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Integrierte Corporate Governance Martin Hilb Ein neues Konzept zur wirksamen Führung und Aufsicht von Unternehmen 7. Auflage

Integrierte Corporate Governance...• Erica Maidana (Spanische Version) • Dr. Olena Kos (Russische Version) • Luiz Fernando Turatti (Brasilianische Version) • Nicholas Benes

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  • Integrierte Corporate Governance

    Martin Hilb

    Ein neues Konzept zur wirksamen Führung und Aufsicht von Unternehmen

    7. Auflage

  • Integrierte Corporate Governance

  • Martin Hilb

    Integrierte Corporate GovernanceEin neues Konzept zur wirksamen Führung und Aufsicht von Unternehmen

    7., überarbeitete Auflage

  • Martin HilbInternational Center for Corporate Governance St. Gallen, Schweiz

    ISBN 978-3-662-58795-9 ISBN 978-3-662-58796-6 (eBook)https://doi.org/10.1007/978-3-662-58796-6

    Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail-lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

    Springer Gabler © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2005, 2006, 2009, 2011, 2013, 2016, 2019Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten.Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral.

    Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany

    https://doi.org/10.1007/978-3-662-58796-6http://dnb.d-nb.de

  • V

    Bereits 1995 haben wir unser Konzept des „Integrierten Verwaltungsrats-Managements“ publiziert und die Forderung aufgestellt, der Verwaltungsrat müsse sich zu einem Gestal-tungs- und Controllingteam entwickeln, damit Corporate Governance zu einem Wett-bewerbsvorteil wird (vgl. Abb. 1).

    Inzwischen ist das Thema aufgrund der zahlreichen Krisenfälle weltweit aktuell geworden. Von der globalen Finanzkrise waren sowohl Länder betroffen, in denen der Shareholder-Value-Ansatz1 vertreten wird (wie z. B. die USA oder Großbritannien) als auch Länder, in denen der Stakeholder-Value-Ansatz2 angestrebt wird (wie z. B. in Deutschland oder Japan).

    Dies hat damit zu tun, dass sich je nach Werthaltung und Blickrichtung Corporate Governance entweder „… lediglich mit dem Schutz der Aktionärsrechte oder mit dem Blick der Rechte aller oder zumindest eines Teiles der übrigen Interessengruppen, …“3 beschäftigt.

    Sowohl in Wissenschaft als auch Praxis wird immer noch davon ausgegangen, dass nur „two basic models of corporate governance systems … (existieren): the first model is the Anglo-American ‚market based‘ model which emphasizes the maximisation of share-holder value, while the second model is the ‚relationship-based‘ model, which emphasi-zes the interests of a broader group of stakeholders.“4

    Wir stellen in diesem Buch einen Dritten Weg, den „Integrierten Corporate Gover-nance“-Ansatz vor, der die Stärken der beiden traditionellen Konzepte zu verbinden ver-sucht.

    Vorwort

    1Vgl. Rappaport (1986) und Stewart (1991).2Vgl. Freeman (1984:31): Stakeholders sind demnach „those groups without whose support the organization would cease to exist“.3Wentges (2003:74).4Tabalujan in Hasan (2002, S. 488).

  • VI Vorwort

    Damit vermeiden wir die traditionelle Frage, ob entweder der z. Zt. global immer mehr verbreitete anglo-amerikanische Shareholder-Value Ansatz oder der in einzelnen Ländern lokal in unterschiedlicher Ausprägung anzutreffende Stakeholder-Value-Ansatz als Grundlage der Corporate Governance zu verwenden sei.5

    Wir gehen von einem glokalen Sowohl-als-auch Ansatz aus: d. h. wir versuchen, sowohl global gültige Aspekte der anglo-amerikanischen Board-Best-Practice (wie wir sie vor allem in Kanada und Neuseeland vorfinden) als auch lokale Best-Practice Gover-nance Aspekte (wie wir sie in erfolgreichen internationalen Pionierfirmen in vielen Län-dern antreffen) zu berücksichtigen.6

    Unternehmen sind dann nachhaltig erfolgreich, wenn es ihnen gelingt, bei allen Geschäftsaktivitäten immer gleichzeitig Mehrwert für die Aktionäre, die Kunden, die Mitarbeitenden und die Gesellschaft zu schaffen.

    Dabei ist es sinnvoll, dass der Board die Erfolgsanteile unternehmensspezifisch fest-legt, z. B.:

    Abb. 1 Entwicklungsstufen von Boards

    5Auch für Entwicklungsländer wird meist unreflektiert der Anglo-amerikanische Corporate-Gover-nance-Ansatz empfohlen, vgl. z. B. Ahunwan (2003).6Vgl. hierzu Beispiele in Abschn. 1.1.2 .

  • VIIVorwort

    50 % für Aktionärswertsteigerung (z. B. aufgrund von EVA7 )20 % für Personalwertsteigerung20 % für Kundenwertsteigerung10 % für Öffentlichkeitswertsteigerung,wobei jeweils die Ansprüche, die Zufriedenheit und die freiwillige Loyalität aller

    dieser Gruppen periodisch aufgrund eines integrierten Feedback-Instrumentariums8 gemessen werden können (Abb. 2).

    Das International Center for Corporate Governance (www.icfcg.org) wurde gegründet, um alle Forschungs-, Lehr- und Beratungsaktivitäten gezielt auf diesen integ-rierten Ansatz auszurichten.

    Dabei dient dieses Buch als Grundlagen aller Center-Aktivitäten.

    Board-Leistungsdimension

    Board-Beziehungsdimension

    (Globaler)Shareholder-Ansatz(Competition-Modell)

    (Glokaler)Sowohl Shareholder

    als auch Stakeholder-Ansatz(Coopetition-Modell)

    (Lokaler)Stakeholder-Ansatz

    (Cooperation-Modell)

    Integrierter AnsatzAnglo-amerikanischer Ansatz

    Rheinland Ansatz

    Abb. 2 Corporate Governance Ansätze (Der sog. Rheinland-Ansatz wird z. B. in Deutschland und den Niederlanden häufig praktiziert)

    7Vgl. Stewart (1991).8Vgl. Hilb (2003).

    http://www.icfcg.org

  • VIII Vorwort

    Es wurde bereits in folgenden Sprachen herausgegeben:

    6. Auflage New York 2018

    7. Auflage Berlin 2018

    2. Auflage Saigon 2007

    1. Auflage Buenos Aires 2007

    1. Auflage Peking 2008

    1. Auflage São Paolo 2009

    1. Auflage Tokyo 2013

    2. AuflageTeheran 2018

    1. Auflage Lausanne 2014

    B &

    W IN

    PR

    INT

  • IXVorwort

    Ich benutze die Gelegenheit, herzlich all denen zu danken, die zu diesem Buch beigetragen haben: zunächst allen VR-Präsidenten, die uns beauftragt haben, neue Board-Konzepte ein- und Board-Evaluationen durchzuführen. Sodann den zahlreichen Board-Teilnehmer/innen unserer VR-Seminare und VR-Netzwerk-Workshops sowie den Teilnehmer/innen unserer alljährlichen Doktorandenseminare über Corporate Gover-nance an der Universität St. Gallen für die zahlreichen wertvollen Diskussionen und Anregungen9 .

    Ein besonderer Dank gilt folgenden Wissenschaftlichen Mitarbeitenden unseres Insti-tuts:

    Professor Roman Lombriser für die wertvollen Hinweise, Dr. Ursula Knorr für die kritische Durchsicht und professionelle Gestaltung der deutschsprachigen Original-fassung dieses Buches, Dr. Doris Benz für die Überarbeitung der ersten Auflage sowie Dr. Nina Spielmann für die Überarbeitung der fünften Auflage, Tudor Maxwell für die kompetente Übersetzung und Gestaltung der englischsprachigen Version. Ferner dan-ken wir folgenden Kolleginnen und Kollegen, die für die Übersetzung und Vorbereitung anderssprachiger Versionen dieses Buches verantwortlich sind:

    • Manli Fu (Chinesische Version)• Prof. Dr. Trung Dinh (Vietnamesische Version)• Erica Maidana (Spanische Version)• Dr. Olena Kos (Russische Version)• Luiz Fernando Turatti (Brasilianische Version)• Nicholas Benes (Japanische Version)• Dr. Jérôme Monnier (Französische Version)

    Last, but not least danke ich Juliane Wagner vom Springer Gabler Verlag für die wert-volle verlegerische Betreuung dieser Publikation.

    St. Gallen Januar 2019

    Martin Hilb

    www.icfcg.org

    9unserer fährlichen Governance-Furschungs-Konferenz am EIASM in Brüssel.

    http://www.www.icfcg.org

  • XI

    Inhaltsverzeichnis

    Teil 0: Einführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11 Ausgangslage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Zielsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Vorgehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 Begriffsklärung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 New Corporate Governance-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

    Teil 1: Situative Board Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 Unternehmensexterne Kontext-Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15

    1.1 Institutioneller Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151.2 Landeskultur-Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171.3 Normen-Kontext . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21

    2 Unternehmensinterne Kontext-Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302.1 Eigentumsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302.2 Board-Machtverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422.3 Organisationskomplexität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 492.4 Board-Rollenträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502.5 Internationalisierungsgrad der Board- und GL-Teams . . . . . . . . . . . . . . . . 552.6 Board-Funktionsmix . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

    Strategische Board Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 651 Strategisch gezielt vielfältig zusammengesetztes Board-Team . . . . . . . . . . . . . . 672 Konstruktiv-kritische Board-Vertrauenskultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 793 Vernetzte Board-Struktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 844 Anspruchsgruppenorientierte Board-Erfolgsmaßstäbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87

    Teil 3: Integrierte Board Management Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 951 Gezielte Gewinnung von Board-Mitgliedern und CEO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 972 Gezieltes Feedback für Board-Mitglieder und CEO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1063 Gezielte Honorierung von Board-Mitgliedern und CEO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117

  • XII Inhaltsverzeichnis

    4 Gezielte Förderung von Board-Mitgliedern und CEO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1255 Integrierter Board-Management-Ausschuss für Großfirmen

    (Integrated Board Management Committee) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134

    Teil 4: Evaluative Board Dimension . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1371 Integriertes Audit & Risk Management Committee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1372 Auditing-Funktion des Boards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

    2.1 Zusammenarbeit mit der externen Revisionsstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1422.2 Zusammenarbeit mit der internen Revision . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143

    3 Chancen-Risiko-Management-Funktion des Boards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1444 Kommunikationsfunktion des Boards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151

    4.1 Interne Kommunikation zwischen Board und Geschäftsleitung . . . . . . . . . 1514.2 Externe Kommunikation zwischen Board und Anspruchsgruppen . . . . . . . 159

    5 Erfolgsevaluations-Funktion des Boards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1635.1 Controlling-Funktion des Boards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1635.2 Selbst- und Fremdevaluation des Boards . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

    Teil 5: Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1871 Folgerungen für die Praxis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1872 Folgerungen für die Lehre. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1883 Folgerungen für die Forschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

    A.1 Richtlinien zur Governance von KMU. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193

    A.2 Praxis-Tools und Checklisten zur Governance von KMU . . . . . . . . . . . . . . . 195

    A.3 Lessons Learned aus der Globalen Finanzkrise: Redesigning Corporate Governance . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

    A.4 Zusammenfassung des Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

    Zum Autor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

    Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

    Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 221

  • XIII

    Corporate Governance gehört gegenwärtig zu den wenigen in Forschung und Praxis weltweit aktuellen Themen.

    Hier wird ein neuer integrierter Ansatz der Corporate Goverance, kurz „New Corpo-rate Governance“, vorgestellt, der die im Buch dargestellten Schwächen in Forschung, Lehre und Praxis zu überwinden versucht.

    „New Corporate Governance“ basiert auf dem umgekehrten KISS-Prinzip:

    s ituational

    s trategic

    I ntegrated

    K eep it controlled

    Gezielte Anpassung der Corporate Governance an denbisher häufig vernachlässigten Kontext des Unternehmens(Kapitel 1)

    Unternehmensgestaltung als eine zentrale Boardfunk-tion neben der oft bisher einseitig angestrebten Aufsicht(Kapitel 2)

    Integrierte Selektion, Beurteilung, Honorierung undForderung des Boardteams statt Bildung isolierterNominations- und Remunerations-Ausschüsse(Kapitel 3)

    Ganzheitliche Board-Erfolgsevaluation aus Sicht derEigentümer, Kunden, Mitarbeitenden und der Öffent-lichkeit, statt einseitig finanzwirtschaftliches Controlling(Kapitel 4)

    Dieser neue Ansatz der Gestaltung und Erfolgskontrolle von Unternehmen integriert somit bisher in Forschung, Lehre und Praxis weitgehend isoliert behandelte Komponen-ten der Corporate Governance

    Auf Seite 211 finden Sie eine Zusammenfassung des Buchinhalts mit Board-Praxis-beispielen des Autors.

    Zum Inhalt

  • 1© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2019 M. Hilb, Integrierte Corporate Governance, https://doi.org/10.1007/978-3-662-58796-6_1

    1 Ausgangslage

    Corporate Governance ist in den letzten Jahren aufgrund der weltweiten Finanzkrise und zahlreicher aufsehenerregender Unternehmensskandale auf Boardebene (d. h. sowohl auf Verwaltungs- bzw. Aufsichtsrats- als auch auf Geschäftsleitungs- bzw. Vorstandsebene)1, unterstützt durch eine einseitige wissenschaftliche Ausrichtung, zu einem weltweit aktu-ellen Thema in Praxis, Forschung und Lehre geworden.

    • In der Praxis2 sind es vor allem folgende vier Ursachen, die zu einer Vertrauenskrise in der Öffentlichkeit gegenüber der Wirtschaft im allgemeinen und Vorsitzenden und Mitgliedern von Supervisory und Managing Boards von Unternehmen im besonderen geführt haben.

    1. Auf technologischer Ebene bestand die Hauptursache der Corporate Governance Krise in der Dot.com Seifenblase.

    Übertriebene weltweite Börsen-Spekulationen in Aktien von neuen Internetfirmen führten laut Alan Greenspan zu „irrational exuberance“.

    Obwohl das Internet unbestritten einen technologischen Durchbruch bedeutete, wurde davon ausgegangen, dass es sich um ein revolutionäres neues Geschäftsmodell handelt, „… which it didn’t. It is a tool that companies can use to build their business, if they can combine it with distinctive products (and or services) but nothing more than that“.3

    Teil 0: Einführung

    1Der Supervisory Board wird in verschiedenen Ländern unterschiedlich bezeichnet, z. B. in der Schweiz als „Verwaltungsrat“, in Deutschland als „Aufsichtsrat“.2Vgl. Taylor (2003).3Taylor (2003, S. 3).

    https://doi.org/10.1007/978-3-662-58796-6_1http://crossmark.crossref.org/dialog/?doi=10.1007/978-3-662-58796-6_1&domain=pdf

  • 2 Teil 0: Einführung

    2. Auf wirtschaftlicher Ebene trugen die zahlreichen „Bad Corporate Governan-ce“-Skandale in den USA und Europa zur globalen Finanzkrise bei.4

    Gemäß einer Gallup-Umfrage weist gegenwärtig das Vertrauen der Bevölkerung in die Wirtschaft und ihre Repräsentanten den tiefsten Stand seit 1981 auf.5 Die Position von Board-Mitgliedern in den USA kann wie folgt zusammengefasst werden: – „Highly important corporate position,– with ultimate legal responsibility for company– high reliability and reputational risk,– meagre pay, and– too little time, support, or information to do the job … and– … the job doesn’t even earn much respect nowadays.“6

    3. Auf risikobewusster Ebene: Viele Firmenzusammenbrüche wie z. B. der Fall Swiss-air oder Strategiefehler wie z. B. bei Vivendi-Universal oder AOL haben gezeigt, dass Verwaltungsrat bzw. Aufsichtsrat oft zu riskante Strategien der CEOs genehmigten. Es fehlte, wie unsere Audits in mehreren Verwaltungsräten von Unternehmen unter-schiedlicher Branchen gezeigt haben, häufig ein professioneller Chancen – Risk Management Review auf Supervisory Board Ebene.7

    4. Auf sozialer Ebene: In einem Doktorandenseminar baten wir die Doktoranden aus 18 Ländern Board Miss-Managementstudien aus ihren Heimatländern zu erstellen.

    Auf die Frage am Schluss des Seminars, was allen diesen Fallstudien gemeinsam ist, kam die eindeutige Antwort: Fehlende Integrität, sei es auf Board-Ebene, CEO-Ebene, auf Ebene der Auditors oder des CFOs. Zusätzlich führten viele fahrlässig ein-geführte, einseitige Aktienoptionsprogramme zu (wie es Henry Mintzberg ausdrückte) „legitimized corruption“ in namhaften Publikumsgesellschaften in Nordamerika und Europa.

    Zusammenfassend soll Sir David Tweedie, Chairman of the IASB zitiert werden:

    • „… Executive boards failed;• non-executives were kept in the dark;• audit committees failed;• auditors fell asleep at the wheel or let problems go;• credit-rating agencies did not do too well;• analysts missed it;

    4Compared with GDP (The Economist, September 7, 2002, S. 14).5Business Week (September 23, 2002, S. 14).6Ward (2003, S. 224).7Ergebnisse unserer Verwaltungsrats-Audits: ¾ aller Audits, die wir in Verwaltungsräten von Unternehmen durchgeführt haben, ergaben mangelnde Risk Management Aktivitäten auf Board Ebene.

  • 3

    • the SEC failed to regulate; and• the investment banks and lawyers (and consultants) were part of the problem, helping

    companies with their questionable deals, … It wasn’t just one little piece gone wrong … The whole system was collapsing.“8

    • In der Forschung wird Corporate Governance häufig nur aus Sicht einer bestimmten Theorie untersucht. Aufgrund der eben erwähnten Fehlentwicklungen der Praxis hat sich z. B. gezeigt, dass die häufig in der Corporate Governance Forschung verwendete Agency Theory9 schwerwiegende Fehler aufweist: – „Much of agency theory … unrealistically assumes that earnings and stock prices

    cannot be manipulated.“10

    – „Traditional Agency Theory builds primarily or exclusively on extrinsic motiva-tion.“11

    – Es werden lediglich die Bedürfnisse der Top Executives und Shareholders (im schlimmsten Fall nur der Top Executives12), nicht aber die berechtigten Ansprüche der Mitarbeitenden, der Kunden und der Mitwelt (Öffentlichkeit, Um- und Nach-welt) berücksichtigt.

    – Damit gelang es der Agency Theory auch nicht, die wichtigsten Unterschiede zwi-schen einzelnen Ländern zu erklären13.

    Die Monitoring Rolle des Supervisory Boards muss somit differenzierter und ganzheit-licher behandelt werden. Zudem muss die Forschung in Corporate Governance auch die andern zentralen Rollen von Supervisory Boards berücksichtigen:

    Die Resource Dependency Theory soll z. B. zeigen, dass Board-Mitglieder wert-volle Ressourcen und Coachingfunktionen für den CEO einbringen können.

    Dabei besteht die Kunst der Board-Führung darin „… to build and maintain trust in their relationship with executives, but also to maintain some distance so that effective monitoring can be achieved.“14

    Die Stewardship Theory15 soll zeigen, dass die strategische Entscheidungsfindung im Unternehmen dadurch verbessert werden kann, dass das Supervisory Board das Top Management (als Stewards) in der ganzheitlichen Gestaltung der Zukunft des Unter-nehmens unterstützt.

    8Newing (2003, S. 6); vgl. ferner Behr in Nötzli (2004, S. 23).9Berle und Means (1932) sowie Aguilera und Jackson (2003, S. 448 ff).10Brecht et al. (2002, S. 47).11Frey (2003, S. 4).12Wir sprechen in diesem Fall von Top Executive Value.13Aguilera und Jackson (2003, S. 448).14Daily und Canella (2003, S. 376).

    1 Ausgangslage

    15Vgl. Davis et al. (1997).

  • 4 Teil 0: Einführung

    Die Institutional Theory16 versucht ferner, Corporate Governance im Kontext vieler unterschiedlicher sozialer und kultureller institutioneller Faktoren zu behandeln.

    Alle diese Forschungsansätze behandeln Corporate Governance lediglich aus einer Perspektive. In Zukunft geht es darum, Corporate Governance aus integrierter Sicht zu erforschen, wie es z. B. Hung mit seiner wertvollen Forschungs-Typologie17 vorschlägt. Dieser Ansatz dient uns als zweckmäßiger Kompass für unser Modell (vgl. Abb. 1, 2 und 3).• Die Grenze der gegenwärtigen Corporate Governance Lehre kann, (ähnlich der

    Lehre im Human Resource Management) wie folgt zusammengefasst werden: „One short-coming has been the tendency of textbooks in the area to make prescriptions about the ‚best practice‘ … without providing a credible analytical framework for the students or the practitioners.“18 Es herrscht ein ausgeprägter Mangel an integrierten Corporate Governance Konzepten.

    So zeigt eine Analyse über den Entwicklungsstand des Lehrbereichs (ähnlich wie im HRM), dass „… the future academic strength of Corporate Governance will depend on how effectively present scholars dedicate themselves to building credible analytical fra-meworks – priority at the level of the firm but with the capability of providing an ade-quate disciplinary basis for comparative Corporate Governance.“19

    Auf sozialer Ebene:

    Das Top ExecutiveValue Denken

    Auf technologischer

    Ebene:

    Die Dot.comSeifenblase

    Hauptursachen der Corporate

    Governance Krise

    Auf wirtschaftlicher

    Ebene:

    Die globale Finanzkrise

    Auf ökologischer Ebene:

    Die High RiskStrategien

    Abb. 1 Hauptursachen der Corporate Governance Krise (nach Taylor). (Taylor 2003, S. 1)

    16Vgl. Aoki (2001).17Hung (1998, S. 105).18Boxall (1992, S. 60).19Vgl. Boxall (1992, S. 75).

  • 5

    2 Zielsetzung

    In diesem Buch soll ein neuer integrierter Ansatz der Corporate Governance, kurz „New Corporate Governance“, vorgestellt werden, der die im vorangegangenen Kapitel dar-gestellten Schwachstellen in Praxis, Forschung und Lehre zu überwinden versucht.

    „New Corporate Governance“ basiert danach auf dem umgekehrten „KISS-Prinzip“:

    Corporate Governance(C.G.)

    Traditional C.G.(undifferenziert)

    New C.G.(differenziert)

    Unternehmensspezifisch Branchen-spezifischAnspruchsgruppen-

    orientiert

    BankGovernance

    NPOGovernance

    CooperativeGovernance

    Public CorporateGovernance

    HospitalGovernance

    Kunden

    AktionäreC.G. vonbörsen-notiertenPublikums-gesell-schaften

    C.G. vonnichtbörsen-notiertenGesell-schaften

    C.G. vonbörsen-notiertenKMU

    C.G. vonnicht börsen-notiertenFamilien-Gesell-schaften

    Personal

    Gesellschaft

    (gleichzeitignutzenstiftend für)

    C.G. vongroßenbörsen-notiertenGesell-schaften

    C.G. vonnicht börsen-notiertenPublikums-Gesell-schaften

    etc.

    Abb. 2 Corporate Governance Begriffsgerüst

    2 Zielsetzung

  • 6 Teil 0: Einführung

    Unser ganzheitlicher Ansatz der Gestaltung und Erfolgsevaluation von Unternehmen integriert somit bisher in Forschung, Lehre und Praxis weitgehend isoliert behandelte Komponenten der Corporate Governance:

    Teil 1 behandelt die situative Dimension der Corporate Governance und baut sowohl auf der Institutions-Theorie20 als auch auf der Situations-Theorie21 auf.

    20Vgl. Aoki (2001).21Vgl. Fiedler (1967).

    Abb. 3 Modell der „Integrierten Corporate Governance“ (aufgrund des KISS-Ansatzes)

  • 7

    Teil 2 behandelt die strategische Dimension der Corporate Governance und basiert auf der Stewardship-Theorie22 und der Rollen-Theorie23.

    Teil 3 umfasst die ressourcenorientierte Dimension der Corporate Governance und weist die Resource Dependency Theorie24 als Grundlage auf.

    Teil 4 zeigt die evaluative Dimension der Corporate Governance auf und nimmt Bezug auf die Agency Theorie25 und die Stakeholder Theorie26.

    3 Vorgehen

    Wir unterscheiden in diesem Buch drei Phasen:

    Phase I: In der Phase der Problemklärung sollen Ausgangslage, Zielsetzung, Vor-gehen, Begriff und Modell präzisiert werden (Einführungskapitel).

    Phase II: In der Phase der Konzeptvorstellung soll das Modell der „New Corporate Governance“ näher vorgestellt werden (Hauptkapitel 1, 2, 3 und 4).

    Das vorgestellte Konzept ist über Jahre langsam gereift, wobei der Autor in verschiedenen Rollen tätig war und dabei die Anschauungen unterschied-licher Interessen kennen lernen durfte:

    • Als Lernender: Teilnahme an internationalen Corporate Governance Seminaren der Harvard Business

    School, des Henley College in Oxford und des IMD in Lausanne.• Als Forscher: Seit 1993 alljährliche Durchführung von Doktoranden-Seminaren über Corporate

    Governance an der Universität St. Gallen; Seit 2003 Leitung des Forschungs-Work-shops über Corporate Governance am ‚European Institute for Advanced Studies in Management‘ in Brüssel, sowie Mitglied des ‚European Council on Corporate Gover-nance des Conference Board‘.

    • Als Boardmitglied: In der Funktion als Präsident, Vize-Präsident und Mitglied in sechs Organisationen.• Als Leiter: Gründer des International Center for Corporate Governance (www.icfcg.org) sowie

    des Swiss Institute of Directors (www.siod.ch). Vorsitzender des Policy Committee des Global Network of Director Institutes (www.gndi.org)

    22Vgl. Davis et al. (1997).23Vgl. Neuberger (Neuberger 1995).24Vgl. Hillman et al. (2000).25Vgl. Jenson und Meckling (1976).26Vgl. Freemann (1984).

    3 Vorgehen

    http://www.icfcg.orghttp://www.siod.chhttp://www.gndi.org

  • 8 Teil 0: Einführung

    • Als Moderator: 2009–2012 Moderation von Workshops zur Corporate Governance am WEF in Davos,

    Dalian und Tianjin, seit 1997 Leitung von Netzwerk-Workshops mit Verwaltungsrats-präsidenten von KMUs sowie Durchführung von Board-Seminaren in Nordamerika, Europa, Nahem Osten und Asien.

    • Als Berater: Entwicklung, Einführung und Erfolgsevaluation von integierten Board-Manage-

    ment-Konzepten sowie Selbst- und Fremd-Evaluationen von Boards in Unternehmen verschiedener Größe, Branche und Länderkultur.

    Phase III: In der Phase der Ergebnisbewertung sollen schließlich der Geltungs-bereich unseres integrierten „New Corporate Governance“ Konzepts dar-gestellt und Folgerungen für zukünftige Arbeiten in Praxis, Forschung und Lehre abgeleitet werden (Schlusskapitel 5)

    4 Begriffsklärung

    In diesem Kapitel soll der Begriff „New Corporate Governance“ bestimmt, abgegrenzt und eingeordnet werden.

    a) Corporate Governance wird häufig nach Cadbury als System definiert, „… by which companies are directed and controlled“27 oder nach Demb und Neubauer als „… the process by which corporations are made responsive to the rights and wishes of stake-holders“.28

    Deshalb sollte der Verwaltungsrat treffender als Gestaltungs- und Controllingteam bezeichnet werden.

    Wir definieren „New Corporate Governance“ als System „by which companies are strategically directed, integratively managed and holistically controlled in an entrepre-neurial and ethical way in accordance with a particular context“.

    b) Wir grenzen die „New Corporate Governance“ von traditioneller Corporate Gover-nance29 aufgrund unserer vier KISS-Faktoren wie folgt ab (Tab. 1):

    Zudem gehört die unternehmerische und ethische Ausrichtung zu einem integrierten Bestandteil unserer Definition von Corporate Governance.

    c) Wir ordnen „New Corporate Governance“ wie folgt in ein Begriffsgerüst:

    27Cadbury (2002, S. 1).28Demb und Neubauer (1992, S. 187).29„Corporate Governance deals with the ways in which suppliers of finance to corporations assure themselves of getting a return on their investment.“ Schleifer und Vishny (1997, S. 737).

  • 9

    5 New Corporate Governance-Modell

    „Corporate governance researchers have a unique opportunity to directly influence cor-porate governance practices through the careful integration of theory and empirical study. It has not always been clear, however, whether practice follows theory, or vice versa.“30

    In diesem Buch wird ein Modell der „New Corporate Governance“ als integrierter Ansatz im Dienste aller unternehmensrelevanten Anspruchsgruppen, d. h. der Eigen-tümer, der Kunden, des Personals und der Mitwelt (d. h. Um- und Nachwelt und Öffentlichkeit) von Organisationen, vorgestellt.

    Unter Modell verstehen wir „… an abstraction that preserves in economical form most of the points that have been developed.“31

    Unser „New Corporate Governance“-Modell beinhaltet vier Teile:

    Teil 1: Die situative Board Dimension

    (Keep it situational)

    Dabei unterscheiden wir die externe und interne Kontext-Dimension.

    Tab. 1 Unterscheidungsmerkmale von Traditional und „New Corporate Governance“

    Unterscheidungsmerkmal Traditional Corporate Gover-nance

    New Corporate Governance

    Situational Implementation

    Keine Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Landes-, Branchen- und Unter-nehmenskulturen

    Gezielte Anpassung an den Kontext des Unternehmens (Keep it situa-tional)

    Strategic Direction Unternehmensgestaltung: keine Funktion des Aufsichtsrats

    Unternehmensgestaltung als eine zentrale Funktion des Supervisory Boards (Keep it strategic)

    Integriertes Board Management

    Lediglich isolierte Nomination und Remuneration Committees in Publikumsgesellschaften

    Integrierte gezielte Selektion, Beurteilung, Honorierung und För-derung der Supervisory und Mana-ging Boards (Keep it integrated)

    Holistic Monitoring Lediglich Controlling der finanzwirtschaftlichen Dimension

    Ganzheitliche Erfolgsevaluation aus Sicht der Aktionäre, der Kun-den, der Mitarbeitenden und der Öffentlichkeit (Keep it controlled)

    5 New Corporate Governance-Modell

    30Daily und Canella (2003, S. 371).31Weick (1979, S. 95).

  • 10 Teil 0: Einführung

    Die Corporate Governance Praxis unterscheidet sich dabei auf externer Kon-text-Ebene je nach Institutions-, Landeskultur- und Normen-Kontext.

    Unternehmensspezifisch sind auf interner Kontext-Ebene die Eigentums- und Machtverhältnisse sowie die Größe und Komplexität des Unternehmens, der Internationalisierungsgrad sowie die angestrebten Board-Funktionen von Bedeutung.

    Teil 2: Die strategische Board Dimension

    (Keep it strategic)

    Dabei unterscheiden wir vier zentrale Erfolgsfaktoren der Corporate Gover-nance.

    Das gezielt zusammengesetzte Board-Team, das für alle Anspruchsgruppen des Unternehmens Vorbildwirkung erzeugen muss, ist die Voraussetzung für eine konstruktiv-kritische Board Vertrauens-Kultur.

    Diese lässt sich durch einfache vernetzte Board-Strukturen und -Prozesse umsetzen. Die genannten Erfolgsfaktoren sind Voraussetzung, dass anspruchs-gruppenorientierte Board-Erfolgsmaßstäbe entwickelt, umgesetzt und evaluiert werden.

    Teil 3: Die integrierte Board-Management-Dimension

    (Keep it integrated)

    Diese Dimension integriert die gezielte Selektion, Beurteilung, Honorierung und Entwicklung von Mitgliedern des Supervisory und Managing Boards. Für größere Publikumsgesellschaften wird zudem die Bildung eines Integrier-ten Board-Management-Kommittees empfohlen, das übliche Nomination und Remuneration Kommittees verbindet und durch Board-Evaluation und -Ent-wicklung ergänzt.

    Teil 4: Die Board-Controlling Dimension

    (Keep it controlled)

    Diese Dimension umfasst die Auditing-, Risk Oversight-, Kommunikations- sowie die Evaluations-Funktionen des Boards.

  • 11

    Das vorgestellte Modell weist wie gesagt folgende vier Bestandteile auf:

    S

    S

    I

    K

    Keep it ituational (Kontextdimension)

    Keep it trategic (Gestaltungsdimension)

    Keep it ntegrated (Board-Managementdimension)

    controlledeep it (Evaluationsdimension)

    Auch bei diesem Modell ist auf die Schwierigkeit hinzuweisen, komplexe Systeme, wie es die New Corporate Governance darstellt, vereinfacht wiederzugeben: „Sobald man (nämlich) … Teile aus dem Gesamtsystem herauslöst, führt eine solche Isolierung zu einer Denaturierung der Sachverhalte.“32 Nur wenn man sich der Unzulänglichkeit die-ses Isolierens und damit der limitierenden Bedingungen des Modells bewusst ist, kann dieses Vorgehen als wissenschaftlich legitim gelten.33

    Die Grenzen liegen u. E. vor allem in folgenden zwei Punkten:

    • Unser Bildmodell weist die in der Sozialforschung übliche Tendenz auf, „… der Interdependenz ein Lippenbekenntnis zu zollen, um dann die (Elemente doch) isoliert zu untersuchen.“34

    • Die Aufgliederung der Corporate Governance in einzelne zentrale Komponenten hat zwar für unsere Studie analytische Bedeutung, in der Praxis lassen sich allerdings oft keine klaren Grenzen ziehen. Es gibt einige Überschneidungen und Interdependenzen zwischen den Faktoren.

    Trotz dieser Haupteinwände weist das vorgestellte Bildmodell gegenüber den bisherigen Modellen den Vorteil auf, dass es die Brownschen Modellanforderungen35, also Einfach-heit, Klarheit und Konsequenz der formalen Struktur, Wirklichkeitsnähe und damit Eig-nung für relevante Voraussagen besser erfüllt.

    Im Folgenden 1. Teil wird zunächst die Kontextdimension der Corporate Governance vorgestellt. Wir gehen dabei im Unterschied zu vielen bisherigen Publikationen zur Cor-porate Governance davon aus, dass es keinen „one size fits all“ Board-Ansatz gibt.36

    32Maleztke (1972, S. 1515).33Koenig (1967, S. 7).

    5 New Corporate Governance-Modell

    34(MCQuail 1973, S. 83).35Brown (1965, S. 549).36Unser Bildmodell soll mehr sein als eine reine Analogie: es soll „… the key structure of the sys-tem under study“ aufzeigen. Beer (1981, S. 75).