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Invasive und nicht-invasive Beatmung jenseits der Neonatalzeit bei akuter respiratorischer Insuffizienz unter besonderer Berücksichtigung der Mukoviszidose
Christian Dohna-Schwake
Grundsätzliches zur Atmung und Beatmung bei Kindern
NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz (ARI)
NIV bei ARI bei CF
Invasive Beatmung bei ARI
Invasive Beatmung bei ARI bei CF
Grundsätzliches zur Atmung und Beatmung bei Kindern
NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz (ARI)
NIV bei ARI bei CF
Invasive Beatmung bei ARI
Invasive Beatmung bei ARI bei CF
Physiologische Besonderheiten bei Kindern
Physiologischer Totraum beim NG 40%, bei Erwachsenen 30%
Funktionelle Residualkapazität und Residualvolumen (=Gasaustauschfläche) sind im Verhältnis zur alveolären Ventilation geringer als im Erwachsenenalter
Thorakale Compliance größer bei Säuglingen
→ mehr Atemarbeit
Neugeborene sind obligate Nasenatmer
Erhöhung des Atemminuten-Volumens fast ausschließlich über die Atemfrequenz (NG und Säuglinge)
Anatomische Besonderheiten beim Säugling
Großer Hinterkopf
Große Zunge
Hochstehender Kehlkopf
U-förmige Epiglottis
Cricoid engste Stelle
Länge der Trachea beim NG 4 cm
Sehr vulnerable Schleimhäute
Vergleich Spontanatmung - Beatmung
Aktive Kontraktion des Zwerchfells Sedierung - Muskelrelaxation
Unterdruck Überdruck
Laminarer Fluß des Atemgases (passiv)
Turbulenter Fluß des Atemgases (aktiv)
Gute Sekret-Clearance (Flimmerepithel / Husten)
Gestörte Sekret-Clearance
Potentiell Lungen-schädlich
Beatmung ist eine nebenwirkungsreiche Therapie
Scherkräfte führen zu Beatmungs-assoziiertem Lungen-Schaden
Risiko der Beatmungs-assoziierten Pneumonie
Risiko der direkten Schädigung von Larynx und Trachea
Mgl. Reduktion der renalen Perfusion bei hohem PEEP
Mgl. Reduktion des venösen Rückstroms zum rechten Herzen
Nebenwirkungen von Sedierung und Muskelrelaxation
Grundsätzliches zur Atmung und Beatmung bei Kindern
NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz (ARI)
NIV bei ARI bei CF
Invasive Beatmung bei ARI
Invasive Beatmung bei ARI bei CF
Beispiel 1
9jähriger Junge aus Angola mit Infektion der Atemwege, Kachexie und destruierender Osteomyelitis rechter Femur, wechselnde Vigilanz
In der BAL massenhaft säurefeste Stäbchen und positive Tbc-PCR sowie Nachweis von PSeudomonas
In BK Morganella, an offener Fraktur Proteus und Klebsiella
5 Tage nach Beginn der antibiotischen und tuberkulostatischen Therapie akute respiratorische Verschlechterung (O2 über Nasenbrille 8 l/min, Sätt. 80-85%, CO2 100 mmHg, pH 6,98), somnolent
Was tun?
Beginn nicht-invasive Beatmung mit Nasen-Mund-Maske im BIPAP-Modus (PEEP 6 cmH2O, Pin 14 cmH2O, FiO2 60%, AF 30/min)
Stabilisierung der klinischen Situation
Röntgen Thorax
h
NAVA (Neuronally
adjusted ventilation High frequency jet
ventilation
Proportional assist
ventilation
Grad C Empfehlung für ARI bei Cystischer Fibrose, Neuromuskulären Erkrankungen
und Kindern mit Immunsuppression
A. Initial resuscitation
1. For respiratory distress and hypoxemia start with face mask oxygen or if needed and available, high flow nasal cannula oxygen or nasopharyngeal CPAP (NP CPAP).
Vorteile der NIB
Kommunikation möglich
In der Regel weniger Analgosedierung nötig, weniger Folge-Komplikationen
Erhöhung der FRC, Verbesserung der Ventilation
Weniger Beatmungs-assoziierte Pneumonien
Entlastung der Atemmuskulatur, weniger Atemarbeit
Kontraindikationen für NIV
Absolut: Reanimation
Koma
Gesichts-Verletzung
Mechanischer Ileus
Relativ:
instabiler Kreislauf
unzureichendes Sekret-Management
Z. n. Abdominal-Chirurgie
Risikofaktoren für ein Scheitern der NIV
FiO2>60%; ARDS; mean airway pressure pressure >11,5 cmH2O, hohes PaCO2 bei Aufnahme; Ventilations-/Perfusions-Mismatch
Hoher PELOD score, hoher PRISM
Geringere Abnahme der Atemfrequenz, Apnoe
Alter <6 Jahre
Sepsis bei Start NIB
pH <7,25 1-2 Stunden nach Start NIV
Grenzen der NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz im Kindesalter
Technisch (z. B. Totraum, Leckage, Befestigung, Maske, Beatmungsdrücke limitiert)
Personal (intensiver Betreuungs-Aufwand, aber mit weniger Komplikationen als eine Intubation behaftet)
Patient (Risiko der „zu späten“ Intubation)
Grenzen der NIV (Patient)
Krankheitsbild mit schneller Dynamik, z. B. septischer Schock
Respiratorische Dekompensation trotz NIV, vor allem bei Patienten mit hohem Risiko-Profil (z. B. nach KMT)
„Respiratorische Erschöpfung auf höherem Level“
Agitierter Patient, Asynchronie mit dem Beatmungs-Gerät
Sekret-Problem (Hypersalivation, Husteninsuffizienz)
Z. n. abdomineller Chirurgie
Druckulzera im Gesichtsbereich
Fehlende Schutzreflexe
Konkretes Vorgehen
Ausstattung: 1-2 Beatmungsgeräte, 2 verschiedene Maskentypen in unterschiedlichen Größen, 2 verschiedene Befestigungssyteme
Schulung, selber ausprobieren
Standards: Einstellungen, Befeuchtung, Magensonde
Beispiel zum konkreten Vorgehen:
1) Eltern/Patient Vorgehen erklären, 2) Maske nicht festmachen, sondern manuell auf das Gesicht halten (kann so jederzeit bei Unruhe weggenommen werden), 3) Maske festmachen, 4) Einstellungen: CPAP/ASB oder PSV, PEEP 5-6 cmH2O, ASB oder PS 6-8-10 cm H2O
Grundsätzliches zur Beatmung bei Kindern
NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz (ARI)
NIV bei ARI bei CF
Invasive Beatmung bei ARI
Invasive Beatmung bei ARI bei CF
Respiratorische Insuffizienz bei CF
Hypoxie durch Abnahme des intakten Lungengewebes und bindegewebigen Umbau, durch Sekretverhalt und Obstruktion
Versteifung und Abnahme der Brustkorbbeweglichkeit
Zunahme der Atemarbeit
Erschöpfung der Atemmuskulatur
CO2-Anstieg durch Hypoventilation
Akute Exazerbation/ARI
Fieber
Vermehrtes Sekret
Zunehmende Obstruktion
Zunehmende Atemarbeit eines ohnehin schon erschöpften Sytems
Einfluss der NIV auf die Atemarbeit
Granton et al. Respir Care 2002 n
= 8 Granton et al. Respir Care 2002 n
= 8
Granton 2002, Respir Care, n=8
Vorteile der NIV bei CF
Reduktion der Atemarbeit
Unterstützung bei Physiotherapie zur Verbesserung der Sekret-Clearance
Erhöhung der Funktionellen Residualkapazität, Verbesserung des Gasaustausches
Zusammenfassung NIV bei ARI
NIV kann zu einer Stabilisierung der respiratorischen Situation, insbesondere durch Verringerung der Atemarbeit, bei ARI führen
NIV kann eine notwendige Intubation verzögern und das Risiko für Komplikationen erhöhen
Bei der Durchführung der NIV empfiehlt sich ein standardisiertes Vorgehen (Equipment, Durchführung, Indikation)
NIV bei akuter Exazerbation bei CF wird zunehmend eingesetzt (viel Erfahrung, wenig Evidenz)
Grundsätzliches zur Atmung und Beatmung bei Kindern
NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz (ARI)
NIV bei ARI bei CF
Invasive Beatmung bei ARI
Invasive Beatmung bei ARI bei CF
Indikationen zur invasiven Beatmung
Apnoe
Fehlende Schutzreflexe
Drohende respiratorische Erschöpfung
Drohende respiratorische Erschöpfung / Einflussfaktoren
Ausmaß der Hypoxämie (Sättigung)
Ausmaß der Hypoventilation (CO2)
Ausmaß der Atemarbeit (Atemfrequenz, Herzfrequenz, Einziehungen, Vigilanz, Veränderungen bei Stress)
Dynamik der Erkrankung (z. B. septischer Schock vs. RSV-Bronchiolitis)
Zugrundeliegende Erkrankung (z. B. CF, pulmonale Hypertonie, Z. n. KMT)
Therapiemöglichkeiten und -alternativen
Wann Intubation? Maskenbeatmung?
HFO? NO? Druckgesteuert vs. Volumengesteuert? APRV? PEEP?
Recruitment-Manöver? Bauchlage? Surfactant? Kortison?
Flüssigkeitsmanagement?
Therapeutische Ziele bei akuter respiratorischer Insuffizienz / ARDS
Minimierung der beatmungs-assoziierten Alveolar-Schäden durch
1)„lungen-protektive“ Beatmung
2)Verhinderung von Beatmung
3)Verkürzung der Beatmung
Pathophysiologie im ARDS
Schädigung durch Noxe führt zum Untergang von Gefäßendothel und Alveolarepithel; Exsudat in die Alveole; Inaktivierung von Surfactant; hyaline Membranen
Beatmungs-assoziierte Lungenschäden
Barotrauma vs. Volumotrauma
Atelektrauma und Überblähung: regelmäßiges Wiederholen von Atelektase und Überblähung der Alveole führt zu Scherkräften und direkter Schädigung der Alveolen
Scherkräfte
Definition des ARDS (Berlin-Kriterien)
Akuter Beginn
Kein Hinweis auf Linksherz-Versagen
Pulmonale Infiltrate
PaO2/FiO2: >200<300: leichtes ARDS
>100<200: moderates ARDS
<100: schweres ARDS
Epidemiologie des ARDS im Kindesalter
Prävalenz 5,5/100.000; Inzidenz 3,2/100.000
Ca. 500 Fälle in Deutschland pro Jahr
Ca. 2% aller Aufnahmen auf pädiatrischen Intensivstationen
Mortalität 10-40%
Bindl L: Crit Care Med 2005
Ursachen für das ARDS im Kindesalter
1. Pulmonale Ursachen: Bakterielle, virale und Pilz-Pneumonien; Aspiration, Inhalationstrauma
2. Extrapulmonale Ursachen: Trauma, Pankreatitis, Massentransfusion, Sepsis, Verbrennung
Prinzipien der lungen-protektiven Beatmung
Rekrutierung von nicht belüfteten Lungenabschnitten
→ PEEP ↑
Verhindern von Überblähung → Reduktion der Tidalvolumina auf 6 ml/kg
Verhindern von Spitzen-Beatmungsdrücken >30-(35) cmH2O
Adjunktive Maßnahmen wie permissive Hyperkapnie, Bauchlage, Surfactant, Oberkörperhochlage, NO, u.a.
NEJM 2000
Khemani 2011; Intensive Care Med
• In 36% wurde bei einem pH >7,45 und einem PIP >35 cmH2O weder die AF noch der PIP reduziert • In 53%, wenn pH >7,30 und <7,45
Beatmungs-Modus
Konventionell volumen- oder druckgesteuert
Hochfrequenzoszillation
Airway Pressure Release Ventilation (APRV)
HFO
Schwingende Luftsäule um einen Mittleren Atemwegsdruck mit Tidalvolumina, die kleiner als der anatomische Totraum sind
Gasaustausch findet statt durch Konvektion, asymmetrische Geschwindigkeitsprofile, Taylor Dispersion, Molekulardiffusion, Pendelluft, kardiogenes Mixing
Viel Erfahrung aus der Neonatologie
Lungenprotektiv über MAP zur Rekrutierung und weniger Scherkräfte durch niedrige/fehlende Tidalvolumina und Spitzendruck
Mortalität in beiden Gruppen 41%
Mehr Sedativa und Muskelrelaxantien
in der HFO-Gruppe
MAP 26 cmH2O
OSCAR-trial; NEJM 2013 OSCILLATE-trial; NEJM 2013
Mortalität 47% vs. 35%
Mehr Sedativa, Muskelrelaxantien und
Vasopressoren in der HFO-Gruppe
Zusammenfassung HFO
Potentiell weniger lungen-schädlich durch geringere Scherkräfte
Außerhalb der Neonatologie häufig viel Sedierung und Muskelrelaxation notwendig
Wenig Evidenz
Rescue-Terapie vorwiegend beim hyperkapnischen Atemversagen
Therapeutische Ziele beim ARDS
Minimierung der beatmungs-assoziierten Schäden durch
1) „lungen-protektive“ Beatmung
2) Verhinderung von Beatmung
3) Verkürzung der Beatmung
Foronda FK; Crit Care Med 2011
Zeit bis zur Extubation 3,5
vs. 4,7 Tage
Vorliegen eines ARDS Risiko-
Faktor für spätere Extubation
Keine häufigere Re-Intubation
oder NIB
Analgosedierung bei invasiver Beatmung
S3-Leitlinien auch für Kinder
Monitoring-Skalen für Schmerz und Sedierungstiefe sowie Delir und Entzug verwenden (z. B. COMFORT)
Z. B. kontinuierliche Infusion eines Opiats und Bolus-Gaben eines Benzodiazepins
Kontinuierliche Muskelrelaxation bei schwerem ARDS für 48 Stunden erwägen
Täglich Notwendigkeit der Beatmung überdenken („daily extubation readiness testing“)
Grundsätzliches zur Atmung und Beatmung bei Kindern
NIV bei akuter respiratorischer Insuffizienz (ARI)
NIV bei ARI bei CF
Invasive Beatmung bei ARI
Invasive Beatmung bei ARI bei CF
Schlussfolgerungen
Beatmung ist eine nebenwirkungsreiche Therapie
Beatmungsstrategien sollten folgende Prinzipien verfolgen: das Vermeiden von Beatmung, das Verkürzen von Beatmung und Prinzipien der lungenprotektiven Beatmung
Bei der Umsetzung im Stations-Alltag helfen Standardisierung und Schulung
Die Einstellung und Steuerung der Beatmung beim ARDS/akuter respiratorischer Insuffizienz im Kindesalter erfordert klinische Entscheidungen am Patientenbett
NO: in Fallserien Verbesserung der Oxygenierung, aber keine Verbesserung von Mortalität oder Dauer des Intensivaufenthaltes (Cochrane review 2009)
Spontanatmung am Beatmungsgerät: Aktive Kontraktion des Zwerchfells ermöglicht die Ventilation der dorsobasalen Lungenabschnitte
Weitere therapeutische Maßnahmen bei ARDS
Surfactant: randomisierte Studie mit 152 Kindern zeigte erhöhte Mortalität in Placebo-Gruppe (CAVE Immunsuppression); Säuglinge scheinen am meisten zu profitieren
Bauchlage: keine Verbesserung von Mortalität; Patienten mit schwerem hypoxischen Lungenversagen scheinen eher zu profitieren; potentiell gefährlich
Recruitment-Manöver: Fallberichte mit positivem Effekt bei Kindern (CAVE Nebenwirkungen!)
Rescue-Therapie ECMO
Malhotra A. N Engl J Med 2007;357:1113-1120
Effects of Recruitment Maneuvers to Promote Homogeneity within the Lung