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inside Veranstaltet von: Kardiologie & Diabetologie Der Leitfaden für die hausärztliche Praxis – eine Kurzzusammenfassung der Veranstaltung in Köln 2014 Kooperationspartner: Exklusive Zusammen- fassung Foto: Jürgen Seidel

inside med Kompendium - aerzteverlag-media.de · Diabetes mellitus mitten im Leben Konsequentes Risikomanagement – Ziele werden oft verfehlt Manifestiert sich der Typ 2-Diabetes

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Veranstaltet von:

Kardiologie & Diabetologie

Der Leitfaden für die hausärztliche Praxis – eine Kurzzusammenfassung der Veranstaltung in Köln 2014

Kooperationspartner:

Exklusive Zusammen-fassung

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Fortbildung: immanenter Bestandteil der ärztlichen Tätigkeit

Berufsbegleitende Aktualisie­rung des Wissens und kontinuier­liche Erweiterung der fachlichen Kompetenz gehören zum Selbst­verständnis der Ärzteschaft. Dafür gibt es viele Gründe: So beträgt der Wissenszuwachs in der Medizin jedes Jahrzehnt (min­destens) 50 Prozent. Als Folge erlauben moderne Techniken und spezifische Therapieformen es dem Arzt heutzutage immer

mehr Erkrankungen frühzeitig zu diagnostizieren und auch zu heilen. Diese Entwicklungen haben in den einzel­nen medizinischen Fachgebieten ein großes Maß an Spe­zialisierungen mit sich gebracht, die in die Versorgung der Patienten umgesetzt werden müssen. Letztlich wird das Thema „Sicherung der ärztlichen Kompetenz“ seit gerau­mer Zeit auch von Seiten der Politik, der Kostenträger und wissenschaftlicher Sachverständigenräte – wenn auch aus unterschiedlichen Gründen – in die Diskussion gebracht.

„Ziele der Fortbildung sind Sicherstellung und kontinu­ierliche Verbesserung der Behandlungsqualität und somit die Gewährleistung einer hohen Versorgungssicherheit für die Patienten. Regelmäßiger Fortbildung kommt daher eine große qualitätssichernde Bedeutung in der Medizin zu“, so formuliert es die Bundesärztekammer (BÄK). Aber: Fortbildung kann nur erfolgreich sein, wenn sie einerseits objektive Wissens­ und Handlungslücken schließt, ande­rerseits das individuell empfundene Fortbildungsbedürf­nis befriedigt. Folgende Kriterien sind daher für alle For­men ärztlicher Fortbildung unabdingbar:• Nutzen für die Patienten• Verständlichkeit• Relevanz und Aktualität• Wissenschaftliche Evidenz

• Anwendbarkeit des Erlernten in der beruflichen Praxis• Kritische Wertung im Kontext des Themenfeldes

Dies alles hat sich [inside]med, die neue Fortbildungs­reihe des Deutschen Ärzte­Verlags, zum Ziel gesetzt – und nach einer Umfrage im Anschluss an die Eröffnungsveran­staltung in Köln wohl auch bestens erfüllt. Die Teilnehmer bescheinigten den Referenten und Chairmen medizin­didaktische Kompetenz, Lehrerfahrung, Begeisterungs­fähigkeit und Bereitschaft zur Diskussionsförderung. In kurzen Blöcken wurden praxisrelevante Informationen und die Kernpunkte der aktuellen Leitlinien von Kardiologie und Diabetologie vorgestellt. Ein umfassendes Handout mit den Power­Point­Präsentationen der einzelnen Vor­träge ermöglicht eine Nachbereitung respektive das Nach­schlagen.

Für alle Interessierte, die (noch) nicht an [inside]med teilnehmen konnten, mögen die nachfolgenden Seiten ei­nen kurzen Überblick über die Inhalte der Veranstaltung geben.

Dr. med. Vera Zylka­Menhorn, Deutsches Ärzteblatt

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Impressum [inside]med Kompendium Kardiologie & Diabetologie

Redaktion: Christine VetterLayout: Larissa ArtsVerlag, Anzeigendisposition und Vertrieb: Deutscher Ärzte­Verlag GmbH, Dieselstraße 2, 50859 Köln Postfach 40 02 65, 50832 Köln Geschäftsführer: Norbert A. Froitzheim, Jürgen FührerTelefon­Sammelnummer: 02234 7011­0, Fax: 02234 7011­460; Internet: www.aerzteverlag.de E­Mail: [email protected] Produktmanagement: Nadine ProwaznikDruck: L.N. Schaffrath DruckMedien, Geldern

Editorial

Editorial .........................................................................................2

Einleitung .....................................................................................3

Der junge Mensch mit Diabetes ..........................................4

Diabetes mellitus mitten im Leben .................................. 5

Diabetes im Alter, ein zunehmendes Problem ..............6

Herzinsuffizienz ­ notwendige Diagnostik und Therapie ...............................................................................7

Hypertonie ...................................................................................8

Koronare Herzkrankheit .........................................................9

Bedrohliche Herzrhythmusstörungen und plötzlicher Herztod .......................................................10

Neues aus der Diabetologie für die Praxis ..................11

Orale Antikoagulation bei Vorhofflimmern ..................11

Impressionen ...........................................................................12

Inhalt

Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag 3

[inside]med – das neue Fortbildungskonzept des Deutschen Ärzte-Verlags Mit der neuen Fortbildungsreihe [inside]med hat der Deutsche Ärzte-Verlag ein innovatives Format entwickelt, das speziell auf die besonderen Bedürfnisse von Hausärzten eingeht. Kompakte Wissensvermittlung, intensiver persönlicher Austausch mit namhaften Referenten und multimediale Begleitung stehen bei [inside]med im Fokus.

Das Fundament der Fortbildung bilden dabei die aktuellen Leitlinien und neuesten Entwicklungen in den jeweiligen Fach­bereichen. Diese theoretischen Inhalte werden durch den Einsatz von interaktiven Elementen praxisnah und kompakt für den Hausarzt aufbereitet, um eine schnelle und effiziente Implementierung in den Praxisalltag sicher zu stellen. Denn anspruchsvolle Berufe, wie der des Hausarztes, erfordern auch ein besonders anspruchsvolles Fortbildungsangebot.

Alle Besucher von [inside]med in Köln können sich jetzt die kompletten Vorträge inklusive der Präsentationen in der Mediathek auf der Website kostenlos ansehen. Hier finden Sie auch zahlreiche Interviews mit den Referenten zu ihren Fachthemen.

www.inside­med.de/mediathek

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„Das Konzept baut eine Brücke zwischen der universitären wissenschaftlichen Medizin und der Umsetzung im Praxisalltag“ PD Dr. Ady Osterspey

„Aus der großen Zahl von Versorgungsleit-linien das wirklich Notwendige und Praxisnahe herauszu ziehen, ist heute eine der großen Herausforderungen für den Hausarzt.“ PD Dr. Erhard Siegel

4 Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag

Der junge Mensch mit DiabetesDer Manifestation des Diabetes konsequent vorbeugen

Ein sich in späteren Jahren entwickelnder Diabetes zeigt sich oft schon bei jungen Menschen. Denn Übergewicht und Adipositas bahnen der Stoffwechselentgleisung schon früh den Weg. In der Praxis ist ein umfassendes Risikomanagement gefragt.

Lange galt das Dogma, den Blutzucker vor allem bei jun­gen Patienten mit Typ 2­Diabetes möglichst normnah ein­zustellen, um die Entwicklung von Folgekomplikationen zu vermeiden. Inzwischen ist laut Privatdozent Dr. Michael Morcos aus Mannheim durch Studien wie der ACCORD­Stu­die eindeutig belegt worden, dass eine sehr strikte Blut­zuckersenkung den Patienten aufgrund der zwangsläufig auftretenden Hypoglykämien ebenso gefährdet wie Hy­perglykämien. Denn bei sehr niedrigem HbA1c­Wert steigt die Mortalität sogar an.

„Wir wissen mittlerweile, dass gehäufte Hypoglykämi­en eindeutig mit einem erhöhten Sterblichkeitsrisiko asso­ziiert sind“, gab der Mediziner zu bedenken.

Das „Metabolic-Memory“ bedenkenIn den vergangenen Jahren ist nach seinen Worten zudem deutlich geworden, dass es beim Diabetes nicht allein um die Blutzuckereinstellung geht, sondern generell um eine Optimierung des gesamten Stoffwechsels. Denn der Kör­per scheint eine Art „metabolisches Gedächtnis“ zu besit­zen, das langfristig kardiovaskulären Komplikationen den Weg bahnen kann. „Wir müssen deshalb wegkommen von unserem oft glukozentrischen Weltbild in der Diabetolo­gie“, forderte Morcos in Köln.

Die Behandlung des Typ 2­Diabetes hat nach seinen Worten multimodal zu erfolgen, denn es handelt sich prak­tisch um eine Systemerkrankung. Die Patienten sind in al­ler Regel übergewichtig, weisen eine Insulinresistenz und eine Hypertonie sowie eine Dyslipidämie auf. Zwar gilt es bei manifestem Diabetes unbedingt, akute Blutzucke­rentgleisungen zu vermeiden, ebenso wichtig aber ist ein konsequentes und umfassendes Risikomanagement der Begleiterkrankungen.

Ausgeprägte Adipositas – besorgniserregender TrendVor allem die Adipositas triggert nach Professor Dr. Andreas Hamann, Köln, die Entstehung eines Diabetes mellitus. Als besorgniserregend bezeichnete der Mediziner insbesondere die Tatsache, dass die Zahl der Menschen

mit einer sehr ausgeprägten Adipositas Grad II und III kon­tinuierlich steigt.

Denn es gibt laut Hamann Befunde, wonach mit jeder Erhöhung des Body­Mass­Index (BMI) um fünf Einheiten das Mortalitätsrisiko um 30 Prozent ansteigt. Liegt der BMI zwischen 30 und 35 kg/m2, so kommt dies einer Verminde­rung der medianen Überlebenszeit um zwei bis vier Jahre gleich. Bei einem BMI von 40 bis 45 kg/m2 gehen für den Betreffenden mit hoher Wahrscheinlichkeit sogar acht bis zehn Lebensjahre verloren. „Das entspricht in etwa dem Effekt des Rauchens“, betonte der Mediziner.

Früh schon den Lipidstoffwechsel ins Visier nehmenEs ist außerdem bereits frühzeitig auf eine adäquate Einstellung des Lipidstoffwechsels zu achten, denn so Professor Dr. Gottfried Rudofsky, Olten/Schweiz, „ die Ar­teriosklerose ist ein chronischer Prozess, der schon früh einsetzt“. Als Medikamente der Wahl nannte der Mediziner die Statine, für andere Wirkstoffe ist kein Nutzen über die LDL­Senkung hinaus belegt.

Es gilt für jüngere Diabetiker ein LDL­Zielwert unter 100 mg/dl entsprechend der Deutschen Nationalen Ver­sorgungsleitlinie Diabetes. Etwas strenger sind die euro­päischen Leitlinien, die einen LDL­Wert unter 70 mg/dl bei Diabetikern fordern. Rudofsky empfahl ein pragmatisches Vorgehen mit einem LDL­Zielwert unter 100 mg/dl bei Diabetikern ohne KHK und einem Zielwert unter 70 mg/dl, wenn neben dem Diabetes eine KHK besteht oder ein all­gemein hohes kardiovaskuläres Risiko.

Metformin bleibt Mittel der WahlIm Hinblick auf den Typ 2­Diabetes wurden in den aktuel­len Leitlinien dabei die HbA1c­Zielwerte gelockert, es gilt nunmehr für Patienten in jungen Jahren wie auch im mitt­leren Lebensalter ein Zielkorridor von 6,5 bis 7,5 Prozent.Sprechen nicht Kontraindikationen dagegen, ist Metformin beim Typ 2­Diabetes laut Morcos das Mittel der Wahl. Als weitere Antidiabetika ohne eigenes Hypoglykämierisiko nannte der Diabetologe die DPP4­Hemmer, die GLP1­Ago­nisten, die SGLT2­Hemmer sowie die Glitazone. Nicht un­umstritten ist hingegen aufgrund ihres hypoglykämischen Potenzials derzeit der Stellenwert der Sulfonylharnstoffe und auch die Indikation für eine Insulinbehandlung sollte wegen der potenziellen Hypoglykämien zurückhaltend ge­stellt werden.

Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag 5

Diabetes mellitus mitten im LebenKonsequentes Risikomanagement – Ziele werden oft verfehlt

Manifestiert sich der Typ 2-Diabetes im mittleren Le-bensalter, gelten im Prinzip die gleichen Behandlungs-kriterien wie auch bei jüngeren Patienten. Das Prob-lem: Die Zielvorgaben werden leider oft nicht erreicht.

Von einem erhöhten kardiovaskulären Risiko ist nicht erst auszugehen, wenn ein Typ 2­Diabetes manifest ist. „Schon im Stadium der Insulinresistenz und damit beim Prädiabe­tes ist von einem deutlich erhöhten Risiko auszugehen“, mahnte Privatdozent Dr. Michael Morcos, Mannheim. Spä­testens in diesem Stadium muss nach seinen Worten aktiv eine gezielte Prophylaxe erfolgen.

Als Orientierungsgröße für den Nüchternblutzucker nannte Morcos 100 bis 125 mg/dl, der postprandiale Blut­zucker sollte bei 140 bis 199 mg/dl liegen. Für die Primär­prävention formulierte Morcos einen HbA1c­Zielkorridor von 6,5 bis 7,5 Prozent, für das LDL­Cholesterin einen Wert unter 100 mg/dl und für den Blutdruck einen Wert unter 140 mmHg systolisch und 80 mmHg diastolisch.

Allerdings sind die Therapieziele individuell festzule­gen. Das zeigt sich auch beim BMI. Liegt dieser zwischen 27 und 35 kg/m2, ist eine Gewichtsabnahme anzuraten, bei Werten darüber unbedingt eine Reduktion des Körper­gewichts um zehn Prozent. „Leider werden die genannten Ziele in der täglichen Praxis allzu oft nicht erreicht“, mo­nierte der Mediziner.

Motivation zur LebensstiländerungWas theoretisch jedoch möglich wäre, machte Morcos am Beispiel der finnischen Diabetes­Präventionsstudie deut­lich. Nach dem Ergebnis dieser Erhebung kann allein durch allgemeine Maßnahmen das Auftreten eines Typ 2­Diabe­tes bei Risikopatienten um 58 Prozent gesenkt werden. Notwendig hierzu war eine Änderung der Lebensführung, induziert durch die Beratung bei der Gewichtsreduktion mit entsprechender Ernährungsberatung und der Motiva­tion zu vermehrter körperlicher Aktivität.

Davon abgesehen können auch Wirkstoffe wie das Metformin und die Glitazone zur Diabetesprävention bei­tragen.

Mit der medikamentösen Therapie die Gewichtsreduk-tion fördernIst der Diabetes manifest, gibt es mit den Inkretinmime­tika und den DPP4­Hemmern moderne Behandlungsmög­lichkeiten, die nicht nur keine Hypoglykämien provozieren, sondern zudem das Gewichtsmanagement erleichtern. So

wirken die DPP4­Hemmer in aller Regel gewichtsneutral, die GLP­1­Analoga fördern sogar eine Gewichtsreduktion, berichtete Morcos. Idealerweise werden die Wirkstoffe mit Metformin kombiniert.

Das gilt auch für die neuen SGLT2­Hemmer, die die Nie­renschwelle für Glukose absenken, so dass vermehrt Glu­kose ausgeschieden wird. Auch diese Wirkstoffe bedingen kein vermehrtes Risiko für Hypoglykämien und fördern die Gewichtsabnahme.

Low fat oder doch low carb?Mit der Diabetestherapie alleine ist es nach Professor Dr. Andreas Hamann, Köln, meist nicht getan. Es muss unab­hängig davon, ob ein Prädiabetes oder bereits ein Diabe­tes vorliegt, forciert versucht werden, übergewichtige und adipöse Patienten zum Abnehmen zu bewegen und dabei zu unterstützen.

Das sollte nicht dogmatisch geschehen und es geht auch nicht darum, möglichst schnell möglichst viele Kilos abzu­specken. Entsprechend der Leitlinie Adipositas sollte die Ge­wichtsreduktion je nach Ausgangsgewicht bei fünf bis zehn Prozent liegen und innerhalb von sechs bis zwölf Monaten realisiert werden. Ob dies mittels einer low fat­ oder einer low carb­Diät erfolgt, ist im Prinzip gleichgültig, Hauptsache der Patient ist erfolgreich. „Den meisten Patienten fällt dabei low carb jedoch leichter“, berichtete Hamann in Köln. Prinzipiell aber ist mit beiden Strategien eine deutliche Gewichtsabnah­me möglich, wobei es bei beiden Regimen schwierig ist, an­schließend eine Gewichtsstabilisierung zu erwirken.

4-stufige ErnährungstherapieAls günstig hat sich nach seiner Erfahrung eine Ernäh­rungstherapie über vier Stufen erwiesen: In der ersten Stufe besteht das Ziel in der alleinigen Reduktion des Ver­zehrs von Fetten oder von Kohlenhydraten. In der zweiten Stufe sollte anschließend eine energiereduzierte Misch­kost mit Reduktion von Fett und Zucker realisiert werden. In der dritten Stufe rät Hamann den aktuellen Leitlinien folgend zum Ersatz von ein bis zwei Mahlzeiten am Tag durch Formulaprodukte und in der vierten Studie dann zu einer vollen Formuladiät mit 800 bis 1.200 kcal täglich für bis zu zwölf Wochen.

Unterstützend ist, so Hamann weiter, eine gezielte Bewegungstherapie wichtig. Angestrebt wird dabei ein zusätzlicher Energieverbrauch von zirka 1.200 bis 1.800 kcal/Woche. Das entspricht mehr als 150 Minuten zusätzli­cher sportlicher Aktivität.

6 Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag

Diabetes im Alter, ein zunehmendes ProblemGratwanderung zwischen Hyper- und Hypoglykämie

Je niedriger das HbA1c, umso besser? Weit gefehlt! Bei sehr niedrigen Werten steigt die Gefährdung der Pati-enten sogar bis hin zu einer erhöhten Mortalität. Die Blutzuckereinstellung wird damit zu einer Gratwande-rung zwischen Hyper- und Hypoglykämie – insbesonde-re bei älteren Diabetikern.

Die Diabetestherapie unterscheidet sich bei älteren Pa­tienten nicht prinzipiell von den Behandlungskriterien bei jüngeren Menschen. Dennoch sind nach Privatdozent Dr. Michael Morcos aus Mannheim bei älteren und alten Patienten einige Besonderheiten zu beachten: So geht es nicht darum, den HbA1c­Wert so niedrig wie möglich einzustellen. „Man muss vielmehr die Behandlung indi­vidualisiert planen, Komorbiditäten berücksichtigen und auch die Kognition bedenken“, mahnte der Diabetologe in Köln.

Der Diabetes mellitus ist nach seinen Angaben immer­hin die häufigste Komorbidität im Alter und zwei Drittel der Diabetiker hierzulande sind älter als 65 Jahre. Das aber bedeutet nicht, dass die Diabetestherapie im Alter nach­lässiger erfolgen darf: „Auch bei einem 65­jährigen Patien­ten sind potenzielle Folgekomplikationen der Erkrankung aufgrund der noch erheblichen Lebenserwartung ein rele­vanter Aspekt“, so Morcos.

Das biologische Alter ist entscheidendWie in der Praxis konkret vorzugehen ist, hängt deshalb wesentlich vom biologischen Alter des Patienten ab, da­von, ob Funktionsdefizite und Begleiterkrankungen vorlie­gen und auch von der psychischen Situation der Patienten, von ihrer Lernfähigkeit und von ihrem familiären Umfeld. Zu bedenken ist nach Morcos die im Alter verringerte An­passungsfähigkeit an neue Situationen, die oft vorliegen­

den Depressionen und die Demenz und insbesondere die erhöhte Sturzneigung, die vor allem im Falle einer Hypo­glykämie fatale Folgen haben kann.

Anders als bei jüngeren Diabetikern steht bei der Di­abetestherapie im Alter nicht die Reduktion des Mortali­tätsrisikos im Vordergrund, es geht mehr um den Erhalt der Selbstständigkeit und um eine Zunahme der Lebensqua­lität. Die Therapie muss für die Patienten einfach durch­zuführen sein, was insbesondere bei der Insulintherapie zu beachten ist. Sie kann den ambulanten Pflegediensten übertragen werden und muss angepasst sein an eine un­regelmäßige Nahrungsaufnahme und an Änderungen des allgemeinen Gesundheitszustandes.

Mehr Toleranz beim Blutdruck„Auch bei der Behandlung der Hypertonie gibt es bei älte­ren Diabetikern kein Patentrezept“, betonte Professor Dr. Peter Baumgart aus Münster. Es muss ebenfalls individua­lisiert therapiert werden, wobei der Blutdruckzielwert mit unter 150 mmHg systolisch etwas großzügiger gesetzt ist als bei jüngeren Patienten. Das liegt nach Baumgart dar­an, dass bislang nicht in Studien gezeigt wurde, dass alte Menschen von einer strengeren Blutdrucksenkung tat­sächlich profitieren. „Die Regel, unter 140/90 mmHg fits all – das gilt nicht für alte und gebrechliche Patienten mit Bluthochdruck“, sagte der Mediziner.

Denn eine zu starke Absenkung des Blutdrucks kann die allgemeine Sturzgefahr deutlich verstärken. So wurde beispielsweise gezeigt, dass die Neuverordnung von An­tihypertensiva bei älteren Menschen mit einem Anstieg des Risikos für Schenkelhalsfrakturen assoziiert ist. Vor­sicht ist nach Baumgart deshalb insbesondere bei älteren komorbiden und gebrechlichen Patienten mit Diabetes und Hypertonie geboten.

Nutzen der Therapie der Dyslipidämie im Alter nur be-dingt belegtBesteht eine Dyslipidämie, so ist bei Patienten bis 60 Jah­ren eine eindeutige Reduktion der kardiovaskulären Ereig­nisse wie auch der Mortalität für die Sekundärprophylaxe belegt, erläuterte in Köln Professor Dr. med. Gottfried Rudofsky aus Olten/Schweiz. Dürftig ist hingegen die Da­tenlage bei Patienten jenseits des 70sten Lebensjahres. Es gibt Hinweise auf eine Reduktion kardiovaskulärer Er­eignisse, keinen Effekt aber hat die Behandlung auf die Schlaganfallhäufigkeit. Es gibt vor allem keine eindeutigen Belege zum Nutzen der Behandlung von Patienten über 80 Jahren. Allerdings können vor allem Patienten mit Di­abetes und bekannter KHK auch im hohen Alter von einer Statintherapie profitieren, wobei jedoch generell bei äl­teren Patienten vermehrt auch mit Nebenwirkungen zu rechnen ist.

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Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag 7

HypertonieWelchen Hypertoniker wann mit welchem Antihypertensivum behandeln?

In den aktuellen Leitlinien wurden die Zielblutdruck-werte jüngst modifiziert. Bei der Wahl des richtigen An-tihypertensivums spielen zudem Begleiterkrankungen des Patienten eine wichtige Rolle.

Weltweit leiden mehr als eine Milliarde Menschen unter einer Hypertonie, die damit der häufigste kardiovaskuläre Risikofaktor ist. Änderungen hat es jüngst in den aktuellen Leitlinien zur Hypertonie bei der Festlegung der Zielblut­druckwerte gegeben. So wurden sowohl die US­ wie auch die europäischen Guidelines modifiziert. Während in die­sen früher gefordert wurde, den Blutdruck bei Diabetikern und Patienten mit Nierenerkrankung unter 130/80 mmHg abzusenken, gilt jetzt für die Hypertonie einheitlich ein Zielblutdruck von systolisch unter 140 mmHg, berichtete in Köln Professor Dr. med. Peter Baumgart, Münster. „Eine stärkere therapeutische Blutdrucksenkung ergab bei Di­abetikern in Vergleichsstudien keine weitere Reduktion kardiovaskulärer Komplikationen“, so Baumgart. Bei den diastolischen Werten sollte nach seiner Darstellung bei Diabetikern jedoch ein Blutdruck von 80 bis 85 mmHg an­gestrebt werden.

Mehr Blutdrucktoleranz bei älteren MenschenHöhere Blutdruckwerte als früher werden in den neuen Leitlinien auch bei älteren Hypertonikern toleriert: „Bei älteren Patienten darf der Blutdruck bis 150 mmHg betra­gen“, erklärte der Mediziner. Denn es ist bislang nicht be­legt, dass eine weitere Blutdrucksenkung therapeutische Vorteile hat.

Mit welchen Antihypertensiva der Bluthochdruck behandelt wird, richtet sich nach der individu­ellen Situation des Patienten und nach den „erwünschten und unerwünschten Begleitwir­kungen“. Mit Blick auf den Stoffwechsel favor­isiert Baumgart ACE­Hemmer, AT1­Antagonis­ten und Kalziumantagonisten, wohingegen bei Betablockern und Diuretika ein etwas erhöhtes Risiko für das Neuauftreten eines Diabetes mellitus besteht. Diuretika sind nach den Wor­ten des Kardiologen besonders günstig, wenn zugleich eine Herzinsuffizienz manifest ist und Betablocker sind indiziert, wenn der Patient auch eine KHK aufweist, eine Herzinsuffizienz und/oder Herzrhythmusstörungen.

Nierendenervierung ohne Katheter – neue Hoffnung für therapieresistente Hypertoni-kerLässt sich der Blutdruck medikamentös nicht kontrollieren, so müssen auch weitere Verfah­ren in Betracht gezogen werden, wie Baumgart darlegte. Enttäuschend waren die Therapieer­gebnisse bei der Katheter­Nierenarteriendener­

vierung: „Es gibt bislang keine Studie, die belegen konnte, dass die erhoffte Blutdrucksenkung tatsächlich eintritt“, meinte der Hypertensiologe.

Er selbst favorisiert mit der Nierendenervierung ohne Katheter ein neues Verfahren, dass ähnlich wie die Nieren­steinzertrümmerung den Ultraschall fokussiert einsetzt. Das Verfahren wird derzeit in zwölf Zentren bei Patien­ten mit schwerer therapieresistenter Hypertonie erprobt, wobei Baumgart vor voreiligen Schlüssen der Wirkung auf den Blutdruck warnte. Dies gilt ebenso für die Barorezep­torenaktivierung, mit der allerdings bei richtiger Platzie­rung der Sonde offenbar eine Responderrate von 86 Pro­zent zu erwirken ist.

Unerlässlich: Allgemeine LebensstilmodifikationNicht unterschätzt werden sollten nach Baumgart die Ef­fekte der Allgemeinmaßnahmen zur Blutdruckreduktion. Hierzu gehören die Gewichtsreduktion, die regelmäßige körperliche Aktivität sowie die Vermeidung übermäßigen Alkoholkonsums. Kontrovers diskutiert wird derzeit der Nutzen der Kochsalzreduktion, nachdem aktuelle Studien zum einen eine Blutdrucksenkung bei Beschränkung der Natriumzufuhr zeigen, es nach dem Ergebnis anderer Stu­dien aber auch Hinweise auf eine erhöhte Sterblichkeit bei sehr geringer Natriumaufnahme gibt.

Als bemerkenswert stellte Baumgart außerdem ak­tuelle Studienbefunde vor, wonach der reichliche Ver­zehr von Olivenöl wie auch von Nüssen eine nachhalti­ge Reduktion der Rate an Herzinfarkten, Schlaganfällen sowie der kardiovaskulären Mortalität zu erwirken ver­mag.

Abb.: Das Risiko eines Diabetes mellitus ist am höchsten beim Einsatz von Thiaziddiuretika. Das Risiko ist etwas geringer bei der Therapie mit Beta-Blockern. Der Unterschied ist aber statistisch nicht signifikant.

8 Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag

Herzinsuffizienz – notwendige Diagnostik und TherapieZahl der Patienten mit Herzinsuffizienz steigt stetig

Vor dem Hintergrund der demographischen Entwick-lung ist von einer weiter steigenden Zahl herzinsuf-fizienter Patienten in der Praxis auszugehen. Ist eine kausale Therapie nicht möglich, wird medikamentös be-handelt, wobei jedoch nur bei der systolischen HI eine Prognosebesserung zu erzielen ist.

Zu denken ist an die Herzinsuffizienz vor allem, wenn äl­tere Menschen eine verminderte Belastbarkeit angeben, wenn sie unter Luftnot bei schon vergleichsweise leichter körperlicher Betätigung klagen, abends Beinödeme entwi­ckeln und eine Nykturie angeben. „Als Voraussetzung für die Diagnose ‚Herzinsuffizienz‘ muss jedoch unbedingt die kardiale Funktionsstörung als Ursache der Symptomatik nachgewiesen sein“, betonte Professor Dr. med. Erland Erdmann aus Köln. Die Diagnostik umfasst neben der Anamnese sowie dem EKG und dem Herzecho auch einen Röntgen­Thorax sowie die Erfassung der Laborparameter und gegebenenfalls eine Herzkatheteruntersuchung.

Systolische und diastolische HI differenzierenEs ist nach Erdmann zwischen einer akuten und einer chro­nischen HI zu unterscheiden, zwischen einer Rechts­ und Linksherzinsuffizienz sowie einer rhythmogenen HI und vor allem zwischen einer systolischen HI mit erniedrigter Auswurffraktion und einer vorwiegend diastolischen HI mit weitgehend erhaltener Ejektionsfraktion.

Als charakteristisch für die systolische HI, die im in­ternationalen Schrifttum auch als HFrEF (Heart Failure with reduced Ejection Fraction) bezeichnet wird, nannte der Kardiologe den Verlust von kontrahierenden Muskel­zellen als Folge eines Herzinfarktes, einer Ischämie oder einer Kardiomyopathie. Bei der diastolischen HI, der so­genannten HFpEF (Heart Failure with preserved Ejection Fraction), zeigt das Herz hingegen eine weitgehend nor­male Kontraktion mit einer Ejektionsfraktion von mehr als 50 Prozent, jedoch einer deutlichen Füllungsbehinde­

rung durch eine Zunahme der Steifigkeit, eine Hypertro­phie oder eine Kollageneinlagerung. „Das Krankheitsbild tritt insbesondere bei älteren Patienten mit langjähriger Hypertonie auf“, erklärte Erdmann in Köln.

Beide Krankheitsformen kommen etwa gleich häufig vor und gehen nach seiner Darstellung mit einer schlech­ten Prognose einher. Die Mortalität liegt abhängig vom Alter des Patienten und vom Schweregrad der Erkrankung bei 10 bis 30 Prozent pro Jahr.

Keinesfalls Diuretika absetzenWann immer möglich, ist eine kausale Therapie anzu­streben durch Beseitigung der Ursachen der Herzschwä­che wie einer Rhythmusstörung, einer Ischämie, einem schlecht eingestellten Hypertonus oder einer zu hohen Flüssigkeitszufuhr bei terminaler Niereninsuffizienz. Ge­lingt das nicht, wird in aller Regel eine medikamentöse Therapie eingeleitet, wobei vor allem die Diuretika zur Standardtherapie gehören. „Auch nach einer so erreichten Besserung der Klinik sollte eine niedrigdosierte diureti­sche Dauertherapie mit einem Thiazid erwogen werden, um die pulmonalen Drücke niedriger zu halten“, so Erd­mann. Keinesfalls sollte das Diuretikum einfach abgesetzt werden, da dies die häufigste Ursache einer erneuten De­kompensation ist.

Hat sich die hämodynamische Situation stabilisiert, sollte eine Behandlung mit einem Betablocker in zunächst niedriger Dosis und mit langsam steigender Dosierung begonnen werden, wobei die Herzfrequenz 60 bis 70 Schläge/min betragen sollte. Es kann zusätzlich mit ei­nem ACE­Hemmer oder einem Sartan, ebenfalls zunächst in niedriger Dosierung, behandelt werden. Bestehen kei­ne Kontraindikationen, kann ferner ein Aldosteronanta­gonist verordnet werden, wobei ebenfalls niedrig dosiert zu beginnen ist und initial mindestens einmal wöchent­lich das Serumkalium und die Nierenfunktion kontrolliert werden sollte. Lässt sich so die Ruhefrequenz nicht unter 70 Schläge/min senken, empfiehlt Professor Erdmann bei weiterbestehender Herzinsuffizienz­Symptomatik die zu­sätzliche Behandlung mit dem selektiv am Sinusknoten angreifenden Wirkstoff Ivabradin.

Vorsicht ist hingegen mit Digitalis sowie generell po­sitiv inotrop wirksamen Substanzen geboten, da diese die Lebenserwartung des Patienten sogar mindern können. Zu bedenken ist laut Erdmann ferner, dass die ausgeführten Medikamente die Prognose lediglich bei der systolischen HI bessern. Bei der diastolischen HI ist bislang keine pro­gnostische Besserung durch die medikamentöse Therapie belegt.

Quelle: Prof. Dr. med. Erland Erdmann

Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag 9

Koronare Herzkrankheit – akutes Koronarsyndrom und chronische KHKFrühzeitig das kardiovaskuläre Risiko mit validierten Scores erfassen

Kardiovaskuläre Ereignisse sind nach wie vor die Todes-ursache Nummer Eins hierzulande. Es ist deshalb in der Praxis wichtig, schon früh mittels validierter Scores das kardiovaskuläre Risiko der Patienten zu erfassen.

Besteht der klinische Verdacht auf eine KHK, so wird man laut Professor Dr. med. Uwe Zeymer, Ludwigshafen, in der Praxis selbstverständlich das kardiovaskuläre Risiko des Patienten mittels eines standardisierten Scores erfassen. Davon abgesehen ist eine Risikoerfassung bei allen Pati­enten indiziert, die danach fragen und darüber hinaus ganz generell bei Rauchern im mittleren Alter, bei Patienten mit deutlichem Übergewicht und/oder einem oder mehreren kardiovaskulären Risikofaktoren sowie bei positiver Fami­lienanamnese für eine KHK oder andere Risikofaktoren.

Welcher Score am besten geeignet ist, hängt von der Ausgangssituation ab. So empfahl Zeymer den PRO­CAM­Score bei hohem Cholesterin, den ESC­Score bei Vor­liegen einer Hypertonie und den Framingham­Score für Patienten jenseits des 65. Lebensjahres.

Liegt eine stabile Angina pectoris vor, sollte der Patient nach Zeymer mit einem Antianginosum behandelt werden und mit Blick auf die Prognose auch Acetylsalicylsäure (ASS) sowie ein Statin erhalten. Beim Verdacht auf eine manifeste KHK ist eine Koronarangiographie zu verlassen, wenn eine Vortestwahrscheinlichkeit von mehr als 65 Pro­zent gegeben ist. Die Untersuchung dient der definitiven Klärung der Diagnose, der Risikostratefizierung sowie der Prüfung der Möglichkeit einer interventionellen Therapie. Ergibt sich die Option einer Revaskularisation, sollte an­schließend dauerhaft ASS verabreicht werden und zusätz­lich ein Statin, wobei ein LDL­Cholesterin unter 100 mg/dl und bei sehr hohem Risiko sogar unter 70 mg/dl angestrebt werden. Der Blutdruck sollte auf Werte von systolisch 130­140 mmHg gesenkt werden, wobei vorzugsweise mit ACE­Hemmern, Sartanen und Betablockern zu behandeln ist. Selbstverständlich ist der Patient laut Zeymer außer­dem eindringlich auch zu einer Lebensstilmodifikation mit

Nikotinverzicht, Gewichtsnormalisierung und regelmäßi­ger körperlicher Aktivität zu motivieren.

Bei kleineren Eingriffen Clopidogrel nicht absetzenNach einer elektiven perkutanen Koronarintervention (PCI) ist nach Zeymer bei allen Patienten ASS indiziert. Wurde elektiv ein konventioneller unbeschichteter Stent (Bare Metal Stent, BMS) implantiert, sollte zusätzlich für vier Wo­chen mit Clopidogrel behandelt werden. Bei Implantation eines medikamenten­beschichteten Stents (Drug Eluting Stent, DES) der dritten Generation ist eine sechsmonatige Clopidogrel­Gabe angezeigt. In Ausnahmefällen muss in Abhängigkeit vom Risiko einer Stentthrombose und vom Blutungsrisiko auch länger behandelt werden.

„Auf keinen Fall sollte Clopidogrel bei kleineren Eingrif­fen abgesetzt werden, da ansonsten das Risiko für eine Stentthrombose massiv ansteigt“, betonte der Kardiologe in Köln. Steht eine Operation bei Patienten unter ASS an, so kann die Einnahme sieben Tage vor dem Eingriff beendet werden, wenn der Thrombozytenhemmer als Primärpro­phylaxe verabreicht wird. Bei der Sekundärprophylaxe sieht das anders aus. Dann sollte die Einnahme nur bei hohem Blutungsrisiko ausgesetzt werden, da nach dem Absetzen von einer dreifach erhöhten Ereignisrate auszugehen ist.

Neue Definition des akuten MyokardinfarktsDeutlich gewandelt hat sich in jüngster Zeit die Definiti­on des akuten Myokardinfarktes, wobei sich die Diagnose auf den Anstieg und/oder Abfall kardialer Biomarker be­zieht. Allerdings fehlen nach Zeymer noch klare Vorgaben für den Anstieg und Abfall der Biomarker. Durch die Ein­führung der Troponine und des Kardio­MRT hat sich nach seinen Worten die Zahl der Infarkt­Diagnosen erhöht: „Die neue Definition des Herzinfarktes macht viele Patienten zu Infarkt­Patienten“, erläuterte der Mediziner.

Differenziert werden nunmehr verschiedene In­farkt­Typen, wobei als Typ 1 der ischämische Myokardin­farkt klassifiziert ist, als Typ 2 ein Myokardinfarkt durch

eine ischämische Im­balance, als Typ 3 ein tödlicher Infarkt ohne Biomarker, als Typ 4a ein PCT­bedingter Infarkt, als Typ 4b eine Stentthrombose und als Typ 5 ein ACB­Op­bedingter In­farkt. Die neue Klassi­fizierung wird jedoch zum Teil kritisch dis­kutiert.Abb.: Häufigste Todesursachen in Deutschland. Quelle: Statistisches Jahrbuch 2013

10 Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag

Bedrohliche Herzrhythmusstörungen und plötzlicher HerztodDas Ruhe-EKG – ein Schlüssel zur Diagnose und Risikostratefikation

Der plötzliche Herztod kündigt sich nicht selten durch Rhythmusstörungen im Ruhe-EKG an. Die Warnsignale frühzeitig zu erkennen, kann eine diagnostische Her-ausforderung sein.

Es gibt vielfältige Veränderungen im EKG, die mit einem erhöhten Risiko für einen akuten Herztod assoziiert sind. Zum Teil liegt den Befunden eine genetisch bedingte Stö­rung zugrunde. Die Rhythmusstörung im EKG zu erkennen, kann für den betreffenden Patienten lebensrettend sein, ist jedoch unter Umständen schwierig, wenn die Verände­rungen diskret sind oder wenn es sich quasi um Grenzbe­funde handelt. Mit einem raschen Blick auf das EKG ist es deshalb nach Professor Dr. med. Günther Breithardt, Müns­ter, nicht getan. Es ist vielmehr wichtig, sich ausreichend Zeit zu nehmen, um das EKG richtig „zu lesen“.

„Es geht nicht darum, jede komplexe Herzrhythmusstö­rung korrekt diagnostizieren. Aber man muss Auffälligkei­ten erkennen und eine diagnostische Abklärung veranlas­sen“, betonte der Kardiologe. Eine gute Zusammenarbeit mit einem rhythmologisch versierten Kardiologen ist nach seinen Worten deshalb essentiell: „Dann kann man dem Kollegen im Zweifelsfall rasch das EKG faxen und seinen Rat einholen“, erklärte Breithardt in Köln.

Torsade de Pointes-Tachykardie bei verlängerter QT-DauerAls Beispiel für eine bedrohliche Herzrhythmusstörung nann­te er eine verlängerte QT­Dauer. Patienten mit einem solchen EKG­Befund haben ein erhöhtes Risiko für das Auftreten von Torsades de Pointes­Tachykardien, denen nach langer Di­astole Riesen­T­U­Wellen vorangehen und die zu Synkopen

und zum akuten Herztod führen können. Oftmals besteht eine familiäre Belastung, die verlängerte QT­Dauer kann aber auch Folge einer KHK sein, einer Kardiomyopathie oder einer Hypokalziämie und Hypokaliämie.

Sie kann ferner durch Medikamente induziert werden. Bekannt sind entsprechende Reaktionen unter anderem bei der Einnahme von Antiarrhythmika, Sympathomime­tika, Makrolidantibiotika, Diuretika, psychotropen Wirkstof­fen und auch Ketoconazol. Allerdings können auch Pro­tonenpumpenhemmer wie Pantoprazol bei langfristiger Gabe eine QT­Zeit­Verlängerung induzieren und vor allem in Kombination mit einer Hypokaliämie für den Patienten problematisch werden. „Denken Sie in diesem Zusammen­hang daran, dass auch Lakritze eine Hypokaliämie bedin­gen können“ mahnte Breithardt.

Zu Kammertachykardien, Kammerflimmern und weite­ren Rhythmusstörungen wie einem Vorhofflimmern kann es andererseits auch beim Syndrom der kurzen QT­Zeit kommen.

Brugada-Brugada-Syndrom – auf diskrete Zeichen achtenAls nicht seltene Ursache für ein Kammerflimmern bei strukturell normalem Herzen nannte Breithardt das Bruga­da­Brugada­Syndrom, das jedoch erst seit den 90iger Jah­ren bekannt ist. Es handelt sich um eine Störung innerhalb des QRS­Komplexes am Übergang zur ST­Strecke und ist vor allem in den rechtspräkordialen Ableitungen V1 und V2 zu erkennen. Die Veränderungen sind allerdings oft­mals diskret, jedoch nicht selten durch Antiarrhythmika zu provozieren. Daran denken sollte man stets, wenn Patien­ten mit fieberhaftem Infekt eine Synkope erleiden.

Die Rhythmusstörung ist nach Breithardt ebenfalls ge­netisch determiniert und beruht auf einer Na­Kanal­Muta­tion. Es sind mehr Männer als Frauen betroffen.

Cave bei Rhythmusstörungen bei jungen PatientenBesondere Aufmerksamkeit ist zudem geboten, wenn Herzrhythmusstörungen bereits bei jungen Menschen auf­treten. Es handelt sich laut Breithardt zum Teil um bizarre ventrikuläre Arrhythmien, die zu akuten Synkopen und unter Umständen als Erstmanifestation zum plötzlichen Herztod führen. Die Arrhythmie kann sich als bi­direktiona­le oder auch als polymorphe ventrikuläre Tachykardie zei­gen, sie tritt oft erst unter Belastung auf. „Die Ursache der Veränderungen war lange nicht bekannt“, so Breithardt. „Inzwischen wissen wir, dass der Störung ein abnormes Handling des Kalziums in der Muskelzelle zugrundeliegt.“. Die Erkrankung ist damit ebenfalls genetisch determiniert und macht bei den betroffenen Jugendlichen in aller Regel die Implantation eines Defibrillators notwendig.Abb.: Risikostratefizierung der verlängerten QT-Dauer

Quelle: Priori et al., NEJM 2003; 348: 1866­74

Kardiologie & Diabetologie im Praxisalltag 11

Mit freundlicher Unterstützung von AstraZeneca

Symposium I: Neues aus der Diabetologie für die PraxisTyp 2-Diabetes: Früh schon die Abwärtsspirale aufhalten

Beim Typ 2-Diabetes ist frühzeitig eine umfassende The-rapie der entgleisten Stoffwechselsituation wichtig, ohne jedoch Hypoglykämien zu provozieren. Dabei helfen inno-vative Wirkmechanismen wie die SGLT-2-Inhibition.

In der Nationalen Versorgungsleitlinie (NVL) zum Typ 2­Di­abetes wird neben allgemeinen Maßnahmen Metformin als Mittel der ersten Wahl empfohlen. Die NVL spricht sich laut Professor Dr. med. Stephan Schneider, Köln, zugleich für eine rasche Intensivierung der medikamentösen The­rapie aus, wenn der mit dem Patienten als Therapieziel vereinbarte HbA1c­Wert nicht innerhalb von drei bis sechs Monaten erreicht wird. Als weitere Therapieoptionen zu­sätzlich zu Metformin kommen dann ein DPP­IV­Inhibitor, ein GLP­1­Rezeptorantagonist, Insulin, ein SGLT2­Inhibitor sowie Sulfonylharnstoff in Frage.

Als wirksame Therapieoption stellte Schneider den SGLT2­Inhibitor Dapagliflozin vor, der den Schwellenwert für die Glukoseausscheidung senkt und so ein Absinken

des Blutzuckerspiegels bewirkt. Es resultiert eine güns­tige Beeinflussung des gesamten Stoffwechsels: „Denn während bisherige Medikamente das System verändern, um die Glukosespiegel zu senken, setzt die SGLT2­Inhibiti­on am Glukosespiegel an, um das System zu beeinflussen“, erklärte Schneider.

Dapagliflozin bewirkt den Studien zufolge eine Redukti­on des HbA1c­Wertes im Mittel um 0,71 Prozent sowie eine Senkung des Nüchternblutzuckers um 34 mg/dl. Gleichzei­tig kommt es unter der Therapie zu einer Abnahme des Kör­pergewichtes und zu einer Reduktion des Blutdrucks um im Mittel 4,4 mmHg systolisch und 1,6 mmHg diastolisch.

In Kombination mit Metformin wurde für Dapagliflozin eine Reduktion des HbA1c­Wertes um 0,80 Prozent im Ver­gleich zur alleinigen Metformin­Gabe belegt bei ebenfalls signifikanter Reduktion des Körpergewichtes unter der Kombinationstherapie und ohne das vermehrte Auftreten von Hypoglykämien. Auch in der Dreifachkombination hat sich der SGLT2­Inhibitor bereits bewährt.

Mit freundlicher Unterstützung von Bayer Healthcare

Symposium II: Orale Antikoagulation bei VorhofflimmernNOAKs – eindeutiger Fortschritt gegenüber Vitamin K-Antagonisten

Die neuen oralen Antikoagulantien (NOAKs) sind ein eindeutiger Fortschritt gegenüber den Vitamin K-An-tagonisten (VKA). Wirkstoffe wie Rivaroxaban sind si-cherer in der Anwendung, einfacher im Handling und haben damit Vorteile für Arzt und Patient.

Seltenere schwere und tödliche Blutungen, weniger La­borkontrollen, keine Nahrungsmittelinteraktionen, weni­ger Medikamenteninteraktionen, ein einfaches und siche­res Switching und mehr räumliche Flexibilität – das sind laut Privatdozent Dr. med. Friedhelm Späh, Krefeld, die Ar­gumente, die für NOAKs und damit gegen VKA sprechen, wenn eine Gerinnungshemmung indiziert ist.

Die NOAKs haben ihre klinische Wirksamkeit nach Anga­ben des Mediziners in großangelegten Studienprogrammen belegt. Eine Metaanalyse, die die Behandlungsergebnisse bei 71.638 Patienten umfasst, dokumentiert dabei für die NOAKs im Vergleich zu den VKA eine signifikant geringere Rate an Schlaganfällen aufgrund systemischer Embolien und

auch an hämorrhagischen Schlaganfällen sowie eine signi­fikant geringere Gesamtmortalität. Hervorzuheben ist nach Späh darüber hinaus das unter den NOAK eindeutig geringe­re Risiko für schwere sowie für intrakranielle Blutungen.

Das bestätigen Real­Life­Daten des Dresdner NOAK­Re­gisters, in dem die Blutungsereignisse unter Rivaroxaban bei 1.775 Patienten mit Vorhofflimmern oder venösen Thromboembolien erfasst wurden. Die Rate schwerer Blu­tungen pro 100 Patientenjahre war mit 3,1 Prozent dabei sogar niedriger als in klinischen Studien (3,6 Prozent in der ROCKET AF­Studie).

Der Faktor Xa­Hemmer Rivaroxaban hat zudem, so Späh, unter der verfügbaren NOAKs den breitesten Zulas­sungsstatus. Der Gerinnungshemmer kann verabreicht wer­den zur Thromboembolieprophylaxe bei orthopädisch­chir­urgischen Eingriffen, zur Therapie und Sekundärprophylaxe bei tiefen Venenthrombosen mit und ohne Lungenembolie, zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern und auch zur Sekundärprävention nach akutem Koronarsyndrom.

Die Premiere von [inside]med war ein großer Erfolg! In Köln informierten sich niedergelassene Allgemeinmedizi­ner, Praktiker und Internisten über Neues für ihren Praxis­alltag. Der Deutsche Ärzte­Verlag hatte zu der Fortbil­dung geladen, die am 27. September ganz im Zeichen der

Diabetologie und Kardiologie stand. In abwechslungsreich gestalteten Vorträgen zeigten Experten ihres Fachgebiets auf, welche Neuerungen aus ihrer Sicht relevant für die tägliche Praxis sind. Neben weiteren Impressionen finden Sie unter www.inside­med.de auch einen Kurzfilm.

Erfolgreicher Auftakt von [inside]med in Köln

inside

Veranstaltet von:

Interaktive TED­Abstimmungen in allen Vorträgen animierten zum Mitmachen

Für kulinarische Köstlichkeiten in der Pause war natürlich auch gesorgt

Prof. Dr. Uwe Zeymer klärte zur Koronaren Herzkrankheit auf

Um bedrohliche Herzrhythmusstörun­gen und den plötzlichen Herztod ging es im Vortrag von Univ.­Prof. Dr. Dr. h.c. Günter Breithardt, em.

Prof. Dr. Peter Baumgart referierte über Hypertonie im Rahmen der Kardio­ und Diabetologie

PD Dr. Michael Morcos sprach über das Thema Hyperglykämie beim Diabetes­Patienten

Voller Saal zur Auftaktveranstaltung von [inside]med im Kölner Dorint Hotel

Die Vorsitzenden PD Dr. Erhard Siegel (l.) und PD Dr. Ady Osterspey führten durch die Veranstaltung

Um chronische Herzinsuffizienz ging es im Vortrag von Prof. Dr. Erland Erdmann

Prof. Dr. Gottfried Rudofsky lenkte den Blick auf Fettstoffwechsel bei Diabetes mellitus

Kooperationspartner:

Adipositas und Diabetes standen im Mittelpunkt des Vortrags von Prof. Dr. Andreas Hamann

Begrüßung durch Norbert A. Froitz­heim, Verleger und Geschäftsführer des Deutschen Ärzte­Verlages

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