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ROBERT KOCH INSTITUT Statistisches Bundesamt Gesundheitsberichterstattung des Bundes Heft 28 Altersdemenz

INSTITUT ROBERT KOCH Heft 28 Altersdemenz - …€¦ · Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 7 Einleitung Demenzen gehören zu den häufigsten und fol-genreichsten

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Page 1: INSTITUT ROBERT KOCH Heft 28 Altersdemenz - …€¦ · Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 7 Einleitung Demenzen gehören zu den häufigsten und fol-genreichsten

© Robert Koch-Institut

ISBN 3-89606-162-3ISSN 1437-5478

R O B E R T K O C H I N S T I T U TStat is t isches Bundesamt

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

Heft 28Altersdemenz

Demenzielle Erkrankungen sind gekennzeichnet durchfortschreitenden Gedächtnisverlust und Abbau kognitiverFähigkeiten. Etwa zwei Drittel aller Demenzerkrankungenentfallen auf die Alzheimerkrankheit, 15 bis 20% aufvaskuläre Demenzen, der Rest auf Mischformen undandere seltene Demenzerkrankungen. Die Häufigkeitdemenzieller Erkrankungen steigt mit zunehmendemAlter stark an. Bezogen auf die 65-Jährigen und Älterensind in Deutschland etwa eine Million Menschen von ein-er mittelschweren oder schweren Demenz betroffen undin der Regel nicht mehr zur selbstständigen Lebens-führung in der Lage; erstmals an einer Demenz erkrankenjährlich nahezu 200.000 Menschen. Neben einer medi-kamentösen Therapie stehen verschiedene psychosoziale Interventionen zur Verfügung, die das Fortschreiten kognitiver Störungen verzögern und dem Verlust an Alltagskompetenz entgegenwirken können. Etwa 60% der Demenzkranken leben in Privathaushalten. Vor allemdie zusätzlich zu den kognitiven Störungen auftretendenVerhaltensprobleme Demenzkranker erhöhen die Belastungen pflegender Angehöriger erheblich und führenhäufig zu einer Heimaufnahme. Etwa zwei Drittel derBewohner in Altenpflegeheimen leidet an einer Demenz.Demenzen sind nicht nur sehr häufig unter Heim-bewohnern, sie sind auch der wichtigste Grund für denEintritt in ein Heim. Demenz gehört zu den teuerstenKrankheitsgruppen im Alter. In Deutschland wurden fürdie Alzheimerdemenz pro Patient und Jahr durchschnitt-lich Kosten von 43.767 Euro ermittelt, wobei 67,9% aufdie Familie entfallen, 29,6% auf die gesetzliche Pflege-versicherung und 2,5% auf die gesetzliche Kranken-versicherung. Für das Jahr 2050 ist aufgrund der demo-grafischen Entwicklung zu erwarten, dass über zweiMillionen der 65-Jährigen und Älteren in Deutschland aneiner Demenz leiden werden.

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Gesundheitsberichterstattung des BundesHeft 28

Altersdemenz

Autor: Siegfried Weyerer

Herausgeber: Robert Koch-Institut

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Die Gesundheitsberichterstattung des Bundes(GBE) liefert daten- und indikatorengestützte Beschreibungen und Analysen zu allen Bereichendes Gesundheitswesens.

Als dynamisches und in ständiger Aktualisierungbegriffenes System bietet die Gesundheitsbericht-erstattung des Bundes die Informationen zu denThemenfeldern in Form sich ergänzender und auf-einander beziehender Produkte an:

Ω Themenhefte der Gesundheitsberichterstattungdes Bundes Ω In den Themenheften werden spezifische

Informationen zum Gesundheitszustand derBevölkerung und zum Gesundheitssystemhandlungsorientiert und übersichtlich prä-sentiert. Jedes Themenheft lässt sich einemder GBE-Themenfelder zuordnen; der innereAufbau folgt ebenfalls der Struktur der The-menfelder. Somit bieten die Themenfelder der GBE sowohl den Rahmen als auch die Gliederung für die Einzelhefte. Inhaltlich zusammengehörende Themen können ge-

Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 3

Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens

Gesundheits-probleme,

Krankheiten

Ausgaben, Kos-ten und Finan-

zierung

Gesundheits-verhalten und -gefährdungen

Ressourcen derGesundheits-versorgung

Gesundheitliche Lage

Leistungen und Inanspruchnahme

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

bündelt und gemeinsam herausgegeben werden. Die fortlaufende Erscheinungsweisegewährleistet Aktualität. Die Autorinnen und Autoren sind ausgewiesene Expertinnenund Experten aus dem jeweiligen Bereich.www.rki.de

Ω Informationssystem der Gesundheitsbericht-erstattung des BundesΩ Das Informationssystem der Gesundheits-

berichterstattung des Bundes liefert als On-line-Datenbank schnell, kompakt und trans-parent gesundheitsrelevante Informationenzu allen Themenfeldern der Gesundheits-berichterstattung. Die Informationen wer-den in Form von individuell gestaltbaren Tabellen, übersichtlichen Grafiken, verständ-lichen Texten und präzisen Definitionen be-reitgestellt und können heruntergeladenwerden. Das System wird ständig ausgebaut.Derzeit sind aktuelle Informationen ausüber 100 Datenquellen abrufbar. Zusätzlichkönnen über dieses System die GBE-The-menhefte und die Inhalte aus dem Gesund-heitsbericht für Deutschland (Hrsg. Statisti-sches Bundesamt, Stuttgart, 1998) abgerufenwerden.www.gbe-bund.de

Ω SchwerpunktberichteΩ In den Schwerpunktberichten werden spe-

zielle Themen der Gesundheit und des Ge-sundheitssystems detailliert und umfassendbeschrieben.

Die Aussagen der Gesundheitsberichterstattungdes Bundes beziehen sich auf die nationale,bundesweite Ebene und haben eine Referenz-funktion für die Gesundheitsberichterstattung derLänder. Auf diese Weise stellt die GBE des Bundeseine fachliche Grundlage für politische Entschei-dungen bereit und bietet allen Interessierten einedatengestützte Informationsgrundlage. Darüberhinaus dient sie der Erfolgskontrolle durchge-führter Maßnahmen und trägt zur Entwicklungund Evaluierung von Gesundheitszielen bei.

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Psychische und Verhaltensstörungen

Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 284

Der Leser- und Nutzerkreis der GBE-Produk-te ist breit gefächert: Angesprochen sind Gesund-heitspolitikerinnen und -politiker, Expertinnenund Experten in wissenschaftlichen Forschungs-einrichtungen und die Fachöffentlichkeit. Zur Zielgruppe gehören auch Bürgerinnen und Bür-ger, Patientinnen und Patienten, Verbrauche-rinnen und Verbraucher und ihre jeweiligen Ver-bände.

Das vorliegende Heft 28 der Gesundheits-berichterstattung des Bundes »Altersdemenz«lässt sich folgendermaßen in das Gesamtspektrumder Themenfelder einordnen:

Rahmenbedingungen des Gesundheitswesens

Ressourcen derGesundheits-versorgung

Gesundheits-probleme,

Krankheiten

Gesundheits-verhalten und -gefährdungen

Ausgaben, Kos-ten und Finan-

zierung

Gesundheitliche Lage

Leistungen und Inanspruchnahme

Altersdemenz

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 5

Bislang sind folgende Themenhefte der GBE erschienen:Heft 1 »Schutzimpfungen«Heft 2 »Sterbebegleitung«Heft 3 »Gesundheitsprobleme bei Fernreisen«Heft 4 »Armut bei Kindern und Jugendlichen«Heft 5 »Medizinische Behandlungsfehler«Heft 6 »Lebensmittelbedingte Erkrankungen«Heft 7 »Chronische Schmerzen«Heft 8 »Nosokomiale Infektionen«Heft 9 »Inanspruchnahme alternativer Metho-

den in der Medizin«Heft 10 »Gesundheit im Alter«Heft 11 »Schuppenflechte«Heft 12 »Dekubitus«Heft 13 »Arbeitslosigkeit und Gesundheit«Heft 14 »Gesundheit alleinerziehender Mütter

und Väter«Heft 15 »Hepatitis C«Heft 16 »Übergewicht und Adipositas«Heft 17 »Organtransplantation und Organspende«Heft 18 »Neu und vermehrt auftretende Infek-

tionskrankheiten«Heft 19 »Heimtierhaltung – Chancen und Risiken

für die Gesundheit«Heft 20 »Ungewollte Kinderlosigkeit«Heft 21 »Angststörungen«Heft 22 »Hautkrebs«Heft 23 »Selbsthilfe im Gesundheitsbereich«Heft 24 »Diabetes mellitus«Heft 25 »BrustkrebsHeft 26 »Körperliche Aktivität«Heft 27 »Schlafstörungen«

Schwerpunktbericht der GBEΩ Gesundheit von Kindern und JugendlichenΩ Pflege

Adressen:

Robert Koch-InstitutGesundheitsberichterstattung

Postfach 65026113302 Berlin

Tel.: 018 88.754–34 00Fax: 018 88. 754–35 13

[email protected]

Statistisches BundesamtZweigstelle Bonn

Informations- und Dokumentationszentrum Gesundheitsdaten

Graurheindorfer Straße 19853117 Bonn

Tel.: 01888.644–8121Fax: 01888.644–[email protected]

www.gbe-bund.de

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 286

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 7

Einleitung

Demenzen gehören zu den häufigsten und fol-genreichsten psychiatrischen Erkrankungen imhöheren Alter. In Deutschland leiden derzeit – be-zogen auf die 65-Jährigen und Älteren – nahezueine Million Menschen an einer Demenz, die An-zahl der Neuerkrankungen beträgt im Laufe einesJahres fast 200.000. Mit zunehmendem Altersteigt die Häufigkeit demenzieller Erkrankungensehr stark an, von weniger als 2% bei den 65- bis69-Jährigen auf über 30 % bei den 90-Jährigenund Älteren. Über zwei Drittel aller Demenzkran-ken sind Frauen: Dies ist hauptsächlich darauf zu-rückzuführen, dass Frauen im Vergleich zu Män-nern ein höheres Erkrankungsrisiko und einelängere Lebenserwartung haben [1]. Fast die Hälf-te der Pflegebedürftigen in Privathaushalten hateine Demenz, wobei mit zunehmender Pflege-stufe der Anteil stark ansteigt. Gleichzeitig ist die Demenz der mit Abstand wichtigste Grund füreine Heimaufnahme, und der Anteil demenz-kranker Heimbewohner hat in den letzten Jahr-zehnten kontinuierlich zugenommen. Derzeitsind über 60 % der Heimbewohner von dieserKrankeit betroffen. Man kann davon ausgehen,dass in Deutschland etwa 400.000 demenziell erkrankte Menschen in Alten- und Pflegeheimenversorgt werden [1].

Entsprechend der Definition nach der Inter-nationalen Klassifikation der Krankheiten [2] ist Demenz ein Syndrom als Folge einer meist chronischen oder fortschreitenden Krankheit desGehirns mit Störung vieler höherer kortikaler Funk-tionen, einschließlich Gedächtnis, Denken, Orien-

tierung, Lernfähigkeit, Sprache und Urteilsvermö-gen. Diese kognitiven Beeinträchtigungen werdengewöhnlich von Veränderungen der emotionalenKontrolle, des Sozialverhaltens oder der Motivationbegleitet, gelegentlich treten diese auch eher auf.

Bereits in den leichten bzw. frühen Erkran-kungsstadien weisen die Betroffenen infolge derkognitiven Einbußen Einschränkungen in derselbstständigen Lebensführung auf, sind aber nochnicht vollständig von der Hilfe Dritter abhängig. Beifortgeschrittener Erkrankung, wo zumeist zwischenmittelschwerem oder schwerem Demenzstadiumunterschieden wird, sind generalisierte kognitiveFunktionseinbußen feststellbar, die mit umfassen-der Pflegebedürftigkeit und Beaufsichtigungsbedarfrund um die Uhr verbunden sind. Demenzielle Erkrankungen beeinträchtigen neben Funktionen,die die kognitiven Fähigkeiten betreffen, auch nicht kognitive Systeme wie Wahrnehmung, Affek-tivität und Persönlichkeitsmerkmale. Es treten deshalb bei Demenzkranken häufig andere psy-chische Auffälligkeiten auf wie Depressionen,Schlafstörungen,Unruhe, Angst, Wahnwahrneh-mungen, Halluzinationen (paranoid-halluzinatori-sche Syndrome) und Aggressionen. Nichtkognitive Symptome der Demenz führen neben einer Ver-schlechterung der Lebensqualität des Kranken zu erheblichen Belastungen für die Betreuenden. Sie sind nicht nur Folge von Abbauprozessen im Gehirn, sondern auch Ausdruck ihres engenWechselspiels mit psychosozialen Einflüssen, der Persönlichkeit und den noch vorhandenen Kon-fliktbewältigungsstrategien [3].

Altersdemenz

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Krankheitsformen

Normales Altern geht mit einer Veränderung derkognitiven Leistungsfähigkeit einher. In der Intel-ligenzforschung unterscheidet man zwei globaleKomponenten, die fluide Intelligenz und die kristalline Intelligenz. In der fluiden Intelligenzkommen in erster Linie die Güte und Schnelligkeitder Informationsverarbeitung zum Ausdruck. Diekristalline Intelligenz umfasst Fähigkeiten, die Erfahrungswissen, Wortschatz und Sprachver-ständnis voraussetzen. Beide Komponenten zei-gen im Alter einen unterschiedlichen Verlauf:

Ω Einbußen im Bereich der fluiden Intelligenzmit zunehmendem Alter

Ω Stabilität der kristallinen Intelligenz bis inshohe Alter.

Es ist häufig nicht einfach, altersübliche Verände-rungen der kognitiven Leistungen von frühen Demenzstadien zu unterscheiden. Erschwert wirdeine Abgrenzung durch den oft schleichenden Beginn demenzieller Erkrankungen und durchdas bestehende Kontinuum zwischen Normalitätund Frühsymptomen einer Demenz.

Unter leichten kognitiven Beeinträchtigungen(Mild Cognitive Impairment, MCI) versteht maneine, mit Hilfe von Tests nachweisbare Störungdes Gedächtnisses oder ein Nachlassen der intel-lektuellen Fähigkeiten ohne Einschränkung derAlltagsfunktionen. Die internationale Klassifika-tion psychiatrischer Erkrankungen sieht die leich-te kognitive Störung vor (ICD-10: F06.7). Eineleichte kognitive Beeinträchtigung kann, mussaber nicht die Vorstufe einer Demenz sein.

In den diagnostischen Leitlinien zur Demenzwird in der ICD-10 das Vorliegen folgender Vor-aussetzungen für eine Diagnose verlangt:

Ω Nachweis einer Abnahme des Gedächtnissesund des Denkvermögens

Ω erhebliche Beeinträchtigungen der Aktivitätendes täglichen Lebens.

Beeinträchtigungen der Aktivitäten des täglichenLebens umfassen vor allem Ankleiden, Essen undpersönliche Hygiene. Einschränkungen könnenauch in den Bereichen Orientierung, Auffassung,

Rechnen, Lernfähigkeit, Sprache und Urteils-vermögen vorliegen. Die Dauer der Beeinträchti-gung sollte mindestens sechs Monate betragen [2]. Differentialdiagnostisch sind eine mögliche de-pressive Störung, ein Delir (akute psychische Stö-rung mit einer organischen Ursache, die mit einerBewusstseinstrübung einhergeht), eine leichteoder mittelschwere Intelligenzminderung, einekognitive Schwäche aufgrund schwer gestörter so-zialer Bedingungen mit mangelhaften Bildungs-möglichkeiten und psychische Störungen als mög-liche Folge von Medikamenteneinnahmen zu berücksichtigen.

Der Oberbegriff Demenz umfasst eine Reihevon Krankheitsbildern mit unterschiedlicher Ursache [4]:

Ω degenerative Demenzen (z.B. Alzheimer-Demenz)

Ω vaskuläre Demenzen (z.B. Multiinfarkt-Demenz)

Ω nutritiv-toxisch oder metabolisch verursachteDemenzen (z.B. Alkoholdemenz)

Ω entzündlich bedingte oder übertragbare Erkrankungen, die zur Demenz führen können(z.B. AIDS-Demenz)

Ω durch Schädel-Hirn-Trauma bedingte Demen-zen.

Die häufigste Form ist die Demenz vom Alzhei-mer Typ. Die Diagnose einer Demenz vom Alz-heimer Typ erfordert nach ICD-10, dass die obengenannten allgemeinen Demenzkriterien erfülltsind. Zusätzlich sollen folgende Bedingungen vor-liegen:

Ω schleichender Beginn der Symptomatik mitlangsamer Verschlechterung

Ω Ausschluss von Hinweisen auf andere Ursa-chen eines demenziellen Syndroms

Ω Fehlen eines plötzlichen Beginns oder neuro-logischer Symptome wie Halbseitenlähmungund Gesichtsfeldausfälle.

Die unter Verwendung neuerer Konsensuskrite-rien durchgeführten Studien stimmen dahinge-hend überein, dass in westlichen Industrieländernetwa zwei Drittel der Demenzformen der Alz-heimerschen Krankheit zuzuordnen sind, etwa 15 bis 20% sind durch Durchblutungsstörungen

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des Gehirns bedingt und werden als vaskuläre Demenzen bezeichnet. Der Rest ist entwederdurch Mischformen vom degenerativ-vaskulärenTyp oder durch andere Krankheitsbilder bedingt.

Eine umfassende bevölkerungsbezogene Stu-die in Rotterdam, in der neuere Diagnosekriterienangewendet wurden, ergab folgendes Ergebnis:auf Alzheimer-Demenzen entfielen 72%, auf vas-kuläre Demenzen 16%, auf Parkinson-Demenzen6 % und auf sonstige Demenzformen 5 % der Fälle [5].

Zur Diagnostik einer Demenz ist eine geziel-te Anamneseerhebung einschließlich der Be-fragung von Angehörigen (Fremdanamnese) er-forderlich, die Fragen nach Gedächtnis (Alt-/Neugedächtnis, Merkfähigkeit), Orientierung (ört-lich, zeitlich, situativ), Alltagsaktivitäten, früheremLeistungsniveau und depressiver Verstimmungumfasst (siehe Tabelle 1). Des Weiteren sind einesorgfältige körperliche und neurologische Unter-suchung sowie eine Erhebung des psychopatholo-gischen Befundes erforderlich. Zusätzlich zur Anamnese sollten Leistungstests wie der Mini-Mental-Status-Test (MMST) eingesetzt werden, diedie wichtigsten Bereiche kognitiver Funktionen ab-decken. Darüber hinaus werden zur Diagnostik einer Demenz bildgebende Verfahren (Computer-tomografie, Magnetresonanztomografie), elektro-physiologische Verfahren (Elektrokardiografie,Elektroenzephalografie), Doppler-Sonografie (Ge-

fäßultraschall), Single-Photon-Emission-Compu-tertomografie und Positronenemissionstomo-grafie zur Funktionsdiagnostik eingesetzt. Blut-untersuchungen gehören ebenfalls zur Diag-nostik. Mit diesen Verfahren können Hinweise aufdie Demenzursache gewonnen werden. Sie die-nen in erster Linie dazu, Erkrankungen, die se-kundär zu einer Demenz führen können, zu er-kennen oder auszuschließen.

Ein besonderes Problem stellt die Frage desSchweregrads einer Demenz dar. Üblicherweiseunterscheidet man zwischen leichten, mittel-schweren und schweren Demenzen.

Von leichten Demenzen spricht man, wennzwar kognitive Störungen vorliegen, die die Be-wältigung schwierigerer Anforderungen kaum erlauben oder zumindest erheblich einschränken,die aber noch nicht so ausgeprägt sind, dass die Betroffenen im Alltag von anderen Personen ab-hängig sind. In dieser Phase ist also der Versor-gungsbedarf noch gering, auch wenn der Lei-densdruck der Betroffenen und der Angehörigenschon ausgeprägt sein kann. Bei den leichten Demenzen handelt es sich nicht in allen Fällen um die Frühphase voranschreitender Demenz-prozesse.

Im mittelschweren Stadium kommen Patien-ten nicht mehr ohne fremde Hilfe zurecht. EinigeFähigkeiten können noch erhalten sein, der Pa-tient ist jedoch auf ständige Beaufsichtigung undAnleitung angewiesen.

Schwere Demenzen umfassen Krankheitssta-dien, in denen der Patient in keiner Weise mehrzur Bewältigung auch der einfachsten alltäglichenAnforderungen in der Lage ist, sondern perma-nente grundpflegerische Versorgung benötigt.Mittelschwere und schwere Demenzen kenn-zeichnen somit die Gruppe der Erkrankten, die einen hohen Hilfs- und Versorgungsbedarf hat. In der Regel handelt es dabei um irreversibel ver-laufende, bis zum Tod andauernde Beeinträchti-gungen.

Tabelle 1Bei der Demenzdiagnostik erforderliche MaßnahmenQuelle: Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie, Psychothera-pie und Nervenheilkunde [6]

Maßnahmen bei der Demenzdiagnostik

Anamnese

Fremdanamnese

Körperliche Untersuchung

Neurologische Untersuchung

Psychopathologischer Befund

Testpsychologische Untersuchung

Laborparameter

Elektrokardiogramm

Elektroenzephalogramm

Kraniales Computertomogramm oder Magnetresonanz-tomografie

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 2810

Risikofaktoren

Die Krankheitsursache der Alzheimer-Demenz ist,abgesehen von den wenigen klar genetisch be-stimmten Formen, im Wesentlichen noch unbe-kannt. Letztlich spielen bei der Entstehung der Er-krankung mehrere Faktoren eine Rolle [7].

Das Alter ist der wichtigste Risikofaktor fürdie Prävalenz und die Inzidenz des Demenzsyn-droms im Allgemeinen und der Alzheimer-Krank-heit im Besonderen.

Erwartungsgemäß stellen Personen mit leich-ten kognitiven Störungen eine Hochrisikogruppefür die Entstehung von Demenzen dar. Im Ver-gleich zu kognitiv unbeeinträchtigten Personengleichen Alters ist die Wahrscheinlichkeit, inner-halb von drei Jahren an einer Demenz zu erkran-ken, um mehr als das 20-fache erhöht [8].

In mehreren epidemiologischen Studien wur-de niedrige Schulbildung als Risikofaktor für de-menzielle Erkrankungen ermittelt [z.B. 5, 9, 10].Als mögliche Gründe für den Zusammenhangwerden diskutiert:

Ω Frühe Störungen der Hirnreifung, die sowohleinen weiterführenden Schulbesuch wenigerwahrscheinlich machen als auch das Demenz-risiko im Alter erhöhen

Ω Durch geistige Stimulation vermittelte Stär-kung der Reservekapazität (erhaltenen und trai-nierbaren Kompetenzen)

Ω Bildungsassoziierte Unterschiede im Gesund-heitsverhalten und in den Arbeitsplatzrisiken.

Aus einer genetischen Perspektive kann die Alzheimer-Demenz in familiäre und sporadischeFormen aufgeteilt werden, wobei der Anteil der familiär bedingten Alzheimer-Demenzen auf 5 bis 10 % geschätzt wird. Die Mehrheit aller Patienten (etwa 90 %) mit einer Alzheimer-De-menz leidet an so genannten sporadischen For-men, d. h. Erkrankungen ohne offenkundige familiäre Häufung. Bei der familiären Form sindTypen mit frühem Krankheitsbeginn (unter 60Jahre) von solchen mit spätem Krankheitsbeginnzu unterscheiden. In den letzten Jahren konntenverschiedene autosomal dominant vererbte Gen-mutationen identifiziert werden [11] (siehe Text-kasten).

Nach Mielke und Heiss [13] besteht Überein-stimmung darüber, dass folgende Faktoren das relative Risiko vaskulärer Demenzen erhöhen: Vorhofflimmern um das 6- bis 18-fache, Blut-hochdruck um das 4- bis 5-fache, koronare Herz-krankheit, Diabetes mellitus, chronischer Alkohol-missbrauch und Fettstoffwechselstörung um das2- bis 4-fache, Übergewicht und Rauchen um das1- bis 2-fache. Viele kardiovaskuläre Risikofakto-ren tragen nicht nur zu einem erhöhten Auftretenvon vaskulären Demenzen bei, sondern erhöhengenerell das Risiko für kognitive Störungen im Alter. Ähnlich wie bei der Alzheimer-Demenzkonnte der günstige Einfluss einer gehobenen Bil-dung auf das Risiko, eine vaskuläre Demenz zubekommen, nachgewiesen werden.

In der Gruppe der familiären Alzheimer-Demenz konnten Genmutationen ermitteltwerden, in deren Folge es unausweichlich zueiner Erkrankung an Alzheimer-Demenzkommt. So weist eine sehr kleine Untergrup-pe (etwa 1 bis 3 %) eine Mutation des APP(Amyloid-Precursor-Protein) Gens auf Chro-mosom 21 auf. Weit häufiger (70 %) ist die Mutation des Präsenilin-1 (PS-1) Gens aufChromosom 14, nur wenige Familien zeigeneine Mutation des Präsenilin-2 (PS-2) Gens aufChromosom 1. Bisherige Ergebnisse legen zudem die Vermutung nahe, dass die ver-schiedenen Mutationen mit einem unter-schiedlichen Manifestationsalter der Alzhei-mer Demenz verbunden sind: APP (40 bis 50Jahre), PS-1 (30 bis 40 Jahre), PS-2 (50 bis 65Jahre).

Auch in der Gruppe der sporadischen Alzheimer-Demenz gibt es Hinweise auf einegenetische Prädisposition. Dabei wurden über30 möglicherweise relevante Genloci be-schrieben, wobei das Apolipoprotein E (ApoE)auf Chromosom 19 bislang am besten unter-sucht ist. Dieses Plasmaprotein, welches fürden Cholesterin-Transport verantwortlich ist,tritt in verschiedenen Genvariationen auf.Nach derzeitigem Wissensstand scheint derApoE-Genotyp eher das Erkrankungsalter derAlzheimer-Demenz zu modifizieren als dasallgemeine Erkrankungsrisiko [12].

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Prävention

Eine Prävention bei vaskulären Demenzen istdurch eine Beeinflussung der Risikofaktoren mög-lich, die großenteils für Schlaganfälle und anderearterielle Verschlusskrankheiten verantwortlichsind. Nach Gorelick et al. [14] sind folgende Risi-kofaktoren für vaskuläre Demenzen behandelbar:Bluthochdruck, Zigarettenrauchen, Alkoholmiss-brauch, diätetische Faktoren/Hypercholesterin-ämie, Vorhofflimmern/kardiale Emboliequellen,Diabetes mellitus, Herzfehler. Aus mehreren, teil-weise prospektiven Studien geht hervor, dass sichBluthochdruck im mittleren Lebensalter als ein bedeutsamer Risikofaktor für die spätere Entwick-lung kognitiver Defizite erwies. Der Gebrauch vonblutdrucksenkenden Medikamenten reduziert die Inzidenz und Verlaufsgeschwindigkeit einerDemenz [15].

Ähnlich wie bei der vaskulären Demenz wer-den bei der Alzheimer-Demenz protektive Effekteeiner ausgewogenen Ernährung zugeschrieben.Eine hohe Kalorienzufuhr und eine fettreiche Er-nährung erhöht das Risiko einer Alzheimer-De-menz, fischreiche Kost dagegen vermindert es [16].Ein günstiger Einfluss wird auch einer wirksamenKontrolle von Blutdruck und Fettstoffwechsel zu-geschrieben [17]. Oxidativer Stress spielt bei derEntstehung der Alzheimerkrankheit eine wichtigeRolle. Hinsichtlich verschiedener Oxidantienscheinen Vitamin E und Vitamin C eine gewissepräventive Wirkung zu haben [18, 19].

Mittlerweile gibt es Hinweise dafür, dassnichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) [20] undsogenannte Statine, die zur Senkung des Cholest-erinspiegels verordnet werden [21], das Risiko einerAlzheimer-Demenz reduzieren. Eine fundierte Nut-zen/Risikoabschätzung dieser medikamentösenPräventionsmaßnahmen wird jedoch erst auf derGrundlage von langfristigen Interventionsstudienmöglich sein. Beim jetzigen Wissensstand kann dieEinnahme dieser Medikamente zur Prävention vonAlzheimer-Demenz noch nicht empfohlen werden.

Es kann derzeit noch nicht abgeschätzt wer-den, inwieweit in Zukunft neuere Ansätze, wie etwadie Immunisierung mit beta-Amyloid, einem aus42 Aminosäuren bestehenden Eiweißmolekül [22],bei der Prävention und Behandlung der Alzheimer-krankheit erfolgreich eingesetzt werden können.

Aktuelle Ergebnisse zur Verbreitungder Demenz in Deutschland

Prävalenz der Demenz

Seit Anfang der 1970er Jahre wurden weltweitzahlreiche Gemeindestudien zur Bestimmung der Prävalenz demenzieller Erkrankungen durchge-führt. Auf der Grundlage neuerer epidemiologi-scher Studien und Meta-Analysen liegt die Präva-lenz demenzieller Erkrankungen in westlichenIndustrieländern – bezogen auf die 65-Jährigenund Älteren – zwischen 5 und 8% [1].

In Tabelle 2 sind die altersspezifischen Präva-lenzraten dargestellt, die auf Meta-Analysen vorwiegend europäischer Studien basieren. Alsübereinstimmendes Ergebnis aller bislang durch-geführten Bevölkerungsstudien zeigte sich, dassdie Prävalenz der Demenz bei Männern und Frau-en mit dem Alter deutlich zunimmt. Sie liegt beiden 65 bis 69-Jährigen bei etwa 1,5%, verdoppeltsich im Abstand von jeweils etwa fünf Altersjahrenund steigt bei den 90-Jährigen und Älteren aufüber 30% an (siehe Tabelle 2). Nicht sicher beant-wortbar ist bislang, ob sich der Anstieg der De-menzprävalenz bei den über 95-jährigen Personenfortsetzt oder abschwächt [23].

Eine Übertragung der Raten auf die Alten-bevölkerung Deutschlands am Ende des Jahres2002 ergibt eine Gesamtprävalenz zwischen 6,5und 7,3%. Legt man diese Werte zugrunde, so ist– bei einer Schwankungsbreite zwischen 900.000und 1,2 Millionen – mit einem durchschnittlichenKrankenbestand von etwa einer Million Demenz-kranker im Alter von über 65 Jahren zu rechnen.Die niedrigeren Schätzwerte basieren auf längerzurück liegenden Studien [24, 25], bei denen derDemenzschweregrad nicht immer klar definiertund nach vergleichbaren Kriterien beurteilt wurde.Den Daten der neueren Meta-Analysen [23, 26]liegt eine Einteilung nach der international häufigbenutzten Klassifikation des Diagnostic and Sta-tistical Manual of Mental Disorders (DSM-III-bzw. DSM-III-R-Kriterien) zugrunde. Zudem wer-den auch die leichten Demenzstadien einge-schlossen. Durchschnittlich stehen die leichten,mittelschweren und schweren Erkrankungs-stadien in einem Verhältnis von ungefähr 3 : 4 : 3zueinander [1].

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 2812

Demenzen können auch in jüngeren Jahren auf-treten. Die Prävalenz dieser noch vor dem Errei-chen eines höheren Alters auftretenden, präseni-len Demenzen ist jedoch sehr niedrig und ihreSchätzung ist mit großen Unsicherheiten behaftet.

Aufgrund der wenigen Gemeindestudien, in dieauch jüngere Altersgruppen einbezogen waren,liegt die Rate im Alter zwischen 30 und 59 Jahrenbei etwa 0,1% [25], im Alter zwischen 55 und 64Jahren bei 0,4% [5]. Für Deutschland liegen keine

Tabelle 2Alterspezifische Prävalenz von Demenzerkrankungen auf der Grundlage von Meta-AnanlysenAngaben in ProzentQuelle: Bickel [1]

* Gesamtrate für die über 65-Jährigen bei Standardisierung auf die Altersstrukturder deutschen Altenbevölkerung zum Ende des Jahres 2002

Altersgruppe Jorm et al.(1987) [24]

Hofman et al.(1991) [25]

Ritchie & Kildea(1995) [23]

Lobo et al. (2000) [26]

Männer Frauen

65–69 Jahre 1,4 1,4 1,5 1,6 1,0

70–74 Jahre 2,8 4,1 3,5 2,9 3,1

75–79 Jahre 5,6 5,7 7,3 5,6 6,0

80–84 Jahre 10,5 13,0 13,4 11,0 12,6

85–89 Jahre 20,8 21,6 22,2 12,8 20,2

90–94 Jahre 38,6 32,2 33,0 22,1 30,8

95+ Jahre – 34,7 44,8 – –

Gesamtrate* 6,5 6,9 7,3 4,5 7,3

Abbildung 1Schätzung der Prävalenz von Demenzkranken in Deutschland zumEnde des Jahres 2002Schätzgrundlage: Prävalenzraten von Lobo et al. [26]Quelle: Bickel [1]

20

40

60

80

100

120

140

160

65–69 70–74 75–79 80–84 85–89 90+

Prävalenz (in 1.000)

Altergsruppe(Jahre)

Frauen

Männer

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 13

epidemiologischen Studien über präsenile De-menzen vor, doch kann man – auf der Grundlageder Ergebnisse aus anderen Ländern – die Ge-samtzahl der Erkrankten auf etwa 20.000 schät-zen. Bezogen auf alle Demenzen machen die präsenilen Formen weniger als 3% aus [1].

Aus Tabelle 2 geht auch hervor, dass die Prä-valenz demenzieller Erkrankungen bei den Frau-en deutlich erhöht ist. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass Frauen eine längere Le-benserwartung haben als Männer. Außerdemscheinen Frauen länger als Männer mit einer Demenz zu überleben. Diese längere Lebensdau-er trägt wiederum zu einer Erhöhung der Präva-lenz bei. In Abbildung 1 ist – auf der Grundlage derMeta-Analyse von Lobo et al. [26] – die Anzahl derdemenzkranken Männer und Frauen in Deutsch-land dargestellt. Es zeigt sich, dass mit Ausnahmeder 65- bis 69-Jährigen in allen Altersgruppenmehr Frauen als Männer von einer Demenz betroffen sind. Besonders deutlich sind dieseUnterschiede bei den Hochbetagten (siehe Abbil-dung 1).

Differenziert man nach Alzheimer-Demenzund vaskulären Demenzen (siehe Tabelle 3), sozeigt sich, dass der insgesamt gefundene Ge-schlechtsunterschied in erster Linie auf die Alz-heimer-Demenz zurückzuführen ist. Bezogen aufdie 65-Jährigen und Älteren sind die Prävalenzra-ten bei den Frauen mehr als doppelt so hoch wiebei den Männern, während bei den vaskulären Demenzen die Geschlechtsunterschiede sehr ge-ring sind.

Inzidenz der Demenz

Im Vergleich zur Prävalenz ist es wesentlich auf-wändiger, die Inzidenz, d.h. die Zahl der Neuer-krankungen an Demenz zu ermitteln. Dazu müs-sen sehr viele kognitiv nicht Beeinträchtigteprospektiv, d.h. in die Zukunft hinein, über län-gere Zeitperioden untersucht werden, wobei oftmit hohen Ausfallraten aufgrund von Todesfällenzu rechnen ist. Es kann dabei zu einer großenUnterschätzung der Inzidenz kommen, wenn nurInformationen über die Überlebenden gewonnenwerden und nicht über die zwischenzeitlich Ver-storbenen – etwa durch Befragung naher Ange-höriger oder des Pflegepersonals.

Auf der Grundlage der in Tabelle 4 darge-stellten Meta-Analysen ist die Schwankungs-

* Gesamtrate für die über 65-Jährigen bei Standardisierung auf die Altersstrukturder deutschen Altenbevölkerung zum Ende des Jahres 2002

Tabelle 3 Altersspezifische Prävalenz der Alzheimer-Demenz und der vaskulären Demenzauf der Grundlage von Meta-AnalysenAngaben in ProzentQuelle: Bickel [1]

Altersgruppe Alzheimer-Demenz Vaskuläre Demenz

Lobo et al. (2000) [26] Hy und Keller (2000) [27] Lobo et al. (2000) [26]

Männer Frauen Männer Frauen Männer Frauen

65–69 Jahre 0,6 0,7 0,7 1,0 0,5 0,1

70–74 Jahre 1,5 2,3 1,5 2,1 0,8 0,6

75–79 Jahre 1,8 4,3 3,1 4,5 1,9 0,9

80–84 Jahre 6,3 8,4 6,4 9,0 2,4 2,3

85–89 Jahre 8,8 14,2 12,8 17,4 2,4 3,5

90–94 Jahre 17,6 23,6 23,7 31,0 3,6 5,8

95+ Jahre – – 39,8 48,9 – –

Gesamtrate* 2,3 5,2 3,0 6,2 1,2 1,3

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 2814

breite der Gesamtinzidenzraten demenzieller Erkrankungen höher als bei der Gesamtprävalenz.Zwischen 1,4 und 3,2 % der 65-Jährigen und Älte-ren erkranken im Laufe eines Jahres erstmals aneiner Demenz (siehe Tabelle 4). Bei dem letzerenWert ist allerdings zu berücksichtigen, dass in der

Meta-Analyse von Jorm und Jolley [28], in die dieDaten von 15 europäischen Inzidenzstudien ein-gingen, auch sehr leichte Erkrankungsstadien be-rücksichtigt wurden. Ähnlich wie bei der Präva-lenz steigen die Raten mit zunehmendem Alterstark an.

Tabelle 4Altersspezifische Inzidenzraten von Demenzerkrankungen auf Grundlage von Meta-AnalysenAngaben in Prozent pro JahrQuelle: Bickel [1]

* Gesamtrate für die über 65-Jährigen bei Standardisierung auf die Altersstrukturder deutschen Altenbevölkerung zum Ende des Jahres 2002

5

10

15

20

25

30

35

40

65–69 70–74 75–79 80–84 85–89 90+

Neuerkrankungen(in 1.000)

Altersgruppe(Jahre)

Frauen

Männer

Abbildung 2Schätzung der jährlichen Inzidenz in DeutschlandSchätzgrundlage: Inzidenzraten nach Fratiglioni et al. [29] und Bevölkerung Ende des Jahres 2002Quelle: Bickel [1]

Altersgruppe Jorm und Jolley (1998) [28] Gao et al. (1998) [15] Fratiglioni et al. (2000) [29]

65–69 Jahre 0,91 0,33 0,24

70–74 Jahre 1,76 0,84 0,55

75–79 Jahre 3,33 1,82 1,60

80–84 Jahre 5,99 3,36 3,05

85–89 Jahre 10,41 5,33 4,86

90–94 Jahre 17,98 7,29 7,02

95+ Jahre – 8,68 –

Gesamtrate* 3,2 1,6 1,4

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 15

Legt man die niedrigen Werte von Fratiglioniet al. [29] zugrunde, so sind derzeit in Deutschlandpro Jahr etwa 190.000 Neuerkrankungen an Altersdemenz zu erwarten. Aufgrund der Ergeb-nisse der anderen Meta-Analysen ist jedoch zu vermuten, dass die Zahl der neuen Krankheitsfäl-le pro Jahr weit über 200.000 hinausgeht. Präse-nile Ersterkrankungen sind mit zusätzlich 6.000Fällen pro Jahr zu veranschlagen [1]. Bei den Neu-erkrankungen überwiegt – ähnlich wie bei der Prä-valenz – die Alzheimer-Demenz. Ihr Anteil steigtgegenüber den anderen Demenzformen mit zu-nehmendem Alter an.

In Abbildung 2 ist die Anzahl der jährlichenNeuerkrankungen für Deutschland nach Alter undGeschlecht dargestellt. Vor allem aufgrund ihrerhöheren Lebenserwartung treten Neuerkrankun-gen bei Frauen wesentlich häufiger auf als beiMännern (siehe Abbildung 2). Über 70% der Erst-erkrankungen entfallen auf Frauen [1].

Den Meta-Analysen zufolge liegt die Jahres-Inzidenz der Alzheimer-Demenz zwischen 0,9und 1,2 %. Für die vaskuläre Demenz berichtenFratiglioni et al. [29] einen Wert von 0,3% (sieheTabelle 5). Unter Zugrundelegung dieser Werte ergibt sich, dass in Deutschland jährlich 120.000bis 160.000 neue Fälle von Alzheimer-Demenzund etwa 40.000 Fälle von vaskulären Demenzenauftreten.

Lebenserwartung bei demenziellen Erkrankungen

Die Lebenserwartung Demenzkranker ist in Ab-hängigkeit vom Schweregrad und Erkrankungs-alter gegenüber dem nicht Dementer wesentlichniedriger [30], wobei folgende Faktoren eine wich-tige Rolle spielen können:

Demenzkranke sind weniger gut in der Lage,für sich Sorge zu tragen und nehmen daher ernstzu nehmende somatische Symptome nicht wahroder reagieren darauf nicht adäquat.

Insbesondere bei Personen mit fortgeschrit-tener Demenz können weitere medizinisch relevante Veränderungen einhergehen, wie z. B.Störungen von hormonellen Regelkreisläufen,krankheitsbedingte starke Abmagerung und all-gemeiner Kräfteverfall, Gebrechlichkeit mit derFolge gehäufter Stürze [31].

Die durchschnittliche Krankheitsdauer vomBeginn der Symptome bis zum Tod wird mit 4,7bis 8,1 Jahre für die Alzheimer-Demenz und mitetwa einem Jahr weniger für vaskuläre Demenzenangegeben. Im Allgemeinen ist die verbleibendeLebenserwartung unter Frauen höher als unterMännern. Nach Ostbye et al. [32] betrug sie in Kanada durchschnittlich 4,6 Jahre bei den Män-nern und 6,7 Jahre bei den Frauen. Heymann et al.[33] ermittelten folgende Faktoren, die die Überle-benszeit Demenzkranker verkürzten: männliches

* Gesamtrate für die über 65-Jährigen bei Standardisierung auf die Altersstrukturder deutschen Altenbevölkerung zum Ende des Jahres 2002

Tabelle 5Altersspezifische Inzidenzraten von Alzheimer-Demenzen und vaskulären Demenzenauf der Grundlage von Meta-AnalysenAngaben in Prozent pro JahrQuelle: Bickel [1]

Altersgruppe Alzheimer-Demenz Vaskuläre Demenz

Jorm und Jolley(1998) [28]

Gao et al.(1998) [15]

Fratiglioni et al.(2000) [29]

Fratiglioni etal. (2000) [29]

65–69 Jahre 0,25 0,19 0,12 0,07

70–74 Jahre 0,52 0,51 0,33 0,12

75–79 Jahre 1,07 1,17 0,91 0,35

80–84 Jahre 2,21 2,31 2,18 0,59

85–89 Jahre 4,61 3,86 3,53 0,61

90+ 9,66 6,69 5,35 0,81

Gesamtrate* 1,2 1,1 0,9 0,3

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Geschlecht, höheres Alter, Schweregrad der de-menziellen Erkrankung und das gleichzeitige Vor-handensein körperlicher Erkrankungen. In derBerliner Alterstudie konnte gezeigt werden, dassdie Diagnose einer Demenz auch nach Kontrolleeiner Vielzahl somatischer Diagnosen mit einerniedrigeren Lebenserwartung assoziiert war [31].

Leben mit Demenz und Folgen derDemenz

Im Anfangsstadium der Demenzerkrankung erle-ben die Betroffenen beginnende Vergesslichkeit,Konzentrationsschwierigkeiten und Fehlbeurtei-lungen von Situationen meist sehr bewusst, häu-fig können sie aber die Schwere der Beeinträchti-gung und ihre Auswirkungen auf den Alltag nichtadäquat beurteilen. Nicht selten entwickeln die Demenzkranken als Reaktion auf kognitive Be-einträchtigungen depressive Symptome undAngstgefühle. In der Anfangsphase der Erkran-kung versuchen Demenzkranke ihre Defizite vorder Umgebung zu verbergen und entwickeln Kom-pensationsmechanismen. Sie versuchen ihre De-fizite auszugleichen, in dem sie beispielsweise ihren Bewegungsradius auf die vertraute Umge-bung einschränken und Reizüberflutung durchRückzug in die eigene Wohnung oder Reduzie-rung von sozialen Kontakten vermeiden. Johnsonund Smith [34] konnten feststellen, dass vertrauteund sich regelmäßig wiederholende Handlungs-muster relativ lange erhalten bleiben.

Insbesondere zu Beginn der Erkrankung, der auch für nahe Bezugspersonen nicht eindeu-tig festgelegt werden kann, haben Angehörige große Schwierigkeiten, die ersten Symptome desDemenzkranken als Krankheitszeichen zu akzep-tieren. Zum eigenen Schutz setzen Angehörigehäufig Abwehrmechanismen wie Verleugnungoder Bagatellisieren ein.

Mit zunehmendem Schweregrad der Demenznehmen die Kranken ihre Störungen immer we-niger wahr oder leugnen sie. Im mittleren Stadiumder Demenz spüren sie zunehmend die Unfähig-keit, den Alltag zu bewältigen und selbst einfacheTätigkeiten werden zum Problem. Im letztenKrankheitsstadium nehmen vor allem die verbalenKommunikationsmöglichkeiten stark ab. Trotz-

dem verfügen auch die schwer Demenzkrankennoch über Fähigkeiten, insbesondere im emotio-nalen Bereich. Auch wenn kognitive Fähigkeitenfast erloschen sind, so bleibt nach Hirsch [35] biszum Ende eine hohe Bereitschaft, auf Außenreizezu reagieren. Auch wenn die Antworten von Demenzkranken für ihre Mitmenschen häufigmissverständlich und nur einfühlbar sind und deshalb fehl interpretiert werden, so bleibt ver-mutlich die emotionale Kontaktfähigkeit bis zum Lebensende erhalten. Wichtig ist, dass demDemenzkranken ein Leben in einer vertrautenUmgebung, mit geregelten Tagesabläufen undkonstanten Bezugspersonen ermöglicht wird.

Schwerwiegende Folgen demenzieller Er-krankungen können sich dadurch ergeben, dassdie Betroffenen häufig eine unzureichendeKrankheitseinsicht aufweisen. Studien bei Alz-heimerkranken haben gezeigt, dass je nach Schwe-re der Erkrankung zwischen 20 und 80 % der Patienten keine Krankheitseinsicht haben. Weit-reichende Gefährdungen im Alltag können sichdadurch ergeben, dass Demenzkranke, die sich ihrer kognitiven Defizite nicht bewusst sind, trotzvisuell-räumlicher Defizite am Straßenverkehr teil-nehmen oder trotz Rechenstörungen Finanz-geschäfte tätigen. Des Weiteren kann eine man-gelnde Krankheitseinsicht gravierende Folgen fürdie Behandlung, Pflege und Versorgung von De-menzkranken haben [36].

In der Literatur fehlen Angaben über Art undHäufigkeit von Unfällen demenzkranker Men-schen in der Häuslichkeit und in Pflegeeinrich-tungen. Gut untersucht sind dagegen Stürze undihre Folgen für die Betroffenen. Aus Meta-Analy-sen geht hervor, dass kognitive Beeinträchtigun-gen zu den wichtigsten Risikofaktoren für Stürzegehören [37]. Nach Lowery et al. [38] stürzen etwa50% der Demenzkranken mindestens einmal imJahr und ziehen sich dabei zum Teil auch schwereVerletzungen, vor allem Schenkelhalsbrüche, zu.

Familienangehörige sind die wichtigsten Be-zugspersonen Demenzkranker. Wie in der häus-lichen Pflege überhaupt, sind es hauptsächlichFrauen, vor allem Tochter oder (Ehe-) Partnerin,die die Versorgung eines Demenzkranken über-nehmen. Demenzerkrankungen mit ihren voran-schreitenden Beeinträchtigungen in der Alltags-bewältigung und im Verhalten können Pflegendesehr stark belasten. Insbesondere die Zunahme

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von Verhaltensproblemen wie Unruhezustände,aggressives Verhalten, Angst, Depression oderpsychotische Symptome erhöhen die Belastungenvon Pflegepersonen und führen häufig zu einerHeimübersiedelung des Demenzkranken. Als Fol-ge dieser Belastung kann es bei den Pflegenden zudepressiven Verstimmungen, psychosomatischenStörungen, Erkrankungen des Bewegungsappa-rats und zu einer erhöhten Einnahme von Psycho-pharmaka kommen [39, 40, 41]. In Studien zurhäuslichen Pflege Demenzkranker wurde eine wesentlich höhere Belastung dieser pflegendenAngehörigen festgestellt im Vergleich zu Pflegen-den von Nichtdemenzkranken, wobei zwischen-menschliche Konflikte eine zentrale Rolle spielen[39, 42]. Die Einschränkung der persönlich ver-fügbaren Zeit wird von pflegenden Angehörigendemenziell Erkrankter als belastend erlebt. Matterund Späth [43] fanden, dass etwa drei Viertel derbefragten Angehörigen durch Störungen, die vom Demenzkranken ausgehen (z.B. Unruhe desKranken oder Inkontinenzprobleme), am Schlafgehindert werden.

Therapie der Demenz

Das Wissen um die – wenn auch sehr begrenzten– Therapiemöglichkeiten demenzieller Erkran-kungen hat in den letzten Jahren stark zuge-nommen. Es stehen heute eine Reihe nicht medikamentöser Behandlungsformen und neuentwickelter Arzneimittel zur Verfügung, die dasFortschreiten kognitiver Störungen verzögern unddem Verlust an Alltagskompetenz entgegenwir-ken. Der große Durchbruch bei der Demenzbe-handlung mit der Möglichkeit, den fortschreiten-den degenerativen Prozess aufzuhalten, ist jedochnoch nicht gelungen. Bei der Therapie der Demenz lassen sich drei Bereiche unterscheiden:

Ω medikamentöse Therapie Ω psychologische InterventionenΩ ökologische und soziale Interventionen.

Medikamentöse Therapie

Ziel der derzeit möglichen pharmakologischen Behandlung demenzieller Erkrankungen bestehtin einer Krankheitsmilderung und einer Verbes-serung der Lebensqualität der Betroffenen.

Charakteristisch für die Alzheimer-Demenzsind Störungen des in Verbindung mit dem Bo-tenstoff Acetylcholin stehenden (cholinergen) Sys-tems, die für die Entwicklung von Gedächtnis- undLernstörungen, Konzentrationsproblemen undStörungen im Schlaf-Wach-Rhythmus verantwort-lich gemacht werden. Die medikamentöse Strate-gie zur Behandlung kognitiver Symptome der Alzheimer-Demenz setzt an dem Mangel des Neu-rotransmitters Acetylcholin in der Hirnrinde undwahrscheinlich auch in den darunter liegendenHirnregionen an. Dieses so genannte cholinergeDefizit, das eng mit dem klinischen Schweregradder Demenz korreliert, soll durch Acetylcholines-terasehemmer verringert werden. Mit Hilfe vonMedikamenten aus der Gruppe der sogenanntenAcetylcholinesterasehemmer ist bei einer leicht bismittel ausgeprägten Alzheimer-Demenz einesymptomatische Besserung kognitiver Einbußenbei meist tolerablen Nebenwirkungen möglich.Auch nichtkognitive Störungen wie Depressivität,Wahnsymptome und psychomotorische Unruhelassen sich mit diesem Medikament günstig be-einflussen.

Bei den nicht-cholinergen Therapieansätzenspielt Memantine eine wichtige Rolle. Dieses Medikament beeinflusst das Glutamat-System, dasbeim Entstehen von Gedächtnis eine wichtige Rolle spielt. Für Memantine, dessen Nebenwir-kungsprofil als unproblematisch gilt, liegen Wirk-samkeitsnachweise nicht nur bei leichten undmittleren Demenzen, sondern auch bei schwerenDemenzen vor. Positive Effekte konnten auch beivaskulären Demenzen festgestellt werden.

Im Rahmen physiologischer Alterungsvor-gänge und bei neurodegenerativen Erkrankungenkönnen reaktionsfreudige Formen von Sauerstoffentstehen, die sowohl erwünschte als auch uner-wünschte toxische Auswirkungen auf Körper-gewebe haben können. Dieser sogenannte oxida-tive Stress kann zum Absterben von Nervenzellenbeitragen. Antidementiva, die oxidativen Stress reduzieren können, sind z.B. Ginkgo biloba, Sele-gelin und Vitamin E.

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Darüber hinaus ist bei der Indikation einerBehandlung von Hirnleistungsstörungen und Demenzen eine Reihe von älteren Medikamentenzugelassen, die als Nootropika bezeichnet werden.Unter Nootropika versteht man pharmakologischwirksame Substanzen, die höhere kortikale Funk-tionen verbessern sollen. Nach Rösler und Frey[44] genügt die überwiegende Zahl der meist älte-ren Studien, die zur Erprobung von Nootropikadurchgeführt wurden, den heutigen methodischenAnsprüchen nicht mehr. Nur ausnahmsweise fin-det man aktuelle klinische Studien zur Wirksam-keit und Verträglichkeit dieser Substanzen.

Psychologische Interventionen

Es gibt zahlreiche nicht medikamentöse Inter-ventionsstrategien bei Demenz, die sich positivauf die Krankheitsbewältigung, das Wohlbefindenund die Lebensqualität der Betroffenen sowie ihrer Betreuungspersonen auswirken können.Insbesondere bei beginnender Demenz sindkognitive, verhaltensnahe und realitätsbewälti-gende Interventionen möglich, wie beispielsweisedas von Ehrhardt und Plattner [45] entwickelte ver-haltenstherapeutische Kompetenztraining (VKT).Ziel dieser Intervention ist es, psychische Kom-petenzen, soziale Kompetenzen, Alltagskompe-tenzen und Basisfertigkeiten möglichst lange zuerhalten oder beginnende Einschränkungen zukompensieren [46]. Andere Methoden, wie die Validation [47], die Selbst-Erhaltungs-Therapie(SET) nach Romero und Eder [48], die biografie-orientierte Erinnerungstherapie [z. B. 49] oderMusik-, Tanz- und Maltherapie eignen sich auchzur Anwendung in fortgeschrittenen Demenz-stadien. Das Verfahren der Validation ist eine Methode, um mit desorientierten alten Menschenzu kommunizieren, sie in ihrem Wert zu bestäti-gen und durch Verständnis und Akzeptanz ihreLebensqualität zu verbessern. Insbesondere dieintegrative Validation (IVA) [50] sowie sinnes- undbewegungsbezogene Ansätze (z. B. basale Stimu-lation) wurden speziell für die Anwendung beischwerer Demenzkranken angepasst. Die dabeibenutzten Techniken setzen sich aus unter-schiedlichen Kommunikationsmitteln zusam-men. Bei der Validation handelt es sich um eine,mittlerweile in Fort- und Weiterbildungen profes-

sionell Pflegender zunehmend vermittelte und in Pflegeeinrichtungen weit verbreitete Interak-tionsform zwischen Pflegenden und Demenz-kranken [51].

Obwohl die Wirksamkeit der nicht medika-mentösen Interventionsmethoden in vielen Fällenempirisch nicht ausreichend belegt ist, gelten siein der Praxis als überaus hilfreich und den Betrof-fenen zuträglich. Nach Haupt [51] sind sie ein un-verzichtbarer Bestandteil des Behandlungsplansfür Demenzkranke.

Ökologische und soziale Interventionen

Demenzkranke sind besonders auf eine mate-rielle Umwelt angewiesen, die sich dem jewei-ligen Krankheitsverlauf anpasst und sowohl beschützenden als auch stimulierenden Charak-ter aufweist. Eine optimale materielle Umgebungfür Demenzkranke soll nach Lawton et al. [52]:

Ω übersichtlich sein und Sicherheit und Gebor-genheit vermitteln

Ω Funktionsfähigkeit und Kompetenzerhaltungunterstützen sowie maximale Bewegungsfrei-heit gewährleisten

Ω stimulierend wirken (z. B. durch eine Abgren-zung der Tages- und Therapieräume von denFluren durch Glaswände oder sehr breite Türen, durch angenehme Düfte, anregende»Geräuschkulisse«, unterschiedliche Beschaf-fenheit der Tastflächen)

Ω Kontinuität, Bezug zum bisherigen Lebens-zusammenhang herstellen (keinen Kranken-haus- oder Institutionscharakter haben) unddurch individuelles Mobiliar eine warme, häus-liche Atmosphäre ausstrahlen

Ω physikalische Umweltfaktoren wie Beleuch-tung, Temperatur, Gerüche und Geräusch-kulisse den Kranken anpassen (diffuses, schattenfreies Licht von mindestens. 500 Lux in Augenhöhe, »warme« Lichtqualität undmöglichst gleichmäßige Lichtstärke in allenRäumen, Temperatur zwischen 21 und 23°C,zeitweise entsprechend ausgesuchte Hinter-grundmusik, keine chaotischen, schwer lokali-sierbaren Geräusche)

Ω Orientierung unterstützen (z.B. Gegenständewie Armaturen, Spiegel sollen dort angebracht

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 19

werden, wo man sie erwartet – »was mecha-nisch plausibel ist, ist leichter benutzbar« – undden Gewohnheiten der alten Menschen ent-sprechen)

Ω soziale Interaktionen und Besuche der Ange-hörigen fördern

Ω Erfahrungen mit Tieren ermöglichen (z.B. Vo-liere in einem großen Raum)

Ω Rückzugsmöglichkeiten bieten und über be-sondere »Ruheräume« für sehr unruhige, akut»störende« Demenzkranke verfügen.

Vor dem Hintergrund der wachsenden Problemein der stationären Versorgung dementer alter Men-schen wurden in jüngerer Zeit vermehrt neue Be-treuungsansätze entwickelt, in denen die oben ge-nannten Empfehlungen von Lawton et al. [52]berücksichtigt wurden. Kleinere, gemeindenaheund homogen belegte Versorgungseinheiten wur-den eingeführt, die den Bedürfnissen von De-menzkranken besser zu entsprechen scheinen.Gleichermaßen fanden spezifische Umgangs- undKommunikationsweisen, eine demenzgerechteGestaltung der räumlichen Umgebung sowie spe-zielle organisatorische und tagesstrukturierendeMaßnahmen zunehmend Eingang in die Konzep-te stationärer Langzeitversorgung. In anderen Län-dern, vor allem in den USA, den Niederlanden,Schweden, Frankreich und Großbritannien ist diepraktische Umsetzung einer demenzgerechtenstationären Betreuung bereits vorangeschritten:beispielsweise im Rahmen von speziellen Pflege-bereichen (»Special Care Units«) und Wohngrup-penkonzepten (»Anton Pieck-Hofje«, »Cantou«,»Domus Unit«).

Erfreulicherweise wächst das Bedürfnis auchin Deutschland, die stationäre Versorgung in die-se Richtung weiter zu entwickeln [53]. Bei der Um-setzung neuer Konzepte zur Versorgung demenz-kranker Heimbewohner spielen die in Hamburggemachten Erfahrungen eine herausragende Rolle. Dort wurde von 1991 bis 1994 das »Mo-dellprogramm stationäre Dementenbetreuung«durchgeführt. Aufbauend auf den Ergebnissen des Modellprogramms beschloss der HamburgerSenat 1997, die Angebote für demenzkrankeHeimbewohner mit besonderem Bedarf gezieltauszubauen. 750 Pflegeheimplätze wurden kon-zeptionell so umgestaltet, dass sie den besonde-ren Bedürfnissen verhaltensauffälliger schwerst-

dementer Menschen Rechnung tragen. Im Rah-men dieses Angebots gibt es die Betreuungsform

Ω nach dem Domusprinzip: ausschließlich De-menzkranke wohnen zusammen in einemWohnbereich und werden rund um die Uhr be-treut

Ω nach dem Integrationsprinzip: die Demenz-kranken, die zusammen mit nicht Demenz-kranken wohnen, werden tagsüber gemeinsambetreut.

Es gibt in der besonderen stationären Dementen-betreuung in Hamburg mehr Pflegepersonal undeine bessere gerontopsychiatrische Versorgung alsin einem üblichen Wohnbereich im Pflegeheim.Das Pflegepersonal ist speziell geschult, um besserauf die Bedürfnisse von Demenzkranken einge-hen zu können. Es werden Aktivitäten in kleinenGruppen angeboten und die Heimumgebung istden Bedürfnissen Demenzkranker angepasst [54].

Ärztliche Inanspruchnahme undVersorgung in Einrichtungen der Altenhilfe

Ärztliche Inanspruchnahme

In Deutschland werden über 90% der Demenz-kranken von ihrem Hausarzt (Allgemeinarzt, Inter-nist) behandelt. Grundsätzlich sollten Hausärztein der Lage sein, demenzielle Erkrankungen früh-zeitig zu erkennen, da sie regelmäßig von der Al-tenbevölkerung konsultiert werden und häufig seitJahren mit ihren Patienten vertraut sind. Das Wis-sen vieler Hausärzte über gerontopsychiatrischeErkrankungen ist aber vielfach noch unzureichend.Eine Reihe von Studien weckt Zweifel an der recht-zeitigen Entdeckung und Diagnose: bei 40 bis 60% der Demenzkranken wird diese Erkrankungübersehen. Wie am Beispiel einer Studie in Mann-heimer Hausarztpraxen gezeigt werden konnte,kann die Entdeckungsrate demenzieller Erkran-kungen jedoch erheblich gesteigert werden. MitHilfe eines kurzen Leitfadens zur Einstufungunterschiedlicher Grade von kognitiver Beein-trächtigung konnten Hausärzte 92% aller demen-ziellen Syndrome bei ihren Patienten erkennen [55].

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Demenzkranke werden relativ selten in psychiatrisch/neurologische Einrichtungen über-wiesen. Bickel [56] zufolge wurde nur etwa jeder vierte Demenzkranke (28,0 %) früher psychia-trisch/neurologisch untersucht oder behandelt,13,8 % nur ambulant, 7,3 % nur stationär und 6,9% sowohl ambulant als auch stationär. Mit zu-nehmendem Alter nimmt der Anteil ab. Währendnoch zwei Drittel derjenigen, die vor dem 75. Le-bensjahr erkrankt waren, von einem Psychiateruntersucht worden waren, waren es bei denjeni-gen, die erst im Alter von mehr als 90 Jahren erkrankt waren, lediglich noch 10%. Eine bessereNutzung der diagnostischen und therapeutischenMöglichkeiten könnte – je nach Art der Demenz –bereits heute den Krankheitsverlauf zumindestzeitlich verzögern sowie wichtige Informationenfür die Lebensplanung Demenzkranker und ihrerAngehörigen liefern.

Ambulante Pflege

Ambulante Pflegedienste wurden in DeutschlandAnfang der 1970er Jahre eingerichtet und haben inden letzten Jahren entsprechend dem Grundsatz»ambulant vor stationär« sehr stark an Bedeutunggewonnen. Von den 2.039.780 nach SGB XI amJahresende 2001 Pflegebedürftigen in Deutsch-land wurden 21,3 % (434.679) durch ambulantePflegedienste versorgt [57]. Aus dieser Statistikgeht allerdings nicht hervor, wie viele Pflege-bedürftige an einer Demenz leiden. Der Anteil derFrauen betrug bei den Pflegebedürftigen insge-samt 68,5 % und bei den Pflegebedürftigen, dievon ambulanten Pflegediensten versorgt wurden,71,3%. Seit der Einführung der Pflegeversicherungim Jahr 1995 und der Einführung des Pflegegeldeswird zudem auch die Angehörigen- und Nachbar-schaftspflege anerkannt und gefördert [58].

Obwohl sie primär auf die Versorgung undPflege bei körperlichen Erkrankungen ausgerich-tet sind, kommen die Mitarbeiter von ambulantenDiensten häufig auch mit psychisch kranken altenMenschen in Kontakt, wobei Demenzkranke einegroße Rolle spielen. Die einzigen repräsentativenDaten zur Prävalenz demenzieller Erkrankungenbei über 65-jährigen Patienten von ambulantenDiensten liegen für die Stadt Mannheim vor. Aufder Grundlage ärztlicher Überweisungsdiagnosen

war bei etwa 10 % Demenz der Hauptgrund fürdie ambulante Betreuung. Aufgrund von Ergeb-nissen anderer Studien muss man jedoch davonausgehen, dass die Häufigkeit vor allem leichtererDemenzformen unterschätzt wird, wenn aus-schließlich die ärztlichen Diagnosen berücksich-tigt werden. Aus diesem Grund wurden diePflegekräfte gebeten, anhand eines LeitfadensVorhandensein und Schweregrad der Demenzenzu beurteilen. Danach lag der Anteil demenziellerErkrankungen bei insgesamt 21,0 %, davon 8,2 %schwerere und 12,8 % leichtere Demenzformen[59]. Demenzielle Erkrankungen sind mit einem überproportional hohen Pflegebedarf assoziiert: Während von den kognitiv unbeeinträchtigten Patienten – auch wenn sie unter chronischen körperlichen Erkrankungen litten – lediglich etwa7% permanent pflegebedürftig waren, belief sich dieser Anteil bei den schwerer Dementen auf nahezu 80 % [60]. Aufwändige Leistungen wieTag- oder Nachtwachen, aktivierende Pflege oderSelbstständigkeitstraining konnten in der Regelnicht erbracht werden. Die Frage, inwieweit sichLeistungsspektrum und Nutzerstruktur der am-bulanten Pflegedienste in den letzten Jahren imZuge der Einführung der Pflegeversicherung imstationären Bereich verändert haben, ist derzeitaufgrund der fehlenden Datenbasis nicht beant-wortbar.

Teilstationäre Pflege

Als Bindeglied zwischen der ambulanten und sta-tionären Altenhilfe sollen Einrichtungen der Ta-gespflege einen wichtigen Baustein in der Versor-gung bilden. Sie bieten älteren hilfsbedürftigenMenschen werktags von morgens bis nachmittagsHol- und Bringdienste, soziale Betreuung, Versor-gung mit Mahlzeiten, sowie pflegerische, thera-peutische und aktivierende Leistungen an. Mitdem Ziel, häusliche Pflege zu unterstützen, pfle-gende Angehörige tagsüber zu entlasten und da-durch stationäre Langzeitversorgung zu verhin-dern oder zumindest hinauszuzögern, wurde 1973in Deutschland die erste Tagespflegeeinrichtunggeschaffen. Eine weitere Hoffnung war, dass durchdieses Angebot die körperlichen und kognitivenFähigkeiten der pflegebedürftigen Menschen sta-bilisiert oder sogar verbessert werden und dass der

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Kontakt innerhalb der Tagesgruppe dazu beitra-gen kann, Gefühle der Einsamkeit und Isolationabzubauen [61]. Trotz einer starken Zunahme inden letzten 25 Jahren spielen sie im Vergleich zuden stationären Einrichtungen quantitativ einedeutlich untergeordnete Rolle [62]. Nur wenige Tagespflegeeinrichtungen halten ein besonderesAngebot für Menschen mit Demenz bereit, undDemenzerkrankungen können u. a. durch dieWeglaufgefährdung, ein Ausschlussgrund für eineAufnahme sein. Auch ist eine Finanzierung überSGB XI (soziale Pflegeversicherung) problema-tisch, da der Grundsatz gilt, dass ambulant häus-liche Pflege vor ambulant stationärer Pflege Vor-rang hat. Die potenzielle Bedeutung ambulantstationärer Pflege für die Versorgung Demenz-kranker geht aus einer Untersuchung in 17 badi-schen Tagespflegeeinrichtungen hervor, in denen58,6 % der überwiegend mobilen Klienten von einer mittelschweren oder schweren Demenz be-troffen waren. Auch depressive Symptome undVerhaltensauffälligkeiten wurden bei einem er-heblichen Anteil der Tagesgäste beobachtet [63].

Alten- und Altenpflegeheime

In den letzten 20 Jahren hat sich die Heimversor-gung in Deutschland stark verändert. Während ur-sprünglich Altenheimplätze quantitativ die größteRolle spielten, stehen inzwischen Pflegeheim-plätze im Vordergrund. In Deutschland gab es am 15. 12. 2001 insgesamt 9.165 Pflegeheime. ZumJahresende 2001 wurden 604.365 Personen inPflegeheimen versorgt, von denen 78,5% Frauenwaren [57]. 5% der 65-Jährigen und Älteren lebenin Heimen. Der Anteil der Heimbewohner liegtbei den 65- bis 69-Jährigen bei etwa 1% und steigtbei den über 90-Jährigen auf über 30% an [64].

Räumliche Nähe zu Angehörigen reduziertzwar die Wahrscheinlichkeit einer Heimübersie-delung, verhindert aber nicht, dass ein großer Teilder Demenzkranken früher oder später in einemHeim versorgt werden muss. In Mannheim konn-te gezeigt werden, dass von den Demenzkranken,die in ein Heim kamen, 33,3% vor der Heimauf-nahme mit Angehörigen im selben Haushalt, 16,2% im selben Haus und 2,5% in einem Nach-barhaus gelebt hatten. Etwa die Hälfte der de-menzkranken Heimbewohner hatte in einem

eigenen Haushalt in größerer räumlicher Entfer-nung zu Angehörigen gewohnt [65].

Im Rahmen der institutionellen VersorgungDemenzkranker kommt den Alten- und Alten-pflegeheimen die größte Bedeutung zu. Aus Er-hebungen in verschiedenen Industrieländern gehthervor, dass wenigstens 40% [66, 67], gelegentlichsogar bis zu 75% der Demenzkranken [68] in In-stitutionen versorgt werden, wobei die Rate mitzunehmendem Krankheitsschweregrad ansteigt.Erwartungsgemäß ergaben epidemiologische Stu-dien, in denen der kognitive Status mit identischenInstrumenten bei älteren Menschen in Heimenund in Privathaushalten untersucht wurde, um einVielfaches höhere Demenzraten bei Heimbe-wohnern [69]. Seit Beginn der 1980er Jahre inSkandinavien, Großbritannien und Nordamerikadurchgeführte Studien belegen, dass zwischen 17 und 36 % der Altenheimbewohner, zwischen 51 und 72 % der Pflegeheimbewohner und imMittel fast 60% aller in Einrichtungen der statio-nären Altenhilfe versorgten Menschen an einerDemenz leiden [56]. Diese Zahlen liegen in einerähnlichen Größenordnung wie die aus methodi-schen Gründen nicht direkt vergleichbarenbundesweiten [64] und regionalen Untersuchun-gen in Deutschland [65, 69, 70, 71, 72]: Nach einerbundesweiten Erhebung von Infratest [64] sindmehr als die Hälfte der Bewohner in Heimen»häufig« oder »gelegentlich« desorientiert.

Bickel [65] ging der Frage nach, ob Demen-zen ursächlich für den Heimeintritt verantwort-lich waren oder ob sie eher als Begleiterkrankun-gen zu verstehen waren bzw. sich sogar erst nachder Heimaufnahme entwickelten. Es konnte ge-zeigt werden, dass Demenzen nicht nur sehr häu-fig bei Heimbewohnern auftreten, sondern dasssie auch mit großem Abstand der wichtigsteGrund für den Eintritt in ein Heim sind. In mehrals der Hälfte aller Fälle waren sie für die Aufnah-me in ein Pflegeheim ausschlaggebend und in 18% der Fälle für die Aufnahme in ein Altenheim.Bestätigt wird dieses Ergebnis durch eine neuererepräsentative Studie in Mannheimer Alten- undPflegeheimen, in der neu aufgenommene Bewoh-ner zum Zeitpunkt der Heimübersiedelung miteiner Stichtagspopulation von Bewohnern ver-glichen wurden, die bereits etwa vier Jahre langim Heim lebten. Es zeigte sich, dass in beidenGruppen jeweils über die Hälfte der Bewohner-

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schaft von einer mittelschweren oder schwerenDemenz betroffen war [73].

Des Weiteren konnte in Mannheim gezeigtwerden, dass sich innerhalb eines relativ kurzenZeitraums die Prävalenz von Demenzerkrankun-gen in den Heimen im Querschnitt verändernkann. Mit dem Ziel, die Trends in der stationärenPflege Demenzerkrankter auszumachen, wurdenzwischen Februar 1995 und Juli 1996 (vor Ein-führung der Pflegeversicherung im stationären Bereich) sowie zwischen November 1997 und Juli1998 zwei Untersuchungen in 15 zufällig ausge-wählten Mannheimer Altenpflegeheimen durch-geführt [74, 75]. An festgelegten Stichtagen wur-den sämtliche Bewohner dieser Heime in dieErhebung einbezogen. 1995/1996 lebten in den15 Heimen 1.376 Bewohner, knapp zwei Jahre da-nach 1.387, von denen drei Viertel Frauen waren.Nach den Einschätzungen der Pflegekräfte lag derAnteil von mittelschwer bis schwer dementen Bewohner zu Beginn bei 53,8% (Männer: 52,2%,Frauen: 54,3%) und stieg innerhalb von etwa zweiJahren auf 58,6%. Dieser Trend setzte sich in denfolgenden Jahren fort. Eine im Jahre 2003 in dengleichen Mannheimer Einrichtungen mit identi-schen Methoden durchgeführte Studie ergab einePrävalenzrate von 63,8% [54].

Weitere wichtige Ergebnisse des Vergleichs derMannheim Heimsituation zwischen 1995/1996und 1997/1998 waren:

Ω Die Personalsituation verschlechterte sich imgleichen Zeitraum, in dem der Anteil pflegebe-dürftiger und demenzkranker Bewohner zu-nahm: Die Anzahl der Personalstellen in derPflege ging um 13,5% zurück. Gleichzeitig stiegder Anteil der reinen Pflegetätigkeit an der Ar-beitszeit von 57% auf 66% an. Der Anteil derBetreuungszeit, d.h. der Zeit, die für Kommu-nikation und Aktivierung aufgewendet werdenkonnte, nahm parallel dazu von 12% auf weni-ger als 7% ab.

Ω Das Pflegepersonal schätzte sich als erheblichbelastet ein, wobei im Laufe des zweijährigenUntersuchungsintervalls eine Zunahme der Ar-beitsbelastung festzustellen war [41].

Ω Bei dem vom Pflegepersonal angegebenen Fort-bildungsbedarf stand an erster Stelle der Um-gang mit aggressiven und verwirrten Bewoh-nern.

In diesen Ergebnissen spiegeln sich nur einige derTatbestände und Entwicklungen wider, mit denendie stationären Pflegeeinrichtungen im Zuge dersteigenden Anteile von Demenzkranken mittler-weile konfrontiert sind [75, 76]. Der daraus er-wachsende Handlungsbedarf mündete in den letzten Jahren in die Entwicklung von neuen Betreuungs- und Versorgungsansätzen [77] sowievon Personalqualifizierungsmaßnahmen [78].

Kosten der Demenz

Nach der Krankheitskostenrechnung des Statisti-schen Bundesamtes [79] entfielen für das Jahr2002 10% aller Krankheitskosten auf psychischeund Verhaltensstörungen (22,4 Mrd. Euro). Bezo-gen auf einzelne Diagnosen zeigte sich, dass dabeidie Kosten für Demenz (ICD 10: F00-F03) mit 5,6Mrd. Euro einen erheblichen Anteil ausmachenund Kosten für stationäre und teilstationäre Pflege mit 3,6 Mrd. die größte Rolle spielen.

Zahlreiche Studien haben sich mit den öko-nomischen Folgen demenzieller Erkrankungenauseinandergesetzt [z. B. 80, 81]. Übereinstim-mung besteht darin, dass Demenz zu den teuers-ten Krankheitsgruppen im höheren Alter gehört,wobei ein steiler Kostenanstieg mit zunehmendemSchweregrad der Erkrankung festzustellen ist. DesWeiteren zeigen die Untersuchungen, dass die indirekten Kosten (hier vor allem der unbezahlteBetreuungsaufwand der Angehörigen von durch-schnittlich 6 bis 10 Stunden pro Tag) den höchstenAnteil (bis zu zwei Drittel) der Gesamtkosten aus-machen; dabei sind Erkrankungsfolgekosten aufSeiten der Pflegenden aufgrund psychischer undkörperlicher Belastungen zumeist nicht einge-rechnet. Bei den direkten Kosten (Zahlungen fürprofessionelle medizinische und pflegerische Hilfe) machen Kosten für die stationäre Langzeit-betreuung in Pflegeheimen mit 50 bis 75 % derAufwändungen den höchsten Anteil aus; für Kran-kenhausbehandlung entstehen in der Regel keineerhöhten Kosten; Ausgaben für Diagnostik undmedikamentöse Behandlung machen lediglich 2 bis 3% an den Gesamtkosten aus [82].

In Deutschland haben Hallauer et al. [83] diedirekten und indirekten Kosten für Alzheimer-Demenz bestimmt. Sie ermittelten pro Patient und

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Jahr Gesamtkosten von 43.767 Euro, wobei 2,5%auf die gesetzliche Krankenversicherung (Medi-kamente, ärztliche Konsultationen, Klinikaufent-halte), 29,6% auf die gesetzliche Pflegeversiche-rung und 67,9% auf die Familie entfallen. Ähnlichhohe jährliche Kosten bei Demenzkranken wer-den auch aus anderen Ländern wie England undNordamerika berichtet [84, 85, 86]. Diese Studienbelegen eindeutig, dass auch die finanzielle Haupt-last von den pflegenden Angehörigen getragenwird.

Die Kosten der Demenz sind abhängig vomSchweregrad der Erkrankung: Im frühen Krank-heitsstadium einer Alzheimer-Demenz betragennach Hallauer et al. [83] die durchschnittlichenjährlichen Gesamtkosten pro Patient 5.100 Euround steigen im fortgeschrittenen Stadium auf92.000 Euro an.

Aufgrund der hohen Kosten für die Betreu-ung Demenzkranker ist eine Evaluation therapeu-tischer Maßnahmen sinnvoll, die den Demenz-verlauf günstig beeinflussen. Zum Beispiel ist die Wirksamkeit einer medikamentösen Behand-lung mit Antidementiva (Acetylcholinesterase-hemmern und Memantine) sehr gut belegt: IhreAnwendung führt bei Patienten mit einer Alzhei-mer-Demenz zu einer Erhaltung der kognitivenLeistungsfähigkeit und der Alltagskompetenz undträgt dazu bei, dass eine kostenintensive Versor-gung in einem Pflegeheim hinausgezögert wer-den kann. Es bleibt die persönliche Selbstbestim-mung der Demenzkranken länger erhalten unddie Belastungen für die Betreuenden werden reduziert. Pharmakoökonomische Studien zurantidementiven Behandlung ergaben – auch unter Berücksichtigung der Kosten für die medikamen-töse Behandlung – eine Kostenreduzierung zwi-schen 1,3 und 17 % [81, 87]. Eine maßgebliche Rolle spielte dabei, dass die Anwendung von Anti-dementiva den Eintritt der Pflegebedürftigkeit unddie Aufnahme in ein Heim hinauszögert [88].

Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet demenzieller Erkrankungenin Deutschland

In den letzten zehn Jahren ist weltweit eine er-hebliche Zunahme der Forschungsaktivitäten aufdem Gebiet der Demenzforschung zu beobach-ten. Nach Förstl et al. [89] wurden von 1991 bis1999 über 20.000 wissenschaftliche Arbeiten zuden Stichworten Demenz und/oder Alzheimer-krankheit publiziert und von dem Dokumenta-tionssystem Excerpta Medica erfasst. Die jährlicheSteigerungsrate der Publikationen betrug etwa 10 % und war in den Grundlagenwissenschaftenhöher als bei den klinischen Studien. 40 % derArbeiten stammten aus den Vereinigten Staaten,10 % aus Großbritannien, 7 % aus Japan, 5 % ausDeutschland, 4 % aus Frankreich und jeweils 3 %aus Italien, Schweden und den Niederlanden.Eine im Rahmen des Vierten Berichts zur Lageder älteren Generation [62] durchgeführte Re-cherche ergab, dass in Deutschland von den 124 Forschern auf dem Gebiet der Demenz dieMehrzahl (81) in dem Bereich Grundlagenfor-schung arbeitet. Mit deutlichem Abstand folgenForscher, die auf dem Gebiet der Diagnostik (28),der Therapie (12) und der Versorgung (3) tätigsind.

Um das Defizit auf dem Gebiet der Demenz-forschung zu reduzieren, wurde im Jahre 2002das »Kompetenznetz Demenzen« etabliert. Es ge-hört zu den derzeit 17 Kompetenznetzen im Be-reich der Medizin, die vom Bundesministeriumfür Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Die Förderung ist für einen Zeitraum von fünf Jahren vorgesehen und beträgt jährlich2,5 Millionen Euro. Das »Kompetenznetz Demen-zen«, in dem 14 führende universitäre Einrich-tungen auf dem Gebiet der Demenzforschung inDeutschland zusammen geschlossen sind, verfolgtfolgende wissenschaftlichen und strukturellen Ziele:

Ω die Demenzforschung durch gezielte Koope-ration und unterdisziplinäre Kooperationen effektiver zu gestalten

Ω bundesweit einheitliche Richtlinien für die Diagnostik und Therapie demenzieller Erkran-kungen zu erarbeiten

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Ω die Entwicklung wirksamerer Therapien, durchdie der Verlauf der Erkrankung stärker als bis-her zeitlich hinausgezögert oder im besten Fallgestoppt werden kann

Ω durch die Identifizierung von Frühsymptomenund Risikofaktoren neue Erkenntnisse über die Entstehung und den Verlauf demenziellerErkrankungen zu erhalten

Ω die Früherkennung und Therapie demenziellerErkrankungen durch Hausärzte zu verbessern

Ω durch den Aufbau geeigneter Kommunikations-strukturen die rasche Umsetzung von For-schungsergebnissen in die Praxis zu fördernund den Wissenschaftsaustausch zwischen Forschung und medizinischem Alltag zu ver-bessern

Ω durch den Aufbau regionaler Netze zwischenGedächtnisambulanzen, Allgemeinkranken-häusern, Bezirkskrankenhäusern, Nervenärz-ten, Allgemeinärzten und Patientenorganisa-tionen eine enge Zusammenarbeit zwischenPatienten, Angehörigen, Ärzten und Wissen-schaftlern zu fördern (www.kompetenznetz-demenzen.de).

Perspektiven

In den nächsten Jahrzehnten ist aufgrund der Zunahme älterer, vor allem hochbetagter Men-schen mit einem beträchtlichen Anstieg der ZahlDemenzkranker zu rechnen, wobei ein hoher Anteil dauernder Aufsicht oder Pflege bedarf.

Im Jahr 2000 litten einer Berechnung von Bickel [1] zufolge über 900.000 Menschen (65 Jah-re und älter) in Deutschland an einer Demenz.Bleibt ein Durchbruch in der Prävention und Therapie dieser Erkrankung aus, so wird – basierend auf der 10. Bevölkerungsschätzung desStatistischen Bundesamtes [91] – die Anzahl demenziell Erkrankter in Deutschland deutlich ansteigen: Bis zum Jahr 2020 ist mit über 1,4 Millionen, bis zum Jahre 2050 mit nahezu 2,3 Millionen Demenzkranken zu rechnen (sieheTabelle 6).

Hausärzte (Allgemeinärzte und Internisten)spielen in der Versorgung von Demenzkrankeneine Schlüsselrolle, vor allem auch wegen der Multimorbidität (gleichzeitiges Auftreten mehre-rer Erkrankungen) und des im Krankheitsverlaufwachsenden Erfordernisses von Hausbesuchen.Das Wissen vieler Hausärzte hinsichtlich der Diagnostik und Behandlung demenzieller Er-krankungen ist aber häufig unzureichend. Dieshat auch zur Folge, dass Demenzkranke relativ selten in psychiatrische Einrichtungen überwie-sen werden; nur etwa jeder vierte Demenzkrankewurde früher psychiatrisch/neurologisch unter-sucht oder behandelt. Eine Verbesserung dergerontopsychiatrischen Kompetenz der Hausärzteist dringend erforderlich.

Bei der Nutzung von Einrichtungen der Altenhilfe spielen Demenzkranke aufgrund ihreshohen Pflege- und Beaufsichtigungsbedarfs be-reits heute eine zentrale Rolle. Im ambulanten, vorallem aber im teilstationären und stationären Bereich ist die Prävalenz demenzieller Erkran-kungen sehr hoch. Insbesondere bei der zeit- undkostenintensiven Grundpflege müssen die Pflege-kräfte für demenziell Erkrankte ein Vielfaches derHilfe aufbringen, die für andere Patienten geleis-tet wird. Nimmt der Pflege- und Betreuungsauf-wand bei gleichbleibender oder gar rückläufigerPersonalausstattung zu, dann ist zu erwarten, dasssich diese erhöhten Belastungen mittel- bis lang-

Tabelle 6Entwicklung der Zahl von Demenzkranken (65 Jahre und älter) in Deutschland in den Jahren 2000 bis 2050 bei gleichbleibenden altersspezifischen PrävalenzratenSchätzgrundlage: Prävalenzraten nach Bickel [90] und Bevöl-kerung nach 10. koordinierter Bevölkerungsvorausberech-nung (mittlere Variante) des Statistischen Bundesamtes [91]Quelle: Bickel [1]

Jahr Demenzkranke (in 1.000)

2000 935

2010 1.165

2020 1.415

2030 1.690

2040 1.920

2050 2.290

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fristig in einer erhöhten körperlichen und psychi-schen Belastung niederschlagen mit der Folge einer Verschlechterung der Lebensqualität für Pflegende und Gepflegte [41].

Die schwerwiegenden BeeinträchtigungenDemenzkranker, die neben den kognitiven Einbu-ßen auch psychiatrische Symptome und Verhal-tensauffälligkeiten einschließen, wie Wahn, Hal-luzinationen, Schlafstörungen und Aggressivität,belasten sowohl die Betroffenen als auch die Pfle-gepersonen und die (nicht demenzkranken)Heimbewohner emotional erheblich und schrän-ken auch deren Lebensqualität stark ein. Eine Ausdifferenzierung der herkömmlichen Versor-gungskonzepte, einschließlich der Evaluation derVeränderungen, ist deshalb dringend erforderlich.

Auch wenn bis zu 80% aller Demenzkrankenim Laufe ihrer Erkrankung in ein Pflegeheimübersiedeln, lebt – zu jedem gegebenem Zeit-punkt – die Mehrzahl der Demenzkranken (inDeutschland etwa 60%) in Privathaushalten undwird überwiegend von Familienmitgliedern be-treut. Diese Leistungen werden bislang in keinerKosten- und Leistungsrechnung erfasst. Es wer-den erhebliche zusätzliche finanzielle Belastun-gen für die Gesellschaft entstehen, wenn ehren-amtliche Hilfe durch professionelle Hilfe ersetztwerden muss: wenn das familiäre Pflegepotenzialaufgrund niedriger Geburtenraten, erhöhter Mo-bilität und Berufstätigkeit von Frauen abnimmt,wenn die familiäre Solidarität durch Scheidung erschüttert wird und wenn die Bereitschaft undFähigkeit von Angehörigen, demenzkranke Fami-lienmitglieder zu pflegen, abnimmt.

Eine Heilung der Alzheimer-Demenz ist derzeit nicht möglich. Die therapeutischen Mög-lichkeiten erlauben jedoch eine Verlaufsverzöge-rung von sechs bis zwölf Monaten und ein länge-res Verbleiben der Demenzkranken in der eigenenHäuslichkeit, wobei die Wirkung einer medika-mentösen Behandlung am besten belegt ist. Aberauch Untersuchungen zur Wirksamkeit psycho-edukativer Gruppen mit pflegenden Angehörigenhaben günstige Ergebnisse gezeigt: Es kam nichtnur zu einer Erhöhung der Pflegemotivation undZufriedenheit bei den Pflegenden, sondern es bes-

serten sich auch bestimmte Verhaltensauffällig-keiten des Demenzkranken. Neben einer medika-mentösen Behandlung können auch familiäreInterventionen dazu beitragen, den kostspieligenund häufig nicht gewünschten Heimaufenhalt eines Demenzkranken hinauszuzögern [92, 93].

Ob eine Kombination verschiedener Thera-pieverfahren in Zukunft die therapeutischen Resultate bringt, die man sich theoretisch davonerwarten könnte, ist noch offen. Für ein solchesVorgehen spricht,

Ω dass es sich bei demenziellen Prozessen umein multifaktorielles Geschehen handelt

Ω dass die bisher verfügbaren therapeutischenAnsätze nur jeweils einen sehr begrenzten Teildes komplexen Krankheitsgeschehens beein-flussen können.

Die Kombination von Antidementiva mit unter-schiedlichen pharmakologischen Angriffspunktenist in der Behandlung von Demenzkrankheitenbisher kaum erprobt worden. Im KompetenznetzDemenz wird derzeit geprüft, ob mit einer Kom-binationstherapie die Aufmerksamkeits- und Ge-dächtnisleistung der Patienten deutlich verbessertund das Voranschreiten der Erkrankung verzögertwerden kann (www.kompetenznetz-demenzen.de).

Um den Hilfebedarf und die Versorgungs-situation für Demenzkranke adäquat beurteilen zu können, sind epidemiologische Studien drin-gend erforderlich, die alle Versorgungsbereiche berücksichtigen: pflegende Angehörige, Selbsthil-fegruppen, ambulante, teilstationäre und statio-näre Einrichtungen der Altenhilfe, primär- undfachärztlicher Bereich sowie Krankenhäuser. Umdie Vergleichbarkeit der Ergebnisse auf verschie-denen Versorgungsebenen sicherzustellen, solltenweitgehend identische Erhebungsverfahren ver-wendet werden. Außerdem sollten neben Groß-städten auch kleinstädtisch-ländliche Regionen berücksichtigt werden. Da die Versorgung alterMenschen auch in Zukunft starken Veränderun-gen unterworfen sein wird, ist eine kontinuierliche epidemiologische Begleitforschung im zeitlichenVerlauf unabdingbar.

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 2832

Glossar

Affektivität Gesamtheit des Gefühls- und Gemütslebens mit Stimmungen, Emotionen und Trieben

Altersspezifische Prävalenzrate Anzahl der Erkrankten einer Altersgruppe bezogen auf die Gesamtzahl der Personender gleichen Altersgruppe

Antidementiva Zur Behandlung von Demenzen eingesetzten Medikamente

Altersspezifische Inzidenzrate Anzahl der Neuerkrankten einer Altersgruppe pro Jahr bezogen auf die Gesamtzahl derPersonen der gleichen Altersgruppe

Antirheumatika Medikamente zur Behandlung rheumatischer Krankheiten, die Schmerzen und Ent-zündungen bekämpfen oder das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen

Bluthochdruck Nach Definition der WHO liegt Bluthochdruck vor, wenn der systolischen Wert >139,der diastolische Wert >89 mm Quecksilbersäule beträgt

Autosomal-dominanter Erbgang Erbgang, bei dem das Vorhandensein einer Erbanlage ausreicht, um ein bestimmtesMerkmal (hier die Alzheimer-Demenz) auszuprägen. Der Erbgang ist unabhängig vomGeschlecht.

Degeneration Veränderung zellulärer Strukturen oder Funktionen infolge einer Schädigung der Zelle

Degenerative Demenzen Allmähliches, schrittweises Nachlassen der Hirnfunktionen, in dessen Verlauf die Nervenzellen des Gehirns irreversibel zerstört werden

Direkte Kosten Enthalten Ausgaben für: ambulante und stationäre Behandlung, Rehabilitation, öffent-liche und private Gesundheitsfürsorge, Pflege, Gesundheitsgüter und Verwaltung, Aus-bildung und Forschung

DSM III bzw. DSM III-R-Kriterien Diagnostisches und Statistisches Manual psychischer Störungen, 3. Ausgabe bzw.Revision der 3. Ausgabe, Handbuch zur Klassifikation psychischer Störungen

Hypercholesterinämie Erhöhter Cholesteringehalt des Blutes

ICD 10 International Classification of Diseases: Internationale Klassifikation für Krankheitenund Todesursachen, 10. Revision

Indirekte Kosten Nicht ausgabenwirksame Kosten; monetäre Bewertung von krankheitsbedingtem Ver-lust von Lebensjahren, Arbeitsausfall oder Frühberentung

Infarkt Schnell erfolgter Untergang (Nekrose) eines Organs oder Gewebes infolge mangel-hafter Sauerstoffversorgung. Diese ist bedingt durch eine Unterbrechung der örtlichenBlutversorgung (z.B. bei Gefäßverschluss)

Intervention Eingriff: therapeutische oder vorbeugende ärztliche Maßnahme

Interventionsstudie Langzeitstudie, in welcher die durch eine Veränderung (oder das Ausschalten) von alskrankmachend geltenden Faktoren erzielten Effekte auf die Gesundheit von Bevölke-rungsgruppen (z. B. die Wirksamkeit von Präventivmaßnahmen) untersucht werden

Inzidenz Häufigkeit von Neuerkrankungen

Kardiale Emboliequelle Vom Herz ausgehender, durch einen Gefäßpfropf verursachter plötzlicher Gefäßver-schluss

Kardiovaskulär Herz und Gefäße betreffend

Kardiovaskuläre Risikofaktoren Als Risikofaktoren für kardiovaskuläre Erkrankungen gelten: Rauchen, Bluthochdruck,Erhöhung der Blutfette, Diabetes mellitus

Kognition Allgemeine Bezeichnung für Prozesse und Produkte von Wahrnehmung, Erkennen,Denken, Schlussfolgern, Urteilen, Erinnern usw.

Koronare Herzkrankheit Chronische Erkrankung, bei der es zu einer relativen oder absoluten Mangeldurchblu-tung der Herzkranzgefäße (Koronararterien) kommt, häufigste Ursache ist dabei dieArterienverkalkung (Arteriosklerose)

Kortikal von der Gehirnrinde ausgehend

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 33

Kranial Den Kopf betreffend

Lebenserwartung Zahl der Jahre, die ein neugeborenes Kind oder eine Person bestimmten Alters unter derAnnahme der gegenwärtigen Sterblichkeitsverhältnisse im Durchschnitt erleben würde

Meta-Analyse Nutzung und Auswertung mehrerer Datensätze bzw. Studien mit gemeinsamer Thematik

Neurodegenerative Erkrankungen

Erkrankungen des Nervensystems, die durch Zelluntergang gekennzeichnet sind

Neurotransmitter Botenstoffe, die an Nervenendigungen freigesetzt werden und Information von einer Ner-venzelle zur anderen weitergeben

Nutritiv-toxische oder meta-bolisch verursachte Demenz

Nahrungs- oder stoffwechselbedingtes Nachlassen der Hirnfunktionen (durch Gifte wieAlkohol oder Drogen, durch Arzneistoffe oder durch ernährungsbedingte Mangelzustände)

Parkinson-Krankheit Langsam fortschreitende neurologische Erkrankung mit Symptomen wie Bewegungsarmut,Zittern in Ruhe, Muskelsteifheit und Gang- oder Gleichgewichtsstörungen

Prädisposition Zustand, der eine Erkrankung begünstigt (z.B. Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen)

Präsenil Zeit vor dem Greisenalter (Senium) bzw. das Senium einleitend

Prävalenz Erkrankungshäufigkeit

Prospektiv Ein Problem wird vom Beginn der Untersuchung an zeitlich gesehen »nach vorn« beob-achtet.

Prospektive Studie Über längere Zeit angelegte Untersuchung zur Erfassung der Auswirkungen von Risikofak-toren

Protektiv Beschützend

Psychisch Seelisch, die Psyche betreffend

Psychoedukation Therapeutisch angeleitete Begleitung von Patienten und Angehörigen, bei der wichtigeInformationen über die Erkrankung und die Behandlungsmaßnahmen so formuliert wer-den, dass sie von betroffenen Patienten und deren Angehörigen gut verstanden werden und dadurch einen besseren Umgang mit der Krankheit ermöglichen.

Psychoedukative Gruppen Psychoedukation in Gruppen, d.h. mehrere Patienten werden gemeinsam über ihre spe-zielle Erkrankung informiert und können sich darüber austauschen

Psychose Bezeichnung einer Gruppe schwerer psychischer Störungen, die mit einem zeitweiligenweitgehenden Verlust des Realitätsbezugs einhergehen. Auffällige Symptome sind oft Wahn und Halluzinationen

Psychosomatik Bezeichnung für die Wechselwirkung von Seele und Körper, im klinischen SprachgebrauchBezeichnung für eine Krankheitslehre, die seelische Einflüsse auf körperliche Vorgängeberücksichtigt

Risikofaktoren Krankheitsfördernde Umstände

Schädel-Hirn-Trauma Oberbegriff für gedeckte bzw. offene Schädelverletzungen mit Gehirnbeteiligung

Senium Greisenalter; das hohe Alter mit erheblichen körperlichem und geistigem Abbau und Ein-schränkung in den Aktivitäten des täglichen Lebens. Der Beginn des Senium in den Indu-strienationen liegt jenseits des 70.- bis 80. Lebensjahres.

Somatisch Körperlich

Vaskuläre Demenz Demenzerkrankung aufgrund einer Gewebsveränderung infolge eines Infarktes desGehirns. Tritt als Folge einer vaskulären (die Blutgefäße betreffenden) Krankheit auf. DieInfarkte sind meist klein, häufen sich aber in ihrer Wirkung.

Vorhofflimmern Herzrhythmusstörung mit ungeordneter, hochfrequenter Vorhoftätigkeit (350 bis 600/min)

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 28 35

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikationin der Deutschen Nationalbibliografie.

HerausgeberRobert Koch-Institut

Nordufer 2013353 Berlin

RedaktionRobert Koch-Institut

GesundheitsberichterstattungDr. Hannelore Neuhauser,

Anne Starker, Dr. Thomas Ziese Seestraße 1013353 Berlin

AutorProf. Dr. Siegfried Weyerer

Zentrum für Epidemiologie und Versorgungsforschung

Zentralinstitut für Seelische GesundheitMannheim

AbonnentenserviceDie Hefte »Gesundheitsberichterstattung des

Bundes« können im Jahresabonnement oder als einzelne Hefte bezogen werden.

E-Mail: [email protected]

Tel.: 018 88. 754–34 00Fax: 018 88. 754–35 13

DruckOktoberdruck, Berlin

gedruckt auf PROFIsilk, tcf

ISBN3-89606-162-3

ISSN 1437-5478

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Gesundheitsberichterstattung des Bundes – Heft 2836

Die politische und finanzielle Verantwortung fürdie Gesundheitsberichterstattung des Bundes liegtbeim Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung.

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

Robert Koch-Institut in Zusammenarbeit mit demStatistischen Bundesamt

Heft 28November 2005

Altersdemenz

Berlin: Robert Koch-InstitutISBN 3-89606-162-3ISSN 1437-5478

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Dementia is characterized by memory loss and degeneration of cognitive skills. Alzheimer’s disease accounts for approximately two thirds of alldementia cases and vascular dementia for another 15 to 20%, while mixed types and other rare types ofdementia account for the remainder. The prevalence ofdementia rises steeply with increasing age. Among thepopulation over the age of 65 years, approximately onemillion individuals in Germany suffer from moderatelysevere to severe dementia and are no longer capableof living independently; the annual number of incidence cases of dementia totals almost 200,000. In addition to drug therapy, a number of psychosocialinterventions have been developed which can delay theprogress of cognitive disorders and counteract theloss of competence in activities of daily living. About60% of dementia patients live in private households.The concomitant behavior problems of dementia patients in addition to the cognitive disorders increasethe burden on their family and lead frequently to nursing home admission. About two thirds of the residents in nursing homes suffer from dementia. It is also one of the main reasons for nursing home admission. Dementia is one of the most expensive diseases in old age. In Germany, average annual costsper patient totalling 43,767 Euro have been calculatedfor Alzheimer’s dementia, whereby family care ac-counts for 67.9%, followed by the statutory long-termcare insurance (29.6%), and the statutory health insur-ance (2.5%). Due to demographic developments, it is expected that by the year 2050, the number of personssuffering from a moderately severe or severe dementiaamong the population over the age of 65 years will total more than two million cases.

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© Robert Koch-Institut

ISBN 3-89606-162-3ISSN 1437-5478

R O B E R T K O C H I N S T I T U TStat is t isches Bundesamt

Gesundheitsberichterstattung des Bundes

Heft 28Altersdemenz

Demenzielle Erkrankungen sind gekennzeichnet durchfortschreitenden Gedächtnisverlust und Abbau kognitiverFähigkeiten. Etwa zwei Drittel aller Demenzerkrankungenentfallen auf die Alzheimerkrankheit, 15 bis 20% aufvaskuläre Demenzen, der Rest auf Mischformen undandere seltene Demenzerkrankungen. Die Häufigkeitdemenzieller Erkrankungen steigt mit zunehmendemAlter stark an. Bezogen auf die 65-Jährigen und Älterensind in Deutschland etwa eine Million Menschen von ein-er mittelschweren oder schweren Demenz betroffen undin der Regel nicht mehr zur selbstständigen Lebens-führung in der Lage; erstmals an einer Demenz erkrankenjährlich nahezu 200.000 Menschen. Neben einer medi-kamentösen Therapie stehen verschiedene psychosoziale Interventionen zur Verfügung, die das Fortschreiten kognitiver Störungen verzögern und dem Verlust an Alltagskompetenz entgegenwirken können. Etwa 60% der Demenzkranken leben in Privathaushalten. Vor allemdie zusätzlich zu den kognitiven Störungen auftretendenVerhaltensprobleme Demenzkranker erhöhen die Belastungen pflegender Angehöriger erheblich und führenhäufig zu einer Heimaufnahme. Etwa zwei Drittel derBewohner in Altenpflegeheimen leiden an einer Demenz.Demenzen sind nicht nur sehr häufig unter Heim-bewohnern, sie sind auch der wichtigste Grund für denEintritt in ein Heim. Demenz gehört zu den teuerstenKrankheitsgruppen im Alter. In Deutschland wurden fürdie Alzheimerdemenz pro Patient und Jahr durchschnitt-lich Kosten von 43.767 Euro ermittelt, wobei 67,9% aufdie Familie entfallen, 29,6% auf die gesetzliche Pflege-versicherung und 2,5% auf die gesetzliche Kranken-versicherung. Für das Jahr 2050 ist aufgrund der demo-grafischen Entwicklung zu erwarten, dass über zweiMillionen der 65-Jährigen und Älteren in Deutschland aneiner Demenz leiden werden.