.de

ArchaeologikDie kritische Auseinandersetzung mit Themen, dieansonsten eher weniger im Mittelpunkt des allge -meinen Interesses stehen, ist die Spezialität des vomMainzer Archäologen Rainer Schreg betriebenenBlogs Archaeologik. Schreg und mehrere Gastautorenprotokollieren hier nicht nur die Plünderung und Zer-störung archäologischer Stätten in Konfliktregionen,Antikenhehlerei und den alltäglichen gedankenlosenUmgang mit Kulturgütern (z.B. das Angebot antikerMünzen bei einem Lebensmitteldiscounter), sondernthematisieren auch denkmal- und wissenschaftspoli-tische Entwicklungen und stellen aktuelle Forschun-gen und Projekte vor. Fazit: äußerst lesenswert.http://archaeologik.blogspot.de

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ten, die Isotopenzusammensetzung desZinns im Bronzemetall ist anders als in derKorrosionsschicht. Dagegen wurde bei derUntersuchung der Bronze und der Korro-sionsschicht der Himmelsscheibe kein Un-terschied festgestellt.

Das Phänomen wurde an zwei rund2500 Jahre alten Zinnbarren nochmalsnachgeprüft. Auch hier gab es bei den Iso-topen im Zinn und in der Korrosions-schicht keine Unterschiede. »Das bedeutetoffenbar, dass sich bei extrem langsamenKorrosionsvorgängen keine Unterschiede

in der Isotopenzusammensetzung desZinns zeigen«, sagte Prof. Ernst Pernicka,Leiter des Curt-Engelhorn-Zentrums Ar-chäometrie in Mannheim. Die Analyse lässtzwar keine genaue Datierung zu, um z.B.zu sagen, die Scheibe ist rund 3600 Jahrealt. Aber es steht fest, dass die Himmels-scheibe mindestens mehrere hundert Jah-re alt ist. Für die Echtheit des Materialsspricht aber auch, dass der Kupferbergbauam Mitterberg in Salzburg (Österreich) nurin der Bronzezeit aktiv war, dann jedocherst wieder im 19. Jh. einsetzt. NeuereBronzen haben eine ganz andere Zusam-mensetzung als antike Stücke.

Die seit 2013 zum UNESCO-Weltdoku-mentenerbe gehörende Himmelsscheibegilt als älteste konkrete Sternenabbildungder Welt. Das Gold und das Zinn stammenaus dem englischen Cornwall. Das Kupferin der Legierung kommt aus der RegionMitterberg in Österreich. Zwei bereits ver-urteilte Raubgräber hatten die Himmels-scheibe zusammen mit anderen Bronze-stücken 1999 auf dem Mittelberg bei Ne-bra (Burgenlandkreis) in Sachsen-Anhaltentdeckt. Die Polizei konnte den Schatz imFebruar 2002 bei einer fingierten Ver-kaufsaktion in der Schweiz sicherstellen.Seit Mai 2008 kann das Sensationsobjektin der Dauerausstellung des Landesmuse-ums in Halle besichtigt werden.

| Thomas Schöne

Drohnen über Steinzeitdorf

7000 Jahre alte Siedlung

Die Einrichtung eines Industrieparksbedingt stets einen hohen Landverbrauchund vehemente Eingriffe in die Natur. Bis-weilen kann dies aber auch zum Glücks-fall für die archäologische Forschung wer-den. So geschehen bei der großen Kreis-stadt Kirchheim unter Teck in Baden-Würt-temberg, wo man ab dem nächstenFrühjahr das Gewerbegebiet »Hegeles-berg« mit einer Gesamtfläche von 8,3 haerschließen wird. Lesefunde aus früherenZeiten und eine Voruntersuchung durchBaggerschnitte zeigten, dass in diesem Ge-lände Reste einer Siedlung aus der älterenJungsteinzeit liegen. Ein solches Dorf aus-graben und detailliert untersuchen zu kön-nen ist eine seltene Gelegenheit, die manin Kirchheim unter Einsatz modernster Me-thoden wahrnimmt. So konnte Grabungs-

Neue Materialanalysen

Erneut Echtheit der Himmelsscheibe bestätigt

Die Materialuntersuchungen an derüber 3600 Jahre alten Himmelsscheibe vonNebra haben jetzt nochmals die Echtheitdes Jahrhundertfundes bestätigt. Bei La-boruntersuchungen wurde bemerkt, dassbei Bronze, die mit einer künstlichen Kor-rosion überzogen wird, eine Isotopenver-schiebung im Zinn gegenüber der Korro-sionsschicht stattfindet. Mit anderen Wor-

Spektrum | Archäologie

4 Archäologie in Deutschland 1 | 2015

Rituale aus der Steinzeit

Geschäftete Flintaxt bei Rødbyhavn (Lolland) entdeckt

Bei archäologischen Begehungen im Vorfeld der Arbeiten an der künftigen Feh-marn-Belt-Verbindung fanden Wissenschaftler des Lolland-Falster-Museums das außergewöhnlich gut mit dem Holzschaft erhaltene Objekt. Die ca. 5500 Jahre alteAxt wirft neues Licht auf steinzeitliche Rituale – sie wurde absichtlich in den dama-ligen Meeresboden vor der Südküste Lollands gerammt. »Eine derart gut erhaltenegeschäftete Axt zu entdecken ist wirklich erstaunlich. Dank der einzigartigen Erhal-tungsbedingungen haben wir zudem sehr viel organisches Material gefunden, darunter auch aufrecht stehende zugerichtete Pfähle. Doch kamen bei den Ausgra-bungen noch andere besondere Artefakte zutage wie z.B. ein Paddel, zwei Bögenund 14 weitere Axtschäfte, die ebenfalls alle aufrecht am damaligen Ufer vorgefun-den wurden«, berichtet Søren Anker Sørensen, Archäologe am Lolland-Falster- Museum.

Die aufrecht stehenden Objekte belegen laut Sørensen, dass die damalige Be-völkerung das Ufer als Opferplatz nutzte und die vorliegenden Funde dort rituell de-poniert hatte.

Die Untersuchungen dauern derzeit noch an, sodass die Ausgräber hoffen, mehrals bislang über den Opferplatz und seine außergewöhnlichen Funde zu erfahren.

| Lolland-Falster-Museum/AiD

Die außergewöhnlichgut erhaltene Axt wur-de aufrecht stehendim Meeresboden de-poniert.

Im Blickpunkt

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leiter Dr. Jörg Bofinger über den innovati-ven Einsatz von Fotodrohnen zur Doku-mentation der Ausgrabungsflächen be-richten: Innerhalb weniger Flugminutenlassen sich aus etwa 20 bis 30 m Höhe vie-le einzelne Fotos aufnehmen, aus denendann mittels spezieller Computerpro-gramme millimetergenaue dreidimensio-nale Grabungspläne berechnet werden.Mehrere Hausgrundrisse der Siedlung, diein der zweiten Hälfte des 6. Jt. v. Chr. er-richtet wurde, sind inzwischen aufgedeckt,und man wird nun Schritt für Schritt alleBodenverfärbungen, bei denen es sich inder Mehrzahl um Pfostensetzungen han-delt, dokumentieren. So lässt sich ein voll-ständiger Plan des jungsteinzeitlichenDorfes erstellen.

Die Häuser, von denen noch bis zu 1 meingetiefte Spuren der Pfosten festgestelltwurden, sind bis zu 30 m lang und ca. 5 mbreit. Zwischen den Hausplätzen warenauch Vorrats- und Abfallgruben angelegt.Sie bargen u. a. Teile des Wandverputzesaus Lehm: Auf verbrannten Stücken desPutzes haben sich Abdrücke der Wand-konstruktion erhalten, was belegt, dassHauswände aus Flechtwerk konstruiertwaren und zur Abdichtung mit Lehm ver-

zum Transport dieser Megalithen zu finden.Es wurden Bearbeitungsspuren dokumen-tiert und die alten, durch die Steinbruch-arbeiten entstandenen Abfallhalden nachdatierbaren und stratifizierbaren Keramik-scherben und Kleinfunden untersucht.

Wie nun nachgewiesen wurde, bliebder »Hajjar al-Hibla« im Steinbruch liegen,weil sich seine Steinqualität in einer Eckeals minderwertig erwiesen hat und einnatürlicher Riss den Block vermutlich beimTransport hätte brechen lassen.

In der Steinlage unter dem »Hajjar al-Hibla« und direkt daneben fand sich nunein weiterer megalithischer Steinblock, derdessen Maße um einiges übertrifft: Er ist19,60 m lang, 6 m breit und mindestens5,5 m hoch. Um die genaue Höhe feststel-len zu können, muss die Sondage in einernächsten Kampagne erweitert werden.Konnte man das Gewicht des »Hajjar al-Hibla« mit knapp 1000 t berechnen, bringtder neue Block ca. 1650 t auf die Waage. Daeine Schmalseite bereits sehr gut geglät-tet ist und die Vorgaben für die Glättung

einer Langseite erhalten sind, muss ge-plant gewesen sein, den Block in diesenGesamtmaßen auszuliefern und zu trans-portieren. Es handelt sich damit um denbislang größten bekannten Steinblock ausder Antike. | DAI/AiD

Archäologie in Deutschland 1 | 2015 5

schmiert wurden. Die einstigen Abfall-gruben liefern den Archäologen auch wei-tere wichtige Erkenntnisse, denn der ehe-malige Siedlungsabfall in Form von Kera-mikscherben, Steinwerkzeugen oder Speise-resten gewährt interessante Einblicke indie Lebensweise der Linienbandkeramikervor etwa 7000 Jahren.

Die AiD wird weiter über den Fortgangdieser interessanten Grabung berichten.

| RPS/AID

Steinbruch von Baalbek

Größter antiker Steinblock

Im Sommer 2014 führte die Orient-Ab-teilung des Deutschen ArchäologischenInstituts (DAI) Ausgrabungen im Stein-bruch von Baalbek durch. Dort liegt, seitLangem bekannt, der megalithische Stein-block »Hajjar al-Hibla«. Steinblöcke wiediese, mit einer Länge von etwa 20 m undeinem Querschnitt von ca. 4 m × 4 m, wur-den für das Podium des riesigen Jupiter-Tempels im römischen Heiligtum von Baal-bek verbaut.

Ziel der diesjährigen Grabungen war es,neue Erkenntnisse zur Abbautechnik sowie

Der bislang größteSteinblock aus der An-tike wiegt rund 1650 t.

Drohnen ermöglichenden Überblick: Gra-bungsgelände beiKirchheim (Teck), wodie 7000 Jahre alteSiedlung entdecktwurde.

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ie technischen Voraussetzungenzur Durchführung unterwasser -archäologischer Arbeiten sind

heute so gut wie nie. Schiffswracks kön-nen aufgrund moderner Messverfahrenvon der Wasseroberfläche aus geortet, inLage, Ausmaß und Typ bestimmt sowiezeitgleich auf Monitoren visualisiert wer-den. Dies ermöglicht es, die Auffindungvon Wracks nicht mehr nur dem Zufallzu überlassen, sondern gezielte Pro-spektionen vorzunehmen. Dabei ist dasBundesamt für Seeschifffahrt und Hy-drographie (BSH) ein wichtiger Part-ner, hat es doch ebenfalls Interesse dar-an, Schiffswracks zu lokalisieren – nicht,um diese in ihrem kulturhistorischenWert zu klassifizieren und als Teil unse-rer Geschichte für die Nachwelt zu do-kumentieren, wohl aber, um diejenigenSchiffswracks zu orten, die Hindernissefür die moderne Schifffahrt darstellen.

Voraussetzungen und Herausforderungen

Der Wunsch, die unbekannten Wei-ten des Meeres unter der Wasserober-fläche zu erkunden, beflügelt seit Lan-gem die Phantasie und den technischenErfindungsgeist der Menschen. Das wohlprominenteste Beispiel dafür ist die»Nautilus«, jenes Unterseeboot, das Ju-les Vernes in seinem 1869/70 verfasstenRoman »Zwanzigtausend Meilen unterdem Meer« für vielfältige Einsatzzwe-cke beschrieb. In der Geschichte der zumUnterwasseraufenthalt eingesetzten tech-nischen Hilfsmittel ist dieses U-Boot je-doch nur eines. Zahlreiche theoretischeEntwürfe für den Bau von U-Bootenstammen bereits aus dem 16. und 17. Jh.

In Folge der Popularisierung desTauchsports verrichten Archäologen seit

Weise von der an Land. In beiden Fällengilt es, die archäologischen Zeugnisse inihrer Umgebung und Lage zueinanderzu dokumentieren – durch Detail- undÜbersichtsfotos, georeferenzierte Mes-sungen und technische Beschreibungen.Dabei wird der Archäologe zum Augen-zeugen eines historischen Schauplatzesin einer vom Wasser verborgenen Land-schaft und Umwelt.

Quellen und ErkenntnispotenzialNicht zuletzt hat sich der Mensch

durch den Bau von Schiffen in die Lageversetzt, das Meer in vielfältiger Weisezu nutzen. Durch ihre Konstruktion undNutzung werden Schiffe zu Wissens-und Erinnerungsspeichern, deren tech-nische Fertigungsarten, Ladungen undRepräsentationen Hinweise auf den Trans-fer von Technologien sowie den Aus-tausch und die Wechselwirkung von kul-turellen Eigenheiten und Ideen geben.

Das Spektrum an unterwasserarchäo- logischen Zeugnissen ist jedoch vielfälti-

ger. Es umfasst neben verunglückten undverschollenen Schiffswracks beispiels-weise auch verlorene Ladungen sowieversunkene Siedlungen und Hafenanla-gen. Die unterwasserarchäologischenQuellen sind Teil unseres Kulturerbes.Sie dokumentieren einen Teil unsererGeschichte, der aufgrund der andersar-tigen Erhaltungs- und Nutzungsbedin-

18 Archäologie in Deutschland 1 | 2015

Titelthema | Faszination unter Wasser

Schaufenster in eine fremde Welt

den 1970er-Jahren ihre Untersuchungenunter Wasser vor allem auch mithilfe autonomer Leichttauchgeräte. Die Ar-beit in dem fremden Element stellt da-bei noch immer eine körperliche undpsychische Herausforderung für denMenschen dar. Große Kälte und Tiefekönnen belastend wirken, ebenso diefehlende Möglichkeit, weit oder über-haupt sehen und sich mit anderen überseine unmittelbaren Eindrücke unterWasser austauschen zu können. Nichtzuletzt ist es der andersartige Schall un-ter Wasser, der Geräusche unvertraut er-scheinen und in ihrer Richtung ggf. nur

schwer orten lässt. Auch die Tempera-turen über und unter Wasser können ei-ne Herausforderung darstellen. Ledig-lich im Februar ist das Wasser jedoch an-nähernd schwebstofffrei und somit einezum Teil faszinierende Sichtigkeit unterWasser gewährleistet.

Die unterwasserarchäologische Vor-gehensweise unterscheidet sich in keiner

Was fasziniert Sie an Unterwasserarchäologie? Sind es die Mythen, die im Zusammenhangmit dem Meer entstehen oder die Legenden, die sich um den »Fliegenden Holländer« oder andere Schiffe und Schiffswracks ranken? Ist es das uns fremde Medium Wasser in seiner mysteriösen Tiefe und Weite, die spektakuläre Entdeckungsgeschichte der »Titanic«oder gar die eindrucksvolle Bergungsgeschichte der Bremer »Hanse-Kogge«?

Von Sunhild Kleingärtner

D

Trockentauchanzug,Vollgesichtsmaske und Atemgerät ermög-lichen es den Men-schen, Arbeiten unterWasser zu verrichten.

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gische Funde und Befunde für die Nach-welt zu erhalten, ist die Einbindung vonArchäologen in Raumplanungsprozesseund die präventive Aufnahme und kul-turhistorische Bewertung von Fundenund Fundstellen. Letzteres erfolgte bei-spielsweise im Rahmen des dreijährigen,vom BMBF-geförderten Projektes »Be-drohtes Bodenarchiv Nordsee«, das vomDeutschen Schiffahrtsmuseum/ Leibniz-Institut für deutsche Schifffahrtsge-schichte in Bremerhaven in Kooperati-on mit dem Bundesamt für Seeschiff-fahrt und Hydrographie bis Ende Okto-ber 2014 durchgeführt wurde.

Nach der archäologischen Untersu-chung verbleiben u. a. Schiffswracks inder Regel vor Ort im Boden. Dies er-möglicht es auch zu einem späteren Zeit-punkt, weitere Untersuchungen daranvorzunehmen, zumal ihre Bergung nichtzuletzt auch einen immensen logisti-schen und finanziellen Aufwand bedeu-tet. Dies belegt sehr eindrucksvoll dieBremer »Hanse-Kogge«, die – 1962 inder Weser entdeckt – heute im Deut-schen Schiffahrtsmuseum/ Leibniz-In-stitut für deutsche Schifffahrtsgeschich-te präsentiert wird. Sie ist noch immerder am besten erhaltene Schiffsfund sei-

gungen an Land nicht erhalten ist. DieFunde und Befunde unter Wasser sindin den meisten Fällen durch unglückli-che Umstände unter Wasser gelangt,durch den im Laufe der Jahrhunderte an-gestiegenen Meeresspiegel, durch Windund Wetter und nicht zuletzt auch durchtechnisches oder menschliches Versa-gen. Für die Archäologie sind die Fundeund Befunde unter Wasser vielfach einGlücksfall, und zwar immer dann, wennsie nicht nur unter Wasser, sondern bes-tenfalls auch im Sediment unter Ab-schluss von Sauerstoff überliefert sind.

Zerstörung und ErhaltDie spezielle Art und die Seltenheit

ihrer Überlieferung machen Funde undBefunde unter Wasser besonders schüt-zenswert. Ihre Bedrohung ist vielfältigund geschieht häufig unbemerkt. Wie-derholt werden versunkene prähistori-sche Landschaften infolge von Bauvor-haben und durch den Abbau von Bo-denschätzen, durch Bodeneingriffe oderErosion mechanisch vernichtet. In eini-gen Fällen hat ihre Zerstörung auch che-mische oder biologische Ursachen. DasFehlen prähistorischer aus Holz gebau-ter Wracks in Nord- und Ostsee wird u.a.

auf den hohen Schwefelgehalt des Mee-resbodens und den so genannten Schiffs-bohrwurm (»teredo navalis«) zurück-geführt, welcher das Holz durch Fraß biszur Unkenntlichkeit zerstören kann.Heute rücken Wracks des Ersten undZweiten Weltkrieges in ihrer Gefähr-dung durch zerfallende Munitionsfundein den Mittelpunkt des Interesses. Undnicht zuletzt sind es Sporttaucher, diedurch ihr Verhalten zur Zerstörung oderErhaltung von Funden und Befundenunter Wasser beitragen. Die beste Mög-lichkeit, um das Wissen über archäolo-

Archäologie in Deutschland 1 | 2015 19

Die Bremer Hanse-Kogge wird heute ge-stützt. Fehlender Was-serdruck und das Ge-wicht der konservier-ten Hölzer macheneine äußere Stützungnotwendig.

Mithilfe von Sonarge-räten, die von Schiffenaus durch das Wassergezogen werden,kann Kulturgut unterWasser lokalisiert wer-den.