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Innere Stärke Suchmaschinen verraten Erziehungsideale: Wenn man bei Google „Selbstbewusstsein + Kinder“ ein- gibt, spuckt die Suchmaschine 550 000 Treffer aus. „Klugheit + Kinder“ ergibt 250 000 Treffer und „autoritär + Kinder“ nur 216 000 Treffer. Jede Zeit hat ihre Defizite. Und ihre Anfor- derungen. In unserer Zeit steht ein gutes Selbst- bewusstsein weit oben auf der Hitliste. Unsere Großmütter hätten noch ratlos geschaut, wenn wir ihnen erzählt hätten, dass ihre Urenkel nicht selbst- bewusst seien. Wieso selbstbewusst? Kinder müs- sen gehorchen, sonst nichts. Unsere Mütter hatten eher mit der aufkom- menden ADHS-Welle zu kämpfen; heute dagegen ist der meistgenannte Grund, warum Eltern mit ihren Kindern einen Jugend-Psychologen aufsu- chen, die Angst, ihr Kind sei nicht selbstbewusst genug. Wahrscheinlich ist schon die Angst vor mangelndem Selbstbewusstsein wenig selbst- bewusst, aber nun ja – kommen wir zu einer wich- tigen Frage: Was ist ein gutes Selbstbewusstsein? Mein Sohn ist zehn Jahre alt. Wenn man ihn fragt, was er sich von seinen Freunden zum Ge- burtstag wünscht, sagt er: „Keine Ahnung“, weil er erst einmal herausfinden muss, mit welchen Wün- schen er sich am wenigsten vor seinen Buddies blamiert. Dieses „Keine Ahnung“ macht mich wahnsinnig! Wenn er am Samstag Brötchen kaufen soll, nimmt er seine sechsjährige Schwester als Verstär- kung mit, die „Fünf Normale und zwei Nussstan- gen“ über die Ladentheke brüllt, während er das Wechselgeld kontrolliert. Obwohl er gern und gut singt, weigert er sich, in einen Chor zu gehen, weil „mich dort doch alle sehen“. Ist das jetzt Persönlichkeit oder Defizit? Ist dieser Mäuse-Selbstwert tolerabel, oder müssen S Nun ja, meinte unsere Autorin. Und überlegte, was ihrem zehnjährigen Sohn helfen könnte. Dabei fand sie Überraschendes heraus Ist mein Kind selbst- bewusst genug? TEXT: Brit Hemmer 35 35

Innere Stärke Ist mein Kind bewusst selbst S genug?fishkopp-coaching.de/presse/Fishkopp_Coaching_Jan_Schopferer... · Freizeit“ von Antje Heimsoeth, Pietsch, 19,95 Euro „Achtsamkeit

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Innere Stärke

Suchmaschinen verraten Erziehungsideale: Wenn man bei Google „Selbstbewusstsein + Kinder“ ein­gibt, spuckt die Suchmaschine 550 000 Treffer aus. „Klugheit + Kinder“ ergibt 250 000 Treffer und „autoritär + Kinder“ nur 216 000 Treffer.

Jede Zeit hat ihre Defizite. Und ihre Anfor­derungen. In unserer Zeit steht ein gutes Selbst­bewusstsein weit oben auf der Hitliste. Unsere Großmütter hätten noch ratlos geschaut, wenn wir ihnen erzählt hätten, dass ihre Urenkel nicht selbst­bewusst seien. Wieso selbstbewusst? Kinder müs­sen gehorchen, sonst nichts.

Unsere Mütter hatten eher mit der aufkom­menden ADHS­Welle zu kämpfen; heute dagegen ist der meistgenannte Grund, warum Eltern mit ihren Kindern einen Jugend­Psychologen aufsu­chen, die Angst, ihr Kind sei nicht selbstbewusst genug. Wahrscheinlich ist schon die Angst vor mangelndem Selbstbewusstsein wenig selbst­bewusst, aber nun ja – kommen wir zu einer wich­tigen Frage: Was ist ein gutes Selbstbewusstsein?

Mein Sohn ist zehn Jahre alt. Wenn man ihn fragt, was er sich von seinen Freunden zum Ge­burtstag wünscht, sagt er: „Keine Ahnung“, weil er erst einmal herausfinden muss, mit welchen Wün­schen er sich am wenigsten vor seinen Buddies blamiert. Dieses „Keine Ahnung“ macht mich wahnsinnig!

Wenn er am Samstag Brötchen kaufen soll, nimmt er seine sechsjährige Schwester als Verstär­kung mit, die „Fünf Normale und zwei Nussstan­gen“ über die Ladentheke brüllt, während er das Wechselgeld kontrolliert.

Obwohl er gern und gut singt, weigert er sich, in einen Chor zu gehen, weil „mich dort doch alle sehen“. Ist das jetzt Persönlichkeit oder Defizit? Ist dieser Mäuse­Selbstwert tolerabel, oder müssen

SNun ja, meinte unsere Autorin. Und überlegte,

was ihrem zehnjährigen Sohn helfen könnte.

Dabei fand sie Überraschendes heraus

Ist mein Kind

selbst­bewusst genug?

TEXT: Brit Hemmer

3535

wir Eltern dafür sorgen, dass er sich mehr zutraut, damit nicht nur sein Selbstbewusstsein wächst, sondern auch seine Lebensqualität?

„Wenn wir ihn zu einem Arzt schicken, kriegt er erst recht mit, dass etwas mit ihm nicht in Ord­nung ist, dass er nicht in Ordnung ist“, sagt mein Mann. Stimmt!

„Wenn wir nichts tun, erschweren wir ihm un­nötig den Übergang in die weiterführende Schule, denn gerade in der Pubertät ist ein gutes Selbst­wertgefühl als innerer Kompass wichtig“, sage ich. Stimmt auch, und weil meins ein bisschen lauter stimmt, sitze ich vier Wochen später Jan Schopferer gegenüber, einem Kinder­ und Jugend­Coach, der kein bisschen komisch guckt, als ich ihm erzähle, dass mein Kind wenig Selbstvertrauen hat.

Wäsche waschen kann helfen„Kinder werden heute aufgewertet, Erwachsene machen sich eher klein“, sagt Schopferer, „aus die­ser Umkehrung entsteht eine Unsicherheit, die häufig in Ängstlichkeit mündet. Das können Sie schon an der Mode beobachten: In der Babyabtei­lung von H&M kann man bereits „Business­An­züge“ in Kleidergröße 62 kaufen. Und die Papas laufen im Kapuzenpulli zum Elternabend, als wä­ren sie knappe 20.“

Ich schaue erleichtert. Mein Mann trägt Hem­den, unsere Kinder Fußballtrikots, aber Schopferer hat so viele Beispiele parat, die die Verkehrung deut­lich machen, dass ich mir bequem meine eigene Schwachstelle heraussuchen kann:

Auf der einen Seite werden die Kinder noch in der fünften Klasse zur Schule gefahren, auf der anderen Seite sollen sie gern schon in der sechs­ten Klasse ihr erstes Austauschjahr absolvieren.

Eine Spielzeug­Pistole verbieten viele Eltern, nicht aber ein Handy mit Internetzugang.

Kinofilme ab 16 erlauben wir schon Zwölfjäh­rigen – aber welches Kind hat mit zwölf schon mal selbstständig Waschmittel eingekauft und seine Wäsche selbst gewaschen?

Stärke beginnt im KopfUnd gerade, als ich überlege, ob es die Therapie­strategie des Coaches ist, erst einmal die Eltern kleinzukriegen, steht er auf und sagt: „Bringen Sie Ihren Sohn her. Ich arbeite mit ihm. Mehr als sechs Termine brauchen wir nicht.“

Sechs! Ha! In sechs Stunden wollen Sie auf­füllen, was wir in zehn Jahren vergurkt haben? Lachhaft. Aber bitte. Beim nächsten Mal sitzt mein toller, kleiner, schwacher Sohn neben mir im War­tezimmer und dreht sich aus lauter Verlegenheit den Knopf an seiner Jeans. Ohnehin konnte ich ihn überhaupt nur mit einer Dreier­Portion Eis über­reden, sich auf das Abenteuer „Selbstbewusstsein“ einzulassen.

„Guten Tag, Max. Ich bin Jan Schopferer. Coo­les T­Shirt, das du da trägst. Bist du HSV­Fan?“

Großes Knopfdrehen. Max sagt kein Wort. Ich bin gespannt. Mit welchem (nicht zuckerreichem) „Sesam öffne dich“ lockt der Jugend­Coach meinen Schweiger in sein Zimmer? Jan Schopferer, braun­gebrannt, volltätowiert, leidet selbst nicht unter Minderwertigkeitskomplexen und tut so, als wäre es das Normalste auf der Welt, zu einem Menschen zu sprechen, der nicht antwortet, der keinen Blick­kontakt aufnimmt und dem nur eines gerade wich­tig ist: sein Knopf an der Hose.

„Komm mal mit, wir gehen hier hinein.“ Nie, nie, nie geht er mit dir da rein, Fremder. Ich kenne meinen Knopfdreher, er hasst solche Situationen, er: … steht auf und geht mit Jan in einen Neben­raum, als würden ihn dort 1000 Jeansknöpfe lo­cken. Unglaublich.

Kurze Zeit später höre ich asiatische Zimbel­klänge. Solche, die man auch Frauen in den Wech­seljahren vorspielt, damit sie ihre Mitte wiederfin­den. Was, zum Teufel machen die da?„Das war ein chinesischer Drachentanz“, erklärt Max später und zeigt mir, wie der geht: Wie im Tai­Chi bewegt man sich wie mit schwer fließendem Honig über­gossen. In Super­Zeitlupe, immer nur auf einem Bein stehend, die Arme ausbreitend, „wie ein Kra­nich, Mama“.

Kranich, alles klar, mein Sohn. Zwei Fragen brennen mir wie ein Dorn im Kranichpo: Was bringt das, und wie hat er meinen Sohn dazu

Innere Stärke

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Heimsoeth, Pietsch, 19,95 Euro

„Achtsamkeit mit Kindern“,

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25 Euro

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gebracht?„Der Drachentanz ist die älteste Mental­übung der Welt und übt drei Sachen besonders effektiv: Er stärkt das Körpergefühl und die Balan­ce. Und er lehrt, sich auf etwas einzulassen.“

Ich sehe meinen Sohn an. Er schaut auf den Bo­den, dreht aber nicht an den Knöpfen. Ich platze vor Neugier. „Max, wie hat er dich dazu gebracht, zu tan­zen wie ein Kranich?“„Er hat gesagt, dass Schwein­steiger vor den wichtigen Spielen auch immer so tanzt. Und dass er ihm den Tanz beigebracht hat.“

Mutti verliert an Einfluss Manchmal ist es egal, ob eine Geschichte wahr ist oder nur wahr sein könnte – Hauptsache, sie wirkt. Wir fahren nach Hause, und Max vergisst, an sei­nem Eis zu lecken, so viel redet er, so gelöst, so un­unterbrochen, dass sein Vater zu Hause erschrocken konstatiert: „Er hat sich die falschen Eltern ausge­sucht. Was hat der Typ mit ihm gemacht? Ihn hyp­notisiert?“

Der „Typ“ empfängt uns in der zweiten Stunde mit einem Vorspiel: „Max, wie fühlst du dich gera­de?“ – „Gut.“ (Immerhin, ein Fortschritt, kein „Weiß nicht“.) „Schön, dann möchte ich, dass du mir so die Hand gibst, wie du dich fühlst.“ Max gibt ihm die Hand. Sie muss sich wie ein kaltes Fischlein

stolzer Sieger. Er macht klaglos alles mit. „Er kann sich einlassen“ ist ein Indikator für ein subtiles Selbstwertgefühl. „Er sorgt für sich“ ein anderer.

Und Max kann für sich sorgen, mehr, als mir manchmal lieb ist. Als Jan Schopferer ihn bittet, seine Familie doch einmal aufzustellen, mithilfe orangefarbener Zettel, schaut ihn Max frei von je­dem Verständnis an: „Wieso soll ich Mama aufstel­len? Die sitzt doch da??!“ Dieses Mal bin ich es, die zu Boden schaut … will ich wirklich wissen, wie unser Sohn die Familie aufstellt? Hinterher legt er mich sorgfältig in den Mülleimer und seinen Vater in den Eisschrank. Jan Schopferer beharrt. „Trotz­dem, nimm mal diese „Mama“ hier und lege sie so hin, dass es passt.“

Max lässt „Mama“ vor sich auf den Boden fal­len, ebenso „Papa“ und „Schwester“. „Kann ich jetzt gehen?“ „Ach, das wäre dir also völlig egal, wo dei­ne Mama liegt, auch wenn ich sie zum Beispiel hier hinten hinter die Kissen packe und den Papa da vorn neben den Schrank?“

Max nickt. Gerader Blickkontakt. Jan Schopfe­rer ist zufrieden. „Ihr Sohn hat Selbstwert. Er ist sich seines Selbst bewusst. Er ist sein eigener Boss. Nur hat er Sie nicht als Burgtor­Wächter seiner Persönlichkeit. Sie haben nicht so viel Einfluss auf ihn, wie Sie gern hätten. Das ist aber keine Frage von mangelndem Selbstwertgefühl. Sondern viel eher von Autarkie und Freiheit.“

Freigeister entscheiden alleinIch muss an seinen Vater denken, auch ein extremer Freigeist und körperlich leidend, wenn man ihm nur eine Scheibe Brot abschneidet, weil er sich dann bevormundet fühlt. „Kinder müssen heute extrem so funktionieren, wie die Eltern das gern hätten, nein, mehr: wie die Eltern in diesem Augenblick selbst reagiert hätten“, erklärt Schopferer. „Der Psy­chologe Michael Winterhoff spricht in diesem Fall von einer krankhaften Symbiose. Früher haben die Eltern ihre Kinder mehr gelassen, auch wenn sie absoluten Gehorsam forderten.“

Die Ungelassene, also ich, höre sofort auf, Max am Anorak zu zippeln. Wir treten den Heimweg an, Max kriegt noch sein obligatorisches Eis. „Mama, weißt du, was am besten bei dem Typie war?“ – „Keine Ahnung“ – „Dass du jetzt viel öfter ,Keine Ahnung‘ sagst als ich. Du musst mal ganz schnell boxen und dann immer ‚Ich bin Mama, und ich bin stark‘ sagen.“

Vielleicht ist das gesündeste Selbstbewusstsein, dass wir unseren Kindern in dieser durchoptimier­ten und durchgedetoxten Welt mitgeben können, nicht das Wissen um die eigenen Stärken, sondern das Wissen um die eigenen Schwächen. Und viel­leicht geht es nicht immer um Stärke, sondern um Bewusstsein. Ich bin Mama, und ich bin stark.

Innere Stärke

Jan Schopferer findet man unter:

www. fishkopp-coaching.de

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anfühlen, denn der Coach grätscht sofort ein: „Soo fühlst du dich, wenn du dich gut fühlst?“ Sie üben zehnmal den richtigen Händedruck, und dann ver­schwinden sie im Drachentanzzimbelzimmer.

Kurze Zeit später höre ich Boxschläge, begleitet von lautem: „Ich bin Max, und ich bin gut. Ich bin Max, und ich bin gut.“

Dann muss Max auf einem Catwalk laufen, erst wie Max, dann wie ein alter Mann, später wie ein

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